Erfahrungsbericht - Augen sollen sehen

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Erfahrungsbericht - Augen sollen sehen
Erfahrungsbericht
über einen augenärztlichen Einsatz in Kambodscha
Dr. med. W. Fischbach, Traben-Trarbach
Im März 2004 führte ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin Christine Bossler und mit meinen
langjährigen, erfahrenen Arzthelferinnen Marion Waxmann und Heike Seiberling und unter der
Organisation des Kinderhilfswerkes "Plan International" augenärztliche Untersuchungen bei 1372
Kindern und 209 Erwachsenen im Landesinneren von Kambodscha durch.
Unser Einsatz sollte vor allem dazu dienen, Kinder der sehr armen Landesbevölkerung auf mögliche
Sehfehler und Augenerkrankungen hin zu untersuchen und entsprechende Behandlungsmaßnahmen
einzuleiten.
Wie diese Untersuchungen abliefen und welche Ergebnisse daraus resultierten, soll dieser
Erfahrungsbericht dokumentieren.
Dieser Einsatz in Kambodscha war unser achtes Projekt der ophthalmologischen Kinderuntersuchungen in der Dritten Welt. Unser Praxisteam führte im März 1998 in Sri Lanka, 1999 in
Nordvietnam, 2000 in Togo, 2001 in Nicaragua und in Nepal, 2002 auf den Philippinen und 2003 in
Paraguay augenärztliche Untersuchungen bei Kindern durch.
Die in diesen Ländern gesammelten Erfahrungen zeigten nicht nur, wie notwendig und hilfreich
unsere Augenuntersuchungen waren, sie gaben uns auch die Motivation, weitere Einsätze in der
Dritten Welt, in der wegen großer Armut und erheblichem Augenarztmangel die Augenprobleme
von Kindern total vernachlässigt werden, zur Verbesserung der visuellen Situation im Kindesalter in
Angriff zu nehmen.
"Plan International Deutschland" - ein Kinderhilfswerk mit Sitz in Hamburg, das in 43 Ländern der
Erde Patenkinder vermittelt und betreut, übernahm wieder in bewährter Art die Planung und
Organisation unseres Einsatzes in Kambodscha.
Seit 1998 versuchen wir in unseren Einsätzen Sehbehinderungen bei Kindern in der Dritten Welt
aufzudecken und zu bekämpfen. Dies geschieht ganz im Sinne und der Zielsetzung von "Vision
2020". In Paraguay waren wir im letzten Jahr aktiv in dieses Programm mit eingebunden, was
unserer anfänglich privaten Hilfsaktion eine neue Dimension gab.
"Vision 2020" ist eine weltweite Kampagne mit dem Ziel, bis zum Jahr 2020 die Hauptursachen
von Blindheit zu bekämpfen und allen Menschen auf dieser Welt, speziell den Millionen Armen in
der dritten Welt, das Recht auf Augenlicht zu geben. Diese Kampagne läuft seit 1999 in
Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Die Hauptgründe für Blindheit und Sehbehinderungen sind Grauer Star, Trachom, Flussblindheit,
Kinderblindheit infolge Vitamin A Mangel und "Low Vision" infolge Refraktionsanomalien.
Vorbereitungen auf den Einsatz in Kambodscha!
Schon im letzten Sommer wurde uns von Frau Marianne Raven und Frau Heidi Schleinzer von
"Plan International Hamburg" Kambodscha als Einsatzgebiet vorgeschlagen. Dort sei unsere Hilfe
äußerst willkommen und notwendig. Wir sagten schnell zu, da wir glaubten, dass wir unsere
Erfahrungen mit den Augenproblemen von Kindern in der Dritten Welt in diesem von Terror und
Krieg geschundenen und total verarmten Land in Südostasien einsetzen können.
Das Hauptbüro von "Plan International Kambodscha" in Phnom Penh wurde bald über die nötigen
Vorbereitungen aufgeklärt. Die staatliche Gesundheitsbehörde und der Zoll mussten informiert
werden. Schule und örtliche Gesundheitsämter mussten angesprochen und um aktive Mithilfe
gebeten werden. Um nur die Kinder zu untersuchen, die auch wirklich Augen- oder Sehprobleme
haben, mussten alle Kinder in der betreffenden Landesregion per Screeningverfahren getestet und
selektiert werden. In den Distrikten Angkor Thom und Banteay Srei im Landesinneren nördlich der
Stadt Siem Reap wurden an fast allen Schulen etwa 12.000 Kinder mit diesem einfachen
Testverfahren voruntersucht, von denen etwa 1.500 Kinder auffällig waren.
Diese wurden in einer Liste registriert, denn nur diese Kinder sollten uns nach einem genauen
Zeitplan zur augenärztlichen Untersuchung und Behandlung vorgeführt werden.
Diese großartige organisatorische Vorarbeit wurde von "Plan International Kambodscha" in enger
Zusammenarbeit mit den Schulleitern und Lehrern 2 Monate vor unserer Ankunft vorgenommen,
ohne die unser Kurzeinsatz nicht so erfolgreich und effektiv gewesen wäre.
Meinerseits mussten einige Dinge für den Einsatz in Kambodscha geregelt werden.
Über unseren im Herbst 1999 neu gegründeten Verein "Kid's Eyes International" konnten wir in
dem letzten halben Jahr durch mehrere Veranstaltungen, Dia-Vorträge und andere Aktivitäten
Spendengelder sammeln.
Auch Kollegen, Pharmaunternehmen, Freunde und Patienten überwiesen Geldbeträge auf das
Spendenkonto von "Kid's Eyes International e.V.".
Mit diesen Spendengeldern und unter Einsatz eigener Mittel konnte die Finanzierung nicht nur des
Kambodscha-Einsatzes, sondern auch die dadurch entstandenen Folgekosten wie operative
Behandlungen und Brillengläser gesichert werden.
Weiterhin sammelten wir eifrig alte Brillen und Brillengestelle von Patienten und Optikern. Von
diesen erhielten wir auch neuwertige Kinderbrillengestelle in größerer Anzahl. Pharmaunternehmen
stellten reichlich Augentropfen und Augensalben (Antibiotika, Antiphlogistica, Sicca-Präparate) zur
Verfügung.
Den Flug nach Kambodscha hatten wir schon frühzeitig bei der Thai Airways gebucht, die uns
großzügigerweise 80 kg Übergepäck kostenfrei zubilligte.
Als Übergepäck nahmen wir 3 große Koffer mit einem Gesamtgewicht von über 70 kg mit. Einen
Koffer mit 600 Brillengestellen für Kinder und Erwachsene, auch Lesebrillen, einen zweiten Koffer
mit dem automatischen Handrefraktometer und einen dritten Koffer mit Augentropfen,
Augensalben, Diagnostica, Brillenkasten und ophthalmologischen Untersuchungsgeräten (kleine
Handspaltlampe, Ophthalmoskop, Lupen, Taschenlampen, Schiötz-Tononmeter und kleinem
Operationsbesteck).
Einsatzgebiet Kambodscha
Wenn wir Kambodscha hören, denken wir sofort an die Schreckensherrschaft von Pol Pot und
seinen "Roten Khmer". Darüber hinaus regierte über 35 Jahre lang ein furchtbarer Krieg. Von 1965
- 1973 bombardierten die USA während des Vietnamkrieges das eigentlich neutrale Land. 1975 1978 errichteten die maoistischen "Roten Khmer" unter Pol Pot ein Terror-regime und brachten
über 2 Millionen Menschen um, darunter fast alle Gebildeten - nur 22 Ärzte überlebten. Das Land
isolierte sich völlig von der Außenwelt. Von 1979 bis 1989 besetzten vietnamesische Truppen
Kambodscha, aber die "Roten Khmer" kämpften bis 1997 im Untergrund weiter. Unter der
Herrschaft von König Sihanouk wurde eine parlamentarische Monarchie errichtet. Eine Amnestie
für Mitglieder der "Roten Khmer" unterstützte die Befriedung des Landes.
Kambodscha liegt mitten in Indochina, begrenzt von Thailand im Westen und Laos im Norden,
Vietnam im Osten und Südosten. Es ist flächenmäßig etwa halb so groß wie Deutschland mit einer
Ausdehnung von 580 km in Ost-West Richtung und 450 km in Nord-Süd Richtung. Die beiden
wichtigsten topographischen Merkmale sind der Mekong und der Tonlé Sap, ein See, der sich in der
Regenzeit fast verdoppelt und der größte See Südostasiens ist. Das zentrale Tiefland bedecken
Reisfelder, Mais-, und Tabakplantagen.
In früheren Jahrhunderten konnte durch geschickte Bewässerungssysteme dreimal im Jahr Reis
geerntet werden. Nach den Wirren des letzten Krieges liegen besonders im Norden die Reisfelder
brach und wirken in der Trockenzeit wie eine öde Steppenlandschaft. Die ständige Gefahr von
Landminen verhindert ebenfalls eine geregelte Nutzung und Bearbeitung.
Unkontrolliertes Waldroden beschleunigt den Prozess der Bodenerosion.
Kambodscha hat heute eine Bevölkerungszahl von 14 Millionen Menschen, 94 % sind Khmer, 6 %
Chinesen, Vietnamesen und andere. Die Sprache ist Khmer, die Religion der Theravada
Buddhismus.
Phnom Penh ist die Hauptstadt mit einer Einwohnerzahl von 1,8 Millionen.
Die Säuglingssterblichkeit ist sehr hoch und mit 97 von 1.000 die höchste in Südostasien. Beinahe
jedes 5. Kind stirbt vor dem Erreichen des 5. Lebensjahres. Die Ursachen sind Armut, mangelnde
Hygiene und Krankheiten. Unterernähung und die Auswirkungen einer einseitigen Ernährung
spielen in dieser Hinsicht eine große Rolle, denn die Hälfte der Kinder unter 5 Jahren ist entweder
im Wachstum zurück geblieben oder unterernährt. Auf dem Lande gibt es überhaupt keine
Abwasserversorgung und kein sauberes Trinkwasser, sodass die Diarrhöe die häufigste
Todesursache im Kindesalter ist.
Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt in Kambodscha bei 56 Jahren. Die Hälfte der
Bevölkerung ist unter 15 Jahre alt. Die Armut der Landesbevölkerung ist gravierend. Das
durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 270 US Dollar, die Arbeitslosigkeit bei fast 80%.
Kambodscha gehört zu den ärmsten Ländern Asiens. Die Bevölkerung leidet noch heute unter den
Folgen des Bürgerkrieges. Die Infrastruktur des Landes ist noch weitgehend zerstört. Vor allem auf
dem Lande ist die Gesundheitsversorgung sehr mangelhaft. Medizinische Einrichtungen sind
schlecht ausgerüstet, das medizinische Personal kaum ausgebildet. Es mangelt an Ärzten und
Fachärzten. Im Krankheitsfall müssen lange Wege in die nächste Stadt in Kauf genommen werden
oder man wendet sich an örtliche "Heiler" oder Medikamentenhändler ohne medizinische
Kenntnisse.
Es gibt etwa 30 Augenärzte in Kambodscha - das bedeutet: 1 Augenarzt für 500 000 Menschen.
Zwei funktionierende Augenkliniken in Phnom Penh und Takeo sind viel zu wenig, um die
Augenkranken des gesamten Landes operativ versorgen zu können. Es gibt in Kambodscha 120.000
Blinde, darunter viele Star-Blinde und Kinder.
Kambodscha, ein durch Krieg und Terrorherrschaft geschundenes Land, hat sich noch nicht von den
Schrecken der jüngsten Vergangenheit lösen können. Der Krieg ist zwar zu Ende, aber das Trauma
bleibt.
Während der Pol Pot Gewaltherrschaft wurden von der Roten Khmer nicht nur über 2 Millionen
Menschen vertrieben, brutal gefoltert und ermordet, sondern es wurde auch ein Teil der Kultur und
Identität des Khmer-Volkes bewusst zerstört.
Einzig die großartige, durch ihre gewaltigen Dimensionen sehr beeindruckende Tempelanlage von
Angkor blieb als Monument der einstigen Größe des alten Khmer-Reiches in ihren Ruinen erhalten,
teils vom Dschungel überwuchert.
Die Wirren des Krieges, Hungersnöte und die ständige Bedrohung durch Landminen führten zu
einer totalen Verarmung der Landesbevölkerung, wie wir sie bisher noch nicht erlebt hatten. Und
gerade dort, im nördlichen Teil Kambodschas, lag unser Einsatzgebiet.
Die ersten Schritte in Kambodscha
Nach langem Nachtflug mit Zwischenlandung in Bangkok landeten wir in der Stadt Siem Reap im
Norden Kambodschas. Wir wurden herzlich von "Plan International Cambodia" empfangen und
problemlos durch den Zoll geschleust.
Nach einem Blick auf die Ruinen des Angkor Wat Tempel wurden wir für die nächsten 20 Tage in
einem kleinen Hotel in Siem Reap einquartiert. Es gab Elektrizität und fließendes Wasser, sodass
wir die Akkus unserer Geräte nachladen und uns selbst von der Hitze, dem Staub und den Strapazen
der Untersuchungen regenerieren konnten.
Von hier aus starteten wir jeden Morgen zu den verschiedenen Orten und Schulen im
Landesinneren, nördlich von Siem Reap. An dem ersten Wochenende konnten wir uns an die
tropische Hitze akklimatisieren und einen Einblick in die Mentalität und die Lebensumstände der
Kambodschaner gewinnen.
Wir besuchten das Büro von "Plan International Cambodia" in Siem Reap und besprachen mit der
Managerin, Frau Siv Senith, und allen an unserem Projekt beteiligten Plan-Mitarbeitern unseren
Einsatz.
Es wurde alles hervorragend vorbereitet, über 12.000 Kinder wurden nach unseren Anweisungen
gescreent und etwa 1.500 Kinder sollten in 7 Schulen in den nächsten 13 Arbeitstagen von uns
untersucht werden. Es wurde uns die Dolmetscherin Theary Kernick vorgestellt, eine
Kambodschanerin, die mehrere Jahre mit ihrem englischen Ehemann in Deutschland gelebt hatte.
Sie sollte uns in den Arbeitstagen begleiten und zur Seite stehen, um mit den Kindern in ihrer
Landessprache Khmer kommunizieren zu können. Sie war uns nicht nur beim Übersetzen eine
große, unentbehrliche Hilfe, sondern auch bei der Betreuung und Unterweisung der Kinder während
unseren Untersuchungen.
An einem Abend besuchten wir ein Konzert von Beatocello in der Kinderklinik in Siem Reap. Der
Schweizer Arzt Beat Richner führt diese neue Kinderklinik und eine weitere Kinderklinik in Phnom
Penh nach dem Grundsatz, dass jedes Kind auf dieser Erde das Recht auf eine optimale Diagnostik
und Therapie hat - auch die Kinder in der Dritten Welt.
So ist diese Kinderklinik nach westlichem Standard eingerichtet: mit Computertomographen,
modernem Labor und Blutbank. Mit Cello-Konzerten und Vorträgen sammelt er Spenden für dieses
große, bewundernswerte Projekt.
Schließlich besichtigten wir die Tempel von Angkor, ein unvergessliches und beeindruckendes
Erlebnis. Die zahlreichen Tempelbauten entstanden zwischen dem 9. und 14. Jahrhundert und
zeugen vom Höhepunkt der außerordentlichen Kunstfertigkeit der Khmer- Zivilisation. Angkor
gehört zu den herausragendsten architektonischen Meisterleistungen der Welt; seit 1992 zum
Weltkulturerbe der UNESCO.
Untersuchungsablauf:
In unserem achten Einsatzgebiet Kambodscha vollzog sich der Tagesablauf eines Arbeitstages
ähnlich wie in den anderen Ländern:
Frühmorgens fuhren wir mit unserer Dolmetscherin Theary in einem Kleinbus mit den beiden
Untersuchungskoffern und einer Brillengestelltasche von dem kleinen Hotel in Siem Reap zu dem
jeweiligen Untersuchungsort. An 7 verschiedenen Schulen etwa 30 - 60 km nördlich von Siem Reap
wurden uns 2 abgedunkelte Schulräume zur Verfügung gestellt.
Mitarbeiter von "Plan International" organisierten jeden Tag den Untersuchungsablauf und halfen
bei der Registrierung und Untersuchung. Unsere Dolmetscherin Theary übersetzte nicht nur perfekt
die einheimische Sprache Khmer in Deutsch, sondern verstand es auch hervorragend, den kleinen
Patienten die Angst und Scheu zu nehmen.
Die nach der Screening-Methode getesteten Kinder mit Auffälligkeiten der Augen oder
Sehproblemen erhielten nun gemäß einer Namensliste eine kleine DIN A 7 Karteikarte, mit ihrem
Namen, Alter und Geschlecht versehen, in die Hand und wurden zu unseren Untersuchungsräumen
geführt.
Mit Rücksicht auf die begrenzte Kapazität der Geräte-Akkus und unserer eigenen haben wir
morgens etwa 85, nachmittags weitere 50 Karteikarten ausgeteilt.
So konnten wir täglich zwischen 100 und 170 Kinder untersuchen (im Anschluss daran auch einige
Erwachsene) - im Tagesdurchschnitt etwa 122.
In dem ersten Raum führten meine langjährigen Arzthelferinnen Marion Waxmann und Heike
Seiberling die Voruntersuchungen durch. Um sprachliche Unstimmigkeiten zu vermeiden, wurde
das Kind zunächst mit dem E-Haken und E-Würfel vertraut gemacht. Daraufhin erfolgte die
Prüfung des Rohvisus mit dieser wortlosen Prüfmethode, was sich auch in Sri Lanka, Vietnam,
Togo, Nicaragua, Nepal, Philippinen und Paraguay bestens bewährt hatte.
Die objektive Refraktionsbestimmung wurde von meiner Helferin mit dem kleinen
Handrefraktometer Retinomax der Firma Nikon stromunabhängig und vollautomatisch in
Sekundenschnelle durchgeführt.
Mit diesem Gerät werden 8 Messungen pro Auge, die im Monitor zu beobachten sind,
vorgenommen und auf Tastendruck wird ein Durchschnittswert angezeigt, der in die Karteikarte
eingetragen wird. So konnten wir uns sehr schnell einen sicheren Überblick über die objektive
Refraktionsanomalie verschaffen. Natürlich muss man bei der Interpretation der Messungen die
akkommodative Komponente berücksichtigen, die eine Myopie vortäuschen kann. In Zweifelsfällen
wurde dann in Cycloplegie nachgemessen. Die Messungen waren dann meist identisch, besonders
was Ausmaß und Achsenlage bei Astigmatismus betraf.
Aus meiner Erfahrung von nunmehr über 19.000 objektiven Refraktionsmessungen mit diesem
Handgerät Retinomax bei Kindern und Erwachsenen in der Dritten Welt möchte ich behaupten, dass
dieses automatische Handrefraktometer einer üblichen Skiaskopie in Schnelligkeit und Präzision
überlegen ist.
So konnte unser Vorhaben, bei möglichst vielen Kindern in kurzer Zeit gröbere Fehlsichtigkeiten
aufzudecken, mit diesem Gerät erfolgreich verwirklicht werden.
Mit der Karteikarte mit eingetragenem Rohvisus und objektiver Refraktion kam das Kind in den
zweiten, abgedunkelten Raum zur augenärztlichen Hauptuntersuchung.
Hier inspizierte ich zunächst die vorderen Augenabschnitte im fokalen Taschenlampenlicht mit
Prisma und Lupe. Bei Besonderheiten (z.B. Hornhautnarben, Linsentrübungen) benutzte ich die
kleine batteriebetriebene Handspaltlampe aus Holland. Im Cover-Test wurde ein Strabismus
concomitans ausgeschlossen, im Motilitätstest ein Strabismus paralyticus.
Der zentrale Augenhintergrund wurde mit kleinem Ophthalmoskop und 20 dptr. Lupe indirekt
gespiegelt, im besonderen Fall direkt mit dem Heine-Augenspiegel, meist in Mydriasis.
Dabei hatte ich die Möglichkeit, die Refraktionsanomalie mit dem Dioptrienrad des Heinespiegels
zu überprüfen, so dass diese Werte in einigen Zweifelsfällen dreifach abgesichert waren. Die
Zweifelsfälle kamen dadurch zustande, dass einige Jugendliche unbedingt eine Brille haben wollten.
Nach dieser systematischen Augenuntersuchung führte ich dann im Bedarfsfall, also bei auffälligen
Werten in der objektiven Refraktionsbestimmung und bei schlechtem Rohvisus, einen subjektiven
Feinabgleich mit der Messbrille und dem kleinen Probierkasten durch.
Die so ermittelten Werte wurden zusammen mit dem Augenbefund von meiner Lebensgefährtin
Christine auf der Karteikarte niedergeschrieben; ein Brillenrezept wurde ausgestellt und das Kind
suchte sich selbst ein Brillengestell aus der Vielzahl der mitgebrachten Gestelle nach seinem
Geschmack aus. Brillengestell und Rezept wurden in einen Umschlag gesteckt, gesammelt und am
Ende dem Optiker in Phnom Penh zugeleitet, der die entsprechende Brille für das jeweilige Kind
fertigen sollte. Sein Honorar wird mit einem Teil der von "Kid's Eyes International" gesammelten
Spendengelder abgegolten.
Der andere Teil dieser Spendengelder wird für die Behandlungen und Operationen der in die
Augenklinik überwiesenen Kinder benötigt - insgesamt wurden 3.500,- Euro von uns an "Plan
International" übergeben.
Kinder mit akuten Entzündungen der vorderen Augenabschnitte wurden aus unserem
Medikamentenkoffer direkt mit Augentropfen und Augensalben versorgt. Andere Kinder mit
Katarakt, Ptosis, Strabismus, Phthisis und Tumoren wurden zur operativen Weiterbehandlung in die
Augenklinik nach Takeo überwiesen.
Am Ende der Untersuchung bekam jedes Kind eine Kapsel Vitamin A in die Hand, bzw. in den
Mund - eine prophylaktische Maßnahme zur Bekämpfung von Vitamin A Mangel und seinen
Folgen.
Die überwiegende Mehrzahl der Kinder war gut zu untersuchen. Die meisten waren neugierig und
gespannt, manche ängstlich.
Dank der engagierten Mitarbeit der Plan-Leute, unserer Dolmetscherin und der Lehrer verlief der
gesamte Untersuchungsvorgang reibungslos und ohne Leerlauf. Mittags wurde immer eine
einstündige Pause eingelegt, in der wir uns mit frischem Obst und die kambodschanischen Helfer
mit einer warmen Mahlzeit stärken konnten. Sehr gut war die Idee von "Plan International", den
untersuchten Kindern Brot und Trinkwasser auszuteilen.
Nachdem wir am späten Abend in unser kleines Hotel in Siem Reap zurückgekehrt waren, mussten
die Karteikarten noch durchgeschaut und geordnet und eine Tagesstatistik aufgestellt werden. Ohne
Administration geht es in der Dritten Welt auch nicht.
So war ein Arbeitstag recht anstrengend und lang und forderte von uns volle Konzentration und
gutes Durchhaltevermögen. Hohe Temperaturen in den Schulräumen, Staub und ein erhöhter
Geräuschpegel setzten uns ziemlich zu. Elektrizität oder fließendes Wasser gab es nicht. Die
Toiletten waren oft weiter entfernt und nicht gerade einladend.
Die am Ende unseres Einsatzes übrig gebliebenen Medikamente und Augentropfen spendeten wir
der Augenklinik Takeo. Die restlichen Brillengestelle übergaben wir dem Plan Büro in Siem Reap
zur weiteren Nutzung durch einen anderen Augenarzt, der in einem Jahr einen ähnlichen Einsatz
durchführen wird.
Die Zeit nach den Arbeitstagen
Nachdem unsere Untersuchungen nördlich von Siem Reap beendet waren - sie waren nicht nur
physisch, sondern auch psychisch sehr anstrengend, da wir ständig mit den Folgen der jüngsten
Schreckensgeschichte und der unglaublichen Armut konfrontiert waren - fuhren wir über Land nach
Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas, am Ufer des Mekong gelegen.
Dort besuchten wir das Hauptbüro von "Plan International Cambodia" und erstatteten dem Direktor
John McDonough einen vorläufigen Bericht über unsere Untersuchungen. Ein weiterer
Programmpunkt in Phnom Penh war die Besichtigung einer Augenklinik in Takeo, etwa 80 km
südlich der Hauptstadt. Sie wird finanziell und personell von der Christoffel Blindenmission
unterstützt. Wir konnten uns davon überzeugen, dass diese Klinik sehr gut ausgerüstet ist, über
moderne Geräte verfügt und der Operationssaal westlichem Standard entspricht. Wir waren froh,
hier in Takeo eine Augenklinik gesehen zu haben, in der die von uns zur Operation eingewiesenen
Kinder kompetent und verantwortungsvoll betreut werden. In Phnom Penh besuchten wir auch
einen von Plan ausgewählten Optiker, Herrn Ray Soeum Ny in seinem Geschäft und seiner
Werkstatt. Er ist Direktor der "Cambodian Optometry Association" und wird kostengünstig die
verschriebenen Brillengläser besorgen und in die von den Kindern ausgesuchten Brillengestelle
einarbeiten.
Nach der Besichtigung des Königspalastes und der Silberpagode fuhren wir zu dem Tuol- Sleng
Museum, eine Erinnerungsstätte an die Verbrechen der Roten Khmer, in einem ehemaligen
Schulgebäude. Wir sahen die Fotos von Männern, Frauen und Kindern, die später gefoltert und
ermordet wurden. Wir sahen die kleinen Zellen, in denen die Gefangenen angekettet waren. Wir
sahen Zeichnungen und Bilder von Folterszenen und waren entsetzt und erschüttert. Wir spürten die
Parallele zu dem Holocaust im Nazi Deutschland und waren tief betroffen, dass dies erst vor 25
Jahren geschah, ohne dass die Weltgemeinschaft einschritt. So verstanden wir die noch heute
bestehende Lähmung und Traumatisierung der Bevölkerung - muss doch fast jede Familie oft
mehrere Opfer beklagen.
Untersuchungsergebnisse:
Tabelle 1:
Zusammenfassung:
1. Arbeitstage: 13, vom 15.03. - 29.03.2004
2.
Untersuchungsorte:
Im Landesinneren im Norden Kambodschas,
nördlich und nordöstlich von Siem Reap an 7 verschiedenen Orten.
KINDER
Anzahl
3. Untersuchungen 1.372
4. Brillen
ERWACHSENE TOTAL
Anzahl
87% 209
13% 1.581
37
5. Überweisungen 14
6 Besonderheiten 52
7. Untersuchungen 42
in Cycloplegie
In der Vorbereitungsphase auf unseren Einsatz wurden von "Plan International Cambodia" über
12.000 Kinder nördlich von Siem Reap im Screeningverfahren getestet. Es wurden etwa 1.500
Kinder mit Sehschwächen und Augenproblemen gefunden, die unserer augenärztlichen
Untersuchung zugeführt werden mussten.
Dies dokumentiert, wie wichtig und notwendig solche Screeningverfahren sind, um Kinder ohne
Sehprobleme (etwa 90 %) von denen mit Auffälligkeiten (etwa 10 %) zu trennen. Denn nur diese
benötigen augenärztliche Hilfe. Dank dieser hervorragenden Vorarbeit konnten wir 1.372 Kinder
untersuchen und behandeln.
Wie Tabelle 1 zeigt, kamen nach den Kinderuntersuchungen auch 209 Erwachsene zu uns, sodass
sich eine Gesamtzahl von 1.581 Patienten summierte.
Neben der Anzahl der untersuchten Kinder und Erwachsenen werden in der Tabelle 1 die
Brillenverordnungen, die Überweisungen, Besonderheiten, sowie die Untersuchungen in
Cycloplegie erfasst.
Brillen:
Bei 1.372 untersuchten Kindern deckten wir bei 37 Kindern eine Refraktionsanomalie auf, die
durch Brillengläser ausgeglichen werden musste, da der Rohvisus unter 80 % lag.
Unter der Vorgabe, gröbere Sehfehler mit vermindertem Sehvermögen aufzudecken und zu
korrigieren, schien mir diese Grenzziehung gerechtfertigt - besonders in Hinblick auf die
finanziellen Möglichkeiten und visuellen Erfordernisse in diesem ländlichen Bereich.
Von den 37 Kindern waren 16 Kinder myop, davon 3 hochgradig. 17 Kinder waren hyperop, davon
4 höhergradig. 4 Kinder hatten einen mittelgradigen Astigmatismus myopicus. Von den
untersuchten Erwachsenen benötigte etwa die Hälfte eine Lesebrille. Wir hatten eine größere
Anzahl Lesebrillen mit verschiedenen Dioptrienwerten vorsorglich in unserem Brillenkoffer
mitgebracht, die so dankbare Abnehmer fanden.
Wie in den anderen Einsatzländern hatte ich auch in Kambodscha den Eindruck, dass die
Presbyopie schon ab dem 38. Lebensjahr beginnt, also 2 - 4 Jahre früher als bei uns.
Überweisungen:
Wie aus Tabelle 2 ersichtlich, musste ich 14 Kinder nach meiner augenärztlichen Untersuchung zur
weiteren Behandlung (also zur Operation) in die Augenklinik nach Takeo überweisen. 4 Kinder mit
Katarakt, teils angeboren, teils nach Verletzung müssen staroperiert, 2 Kinder wegen eines extremen
Strabismus schieloperiert werden.
Tabelle 2:
Überweisungen:
Insgesamt 14 Kinder
ÜBERWEISUNGSGRÜNDE:
1 Cataract-Operationen:
4
2. Ptosis - Operationen:
3
3. Strabismus-Operationen:
2
4. Enucleation:
2
5. Meningocele-Operation:
1
6. Verdacht auf Hirntumor (Tuberculom)
1
7. Entropium-Operation:
1
Zur Ptosis-Operation wurden 3 Kinder überwiesen. Das Oberlid des einen Auges hing seit Geburt
über die Hornhautmitte herab und ein Sehen auf dem betroffenen Auge war bisher nur durch
Hochheben des Oberlides mit dem Finger oder durch stärkere Kopfrückbeugung möglich.
Bei allen anderen Kindern mit leichter Ptosis konnte auf eine solche operative Maßnahme verzichtet
werden, da das Ausmaß der Ptosis nicht so gravierend war.
Bei 2 Kindern müssen die nach Verletzungen total erblindeten und geschrumpften Augen operativ
entfernt werden, um fortwährende Entzündungen mit der Gefahr einer sympathischen Ophthalmie
auszuschalten.
Ein Kind mit einer Meningocele und einem schmerzhaften Tränensackabszess wird in Takeo
operiert werden müssen, ebenso ein Kind mit einem Entropium des Unterlides, um die Gefahr einer
permanenten Hornhautulceration infolge der scheuernden Wimpern abzuwenden. Bei einem
weiteren Kind stellte ich eine Opticusatrophie beidseits mit einer deutlichen Sehverminderung auf
dem rechten Auge fest. Das Kind hatte ständige Fieberattacken und Kopfschmerzen, sodass hier
eine gründliche pädiatrische Untersuchung mit einem craniellen Computertomogramm zur
Abklärung eines tuberkulösen Geschehens mit Verdacht auf ein Tuberculom im Gehirn notwendig
war. In der Kinderklinik des Schweizer Kinderarztes Beat Richner (Beatocello) in Siem Reap ist
diese Diagnostik möglich.
Die Kosten der Operationen, die stationären Behandlungskosten und Transportkosten werden, wie
auch die Kosten der Brillenanfertigungen durch den Optiker in Phnom Penh, mit einem Betrag von
3.500,- Euro von dem Spendenkonto unseres Vereins "Kid's Eyes International" mitfinanziert.
In jedem Einzelfall musste sehr sorgfältig überlegt werden, inwieweit eine Operation sinnvoll und
erfolgversprechend ist. Auch die mangelnde Nachbehandlungsmöglichkeit ist ein
Problem. Dies wurde mit den Eltern besprochen und ihnen erklärt, dass die finanzielle Seite von uns
und von "Plan International Cambodia" abgedeckt wird.
Besonderheiten:
In Tabelle 3 sind die besonderen Fälle nach Diagnosen aufgelistet.
Tabelle 3:
Besonderheiten :
Insgesamt 52 Fälle
1. Hornhaut- Narben, -Ulcus
2. Cataract
27
5
3. Zustand nach Verletzungen
20
4. Phthisis, Enucleation, Prothese 7
5. Hochgradige Myopie
3
6. Hochgradige Hyperopie 4
7. Anomalien
21
8. Opticusatrophie, Secundärglaucom
2
9. Anophthalmus beidseits 1
10. Tapeto retinale Degeneration 1
11. Verdacht auf Hirntumor (Tuberculom)
1
Insgesamt zeigten 52 Kinder eine Auffälligkeit oder eine Augenveränderung, die in ihrem
Schweregrad erwähnenswert erschien und von einer Refraktionsanomalie, leichtem Strabismus,
Bindehautentzündung oder Pigmentveränderung der vorderen Augenabschnitte abzugrenzen war.
Unter den Besonderheiten sind auch Anomalien, Zustand nach Verletzungen oder auch hochgradige
Refraktionsanomalien zusammengefasst.
Hornhautnarben als Folge von schweren Entzündungen, Ulcera nach Masern oder Verletzungen
sind deutlich häufiger vertreten als Katarakte, die entweder angeboren waren oder durch
Verletzungen verursacht wurden.
20 Kinder hatten zum großen Teil eine schwere perforierende Verletzung oder eine Contusio bulbi
eines ihrer Augen durchgemacht. Als Folge blieben Hornhautnarben, Cataracta traumatica, Ablatio
retinae, Sekundärglaucom, Seclusio pupillae, und immer eine erhebliche Sehverminderung zurück.
Schlimmstenfalls erfolgte eine Schrumpfung des Augapfels (Phthisis) oder das verletzte Auge
wurde schon operativ entfernt.
Als Verletzungsursachen wurden Stock, Holzsplitter, Fingernagel, Dorn oder Sturz genannt.
Oftmals konnte die Verletzungsursache nicht genau angegeben werden.
Die operative Entfernung einer traumatischen Katarakt in Takeo wird voraussichtlich wieder einen
Teil der Sehkraft zurückbringen. Die Mehrzahl der verletzten Augen sowie der Anomalien und
anderer Besonderheiten waren jedoch einer sinnvollen Behandlung nicht mehr zugängig.
Allgemeinerkrankungen:
Neben den ophthalmologischen Besonderheiten haben wir einige Kinder mit
Allgemeinerkrankungen gesehen. So hatten 4 Kinder einen durch Milben verursachten eitrigen
Ausfluss aus den Ohren, den wir sofort behandelten. Bei anderen fanden wir einen Zustand nach
Rachitis, Rötelnembryoapathie und Hasenscharte. 8 der größeren Kinder waren taubstumm, einige
hatten einen Mundpilz. 3 Kinder zeigten deutliche Anzeichen einer Anämie, Tuberkuloseverdacht
wurde bei einem Kind erhoben. Zahnprobleme waren bei über der Hälfte der Kinder nicht zu
übersehen (Fehlstellungen und Verfärbungen der Zähne) und 20 % der Kinder waren kleinwüchsig
und mangelernährt.
Zwei Komponenten führen zur Mangelernährung:
1. eine zu geringe Nahrungszufuhr und
2. eine zu einseitige Ernährung.
Neben Reis werden in unserem Einsatzgebiet nur sehr selten andere wichtige Nahrungsmittel wie
Obst, Gemüse, Fleisch oder Fisch verzehrt, die dem Körper genügend Vitamine, Aufbau-, und
Mineralstoffe zuführen.
Bei einer Befragung von Schulkindern über ihre Mahlzeiten gaben alle 200 Befragten an, jeden Tag
Reis zu essen. Nur 5 % bekamen zusätzlich Gewürze, 2 % Gemüse oder Obst, kein Kind Fleisch
oder Fisch. So kommt es nicht nur zu Untergewicht und Minderwuchs, sondern auch zu erhöhter
Anfälligkeit für Krankheiten, die hier wegen mangelhafter medizinischer Versorgung tödlich enden
können.
Anomalien:
In Tabelle 4 werden die bei 21 Kindern diagnostizierten Anomalien aufgelistet.
Es sind angeborene, teils heriditär bedingte Augenveränderungen und Mißbildungen
Tabelle 4:
Anomalien:
Insgesamt 21 Fälle
1. Ptosis
4
2. Nystagmus
3
3. Papillenanomalien - Atrophien 3
4. Tapeto-retionale Degeneration 3
5. Meningocele
1
6. Maculopathie
1
7. Iris-Netzhautkolobom
1
8. Mikrophthalmus, Anophthalmus
7
9. Abducensparese 1
10. Dermoidcyste
1
Diese Anomalien sind zum größten Teil nicht reparabel und haben zu einer schweren
Sehbeeinträchtigung geführt. Hierzu zählen Nystagmus, Tapeto-retinale Degenerationen,
Meningocele, Maculopathie, Netzhautkolobom und Mikrophthlmus. Dagegen sind die angeborene
Ptosis, Abducensparese, Dermoidcyste und Papillenanomalien weniger ausschlaggebend für das
Sehvermögen und können zum Teil erfolgreich operiert werden.
Sehr tragisch und emotional belastend war der Anblick eines blinden Kindes, dem seit Geburt beide
Augäpfel fehlten.
Therapierefraktäre Fälle:
Unter "therapierefraktäre Fälle" sind all die Befunde und Diagnosen mit stark verminderter
Sehschärfe (einäugig oder beidäugig) zusammengefasst, bei denen eine Sehverbesserung nicht
erreicht werden kann - weder durch optische Korrekturen, noch durch Operationen oder durch
konservative Behandlungen. Dies bezog sich in Kambodscha auf 28 Kinder.
Hierzu gehören hauptsächlich die Folgezustände nach Augenverletzungen wie Hornhautnarben,
Cataracta traumatica, Contusio bulbi, Phthisis.
Keine Chance auf Sehverbesserung haben auch die Kinder mit Netzhautveränderungen,
Mikrophthalmus, angeborenem Nystagmus und Schielamblyopien.
Aus Mangel an Augenärzten gerade im Landesinneren ist eine adäquate Behandlung bei
Schielkindern nicht möglich, so dass die Amblyopie eines Auges unvermeidbar ist. Auch bei
Augenverletzungen und schweren Entzündungen der vorderen und hinteren Augenabschnitte ist
eine sofortige medizinische Versorgung nicht vorhanden, so dass der Verlust der Sehkraft des
betroffenen Auges schicksalhaft hingenommen werden muss.
Behandlungen:
Unter dem Abschnitt "Überweisungen" haben wir die Fälle geschildert, die wegen ihres
Schweregrades einer operativen oder stationären Behandlung zugeführt werden mussten.
Die Kinder mit Conjunctivitis, Blepharitis, Keratitis haben wir mit mitgebrachten Augentropfen aus
unserem Medikamentenkoffer versorgt.
Einem Mädchen mit einem sehr schlecht sitzenden Glasauge konnten wir mit unseren gesammelten
Augenprothesen, die leider meist eine blaue Iris haben, nach einigen Probeanpassungen zu einer
besser sitzenden Prothese verhelfen, worüber sie sehr glücklich war. Bei einem jungen Mann mit
einer chronischen Tränenwegsentzündung führten wir eine Tränenwegspülung mit Antibiotika
Augentropfen durch.
Eine junge Frau mit einer schweren akuten Dacryocystitis mit beginnender Phlegmone wurde zuvor
von einem sog. "Heiler" behandelt. Dieser habe etwas zerkaut und ins betroffene Auge gespuckt.
Zusätzlich zu ihrer schon schweren Entzündung kam also noch eine Verätzung des Auges hinzu. Ich
spülte und säuberte das Auge, verordnete Antibiotika Augentropfen und Antibiotika Tabletten. Aus
Mangel an kompetentem medizinischen Personal bleibt den Landbewohnern oft keine andere Wahl,
als aus Verzweiflung solche "traditionellen Heiler" aufzusuchen.
Auch hier in Kambodscha waren wir mit unseren mitgebrachten Medikamenten in der Lage,
praktisch sämtliche Augeninfektionen zu bekämpfen.
Blindheit:
Blind sind nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO diejenigen Kinder, die
weniger als 3/60 (5 %) auf dem besseren Auge sehen.
Unter den 1.372 untersuchten Kindern im Landesinneren von Kambodscha fanden wir
3 Kinder, die nach der obigen Definition blind waren.
Ursachen der Erblindung:
1. Iris- und Netzhautkolobom rechts und Microphthalmus links
2. Beidseitige Tapeto-retinale Degeneration mit juveniler
Maculadegeneration
3. Anophthalmus beidseits
Bezogen auf die Gesamtzahl der im Screening untersuchten 12.000 Kinder lag die
Erblindungsinzidenz von 0,02 % in Kambodscha unter der von der WHO für die Kinder der Dritten
Welt errechneten Erblindungsrate (0,08 %). Im Vergleich dazu fanden wir in Afrika (Togo) 22
erblindete Kinder (0,4 %).
Weltweit sind insgesamt 1,5 Millionen Kinder erblindet. 90 % von ihnen leben in den
Entwicklungsländern Asiens und Afrikas. Jedes Jahr erblinden circa 500.000 Kinder neu - jede
Minute erblindet ein Kind.
Untersuchungen in Cycloplegie:
In Cycloplegie - d.h., unter Weitstellung der Pupillen mit Cyclopentolat AT, Mydriaticum AT und
Neosynephrin 10 % AT wurden 42 Kinder = 3 % untersucht.
Dies erfolgte immer dann, wenn der Rohvisus, die objektive und subjektive
Refraktionsbestimmung, kein befriedigendes oder gar zweifelhaftes Ergebnis lieferten oder
Besonderheiten vorlagen.
Hier ging es also um Visusabklärung und genaue Diagnosefindung. Wegen der starken
Irispigmentierung dauerte es trotz mehrmaliger Applikation der oben genannten Augentropfen oft
über 1 Stunde, bis die Pupillen erweitert waren.
Zusammenstellung der Befunde:
In Tabelle 5 werden die Befunde aufgelistet, die neben den schon geschilderten Besonderheiten
auffällig waren, wie Refraktionsanomalien, Strabismen, Entzündungen und Veränderungen der
vorderen Augenabschnitte und Veränderungen der Linse und der Netzhaut.
Tabelle 5:
Zusammenstellung:
Befunde bei 1.372 Kindern nach Screening
Anzahl
1. Myopie
16
2. Hyperopie 17
3. Astigmatismus >1,0 dptr. 4
4. Amblyopie-Anisometropie
18
5. Strabismus convergens-Esophorie
20
6. Strabismus divergens-Exophorie 19
7. Schielamblyopie
10
8. Conjunctivitis-Blepharitis 46
9. Vitamin A Mangel
223
10. Veränderungen der vorderen Augenabschnitte, Lider, Hornhautnarben
BH –Naevi,
56
11. Veränderungen der Linse 5
12. Veränderungen des Fundus
11
Unter den Brechungsfehlern waren die Myopie und die Hyperopie etwa gleich häufig vertreten. Der
Astigmatismus über 1 dptr. musste nur bei 4 Kindern mit Brille ausgeglichen werden. 28 Kinder
hatten auf einem Auge eine deutliche Sehschwäche, teils infolge einer Anisometropie (18), teils
aufgrund des Schielens (10 Kinder). Der Strabismus convergens und die Esophorie waren genauso
häufig wie Strabismus divergens und Exophorie, insgesamt 39 Schulkinder, von denen 2 wegen
extremer Schielstellung operiert werden.
Bei 46 Kindern fanden wir Reizungen und Entzündungen der Lidränder und der Bindehaut. Hier
konnten wir mit unseren mitgebrachten Augentropfen wirksam helfen.
Wenn man die Umweltbedingungen betrachtet, in denen die Kinder aufwachsen (kaum sauberes
fließendes Wasser zum Waschen, viel Staub und Schmutz, Hitze und Sonneneinstrahlung) kann
man sich nur wundern, dass nicht noch mehr Kinder Augenprobleme aufwiesen.
Veränderungen der vorderen Augenabschnitte, wie vor allem die Hornhautnarben, aber auch
Bindehautnaevi und Skleraatrophien, Veränderungen der Linse wie der angeborene oder die
traumatische Katarakt und die Veränderungen des Fundus wurden schon zum größten Teil unter
dem Abschnitt "Besonderheiten" beschrieben und bei insgesamt 72 Kindern registriert.
Typische ophthalmologische Tropenerkrankungen wie Trachom, Onchozerkose oder Xerophtalmie
konnten wir nicht finden. Dagegen gaben viele Kinder eine Nachtblindheit an und einige Kinder
hatten eine trockene Bindehaut als Folge eines Vitamin A Defizits.
Vitamin A Prophylaxe:
Am Ende der augenärztlichen Untersuchung haben wir jedem Kind prophylaktisch eine Vitamin A
Kapsel (200.000 I. E.), gegeben in der Absicht , damit einen weiteren Beitrag zur Bekämpfung des
Vitamin A Mangels und dessen Folgen für die Augen zu leisten. Dies geschah in Abstimmung mit
der Organisation "Sight and Life", die uns auch diese Vit. A Kapseln kostenlos zur Verfügung
stellte.
Vitamin A Mangel ist in Kambodscha ein Problem. Mangelernährung und besonders die einseitige
Ernährung der verarmten Landesbevölkerung führen zu Vitamin A Defiziten. Das erste Symptom
bei Kindern ist die Nachtblindheit. Jedes einzelne Kind wurde bei unserer Untersuchung gefragt, ob
es früher oder auch jetzt noch starke Sehprobleme in der Dunkelheit hätte. 223 Kinder (jedes 6.
Kind) bejahten dies. Wie unsere Dolmetscherin Theary erklärte, war dies in ihrer Kindheit vor etwa
20 - 25 Jahren ein sehr häufiges Phänomen. Das Kind musste 2 - 3 Tage Geflügelleber essen und die
Nachtblindheit besserte sich schnell. So wurde der Begriff "Hähnchenblindheit" geprägt.
Vitamin A Mangel ist ein weltweites Problem. In den Entwicklungsländern besteht bei 200 bis 300
Millionen Kindern das Risiko einer Vitamin A Unterversorgung. Von ihnen erblinden jährlich etwa
500.000 und die meisten (ca. 70 %) sterben innerhalb eines Jahres.
Bei Vitamin A Mangel treten, je nach Schweregrad, Schäden an den Augen auf wie Nachtblindheit,
Xerosis conjunctivae bis hin zur Hornhautxerosis und zur Keratomalazie. Weiterhin ist Vitamin A
unentbehrlich für ein normales Wachstum, die Zelldifferenzierung, gesunde Epithelien, für ein gutes
Immunsystem, die Blutbildung, Fortpflanzung und Embryonalentwicklung.
Die Vitamin A-Vorstufen sind in grünem Blattgemüse und in gelben und orangefarbenen Gemüsen
und Früchten enthalten, ebenso in Butter, Fisch, Leber und Lebertran.
Eine Vit. A Kapsel mit 200.000 I.E. hält etwa ein halbes Jahr vor.
Zusammenfassung und Diskussion:
Während unseres 3wöchigen Einsatzes in Kambodscha im März 2004 haben wir 1.372 Kinder und
209 Erwachsene - also insgesamt 1.581 Menschen der verarmten Landesbevölkerung augenärztlich
untersucht und behandelt. Diese Untersuchungen fanden unter der hervorragenden Organisation und
Mithilfe von "Plan International Cambodia" im Landesinneren nördlich von Siem Reap in
Nordkambodscha statt.
Nach der Screening - Methode wurden zuvor 12.000 Kinder im Alter von 4 bis 18 Jahren auf
Sehprobleme und Auffälligkeiten der Augen hin getestet. Diese hohe Anzahl kam dank der
engagierten Mitarbeit der Schulen, Gesundheitsbehörde, Plan-Mitarbeiter zustande, die an allen
Schulen in diesem ländlichen, abgelegenen Gebiet die von uns angeregte ScreeningVoruntersuchung durchführten.
So wurde unser Einsatz umso effektiver, da eine sehr große Anzahl von Kindern in kurzer Zeit auf
ihre Augen hin untersucht werden konnten.
Von diesen so ausgewählten Kindern mit Augenproblemen untersuchten wir in 7 verschiedenen
Schulen im Tagesdurchschnitt 122 Patienten auf Refraktionsanomalien, Augenentzündungen und
Augenveränderungen.
37 Kinderbrillen wurden wegen größerer Refraktionsanomalien verordnet. Über 100 Lesebrillen aus
unserem Brillenkoffer wurden von den presbyopen Erwachsenen dankend angenommen.
14 Überweisungen in die Augenklinik Takeo, die von der Christoffel-Blindenmission unterstützt
wird, musste ich zur Katarakt-, Strabismus-, Ptosis-Operation ausstellen. Bei weiteren Kindern
waren Enucleationen-, Entropium- und Meningocele-Operationen angezeigt.
Eine größere Anzahl von Besonderheiten (52) mussten wir bei den untersuchten Kindern
diagnostizieren: Hornhautnarben, Katarakte, Zustand nach Verletzungen und Phthisis, hochgradige
Brechungsfehler und 21 Anomalien wie Ptosis, Nystagmus, Tapeto-retinale Degnerationen,
Mikrophthalmus , Anophthalmus und Papillenanomalie.
Eine Vielzahl von Augenverletzungen (20 Fälle) wurden durch allerlei Gegenstände hervorgerufen:
Holzsplitter, Dorn, Stock, Fingernagel. Die Mehrzahl dieser Verletzungen sind zusammen mit
anderen schweren Augenveränderungen wie Hornhautnarben, Phthisis, Mikrophthalmus,
Amblyopien und viele der Anomalien als Therapie-refraktäre Fälle , einer sinnvollen Behandlung
und damit Besserung nicht mehr zugängig
Wir konnten unter den 1.372 untersuchten Kindern 3 Kinder herausfinden, die im Sinne der WHO
Definition blind waren.
Typische tropenophthalmologische Erkrankungen wie Trachom, Onchozerkose fanden wir nicht allerdings gaben etwa 16 % der Kinder an, nachtblind zu sein, bzw. nachtblind gewesen zu sein; ein
untrügliches Zeichen eines Vitamin A Mangels. Dieser Vitamin A Mangel ist zurückzuführen auf
eine Mangelernährung und eine zu einseitige Ernährung (nur Reismahlzeiten). Über 20 % der
Kinder waren unterernährt, kleinwüchsig und mit nicht altersentsprechendem Körperbau. So
konnten wir mit der Abgabe einer Vitamin A Kapsel mit 200.000 I.E. an jedes untersuchte Kind die
Risiken einer Vitamin A - Unterversorgung für mehrere Monate abdecken.
Akute Augenentzündungen (Blepharitis, Conjunctivitis, Dacryocystitis, Hordeola) konnten wir mit
unseren mitgebrachten Augentropfen und Antibiotika direkt behandeln.
Obwohl die hygienischen und sanitären Verhältnisse und auch die medizinische und nutritive
Versorgung in den abgelegenen Dörfern als mangelhaft zu bezeichnen sind, waren wir froh, dass
wir im Verhältnis zu der hohen Zahl von gescreenten und von uns untersuchten Kindern nicht noch
mehr Kinder mit schweren Augenproblemen sehen mussten.
Wir waren sogar erstaunt und überrascht, dass wir hier in Kambodscha im Vergleich zu unseren
Einsätzen in den anderen Dritte-Welt-Ländern nur eine mäßige Anzahl von Brechungsfehlern und
Besonderheiten finden konnten Eine ähnliche Situation trafen wir 1999 in Nordvietnam an. Die
Bevölkerung beider Länder hat schwere Kriege, Bombardierungen und jahrelange Leiden und
Mangelernährungen hinter sich. Nur die starken, gesunden und nicht gengeschädigten Menschen
konnten diese Schreckenszeiten überleben. Ebenso hatten Kinder mit Defekten, Missbildungen oder
schlechter Konstitution keine Überlebenschance. Heute noch erleben etwa 14 % der Kleinkinder in
Kambodscha ihren fünften Geburtstag nicht. Dies erklärt vielleicht, warum stärkere
Brechungsfehler, hochgradige Myopien und Kinder mit schweren genetisch bedingten
Augenanomalien relativ selten sind. Weiterhin dürfte im Vergleich zu den Industriestaaten, in denen
der Brillenanteil bei Kindern und Jugendlichen das 10fache beträgt, gerade bei der Kurzsichtigkeit
neben den genetischen Faktoren die Tatsache eine wesentliche Rolle spielen, dass die Kinder in den
abgelegenen Landesteilen Kambodschas ihre Augen nicht bei künstlichem Licht weder im
Nahbereich (Game-Boy-Spiele, Computer usw.), noch im mittleren Fernbereich (Fernseher,
Videospiele) überbeanspruchen, sondern bei Tageslicht in der freien Natur spielen.
Wir konnten beobachten, dass die Häufigkeit von Brillenverordnungen zunahm, sobald wir uns
einer Stadt näherten. Zivilisation und Wohlstand als Schrittmacher von Brechnungsfehlern der
Augen? Offensichtlich besteht ein naturgegebenes Paradoxon: je größer die Armut, desto weniger
Sehprobleme, desto bessere Augen.
Nach unseren Untersuchungen und den Screeningtests bei über 12.000 Kindern können wir positiv
feststellen, dass die überwiegende Mehrheit der Kinder gute Augen hat.
Allerdings liegt der Anteil der Augenverletzungen mit ihren Spätfolgen im Vergleich zu den
Refraktionsanomalien relativ hoch. Durch eine verbesserte augenärztliche Versorgung der
Landesbevölkerung wäre ein großer Teil der verletzten Augen zu retten gewesen.
Wenn eine Behandlung zu spät oder nur provisorisch vorgenommen wird, ist bei dem betroffenen
Kinderauge mit lebenslanger, irreversibler Schwachsichtigkeit zu rechnen. Gutes Sehvermögen ist
jedoch Voraussetzung für die Entwicklung einer visuellen Intelligenz. Kann diese nicht ausgebildet
werden, sind Störungen der geistigen Entwicklung und der Persönlichkeitsentwicklung zu
befürchten.
Wie in allen Entwicklungsländern mit hoher Armut konzentrieren sich die vorhandenen Augenärzte
allein auf die Großstädte, das Landesinnere wird total vernachlässigt.
Flankierend zu den bestehenden Präventions- und Gesundheitsprogrammen müssten auch intensive
Maßnahmen ergriffen werden, um den Mangel an Ärzten, Augenärzten und medizinischen
Einrichtungen und Personal auf dem Lande zu bekämpfen.
Kambodscha ist extrem arm und auf die Hilfe von außen angewiesen. So versuchen über 1.230
Hilfsorganisationen (NGO's) beim Aufbau der Infrastrukturen und des Gesundheits- und
Schulwesens zu helfen. "Plan International Cambodia" ist in diese Hilfe eingebunden und führt
konsequent und erfolgreich ihre Hilfsprojekte bei den Kindern der verarmten Landesbevölkerung
durch.
Unser Einsatz in Kambodscha hat gezeigt, wie notwendig und effektiv solche Kurzeinsätze sind gerade in den Gebieten, die augenärztlich gänzlich unterversorgt sind.
Darüber hinaus wurde den Gesundheitsbehörden, Schulen und Lehrern demonstriert, wie wichtig
und einfach durchführbar ein Augenscreening der Kinder ist.
In dem folgenden Anhang habe ich nochmals die Bedeutung und die Durchführung eines ScreeningTests dargelegt, der die erste Stufe einer präventiven Augenuntersuchung darstellt und die
Möglichkeit bietet, alle Kinder des Landes auf ihr Sehtüchtigkeit hin zu überprüfen und
gegebenenfalls rechtzeitig geeignete Maßnahmen zur Behandlung von Augenerkrankungen und
Refraktionsanomalien einzuleiten, um diesen Kindern eine bessere Zukunftsperspektive zu geben.
Voller Freude haben wir jetzt die Mitteilung erhalten, dass in unserem letzten Einsatzgebiet
Paraguay die Augenuntersuchungen bei Kindern auch in anderen Bezirken in unserem Sinne
fortgeführt und sogar finanziell unterstützt werden.
Jede Minute erblindet ein Kind auf dieser Erde, vor allem in den Ländern der Dritten Welt.
In der Kampagne der WHO "Vision 2020" wird das Recht auf Sehen postuliert und weltweit das
wachsende Problem von Erblindung und Sehbeeinträchtigung - auch bei Kindern - in Angriff
genommen.
In unserem Einsatz in Kambodscha haben wir im Rahmen unserer Möglichkeiten zusammen mit
dem Kinderhilfswerk "Plan International" an der Verwirklichung dieser Vision teilgenommen.
SCREENING
A. Aufgabe der Screening–Untersuchung
In dem Screening Test sollen diejenigen Kinder aus einer Schulklasse oder Gruppe herausgefunden
werden, die Probleme mit den Augen haben.
Durch einen einfachen Sehtest, der von Lehrern oder medizinischem Hilfspersonal durchgeführt
werden kann, werden die Kinder in 2 Gruppen unterteilt:
1. Gruppe:
Kinder, die die Sehzeichen gut lesen können und keine Auffälligkeiten oder Entzündungen der
Augen aufweisen
•
diese Kinder haben gute Augen und müssen nicht weiter untersucht werden.
= keine Augenarztuntersuchung
2. Gruppe:
Kinder, die die Sehzeichen nicht oder schlecht lesen können oder Auffälligkeiten, Veränderungen ,
Entzündungen oder Schmerzen der Augen aufweisen.
•
diese Kinder werden notiert und der augenärztlichen Untersuchung zugeführt.
= Augenarztuntersuchung
B. Der beste Zeitpunkt des Screening-Test wäre ein paar Wochen vor der Ankunft des
Augenarztteams - spielerisch während einer Unterrichtsstunde.
C. Als Material benötigt man eine Sehprobentafel mit Zahlen oder Buchstaben oder
E-Haken ( und eine E-Haken-Schablone)
D. Durchführung des Screenings
•
1.Kinder mit Roten Augen, Entzündungen, Auffälligkeiten, Lidveränderungen = ohne
Zahlenlesen in Gruppe 2 = Augenarzt.
•
2. Alle anderen Kinder sollen die Zahlen der Sehprobentafel lesen -Kinder unter 7 Jahren die
E-Haken mit E-Schablone nachzeigen.
•
3. Das Kind steht in 5 m Abstand vor der Sehtafel, hält zuerst das linke Auge mit der
Hohlhand zu und liest mit dem rechten Auge die Zahlen und dann umgekehrt mit dem linken
Auge.
•
4. Das Kind soll mit einem Auge die Zahlen von oben nach unten, Zeile für Zeile, pro Zeile
mindestens 2 Zahlen lesen.
•
5. Werden Zahlen der 2 untersten Reihe mit jedem Auge gelesen, so sieht das Kind
ausreichend gut = Gruppe 1 = Keine Augenarztuntersuchung.
•
6. Wird etwa auf dem anderen Auge nur die oberen 3 Zeilen gelesen, hat das Kind
Sehprobleme = Gruppe 2 = Augenarztuntersuchung
E. Durch diesen Screening-Test können insgesamt 10.000 - 12.000 Kinder auf ihre Augen
getestet werden, von denen erfahrungsgemäß 15 % = etwa 1.500 Kinder (ca. 130 Kinder pro
Tag) vom Augenarzt untersucht und behandelt werden müssen.
Literaturhinweise:
1. WHO
Global Initiative for the Elimination of Avoilable
Blindness
2. Plan International Länderinfo Kambodscha
3. Sight and life
Vitamin A für die Kinder dieser Welt
4. M. Sachsenweger Taschenbuch der Augenheilkunde in den Tropen
(G. Fischer-Verlag Stuttgart 1991)
5. Christoffel-Blindenmission
Lichtblicke 2/2000
6. Christoffel Blindenmission
Vision 2020 - The Right to Sight
7. H. J. Trojan
Blindheit im Kindesalter
(Global Vision 3/99)
8. Nick Ray
Kambodscha (Stefan Loose Verlag)
9. H. J. Troja Zur Epidemiolgie der Erblindung im Kindersalter
(der Augenspiegel 2/02)
10. Unicef
Bericht zur Situation der Kinder in der Welt 2003
11. H. J. Trojan
Vitamin A (Retinol) und seine Bedeutung für das Auge
(der Augenspiegel 9/01)
Danksagung:
Besonders bedanken möchte ich mich für die aktive Mithilfe bei meiner Lebensgefährtin Christine
Bossler und meinen beiden Arzthelferinnen Marion Waxmann und Heike Seiberling, ebenso bei
"Plan International Deutschland", Frau M. Raven und Frau H. Schleinzer, bei allen Mitarbeitern von
"Plan International Cambodia", besonders dem Direktor John Mc Donough, und bei unserer
Dolmetscherin Theary Kernick.
Anschrift des Vereins:
Kids`eyes international e. V.
Augenarztpraxis Dr. Fischbach
Poststraße 10
56841 Traben – Trarbach
( 06541 / 6010
Fax: 06541 / 2692
E-Mail:
[email protected]
Website :
www.kids-eyes-international.de
Spendenkonto: Raiffeisenbank Bernkastel-Wittlich
Konto-Nr. 586 0000
BLZ 587 609 54

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