ENTSCHEIDUNG der Ersten Beschwerdekammer vom 5. Juli 2011 I

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ENTSCHEIDUNG der Ersten Beschwerdekammer vom 5. Juli 2011 I
HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT
(MARKEN, MUSTER UND MODELLE)
Die Beschwerdekammern
ENTSCHEIDUNG
der Ersten Beschwerdekammer
vom 5. Juli 2011
In dem Beschwerdeverfahren R 1739/2010-1
kocher-plastik Maschinenbau GmbH
Talstr. 22-30
DE-74429 Sulzbach-Laufen
Deutschland
Anmelderin und Beschwerdeführerin
vertreten durch BARTELS & PARTNER, Lange Str. 51, DE-70174 Stuttgart,
Deutschland
BESCHWERDE betreffend die Gemeinschaftsmarkenanmeldung Nr. 8 585 895
erlässt
DIE ERSTE BESCHWERDEKAMMER
unter Mitwirkung von Th. M. Margellos (Vorsitzender), C. Bartos (Berichterstatter)
und C. Rusconi (Mitglied)
Geschäftsstellenbeamtin: P. López Fernández de Corres
die folgende
Verfahrenssprache: Deutsch
ENTSCHEIDUNG VOM 5. JULI 2011 – R 1739/2010-1 – bottelpack
2
Entscheidung
Sachverhalt
1.
Mit Anmeldung vom 30. September 2009 beantragte die kocher-plastik
Maschinenbau GmbH („die Anmelderin“) die Eintragung der Wortmarke
bottelpack
als Gemeinschaftsmarke für folgende Waren:
Klasse 7 – Behälterfüllanlagen (Maschinen); Einfüllmaschinen für Behälter; aseptische
Einfüllmaschinen für Behälter; Füllmaschinen für Behälter; aseptische Füllmaschinen;
Blasmaschinen zur Herstellung von Kunststoffbehältern aus spritzgegossenen thermoplastischen
Rohlingen; Maschinen zur Herstellung von Ampullen, Beuteln, Dosen, Kästen und Behältern;
Spritzguss-, Spritzblas-, Extrusionsblas-, Streckblas- und Blasmaschinen zum Herstellen von
Hohlkörpern aus Kunststoff, insbesondere Behältern; Maschinen zum Verarbeiten von
thermoplastischen Kunststoffen und zum Herstellen von Kunststofferzeugnissen, insbesondere
zum Herstellen, Füllen und Verschließen von Behältern aus Kunststoff und zum Herstellen von
Folien aus Kunststoff; Blasform-, Füll- und Siegelmaschinen; Kunststoffzubereitungsmaschinen
und Kunststoffaufbereitungsmaschinen; Behälterspülmaschinen; Ausrichter (Maschinenteile);
Fördervorrichtungen (Maschinenteile) für Behälterfüllanlagen; Positionierungs- und
Orientierungsmaschinen für Behälter; Arretier- und Verschließmaschinen für Behälter;
automatische
Stautische
(Maschinenteile)
für
Behälter
einschließlich
sonstiger
Puffervorrichtungen;
Verpackungsund
Konfektionierungsmaschinen;
Aufrichter
(Maschinenteile)
für
Kunststoffflaschen
und
Kunststoffbehälter;
Palettenentlader
(Fördermaschinen); Palettierer und Entpalettierer (Fördermaschinen); Industrieroboter;
Etikettiermaschinen; Anlagen (Maschinen) zum Behandeln von Fluiden jedweder Art; Mischer;
Homogenisiermaschinen; Rührmaschinen; Rührmaschinen für Flüssigkeiten und Gas,
insbesondere Sättiger.
Klasse 16 – Materialien
für
die
Verpackungstechnik;
Druckereierzeugnisse,
wie
Flexodrucketiketten;
Banderolen
und
Prägungen;
Verpackungsmaterialien
und
Verpackungsfolien aus Kunststoff; alle vorstehend genannten Waren soweit in Klasse 16
enthalten; Verpackungshüllen aus Kunststoff-Folien; Beutel und Säcke jedweder Art für
Verpackungszwecke, bestehend aus Kunststoffmaterialien oder überwiegend solche aufweisend;
Tragetaschen (Verpackungstaschen aus Kunststoff).
Klasse 17 – Halbfabrikate aus Kunststoff, insbesondere Zuschnitte, Schlauchabschnitte,
Flachzuschnitte und Banderolen, Großverpackungen, Planen, Hauben, Schrumpfhauben, Hüllen,
Kisteneinsätze; Kunststofffolien (außer für Verpackungszwecke), insbesondere Schlauchfolien,
Halbschlauchfolien, Flachfolien, Schwergutschrumpffolien, Automaten-Feinschrumpffolien,
Dehnfolien, Prägefolien und Breitfolien.
Klasse 20 – Verpackungsbehälter aus Kunststoff; Verschlüsse aus Kunststoff für
Verpackungsbehältnisse, nämlich Deckel, Kappen, Stopfen, Stöpsel und Verschraubungen;
Verschlüsse aus Kunststoff für Kunststoffbehältnisse und -flaschen, nämlich Kappen und
Verschraubungen.
2.
Das Amt beanstandete die Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse, aber
berief sich dabei irrtümlich auf eine falsche Schreibweise der Marke, nämlich
„bottlepack“. Daraufhin reichte die Anmelderin eine Stellungnahme ein. Die
Prüferin beanstandete die Anmeldung erneut mit Bezug auf deren richtige
Schreibweise, nämlich „bottelpack“. Die Anmelderin reichte eine weitere
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Stellungnahme und Dokumente zum Nachweis der langjährigen Benutzung der
Marke, sowie nationale Eintragungsurkunden ein. Im Folgenden wies die
Prüferin die Anmeldung mit Entscheidung vom 21. Juli 2010 unter Berufung auf
deren beschreibenden Charakter und fehlende Unterscheidungskraft nach
Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und c und Absatz 2 GMV für alle angemeldeten
Waren zurück.
3.
Zur Begründung führte die Prüferin im Wesentlichen wie folgt aus:
− Die
Anmeldung
erfasst
Massenwaren,
die
hauptsächlich
für
Durchschnittsverbraucher bestimmt sind. Die maßgeblichen Verkehrskreise
sind englischsprachige Verbraucher innerhalb der Gemeinschaft.
− Der betreffende Verbraucher wird diese Angabe nicht als ungewöhnlich,
sondern als einen Ausdruck mit einer bestimmten Bedeutung wahrnehmen,
nämlich, dass es sich bei den Waren um Flaschenpacks handelt.
− Der Ausdruck macht den Verbrauchern unmittelbar und ohne dass sie darüber
weiter nachdenken müssen deutlich, dass es sich bei den angemeldeten
Maschinen, Verpackungs- und Konfektionierungsmaschinen (Kl. 7),
Materialien für die Verpackungstechnik (Kl. 16), Grossverpackungen (Kl.17)
sowie Verpackungsbehälter (Kl. 20) um solche handelt, die dazu dienen,
Flaschen zu verpacken. Somit wird die Marke bei den maßgeblichen
Verkehrskreisen den Eindruck erwecken, dass sie in erster Linie
beschreibenden Charakter hat.
− Der Bezeichnung fehlt das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft.
Sie wird als sachbezogene bzw. anpreisende Angabe der angemeldeten Waren
verstanden werden und nicht als Marke eines bestimmten Unternehmens.
− Der Verbraucher ist heutzutage an absichtliche Falschschreibungen wie
„bottelpack“ anstatt „bottlepack“ durch die Werbung gewöhnt. Er wird daher
diese geringfügige Abweichung vom normalen Schriftbild nicht wahrnehmen.
− Eine Internetrecherche belegt weiterhin, dass der Begriff „bottel“ in dieser
Abweichung vom normalen Schriftbild üblicherweise benutzt wird:
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http://www.ecplaza.net/search/1s1nf5sell/bottel.html
http://www.tradekey.com/ks-glass-bottel/
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− Das Argument der Anmelderin, dass sich die Waren an Fachkreise richten und
daher auf das Verständnis eines spezialisierten Fachpublikums abzustellen sei,
ändert nichts an der Tatsache, dass der Begriff direkt verständlich und rein
beschreibend für Maschinen verstanden wird, die für einen
Flaschenverpackungsprozess dienen. Dieser Verpackungsprozess wird von der
Anmelderin selbst und in ihrer Internetseite beschrieben:
http://www.rommelag.com/de/03_bfs_process/0301_bfs_process.html
− Die von der Anmelderin eingereichten Dokumente zum Nachweis des
Bekanntheitsgrads beinhalten eine Allensbacher Studie, die sich auf eine
Befragung innerhalb Deutschlands bezieht. Es handelt sich bei der
angemeldeten Marke jedoch um eine Gemeinschaftsmarke, deren
Schutzwirkung sich auf die gesamte Europäische Union erstreckt.
− Die Aussage „bottelpack“ beschreibt direkt und ausschließlich die Art und
Bestimmung der Waren. Ein spezialisierter Verkehrskreis wird die Marke
deshalb als ebenso beschreibend empfinden wie ein Durchschnittsverbraucher.
− Die Wortkombination der Anmeldung erweckt in Bezug auf die genannten
Waren keinen abweichenden Eindruck, der hinreichend weit von dem
abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu
entnehmenden Angaben entsteht.
− Die Zusammensetzung der Wortkombination „bottelpack“ ist entgegen der
Auffassung der Anmelderin sprachüblich, wie unzählige Beispiele der
englischen Sprache, die solche zusammengesetzten Ausdrücke benutzt,
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belegen: „battery pack“, „information pack“, „ice pack“ etc. Im Englischen hat
„pack“ die Bedeutung „collection of things in package, or commercial
container holding several products”.
− Somit werden auch die Waren „Behälterfüllanlagen (Maschinen)“ in ihrer
Funktion durch „bottelpack” beschrieben, da sie dazu dienen, „bottelpacks”
herzustellen.
− Die Anmelderin hat mit den
Verkehrsdurchsetzung bewiesen.
4.
vorgelegten
Dokumenten
keine
Die Anmelderin erhob Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüferin und
reichte ihre Beschwerdebegründung und ein zusätzlich erklärendes Schreiben ein.
Beschwerdegründe
5.
Die Anmelderin beantragt, die Entscheidung der Prüferin aufzuheben und die
Marke zur Veröffentlichung zuzulassen. Ansonsten beantragt sie die Eintragung
des Anmeldezeichens aufgrund einer durch Benutzung erlangten
Unterscheidungskraft und eine mündliche Verhandlung nach Artikel 77 GMV.
Sie führt im Wesentlichen wie folgt aus:
− Die angemeldeten Waren richten sich ausschließlich an Fachkreise, die eine
erhöhte Aufmerksamkeit aufbringen. Der angesprochene Verkehr wird in
„bottelpack“ keine beschreibende Angabe sehen, da das Zeichen nicht die Art
und Bestimmung der Waren beschreibt. Mit den angemeldeten Waren werden
keine Flaschen verpackt.
− Das Zeichen ist ein Phantasiewort, das in keinem Englisch-Wörterbuch zu
finden ist. Das gleiche geschieht mit „bottlepack“. Es handelt sich um eine
Wortneuschöpfung mit lediglich andeutendem Aussagegehalt. Eine
Verwendung des Begriffs ist ausschließlich auf die Anmelderin
zurückzuführen. Auch ist nicht von einer zukünftigen Verwendung des
Zeichens in beschreibender Weise auszugehen.
− Die Bezeichnung „bottel“ wird nicht als Abweichung für „bottle“ benutzt und
das Amt hat auch nicht das Gegenteil bewiesen.
− Die Zusammenfügung von „bottel“ oder „bottle“ mit „pack“ entspricht nicht
der sprachüblichen Praxis. Das Wort „bottelpack“ oder „bottlepack“ ist kein
Wort der englischen Sprache. Der Verkehr müsste die einzelnen Begriffe
(„bottel“ und „pack“) zunächst analysieren und den Gesamtbegriff im
Hinblick auf die beanstandeten Waren interpretieren.
− Das Amt interpretiert den Begriff „bottelpack“ als „Flaschenpack“, was aber
ebenfalls ein Phantasiebegriff ist. Ebenfalls ist die Interpretation, die Marke
würde den Zweck der Waren, Flaschen zu verpacken, oder einen
Verpackungsprozess beschreiben, falsch. Die angemeldeten Waren dienen
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nicht zur Verpackung von Flaschen. Es fehlt an einem unmittelbar
beschreibenden Bezug zu den beanstandeten Waren.
− Die Marke ist nahezu weltweit, auch in englischsprachigen Gebieten wie
Großbritannien und Irland, eingetragen. Diese Voreintragungen bilden
zumindest einen Anhaltspunkt im Entscheidungsprozess vor dem Amt.
− Die Anmeldemarke hat durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt, was
mit der Einreichung von verschiedenen Dokumenten belegt wird. Unter
anderem wird auch bei Eingabe von „bottelpack“ in der Suchmaschine Google
im Internet fast ausschließlich eine kennzeichnende Verwendung des Begriffs
für die Waren der Anmelderin vorgefunden.
Entscheidungsgründe
6.
Die Beschwerde erfüllt die Anforderungen von Artikel 58, 59 und 60 GMV in
Verbindung mit Regel 48 GMDV und ist daher zulässig.
7.
Die
Kammer
wird
den
Antrag
zuerst
hinsichtlich
der
Zurückweisungsentscheidung gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und c und
Absatz 2 GMV analysieren. Sollte dieser zurückgewiesen werden, wird die
Kammer die Argumentation und eingereichten Dokumente zur Unterstützung der
Verkehrsdurchsetzung gemäß Artikel 7 Absatz 3 GMV bewerten.
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV
8.
Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV sind von der Eintragung
beschreibende Marken ausgeschlossen, d. h. Marken, die ausschließlich aus
Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der
Merkmale der Waren- oder Dienstleistungsgruppen dienen können, für die diese
Eintragung beantragt wird. Damit verfolgt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV
das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die die
Waren- oder Dienstleistungsgruppen beschreiben, für die die Eintragung
beantragt wird, von allen frei verwendet werden können. Diese Vorschrift erlaubt
daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben aufgrund ihrer Eintragung als
Marke einem Unternehmen vorbehalten werden.
9.
Nur Angaben die unmittelbar beschreibend sind, sind von der Eintragung gemäß
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV ausgeschlossen. Dabei ist es nicht
erforderlich, dass das fragliche Zeichen bereits als beschreibende Angabe
bekannt ist, sondern es reicht aus, dass dies vernünftigerweise für die Zukunft zu
erwarten ist. Daher muss auch vom Prüfer kein Nachweis erbracht werden, dass
das angemeldete Zeichen bei Angaben im geschäftlichen Verkehr, insbesondere
in der Werbung, gemeinhin verwendet wird (siehe Urteil vom 21. Oktober 2004,
C-64/02 P, „Das Prinzip der Bequemlichkeit“, Randnr. 46).
10. Die Prüfung muss auf einer Gesamtwahrnehmung der Marke durch die
maßgeblichen Verkehrskreise beruhen. Ob ein Zeichen beschreibenden Charakter
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hat, kann daher nur in Bezug auf die betroffenen Waren und Dienstleistungen
sowie unter Berücksichtigung des Verständnisses, das die angesprochenen
Verkehrskreise von ihm haben, beurteilt werden.
11. Aus den beanspruchten Waren in den Klassen 7, 16, 17 und 20 ergibt sich, dass
hauptsächlich die Fachverkehrskreise im Bereich der Verpackungs- und
Abfülltechnik einschlägig sind. Nur einige der Waren, wie die allgemein
bezeichneten
„Druckereierzeugnisse“
in
Klasse
16
und
die
„Verpackungsbehälter“ in Klasse 20, richten sich ebenfalls an die allgemeinen
Verkehrskreise. Es ist somit darauf allgemein darauf abzustellen, wie ein im
Bereich dieser Waren erfahrenes, informiertes und aufmerksames Publikum die
angemeldete Marke wahrscheinlich auffassen wird.
12. Das angemeldete Markenwort „bottelpack“ ist aus zwei Bestandteilen
zusammensetzt, nämlich „bottel“ und „pack“. Phonetisch ist das Wort „bottel“
identisch zu dem englischen Wort „bottle“, zu Deutsch „Flasche“ oder „abfüllen“
(http://dict.leo.org/ende?lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&
sectHdr=on&spellToler=&search=bottle). Aufgrund der hohen Ähnlichkeit zu
dem englischen Wort „bottle“, von dem sich „bottel“ nur durch die Drehung der
letzten zwei Buchstaben unterscheidet, wird der englischverständige Verbraucher
das Element „bottel“ klanglich sofort mit der Bedeutung von „bottle“
identifizieren. Dieses Publikum könnte zwar erkennen, dass das Wort „bottel“
falsch geschrieben ist, dennoch ist die phonetische Identität zu „bottle“
ausreichend, um die Bedeutung unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken als
„Flasche“ oder das Verb „abfüllen“ zu verstehen (siehe zur Analogie, Urteil vom
12. Juni 2007, T-339/05, „Lokthread“, Randnr. 45). Auch in anderen Sprachen
wird „bottel“ verstanden, wie z. B. im Niederländischen, in dem es das Verb
„bottelen“ (zu Deutsch, „abfüllen“) in der ersten Person Präsens darstellt.
13. Das zweite Element der angemeldeten Marke „pack“ wird ebenfalls vom
englischsprachigen Verbraucher verstanden, und zwar als Substantiv („a bundle
of things wrapped or tied up together for transport; a bale, package, or parcel“
http://www.oed.com/view/Entry/135830?rskey=QEDJpq&result=1&isAdvanced
=false#eid), im Deutschen etwa „ein Bündel von Sachen, das für den Transport
zusammengewickelt oder zusammengebunden ist; ein Ballen, ein Paket oder
Packung“) oder als Verb („put products in containers“, „make something into a
package
or
bundle“,
„fill
something
with
large
quantity“
http://encarta.msn.com/encnet/features/dictionary/DictionaryResults.aspx?lextyp
e=3&search=pack, im Deutschen etwa „Waren in Behältern verstauen“, „etwas
in ein Paket oder Bündel zusammenstellen“ oder „etwas in großer Menge
ausfüllen“).
14. Die Marke wird den englischsprachigen Konsumenten somit phonetisch sofort
eine Bedeutung übermitteln, die mit der Verpackung oder Verhüllung von
Flaschen oder der Abfüllung in verpackten Flaschen verbunden ist. Es ist somit in
diesem Fall zunächst auf das Sprachverständnis der englischsprachigen
Durchschnittsverbraucher und der versierten Fachkreise mit entsprechenden
Sprachkenntnissen der Gemeinschaft abzustellen.
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15. Die Anmelderin argumentiert zu Recht, dass das Wort „bottelpack“ oder
„bottlepack“ nicht als solches in der englischen Sprache existiert. In diesem
Sinne stellt die Rechtsprechung fest, dass es bei sprachlichen Neuschöpfungen
nicht ausreicht, um sie als beschreibend im Sinne von Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe c GMV ansehen zu können, dass für jeden der Bestandteile
gegebenenfalls ein beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher
Charakter muss auch für die Neuschöpfung oder das Wort selbst festgestellt
werden (siehe Urteil vom 22. Juni 2005, T-19/04, „Paperlab“, Randnr. 27).
16. Eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit
mehreren Bestandteilen besteht, von denen jeder Merkmale der Waren oder
Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, ist selbst für
die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen im Sinne des Art. 7 Absatz 1
Buchstabe c GMV beschreibend, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied
zwischen der Neuschöpfung oder dem Wort und der bloßen Summe der
jeweiligen Bestandteile besteht. Dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung oder
das zusammengesetzte Wort infolge der Ungewöhnlichkeit der Kombination in
Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck bewirkt,
der hinreichend stark von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der den
jeweiligen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die
Summe dieser Bestandteile hinausgeht. Insoweit ist auch die Analyse des
fraglichen Ausdrucks anhand der maßgeblichen lexikalischen und
grammatikalischen Regeln von Bedeutung (siehe Urteil vom 12. Juni 2007,
T-339/05, „Lokthread“, Randnr. 31).
17. Es handelt sich bei „bottelpack“ oder „bottlepack“ um keine ungewöhnliche
Wortzusammensetzung. Das Wort „pack“ wird im Englischen oft in Kombination
mit anderen Begriffen zur Verpackung von Waren benutzt, wie z.B. „battery
pack“ (Batteriepackung), „bubble pack“ (Blasenverpackung), „bulk pack“
(Großpackung), „cigarette pack“ (Zigarettenpackung), „ice pack“ (Eisbeutel),
„refill pack“ (Nachfüllpackung), „six-pack“ (Sechserpack, z.B. Bier), „vacuum
pack“ (Vakuumverpackung), usw. Die Zusammenfügung dieser zwei Worte
entspricht den englischen Grammatikregeln, obwohl das erste falsch geschrieben
ist.
18. Die Falschschreibung einer beschreibenden Angabe macht diese jedoch nicht
automatisch eintragbar. So ist etwa ein Zeichen zurückzuweisen, wenn die
variierende Schreibweise völlig übersehen bzw. als ein einfacher Schreibfehler
hingenommen oder als zulässige ausländische Variante akzeptiert wird (siehe
etwa Entscheidungen vom 5. April 2005, R 1037/2004-2, „Österreicher Quelle“
[statt Österreichische Quelle], Randnr. 30, oder vom 30. Januar 2006,
R 374/2005-1, „EXSELLENT“ [statt exzellent oder excellent], Randnr. 18). Es
ist in der Tat üblich in der Werbesprache, dass Worte absichtlich falsch
geschrieben werden, was dahin führt, dass der Verbraucher diese
Falschschreibungen immer weniger betrachten wird (siehe Entscheidung vom 18.
Januar 2008, R 607/2007-4, „SIIMPEL“, Randnr. 12 und 13).
19. Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich jedoch nur danach wie die
angesprochenen Verkehrskreise es verstehen und im Hinblick auf die
betreffenden Waren oder Dienstleistungen beurteilen. Es wurde festgestellt (siehe
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Randnr. 14), dass die englischverständigen Verbraucher den Ausdruck
„bottelpack“ phonetisch sofort mit „bottle pack“ und demzufolge mit einer
Verpackung für Flaschen, einer Abpackung in Flaschen oder mit der Abfüllung in
Verpackungen identifizieren werden.
20. Die in der Anmeldung bezeichneten Waren in Klasse 7 sind Füllanlagen und
-maschinen, Maschinen zur Herstellung von Behältern und dessen Zubehör und
von Kunststofferzeugnissen, die alle der Verpackung von Flaschen oder zur
Abfüllung dienen können. Außerdem bezeichnet die Anmeldung in dieser Klasse
verschiedene Maschinen, die spezifisch zur Spülung, Positionierung,
Orientierung, Verschließung, Stauung, Aufrichtung, Beförderung und
Etikettierung von Behältern und Verpackungen bestimmt sind. Auch die
verbleibenden Apparate in Klasse 7 wie die Industrieroboter, Rührmaschinen und
Homogenisiermaschinen können in der Verpackungs- oder Abfüllungstechnik
angewandt werden. Es besteht somit eine direkte Verbindung zu den möglichen
Bedeutungen von „bottelpack“ in seiner phonetischen Auffassung für den
englischsprachigen Konsumenten.
21. Bezüglich der Waren in Klasse 16, dienen die „Materialien für die
Verpackungstechnik; Verpackungsmaterialien und Verpackungsfolien aus
Kunststoff; alle vorstehend genannten Waren soweit in Klasse 16 enthalten;
Verpackungshüllen aus Kunststoff-Folien; Beutel und Säcke jedweder Art für
Verpackungszwecke, bestehend aus Kunststoffmaterialien oder überwiegend
solche aufweisend; Tragetaschen (Verpackungstaschen aus Kunststoff)“ alle zur
Verpackung und stehen somit in direktem Bezug zu den möglichen Bedeutungen
von
„bottelpack“.
Hinsichtlich
der
„Druckereierzeugnisse,
wie
Flexodrucketiketten; Banderolen und Prägungen“ derselben Klasse, sind diese
mit der Verpackungsproduktion eng verbunden, da diese auch selbst zur
Verpackung bzw. Kennzeichnung oder Verschönerung von Verpackungen dienen
können.
22. Mit Bezug auf die Waren der Klasse 17, können „Halbfabrikate aus Kunststoff,
insbesondere Zuschnitte, Schlauchabschnitte, Flachzuschnitte und Banderolen,
Großverpackungen, Planen, Hauben, Schrumpfhauben, Hüllen, Kisteneinsätze“
zur Verpackung, ggf. auch von Flaschen, dienen. Die restlichen „Kunststofffolien
(außer
für
Verpackungszwecke),
insbesondere
Schlauchfolien,
Halbschlauchfolien,
Flachfolien,
Schwergutschrumpffolien,
AutomatenFeinschrumpffolien, Dehnfolien, Prägefolien und Breitfolien“ derselben Klasse ,
die zwar keine direkten Verpackungszwecke haben, können trotzdem in
Verbindung zu den möglichen Bedeutungen des Ausdrucks „bottelpack“ stehen,
in der Form von Aufklebe- und Abdeckungsfolien und dienen somit der
Präsentation von Verpackungen.
23. Letztendlich sind die in Klasse 20 beanspruchten Waren, nämlich
Verpackungsbehälter und deren Verschlüsse, ausdrücklich für die Verpackung
von Waren, unter anderem auch von Flaschen, bestimmt, weshalb auch für sie die
Marke „bottelpack“ beschreibend wirkt.
24. Gemäß dem vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsatz ist ein
Wortzeichen bei möglichen Bedeutungsvarianten bereits dann von der Eintragung
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ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein
Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (siehe
Urteil vom 23. Oktober 2003, C-191/01 P, „Doublemint“, Randnr. 32). In diesem
Fall reicht schon die Tatsache aus, dass das Zeichen phonetisch eine
beschreibende Bedeutung aufweist, da die betroffenen Waren auch oft mündlich
bestellt werden, wobei es unmöglich ist, festzustellen, ob die Schreibweise der
Marke nicht den englischen Schreibregeln entspricht.
25. Somit kann festgestellt werden, dass das angemeldete Wortzeichen „bottelpack“
für die beanspruchten Waren in den Klassen 7, 16, 17 und 20 beschreibend im
Sinne des Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV ist.
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV
26. Gemäß Artikel 7 Absatz 1 GMV reicht es aus, dass ein absolutes
Eintragungshindernis vorliegt. Aus diesem Grund ist es nicht nötig, dass die
Kammer weiter in die Analyse dieses Eintragungshindernisses hineingeht.
Artikel 7 Absatz 3 GMV
27. Die Anmelderin argumentiert, dass ihre Marke aufgrund Benutzung gemäß
Artikel 7 Absatz 3 Unterscheidungskraft erlangt habe. In diesem Sinne hat die
Anmelderin dargestellt, dass es sich bei den Waren, die mit der „bottelpack“
Marke gekennzeichnet sind, um hochwertige Abfüllanlagen für sterile
Flüssigkeiten handelt. Mit diesen Anlagen werden groß- und kleinförmige
Behälter hergestellt, die mit dem Füllgut abgefüllt und dann sofort verschlossen
werden. Es handelt sich um hochtechnologische und teure Modulanlagen, die aus
vielen Bestandteilen zusammengesetzt sind, die genau abgestimmt werden
müssen. Aufgrund des spezifischen Zwecks dieser Waren, richten sie sich, wie
die Anmelderin vorbringt, ausschließlich an Fachkreise, insbesondere an
Unternehmen der pharmazeutischen und der chemischen Industrie.
28. Die Anmelderin führte der Prüferin vor, dass die Marke „bottelpack“ in
Deutschland bekannt sei und reichte dazu das Ergebnis einer Verkehrsbefragung
vom Institut für Demoskopie Allensbach ein, woraus zu entnehmen ist, dass die
spontane Bekanntheit der Marke bei 46% liegt. Weiterhin wies die Anmelderin
darauf hin, das Zeichen sei schon weltweit geschützt, u. a. auch in den
englischsprachigen Ländern Großbritannien und Irland.
29. Ferner reichte die Anmelderin folgende Dokumente ein:
o Seiten aus dem Internetauftritt der Vetriebsfirma der Anmelderin, der
rommelag Kunststoff-Machinen Vertriebsgesellschaft mbH;
o Firmengeschichte der Hansen-Gruppe bzw. der rommelag, die die Technologie
und Anlagen erfunden und hergestellt hat, für die die „bottelpack“-Marke
benutzt wird;
o Ausstellerinformation der interpack-Messe in Düsseldorf, in der die
„bottelpack“-Anlagen vorgestellt wurden;
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o Rechnungskopien bezüglich die Zustellung und Versand von „bottelpack“Kompaktautomaten an eine Firma in Deutschland, von jeweils einem
„bottelpack“-Kompaktautomaten an eine Firma in Japan und an eine Firma in
Kanada. In diesen Rechnungen werden die Bestandteile, die solche Automaten
beinhalten, aufgelistet.
30. Mit der Beschwerdebegründung reichte die Anmelderin weitere Dokumente ein,
unter anderem:
o Eintragungsurkunden und amtliche Registerauszüge bezüglich der Eintragung
von „bottelpack” in englischsprachigen Gebieten innerhalb und außerhalb
Europas;
o Internetauszüge mit Informationen über die Firma der Anmelderin und dessen
Standorte, mit Hinweis auf die Vertriebsgesellschaften rommelag in
Deutschland, der Schweiz, den USA und in China, die „bottelpack“-Anlagen
als Systemlieferanten projektieren, verkaufen und betreuen und Auszüge der
mehrsprachigen Webseite der Anmelderin;
o Kopien aus dem Wirtschaftsmagazin der IHK Heilbronn-Franken von 2003,
aus dem deutschsprachigen Magazin „CHEManager“ von April 2005, aus der
englischen Veröffentlichung „packaging europe“, sowie aus der Zeitschrift
„Machinery Update“ von Mai/Juni 2003 auf Englisch, in denen die
„bottelpack“-Anlagen erwähnt werden, und weitere 7 Fachartikel auf Deutsch,
in denen „bottelpack“-Maschinen vorkommen;
o Auszüge der Webseiten www.wirautomatisierer.de, www.PharmTech.com,
www.pharmaceuticalonline.com
und
www.packagingtoday.co.uk,
www.epmmagazine.com (die vier letzteren auf Englisch), in welchen die
„bottelpack“-Maschinen erwähnt werden;
o Pressemitteilung der Firma B. Braun aus Melsungen, Deutschland vom
19. April 2005;
o Informationen bezüglich der Teilnahme an der Messe „Packaging Valley“ in
Schwäbisch Hall im Juni 2010, auf der die „bottelpack“-Anlagen präsentiert
wurden;
o Auszüge der deutschen Patentanmeldung und weiteren europäischen und
US-Patentanmeldungen und –Schriften, in denen die Marke „bottelpack“
erwähnt wird;
o Gutachten des Herrn Dipl.Ing. Reinhold Herbert bezüglich eines
Packmittelvergleichs der „bottelpack“-Flasche und einem Non-Pvc-Beutel von
2003 und dessen Übersetzung ins Englische;
o Bericht des Instituts für Kunststoffverarbeitung an der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule Aachen von 2009, in dem das
„bottelpack“-Verfahren erwähnt wird;
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o Kopien der Korrespondenz hinsichtlich der Teilnahme der Anmelderin an
verschiedenen Fachmessen in Deutschland und an deutsche Kunden der
Anmelderin;
o Prospekte auf Deutsch und auf Englisch auf denen „bottelpack“-Maschinen zu
sehen sind; Rechnungen zur Herstellung dieser Prospekte;
o Rechnungen bezüglich des Verkaufs von „bottelpack“-Kompaktautomaten und
deren Zubehör in Deutschland (25 Rechnungen), Spanien (5 Rechnungen),
Polen (4 Rechnungen), Italien (2 Rechnungen) in der Zeitspanne von 1997 bis
2009. Jede dieser Rechnungen ist in Höhe von etwa 1 Million EUR bis zu über
3 Millionen EUR;
o Rechnungen für den Verkauf von „bottelpack“-Maschinen und deren Zubehör
und Teile in Großbritannien (8 Rechnungen) und Irland (7 Rechnungen),
ausgegeben von der Schwestergesellschaft der Anmelderin in der Schweiz, in
der Zeitspanne von 1995 bis 2007. Die Rechnungen sind in Höhen von je
1.500.000 bis zu 4.000.000 CHF ausgestellt;
o Rechnungen von Werbung von „bottelpack“ in Großbritannien während
1999-2007 und Kopien von den Werbeinseraten für „bottelpack“ auf Englisch
von den Jahren 1999 bis 2008, zusammen mit einer Liste der Werbekosten in
englischsprachigen Ländern Europas von 1999 bis 2009.
31. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Marke Unterscheidungskraft durch
Benutzung erworben hat, kann insbesondere der von der Marke gehaltene
Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der
Benutzung dieser Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke,
der Anteil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung
aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt,
sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen
Berufsverbänden berücksichtigt werden (siehe Urteil vom 14. September 1999,
C-375/97, „Chevy“, Randnr. 51).
32. Die Anmelderin hat dargestellt, dass die von der Marke gekennzeichneten Waren
zu einer spezialisierten Branche mit wenigen Anbietern gehören. Es handelt sich
um hochwertige Modularsysteme, von denen insbesondere pharmazeutische und
chemische Firmen nur einzelne Exemplare benötigen und dementsprechend auch
kaufen. Die Endverbraucher dieser Waren sind das hochspezialisierte
Fachpublikum, welches sich in diesem Bereich gut auskennt. Da es sich bei der
Anmeldung um eine Gemeinschaftsmarke handelt, ist von einem Fachpublikum
in der gesamten EU auszugehen. Des Weiteren ist festzustellen, dass kein
abgeschotteter nationaler Markt für diese Waren besteht.
33. Die Waren bestehen aus hochtechnologischen Systemen und sind demzufolge
extrem kostspielig. Die Lebenserwartung solcher Maschinen sollte entsprechend
hoch sein, weshalb davon auszugehen ist, dass nur wenige Exemplare an
besonders bedeutende Unternehmen verkauft werden. Es kann ebenfalls daraus
geschlossen werden, dass die großen Firmen der pharmazeutischen und
chemischen Industrie Maschinen kaufen, die nicht unbedingt aus ihren
Herkunftsländern stammen.
ENTSCHEIDUNG VOM 5. JULI 2011 – R 1739/2010-1 – bottelpack
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34. Das Fachpublikum ist somit von der Marktpräsenz der verschiedenen
Produzenten und Vertreiber dieser Art von Maschinen sehr gut informiert,
unabhängig davon, in welchem Land Europas oder der Welt diese hergestellt
werden. Die Anmelderin hat bewiesen, weltweite Geschäftsverbindungen zu
haben, und dass ihre Produkte, die mit dem Zeichen „bottelpack“ versehen sind,
international durch ihre Webseiten in verschiedenen Sprachen, in
Fachzeitschriften und auf internationalen Messen vermarktet werden. In einigen
der Veröffentlichungen Dritter, die als Beweismaterial eingereicht wurden, wird
die Anmelderin als „leader“ dieser Füllanlagen und –Systeme beschrieben, auch
in Bezug auf das angemeldete Zeichen, mit einem Marktanteil in Europa von
über 90%.
35. In Anbetracht der begrenzten Ausdehnung vom Markt der Abfüllanlagen und
dass die Abnehmer nur einzelne Exemplare von diesen hochwertigen
Modularsystemen benötigen und dementsprechend auch kaufen, reicht u. a. schon
eine geringe Anzahl an Rechnungen aus, um zu Beweisen, dass die Waren auf
dem spezifischen und engen Markt der Abfüllanlagen in Verwendung stehen. Die
Anmelderin hat mehrere Beweismittel hinsichtlich der Marktpräsenz ihrer Waren,
die mit der Marke „bottelpack“ gekennzeichnet sind, eingereicht, die bezeugen,
dass sie in einer breiten Zeitspanne von weit über zehn Jahren in verschiedenen
Mitgliedsstaaten, insbesondere Deutschland, Spanien, Irland, Italien, Polen und
Großbritannien verkauft wurden und bekannt waren.
36. Der Umsatz von Verkäufen nur in diesen Gebieten ist als hoch zu betrachten und
auch die Werbung in der Fachpresse und im Internet ist als wichtig
einzuschätzen. Da es sich um ein spezifisches Gebiet handelt, kann davon
ausgegangen werden, dass nicht nur die deutschen und englischen
Fachverkehrskreise Zugang zur Fachpresse und zu den Fachmessen haben
werden, sondern dass diese für das Fachpublikum der gesamten EU erreichbar
sind.
37. In Anbetracht der o. g. Umstände und der Gesamtheit der eingereichten
Beweismittel ist die Kammer der Ansicht, dass die Dauer der Benutzung der
Marke, die Umsatzhöhe, sowie die Belege aus der Werbung in Zeitschriften und
im Internet beweisen, dass es für die beteiligten Verkehrskreise oder zumindest
einen erheblichen Teil dieser Kreise möglich ist, die Waren aufgrund der Marke
als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu erkennen (siehe Urteil
vom 7. September 2006, C-108/05, „Europolis“, Randnr. 27).
38. Demzufolge kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Marke für
Füllanlagen und –maschinen, Maschinen zur Herstellung von Behältern und
dessen Zubehör und Teile, die von der Anmeldung in den Klassen 7, 16, 17 und
20 beansprucht wurden, Unterscheidungskraft erlangt hat.
Ergebnis
39. Die Kammer stellt fest, dass dem Zeichen für die unter den Klassen 7, 16, 17 und
20 beanspruchten Waren Unterscheidungskraft in Folge von Benutzung
zukommt.
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40. Der Beschwerde ist stattzugeben. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben
und das Eintragungsverfahren fortzusetzen.
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Tenor der Entscheidung
Aus diesen Gründen entscheidet
DIE KAMMER
wie folgt:
1.
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2.
Das Eintragungsverfahren ist fortzusetzen.
Th. M. Margellos
C. Bartos
C. Rusconi
Geschäftsstellenbeamtin:
P. López Fernández de Corres
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