Informationen für Patienten, Angehörige und Zuweiser Weaning

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Informationen für Patienten, Angehörige und Zuweiser Weaning
Informationen für Patienten,
Angehörige und Zuweiser
Weaning-Zentrum
Zentrum für Beatmungsentwöhnung
Liebe Patientinnen und Patienten, liebe Angehörige,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung (Weaning)
hat sich zu einer eigenen Disziplin in der Beatmungsmedizin
entwickelt, die an spezialisierten Zentren mit lungenfachärztlicher Expertise durchgeführt wird. Dort gelingt es, einen
Großteil der Patienten, die viele Wochen auf der Intensivstation
beatmet wurden, vom Respirator zu entwöhnen.
Die Beatmungsmedizin und speziell die Beatmungsentwöhnung
ist ein eigener Schwerpunkt an der Klinik Schillerhöhe.
Sowohl regional als auch überregional werden langzeitbeatmete
Patienten zur Beatmungsentwöhnung der Weaning-Einheit der
Klinik Schillerhöhe zugewiesen.
Das Weaning-Zentrum der Klinik Schillerhöhe ist seit 2011
zertifiziertes Mitglied im Kompetenznetzwerk nationaler pneumologischer Weaning-Zentren (WeanNet). Dieses steht unter der
Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie
und Beatmungsmedizin (DGP).
Die vorliegende Broschüre informiert Patienten, Angehörige
und Zuweiser über das Weaning-Zentrum der Klinik Schillerhöhe
sowie über Unterstützungsangebote und Nachsorge.
Prof. Dr. med. Martin Kohlhäufl
Chefarzt der Abteilung für Pneumologie
und Pneumologische Onkologie
Leiter des zertifizierten Weaning-Zentrums
Prof. Dr. med. Gerhard Klein
Chefarzt der Abteilung
für Anästhesie und Intensivmedizin
Was bedeutet Weaning?
Nach einer längeren Beatmungsdauer
aufgrund einer schweren Erkrankung stellt
die Beatmungsentwöhnung, das so genannte Weaning, für Patienten, Angehörige und
das betreuende Personal eine besondere
Herausforderung dar. Im Weaning-Zentrum
der Klinik Schillerhöhe werden langzeitbeatmete Patienten von ihrem Beatmungsgerät entwöhnt und Patienten, die auf
absehbare Zeit nicht entwöhnbar sind, auf
die häusliche Situation vorbereitet sowie
die Angehörigen und Patienten im Umgang
mit dem Gerät und der neuen Lebenssituation unterstützt. Unser Ziel ist es, das
bestmögliche Maß an Selbstständigkeit für
den Patienten und seine Bezugspersonen
zu erreichen. In der interdisziplinären
Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegenden,
Physiotherapeuten, Atmungstherapeuten,
Psychologen und Sozialdienst wird die
Situation des Patienten täglich erörtert.
Hiervon abhängig werden die notwendigen
diagnostischen und therapeutischen
Interventionen eingeleitet.
Im Weaning-Zentrum der Klinik Schillerhöhe werden sowohl Patienten mit primär
internistischen Erkrankungen als auch
Patienten von chirurgischen Intensivstationen, deren Wundheilung weitgehend
abgeschlossen ist, behandelt. Die internistischen Erkrankungen umfassen beispielsweise Pneumonien/ARDS mit septischem
Verlauf, wohingegen Patienten der chirurgischen Stationen oft nach einer Herzbypass- oder Herzklappen-Operation in das
Weaning-Zentrum verlegt werden.
Die Überweisungen erfolgen entsprechend
überwiegend durch Intensivstationen.
Meist haben die Patienten die akuten Erkrankungen überwunden, sind aber noch
vom Beatmungsgerät abhängig, da eine
dauerhafte Spontanatmung aufgrund einer
Schwäche der Atemmuskulatur noch nicht
möglich ist. Die Atempumpenschwäche ist
meist multifaktoriell bedingt und assoziiert
mit dem Intensivaufenthalt (critical illness
aquired weakness); hierbei spielen Funktionsstörungen peripherer Nerven und eine
daraus resultierende Schwäche der Skelettmuskulatur, als auch eine direkte Schädigung der Atemmuskulatur eine Rolle.
Unabhängig von der zugrunde liegenden
Ursache der Langzeitbeatmung steht bei
allen Patienten die Beatmungsentwöhnung
im Vordergrund.
2·3
Therapie im Weaning-Zentrum
Die Therapie im Weaning-Zentrum der
Klinik Schillerhöhe folgt im Wesentlichen
vier Grundsätzen:
Täglicher Wechsel von Phasen der
Spontanatmung mit Phasen der Beatmung
Im Wechsel aus assistierter oder kontrollierter Beatmung, erfolgen täglich Phasen
der Spontanatmung ohne Beatmungsgerät.
Hierbei bewältigt die Atemmuskulatur
die gesamte Atemarbeit und kann sich in
den Phasen der Beatmung – im Sinne eines
Trainingseffekts – erneut erholen.
Die Spontanatemphasen werden kontinuierlich ausgedehnt und immer individuell
an die Patientensituation angepasst.
Medizinische Interventionen, welche
die Atemarbeit während der Spontanatemphasen minimieren
Da die Atemarbeit für die geschwächten
Patienten während der Spontanatemphasen
physisch wie psychisch anstrengend ist,
wird versucht, diese durch bestimmte
Maßnahmen zu minimieren. Dazu zählen
beispielsweise:
··· Trachealkanüle mit maximalem
Innendurchmesser (geringer Atemwegs widerstand)
··· Antiobstruktive Therapie bei Patienten
mit COPD (Reduktion der Überblähung der Lunge, der Patient ist in der Lage Intensive physiotherapeutische Maß vollständiger auszuatmen)
nahmen – Ohne Mobilisation kein Weaning
Auf der Weaning-Einheit ergänzen speziell
··· Sekretmanagement, wie beispielsweise in der Atemtherapie geschulte Physiothe Inhalationstherapie und tracheales rapeuten das Therapie- und Behandlungs sowie bronchoskopisches Absaugen
spektrum. In enger interdisziplinärer
oder Einsatz einer mechanischen Zusammenarbeit werden Patienten zu
Hustenassistenz
jeder Zeit des Weaning-Prozesses kompetent physiotherapeutisch unterstützt.
Optimale Behandlung
der Begleiterkrankungen
Dies beinhaltet:
Zahlreiche Patienten leiden oftmals unter
··· Sekretmobilisierende Maßnahmen
multiplen Begleiterkrankungen, wie
··· Inhalationstherapie
Diabetes mellitus, erhöhtem Blutdruck,
··· Aktivieren des Zwerchfells
Nierenfunktionsstörungen oder Blutarmut. ··· Tägliche Mobilisation durch passives Die entsprechenden Begleiterkrankungen
Bewegen der Extremitäten – um Gelenkwerden nach internistischen Grundsätzen
versteifungen vorzubeugen – bis hin
in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit
zum Training auf dem Fahrradergometer
den jeweiligen Fachabteilungen behandelt,
damit eine optimale und ganzheitliche
Daneben werden spezielle physiotheraVersorgung gewährleistet ist. Durch die
peutische Techniken, wie atmungserleichstandortübergreifende Zusammenarbeit
ternde Ausgangsstellung, Kontaktatmung
mit der Abteilung für Innere Medizin und
und Vibrationen in Drainagelagerungen,
Nephrologie des Robert-Bosch-Krankentherapeutische Körperstellungen, Hustenhauses (RBK) besteht für dialysepflichtechniken, Massagegriffe und reflektorische
tige Patienten die Möglichkeit der HämoAtemtherapie eingesetzt.
dialyse vor Ort.
Diese Maßnahmen werden täglich neu und
individuell an den Zustand des Patienten
angepasst. Auch am Wochenende wird die
Physiotherapie durchgeführt.
4·5
Atmungstherapie
Der Atmungstherapeut (AT, respiratory
therapist) stellt ein im Jahr 2004 in Deutschland neu eingeführtes, eigenständiges
Berufsbild dar. Atmungstherapeuten sind
Spezialisten in der Betreuung von Patienten
mit pneumologischen Erkrankungen und
sind interdisziplinär einsetzbar, beispielsweise auf einer Weaning-, Heimbeatmungs-,
Intensiv- oder Palliativstation.
Das Aufgabengebiet des Atmungstherapeuten in der Klinik Schillerhöhe umfasst
die Durchführung und Überwachung der
Beatmungsentwöhnung (Weaning-Protokolle), die Befundung von Blutgasanalysen,
Weitere Unterstützungsangebote
die Überwachung der Sauerstofftherapie
und Beatmungseinstellungen sowie das
Atemwegsmanagement (endotracheale
Absaugung blind und bronchoskopisch,
Tracheostoma-, und Kanülenpflege,
Kanülenauswahl und Kanülenwechsel).
Auch die Betreuung von Patienten mit
nicht-invasiver und invasiver Beatmung,
einschließlich der Maskenauswahl bei
akuter und chronischer respiratorischer
Insuffizienz, gehört zu den Aufgaben des
Atmungstherapeuten. Die Arbeit des
Atmungstherapeuten erfolgt unter Supervision eines Lungenspezialisten.
Viele Patienten leiden nach langen Intensivaufenthalten an Anpassungsproblemen,
depressiven- und Angstsymptomen, die
als Folge der krankheits-/behandlungsbedingten Kommunikationseinschränkungen
sowie der vielfältigen Belastungen
während der Intensivbehandlungsphase
entstehen und die Entwöhnung vom Beatmungsgerät erschweren können.
Daher benötigen die Patienten häufig eine
psychologische Unterstützung, die im
Einzelfall durch medikamentöse Maßnahmen sowie durch Gespräche mit den Angehörigen ergänzt werden kann. Durch die
standortübergreifende Zusammenarbeit
mit der Abteilung für Psychosomatische
Medizin des RBK kann die individuell
zugeschnittene psychosomatische Mitbehandlung in einem berufsgruppenübergreifenden, interdisziplinären Ansatz
erfolgen.
6·7
Pflege
Patienten, die über einen längeren Zeitraum
beatmet werden, sind in ihrer Selbstwahrnehmung sowie im Raum- und Zeitgefühl
beeinträchtigt. Für den Patienten gestaltet
sich diese Phase daher oftmals schwierig
und langwierig und erfordert viel Durchhaltevermögen. Aufgrund der besonderen
Situation, in der sich die Patienten befinden,
stellt der Weaning-Prozess hohe Anforderungen an die fachliche und soziale Kompetenz der Pflegekraft. Deshalb verfügen
die Mitarbeiter der Weaning-Einheit über
die Weiterbildung zur Intensiv- und Anästhesiepflegekraft oder über spezielle
Beatmungsweiterbildungen.
Monitoring
Ein Hauptfokus der Pflege stellt die kontinuierliche Überwachung der Patienten dar.
Diese umfasst die Überwachung der Beatmung sowie der Herzkreislauffunktion des
Patienten. Durch regelmäßige Blutgasanalysen erhalten die Pflegekräfte Auskunft
über die Sauerstoffversorgung, die Kohlendioxid-Elimination sowie den Säure-BasenHaushalt der Patienten. In enger Zusammenarbeit mit dem Stationsarzt und dem
Atmungstherapeut wird der Zustand jedes
Patienten täglich diskutiert und die Entwöhnungsstrategie für den Tag festgelegt.
Mobilisation
Eine wichtige Aufgabe der Pflegenden ist
die Autonomie der Patienten wiederherzustellen. Dies geschieht durch die frühzeitige
Mobilisation und durch den Einsatz von
Spezialbetten mit Hilfe derer die Patienten
von Anfang an in ihrer Körperwahrnehmung
gefördert werden, um baldmöglichst – vor
allem in Zusammenarbeit mit den Physiotherapeuten – in eine Sitzhaltung mobilisiert
werden zu können.
Kommunikation
Das wesentliche Kommunikationshindernis
des beatmeten Patienten ist die Unfähigkeit
zu sprechen. Das Konzept der „Basalen
Stimulation“ bietet für die Pflege von
Patienten, deren Kommunikationsfähigkeit
beeinträchtigt ist, zahlreiche Möglichkeiten,
um sich mit den Patienten zu verständigen,
Reaktionsfähigkeiten zu fördern und sie
sanft aus ihrer Bewusstseinseinschränkung
herauszuführen.
Der überwiegende Anteil der Pflegekräfte
verfügt über einen Grundkurs in der
„Basalen Stimulation“ und setzt dieses
Konzept in der täglichen Arbeit um.
Vertrauen
Um Vertrauen aufzubauen wird dafür gesorgt, dass die Patienten immer von den
gleichen Pflegekräften betreut werden,
was erfahrungsgemäß für den Genesungsprozess eine entscheidende Rolle spielt.
Bei Bedarf können im Verlauf Seelsorger
oder Psychologen hinzugezogen werden.
Im interdisziplinären Team, bestehend
aus Ärzten, Pflegenden, Atmungstherapeut,
Physiotherapeuten und Patientenkoordinatoren wird für eine bedarfsgerechte
Gestaltung der poststationären Weiterversorgung, zusammen mit dem Patienten und
seinen Angehörigen, gesorgt.
8·9
Ausstattung
der Weaning-Einheit
Intensivmedizin
Die Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin der Klinik Schillerhöhe ist ein
wesentlicher Bestandteil des Weaning-Zentrums. Eine Übernahme des Patienten ist
bereits im Stadium der akuten Lungenerkrankung (Pneumonie, ARDS, Exazerbation
einer chronischen Lungenerkrankung)
möglich und wünschenswert, insbesondere
da auch alle Möglichkeiten moderner
Lungenersatzverfahren (PECLA, ECMO)
bestehen. Zudem kommen in speziellen
Situationen weitere neue, potentiell lungenprotektive Verfahren wie z.B. die Hochfrequenzoszillationsbeatmung zum Einsatz.
Bereits in der Intensivbehandlungsphase
der akuten Erkrankung kann die Beatmungsdauer durch geeignete Maßnahmen reduziert werden. Dabei kommt der Einsparung
sedierender Medikamente (z.B. EEG-gesteuert) mit dem Ziel der frühen Spontanat-
mung und der Einsatz der nicht-invasiven
Beatmung entscheidende Bedeutung zu.
Spezielle Ernährungskonzepte, nicht-invasives
und invasives Kreislaufmonitoring und daraus
abgeleitete medikamentöse Maßnahmen der
Kreislaufunterstützung, Hochflusssauerstofftherapie sowie Mobilisation während der
täglichen spontanen Aufwachversuche sind
weitere Bausteine einer modernen Intensivtherapie.
Ist nach überwundener akuter Erkrankung eine
unmittelbare Extubation nicht möglich oder
liegen bereits gescheiterte Extubationsversuche vor, erfolgt im nächsten Schritt die Tracheotomie. Diese markiert häufig den Übergang
in die chronische Phase der Erkrankung, in
der ein erfolgreiches Weaning kurzfristig nicht
zu realisieren ist. Die weitere Behandlung
erfolgt dann auf unserer peripheren WeaningEinheit, mit dem Ziel der mittel- bis langfristigen Entwöhnung vom Beatmungsgerät.
Jeder Weaning-Patient wird kontinuierlich
mittels EKG, SpO2 (transcutane Sauerstoffsättigung) und nicht-invasiver Blutdruckmessung überwacht. Diese Parameter
werden auf einen zentralen Monitor im
Stationszimmer übertragen, so dass die
Reaktionszeit auf eintretende Notfälle
der einer Intensivstation entspricht.
Des Weiteren ist jedes Patientenbett mit
einer Absaugeinheit (tracheales Absaugen
mittels Absaugkatheter oder auch bronchoskopisches Absaugen) versehen.
Im Weaning-Zentrum der Klinik Schillerhöhe befindet sich ein Notfallwagen, welcher
auch eine bettseitige Bronchoskopie ermöglicht. Blutgasanalysen werden kapillär oder
arteriell abgenommen, die Analyse der Blutprobe erfolgt am stationseigenen Blutgasanalysegerät.
Wenn Patienten mit multiresistenten Keimen
besiedelt sind (MRSA, ESBL-Bildner) werden
diese Patienten in Einzelzimmern untergebracht, um eine Übertragung auf andere
Patienten zu vermeiden.
Nachsorge
Das Weaning-Zentrum und die Abteilungen
der Klinik Schillerhöhe versorgen auch
nach einer Therapie die Patienten umfassend. Alle Abteilungen sowie die zertifizierten Zentren stehen den Patienten jederzeit
und zur Verfügung.
So werden Patienten mit nicht-invasiver
und invasiver Heimbeatmung regelmäßig
stationär reevaluiert, z.B. bezüglich eines
zu einem späteren Zeitpunkt erfolgreichen
Weanings.
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Kontakt und Auskunft
So finden Sie uns
Koordinierender Oberarzt
des Weaning-Zentrums
Dr. med. Alessandro Ghiani
Telefon 07156/203-7633
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Von Stuttgart Busbahnhof oder Leonberg
mit der Buslinie 92 bis Haltestelle Klinik
Schillerhöhe. Dem Fußweg entlang der
leicht ansteigenden Zufahrtsstraße bis zur
Klinik folgen.
Klinik Schillerhöhe
Abteilung für Pneumologie und
Pneumologische Onkologie
Solitudestraße 18, 70839 Gerlingen
Mit dem Auto
Über die A 81 (Ausfahrt Stuttgart-Feuerbach), A 8 (Ausfahrt Leonberg) oder aus
Stuttgart Richtung Gerlingen/Schloss
Solitude fahren. Dem Kliniksymbol folgen.
Für Patienten und Besucher stehen gebührenpflichtige Parkplätze auf dem oberen
Parkplatz in der Nähe des Haupteingangs
zur Verfügung.
[email protected]
www.klinik-schillerhoehe.de
Ein Unternehmen der
Robert-Bosch-Krankenhaus GmbH
KSH 9001182/06.13
Weaning-Zentrum/Station P2
Telefon 07156/203-7330

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