genfer see

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genfer see
HOLIDAY & LIFESTYLE 2/2014
2/14 April/Mai/Juni
www.holidayandlifestyle.de
Deutschland € 5,00/ A € 5,90/ CH sfr 10,50/ BeNeLux € 6,00/ I € 7,00/ E € 7,00/ P (cont.) € 7,00/ Gr € 7,50/ Fin € 7,50
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GENFER SEE
1 Terrassierte Weinberge sind typisch für
das Lavaux. 2 Einige Dampfschiffe verkehren noch auf dem See. 3 Eine Weinprobe
bei einem Winzer ist ein Muss. 4 Die lokalen Weine sind bei Kennern sehr beliebt.
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Gourmet-Tour am
Genfer See
Beste regionale Zutaten, lokale Weine aus dem Lavaux-Anbaugebiet und
erstklassige Schokolade – hier kann man Genuss jeden Tag zelebrieren.
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1 In der Auberge du Raisin gart man
Fleisch traditionell vor dem offenen
Kamin. 2 Der Türmer Renato Häusler
ruft in Lausanne die Stunden aus.
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schon einmal Papet vaudois probiert? Wenn nicht,
dann unbedingt nachholen. Der Waadtländer Laucheintopf besteht aus einer gebratenen Wurst mit Kohl,
Lauch und Kartoffeln und wärmt uns so richtig durch
an diesem kühlen Herbsttag. Zu dem deftigen Essen
passt ein kräftiger Weißwein. Willi Prutsch vom Café du Grütli
in Lausanne empfiehlt den Gutedel Calamin Grand Cru vom
regionalen Weingut Jean Vogel & Fils aus dem Lavaux. Zum
Abschluss probieren wir noch vom hauchzarten Bündnerfleisch
und dem exzellenten Käse. Einfach köstlich! Das rustikale Restaurant, das seit 28 Jahren in Familienhand geführt wird, befindet sich in einem der ältesten Gebäude der Stadt und serviert
vorwiegend lokale Spezialitäten. Wer hier aus dem Fenster
schaut, blickt auf eine überdachte Treppe, die den Hügel hinauf zur Kathedrale führt. Die Escaliers du Marché sind nicht
irgendwelche Stufen, sondern bilden einen – wenn auch nur
kurzen – Teil des Jakobswegs. Diese Treppe bestand schon im
13. Jahrhundert und verband im Mittelalter die beiden Stadtmärkte. Noch heute wird der malerische Weg von Wohnhäu-
S
sern aus dem 16. Jahrhundert gesäumt. Wer Schokolade liebt,
legt im Le Barbare, kurz vor Ende der Markttreppe, eine Pause
ein und gönnt sich die beste heiße Schokolade der Stadt. Oben
an der Kathedrale angekommen, eröffnet sich vom Hügel der
Altstadt ein traumhafter Blick über Lausanne. Linker Hand
schauen wir auf Evian in Frankreich – von hier kommen täglich
zahlreiche Pendler per Linienboot in die Schweiz.
Auf ihre Kathedrale sind die Lausanner besonders stolz –
sie ist nämlich die größte der Schweiz. In dem gotischen Bauwerk aus dem 13. Jahrhundert kann man architektonische Elemente wie ein bemaltes Portal und eine Orgel mit 7.000 Pfeifen
bewundern. Eine Rose aus 105 Scheiben mit Glasmalereien
bringt die mittelalterliche Weltsicht zum Ausdruck und zeigt
das Leben der Menschen im Zyklus der Jahreszeiten. Ein faszinierendes Schauspiel entsteht, als plötzlich die Sonne durch die
farbigen Scheiben fällt und ein kunterbuntes Graffiti an die
Säulen zaubert. Das Highlight der Kathedrale wartet jedoch im
Glockenturm. Jede Nacht wacht dort der Türmer Renato Häus-
HOTELS, DIE WIR FÜR SIE GETESTET HABEN
Grand Hôtel Suisse-Majestic in Montreux
In dem Belle Époque-Gebäude von 1870 wird Geschichte lebendig – das 2010 komplett renovierte Haus erstrahlt heute in neuem Glanz. Die zentrale Lage direkt
am Genfer See lädt zu Spaziergängen an der Uferpromenade ein. Der Stil
der 155 Zimmer zitiert
die moderne Eleganz.
Infos: Tel. 00 41-219 66 33 33, www.
suisse-majestic.com
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Château d’Ouchy
in Lausanne
Das 4-Sterne Superior
Hotel am See im Stadtteil Ouchy geht auf ein
im 12. Jahrhundert erbautes Schloss zurück. Wer Ruhe und Romantik sucht,
wird sich in den klassisch-elegant gestylten Zimmern
wohlfühlen. Im Restaurant kommen vorwiegend regionale Produkte aus dem Waadtland auf den Teller. Infos:
Tel. 00 41-21-3 31 32 32, www.chateaudouchy.ch
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1 Im Waadtland wird in kleinen Manufakturen Käse noch nach alter
Tradition hergestellt – da schmeckt man die Qualität. 2 Die Kathedrale
von Lausanne thront auf einem Hügel der Innenstadt. 153 Stufen führen bis in den Turm zum Nachtwächter. 3 Romantischer geht es kaum –
der Blick über die Weinterrassen des Lavaux bis zu den Alpen.
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Die Bessières-Brücke überquert das
Lausanner Viertel Riponne. Ihre Eisenträger wurden beim Bau 1910 noch
genietet. Wegen Umbaumaßnahmen
besteht sie nur noch aus einer Etage.
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ler. Täglich um kurz vor 22 Uhr klettert er die 153 Stufen hinauf
und absolviert so sein tägliches Fitnessprogramm. Bis 2 Uhr
morgens ruft er nach 600 Jahre alter Tradition in alle vier Himmelsrichtungen die Stunden aus. Im Mittelalter hatte der
Nachtwächter die Aufgabe, bei Bränden Alarm zu schlagen, da
die meisten Häuser aus Holz errichtet waren. Heute gilt diese
Aufgabe als Privileg, um das sich 58 Männer beworben haben.
Weibliche Türmer sind laut Zunftordnung bis heute nicht zugelassen. Obgleich ohne Wasser und WC, genießt Renato in seinem kleinen Türmerzimmer die totale Einsamkeit hoch über
der Stadt. Wenn dann die Sonne am Morgen den Himmel rot
färbt, geht ihm das Herz auf. Dann weiß er wieder, dass jede
einzelne der 153 Stufen die Anstrengung wert ist.
Lausanne ist eine Stadt mit vielen Gesichtern. Im
Kontrast zu mittelalterlichen Bräuchen steht die Neugestaltung
des Stadtteiles Flon. Noch vor einigen Jahrzehnten diente das
heutige Szeneviertel ausschließlich als Lagerareal für Waren,
die per Bahn oder Schiff in der Stadt eintrafen. Das Flon-Quartier glänzt mit moderner Architektur und einem regen Nacht-
1 An den Weinterrassen wird noch per Hand gelesen. Das Genferseegebiet
umfasst acht AOC-Weinbaugebiete, wie Lavaux, La Côte oder Chablais. Zu
zwei Dritteln wird Chasselas, der Gutedel, produziert. 2 Der Winzer Louis
Bovard besitzt mit 14 Hektar eines der größten Weingüter des Gebiets Lavaux. Untypisch für die Region strebt er auch den Export seiner Weine an.
leben. Uns wird das Restaurant Nomade empfohlen, das an
einem ganz gewöhnlichen Donnerstag Abend bis auf den letzten Platz von vorwiegend jungen Leuten belegt ist. Sonst ist
allerdings nichts gewöhnlich: Weder das Rindfleisch, das 48
Stunden in Grünkohl eingelegt wurde und mit einer Weinsoße,
Kartoffelpüree und Herbstgemüse serviert wird, noch der Dézaley-Weißwein aus dem Lavaux – sie sind einfach ein Gaumenschmaus. Der Wein erinnert an Schoko und Karamell; das
Rind ist so zart, dass man es mit der Gabel essen könnte. Wir
merken immer mehr: Im Waadtland versteht man zu genießen.
Doch nicht nur im In-Viertel Flon erwarten uns kulinarische
Highlights. Wer durch die Fußgängerzone bummelt, findet in
der Rue de Bourg gleich mehrere Geschäfte für Schoko-Gourmets: Die Konditorei Tony wartet mit einer süßen Spezialität
auf: Den köstlichen Pavés (Pflastersteinen), dessen Biskuit-Kern
in Kirsch getränkt und mit Gianduja- sowie dunkler Schokolade umhüllt wird. Ein Stückchen die Rue de Bourg bergab geht
es bei Blondel weiter mit edlen Schokoladen. Bereits der Duft,
der uns empfängt, ist einfach köstlich. Die Pralinen mit Nougat,
Pistazien oder Krokant sowie über 26 verschiedene Trüffelsor-
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ten kann man auch im Internet bestellen. Auch beim Nachbarn,
dem berühmten Pariser Macaron-Spezialisten La Durée, lohnt
sich eine Kostprobe. Wem das alles zu süß ist, macht einen Abstecher zum Holy Cow, einem Burger-Laden, der ausschließlich regionale Produkte verwendet. Biologische Lebensmittel
aus dem Waadtland werden hier sowohl in Restaurants als auch
privat groß geschrieben, man legt Wert auf Qualität. So auch in
der Chocolaterie Durig. Alain Reboul ist hier Maître chocolat
und verrät uns, dass die Manufaktur neben Pralinen und Trüffeln auch Spezialitäten mit Lagavullin-Whisky für das berühmte
Hotel Beau-Rivage Palace fertigt. Aus Madagaskar, Venezuela
und Peru kommt sein Spitzen-Kakao, der Criollo.
Eine Weinprobe direkt am Genfer See genießen wir
in der warmen Herbstsonne von Cully im Lavaux-Weingebiet
mit Louis Bovard. Der dynamische Winzer wird bald 80 und
möchte noch den 100. Geburtstag seiner acht Jahre jüngeren
Frau feiern. Bei der Degustation der Weine spüren wir die Leidenschaft für sein Produkt. Man glaubt es kaum: Er hat mit seinem Bio-Wein, der Einführung neuer Sorten wie dem Sauvignon
sowie durch Pfropfungsexperimente den Ruf eines „Revoluzzers“ erworben. Mit dem er sich aber offenbar ganz wohl fühlt.
Mein Favorit ist der Weißwein Terre à Boire von 2012, aus
Epesses – dem Dorf, auf das man direkt am Weinberg blickt.
Geschmacklich ganz vorne liegt auch der Ilex, ein Calamin
Grand Cru ebenfalls von 2012. Aufgrund der vergleichsweise
geringen Produktion bleibt der meiste Wein jedoch im Waadtland und wird kaum exportiert. Ein weiteres kulinarisches Highlight erwartet uns in der urigen Auberge du Raisin um die Ecke:
Von außen eher unscheinbar, von innen 14 Punkte bei Gault
Millaut. Hier hängt das Fleisch an Ketten und wird am offenen
Kamin gegart. Zur Vorspeise serviert man Tatar von Felchen
aus dem Genfer See. Das Beste aber kommt zum Schluss: Mein
Soufflé glacé au Grand Marnier bleibt unvergessen.
1 Mit der Schweizer Bahn ist man immer unkompliziert unterwegs. Die Strecke am See
bietet Traum-Ausblicke. 2 Guten Appetit im
Restaurant Nomade in Lausanne! 3 Chocolats
Blondel fertigt köstliche Trüffelpralinen.
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1 Zweimal pro Woche findet in Lausanne ein Wochenmarkt statt. Dass
die Produkte aus der Region kommen, ist den Schweizern wichtig. Bei
Lebensmitteln legen sie Wert auf Qualität. Auch Antiquitäten und Blumen werden angeboten. 2 Der Fluss Flon, der durch das ehemalige
Lagerviertel floss, wurde auf die Größe eines Bachs zugeschüttet.
Heute ist er nur noch unter beleuchteten Gittern sichtbar. 3 Blick auf
Lausanne vor Alpenpanorama – im Hintergrund thront die Kathedrale.
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Mit dem Zug geht es weiter zu einem Spaziergang durch
Die Wasserburg Chillon kann man bequem per
Schiff erreichen. Aus dem 11. Jahrhundert stammen die ältesten noch sichtbaren Teile der Burg.
die Weinberge der von der Unesco ausgezeichneten Region Lavaux an der Montreux Riviera. Auf dem Höhenweg von dem
mittelalterlichen Dorf St.-Saphorin bis nach Rivaz lassen wir
uns von der Sonne wärmen und genießen den Blick über die
herbstlich gefärbten Weinterrassen auf den Genfer See. Ein
wahres Postkarten-Panorama! Zum Abschluss der Wanderung
entdecken wir im Vinorama in Rivaz die Vielfalt der heimischen
Weine. In der Winzergenossenschaft werden über 250 Weine
des Anbaugebiets Genfer See angeboten. Sie sind zwar 20 Prozent teurer, man kann sie aber verkosten und später auch bestellen. Im Waadtland lässt es sich aber nicht nur am, sondern
auch auf dem See ausgezeichnet speisen. Und zwar bei einer
kulinarischen Fahrt mit den Schiffen der CGN-Flotte. Wir genießen unser Menü und blicken auf den See und die Weinberge – besser kann man Gaumen und Seele nicht verwöhnen.
TEXT: ULRIKE PASSOTH; FOTOS: OFFICE DU TOURISME DU
CANTON DE VAUD/GENFERSEEGEBIET.CH, ULRIKE PASSOTH
GENFER SEE– TIPPS UND INFORMATIONEN
ANREISE Es gibt täglich
Flugverbindungen nach
Genf, beispielsweise mit
Lufthansa. Von dort fährt
man mit der Bahn zum
Beispiel nach Lausanne.
Natürlich ist die Anreise
aus Deutschland auch direkt mit dem Zug möglich. Auch
vor Ort gilt die Bahn zwischen den meisten Dörfern im
Lavaux-Weingebiet als unkompliziertes Transportmittel.
CAFÉS & RESTAURANTS Café du Grütli in Lausanne
(deftige lokale Spezialitäten), www.cafedugruetli.ch; Bistro Le Barbare in Lausanne (die heiße Schokolade probieren), www.le-barbare.com; Auberge des Enfants in Le
Mont-sur-Lausanne (historisches Wirtshaus im Wald, regionale Gerichte aus lokalen Zutaten, unbedingt Meringue mit Crème double kosten), www.chaletdesenfants.ch;
Auberge du Raisin in Cully (mit regionalen Produkten 14
Punkte bei Gault Millau erkocht), www.aubergeduraisin.ch
INFORMATIONEN zu Routen, Sightseeing und Unterkünften im Kanton Waadt: Tourismusbüro in Lausanne,
Tel. 00 41-21-6 13 26 26, www.genferseegebiet.ch; Infos
zu Lausanne: www.lausanne-tourisme.ch; zur Weinregion
Lavaux: www.lavaux.ch, www.montreuxriviera.com
SCHOKOLADE Chocolats Tony (Spezialität Pavés/
„Pflastersteine“); Chocolats fin Blondel (beeindruckende
Vielfalt an Pralinen), beide in der Rue de Bourg in Lau-
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sanne, www.chocolatsblondel.ch; Durig Chocolatier Lausanne (qualitativ hochwertige Trüffelpralinen und Schokoladentafeln), www.durig.ch; Confiserie Poyet in Vevey
(innovative Pralinenkompositionen aber auch klassische
Milchschokolade), www.confiseriepoyet.ch
SHOPPING In Lausanne lässt es sich in den Gassen der
City perfekt bummeln – am besten wegen des Kopfsteinpflasters nicht mit High Heels. Bekannte Marken wie
Louis Vuitton oder Agent Provocateur kauft man in der
Rue de Bourg. Jeden Mittwoch und Samstag findet rund
um den Place de la Palud vor dem Rathaus ein Wochenmarkt statt. Das bunte Treiben des Bauernmarktes auch
in den angrenzenden Gassen ist absolut sehenswert.
VERKEHR Lausanne hat ein ausgezeichnetes Nahverkehrsnetz. Jedes Hotel vergibt die Lausanne Transport Card
kostenfrei an seine Gäste.
WEIN Das 900 Hektar große Anbaugebiet Lavaux genießt Weltruf. Seine Weinterrassen erstrecken sich
über 14 Kilometer oberhalb
des Sees (www.lavaux.ch).
In der Winzergenossenschaft Vinorama kann man
Weine dieser Region verkosten und kaufen (www.
lavaux-vinorama.ch).