Ausgabe 01/2010 - Union Investment Real Estate GmbH

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Ausgabe 01/2010 - Union Investment Real Estate GmbH
RAUM mehr
Ausgabe 1 | 2010
Das Immobilienmagazin von Union Investment
Zuversicht
US-Markt steht
vor der Wende
Lichtblick
Nachhaltige
Energiekonzepte
Brückenschlag
In der Krise finden Investoren
und Immobilienmanager zueinander
inhalt
zur sache
Wer seinen Immobi­
lienbestand in
Schuss hält, punktet
auch in schwierigen
Zeiten. Seite 4
Plädoyer für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft
Titel
4Ein hartes Stück Arbeit Die Branche besinnt sich wieder
auf die bewährten Instrumente des Immobiliengeschäfts
von Franz Josef Radermacher
7Interview Hanspeter Gondring, Studienleiter an der
Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart
9Studie Immobilien-Investitionsklimaindex von Union
Investment steigt erneut
Märkte
10US-Markt Investoren beurteilen die Märkte New York,
Chicago, Seattle und Washington weiterhin unterschiedlich
D
14 Budgethotels Preiswerte Anbieter profitieren von der Krise
portfolio
18Institutionelle Investoren Versicherungen und Versorgungs­
kassen wollen ihre Immobilienquoten aufstocken
konzepte
22Erneuerbare Energien Gebäude werden in Zukunft mehr
Energie erzeugen als verbrauchen
New Yorks Büromarkt
steht vor der Wende.
Seite 10
Rubriken
34Impressum/Kontakt
Titelbild
Blick auf „The Loop“, den Finanzdistrikt von Chicago. Eines der Wahrzeichen der
Metropole ist der „Sears ­Tower“ mit seiner markanten Doppelspitze. Das 442 Meter hohe Bürogebäude mit ­110 Geschossen ist das höchste Gebäude in der
­„Windy City“ am Lake Michigan.
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ökonomische System in einem Prozess zunehmender Entfesse-
von Ressourcen sinnvoll zu begrenzen. Dies ist heute ein Thema der
lung und Entgrenzung. Vor allem das rasche Bevölkerungswachstum
Global Governance. Das bedeutet, es müssen gleichzeitig zwei For-
hin zu zehn Milliarden Menschen und das wirtschaftliche Aufholen
men von Innovationen verfolgt werden: diejenige im Bereich Technik,
großer Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien stellen unter
Design und neue Materialien und diejenige im Bereich ­Governance,
Umwelt- und Ressourcenaspekten eine gigantische Herausforderung
also der Gestaltung politisch-gesellschaftlicher Strukturen. Gelingt
dar. Angesichts hoher CO2-Emissionen droht womöglich schon bald
es, beide in einer klugen Zukunftsstrategie zu verknüpfen, gibt es
die Klimakatastrophe. Eine der sichtbaren Konsequenzen der globa-
eine realistische Perspektive für Nachhaltigkeit auf Basis einer welt-
len Fehlsteuerung ist die Weltfinanz- und Weltwirtschaftskrise, deren
weiten ökosozialen Marktwirtschaft. Gelingt dies nicht, droht der
Ende nicht absehbar ist. Kommt es also zum Krieg um Ressourcen,
ökologische Kollaps oder aber eine Ressourcendiktatur in einer welt-
um die Frage: Wer kann, wer darf auf Ressourcen in welchem Umfang
weiten Zweiklassengesellschaft neofeudalen Typs.
Was heißt das zusammenfassend? Die globale Situation ist kritisch. Eine Chance auf eine friedliche Zukunft in Wohlstand hat die
Hierbei ist der technische Fortschritt von entscheidender Bedeutung.
Menschheit nur, wenn es gelingt, weiteren technischen Fortschritt,
Er erlaubt, aus weniger Input mehr Output zu erzeugen. Für innova-
insbesondere auch im Immobiliensektor, mit Innovationen im ­Bereich
tive Unternehmen liegen hier große Chancen. Das gilt vor allem für
globaler Regulierung zu verknüpfen. Das Leitmotiv lautet daher:
den Immobilien- und Bausektor, der wie wenige andere Branchen
„ökosozial statt marktradikal“.
an der Erzeugung von Klimabelastungen hat, der aber zugleich besonders große Verbesserungspotenziale bietet. Dabei geht es um
Green Buildings, die energetische Sanierung des Bestandes sowie
die Vision einer Zukunft, die auf geringen Energieverbrauch, geringe
Fotos: Marcel Malherbe/laif (Cover); blickwinkel/H. J. Igelmund; Construction
Photography; Gazeley; PPW/Max Kohr; Universität Ulm/Elvira Eberhardt
Jackie Chan fliegt
im Film durch Berlin.
Seite 28
34Nachrichten Prime Property Award 2010; RICS-Studie zur
Nachhaltigkeit; Buchtipp: „Atlas der Globalisierung“
gesellschaftliche Innovationen durchgesetzt werden, um die Nutzung
erheblichen Anteil am Ressourcenverbrauch, Energieverbrauch und
3Zur Sache Franz Josef Radermacher plädiert für eine
weltweite ökosoziale Markt­wirtschaft
33Nachrichten Jahresbilanz der Union Investment Real Estate
GmbH; ULI startet Onlineplattform; Europäischer Markt ­
für Einzelhandelsimmobilien; BVI-Studie zur Fondsanlegerpräferenz
Folge der wirtschaftlichen Globalisierung sieht sich das welt­
endlichen Energie- und Rohstoffquellen der globale Kollaps?
28 Drehort Immobilie Gebäude spielen im Film mehr als nur
eine Statistenrolle. Manchmal sind sie die heimlichen Stars
32Nachrichten Kulturhauptstädte als Impulsgeber für die Stadtentwicklung; Europäischer Markt für Immobilieninvestments;
Hamburg ist „European Green Capital 2011“; Neue Energierichtlinien für Gebäude in der EU
Allerdings reicht technischer Fortschritt alleine nicht. Parallel ­müssen
zugreifen? Oder droht umgekehrt bei übermäßigem Zugriff auf unsere
26Standortinitiativen Eigentümer von Büroimmobilien
engagieren sich gemeinsam für ihre Quartiere
Im Logistikpark
„G.Park Blue
Planet“ ist die
Sonne der Energielieferant.
Seite 22
ie Welt befindet sich in einer extrem schwierigen Situation. Als
Volumina von Abfallmaterialien und geringe Klimagasemissionen abzielt. Das werden Gesellschaft und Markt fordern und durchsetzen.
Die Unternehmen müssen agieren. Wer heute die richtigen Prozesse
initiiert, wird mittelfristig erheblich profitieren.
Eine Zukunftsgestaltung und eine tragfähige Wohlstandsentwicklung für zukünftig zehn Milliarden Menschen sind jedenfalls ohne
fundamental verbesserte technische Lösungen nicht denkbar. Ziel
ist dabei ein doppelter „Faktor 10“: eine Verzehnfachung der Weltwirtschaftsleistung in den kommenden 70 Jahren bei zehnfach erhöhter Ökoeffizienz und einer bis dahin herzustellenden weltweiten
sozialen Balance.
Universitätsprofessor Franz Josef Radermacher ist unter
anderem Präsident des Global Economic Network, Vizepräsident des Ökosozialen Forums Europa und Mitglied
des Club of Rome. [email protected]
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3
titel
Immobilien müs­
sen sorgfältig und
kostenbewusst be­
wirtschaftet wer­
den. Diese ­Tugend
zahlt sich hier in
Peking genauso
aus wie anderswo.
Ein hartes Stück Arbeit
Die Branche besinnt sich wieder auf die bewährten Instrumente des Immobiliengeschäfts. Erfolgreich ist,
wer viel Erfahrung mitbringt und einen langen Atem hat. Von Miriam Beul und Anne Wiktorin
E
ine eigentümliche Wende hat die globale Krise bewirkt, eine Art
Salto rückwärts: Die in den Jahren des Booms als bloßes Finanzprodukt (miss-)verstandene Immobilie materialisiert sich wieder,
befreit sich aus ihrem virtuellen Zahlengefängnis, wird greifbar. Denn
Investoren, Entwickler, Dienstleister und auch Banken haben erkennen
müssen, was die alten Hasen unter ihnen schon immer wussten: Immobilien machen Arbeit, und das schnelle Geschäft mit dem Produkt aus
Beton und Steinen verspricht bestenfalls kurzfristig hohe Gewinne. Auf
Dauer aber führen nur ein langer Atem und die nötige Erfahrung zum
Erfolg. Erst recht in Zeiten wie diesen, wenn die Märkte im Abschwung
sind, die Nachfrage der Mieter zurückgeht, wenn Preise und Mieten unter
Druck geraten, Finanzierungen wackeln und sich so mancher ehrgeizige
Businessplan nicht erfüllt. Dann sind sie wieder gefragt, die Tugenden
des gewissenhaften Immobiliengeschäfts: solide Finanzierung, aktives
Bestandsmanagement, enger Mieterkontakt, sorgfältige und kosten­
bewusste Bewirtschaftung.
Wer diese Tugenden besitzt, kann vergleichsweise gelassen in die
Zukunft blicken. Wer Schwächen hat, muss an sich arbeiten. Denn, sagt
Georg Glatzel, CEO von IFM Immobilien, und spricht aus, was die meis­
ten denken: „Die Krise ist noch nicht vorbei. Wir gehen davon aus, dass
2010 noch unglückselige Überraschungen auf uns zukommen.“ ­Eine
grundsätzliche Strategiewende wird er für sein Unternehmen nicht einläuten. Aber einige Bereiche wird auch er neu ausrichten: „Eine Situation wie jetzt gab es noch nie“, so Glatzel. Der börsennotierte Investor,
Asset-Manager und Projektentwickler mit dem Schwerpunkt Refurbishment gehört zu den größeren und noch aktiven Playern im nationalen
Europäische Büroimmobilienuhr*
3. Quartal 2009
Stuttgart
Düsseldorf
Edinburgh
Hamburg
Lissabon
verlangsamtes
Mietpreiswachstum
beschleunigtes
Mietpreiswachstum
beschleunigter
Mietpreisrückgang
verlangsamter
Mietpreisrückgang
Frankfurt/M., Rom, Luxemburg
Budapest, Barcelona
Athen, Bukarest
Amsterdam, Berlin, Madrid,
Mailand, München, Prag
Helsinki, St. Petersburg,
Stockholm
Foto: ChinaFotoPress/laif/Tian Baoxi
Brüssel, Dublin, Istanbul
Paris
Moskau, Kiew, Lyon
* Die Uhr zeigt, wo sich die Büromärkte nach
Einschätzung von Jones Lang LaSalle innerhalb ihrer Mietpreis-Kreisläufe (Spitzenmiete)
befinden. Der lokale Markt kann sich in der Uhr
in verschiedene Richtungen und mit verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen.
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London City, Warschau, Oslo
London Westend
Quelle: JLL, Stand: Oktober 2009
Entwicklungsgeschäft. Am Frankfurter Westend stellte IFM Anfang 2009
das „Romeo & Julia“ fertig. Die revitalisierten Doppeltürme verfügen
zusammen über rund 15.000 Quadratmeter Mietfläche. Trotz Nach­
frageflaute konnten Glatzel und sein Team das Objekt innerhalb von
neun Monaten zu 70 Prozent vermieten. Ein Erfolg in diesen Zeiten.
Der Umbau der „Zeilgalerie“, ebenfalls in Frankfurt am Main, läuft derzeit auf Hochtouren. IFM hat die 1992 eröffnete Einzelhandelsimmobilie 2008 erworben. Ende 2010 soll die bekannte Einkaufsadresse in
neuem Glanz erstrahlen.
„Nach wie vor investieren wir in sehr gut gelegene Immobilien, die
nicht mehr marktfähig sind, und verkaufen sie nach der Sanierung weiter.
Unser Geschäftsmodell hat sich also nicht geändert. Neu ist, dass es von
solchen Objekten nun viel mehr gibt als vor dem Ausbruch der Krise“,
sagt der IFM-Chef. Bei Akquisitionen gehe IFM daher nun noch konservativer vor. Anders als zuvor kämen Ankäufe in 1b-Lagen nicht mehr infrage. „Dann lieber in 1a investieren und intensiver mit der Immo­bilie
arbeiten“, sagt er. Eine andere Korrektur trägt inzwischen erste Früchte:
Das Property Management machen Glatzels Leute wieder selbst. Zwischenzeitlich ließ sich IFM von externen Partnern unterstützen. „Doch
die Qualität hat nicht gestimmt.“ Gerade jetzt seien zufriedene Mieter
das A und O, mahnt Glatzel.
Mieter rücken in den Mittelpunkt
„Mieter zu verlieren, ist derzeit das größte Risiko“, bestätigt Klaus Franken, CEO von Catella Property. Aufgrund der Rezession sind überall in
Europa die Büromieten zum Teil deutlich gesunken, auch in Deutschland. Gleichzeitig steigt die Zahl leer stehender Büroflächen, das verschärft den Wettbewerb um Nutzer. Weniger deutlich fallen die Mietrückgänge zwar bei Einzelhandelsflächen aus, doch gilt dies nur für die
Topeinkaufslagen der europäischen Großstädte. 1b-Lagen sind spürbar
unter Druck. „Sich um die Mieter kümmern“ lautet daher Frankens Rat
an Eigentümer und Investoren. „Die Bedürfnisse des Mieters verändern sich sehr schnell, Flächen, die bei Vertragsabschluss noch genau
passten, können 24 Monate später schon nicht mehr adäquat sein“,
sagt der Experte. Zu warten, bis der Mietvertrag abgelaufen sei, sei daher unklug. „Besser ist es, kontinuierlich in Kontakt mit seinen Mietern
zu bleiben, um so auf veränderte Anforderungen schnell reagieren und
Mieter halten zu können.“
Nicht selten bedarf es dazu erneuter Investitionen: Union Investment­
etwa baut in einem seiner Objekte in Frankfurt-Niederrad 12.000 Quadratmeter Bürofläche nach modernem Standard um – nach den Bedürfnissen des Mieters. Das internationale Hightechunternehmen Atos
Worldline wünschte sich große Raumzuschnitte mit offener Kommunikationsstruktur und viel Glas. Der Erfolg: Demnächst zieht auch die
Konzernmutter, der bislang auf mehrere Frankfurter Adressen verstreute
IT-Dienstleister Atos Origin, mit ins Gebäude ein – und bindet sich bis
weit über das Jahr 2020 hinaus an den Standort. Die Anstrengung also
lohnt sich, sagt Ingo Hartlief, Mitglied der Geschäftsführung der Union
Investment Real Estate GmbH: „Die gestiegenen Anforderungen an §
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titel
Ausstattung und Flächenzuschnitt setzen wir mit Blick auf zufriedene
Mieter konsequent im Immobilienbestand um.“
Zufriedene Mieter sehnen auch diejenigen Banken und Finanzinves­
toren herbei, die infolge der Krise unfreiwillig zu Bestandshaltern geworden sind. Eigene Property-Management-Abteilungen unterhalten diese
Eigentümer in der Regel nicht. So gewinnt – wie häufig in Abschwungsphasen – das Tenant-Representation-Geschäft an Gewicht. Das Modell:
Makler suchen im Auftrag eines Immobilieneigentümers das Gespräch
mit dem Mieter, und zwar lange bevor der laufende Vertrag endet. Ziel
ist dann in der Regel dessen vorzeitige Verlängerung. Die Konditionen
verhandelt der Makler. „Ein Trend dabei ist, dass Mieter mit ihren Vermietern Nachverhandlungen zur Reduktion der aktuellen Miete aufnehmen. Dafür werden im Gegenzug oftmals Verträge über die vereinbarte
Laufzeit prolongiert“, berichtet Martin Drummer, CEO von CB Richard
Ellis Deutschland. Der Kosteneinsparungseffekt greife direkt, da auf ­die­se
Weise ein Umzug vermieden werden kann.
Und auch bei der Bewirtschaftung hoffen Dienstleister auf eine Ausweitung ihres Geschäfts. Schon früh reagierte beispielsweise der Dortmunder Facility-Manager RGM auf die veränderten Kundenwünsche. Im
Mai 2009 gründete er mit CRE Resolution sowie weiteren Partnern einen
Verbund zur Optimierung Not leidender Immobilienportfolios: German
Work-Out Platform nennt sich der Zusammenschluss. „In einer Zeit, in
der Finanzinvestoren ihre Business- und Tilgungspläne deutlich nach
unten korrigieren müssen, rückt das Outsourcing der Bewirtschaftung
großer Immobilienportfolios in den Fokus der Investoren“, hat FritzKlaus Lange, geschäftsführender Gesellschafter von RGM Gebäude­
management, beobachtet.
Die in der German Work-Out Platform verbundenen Unternehmen
bieten ihren Auftraggebern die Möglichkeit, aus einem umfangreichen
Dienstleistungsangebot die für ihre Immobilien beziehungsweise Portfolios relevanten Bausteine auszuwählen. „Unser Ziel ist es, Notverkäufe,
drohenden Abschreibungsbedarf oder – schlimmer noch – eine Insolvenz
zu verhindern“, sagt Michael Kunz, Geschäftsführer von CRE Resolution. Mit der Finanzkrise hat sich zudem der Schwerpunkt des Gebäudemanagements nach Beobachtung der beiden Manager fundamental
geändert. Lag der Bedarf der Eigentümer in den vergangenen Jahren
vor allem im Transaktionsmanagement, so sei dieser Markt fast vollkommen zum Erliegen gekommen. „Derzeit liegt der Fokus viel stärker
im operativen Bereich“, berichtet RGM-Chef Lange. Er gehe davon aus,
dass in den kommenden Jahren zahlreiche Investoren keine Anschlussfinanzierungen mehr bekommen. Folge: Große Portfolios, die dann an
die Work-Out-Abteilungen der Banken fallen, müssten oftmals kurzfris­
tig und umfangreich betreut werden.
Solcher Bedarf bedeutet freilich nicht, dass Immobiliendienstleistern
die gebratenen Tauben geradewegs in den Mund fliegen. Selbst ein
Kos­ten- und Projektsteuerer wie Chandler KBS muss sich nach neuen
Mandaten strecken. Das Geschäftsmodell der Düsseldorfer: Bundesweit
­40 Mitarbeiter sorgen – als Bauherrenvertreter – dafür, dass Kosten- und
Terminpläne im Developergeschäft eingehalten werden. Doch die Auftragsbeschaffung ist trotz – oder gerade wegen – des Kostendrucks zäher
und schwieriger geworden. „Unser Spezial-Know-how ist zwar nach wie
vor gefragt“, sagt Andreas Schulz, der für das Deutschland-Geschäft der
britischen Gesellschaft zuständig ist. Aber die Projekte würden kleiner,
auf Kundenzusagen warte man länger. Eines der letzten Großprojekte: Im
Auftrag des Investors Pearl of Kuwait steuerte Chandler KBS den Hotel­
neubau Breidenbacher Hof in Düsseldorf. „Die Honorare für Dienstleis­
tungen sind unter Druck“, bestätigt Catella-Property-Chef Klaus Franken. Wo Finanzierungspläne wackeln, weil im Businessplan zukünftige §
„Die Branche muss kreativ werden“
Hochschulprofessor Hanspeter Gondring im Gespräch über aktuelle Risiken und Chancen der Immobilienbranche
Ist auf den Immobilienmärkten wirklich das
Schlimmste überstanden?
Sagen wir so: Die Lähmung, die vor allem
im ersten Halbjahr 2009 auf den Märkten
vorherrschte, hat sich gelöst. Und das ist gewiss ein positives Zeichen. Andererseits sind
die Risiken keinesfalls gebannt. Auch wenn
die Konjunktur wieder anzieht, so werden
wir doch die Folgen der Rezession erst noch
spüren: vor allem auf dem Arbeitsmarkt und
beim privaten Konsum. Beides sind Bereiche,
die auch für die Immobilienkonjunktur von
ganz entscheidender Bedeutung sind.
Fotos: : Kölbl Kruse/krischerfotografie; IFM; Sebastian Lasse
Der Büroneubau „Looper“ in Duisburgs Innenhafen (oben) gehört noch Entwickler Kölbl Kruse. Das Frankfurter
„Westend First“ verkaufte IFM Immobilien bereits für 55 Millionen Euro an die Bayerische Apothekerversorgung.
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Was bedeutet das konkret?
Der Immobilienzyklus läuft der allgemeinen
wirtschaftlichen Konjunktur zeitlich hinterher.
Das dürfen wir nicht vergessen. Der konjunkturelle Abschwung, der mit Arbeitsplatzabbau oder einer zu erwartenden steigenden
Zahl von Insolvenzen einhergeht, trifft unmittelbar den Büroimmobilienmarkt. Hier
werden­Vermieter im gesamten Jahr 2010
noch mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben: Der ­Wettbewerb um Mieter wird härter,
die Leerstände werden steigen, die Mieten
sinken. Eine Wende erwarten wir frühestens
zum Jahreswechsel 2010/2011. Hier ist also
die Talsohle noch keineswegs erreicht – auch
wenn die Immobilieninvestmentmärkte bereits wieder anziehen.
Gilt dies auch für den Markt der Einzelhandelsflächen, der sich zuletzt stabil zeigte?
Es ist richtig, hier haben wir 2009 nur geringe Ausschläge gesehen. Das Konsumklima
scheint sich weniger durch die Krise eingetrübt zu haben. Doch auch hier die Warnung:
Dies muss nicht von Dauer sein, wenn die
Konjunktur nicht schnell wieder anzieht. ­Der
stabile Konsum ist unseres Erachtens näm­lich
nicht die Folge echter Wertschöpfung. Konsumenten gehen an ihre Rücklagen, um sich
Dinge zu leisten. Wir sehen das etwa ­daran,
dass Lebensversicherungen in steigender
Zahl zurückgekauft werden. Volkswirte erkennen es zudem an der nicht gestiegenen
Inflationsrate – ein Zeichen dafür, dass die
Konsumnachfrage real nicht gestiegen ist.
Kurz gesagt: Das Konsumklima könnte sich i­n
diesem und im nächsten Jahr durchaus noch
eintrüben.
Was können Investoren und Immobilien­
eigentümer jetzt tun?
Vor Risiken zu warnen, heißt nicht, in Pessimismus zu verfallen. Es gibt noch Gefahren,
ja. Darauf muss man sich als Investor und
Eigentümer einstellen: Mieter halten, Bestände weiterentwickeln, Portfolios wenn
möglich und sinnvoll bereinigen, vor allem
aber mehr Kreativität in der Entwicklung
neuer Geschäfts­felder zeigen. Das würde
Hanspeter Gondring lehrt als Profes­
sor an der Dualen Hochschule
Baden-­Württemberg in Stuttgart.
der ­Branche insgesamt guttun. Denn ich bin
überzeugt, dass es auch und gerade in diesen Zeiten Möglichkeiten für sehr erfolgreiche Investments gibt. Man muss sie nur
sehen – und dann auch nutzen.
Das Interview führte Anne Wiktorin.
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titel
Kreativstandort­„Dortmunder U“ in der Dortmunder Innenstadt entsteht
gerade der neue Firmensitz der Krankenkasse BIG. Und erst vor Kurzem
haben die beiden das Objekt zu einem guten Preis an den Initiator geschlossener Immobilienfonds Hannover Leasing verkauft. Der Büroneubau
„Cäcilium“ in Köln ging im Oktober in den Bestand des Immobilienfonds
SEB Immoportfolio Target Return über. „Premium-Immobilien finden auch
jetzt einen Käufer, zu vernünftigen Kursen ist das kein Problem“, so Kruse.
­Fazit der beiden Essener: Auf ihr klar definiertes Geschäftsmodell können
sie auch weiterhin vertrauen. „Wir bauen immer nur Immobilien, die zu
80 Prozent vermietet sind und außerdem so viel Charme besitzen, dass
wir sie selbst behalten würden“, erklärt Kruse.
R­ isikoaufschlag auf die Finanzierung den Start eines geplanten, größeren Hochtief-Gewerbeprojekts. „Und in St. Petersburg hängt vieles davon ab, ob wir einen Finanzierungspartner für das geplante Projekt mit
ins Boot bekommen. In beiden Fällen sind wir aber nicht Eigentümer
der Grundstücke“, berichtet Eichholz.
Licht und Schatten bei Entwicklern
Dass manche seiner Realisierungspläne nicht Wirklichkeit werden, erlebt unterdessen auch Stefan Best, Geschäftsführer des Projektentwicklungsarms der HIH Hamburgische Immobilien Handlung. „Vor allem
Großprojekte­ab einem Investitionsvolumen von mehr als 100 Millionen
Euro werden auf einen späteren Realisierungszeitraum verschoben“,
beob­achtet der Investor aus der Hansestadt.
Von den vier Geschäftsbereichen der HIH – dazu zählen das Asset
Management, das Property Management, Investmentprodukte und die
Projektentwicklung – hätten die beiden erstgenannten Bereiche keinerlei
strategischer Anpassung bedurft. „Diese Dienstleistungsbereiche funktionieren unabhängig von den Marktzyklen“, sagt Best. Mit seinen Investmentprodukten reagiere HIH auf die erhöhte Nachfrage nach selbst
erklärenden und vor allem risikoarmen Immobilienanlagen. Ähnlich wie
die Essener Hochtief Projektentwicklung nehmen auch die Hamburger
Projekte werden kleiner
Miet­einnahmen viel zu optimistisch angesetzt wurden, da fehlt das Geld
für externes Know-how – und sei es auch noch so sinnvoll.
Gut lachen haben all jene, die in den Zeiten des billigen Geldes auf
dem Boden geblieben sind. „Wir haben keine Extreme mitgemacht.
Nach außen wirken wir sicher forsch und pfiffig, aber intern agieren wir
erzkonservativ“, sagt Marcus Kruse, geschäftsführender Gesellschafter
des Essener Projektentwicklers Kölbl Kruse. Der inhabergeführte Mittelständler entwickelt und revitalisiert Büro- und Einzelhandelsimmobilien,
vorwiegend in der Region Rhein-Ruhr. Allein am Duisburger Innenhafen
haben Kruse und sein Partner Stephan Kölbl mehrere Büroimmobilien
errichtet, denkmalgeschützte Speicher revitalisiert. Nahe dem neuen
Mit der schwächeren Marktphase müssen sich aber auch die beiden erfolgsverwöhnten Entwickler arrangieren. „Immobilien in B-Lagen leiden
unter der Nachfrageflaute“, sagt Kruse. Beim Neubau „Cäcilium“ in Köln
sei das weniger stark zu spüren, beim ebenfalls bezugsfertigen „Looper“
am Innenhafen Duisburg dagegen schon. Erstaunlicherweise aber müssen die beiden auch im Umgang mit Banken kaum umschwenken. Zum
einen, weil sie jedes Projekt selbst finanzieren und theoretisch im eigenen Bestand halten könnten. Zum anderen, weil ihr Netzwerk sie auch
in diesen Zeiten auffängt. „Wir haben zuletzt eine Finanzierung von der
Sparkasse bekommen. Es gibt keine Engpässe. Weil man uns kennt und
vertraut, bekommen wir weiterhin gute Konditionen“, so Kruse.
Andere Erfahrungen hat Rainer Eichholz, Sprecher der Geschäftsführung der Hochtief Projektentwicklung, in den vergangenen Monaten
gemacht. „Die Kreditinstitute verlangen in jedem Fall höhere Vorvermietungsquoten und mehr Eigenkapital als vor der Finanzkrise. Wir kalkulieren unsere Entwicklungen daher heute auf Basis einer Eigenkapitalquote
von 40 Prozent. Und wir haben unsere Realisierungshürde selbst erhöht.
Erst bei einer Vorvermietung zwischen 50 und 70 Prozent je nach Projekt heben wir die Baugrube aus“, sagt er. In der Zusammenarbeit mit
Banken helfe selbstverständlich auch, dass Hochtief Projektentwicklung
eine 100-prozentige Tochter eines M-Dax-Unternehmens ist.
In der Akquisitionsstrategie gehen die Essener aber einige neue
Wege. Der Wohnanteil im Entwicklungsportfolio soll erhöht, der Bereich Gesundheitsimmobilien ausgebaut werden. Bei Hotel- und Einzelhandelsimmobilien will Eichholz dagegen sehr selektiv vorgehen.
„Büroimmobilien bilden weiterhin unser Kerngeschäft. Doch werden wir
hier in Zukunft auch einmal kleinere, fungiblere Projekte im Volumen
um die 20 Millionen Euro angehen“, sagt er. Mit Verzögerungen muss
der Projektentwickler aus Essen allerdings bei seinen osteuropäischen
Projekten leben. In Bukarest verhindert der von den Banken geforderte
Rückläufige Nachfrage
Neu vermietete Büroflächen in Deutschland und Europa
2003 bis 3. Quartal 2009 in Mio. m2
Wieder mehr Leerstand
Leerstandsquoten Büromarkt in Deutschland und Europa
2003 bis 3. Quartal 2009 in Prozent
Einem vermögenden Privatinvestor aus Kuweit
gehört der „Breidenbacher Hof“ in Düsseldorf.
19,0
15
10
12,9
14,8
1,3
1,6
2,0
2,2
2,5
2,3
1,3
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
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D
Europa**
8
8,7
* 4 Märkte: Berlin, Frankfurt/M., Hamburg, München; 2003 ohne 1. Quartal
** 15 Märkte: Amsterdam, Barcelona, Berlin, Brüssel, Dublin, Frankfurt/M., Hamburg, London
(Central, North, South und Thames Valley), Madrid, München, Paris (Île-de-France), Wien
Quelle: CB Richard Ellis, Stand: 3. Quartal 2009
8
Deutschland*
10
Zum zweiten Mal in Folge steigt der Immobilien-Investitionsklimaindex von Union Investment
9
16,7
16,3
5
0
Europa**
20,4
Investoren sind wieder zuversichtlicher
7
6
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
* 4 Märkte: Berlin, Frankfurt/M., Hamburg, München; 2003 ohne 1. Quartal
** 15 Märkte: Amsterdam, Barcelona, Berlin, Brüssel, Dublin, Frankfurt/M., Hamburg, London
(Central, North, South und Thames Valley), Madrid, München, Paris (Île-de-France), Wien
Quelle: CB Richard Ellis, Stand: 3. Quartal 2009
Foto: Breidenbacher Hof/Robert Reck
Deutschland*
20
seit dem Beginn der Krise den Bau von Miet- und Eigentumswohnungen
stärker in den Fokus.
Ändern Dienstleister und Projektentwickler ihren Kurs, müssen
zwangsläufig auch Makler und Berater der neuen Route folgen. Viele
von ihnen haben bereits ihre Mannschaften reduziert oder ihre Teams
umbesetzt. Der deutsche Arm des skandinavischen Maklerunternehmens
Catella mit Sitz in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und München
beispielsweise hat als Reaktion auf die trägen Investmentmärkte sogar
sein Vergütungssystem umgestellt. „Wir zahlen unseren Mitarbeitern keine internen Provisionen mehr. Die Honorare basieren seit Anfang 2008
auf dem Teamergebnis“, berichtet Catella-Deutschland-Manager Klaus
Franken über die geänderte Strategie. Dies sei zwar auch dem müden
Investmentgeschäft geschuldet, man ziehe damit aber auch eine Lehre
aus der Krise: Provisionsgetriebe Geschäfte seien eben nicht immer die
besten. Aus persönlichen Erfolgserlebnissen, die zuvor in individuellen
Abschlussprovisionen ihren Ausdruck fanden, formte die Geschäftsleitung daher „Gruppenerlebnisse“ – und ermuntert auf diese Weise wieder zu stärker teamorientiertem, abteilungsübergreifendem Arbeiten.
Die Botschaft des Beratungsunternehmens könnte stellvertretend für
die gesamte Branche stehen: Eine Krise, die alle trifft, lässt sich eben
auch nur gemeinsam meistern.
$
ie Investoren der drei größten europäischen
Volkswirtschaften starten optimistischer ins
Jahr 2010, als es noch Mitte 2009 zu erwarten war. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Investitionsklimastudie von Union Investment,
bei der im Dezember 2009 mehr als 220 Investitionsentscheider von Immobi­lienunternehmen und
institutionellen Immobilieninvestoren in Deutschland, Frankreich und Großbritannien befragt wurden. Der Immobilien-Investitionsklimaindex, der
seit 2005 die Erwartungen und Einstellungen der
europäischen Immobilieninvestoren systematisch
erfasst, legte zum zweiten Mal zu. Er notiert aktuell bei 67,5 Punkten. „Das Investitionsklima
hat seinen Tiefpunkt vom Herbst 2008 hinter sich
gelassen. Die Klimaindizes in allen drei Befragungsregionen weisen auf eine Belebung der
Investmentmärkte hin“, sagt Olaf Janßen, Leiter Immobilien Research bei Union Investment.
Der Druck auf die Anfangsrenditen in Großbritannien und Frankreich werde aller Voraussicht
nach weiter zunehmen. „In den nächsten zwölf
Monaten dürften wir in Europa auch bei den
grenzüberschreitenden Transaktionen einen Anstieg sehen“, so der Researcher.
In den Aufwärtstrend ist – deutlich nachlaufend – auch das in Deutschland ermittelte Klima für Immobilieninvestitionen eingeschwenkt;
der nationale Index legte um vier Punkte am
k­ räftigsten­zu, bleibt jedoch mit einem Wert von
66,1 hinter den Klimaindizes für Frankreich (68,3)
und Großbritannien (68,2) zurück. „Die Nachholbewegung des Deutschlandindex darf nicht
darüber hinwegtäuschen, dass die Entwicklung
in den drei europäischen Kernmärkten vermutlich kurzfristig wieder auseinanderläuft“, rückt
Janßen­das Ergebnis in den Zusammenhang.
In der ersten Jahreshälfte werde sich in
Groß­britannien die Erholung beschleunigen. So
kün­digen bereits 60 Prozent der dortigen Inves­
toren steigende Immobilieninvestitionen für das
Jahr 2010 an, in Frankreich sind es 52 Prozent, in­
Stimmung der Immobilieninvestoren
deutlich verbessert
Investitionsklimaindex: Veränderung in Prozent
8
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
4
0
–4
–8
–12
2005
2006
2007
1.
2.
2008*
* Erhebung jeweils im Frühjahr (1.) und Herbst (2.)
Quelle: Union Investment, Stand: Januar 2010
1.
2.
2009*
Deutschland nur 38 Prozent. „Investoren in Frank­­reich und Großbritannien trauen ihren Immobilienmärkten bereits mehr zu als die deutschen“,
sagt Janßen. Die britischen und französischen
Immobilienprofis erwarten in ihren jeweiligen
Märkten für 2010 ein sehr viel besseres Klima
für Büroinvestments und in dessen Folge ein sig­
nifikant steigendes Investoreninteresse aus dem
In- und Ausland. London gilt unter den Befragten
als Markt mit den derzeit besten Rahmenbedingungen für Immobilieninvestments weltweit, darüber hinaus schneiden Deutschland, Frankreich,
USA und Skandinavien mit guten Werten ab. Besonders kritisch werden neben den spanischen
auch die Immobilienmärkte in Mittel- und Osteuropa sowie in Japan beurteilt.
Die Mehrheit der britischen Immobilien­
profis (64 Prozent) richtet ihre Investitionsentscheidung dabei weiterhin streng nach Renditegesichtspunkten aus. Während auch in
Frankreich im Vergleich zum Frühjahr eine stärkere Renditeorientierung auszumachen ist, bleiben sich die deutschen Immobilieninvestoren
treu: „Sicherheit“ wird in Deutschland auch
2010 die wichtigste Maßgabe für Immobilieninvestitionen sein. „Einen Strategiewechsel von
Core zu Value Add werden perspektivisch nur
sehr wenige deutsche Investoren vollziehen“,
$
erwartet Olaf Janßen.
Raum & mehr 1/2010
9
Märkte
D
Gleichung mit
vielen Unbekannten
Investoren beurteilen den US-amerikanischen Immobilienmarkt nach wie vor unterschiedlich. Wo stehen
Hohe Arbeitslosigkeit belastet den Büromarkt
von Seattle im US-Bundesstaat Washington.
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Fotos: Gettyimages/Photographer‘s Choice/Steven Puetzer; Colliers International
New York, Chicago, Seattle und Washington im Jahr eins nach dem großen Crash? Von Miriam M. Beul
er vom billigen Geld angetriebene Ausflug globaler Finanz­investoren
in die Immobilienwelt fordert seinen Tribut. Besonders hoch ist er
dort, wo die Krise ihren Anfang nahm: in den Vereinigten Staaten
von Amerika. Die größte Volkswirtschaft der Welt hat sich von den Folgen
der Immobilien- und Kreditkrise noch längst nicht erholt. Der Schädel brummt. Und auch die Milliardenhilfen der US-Regierung können
den Patienten Konjunktur nicht im Handumdrehen wieder auf die Beine
stellen. Der gesamte Immobiliensektor hängt weiterhin am Tropf Washingtons. „Die Frühindikatoren für eine Wende zum Positiven sind gut, aber
die konjunkturelle Erholung fängt erst an“, sagt Ulrich Wortberg, Wirtschaftsanalyst bei der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba). Vor allem
werde die US-Notenbank die Zinswende erst einläuten, wenn sich der
Arbeitsmarkt erholt hat, sagt er. Doch vorerst kann von einer Wende
am Arbeitsmarkt keine Rede sein. Gut 9 Prozent der Amerikaner hatten
zur Jahreswende keinen Job. So hoch war die Arbeitslosenquote seit
26 Jahren nicht mehr. „2010 könnte der Boden erreicht sein, sodass
auch der Konsum wieder anspringt“, so Wortberg. Eine Belebung des
Arbeitsmarktes sieht der Analyst als Bedingung für eine nachhaltige
Erholung der US-Wirtschaft sowie der dortigen Immobilienmärkte an.
Kein leichter Weg – vor allem für die Gewerbeimmobilienmärkte.
Deren Lage zur Jahreswende ist keineswegs entspannt. Seit dem Beginn
der Krise brachen die Preise um bis zu 40 Prozent ein. Leere Büroetagen
und verwaiste Ladenzeilen gehören nun selbst in Großstädten zum Bild.
Und solange interessierte Investoren keine Darlehen bekommen, werden
die Preise weiter sinken, und die Ausfallrate bei den Krediten wird steigen. Ende 2009 lag die Ausfallrate bei 8 Prozent und hatte sich damit
seit Krisenbeginn mehr als verdoppelt. „Man kauft preiswerte US-Immobilien in der momentanen Marktphase selten vom Eigentümer. Meistens
kauft man der Bank die Finanzierung ab. So kann man 100 Prozent der
Immobilie zum Preis von 60 Prozent bekommen“, sagt Volker Arndt,
Geschäftsführer der US-Treuhand. Für eigenkapitalstarke Investoren wie
Fonds und Pensionskassen böten sich hier durchaus Chancen. Er hält die
Stille an den Transaktionsmärkten für die Ruhe vor dem Sturm.
„Die Banken halten die Objekte fest, es kommt kaum etwas auf den
Markt. Die guten Kaufgelegenheiten kommen sicher erst in den nächsten
ein, zwei Jahren“, sagt der deutsche Fondsinitiator, der seit zwei Jahrzehnten in amerikanische Büro-, Wohn- und Hotelimmobilien investiert.
„Die Welt wird morgen nicht wieder so aussehen wie vor zwei oder drei
Jahren. Die Leerstände werden weiter steigen. Es gibt Überkapazitäten,
vor allem im Büro- und Einzelhandelssegment. Nur Premium-Immobilien
werden in diesem Wettbewerb überstehen“, lautet sein Urteil. „Es mehren
sich die Zeichen, dass das Schlimmste überstanden ist“, sagt auch Ross J.
Moore, Executive Vice President und Leiter Research beim Maklernetzwerk
Colliers. Zwar mussten sich Vermieter nach Recherchen des Bankhauses­
Weltgrößte Volkswirtschaft
Die US-Wirtschaft in Zahlen
Bevölkerung*** in Mio.
306,9
Bruttoinlandsprodukt (BIP)*
2009 in Mrd. Dollar
14.268
Staatsverschuldung 2010*
in Prozent des BIP
61,4
BIP* pro Kopf 2009 in Dollar
46.491
Bevölkerungszuwachs
2009 in Prozent
0,9
„Es mehren sich die
Anzeichen, dass auf dem
US-Markt das Schlimmste
überstanden ist.“
Ross J. Moore, Vice President, Colliers, Boston
Metzler North America in den vergangenen 18 Monaten mit einem
wachsenden Anteil untervermieteter Büroflächen arrangieren. Statistisch
gesehen seien aber 7 bis 12 Prozent aller „leeren Flächen“ unterver­
mietet. „Auch wenn das Überangebot im Laufe des Jahres 2010 moderat zunehmen wird, so erwarten wir, dass sich am Verhältnis zwischen
direktem und verdecktem Leerstand wenig ändert“, sagt daher Steven
A. Franceschina, Senior Managing Director bei Metzler North America
in Seattle.
Chicago: Unsicherheit hält an
Ein Blick in die Landesstatistik zeigt: Chicago, Seattle, Washington sowie
die drei New Yorker Lagen Downtown Manhattan, Midtown Manhattan
und Midtown Süd Manhattan bekommen die Flaute auf dem Arbeitsmarkt nicht mit gleicher Wucht zu spüren. Rund um den Lake Michigan
spitzte sich die Lage aber am stärksten zu. Chicago, drittgrößte Stadt in
den Vereinigten Staaten und zweitgrößte Wirtschaft des Landes, hatte
Ende des dritten Quartals für 15,4 Prozent aller Büroflächen keine Mieter. Und das, obwohl öffentliche Nutzer – die US-Regierung, der Staat
Illinois, das Schulwesen und die Stadt von Chicago – zu den größten
Arbeitgebern zählen. Die vormals stets niedrige Arbeitslosenquote in
Chicago kletterte von 5 Prozent in den vergangenen Jahren auf nunmehr 11,3 Prozent, heißt es in einem Standort-Rating des Analysehauses
Feri. Seit dem Beginn der Krise habe die vormalige Jazzmetropole rund
4,8 Prozent aller Jobs verloren. Das Anlagerisiko bewertet Feri daher
mit einem mittelguten C. „Immerhin ist die Wirtschaft in Chicago recht
diversifiziert, was ein großer Vorteil ist. Allerdings war die Bauaktivität
in der Vergangenheit stark, und so zeigen in der momentanen Lage nur
Toplagen wie Wacker Drive eine gute Performance“, sagt Karl-Joseph
Hermanns-Engel, Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment
Real Estate GmbH. Ähnlich sehen dies die Chicagoer Immobilienberater von The John Buck Company (JBC). Laut ihrem Report aus dem
Herbst 2009 leiden vor allem die Nebenlagen unter massivem Nachfrageschwund. Allein im dritten Quartal seien in den dezentralen Chicagoer §
US-Konjunktur und Arbeitsmarkt erholen sich nur langsam
BIP, Preisindex, Arbeitslosenquote und Einkommen in Prozent
10
8
6
4
2,7
2 2,1 0,4
0
–2,4
–2
–4
Bruttoinlandsprodukt**
* Prognose ** reale Veränderung gegenüber Vorjahr *** Stand: Juni 2009
2007
9,2
2,8
4,6
3,8
2008
2009*
2010*
9,9
5,8
2,2 0,5 0,5
1,4
2,0
–0,4
Verbraucherpreisindex
Arbeitslosenquote
verfügbare Einkommen**
Quelle: GTAI, Stand: 30.11.2009
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Märkte
Die vier wichtigsten Büromärkte der USA
Flächenbestand, Fertigstellungen, Leerstandsquote, Durchschnittsmiete,
Flächen im Bau, jeweils Class-A-Bürogebäude Downtown/CBD
Kapitalisierungsrate für den Chicagoer Büromarkt aktuell mit 8,22 Prozent, damit liegt sie 50 Basispunkte höher als die Quote vom ersten
Quartal 2009“, sagt auch Guy Benn, Vice President Cross Border beim
Immobilienberater Savills LLC in New York.
Büroflächenbestand in m2 (je 100.000 m2)
New York: hohe Wertverluste
Nach dem Absturz könnte sich der New Yorker
Immobilienmarkt schon bald wieder erholen.
Bürolagen 84.000 Quadratmeter Fläche frei geworden. Hier schoss die
Leerstandsquote einschließlich der untervermieteten Flächen auf einen
Rekordwert von 18,9 Prozent. Die Preise spiegeln die Verunsicherung
auf dem Markt und den gesunkenen Flächenbedarf wider. Innerhalb von
fünf Quartalen ließen die Büromieten in den zentralen Chicagoer Citylagen um 7,4 Prozent nach, außerhalb des Zentrums um 4,9 Prozent.
Um bonitätsstarke Mieter wird in der früheren Gangsterstadt mit harten Bandagen gekämpft. „Eigentümer mit Zugang zu Krediten und der
Möglichkeit, den Mietern mit verschiedenen Incentives entgegenzu­
kommen, haben bei Neu- und Anschlussvermietungen größere Erfolge
als Immobilienbesitzer mit begrenztem Kapital“, so die Erfahrung der
JBC-Berater. Doch finanzielle Spielräume haben wohl die wenigsten.
Auch der Transaktionsmarkt ist wie ausgetrocknet. „In den Geschäftsvierteln von Chicago gab es in den ersten drei Quartalen dieses
Jahres keine Immobilientransaktionen“, schreiben die Chicagoer Immobilienberater in ihrem Report und sprechen von einem Marktgeschehen
„jenseits historischer Maßstäbe“. Metzler North America bringt dazu
weitere Zahlen. Innerhalb eines Jahres (Oktober 2008 bis September
2009) sei das Transaktionsvolumen am Chicagoer Investmentmarkt
um 88 Prozent eingebrochen. Mit einem Minus von 87 Prozent kam
sogar New York noch geringfügig besser weg. In Seattle lag der Rückgang bei 69 Prozent und in Washington, dem derzeit stabilsten Markt, bei
53 Prozent. „Die niedrige Investmentnachfrage hatte einen Domino­effekt
bei den Immobilienpreisen zur Folge. Wir beziffern die durchschnittliche
Chicago leidet zwar unter den massiven Leerständen – die größeren
Preis- und Wertverluste gab es dennoch in New York. Die starke Abhängigkeit der Metropole vom Banken- und Versicherungswesen schlage
auf den Markt durch. „Infolge der wachsenden Büroleerstände sind die
Effektivmieten im Schnitt um 45 Prozent gefallen“, sagt Benjamin
Breslau, Director Research Americas bei Jones Lang LaSalle (JLL). Kein Wunder. Seit dem Höchststand der Beschäftigung im August 2008 mit rund
4,42 Millionen Jobs in New York gingen rund 121.000 Arbeitsplätze verloren. Davon sind nach Recherchen von Colliers etwa 80.000 Bürojobs.
Auffällig: In dieser Krise gehören auch erstklassige Büroimmobilien zu den
Verlierern. Im vergangenen Jahrzehnt konnten sich Berater, Banker und
Börsenspekulanten respektable Firmensitze leisten. Die Immobilienpreise
explodierten und mit ihnen die Mieten. „Der New Yorker Markt leidet jetzt
am meisten, er war völlig überhitzt“, sagt Fondsinitiator Volker Arndt. Seit
dem Jahr 2000 hätten die Büromieten in guten New Yorker Geschäfts­
lagen um 50 Prozent zugelegt. In Chicago seien sie im gleichen Zeitraum
gesunken. „New York war total überbewertet“, so Arndt. Savills-Berater
Benn sieht die Lage positiver. Gerade die Abhängigkeit New Yorks von der
Finanzwirtschaft verbessere die Aussicht auf eine baldige Genesung. „Der
Büromarkt wird sich wegen der absolut geringen Neubaupipeline und der
schnellen Anpassung der Büromieten nach unten als Erster erholen“, sagt
er. Zwar sehe sich die Finanzindustrie noch mit großen Herausforderungen
konfrontiert, doch seien durchaus Aufwärts­tendenzen erkennbar.
Drastischer Rückgang
Direktinvestitionen europäischer Investoren in US-Gewerbeimmobilien in Mrd. Dollar
10
8
6
4
2
0
12
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Washington DC
3,0
5.212.000 m 2
1,0*
2007
2008
2009
Leerstandsquote
in Prozent
37,6
Fertigstellung
III/2008 bis III/2009 in 1.000 m2
8,7
10
20
30
404
15,4
29,1
0
50
0
4
8
12
16
* 1. Halbjahr 2009 ** inkl. Sanierungsmaßnahmen
der Markt wird sich sehr schnell erholen“, sagt Guy Benn. Der Investmentmarkt werde früher zu alter Stärke finden als andere Märkte. Allerdings
biete er Investoren weniger Aufwärtspotenzial, da Preise und Mieten weniger gesunken sind als anderswo. Deutsche Anleger setzen bekanntlich auf
Sicherheit, und da wundert es nicht, dass Washington für sie ein angesagter
Investmentmarkt ist. So hat Deka Immobilien Investment im September
2009 für ihren Globalfonds eine 23.000 Quadratmeter große Büroimmobilie in zentraler Washingtoner Geschäftslage gekauft. 208 Millionen Dollar
ließ sich die Fondstocher der Sparkassen den Murphy/Jahn-Bau mit LEEDCS­­Gold-Siegel kosten. „Washington ist seit jeher ein konservativer Markt.
Die Stadt hat keine Übertreibungen wie New York oder Chicago gesehen.
Daher entwickelt sich die Nachfrage von Behörden und Lobbyisten seit
Jahren stabil“, sagt Deka-Geschäftsführer Thomas Schmengler.
Seattle: 2010 gilt als Jahr der Bewährung
Weniger im Fokus der Investoren stand 2009 der Ballungsraum Puget
Sound im Nordwesten des US-amerikanischen Bundesstaats Washington. Größte Stadt in der Region, die sich vor allem östlich um eine
150 Kilometer lange, inselreiche und weitverzweigte Bucht schmiegt,
ist Seattle. Amazon, Starbucks, T-Mobile und vor allem Microsoft zählen
zu den bedeutendsten Arbeitgebern, wenngleich die Microsoft-Zentrale
in Redmond und somit einer eigenständigen Vorstadt von Seattle steht.
Knapp die Hälfte aller Microsoft-Mitarbeiter weltweit, rund 40.000,
waren noch Anfang 2009 in der Region Puget Sound beschäftigt.
Allein bis Ende 2009 aber gingen in Seattle mehr als 15.300 Büroarbeits­
plätze verloren. Laut Berater JLL stieg die Leerstandsquote in Seattle auf
16,1 Prozent. Falcon Real Estate Investment Company (FREIC) spricht
491
227
16,1
40
242
17,8
31,2
Seattle
Flächen im Bau**
III/2008 bis III/2009 in 1.000 m2
186
44,4
Chicago
• Verbriefung: Hilfe für den praktisch zum
Erliegen gekommenen Markt verspricht
die US-Notenbank Fed. Ähnlich wie bereits bei privaten Hypotheken soll die ­­
Fed nun auch den Verbriefungsmarkt für
gewerbliche Immobilienkredite (CMBS)
wieder in Schwung bringen, damit Banken diese an den Kapitalmarkt weiter­
reichen können.
5,5
New York
Am besten steht derzeit Washington da. Die US-Hauptstadt profitiert vom
immensen Raumbedarf des öffentlichen Sektors, berichtet JLL-Analyst
Breslau. Das Finanzministerium, die US-Notenbank, die Börsenaufsichtsbehörde, die Bundeseinlagenversicherung sowie viele andere staatliche
Einrichtungen hätten den Büroflächenbedarf beflügelt. „Ende 2009 war
Washington der einzige Immobilienmarkt in den USA, der eine erhöhte
Nachfrage aufwies“, sagt Breslau. „Investoren bieten sich dort Chancen,
die sie anderswo in den USA derzeit nicht finden“, unterstreicht auch Metzler-North-America-Experte Franceschina. Die große Anzahl an langfristig
vermieteten Regierungsgebäuden, die weiterhin wachsenden Beschäftigungszahlen und der geringe Anteil an Notverkäufen mache Washington für
konservative Käufer interessant, sagt er. Auch Savills schätzt die Lage positiv
ein. „Washington ist durch die Krise weniger betroffen als andere Städte,
Kreditklemme für den gewerblichen Immobilienmarkt. Fehlt potenziellen Inves­
toren die notwendige Finanzierung für
Ankäufe, bleiben die Immobilienpreise
weiterhin unter Druck. Nach Schätzungen
der Deutschen Bank werden zudem bis
2013 Immobilienkredite im Volumen von
mehr als 2 Billionen Dollar fällig.
5.006.000 m 2
Washington DC
Washington: Fels in der Brandung
• Finanzierung: Besonders prekär ist die
Chicago
Durchschnittsmiete
in Dollar/m2/Monat
Fotos: Siegfried Kutti; Metzler North America
zierungen in den USA zeigt erst vorsichtige Zeichen der Erholung. Nach Ansicht
des US-amerikanischen Wirtschaftsforschungsinstituts Moody’s Economy.com
wird es wohl noch bis mindestens zum
Herbst 2010 dauern, bis sich die Aufwärtsbewegung der vergangenen Monate verstetigt hat.
5.686.000 m 2
2.691.000 m 2
8,4
2006
Der Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierungen ist weitgehend zum Erliegen gekommen
• Erholung: Der Markt für Immobilienfinan-
New York
Seattle
188
104
20
0
100
321
200
300
400
500
0
100
200
300
400
500
Quelle: JLL, Stand: November 2009
sogar von 17,8 Prozent. Auffällig: Zwischen zentralen (17 Prozent) und
dezentralen Lagen (18,5 Prozent) herrscht kaum ein Unterschied – vom
Jobabbau sind Büros im gesamten Stadtgebiet betroffen.
Und auch die Prognosen sind nicht rosig. „2010 wird für uns ein
weiteres hartes Jahr. Wir werden kein Jobwachstum sehen, dafür aber
Neubauten, die in den kommenden Monaten an den Markt kommen“,
schreiben die Experten von FREIC. Schon jetzt hätten die Flächenüberhänge „historische Höchststände“ erreicht ­­– nicht ohne Folgen für die
Büromieten. Allein im dritten Quartal 2009 gingen die Preise im Schnitt
um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal zurück. Seit Ende 2008 hat
das Mietniveau in Seattle sogar um 18,6 Prozent nachgegeben. In Anbetracht des insgesamt ruhigen Investmentmarktes erwarten die Immobilienberater in Seattle – ähnlich wie an allen übrigen Standorten –, dass
in diesem Jahr mehr Problemimmobilien verkauft werden als 2009. Für
eigenkapitalstarke Investoren heißt das: Der US-Markt könnte die eine
$
oder andere „Perle“ bereithalten.
„Investoren bieten sich in
Washington Chancen, die
sie anderswo in den USA
derzeit nicht finden werden.“
Steven A. Franceschina, Managing Director,
Metzler North America, Seattle
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Märkte
Reisen mit kleinem Budget
Das Travelodge-Hotel
„Tower Bridge“ in London
verspricht Businessreisenden
und Touristen günstige Preise.
Der britische Anbieter
will demnächst Häuser in
Deutschland eröffnen.
Budgethotels profitieren von der Wirtschaftskrise: Weil Unternehmen bei Geschäftsreisen sparen,
sind p­ reiswerte Hotels gut ausgelastet. Das nützt auch Immobilieninvestoren. Von Anette Kiefer
E
s gab einmal eine Zeit, da war die Hotellandschaft klar aufgeteilt.
Die luxuriösesten Häuser lockten den Reisenden mit dem größten
Komfort, die günstigen Pensionen boten nur einfachste Zimmer mit
wenigen Extras. „Auf manchen deutschen Hotelimmobilienkongressen
wurde die Budgethotellerie noch vor zehn Jahren als nicht tragfähiges
Geschäftsmodell abqualifiziert“, sagt Michael Mücke, Geschäftsführer
der Accor Hotellerie Deutschland. Doch mit dem 21. Jahrhundert, dem
Internetboom und der Wirtschaftskrise änderte sich vieles.
Budget- und Economyhotels sind groß im Kommen und in der
deutschen Beherbergungsindustrie derzeit die Sparte, die die größten Gewinne erzielt. So stieg etwa der Umsatz beim Vorzeigeunter­
nehmen Motel One, das in Deutschland derzeit mit 25 Hotels ver­treten
ist, in den ersten neun Monaten 2009 um fast ein Fünftel auf 50 Millionen Euro, der Gewinn um 8 Prozent auf 10 Millionen Euro. Diese
Zahlen sind besonders beeindruckend, da gleichzeitig in der gesamten
Branche der durchschnittliche Umsatz pro verfügbarem Zimmer (Revpar)
um 14 Prozent zurückging.
Deutschland hat Nachholbedarf
Und noch bleibt in Deutschland offenbar viel Platz nach oben: Während in Großbritannien etwa 30 Prozent und in Frankreich sogar knapp
60 Prozent aller Hotels zum Budget- und Economysegment gehören,
sind es in Deutschland derzeit nur etwa 8 Prozent, wie eine Studie
des Unternehmensberaters PKF Hotelexperts zeigt. Die institutionellen
Anleger jedenfalls haben ihre Hausaufgaben gemacht: „Die Scheu vor
Hotelimmobilien und auch vor dem Budgetsegment ist gesunken“, sagt
Ursula Kriegl, Deutschlandchefin von Jones Lang LaSalle (JLL) Hotels.
Union Investment etwa kaufte vor einigen Monaten die Projektentwicklung des Motel One in der Hamburger Neustadt für einen ihrer Offenen
Immobilienfonds. In manchen Häusern bekommt der Gast während seines gesamten Aufenthalts keinen einzigen Hotelmitarbeiter zu Gesicht,
so wie bei der finnischen Budgetkette Omena Hotellit. Check-in und Zugang zu den Zimmern funktionieren dann über einen Computercode, der
Geringe Preisunterschiede im Budgetsegment
Durchschnittliche Zimmerpreise in Euro
Zwei-Sterne-Hotels
Paris
Foto: Travelodge
München
14
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Vier-Sterne-Hotels
211
93
137
87
London
84
Hamburg
80
119
Köln
80
117
Frankfurt/M.
67
Berlin
65
182
117
104
Dresden
65
100
0
50
Quelle: Trivago, Stand: 30.11.2009
0
50
85
100
150
200
250
vorab per Mail an den Gast verschickt wird und sogar den Empfangschef
überflüssig macht. Manchmal ersetzen Verkaufsautomaten mit frischem
Gebäck und Obst aus den umliegenden Geschäften den 24-Stunden­Zimmerservice, so wie beim holländischen Anbieter Qbic. Und in den deutschen A&O-Hotels und -Hostels müssen Gäste für die Mehrbett­zimmer
sogar ihre eigene Bettwäsche und Handtücher mitbringen.
Viel Komfort, wenig Personal
Die meisten Budgethotels jedoch sind heute ähnlich komfortabel ausgestattet wie teurere Häuser: Zimmer mit Vollholzparkett, Bettwäsche
aus ägyptischer Baumwolle, Badezimmer mit schicken Mosaikfliesen, ein
voll klimatisiertes Haus und zentrale Innenstadt-Standorte. „Der einzige
Unterschied zwischen unseren Zimmern und denen in Vier- oder FünfSterne-Hotels ist die Zimmergröße“, sagt Sascha Gechter, einer der drei
Geschäftsführer der Meininger-Hotelgruppe. Deren Zimmer messen im
Schnitt 15 bis 16 Quadratmeter inklusive Bad und liegen damit im mittleren Bereich der Budgethotels.
Das Konzept setzt sich rasant durch: Die Zimmer der Münchener Kette Motel One waren noch vor zwei Jahren zu durchschnittlich 57 Prozent
ausgelastet. Schon ein Jahr später stieg die Auslastung auf 71 Prozent.
Im Gespräch mit Hotelbetreibern und Investoren kristallisieren sich stets
zwei Katalysatoren heraus, die als Hauptgründe für den rasanten Aufstieg der Budgethotels in Deutschland genannt werden: einerseits das
Internet, das jedem Gast ein bequemes und schnelles Vergleichen der
verfügbaren Angebote ermöglicht. Und andererseits die Finanzkrise,
die die Unternehmen ihre Reisebudgets zusammenstreichen ließ und
viele Firmenchefs und Geschäftsreisende nötigte, zum vielleicht ersten
Mal überhaupt in einem Budgethotel abzusteigen. „Das ist eine große
Chance für uns, jetzt können wir Budgetbetreiber zeigen, was wir draufhaben“, sagt Sascha Gechter. Er glaubt, dass die Krise viele Berührungs­
ängste bei den gehobenen Angestellten bis hinauf in die Chefetagen
abgebaut hat: „Die Geschäftsreisenden merken plötzlich, dass unsere
Hotelzimmer gar nicht so schlecht sind, wie sie vielleicht dachten, dass
sie nur auf wenig verzichten müssen und dafür nur ein Drittel des normalen Preises bezahlen.“ Auch eine Studie des Unternehmensberaters
Treugast bestätigt: „Design-orientierte Budgethotels erhalten derzeit
ihre Chance, weil sie das aktuell vorrangigste Bedürfnis nach einem
günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis voll erfüllen und Kompromisse in
momentan akzeptablen Bereichen abverlangen.“
Die große Frage, die sich die Hotelbranche derzeit stellt, lautet
daher folgerichtig: Wie dauerhaft sind diese Veränderungen, und
werden sie auch dann noch Bestand haben, wenn die Folgen der
Finanz­krise endgültig überwunden sind und die Konjunktur wieder
anspringt? Werden die leitenden Angestellten auch dann noch bereit sein, für einen Geschäftstermin erst ein passendes Restaurant
in der Nähe ihres preiswerten Hotels ausfindig zu machen, weil die
Budget­herberge nun mal kein eigenes Restaurant besitzt? Die sozia­
len Trends deuten jedenfalls darauf hin, dass die Kunden wesentlich
gezielter und auch individueller auswählen, wofür sie noch bereit §
Raum & mehr 1/2010
15
Märkte
sind zu zahlen. Der Konsument – und Hotelgast – von heute fährt
„mit dem Porsche zum Aldi-Einkauf oder mit dem Fahrrad zum SterneRestaurant“, bringt Treugast das veränderte Selbstverständnis vieler
Kunden auf den Punkt.
Basispreis mit Extras
„Der Gast ist heute nicht mehr bereit, sein Geld für unnötige Extras auszugeben“, hat auch Michael Kirsch von Accor festgestellt, deren Tochtermarke Ibis schon seit 1974 Budget- und Economyhotels in Deutschland betreibt und damit als Pionier der Sparte gilt. „Eine Hotelbuchung
erinnert inzwischen immer mehr an den Autokauf: Es gibt einen Basispreis, und dann stellt sich der Gast selbst alle Zusatzleistungen zusammen, die er braucht.“ Und davon profitiert nicht nur der Gast, sondern
auch die Gruppe der Betreiber. Ihr Bonus liegt darin, dass Kosten und
Einnahmen bei Budgethotels wesentlich besser kalkulierbar sind als
im Luxussegment. „Wer nur Übernachtungen und ein Basisfrühstück anbietet, hat weniger mit schwankenden Umsätzen aus dem hauseigenen
Restaurant, mit ausbleibenden Konferenzbuchungen oder Bewirtungsumsätzen zu kämpfen“, sagt JLL-Expertin Kriegl. Sie schätzt, dass die
Budgethotelbetreiber etwa 80 bis 85 Prozent ihrer Einnahmen durch die
Logisumsätze erwirtschaften.
Deshalb können sie sich auch ohne größere Probleme auf Pachtverträge mit Fixmieten einlassen. Anders ihre Kollegen aus dem Drei- und
Vier-Sterne-Bereich, die Managementverträge mit Umsatzkomponente
bevorzugen. „In der Luxushotellerie sind Festpachtverträge die Ausnahme, während diese in der Budgethotellerie noch dominieren – mit
marktüblichen Pachten“, heißt es im Marktbericht von PKF Hotelexperts.
Die Experten erwarten daher, dass die gesamte deutsche Hotellandschaft­
gestärkt aus der Krise hervorgeht. Gerade im Ein- bis Zwei-SterneBereich, dem die Budgethotellerie zugeordnet wird, waren bislang die
Standards sehr unterschiedlich. Solide Mittelstandsbetriebe mit vernünftigen Preisen waren ebenso darunter wie ausgesprochen renovierungsbedürftige Privatpensionen – und was den Gast tatsächlich erwartete,
ließ sich häufig erst vor Ort erkennen.
Internet schafft Vergleichbarkeit
Jetzt sind die Zimmer meist vorab im Internet zu besichtigen, die Standards bei den einzelnen Hotelketten immer gleich, und der Konkurrenzdruck sorgt dafür, dass auch zwischen den verschiedenen Häusern
die Unterschiede verschwinden. „Im Zuge der Markendurchdringung
vollzieht sich eine Qualitätsverbesserung im Budgetsegment“, hat die
Treugast-Studie ermittelt. „Sie sorgt für steigende Transparenz in der
traditionell klein- und einzelbetrieblich geprägten deutschen Beherbergungslandschaft“, heißt es dort. Dass die meisten Budgethotels ihren
Gästen zum Beispiel eine drahtlose Internetverbindung vom Zimmer
oder der Lobby aus bieten, gilt inzwischen nicht mehr als Besonderheit, sondern ist Standard. Wer da nicht mithalten kann, kassiert bei
der Kundschaft bereits die ersten Minuspunkte. „Im niedrigen Segment sind die Marken nicht so wichtig wie das Preis-Leistungs-Verhältnis“, sagt auch Malte Siewert, Geschäftsführer der Hotelsuchmaschine
Trivago. Das Hauptthema bei den sieben Millionen Besuchern, die jeden Monat die Trivago-Seite anklicken, laute eindeutig: Wo bekomme
ich das meiste für mein Geld?
Dazu zählen auch das Zusatzprogramm und die Atmosphäre, die
in den Budgethotels geboten werden. Einige Häuser locken mit Hightech-Gemeinschaftsküchen, die dann auch gleichzeitig als Treffpunkt für
­kontaktfreudige Reisende dienen. Andere Ketten bieten gemeinsame­
Kategorien preiswerter Hotels
• Low Budget: Etagenbetten für bis zu acht Personen pro Zim-
mer; Gemeinschaftsbad auf dem Gang. Beispiele: A&O Hostels,
Formule 1, Wombats
www.aohostels.com; www.hotelformule1.com;
www.wombats-hostels.com
Auf Design mit Kostenspareffekt setzt der niederländische Betreiber Qbic (oben links). Einer Jugendherberge ähnelt
das Hostel A&O in Prag (oben rechts). Motel One am Berliner Alexanderplatz (unten) bietet Lounge-Atmosphäre.
• Budget: Kleinste Zimmer mit niedrigem Standard, aber mit ei-
genem Bad. Normalerweise keine Gemeinschaftsschlafräume,
sondern Privatzimmer. Beispiele: Easyhotel, Etap (Frankreich,
Deutschland), Motel 6 (USA), Red Roof Inn, Yotel
www.easyhotel.com; www.etaphotel.com; www.motel6.com;
www.redroof.com; www.yotel.com
Fotos: Qbic; A&O Hotels; Motel One
• Economy: Zimmergrößen von etwa 18 Quadratmetern, schickes
16
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Design. Eingeschränkter Service, aber die Rezeption ist meist
rund um die Uhr besetzt. Beispiele: Ibis, Meininger, Motel One,
Qbic (Niederlande), Travelodge (UK)
www.ibishotel.com; www.meininger-hotels.com; www.motelone.com; www.qbichotels.com; www.travelodge.co.uk
• Economy Plus/Mid-Class: Sie werden statistisch oft bei Budget
erfasst, zählen aber per Definition nicht dazu; mit dem Label
„Budget“ wirbt man, da man sich eine bessere Auslastung verspricht. Beispiele: Holiday Inn Express, Hyatt Place, Tulip Inn
www.hiexpress.com; www.hyatt.com/hyatt/place;
www.goldentulip.com
Fernseh­abende, Billard- und Kickertische oder sogar kostenlose Konzerte.
Alles zum Zweck der Kundenbindung, erklärt Meininger-Geschäftsführer
Sascha Gechter: „Der Fokus liegt nicht auf zusätzlich erzielbarem Umsatz, sondern darauf, die Gäste im Haus verweilen zu lassen und damit
Atmosphäre zu generieren.“
Eine weitere Serviceleistung vieler Budgethotels besteht in ihrer
zentralen Lage, die bislang oft den Luxushotels vorbehalten war: mitten
in der Stadt, direkt an der Haupteinkaufsstraße oder dem angesagten
Szenekneipenviertel. Möglich wird dies durch den geringeren Platzbedarf
der Budgethäuser. Wer kleinere Zimmer anbietet und keine Konferenzund Restauranträume im Haus besitzt, der kommt auch mit Rest- und
Eckgrundstücken gut aus oder verzichtet zur Not auf den pompösen
Haupteingang – dann residiert im Erdgeschoss ein Ladengeschäft, und
der Nebeneingang führt zum Hotel im ersten Stock.
Markt wird weiter wachsen
„Der Markt der Event- und Städtereisen wird weltweit massiv weiter
wachsen, und deshalb gibt es einen großen Bedarf an gut ausgestatteten, zentralen Hotelzimmern“, sagt Carsten Hennig von CHD Expert,
einem internationalen, auf das Hotel- und Gaststättengewerbe spezialisierten Marktforschungsinstitut. Tatsächlich zeigen Branchenstudien,
dass im ersten Halbjahr 2009 günstige Stadthotels wesentlich weniger
zu leiden hatten als die Luxus- und Flughafenhotels.
Auch in Zukunft werden die Budgethotels in solchen Städten überdurchschnittlich erfolgreich sein, die für ihre hohen Hotelpreise bekannt
sind. Dazu gehören zum Beispiel die skandinavischen Großstädte Stockholm und Oslo, aber auch die klassischen Reiseziele Paris und London,
prognostiziert Trivago. Das Unternehmen verfügt über eine der umfangreichsten Hoteldatenbanken Europas und veröffentlicht regelmäßig ei­nen
eigenen Hotelpreisindex für die wichtigsten europäischen Großstädte. I­m
November 2009 beispielsweise lag in Berlin der durchschnittlich erzielte
Zimmerpreis im Budgetbereich zwischen 55 und 65 Euro, wie eine Auswertung der Hotelsuchmaschine zeigt. In London hingegen zahlte der Budgetgast schon 71 bis 84 Euro, in Paris gab es zwar ein Budgetbett schon für
63 Euro, in der Spitze wurden aber auch bis zu 93 Euro gezahlt.
Ein großes Potenzial für die Budgetketten bietet jetzt die zweite Liga
der deutschen Großstädte. „Die fünf bis sieben wichtigsten Standorte
haben schon so viele neue Hotels dazubekommen, und die Liste der
Projekte ist immer noch lang“, sagt Ursula Kriegl von JLL Hotels. „Jetzt
ist die nächste Reihe am interessantesten, weil dort der Wettbewerb
noch nicht so groß ist.“ Dazu zählen, so Kriegl, vor allem Städte mit
einem hohen Aufkommen an Geschäftsreisenden und geringen Schwankungen bei der Auslastung – also zum Beispiel Nürnberg, Mannheim,
Konstanz und Trier. Auch eine Expansion der größeren deutschen Ketten
ins deutschsprachige Ausland hält sie für denkbar, zum Beispiel nach
Wien oder in die deutschsprachige Schweiz.
Umgekehrt wollen auch ausländische Budgetmarken in Deutschland Fuß fassen: Schon seit Längerem ist der Bau des ersten ToyokoInn-­Hotels in Frankfurt angekündigt, in diesem Jahr soll nun endlich
mit dem Bau begonnen werden. Ebenso gilt der britische Vorreiter
Travelodge als vielversprechender Kandidat für einen Markteintritt in
Deutschland, ebenso wie das innovative Konzept von Qbic aus dem
niederländischen Maastricht. Nomen est omen: Qbic hat einen gro­
ßen Kunststoffwürfel entwickelt, in dem ein Doppelbett, ein Fernseher
und eine Wasch- und Duschkabine Platz finden. Diese Würfel werden
in bestehende Immobilien eingebaut, zum Beispiel in leer stehende
Bürogebäude. So lässt sich im Handumdrehen ein Budgethotel einrichten, und die ersten Gäste können schon nach wenigen Wochen
einziehen. Die Generation der modernen Budgethotels bricht eben in
$
jeder Hinsicht mit alten Traditionen.
Raum & mehr 1/2010
17
portfolio
Die Profis kehren zurück
Institutionelle Investoren haben aus der Krise gelernt: Sie wollen ihre Immobilienquoten zum Teil deutlich
aufstocken. Profiteure sind die Direktanlage und der Offene Immobilien-Spezialfonds. Von Alexander Heintze
E
in ausbalanciertes Kapitalanlage-Portfolio rückt für die krisen­
erfahrenen Profianleger zunehmend in den Fokus. Immobilien
schwanken weniger im Wert als Aktien, bieten Schutz vor Inflation und sorgen für stetige Einnahmen. Nachdem viele institutionelle
Anleger nach dem Ende der Boomjahre in risikoreiche Aktien-, PrivateEquity- und übergewichtete Hedgefonds investiert haben, beobachten
Marktteilnehmer seit gut einem halben Jahr einen Schwenk in der Anlagepolitik. Nahezu einhellig wollen Versicherungen, Pensionskassen,
aber auch Banken und große Vermögensverwaltungen die Immobilienquote in ihren Portfolios erhöhen. Denn Sicherheit ist Trumpf, beobachtete das Beratungsunternehmen Ernst & Young Real Estate bereits im
Foto: MEAG MUNICH ERGO Asset Management
Der Versicherungsriese Münchener Rück investiert über
ein Tochterunternehmen 70
Millionen Euro in das Kölner
Büroensemble „Cologne Oval
Offices“.
18
Raum & mehr 1/2010
Sommer 2009. Laut seinem Trendbarometer „Immobilienanlagen der
Assekuranz 2009“ kündigten 70 Prozent der Versicherer an, ihre Immobilienquote 2009 erhöhen zu wollen. Im Durchschnitt werde sie über
­6 Prozent anstei­gen, schätzt Ernst & Young. Auch Lars-Oliver Breuer,
Mana­ging Director Investment des Immobilienberaters Savills, glaubt,
dass Immobilieninvestitionen weiterhin ansteigen werden. Das Bedürfnis nach Sicherheit bei Versicherungen, Pensionskassen, Stiftungen und
Unternehmen sei nach wie vor sehr hoch. Für die gebeutelten Immobilienmärkte ist dies ein Lichtblick. „2010 wird es eine deutliche Belebung
geben“, ist Matthias Franz, Mitglied im Corporate Finance Team von
Berater Cushman & Wakefield (C&W), sicher. Laut dem Immobilienberatungsunternehmen DTZ stehen 2010 weltweit 220 Milliarden Euro für
Investitionen in Immobilien zur Verfügung, 106 Milliarden davon allein in
Europa. Offene Immobilien-Spezialfonds für institutionelle Anleger werden mit rund 60 Prozent das meiste Geld beisteuern, schätzt DTZ. Fast
30 Prozent werden wohl direkt von Versicherungen und Pensionskassen
in Immobilien fließen. Staatsfonds, Offene Immobilien-Publikumsfonds,
börsennotierte Immobiliengesellschaften und kapitalstarke Privatanleger machen den Rest aus.
Feri Property Funds Research rechnet damit, dass allein Pensionsfonds „in den kommenden fünf Jahren rund 500 Milliarden Euro in Immobilien investieren werden“, erklärt Wolfgang Kubatzki, Leiter Real
Estate bei Feri Rating & Research in Bad Homburg. Feri erfasst rund
3.200 Investoren weltweit, darunter Pensions- und Staatsfonds, Krankenversicherungen und Stiftungen. Bis zum Herbst 2008 – dem Ende
der Hochpreisphase – hatten Pensionskassen und Versicherungen die
Immobilienmärkte zwar beobachtet, waren als Investoren jedoch kaum
in Erscheinung getreten. Mit den fallenden Preisen kehren sie nun wieder als Investoren zurück.
Zum Beispiel die Hannover Rück: Der Versicherungskonzern erklärte
in seinem Zwischenbericht vom dritten Quartal 2009, seine Kapitalanlagen besser diversifizieren zu wollen. Insgesamt könne der Anteil an
Immobilien bis auf 5 Prozent hochgefahren werden. Zum 30. September wies die Hannover Rück eine Immobilienquote von gerade einmal
0,9 Prozent aus. Laut Branchendienst Thomas Daily will die Württembergische Versicherungsgruppe in den kommenden drei Jahren bis zu
750 Millionen Euro investieren. Vorzugsweise in Core-Immobilien
an deutschen Standorten mit einem Einzelvolumen zwischen 20 und
60 Millionen Euro. Auch der Versicherer Allianz kündigte an, seine Immobilieninvestitionen erhöhen zu wollen. Ziel sei es, weltweit rund 30 Milliarden Euro in Immobilienvermögen zu halten. Das entspräche beinahe
einer Verdoppelung. Die Allianz peilt dabei ein durchschnittliches Investitionsvolumen von etwa 50 Millionen Euro pro Objekt an – vorwiegend
in den Nutzungsklassen Büro- und Einzelhandel. Auch Wohnimmobilien
sollen weiter im Bestand gehalten werden. Ende Dezember 2009 kaufte der Versicherer ein Büroensemble in München – und sorgte mit dem
100 Millionen Euro schweren Deal für eine der größten Transaktionen
des Jahres auf dem deutschen Immobilieninvestmentmarkt.
„Profiteure der steigenden Immobiliennachfrage der Institutionellen
sind die Direktanlage und der Offene Immobilien-Spezialfonds nach deutschem Recht“, stellt Dietmar Fischer, Partner bei Ernst & Young Real
Estate, fest. Immerhin planten 65 Prozent der Umfrageteilnehmer aus der
Versicherungswirtschaft, in Immobilien-Spezialfonds nach deutschem Investmentgesetz zu investieren. „Der Trend ist zweigeteilt“, stellt ­Kubatzki
von Feri fest. „Während in den letzten Jahren die indirekte Anlage klar
favorisiert war, hat die direkte Anlage wieder an Bedeutung gewonnen.“
Jedoch werde vom Volumen her die indirekte Anlage überwiegen. Direkt
werde vor allem in Deutschland investiert. Bei internatio­nalen Anlagen
§
werde die Fondslösung präferiert.
Raum & mehr 1/2010
19
portfolio
stehen Wohnimmobilien. Laut einer Befragung von Ernst & Young unter
40 deutschen Versicherungsgesellschaften mit einem verwalteten Immobilienvermögen von insgesamt mehr als 49 Milliarden Euro, wollen
80 Prozent der Befragten verstärkt in Wohnungen investieren. Im Vorjahr wollte dies nur die Hälfte dieser Investoren. Damit vollziehen die
Anleger einen großen Schwenk. Noch vor wenigen Jahren verkauften
viele direkt investierte institutionelle Anleger große Teile ihrer Wohnportfolios teuer an ausländische Finanz­investoren. Schließlich kostet die
Verwaltung Hunderter Wohnungen mit Mietern, die sich auch über tropfende Wasserhähne beschweren, Zeit, Geld und damit Rendite. In der
Krise aber offenbarte sich der Vorteil dieser kleinteiligen Mieterstruktur.
­Arbeitnehmer und Familien ziehen selten um, sie zahlen die Miete in der
Regel pünktlich und ohne Diskussionen. Diese sicheren Einnahmen sind
wieder gefragt. Allerdings scheuen viele Investoren den Arbeitsaufwand
bei direkt gehaltenen Wohneinheiten und investieren lieber indirekt in
Wohn-Spezialfonds, bei denen ihnen Managementgesellschaften die
Arbeit abnehmen. Zwar werde der momentane Nachfrageboom nicht
von Dauer sein, ist sich Savills-Manager Breuer sicher. Dennoch dürfte
die Quote sowohl direkt wie auch indirekt gehaltener Wohnungen in
den Portfolios der Profianleger in den kommenden Jahren deutlich höher bleiben als in den Jahren davor.
Erstklassige Büroobjekte sind knapp
Fotos: Jesco Denzel/Visum; Union Investment
Allianz und HSH Nordbank investierten gemeinsam in die Hamburger „Europa Passage“.
Die Fachleute erwarten, dass die Spezialisierung bei den Fonds­anbietern
generell zunehmen wird. Bernhard Schwenzer, Manager bei Ernst &
Young Real Estate in München, sieht „eine hohe Bereitschaft seitens der
Fondsanbieter, innovative und auf die Bedürfnisse der Inves­torengruppen
zugeschnittene Produkte zu entwickeln“. Es werde in Zukunft entscheidend sein, bei den institutionellen Investoren unterschiedliche
Zielgruppen zu bedienen. „Kleine Versicherungen, Stiftungen oder
Family Offices fragen verstärkt breit aufgestellte Produkte wie EuropaCore-Fonds nach, während mittlere und große Versicherungen Nischenprodukte für einzelne Märkte und Sektoren suchen, um ihr Portfolio zu
ergänzen beziehungsweise zu vervollständigen“, sagt Schwenzer. Er
sieht aber keinen generellen Trend hin zu Spezialfonds. Vielmehr würden
sich direkte und indirekte Investitionen die Waage halten. „Vereinzelt
inves­tieren Versicherungen wieder direkt in Top-Assets in den großen
deutschen Ballungszentren“, sagt Schwenzer. Im vergangenen Jahr lag
das geplante durchschnittliche direkte Investitionsvolumen bei 150 Millionen Euro und bei den indirekten bei 190 Millionen Euro.
Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Anbieter. „Bei indirekten Investments wird zunehmend der nachweisbare Track Record
des Fondsmanagers die Auswahl bestimmen“, ist man sich bei Ernst &
Young sicher. Außerdem nehmen institutionelle Anleger auch ihre CoInvestoren genau unter die Lupe, bemerkt Claus P. Thomas, EuropaGeschäftsführer von LaSalle Investment Management. Diese müssten
in der Lage sein, Gel­der bereitzustellen, sobald Fonds Kapital zum Immobilienankauf abrufen. Vorn auf der Einkaufsliste der Institutionellen
20
Raum & mehr 1/2010
Weiterhin den größten Anteil im Immobilienbestand von Versicherern
und Pensionskassen machen Büroimmobilien aus, so das Ergebnis der
Ernst-&-Young-Studie zu den Immobilienanlagen der deutschen Assekuranz. Laut Feri allerdings stehen Büros derzeit bei den genannten ins­
titutionellen Investoren nicht an der Spitze ihrer Wunschliste. Grund ist
zweifellos die immer noch schwierige Wirtschaftslage und die Angst vor
Firmenpleiten. Bei Direktinvestments seien fast ausschließlich voll vermietete Objekte mit mehreren Mietern in besten Lagen gesucht. Doch
diese seien rar und damit trotz der Krise entsprechend teuer. Der Engpass
liegt nicht auf der Käuferseite, beobachtet Klaus Franken, Vorstandschef
der Catella Property Group. Vielmehr kämen nicht genügend Angebote
in den Verkauf. Zudem beobachten einige Makler eine Tendenz zu kürzeren Laufzeiten bei den Mietverträgen. Zehn-Jahres-Verträge würden
nach den Erfahrungen Breuers fast nur noch Großmieter und staatliche
Institutionen akzeptieren. Kleinere Unternehmen unterschreiben dagegen
lieber nur noch Fünf-Jahres-Mietverträge. Kaum verändern dürfte sich
auch die Quote von Spezialimmobilien wie Hotels und Logistikimmo­bilien
in den Portfolios der institutionellen Großanleger bei Versicherern und
Versorgungseinrichtungen, beobachtet LaSalle-Investment-Chef Thomas.
Der Grund: Die gehobene Businesshotellerie sei von der Wirtschafts­krise
besonders betroffen, da die Firmen an den Reisekosten ihrer ­Mitarbeiter
sparten (siehe „Reisen mit kleinem Budget“, S. 14). Die Logistik wiede­
rum leide unter dem Einbruch im Export. Hier würden Investoren
zunächst eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft abwarten.
Investmentmarkt stabilisiert sich auf niedrigem Niveau
Immobilieninvestitionen in Europa insgesamt und nach Nutzungsarten
in Mrd. Euro
30
25
30,2
20
15
16,6
10
5
13,5
12,0
9,9
0
III/2008
I/2009
IV/2008
II/2009
3. Quartal 2008
Büro
III/2009
3. Quartal 2009
13,6
5,7
Einzelhandel
8,8
3,0
Industrie und Logistik
1,4
gemischte Nutzung
3,1
1,6
1,8
andere
1,5
0
2
3,2
4
6
8
10
12
14
Quelle: DTZ, Stand: November 2009
zession vergleichsweise gut überstanden. Genau diese Stabilität schätzen gerade institutionelle Investoren: 70 Prozent der von Ernst & Young
befragten Versicherungsunternehmen wollen in diesem Jahr verstärkt in
Einzelhandelsimmobilien investieren – und das in ganz Europa: „Das Interesse konzentriert sich dabei auf Spitzenimmobilien in 1a-Lagen der Kernmärkte”, so Chris Staveley, Leiter des Pan European Capital Markets Team
bei Jones Lang LaSalle. Der Anteil der indirekten Investments dürfte dabei
in diesem Segment überwiegen: „Einzelhandelsobjekte sind ­komplexe
Immobilien, die ein Management durch erfahrene Spezialisten erfordern“, erläutert Ingo Hartlief, Sprecher der Geschäftsführung der Union­
Investment Institutional Property GmbH die Gründe, warum das indirekte
Investment über Fondsvehikel im Retailbereich viel Sinn macht.
Unabhängig von den Präferenzen für Nutzungsarten zeigt jedoch
das Ernst-&-Young-Trendbarometer vor allem eines: „Die Bereitschaft, in
exotische Strukturen zu investieren, ist deutlich zurückgegangen“, sagt
Ernst-&-Young-Mann Fischer. Nur jeder vierte der befragten Inves­toren
plane eine Anlage in Value-Add-Immobilien, also Gebäude, die noch
Steigerungspotenzial bei den Mieten oder in der Auslastung haben.
Opportunistische Risiken wolle kaum jemand eingehen. Gefragt seien
einfache und nachvollziehbare Produkte, vornehmlich an Standorten in
Deutschland und Europa. „Investoren gehen derzeit kein Risiko ein“,
beobachtet Claus P. Thomas. Deutsche Versicherungen und Pensionsfonds konzentrierten sich auf ihr Heimatland. Nur große Investoren seien
bereit, jetzt schon Auslandsrisiken einzugehen. Der überwiegende Teil
werde in den etablierten Märkten investiert, so Thomas. Gesucht werde
in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den Beneluxländern –
allerdings fast ausschließlich indirekt über Fonds. Kleinere Nischenmärk­
te und Schwellenländer blieben in den Überlegungen noch außen vor.
Es sei nicht notwendig, bereits heute auf diese Märkte auszuweichen.
Nach den teils dramatischen Einbrüchen bei Preisen und Mieten bieten
sich in Europa genügend Investmentmöglichkeiten. Vor allem Großbritannien steht derzeit unter Beobachtung – sowohl bei Großanlegern wie
auch den Anbietern indirekter Vehikel für Versicherer und Versorgungseinrichtungen. „Wo es starke Verluste gab, will man an der Erholung
teilhaben“, beobachtet C&W-Experte Matthias Franz. Das schlage sich
in der steigenden Zahl von Spezialfonds nieder, die auf diese Länder
setzen. Franz zählt alleine 30 sogenannte Recovery-Fonds, die in unterbewertete Objekte in Großbritannien oder den USA investieren. Fraglich
bleibt, ob die Suche nach Sicherheit statt Rendite weiter anhält, wenn
die Aktienmärkte wieder anspringen. Experten gehen indes davon aus,
dass die Immobilienquote bei Versicherungen und Pensionsfonds dau$
erhaft höher sein wird als vor Beginn der Krise.
Risiken werden gemieden
Gewachsen ist zuletzt auch das Interesse an Einzelhandelsimmobilien, insbesondere in Deutschland: In keinem anderen europäischen Land ­haben
die Investitionen in dieses Segment im vergangenen Jahr stärker zugenommen, berichtet das Immobilienberatungsunternehmen CB Richard
Ellis. Allein im dritten Quartal vergangenen Jahres investierten Käufer –
da­runter auch institutionelle Anleger wie Versicherer und Pensionskas­sen – insgesamt 1,2 Milliarden Euro in deutsche Einzelhandelsimmobilien,
eine Steigerung um mehr als das Vierfache im Vergleich zum Vorquartal.
Der Grund: Vor allem in Deutschland hat sich der Konsum während der
Krise bis jetzt als relativ robust erwiesen, Handelshäuser haben die Re-
Ein Drittel der Anteile am LEED-zertifizierten Bürohaus „Bell Trinity Square“ in Toronto hält der Immo-Invest: Europa,
ein institutioneller Fonds von Union Investment.
Raum & mehr 1/2010
21
konzepte
Kraftwerke der Zukunft
D
Erneuerbare Energien und effiziente Energietechniken sind ein wichtiger Beitrag zur Wirtschaftlichkeit von
Eine positive CO2-Bilanz ist das
Markenzeichen des Logistik­
zentrums „G.Park Blue Planet“
im englischen Chatterley Valley.
22
Raum & mehr 1/2010
Fotos: Gazeley; Tengelmann; Mark Mühlhaus/attenzione
Immobilien. In Zukunft werden Gebäude sogar mehr Energie erzeugen als verbrauchen. Von Christian Hunziker
as ehemalige Bayer-Haus am Konrad-Adenauer-Ufer in Köln ist auf
den ersten Blick kein aufregendes Gebäude. Doch auf den zweiten
Blick ist der in den 1950er-Jahren errichtete Komplex sehr wohl
etwas Besonderes: Ein erheblicher Teil seines Wärmeverbrauchs deckt
der Bau durch Erdwärme – die sogenannte Geothermie. Das ist selbst
bei Neubauten und erst recht bei Bestandsgebäuden noch die Ausnahme. „Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind keine Fragen des Alters
von Immobilien“, sagt jedoch Alan Cadmus, Vorstandssprecher der Firma
Polis Immobilien, die das Bürohaus umfassend modernisiert hat. „Auch
Bestandsgebäude lassen sich energetisch optimieren.“
Polis ist kein Einzelfall. Immer mehr Bestandshalter und Projektentwickler streben eine energetische Nachhaltigkeit ihrer Gebäude an und
setzen dabei auch auf erneuerbare Energien. „Auf Investorenseite wird
zunehmend erkannt, dass ein aktives Management von Nachhaltigkeit
einen Wettbewerbsvorteil begründen kann“, sagt Ingo Beenen, Leiter
Strategic Consulting beim Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle. „Es
verbessert die Vermarktungschancen des Bestandes und ist aktives Risiko­
management gegen Entwicklungen wie steigende Energiekosten.“
Hinzu kommen – zumindest bei Neubauten – strengere gesetzliche Vorgaben: Laut Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG)
müssen Gebäude in Deutschland einen Teil ihres Wärmebedarfs durch
erneuerbare Energien decken. Und die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden schreibt vor, dass Neubauten ab 2021
fast keine Wärme mehr aus fossilen Energieträgern verbrauchen dürfen.
Beim Kölner Projekt lag die Nutzung von Geothermie auf der Hand: Das
Bürogebäude liegt am Rheinufer. Da genügte eine wenige Meter tiefe Bohrung, um ans ganzjährig gleichmäßig temperierte Grundwasser
zu gelangen. Das gilt als besonders günstige Wärmequelle und ist daher für die oberflächennahe Geothermie besonders gut geeignet. Die
Kosten für Bohrung und Wärmepumpe beziffert Polis-Vorstand Cadmus
auf 150.000 Euro – durchaus überschaubar bei einem Gesamtinvesti­
tionsvolumen von 12 Millionen Euro. Dem steht ein hohes Einspar­po­
tenzial gegenüber: Die Kosten für die Heizung betragen nur ein Viertel der
Kosten einer konventionellen Öl- oder Gasheizung.
„Ein durchdachtes Green-Building-Investment erweist sich als
betriebswirtschaftlich sinnvoll“, ist auch Holger Hagge überzeugt. Der
Direktor Strategische Projekte bei der Deutschen Bank verantwortet den
viel beachteten Umbau der Doppeltürme des Kreditinstituts in Frankfurt
am Main, die künftig „Greentowers“ heißen. Um sein Ziel zu erreichen,
den CO2-Ausstoß des Gebäudes um 89 Prozent zu reduzieren, setzt das
Institut ein breites Bündel an Maßnahmen um: eine verbesserte Dämmung und ein energieeffizientes Wärmerückgewinnungssystem. Hinzu
kommen die Aktivierung der Betondecken zur Heizung und Kühlung sowie die Erzeugung von Warmwasser mithilfe von Sonnenkollektoren, die
solare Energie in Wärme umwandeln (Solarthermie). Der ökonomische
Nebeneffekt: Weil die Gebäudetechnik weniger Platz braucht, entstehen
850 Quadratmeter zusätzliche Bürofläche.
Doch sind die Möglichkeiten der energetischen Optimierung bei
Bestandsbauten nicht beschränkt? „Grundsätzlich ist es bei Neubauten
leichter, heutige Nachhaltigkeitsstandards zu erfüllen“, bestätigt Manfred Hegger, Architekturprofessor an der Technischen Universität Darmstadt und einer der führenden deutschen Nachhaltigkeitsexperten. Doch
laut Hegger „können wir im Bestand schneller viel erreichen“. Bereits
einfache Maßnahmen brächten im Ergebnis sehr viel. „Zunächst sollten
Steuerung und Regelung der Gebäudetechnik verbessert und dann die §
Der erste „Klimamarkt“ der Lebensmittelkette Tengelmann in Mülheim an der Ruhr verbraucht nur halb so
viel Energie wie ein konventioneller Supermarkt.
Die Fotovoltaikanlage auf dem Dach des Einkaufs­
zentrums „Ernst-August-Galerie“ in Hannover ist ein
Baustein des alternativen Energiekonzepts.
Deutschland abgeschlagen
Stromanteil aus erneuerbaren Energien in ausgewählten EU27-Ländern
in Prozent*
Rang 2010 unter EU27
Österreich
1
Spanien
9
Italien
11
Frankreich
12
12,4
Deutschland
15
12,0
12,5
Großbritannien
17
4,6
Ungarn
27
3,7
3,6
10
2006
Ziel 2010
56,6
17,3
14,5
0
78,1
29,4
25,0
21,0
10,0
20
* Durchschnitt: 14,5 % (2006); 21 % (Ziel 2010)
30
40
50
60
70
80
Quelle: EU Energiedaten, DIW Berlin 2009
Raum & mehr 1/2010
23
konzepte
Investitionsklimastudie: Investoren setzen auf Nachhaltigkeit*
Zustimmung zu Aussagen in Prozent der Befragten; in Klammern:
Anzahl der Befragten
geothermische Bohrungen arg ins Wanken geraten, an vielen Gebäuden
zeigten sich tiefe Risse: „An getesteten und als geeignet befundenen
Standorten“, sagt der Deutsche-Bank-Experte Auer, „ist eine Absenkung
der Erd­oberfläche und damit Schädigung der Gebäudeinfrastruktur sehr
unwahrscheinlich.“
Deutschland (101)
Welch vielfältiges Instrumentarium an energetischen Maßnahmen zur
Verfügung steht, belegen mittlerweile zahlreiche Projekte. Besonders
aktiv sind dabei Entwickler und Betreiber von Einzelhandelsimmobilien.
So wandelte die Unternehmensgruppe Tengelmann einen 1984 eröffneten Supermarkt in Mülheim an der Ruhr zum ersten „Klimamarkt“
des Konzerns um. Er nutzt oberflächennahe Erdwärme, erzeugt mittels
Fotovoltaik 45.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr, speist die Abwärme der Kühlanlage wieder in den Energiekreislauf ein und arbeitet mit
sparsamen Lichtquellen. In der Konsequenz verbraucht er nur halb so
viel Energie wie ein konventioneller Supermarkt.
Als Vorzeigeprojekt gilt auch die von der Hamburger ECE entwickelte und betriebene „Ernst-August-Galerie“ in Hannover. Sie ist nach
Angaben von ECE das erste Shoppingcenter, das über eine natürliche
Be- und Entlüftung verfügt und deshalb keine elektrische Kühlung der
Mall mehr benötigt. Hinzu kommt eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach,
die laut Projektleiter David Philipp allerdings nur etwa 3 Prozent des
gesamten Strombedarfs des Einkaufszentrums deckt. Außerdem nutzt
die „Ernst-August-Galerie“ Ökostrom, und die Mieter sind angehalten,
energie­effiziente Leuchtmittel einzusetzen.
Noch vielfältigere Möglichkeiten der Gewinnung erneuerbarer
Energien bieten Logistikimmobilien. Denn sie weisen eine große Grundfläche auf und stehen zudem meist außerhalb dicht besiedelter Gebiete.
So realisierte der britische Entwickler Gazeley 2009 mit seinem „G.Park
Blue Planet“ in Chatterley Valley (Nordengland) ein Logistikzentrum,
das seinen Wärme- und Energiebedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen deckt. Dazu tragen eine Fotovoltaikanlage auf dem
Dach und ein Biomassekraftwerk bei, das sich mit vor Ort anfallenden
Holzabfällen speist. Das jährliche Einsparpotenzial für die 35.500 Quadratmeter große, BREEAM-zertifizierte Immobilie (Investitionsvolumen:
55 Millionen Euro) beziffert Gazeley auf etwa 340.000 Euro. Wirtschaftlich noch lohnender ist das Ergebnis beim „Forum Chriesbach“, dem
2006 fertiggestellten und bereits mehrfach ausgezeichneten Hauptgebäude des Schweizer Wasserforschungsinstituts Eawag in Dübendorf: Berechnungen zufolge werden sich die gegenüber einem konventionellen
Das Modell der Green Leases verbindet die Interessen von Mietern und Vermietern
• Nicht nur Vermieter, auch Mieter von Ge-
werbeimmobilien achten darauf, Energie
zu sparen. Schließlich haben beide Seiten­
ähnliche Interessen – und diese bündelt­
das Modell der Green Leases (grüne
Miet­verträge). Ingo Beenen, Head of Strategic Consulting bei Immobilienberater
Jones Lang LaSalle Deutschland, definiert
Green Leases deshalb auch als ein „ko­
operatives Geschäftsmodell, dessen Ergebnisse beiden Vertragspartnern einen
Nutzenzuwachs bringen“.
24
Raum & mehr 1/2010
• Vermieter und Mieter verpflichten sich zu
einem ressourcenschonenden Verhalten.
„Um die energetische Gebäudeperformance zu steigern, müssen Eigentümer
und Nutzer eng zusammenarbeiten. Die
partnerschaftliche Kooperation mit den
Mietern steht daher im Mittelpunkt vieler
unserer Initiativen. Wir möchten Innovationen fördern und die Nutzer unserer
Immobilien zu aktiven Mitdenkern machen“, sagt Fabian Hellbusch, Marketingleiter der Union Investment Real Estate
GmbH. Impulsgeber bleibt der Eigentümer. Von ihm wird heute verlangt, dass er
ener­gieeffiziente Mietflächen mit dauerhaft niedrigen Nebenkosten vorhält.
• Entwickelt wurde das Modell der Green
Leases in Australien. Relativ verbreitet ist
diese Variante bereits in Großbritannien,
wo entsprechende Regelungen in den
Standardmietverträgen von Inves­toren
wie Henderson und Land Securities enthalten sind.
gesamt (221)
60
78
62
65
„Nachhaltigkeitskriterien sind
fester Bestandteil unserer
Investitionsstrategie“
63
42
„Green Buildings haben das
Potenzial, eine eigene AssetKlasse zu werden“
43
10
20
30
40
71
60
Gelsenwasser in Gelsenkirchen, deckt ihren Energiebedarf zu
zwei Dritteln aus regenerativen Energien. Den Rest liefert ein
Blockheizkraftwerk. Das 2004 fertiggestellte Gebäude umfasst
eine Fläche von 7.100 Quadratmetern.
den Energieverbrauch und die Einsparung, die durch die Nutzung
regenerativer Energien erzielt wird. Ergebnis: In den Jahren
2007 und 2008 betrug die Ersparnis 54 Prozent.
61
47
50
• Die Hauptverwaltung des größten deutschen Wasserversorgers,
• Seit dem Frühjahr 2006 dokumentiert ein Energie-Monitoring
60
44
0
70
80
* Europäische Immobilieninvestoren messen dem Thema Nachhaltigkeit große Bedeutung bei.
Doch gibt es nationale Unterschiede: Besonders hoch sind die Erwartungen in Frankreich.
Quelle: Union Investment, Stand: Januar 2010
Projekt um knapp 5 Prozent höheren Baukosten durch die niedrigeren
Betriebskosten nach 13 Jahren amortisiert haben. Allerdings nutzt die
Eawag ihr Objekt selbst. Investoren dagegen stehen vor dem Dilemma,
dass von der Einsparung der Betriebskosten in erster Linie ihre Mieter
profitieren, während sie selbst die Mehrkosten für die Installation effizienter Energietechniken zu tragen haben. Für ECE-Projektleiter Philipp
wäre es deshalb „wünschenswert, dass man dieses verantwortungsvolle
Handeln mit einer Mehrmiete zumindest teilweise auffangen könnte.
Dafür ist das Bewusstsein aber noch nicht vorhanden.“
• Die Experten rechnen vor: Hätte man das Gebäude konven­
tionell beheizt und gekühlt, so wären bei einem gesamten
Energieverbrauch von 2.289 Megawattstunden in den Jahren
2007 und 2008 Kosten in Höhe von 150.000 Euro angefallen.
Tatsächlich lagen sie nur bei 80.000 Euro.
www.gelsenwasser.de
Dritte industrielle Revolution
Fotos: XReinhardt Görner/arturimages; Kirsten Neuman/Agentur Bilderberg
Gebäudehülle ertüchtigt werden.“ Erst als dritter Schritt sei der Einsatz
erneuerbarer Energien sinnvoll. Welche Energiequelle dabei geeignet und
wirtschaftlich ist, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab.
„Dort, wo es flache oder günstig geneigte Dächer und unverschattete Fassaden gibt, eignen sich Solarthermie oder Fotovoltaik“, sagt Hegger. Bei dieser Form der Sonnenenergienutzung wandeln Solarzellen das
Sonnenlicht in elektrischen Strom um. „In dicht bebauten innerstädtischen Gebieten ist Geothermie demgegenüber oftmals schwierig zu
nutzen.“ Doch auch hier ist zu differenzieren, wie Josef Auer von Deutsche Bank Research in einer aktuellen Studie festhält: „In den letzten
Jahren entdecken immer mehr Bauherren großer Neubauten die Vorteile der Geothermie. Dank der Nutzung statisch ohnehin notwendiger
Bauteile wie Ortbetonpfähle als Energiepfähle können die Investitionskosten für die Nutzung der Erdenergie gering gehalten werden.“
Als besonders risikoreich gilt Geothermie dabei übrigens
nicht –­­ obwohl die Energie aus den Tiefen der Erde aufgrund
schlech­­ter Nachrichten aus der süddeutschen Kleinstadt Staufen zuletzt
negativ in die Schlagzeilen geriet. Staufens Altstadt nämlich war ­durch
Großbritannien (74)
„Unser Unternehmen wird künftig
deutlich mehr in nachhaltige
Immobilien investieren“
Innovativer Einzelhandel
Das „Plus-Energie-Haus“ wurde als Prototyp
von Ingenieuren der TU Darmstadt entwickelt.
Frankreich (46)
Best Practice
Aus einem weiteren Grund tun sich Experten schwer, die Einspar­
möglichkeiten energetisch optimierter Gebäude auf Euro und Cent zu
beziffern: „Wirtschaftlichkeitsberechnungen“, sagt Architekt Hegger,
„sind immer ein Blick in die Kristallkugel, weil sich die Energiepreise
fossiler Energieträger täglich verändern.“ Trotzdem: Im Interesse einer
lang­fristigen Werterhaltung von Immobilien spricht sehr vieles dafür,
in der Planung, beim Bau, der Modernisierung und schließlich dem
Betrieb auf energetische Effizienz zu achten. Andernfalls nämlich könnte
ein Gebäude schon bald technisch den Anschluss verloren haben.
Hegger zufolge „geht der Weg dahin, dass es immer mehr Häuser geben
wird, die neben hoher Effizienz selber einen großen Beitrag zur Energieerzeugung leisten“.
Der US-Ökonom, Soziologe, Publizist und Gründer der Foundation
on Economic Trends, Jeremy Rifkin, hat sogar das Szenario einer dritten
industriellen Revolution entwickelt: „Wir alle“, sagt der renommierte
Zukunftsforscher, „können unsere eigene Energie erzeugen, sie speichern
und dann untereinander austauschen. In 25 Jahren werden Millionen von
Gebäuden Kraftwerke sein, die erneuerbare Energien erzeugen.“
Was utopisch klingt, ist im Kleinen bereits Realität. Manfred
Hegger plante und baute mit Darmstädter Studierenden ein sogenanntes
„Plus-Energie-Haus“, das mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Und
der Ökostromanbieter Lichtblick und der Autokonzern VW setzen vorerst in Hamburg ein Modellprojekt um, dessen Ziel ein dezentrales, von
den Nutzern gespeistes Stromnetz ist: Demnach produzieren Gebäude­
eigentümer mit einem kleinen Blockheizkraftwerk sowohl Wärme für den
eigenen Bedarf als auch überschüssigen Strom für das Allgemeinnetz.
Dank der Kombination aus Fotovoltaik-, Windkraft- oder geothermischen
Anlagen könnte eines Tages, so die Vision der Ökologen, die Elektrizitätsversorgung ganz ohne fossile Energieträger auskommen.
Damit diese Vision allerdings Realität werden kann, muss das
Stromnetz erst einmal an diese neuen Erfordernisse angepasst werden. Smart Grid – intelligentes Stromnetz – heißt das Zauberwort, das
derzeit zahlreiche Forscher in Wissenschaft und Industrie beschäftigt.
Dabei geht es darum, den Stromverbrauch so ausgeklügelt zu steuern,
dass Strom vor allem dann konsumiert wird, wenn die Sonne scheint
oder starker Wind die Windräder antreibt, alternative Energieträger also
tatsächlich zur Verfügung stehen. Eine Voraussetzung für die Energie­
versorgung der Zukunft besteht zudem darin, Energie über einen längeren
Zeitraum speichern zu können – ein Bereich, in dem derzeit ebenfalls
intensiv geforscht wird.
Und die Zukunft hat schon begonnen: Sogenannte Phase Changing Materials (PCM) – Phasenwechselmaterialien –, die in zahlreichen
modernen Gewerbeimmobilien eingebaut werden, erlauben es bereits
heute, Wärme oder Kälte zumindest über einige Stunden oder Tage zu
speichern. Dabei wird es nach Überzeugung von Nachhaltigkeitsexperte
Hegger nicht bleiben: „Wir befinden uns derzeit in einem großen Veränderungsprozess, und die Bauherren sind gut beraten, ihre Gebäude mit
Blick auf eine Zukunft ohne fossile Energieträger zu planen.“
$
Raum & mehr 1/2010
25
konzepte
Gemeinsame Sache
keine Trittbrettfahrer.“ So auch im Hamburger „BID Wandsbek“, der seit
2008 für neuen Glanz im Viertel sorgen soll. Budget: 4 Millionen Euro,
das von allen 64 Grundeigentümern mitgetragen werden muss, von den
kleinen in den Giebelhäusern bis zu den großen wie Union Investment.
Im Maßnahmenkatalog stehen neben anderem neue Gehwege, neue Beleuchtung und 35 neue Bäume. „Die Stadt beteiligt sich mit 750.000 Euro
für die nötige Grundsanierung der Nebenflächen. Die restlichen ­4 Millionen Euro sind private Mittel“, so Sebastian Binger von der Otto Wulff
Bauunternehmung, die als sogenannter Aufgabenträger die umfassende
Steuerung des BID übernimmt. „Alle im Quartier profitieren, und schon
jetzt zeigen sich Fortschritte. Umso besser lassen sich Ausgaben teilweise
als Nebenkosten von gewerblichen Mietern zurückholen.“
Doch in Deutschland haben die meisten Bundesländer noch kein entsprechendes Gesetz, darunter Baden-Württemberg, Bayern und Berlin.
„Und selbst dort, wo es ein Gesetz gibt, bleibt es den Initiatoren überlassen, ob sie sich als BID oder ISG etablieren oder ob sie eine selbstbestimmte Organisationsform wählen. Dabei unterstützen Kommunen
Eigeninitiative so oder so oft durch städtebauliche Maßnahmen“, betont
Wolfgang Haensch von der Cima in Köln und Berater auch am Düsseldorfer „Seestern“.
In vielen Einkaufslagen haben sich Grundeigentümer zusammengeschlossen, um den Standort gemeinsam
aufzuwerten. Nun entdecken auch Bürovermieter die Vorteile von Standortinitiativen. Von Ulrike Wirtz
A
m Düsseldorfer „Seestern“ machen Grundeigentümer gemeinsame
Sache: Sie wollen den in die Jahre gekommenen Bürostandort
aufwerten – und haben dazu eine Standortinitiative gegründet.
Auslöser der konzertierten Aktion sind strukturelle und städtebauliche
Defizite im Quartier. „Wir kämpfen mit Problemen in der Vermarktung
und mit Leerstand. Der ‚Seestern‘ muss also insgesamt optimiert werden“, sagt Dirk Lindner, geschäftsführender Gesellschafter der LindnerUnternehmensgruppe. Das Metier des Düsseldorfer Familienunternehmens: Immobiliendienstleistungen aller Art und der Betrieb von Hotels,
auch am „Seestern“. Seine Mitstreiter sind große deutsche Immobilien­
eigentümer – die hier und anderswo eigentlich im Wettbewerb um Nutzer und Objekte stehen: darunter die Immobilienfondsgesellschaften
Deka und Union Investment, die Versicherungstochter Meag und die
Immobilienaktiengesellschaft Prime Office. Lindner: „Aber unsere konzertierte Aktion dient uns allen. Daher beteiligen sich auch Mieter und
zahlen Förderbeiträge in die Vereinskasse.“ Der noch junge Verein wurde
im November 2009 gegründet und heißt „Standortinitiative Seestern“
(www.seestern-duesseldorf.de). Und er ist einer der ganz wenigen, bei
dem Eigentümer an einem Bürostandort vereint die Aufwertung ihres
Viertels angehen.
In Einzelhandelslagen kennt man ähnliche Initiativen in Deutschland schon länger, in Bundesländern wie Hamburg, Schleswig-Holstein
oder Nordrhein-Westfalen wurden für sie gar eigene Rechtsgebilde
geschaffen: Business Improvement District (BID) oder Immobilien- und
Standortgemeinschaft (ISG) heißen die Zusammenschlüsse dort. Immer
haben sie das gleiche Ziel: ein räumlich begrenztes Viertel mit gemeinsamen Aktionen und privat gestemmtem Etat zu optimieren. Und dies
mit Maßnahmen, die nicht an die Stelle der Grundversorgung durch die
Kommune treten. „Die muss zum Beispiel für Gehwege und Müllabfuhr sorgen. Die Initiative dagegen schafft beispielsweise eine bessere
Beleuchtung oder verlegt hochwertigere Gehwegplatten“, betont Tine Fuchs,
Referatsleiterin Stadtentwicklung und Planungsrecht des Deutschen
Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Am umfänglichsten, auch
beim Budget, geht es derzeit am Neuen Wall in Hamburg zu, wo Immobilieneigentümer 6 Millionen Euro pro Jahr investieren, auch für hochwertigen Granit auf den Bürgersteigen und teure Straßenmöblierung.
Es müssen aber gar nicht aufwendige Materialien und millionenstarke
Investments sein: Die Schleswig-Holsteiner Standortinitiative „PactProjekt­Rendsburg“ etwa kommt mit 3.500 Euro pro Jahr aus – für die
gemeinsame Weihnachtsbeleuchtung. Beide Projekte laufen je fünf Jahre
und sind als BID organisiert.
Mitmachen ohne Zwang
Die „Seestern“-Akteure betreiben ihre urbane Standortentwicklung
auf freiwilliger Basis in einem Verein. „Wir verabreden konkrete
Projekte. Alles Weitere wird jeweils von den Beteiligten beschlossen
und freigegeben“, so Dirk Lindner, Vorsitzender der Initiative. Die
Vereinsmitglieder repräsentieren rund 50 Prozent der am Standort
vorhandenen Flächen von insgesamt 450.000 Quadratmetern. Zwar
residieren hier unter anderem noch die Telekommunikationsunternehmen Ericsson und Vodafone Deutschland, die die exzellente Verkehrsanbindung zu Flughafen, Bahnhof und Stadtzentrum zu schätzen
wissen, doch das allein reicht heute nicht mehr, will der „Seestern“
weiter als 1a-Büroadresse gelten. Manche Gebäude müssen modernisiert werden, auch die Zufahrt ins Viertel muss verbessert werden.
Ebenso geplant: „Geschäfte, Gastro­nomie und Kultur und ein zeitgemäßes Angebot für die Kinderbetreuung. Das alles fehlt – noch“,
sagt Fabian Hellbusch, Marketingleiter der Union Investment Real
Estate GmbH. Die gemeinsame Website für ein einheitliches Marketing dagegen steht, ebenso eine gemeinsame Kommunikations­
Alle oder keiner
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Private Initiativen noch in der Minderheit
Ausgewählte Business Improvement Districts (BIDs) und
private Standortinitiativen in Deutschland
Fotos: Union Investment; Bildagentur Hamburg/Christian Ohde
Zum Portfolio des UniImmo: Europa gehört
„Das Haus am Seestern“ in Düsseldorf.
Die Idee des Business Improvement District wurde 2004 aus dem
kanadischen Toronto importiert, wo sich in den 1960er-Jahren mit dem
„Bloor West Village“ erstmals ein BID etablierte. Einer der ersten in England, wo es heute bereits über 100 gibt, ist der BID „London Bridge“,
der im November 2005 für zunächst fünf Jahre ins Leben gerufen wurde.
Die Aufgabe: den Business District, der zugleich Magnet ist für Touristen
aus aller Welt, mit Services und Projekten attraktiv zu halten. Der Etat:
im Geschäftsjahr 2008/2009 knapp 920.000 Pfund aus Umlagen und
Förderbeiträgen. Aktuell denkt man hier gerade über eine Verlängerung
der konzertierten Aktion nach – von 2011 bis 2017. In den USA gibt
es BIDs von New York bis Seattle. In Chicago beispielsweise erfährt der
Lincoln Square über das Special Service Area Program eine Aufwertung
bei Sauberkeit bis Sicherheit, gemeinsame Marketing- und Werbeaktionen
der Händler, Festivals und Paraden runden die Aktivitäten ab. In Europa
ist das Konzept des BID im Kommen: Gerade brachten die Niederländer
das Gesetz für BIDs auf den Weg und starteten zum Jahresbeginn 2009
eine der ersten entsprechend institutionalisierten Aktivitäten: ein Pilotprojekt der Gemeinde Den Haag, wo nun vier Einkaufsareale an einem
Strang ziehen, darunter das Zentrum der Innenstadt rund um Vlaming-,
Spui- und Wagenstraat.
Überall dort, wo in Deutschland BID und ISG gesetzlich verankert
wurden, geschah dies als Public-Private Partnership, sodass die Kommunen zwingend mit im Boot sind. Auch alle Grundeigentümer im Quartier
müssen sich in Deutschland finanziell beteiligen – wenn sich zuvor genü­
gend Stimmen der Eigentümer für BID beziehungsweise ISG ausgesprochen haben. BID-Expertin Fuchs sieht das als großen Vorteil: „Es gibt
Rechtsform
Stadt, Name
Budget in Euro/Jahr
BID
Bremen, Das Viertel
1.100.000
BID
Flensburg, Pact-Projekt
keine Angabe
BID
Gießen, Marktquartier
624.600
BID
Gießen, Seltersweg
1.001.000
BID
Hamburg, Hohe Bleichen
2.000.000
BID
Hamburg, Neuer Wall
6.000.000
BID
Hamburg, Wandsbek
4.000.000
Verein
Düsseldorf, Seestern
projektbezogen
GbR
Frankfurt/M., Mertonviertel
keine Angabe
privat
Köln, Schanzenviertel
projektbezogen
Quelle: eigene Recherche, Stand: Dezember 2009
Hamburgs Business Improvement District Neuer Wall ist finanziell gut ausgestattet.
kampagne, „um den ‚Seestern‘ wieder positiv ins ­Gespräch zu bringen. Wir verbessern auch das Wegeleitsystem, mit großen Schildern
in einheitlichem Corporate Design.“
Noch „privater“ hält man es im Kölner Schanzenviertel, dem früheren
Felten-&-Guilleaume-Gelände im Rechtsrheinischen. „Unsere Standort­
initiative läuft ohne rechtliche Struktur“, so Mitinitiator Holger Ma­theis­
von Beos, dem Berliner Projektentwickler und Investor, der am Standort das „Carlswerk“ entwickelt und vermarktet. Auch die Initiative ­im
105 Hektar großen Schanzenviertel, bei dem allein das „Carlswerk“ über
126.000 Quadratmeter Büro- und Gewerbefläche verfügt, hat ähnliche
Ziele wie der Düsseldorfer „Seestern“. „Wir vermarkten uns in Kürze mit
gemeinsamer Website und einheitlichem Logo. Und wir wollen unter anderem eine neue Buslinie speziell für das Viertel und die Verbesserung
des öffentlichen Straßenraums durchsetzen“, so Architekt Matheis.
Ebenso aktiv ist der Zusammenschluss von Grundeigentümern am
­Bürostandort Mertonviertel in Frankfurt am Main. Das Quartier bietet
­neben Büroflächen mit einer Bruttogeschossfläche von 380.000 Quadrat­
metern auch kleine Shops, Restaurants und Wohneinheiten. Die Initiative
in Frankfurts Nordwesten wurde vom Büroimmobilien-Eigentümer ­IVG
Asset Management angestoßen und ist als Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (GbR) organisiert. „Wir wollen alle Fäden in der Hand behalten
und als schlanke Organisation arbeiten. Daher waren BID oder ISG kein
Thema“, schildert Benno Adelhardt, Sprecher der Initiative, die Über­
legungen der Grundeigentümer am Frankfurter Bürostandort. Man habe
gehandelt, als es erste Anzeichen dafür gab, dass sich das Image des
Standorts verschlechtert. „Immerhin ziehen mit Pricewaterhouse ­Coopers
und KPMG zwei Topmieter weg“, erklärt Hans Spangenberg, Niederlassungsleiter der IVG Asset Management in Frankfurt.
Geplant wurden im Mertonviertel bereits verschiedene Maßnah­men,
darunter die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, eine Außendekoration ­mit
Fahnen, um das Quartier weithin sichtbar zu machen, und die Optimierung der Beschilderung. Auch hier steht der gemeinsame Webauftritt
­bereits (www.mertonviertel.de). Was sonst noch geschieht, wird sich auch
durch eine gerade abgeschlossene Umfrage bei Mietern und Anliegern
ergeben. Denn auch dann, wenn Immobilieneigentümer der Motor einer
Standortinitiative sind, zeigt sich: Auf Touren kommt sie nur, wenn alle
Beteiligten gemeinsame Sache machen. Denn am Ende kann jeder nur
gewinnen: Eigentümer, Mieter, Standort – und eine ganze Stadt. $
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27
konzepte
Die heimlichen Filmstars
D
Wer glaubt, Immobilien spielten im Kino oder im Fernsehen bloß eine Statistenrolle, täuscht sich. Erst Gebäude
schaffen die Atmosphäre, die Autor und Regisseur erzeugen wollen – ganz ohne Starallüren. Von Anette Kiefer
Hollywood mitten in
Berlin: In der Actionkomödie „In 80 Tagen
um die Welt“ mit Jackie
Chan (oben) wird der
Französische Dom zur
Bank of England.
as Haus mit der blauen Tür gibt es nicht mehr. Nachdem vor rund
zehn Jahren der Film „Notting Hill“ mit Hugh Grant und Julia Roberts zum Kassenknüller wurde, pilgerten die Fans noch zu Zehntausenden in die Londoner Westbourne Park Road, um die berühmte
blaue Eingangstür zu besichtigen. Irgendwann waren es die Besitzer
leid, buchstäblich vor der eigenen Haustür ständig in einen Schwarm
von Touristen zu geraten: Sie strichen die Tür schließlich schwarz an und
veränderten sogar den Rahmen, damit ihr Gebäude nicht mehr als Hugh
Grants Filmdomizil zu erkennen war.
Die Episode zeigt: Manchmal werden in einer Kino- oder Fernsehproduktion gerade die Immobilien zum heimlichen Star des Films. ­Ein
gutes Motiv hat einen hohen Wiedererkennungswert und ist aus dem
Film nicht mehr wegzudenken – so wie zum Beispiel das Casinohotel
„Bellagio“ in Las Vegas. Hier lagern im Kassenknüller „Ocean’s Eleven“
die 160 Millionen im Tresor, die sich George Clooney und Brad Pitt mit
ihren Helfern unter den Nagel reißen wollen. Der Film wurde 2001 aufgeführt, erst drei Jahre nach Eröffnung des „Bellagio“, und hat wesentlich zu dessen Berühmtheit und elegantem Image beigetragen. 2008
drehten die Franzosen mit „Cash“ eine eigene Variante des Blockbusters.
Schauspiellegende Jean Reno mimt den Ganovenkönig Maxime, den
die ehrgeizige Europol-Kommissarin Julia zur Strecke bringen will. Zum
stillen Star des Films avancierte der vornehme Einkaufstempel „Centre­
d’Affaires Paris-Victoire“, ein Objekt aus dem Portfolio von Union Investment. Er diente schon ein Jahr zuvor als Schauplatz der romantischen
Komödie „Tu peux garder un secret?“. Im Mai 2008 bedankte sich das
Filmteam mit einer Premierenfeier bei den Mietern für deren Verständnis – und den spontanen Einsatz als Statisten.
Manchmal aber führt die Kinoproduktion ein Gebäude auch erst
zurück zu seiner ursprünglichen Bestimmung. Im Film „Lola rennt“,
einem der erfolgreichsten deutschen Filme überhaupt, muss die Protagonistin innerhalb von 20 Minuten 100.000 Mark auftreiben und
versucht ihr Glück auch mehrmals in der Bank ihres Vaters, die in dem
imposanten Gebäude an der Berliner Behrenstraße residiert. Heute ist
das die Adresse des luxuriösen „Hotel de Rome“ des britischen Immobilienbarons Sir Rocco Forte. Vor dem Dreh hatte die Immobilie fast ein
Jahrzehnt leer gestanden, auch noch, als das „Lola“-Filmteam Ende der
1990er anrückte. Doch ursprünglich war der Bau 1889 tatsächlich als
Geschäftszentrale der Dresdner Bank entstanden und diente danach
mehrere Jahrzehnte als Staatsbank der DDR.
Scouts auf Immobiliensuche
Fotos: Peter Bischoff; Fotoblitz/Stills/Gamma/Eyedea Presse/laif;
adolph press; Kurt Schroewig
Wer im Kino war, kennt das Hotel „Bellagio“ (oben) in Las Vegas.
Dort gelang den „Ocean‘s Eleven“ ein Coup: Matt Damon (unten
links) und George Clooney überwinden alle Sicherheitssysteme.
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„Schon mit der Außenfassade kann der Regisseur ein klares Statement
machen und die gewünschte Stimmung für eine Szene erzeugen“, sagt
Robert Shahinniya, Geschäftsführer der Filmproduktionsagentur 70 Seven­
in Hamburg. Seine Arbeit als Location Scout ist eine der wichtigsten
Vorbereitungen für jede Film- oder auch Fotoproduktion. Denn der Zuschauer erkennt bereits auf den ersten Blick: Ist das ein modernes Haus,
spielt der Film in einer Reihenhaussiedlung aus den 1970ern, in einem
Schlöss­chen im Park oder einem abgewrackten Industrieviertel? Der Dreh­
ort „definiert das Milieu, entwickelt Raumkonzepte und verstärkt somit
die Wirkung bestimmter Szenen: gewaltig, beengt, verwirrend, beängs­
tigend oder prunkvoll“, heißt es in der Online-Enzyklopädie Wikipedia.
Dafür gibt es sogar eine eigene filmische Auszeichnung: den Oscar in
der ­Kategorie „Bestes Szenenbild“, bei der Szenenbildner für besonders
gut ausgewählte und hergerichtete Drehorte prämiert werden.
Erstaunlich ist dabei oft, wonach die Profis Ausschau halten. Grundsätzlich wird für unterschiedliche Zwecke alles benötigt, was die Immobilienwelt hergibt. Elegante Studioapartments haben deshalb nicht notwendigerweise bessere Chancen als die klamme Souterrainwohnung. §
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Fotos: ambient pictures; Henrik Spohler/laif; defd Deutscher Fernsehdienst; Hipp-Foto
konzepte
In Tom Tykwers Film
„Lola rennt“ – mit
Franka­Potente –
spielt das „Hotel de
Rome“ in der Berliner Behrenstraße die
Rolle einer Bank.
Durch diese berühmte blaue Haustür trat Julia Roberts
in der roman­tischen
Komödie „Notting
Hill“ ins Leben von
Hugh Grant.
An erster Stelle der Wunschliste steht stattdessen: viel Platz und eine
gute Parksituation, damit das Produktionsteam überhaupt seine Arbeit
erledigen kann. „Vor dem Haus müssen die Lastwagen abladen können,
eventuell braucht man Wohnmobile zum Übernachten, vielleicht auch Generatoren für den Starkstromanschluss“, sagt Robert Shahinniya. „Wenn
dafür kein Platz ist, brauchen wir uns die Gebäude und Innenräume gar
nicht mehr anzuschauen, weil der Dreh dann technisch gar nicht umzusetzen ist.“ Gleiches gilt auch für die Zimmer, in denen die Aufnahmen
stattfinden. Oft müssen Kameraschienen verlegt werden, manchmal
sind viele Menschen gleichzeitig in einer Wohnung – das lässt sich auf
50 Quadratmetern nicht machen. Selbst scheinbar winzige Apartments
haben deshalb in der Realität oft die doppelte Größe.
Ohnehin sind im Film die Dinge nicht immer das, was sie zu sein
scheinen. In Berlin zum Beispiel entstehen jedes Jahr viele Hundert
Filme für Kino, Fernsehen und die Werbung. Doch nicht immer spielt
auch die Filmhandlung in der deutschen Hauptstadt: 2003 wurden am
Berliner Gendarmenmarkt zum Beispiel mehrere Szenen für die Holly-
30
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wood-Actionkomödie „In 80 Tagen um die Welt“ mit Jackie Chan, Owen
Wilson und Arnold Schwarzenegger gedreht. Im Film sind die Haupt­
figuren allerdings nicht in Berlin, sondern in London und später in Paris
unterwegs. Als angebliche Bank of England fungiert der Französische
Dom, das Gebäude der Königlichen Akademie der Wissenschaften ist
in Wirklichkeit das Berliner Schauspielhaus. Damit die Illusion perfekt
wird, ließ der Regisseur bei der Nachbearbeitung des Filmmaterials am
Computer den Londoner Glockenturm mit dem Big Ben im Hintergrund
hineinmontieren.
Schein und Sein
„Häufig ist es günstiger für die Produktionsteams, in Berlin zu drehen als
an den Originalschauplätzen“, sagt der Filmjournalist Markus Münch,
der mit „Drehort Berlin“ und „Drehort Hamburg“ zwei Bücher zum
Thema veröffentlicht hat. „Berlin bietet so viele unterschiedliche Stilrichtungen und Bauweisen, dass sich fast immer das Passende finden
lässt.“ An der Karl-Marx-Allee zum Beispiel sind die meisten Häuser im
sozialistischen Klassizismus errichtet worden, weshalb der US-Film „Die
Bourne Verschwörung“ von 2004 mit Matt Damon die Berliner Szenerie problemlos als Moskauer Straßenansicht nutzen konnte. Auch das
CityQuartier „DomAquarée“ aus dem Portfolio von Union Investment
spielt in dem Film eine „Nebenrolle“. Berlin hat seit einigen Jahren entdeckt, dass Filmteams nicht nur Unruhe in die Stadt bringen, sondern
auch Arbeitsplätze schaffen und für mehr Umsatz sorgen. Außerdem
lässt sich mit Kinoschauplätzen in der Hauptstadt das eigene Image
pflegen. Deshalb stehen sowohl Verwaltung als auch die Berliner selbst
den Produktionen meist wohlwollend gegenüber. „In Paris zum Beispiel
sind viele Straßen zu eng und chaotisch für die Filmkameras, und auch
Straßensperren werden von den Leuten nicht so akzeptiert wie hier in
Berlin“, sagt Münch.
Probleme des Alltags
Tatsächlich führen gesperrte Wege und vollgeparkte Straßen am häufigsten zu Problemen während der Dreharbeiten, sagt der freiberufliche
Aufnahmeleiter Frank Pirsich. Er dreht pro Jahr etwa 30 Werbefilme und
hat die Erfahrung gemacht, „dass die Anwohner an den beliebtesten
Drehorten es irgendwann leid sind, knappe Parkplätze ständig mit Filmteams teilen zu müssen. Und sogar in Villenvierteln mit größerem Platzangebot machen verstopfte Straßen regelmäßig Ärger.“ Um Drehgenehmigungen, Absperrungen und gegebenenfalls die Anmeldung bei der
Polizei kümmern sich die Aufnahmeleiter. Sie sorgen auch dafür, dass in
Ausnahmefällen nachts oder am Sonntag gedreht werden darf.
Um die wertvolle Inneneinrichtung und den sorgsam gepflegten
Rasen müssen sich die „Motivgeber“, wie die Besitzer der gefilmten
Immobilien in der Branche heißen, keine Sorgen machen. Häufig werden die teuersten Einrichtungsstücke vor Drehbeginn in Sicherheit gebracht; manchmal hat das Filmteam auch eine komplette Möblierung
und Innenausstattung im Gepäck, die in der leer geräumten Wohnung
aufgebaut wird. „Außerdem hat so gut wie jede seriöse Firma eine Produktionshaftpflichtversicherung, und zwar oft in Millionenhöhe – die
sollten sich die Besitzer auf jeden Fall vorher zeigen lassen“, sagt Emilio
Winschetti von der Motivagentur Location Networx in Berlin. Schließlich
seien selbst bei einer kleineren Produktion oft 30 bis 35 Leute zu verschiedenen Zeiten in der Wohnung und versehentliche Schäden nicht
immer auszuschließen.
Dafür können sich die Eigentümer und Nutzer der Immobilien oft über
lang anhaltenden Ruhm freuen. Als Ende November 2009 die frühere
Hauptverwaltung der Midland National Bank in London den Besitzer
wechselte, lautete die Pressemitteilung der vermittelnden Makler­agentur
Knight Frank: „Fort Knox aus James Bonds ‚Goldfinger‘ verkauft“ – und
das fast ein halbes Jahrhundert nachdem der Film in die Kinos kam. „Bei
den Besichtigungen haben fast alle Kaufinteressenten gezielt nach den
Räumen gefragt, in denen die Filmcrew damals gedreht hat“, erzählt
Sprecherin Liane Mletzko.
Monatsmiete als Tagesgage
Neben dem Imageeffekt ist auch der finanzielle Gewinn nicht zu unter­
schätzen, den der filmische Auftritt des eigenen Hauses erfreulicherweise mit sich bringt. Bis zu 3.000 Euro am Tag lassen sich für die Bereitstellung einer Immobilien­location verdienen. Die höchsten Beträge
werden von den Filmteams der Kinoproduktionen gezahlt. Serienproduktionen fürs Fernsehen hingegen müssen mit einem kleineren Budget – und einem engeren Zeitplan – auskommen. Bei kürzeren Drehs
von wenigen Tagen, zum Beispiel für einen Werbespot oder für Nebenschauplätze, gilt oft diese Faustregel: Pro Drehtag kann der Eigentümer
eine Monatsmiete als Aufwandsentschädigung verlangen. Zusätzlich
gibt es für die Zeiten des Auf- und Abbaus eine halbe Monatsmiete
zusätzlich. Auf diese Weise kommen schnell ein paar Tausend Euro Zusatzeinnahmen zusammen.
Hin und wieder erweist sich ein sorgfältig ausgesuchter Drehort
auch als ausgesprochener Glücksgriff für beide Seiten. Als die ARD
im Sommer­2003 für ihre Doku-Geschichtsserie „Abenteuer 1900 –
Leben­im Gutshaus“ nach einer passenden Immobilie suchte, fanden
die Location­Scouts das alte Gutshaus Belitz im Kreis Güstrow in Meck­
lenburg. Die Eigentümer Barber und Tilmann Bongardt hatten das 1906
erbaute und 1945 zwangsenteignete Gebäude ihres Großvaters 1992
wieder übernommen, aber vieles war noch nicht renoviert, als das Fernsehen anfragte. „Das war für uns ein wahnsinniges Glück“, erinnert sich
die Hausherrin Barber Bongardt. „Die haben alles auf Vordermann gebracht, und am Ende der Dreharbeiten konnten wir ihnen sogar einen
großen Teil der Requisite abkaufen.“ Dazu zählten Sonderanfertigungen
für das Gutshaus, zum Beispiel die Tapeten – die eigens nach Mustern
der damaligen Zeit entworfen und auf einer historischen Presse in Göteborg gedruckt worden waren.
Die Zusammenarbeit zwischen den Bongardts als Motivgebern und
dem Fernsehen funktionierte so gut, dass der Gutshof einige Zeit später
noch für eine weitere Serie über das Jahr 1927 „gebucht“ wurde. Bis
heute kamen einige Tausend Fans der beiden Sendungen in Belitz vorbei,
um sich das Filmhaus im Original anzuschauen. „An einem Wochenende
gleich zu Anfang hatten wir 600 Leute da“, erinnert sich Barber Bongardt. Inzwischen ist daraus eine Einnahmequelle geworden, und die
Ausrichtung von Kaffeetafeln, Gesellschaften, Kostümbällen und Führungen hat sich für den Landwirt und seine Familie zum zweiten Stand$
bein entwickelt. „Unser Haus ist zum Star geworden.“
Set-Jetter entdecken ihre Lieblingsdrehorte
• On Location Tours: In New York City, Washington D.C. und New
Jersey auf den Spuren der Fernsehserien „Sex and the City”,
„The Sopranos” und „Gossip Girl”
www.screentours.com
• Videobustouren in den Filmstädten Berlin, Hamburg und
München; Termine und Tickets unter:
www.videobustour.de
Cineasten lesen mehr über Filmlocations
• Doris Agotai: Architekturen in Zelluloid. Der filmische Blick auf
den Raum, 2007
• Björn Bollhöfer: Geographien des Fernsehens. Der Kölner Tatort
als mediale Verortung kultureller Praktiken, 2007
• Markus Münch: Drehort Berlin. Wo berühmte Filme entstanden, 2007
• Markus Münch, Simone Utler: Drehort Hamburg. Wo berühmte
Filme entstanden, 2009
• Helmut Weihsmann: Gebaute Illusionen. Architektur im Film,
Sondereinband 1988
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nachrichten
Kultur wird zum Impulsgeber für die Stadtentwicklung
Union Investment blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2009 zurück
KULTURHAUPTSTADT Gleich zwei europäische
sich ­zudem vielfältige positive Auswirkungen
JAHRESBILANZ Union Investment gehört 2009
des „Mercado“-Shoppingcenters in Hamburg-
Städte und eine Region tragen in diesem Jahr
auf die strukturelle und räumliche Entwicklung
erneut zu den aktivsten Immobilienkäufern
Altona, des Shoppingcenter-Projekts „K“ im bel-
den Titel „Kulturhauptstadt Europas“: die tür-
der Stadt und der Region, stellt das Institut für
in Europa: Die Hamburger Immobilienfonds-
gischen Kortrijk sowie der Büroobjekte „A4C“
kische Hauptstadt Istanbul, die südungarische
Stadt- und Regionalplanung der TU Berlin fest.
gesellschaft erwarb im zurückliegenden Jahr
in Paris und „10 Gresham Street“ in London.
Stadt Pécs und das Ruhrgebiet in Deutschland.
So wurden in Istanbul in Vorbereitung auf das
­Immobilien im Gesamtvolumen von 1,6 Milliar-
Auch das Vermietungsgeschäft verlief trotz des
Das vorrangige Ziel der 1985 gestarteten EU-
Kulturhauptstadtjahr 2010 mehr als 80 Bau-
den Euro. Für die sechs Offenen Immobilien-Pu-
schwierigen konjunkturellen Umfelds erfolg-
Initiative ist es, den kulturellen Reichtum der
werke renoviert, darunter das Atatürk-Kultur-
blikums- und -Spezialfonds wurden 18 Objekte
reich: Für über 233.000 Quadratmeter Fläche al-
einzelnen europäischen Länder zu zeigen und
zentrum, Istanbuls größte Veranstaltungshalle
und Projekte zugekauft. In Deutschland wurden
lein in deutschen Büroobjekten wurden im ver-
zu betonen. Darüber hinaus aber wird von den
unweit des Bosporus. Pécs sanierte seine
neun Büro-, Hotel- und Einzelhandels­immobilien
gangenen Jahr neue Mietverträge abgeschlos-
Kulturhauptstädten zunehmend erwartet, dass
his­torische Museumsmeile „Káptalan“, im
im Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro er-
sen. Insgesamt flossen 2,63 Milliarden Euro in
sie auch Lösungswege für die gesellschaft-
Ruhrgebiet punktet Essen mit der Zeche Zoll-
worben, neun weitere Objekte im Volumen von
die verschiedenen Offenen Immobilienfonds der
lichen Herausforderungen Europas aufzeigen,
verein, dem Krupp-Gürtel und der Garten-
1,1 Milliarden Euro kamen im europäischen
Gesellschaft, das beste Ergebnis seit 2003 und
nicht zuletzt im Bereich der Stadtentwick-
stadt Margarethenhöhe.
Ausland hinzu. Zu den größten Immobilientrans-
Spitzenplatz der Branche.
lung. Längst ist der Titel „Kulturhauptstadt“
www.istanbul2010.org
aktionen des Jahres 2009 gehören­der Ankauf
www.union-investment.de
Wahrzeichen der Kulturhauptstadt
Ruhr 2010 ist die Zeche Zollverein.
für die austragenden Städte daher mehr als
www.pecs2010.hu
bloß ein Marketinginstrument. Man verspricht
www.ruhr2010.de
Schwieriges Jahr für Europas
Immobilieninvestoren
Hamburg ist Europas „grüne“ Hauptstadt des Jahres 2011
green capital Die jährlich wechselnde
INVESTMENTMARKT Das Jahr 2010 birgt für
„Kulturhauptstadt Europas“ ist bereits eine
Union Investment kaufte das Einkaufscenter-Projekt „K“ in Kortrijk.
ULI PROJEkT Mit seinem neuen Projekt „Ener­
Plattform ist leicht zugänglich und einfach zu
Privatanleger erhöhen ihre
Immobilienquote
gy Efficiency Exchange“ startet das Urban Land
handhaben. Zu den Partnern der Initiative ge-
AUfgeholt Trotz Finanzkrise bleibt der Aktien­
werden Maßnahmen zum Klimaschutz, zur
Institute (ULI) eine Onlineplattform, auf der ak-
hört Union Investment. Das ULI gilt als eine der
fonds die Nummer eins in den Depots deut-
Verbesserung von Luftqualität und Lärmschutz
tuelle Informationen aus der Praxis und Best-
weltweit führenden Institutionen im Bereich der
scher Privatanleger: 61,3 Prozent der etwa
Stadtplanung und -entwicklung und beschäf-
­15 Millionen deutschen Investmentfondsbesit-
ULI startet Onlineplattform zu Energieeffizienz-Themen
Immobilieninvestoren eine Vielzahl an Heraus-
feste Größe im europäischen Stadtmarketing.
sowie die schonende Nutzung vorhandener
Practice-Methoden zum Thema Energie­effizienz
forderungen – insbesondere angesichts der
Nun legt die EU-Kommission nach und initiiert
Flächen. Die Hansestadt überzeugte mit ihrem
gezeigt und diskutiert werden können. Das
tigt sich seit Langem mit nachhaltiger Raum-
zer haben entsprechende Produkte, so das Er-
ordnung. Als gemeinnützige Forschungs- und
gebnis der diesjährigen Marktforschungsstudie
europaweit unterschiedlich verlaufenden Er-
einen alljährlichen Wettbewerb um die „Euro-
Ziel, bis 2020 die Kohlendioxid-Emissionen um
richtungsweisende, multidisziplinäre Immobi-
holung der Märkte. In seiner neuesten Studie
pean Green Capital“. Erstmals führt in diesem
40 Prozent zu senken. Seit 1990 wurde an
lienforum fördert den Austausch vieler neu-
Bildungsorganisation mit mehr als 35.000 Mit-
des BVI Bundesverband Investment und Asset
gliedern in 92 Ländern verfügt das ULI über ein
Management. Offene Immobilienfonds folgen
„Capital Markets Outlook 2010“ weist Immo-
Jahr Stockholm den Titel. 2011 folgt Hamburg,
Elbe und Alster bereits 15 Prozent weniger
er Ideen, Informationen und Erfahrungen von
bilienberater Jones Lang LaSalle (JLL) darauf
das sich gegen die Konkurrenten Amsterdam,
Treib­hausgas produziert.
lokalen, nationalen und internationalen Füh-
Jahresbudget von 55 Millionen Dollar.
nach Mischfonds und Rentenfonds auf Platz
www.europa.eu; www.hamburg.de
rungskräften aus der Immobilienwirtschaft. Die
www.uliexchange.org
vier. Damit hat das Fondsprodukt einen Platz
hin, dass sich Anleger weiterhin dabei schwer-
Kopenhagen und Oslo durchsetzte. Bewertet
gegenüber 2008 gutgemacht und einen großen
tun werden, sich mit potenziellen Verkäufern
auf aktuell­angemessene Preise für mögliche
Sprung in der Anlegergunst getan: 2009 legten
Europas Einzelhandelsmärkte beleben sich zur Jahresmitte
MARKTSTUDIE Die Lage auf den europäischen
Auch der europäische Investmentmarkt für
Offenen Immobi­lienfonds an als im Jahr zuvor.
hin ein wichtiger Punkt auf der Agenda von
ENERGIESTANDARD Der „Pearl River Tower“
Einzelhandelsmärkten steht 2010 unter einem
Einzelhandelsimmobilien wird sich 2010 nach
www.bvi.de
Banken und deren Kunden. Die Volumina der
im südchinesischen Guangzhou wird für euro-
günstigeren Stern als in den beiden Jahren zu-
Auffassung der Immobilienberater beleben.
Investitionen werden 2010 daher in ganz Eu-
päische Neubauten zum Vorbild: Der Null-Ener-
vor. Nach der jüngsten Studie des internatio­
Während in den vergangenen ­18 Monaten
ropa vergleichsweise niedrig bleiben, erwartet
gie-Wolkenkratzer stellt seine benötigte Energie
nalen Immobilienberaters Cushman & Wakefield
die Werte für Einzelhandelsobjekte gesunken
der Berater. Dennoch rechnet JLL mit einem Zu-
selbst her. Vom 31. Dezember 2020 an muss
(C&W) werden die Mietpreise im Sommer 2010
und die Renditen gestiegen sind, hat sich die-
wachs gegenüber 2009 von bis zu 20 Prozent.
der Energieverbrauch neuer Gebäude in der EU
die Talsohle durchschritten haben. Allerdings
se Entwicklung zur Jahreswende spürbar ver-
Dies entspräche einem Volumen von 85 Milliar-
auf „nahe null“ gesenkt werden. Für Objekte
bleibt das Bild durchwachsen: Zwar erwarten
langsamt. Großbritannien übernimmt dabei
den Euro und damit dem Niveau von 2002.
ab einer Größe von 500 Quadratmetern soll
Die Researcher des Immobilienberaters DTZ
der Mieter oder Käufer vom (Alt-)Eigentümer
sind optimistischer als die JLL-Kollegen: Sie
ein Zertifikat über die Energieeffizienz erhalten.
rechnen damit, dass in diesem Jahr 106 Milliar-
Später soll diese Grenze auf 250 Q
­ uadratmeter
den Euro für Immobilieninvestitionen in Europa
abgesenkt werden. Für öffentliche Gebäude
zur Verfügung stehen werden.
gelten die Vorschriften schon zwei Jahre früher.
www.dtz.com; www.joneslanglasalle.com
www.europa.eu; www.som.com
die Kreditfinanzierung von Immobilien weiter-
32
Raum & mehr 1/2010
Vorbild: Der „Pearl River Tower“ in
Guangzhou ist ein Null-Energie-Turm.
Fotos: Stefan Arend/epd; ullstein bild/ecopix; Union Investment (Simulation)
Strengere Energievorschriften
für Gebäude in der EU
Ankaufsobjekte zu verständigen. Zudem bleibe
die Analysten von C&W eine deutliche Bele-
die Vorreiterrolle: Die Renditen für einzelhan-
bung der Vermietungs- und ­Investmentmärkte.
delsgenutzte Immobilien haben im Vereinig­
Mit nachhaltigen Mietsteigerungen wird aller-
ten Königreich im zweiten Quartal 2009 ihren
dings erst ab 2011 gerechnet. Positiv habe sich
Höhepunkt erreicht und bewegen sich seitdem
die Nachfrage von internationalen Handelsket-
wieder nach unten. Weitere europäische
ten entwickelt, die sich derzeit Einzelhandels-
Märkte dürften folgen.
flächen zu attraktiven Mietkonditionen sicherten.
www.cushmanwakefield.de
gut 47 Prozent mehr Privatanleger Kapital in
Offene Immobilienfonds gewinnen
Investmentfondsprodukte in den Depots
deutscher Privatanleger 2009 in Prozent; in
Klammern: Veränderung zu 2008 in Prozent*
Aktienfonds
61,4
gemischte Fonds
Rentenfonds
(–7,7)
25,2
Offene Immobilienfonds
Geldmarktfonds
(+0,2)
32,3
20,2
14,6
(–7,2)
(+47,4)
(–16,6)
Indexfonds
4,7
(+46,9)
sonst. Investmentfonds
5,7
(–37,4)
0 20
40 60 80
* Befragung unter 767 Investmentfondsbesitzern, MehrfachQuelle: BVI, Stand: Dezember 2009
nennungen möglich
Raum & mehr 1/2010
33
nachrichten
Europäischer Investorenpreis trifft den Nerv der Zeit
„Shopping Square Meydan“: Gewinner des Prime Property Award 2008.
PRIME PROPERTY AWARD Die Bilanz nach Ab-
März 2010. Die große Resonanz zeigt, dass eu-
schluss der ersten Wettbewerbsstufe des von
ropäische Immobilieninvestoren ökologische
Union Investment ausgelobten Investoren-
und soziale Kriterien offenbar zunehmend in
wettbewerbs ist überaus positiv: 143 Immo-
ihre Anlageentscheidungen einbeziehen. Der
bilienprojekte aus 19 europäischen Ländern
Schwerpunkt nachhaltiger Immobilieninvest-
bewerben sich um den Prime Property Award
ments liegt dabei im Bereich der Neubauten.
2010. Beim ersten Durchlauf 2008 standen
Zunehmend werden jedoch auch Gebäude­
noch 90 Projekte im Rennen um den Preis, mit
sanierungen und Entwicklungsmaßnahmen im
dem vorbildliche ökologisch, sozial und ökono-
Bestand unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten
misch nachhaltige Immobilienprojekte ausge-
durchgeführt. Verliehen wird der Prime Proper-
zeichnet werden. Dotiert ist die Auszeichnung
ty Award 2010 am 5. Oktober 2010 im Rah-
mit insgesamt 30.000 Euro. Über die soge-
men der „Sustainable Investment Conference“
nannte Longlist entscheidet die mit internati-
zwischen 10.30 und 13.00 Uhr auf der Gewer-
onalen Investoren, Stadtplanern, Ingenieuren
beimmobilienmesse Expo Real in München.
und Architekten besetzte Wettbewerbsjury im
www.prime-property-award.com
Fotos: Cristobal Palma Photography; IC Projektentwicklung/Heinz Schmölzer; Union Investment (2)
Deutschland, Brasilien und China setzen auf „grüne“ Themen
Atlas der globalisierten Welt
NACHHALTIGKEIT Nicht nur in Europa, sondern
Ergebnis der Studie. Auch übersteigen die von
BUCHTIPP Der „Atlas der
auf der ganzen Welt messen Unternehmen
potenziellen Investoren geforderten Nachhal-
Globalisierung“ zeichnet
dem­Thema nachhaltige Immobilienbewirt-
tigkeitsaspekte in vielen Bereichen bereits heu-
anhand neuer Karten, Gra-
schaftung immer größere Bedeutung bei. Dies
te die gesetzlichen Bestimmungen. Die natio-
fiken und Analysen die ak-
ergab der Anfang 2010 veröffentliche „Glo-
nalen Ergebnisse sind jedoch sehr unterschied-
tuellen ökologischen, öko-
bal Property Sustainability Survey“ der Royal
lich. Die größte Bedeutung wird dem Thema in
Institution of Chartered Surveyors (RICS). Der
Deutschland, Brasilien und China beigemessen,
Konfliktlinien der Welt nach. Sein besonderes
Berufsverband der Immobilienfachleute reprä-
die geringste ausgerechnet in den USA, Hei-
Augenmerk richtet der Kartograf Philippe
sentiert mehr als 150.000 Mitglieder in mehr
matland des bekannten Nachhaltigkeitszerti-
Rekacewicz dabei auf die beiden Themenfelder
als 146 Ländern. Zentrale Treiber bei der Um-
fikats LEED. Auch in Spanien, den Vereinigten
Energie und Afrika.
setzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen seien
Arabischen Emiraten und Russland gebe es
Le Monde diplomatique (Hrsg.): Atlas der Glo-
dabei die positiven Auswirkungen auf die Pro-
eine geringere Akzeptanz als anderswo.
balisierung. Sehen und verstehen, was die Welt
fitabilität des Unternehmens, so das wichtigste
www.rics.org
bewegt, 2009
nomischen und politischen
Impressum
„Rund Vier“,
Wien
Seinen Namen verdankt
das Büroensemble des
UniImmo: Deutschland
seinen vier aneinandergereihten Gebäuden
zwischen Grünem Prater
und Messe Wien.
„Geschäftshaus
Ottensen“, Hamburg
Nach dem Erwerb des
Einkaufszentrums
„Mercado“ wurde zum
Jahresende 2009 das
­angrenzende Geschäftshaus in Hamburg-Altona für den UniImmo:
Deutschland gekauft.
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Kommunikation, Union Investment Real Estate
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(Bereich Immobilienkunden)
„Torre Oriente“,
Lissabon
Der Ankauf des
Bürohauses markiert den
Markteintritt von Union
Investment in Portugal.­
Erworben wurde der
14-geschossige Turm für
den UniImmo: Global.
+++ Die nächste RAUM & mehr erscheint im Oktober 2010 +++
34
Raum & mehr 1/2010
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Nur wer bereit ist, Dinge auch mal anders zu sehen, kann neue Perspektiven entdecken.
Ein Prinzip, dem wir seit jeher folgen und das uns zu einem der führenden europäischen
Immobilien-Investment-Manager gemacht hat. Mit mehr als 40 Jahren Immobilien-Knowhow agieren wir souverän auf den globalen Märkten und haben dabei stets die volle Wertschöpfung im Blick. Beleg hierfür ist unser exklusives Portfolio von mehr als 300 Qualitätsimmobilien in 26 Ländern weltweit. Darunter ausgezeichnete Werke und sogar ein echter
Rembrandt: der „Rembrandt-Tower“ in Amsterdam. Ein wahres Meisterwerk moderner
Baukunst und höchster Eleganz.
Für die Zukunft haben wir noch Einiges vor. Mit innovativen Produkten und strategischen
Partnerschaften wollen wir neue Märkte erschließen. Schaffen wir gemeinsam bleibende
Werte! Schließlich ist Erfolg erst richtig schön, wenn man ihn teilt.
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