Ramuz, Charles Ferdinand - Historisches Lexikon der Schweiz

Transcrição

Ramuz, Charles Ferdinand - Historisches Lexikon der Schweiz
1/2
16/12/2011 |
No 1
Ramuz, Charles Ferdinand
24.9.1878 Lausanne, 23.5.1947 Lausanne, ref., von Sullens. Sohn
des Emile, Händlers, und der Louise geb. Davel. ∞ 1913 Cécile Cellier,
Malerin, Tochter des Charles-Victor. 1897-1900 Stud. und Lizenziat der
Altphilologie an der Univ. Lausanne. Im Winter 1900-01 schrieb R. in
Paris seinen ersten Roman, der unveröffentlicht blieb. Von Paris aus, wo
er 1904-14 lebte, beteiligte er sich am literar. Leben der Westschweiz:
Er war Mitgründer und Mitarbeiter der Zeitschrift "La Voile latine" und
schrieb für die Zeitschriften "La Semaine littéraire", "Au Foyer romand"
Dieser Artikel wurde
und "Bibliothèque universelle" sowie für die Zeitungen "Journal de
für die Buchausgabe des HLS mit einem
Genève" und "Gazette de Lausanne". 1903 erschien seine erfolgreiche
Bild illustriert. Bestellen Sie das HLS bei
unserem Verlag.
Gedichtsammlung "Le petit village" ("Ds Döörfli" 1977), 1905 sein
erster Roman "Aline" (dt. 1940). Der Roman "Les circonstances de la
vie" (1907) wurde für den Prix Goncourt nominiert. Mit "Aimé Pache, ein
Waadtländ. Maler" (1941, franz. 1911) und "Samuel Belet" (1942, franz.
1913) festigte R. seine besondere Stellung, die er als Waadtländer
Schriftsteller innerhalb der franz. Literatur genoss. Liess er sich
anfänglich von Gustave Flaubert und Guy de Maupassant beeinflussen,
entwickelte er bald eine Form des poet. Romans, die den Ton mit der
Sicht- und Sprechweise seiner Protagonisten, einfachen Menschen aus
dem Volk, in Einklang brachte. Die gesellschaftl. Rolle des Künstlers sah
er in dessen quasireligiöser Aufgabe, vom Elementaren ausgehend das
Universelle zu erlangen.
Nach seiner Rückkehr in die Schweiz 1914 stieg R. zum bedeutendsten Schriftsteller seiner Generation auf. Er
verfasste im gleichen Jahr das Manifest "Raison d'être" (dt. 1976) in den "Cahiers vaudois". Seine Vorbilder
sind die Maler, v.a. Paul Cézanne. Seine Zusammenarbeit mit Igor Strawinsky 1916-18 führte 1918 zum
bedeutenden Werk "Histoire du soldat" (dt. 1924). R. wandte sich vom Entwicklungsroman ab, der das
Schicksal eines Einzelnen beschreibt, und schrieb nun Erzählungen, in denen sich Gemeinschaften mit dem
Bösen ("Das Regiment des Bösen" 1921, franz. 1917), dem Wunder ("Die Wandlung der Marie Grin" 1930,
franz. 1917), dem Krieg ("Es geschehen Zeichen" 1921, franz. 1919) oder dem Weltende ("Présence de la
mort" 1922) konfrontiert sehen. In seinem erneuerten Romankonzept hob er die Innensicht seiner Gestalten
hervor und operierte mit einem Erzähler, der wie die Chorführer in der griech. Tragödie als Bote auftritt. Er
bildete eine Sprache aus, die in ihrem Rhythmus und in ihren syntakt. Brüchen der gesprochenen Sprache
nachgebildet war. Dies missfiel den Sprachpuristen und dem Grossteil des franz. und schweiz. Publikums.
In den Jahren nach dem 1. Weltkrieg geriet R. trotz der grosszügigen Unterstützung Werner Reinhardts in
finanzielle Bedrängnis. Dank Henry Poulaille, der ihn beim Verleger Bernard Grasset untergebracht hatte,
sowie der Anerkennung durch bekannte Schriftsteller wie Paul Claudel, Jean Cocteau, André Gide oder LouisFerdinand Céline gewann er ab 1924 wieder die Gunst des Pariser Publikums. In Lausanne fand er in HenryLouis Mermod einen Mäzen und Verleger: Nun erschienen die bedeutenden Romane "Das grosse Grauen in
den Bergen" (1927, franz. 1926), "Die Schönheit auf Erden" (1931, franz. 1927), "Adam und Eva" (1943, franz.
1932), "Farinet oder das falsche Geld" (1933, franz. 1932), "Bergsturz auf Derborence" (1935, franz. 1934),
"Ein Bursche aus Savoyen" (1952, franz. 1936) und "Wenn die Sonne nicht wiederkäme" (1939, franz. 1937).
Seine in den 1930er Jahren entstandenen Essays "Mass des Menschen" (1949, franz. 1933), "Fragen" (1990,
franz. 1935) und "Bedürfnis nach Grösse" (1938, franz. 1937) stellten den Höhepunkt seiner polit., moral. und
ästhet. Reflexion dar. Endlich erhielt er für sein beachtl. Werk die öffentl. Anerkennung, u.a. 1930 den Prix
romand und 1936 den Grossen Schillerpreis. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen, u.a. ins Deutsche
und Italienische, übersetzt und dienten auch als Filmvorlagen. Krieg und Krankheit überschatteten seine
letzten Lebensjahre, doch erlebte er noch, wie die "Œuvres complètes", die lange Auszüge aus seinem
Tagebuch enthalten, ab 1940 bei Mermod erschienen.
URL: http://www.hls-dhs-dss.chD16054.php
© 1998-2017 HLS: Alle Urheberrechte dieser elektronischen Publikation sind beim Historischen Lexikon der Schweiz, Bern. Für alle
elektronisch publizierten Texte gelten dieselben Regeln wie für eine gedruckte Veröffentlichung. Nutzungsrechte und Zitierrichtlinien (PDF)
2/2
Werke
– Œuvres complètes, hg. von R. Francillon, D. Maggetti, 2005– Romans, hg. von D. Jakubec, 2 Bde., 2005
Archive
– Teilnachlässe in: BCUL, CRLR
Literatur
– T. Bringolf, Bibl. de l'œuvre de Charles Ferdinand R., 1942, (Neuaufl. 1975)
– Ich bin R. - nichts weiter, hg. von G. Froidevaux, 1987
– Francillon, Littérature 2, 423-447
Autorin/Autor: Roger Francillon / ANS
URL: http://www.hls-dhs-dss.chD16054.php
© 1998-2017 HLS: Alle Urheberrechte dieser elektronischen Publikation sind beim Historischen Lexikon der Schweiz, Bern. Für alle
elektronisch publizierten Texte gelten dieselben Regeln wie für eine gedruckte Veröffentlichung. Nutzungsrechte und Zitierrichtlinien (PDF)

Documentos relacionados