17281/09 bhw/MT/hü 1 DG E V RAT DER EUROPÄISCHEN UNION

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17281/09 bhw/MT/hü 1 DG E V RAT DER EUROPÄISCHEN UNION
RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION
Brüssel, den 8. Dezember 2009 (09.12)
(OR. en)
17281/09
COMEP 38
PESC 1706
VERMERK
Betr.:
Tagung des Rates "Auswärtige Angelegenheiten" vom 8. Dezember 2009
– Schlussfolgerungen des Rates zum Nahost-Friedensprozess
Der Rat "Auswärtige Angelegenheiten" hat auf seiner Tagung vom 8. Dezember 2009 die
beiliegenden Schlussfolgerungen zum Nahost-Friedensprozess angenommen.
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ANLAGE
Schlussfolgerungen des Rates zum Nahost-Friedensprozess
(Tagung des Rates "Auswärtige Angelegenheiten" vom 8. Dezember 2009)
1.
Der Rat der Europäischen Union ist tief besorgt über den Mangel an Fortschritten im NahostFriedensprozess. Die Europäische Union ruft die Parteien zu einer unverzüglichen Wiederaufnahme der Verhandlungen auf, die innerhalb eines vereinbarten Zeitrahmens zu einer
Zweistaatenlösung mit dem Staat Israel und einem unabhängigen, demokratischen, zusammenhängenden und lebensfähigen Staat Palästina führen müssen, der Seite an Seite mit Israel
in Frieden und Sicherheit lebt. Ein umfassender Frieden, der im grundlegenden Interesse der
Parteien in der Region und der EU liegt, muss auf der Grundlage der einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrates, des Rahmens von Madrid einschließlich des Grundsatzes
"Land gegen Frieden", des Nahost-Fahrplans, der bislang von den Parteien getroffenen
Vereinbarungen und der arabischen Friedensinitiative erzielt werden.
2.
Der Rat bekräftigt seine Unterstützung für die Bemühungen der Vereinigten Staaten um die
Wiederaufnahme der Verhandlungen über den endgültigen Status und alle damit zusammenhängenden Fragen – Grenzen, Jerusalem, Flüchtlinge, Sicherheit und Wasser – unter Einhaltung früherer Abkommen und Vereinbarungen. Die Europäische Union wird keine Änderungen der vor 1967 bestehenden Grenzen auch hinsichtlich Jerusalems anerkennen, die nicht
zwischen beiden Seiten vereinbart worden sind. Der Rat erklärt erneut, dass die EU bereit ist,
nach Beendigung des Konflikts substanziell an Regelungen mitzuwirken, die die Tragfähigkeit der Friedensvereinbarungen gewährleisten; er wird seine Arbeit in Bezug auf die Beiträge
der EU in den Bereichen Staatsaufbau, regionale Angelegenheiten, Flüchtlinge, Sicherheit
und Jerusalem fortsetzen. Er betont, dass ein verstärktes Engagement des Nahost-Quartetts
erforderlich ist und dass er einem aktiven Beitrag der arabischen Seite, der sich auf die
arabische Friedensinitiative stützt, große Bedeutung beimisst.
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3.
Die EU ist bereit, ihre bilateralen Beziehungen zur Palästinensischen Behörde, die im beiderseitigen Interesse liegen, auch im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik weiter
auszubauen. Unter Hinweis auf die Berliner Erklärung bekräftigt der Rat ferner, dass er Verhandlungen, die zu einem eigenen palästinensischen Staat führen, und alle diesbezüglichen
Bemühungen und Schritte unterstützt und dass er bereit ist, einen palästinensischen Staat
gegebenenfalls anzuerkennen. Er wird den Aufbau eines palästinensischen Staates weiterhin
unterstützen, auch im Rahmen seiner GSVP-Missionen und des Nahost-Quartetts. Die EU
unterstützt uneingeschränkt die Umsetzung des Plans der Palästinensischen Behörde zur
Beendigung der Besetzung und zur Staatsgründung ("Palestine, Ending the Occupation,
Establishing the State") als wichtigen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels und wird sich für
eine breite internationale Unterstützung für diesen Plan einsetzen.
4.
Der Rat erinnert an den Standpunkt, den die EU auf der Tagung des Assoziationsrates im
Juni 2009 zum Ausdruck gebracht hat, und bekräftigt seine Bereitschaft, die bilateralen
Beziehungen zu Israel im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik weiter auszubauen. Die EU erklärt erneut, dass sie für die Sicherheit Israels und die vollständige Integration des Landes in die Region eintritt; dies lässt sich am besten durch einen Frieden zwischen
Israel und seinen Nachbarn erreichen.
5.
Der Rat ruft zu weiteren konkreten vertrauensbildenden Maßnahmen auf; er begrüßt in diesem Zusammenhang den jüngsten Beschluss der Regierung Israels, den Ausbau der Siedlungen teilweise und vorübergehend einzustellen, als einen ersten Schritt in die richtige
Richtung und hofft, dass er zur Wiederaufnahme substanzieller Verhandlungen beitragen
wird.
6.
Die Entwicklungen vor Ort spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, den Rahmen für erfolgreiche Verhandlungen zu schaffen. Der Rat bekräftigt, dass Siedlungen und die
Trennmauer auf besetztem Land sowie Zerstörungen von Häusern und Zwangsräumungen
gegen das Völkerrecht verstoßen, ein Friedenshindernis darstellen und eine Zweistaatenlösung unmöglich machen könnten. Er fordert die Regierung Israels nachdrücklich auf, die
Siedlungsaktivitäten in Ostjerusalem und im übrigen Westjordanland wie auch die natürliche
Ausdehnung der Siedlungen umgehend zu unterbinden und alle seit März 2001 errichteten
Außenposten aufzulösen.
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7.
Die EU begrüßt die Maßnahmen, die Israel zur Lockerung der Beschränkungen der Bewegungsfreiheit im Westjordanland ergriffen hat und die zum Wirtschaftswachstum beigetragen
haben. Der Rat ruft zu weiteren und kontinuierlichen Verbesserungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit und den Zugang auf und stellt fest, dass zahlreiche Kontrollpunkte und Straßensperren fortbestehen. Ferner appelliert er an die Palästinensische Behörde, ihre Bemühungen
zur Verbesserung der öffentlichen Ordnung fortzusetzen.
8.
Der Rat ist tief besorgt über die Lage in Ostjerusalem. Vor dem Hintergrund der jüngsten
Zwischenfälle appelliert er an alle Parteien, auf Provokationen zu verzichten. Er weist darauf
hin, dass er die Annexion Ostjerusalems zu keinem Zeitpunkt anerkannt hat. Um echten Frieden zu schaffen, muss im Wege von Verhandlungen eine Lösung für den Status Jerusalems
als künftiger Hauptstadt zweier Staaten gefunden werden. Der Rat ruft dazu auf, palästinensische Institutionen in Ostjerusalem – wie im Fahrplan vorgesehen – wieder zu öffnen. Ferner
ruft er die israelische Regierung auf, jedwede diskriminierende Behandlung von Palästinensern in Ostjerusalem einzustellen.
9.
Tief besorgt über die Lage im Gazastreifen, fordert der Rat nachdrücklich die umfassende
Umsetzung der Resolution 1860 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und die uneingeschränkte Achtung des humanitären Völkerrechts. In diesem Zusammenhang ist die Fortsetzung der Abschottungspolitik inakzeptabel und politisch kontraproduktiv. Sie hat die Privatwirtschaft ruiniert und die natürliche Umwelt geschädigt, insbesondere das Wasser und
andere natürliche Ressourcen. Die EU wiederholt erneut ihre Forderung nach einer unverzüglichen, dauerhaften und bedingungslosen Öffnung der Grenzübergänge von und nach Gaza für
humanitäre Hilfslieferungen sowie für den Waren- und Personenverkehr. In diesem Zusammenhang fordert der Rat die uneingeschränkte Umsetzung des Abkommens über die Bewegungsfreiheit und den Zugang. Während Extremisten von der derzeitigen Situation profitieren, leidet die Zivilbevölkerung, von der die Hälfte jünger als 18 Jahre ist. Der Rat, der die
legitimen Sicherheitserfordernisse Israels uneingeschränkt anerkennt, ruft weiterhin zu einem
vollständigen Ende aller Gewalt und des Waffenschmuggels in den Gazastreifen auf. Der Rat
appelliert an jene, die den entführten israelischen Armeeangehörigen Gilad Shalit gefangen
halten, diesen unverzüglich freizulassen.
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10.
Der Rat ruft alle Palästinenser auf, die Aussöhnung unter Führung von Präsident
Mahmoud Abbas und die Vermittlungsbemühungen Ägyptens und der Arabischen Liga zu
unterstützen und eine dauerhafte Teilung zwischen dem Westjordanland einschließlich Ostjerusalem und dem Gazastreifen zu verhindern. Der Rat würde die Abhaltung freier und fairer
Wahlen in den palästinensischen Gebieten begrüßen, sobald die Rahmenbedingungen dies
zulassen.
11.
Ein umfassender Frieden muss eine Einigung zwischen Israel und Syrien sowie zwischen
Israel und Libanon beinhalten. Im Hinblick auf die syrische Schiene begrüßt die EU die
jüngsten Erklärungen Israels und Syriens, in denen beide Seiten ihren Willen bekunden, Fortschritte in Richtung auf eine friedliche Beilegung ihrer Differenzen zu machen, und unterstützt alle Bemühungen um eine Wiederbelebung der Gespräche zwischen den beiden
Ländern.
12.
Die EU bekräftigt, dass eine umfassende Beilegung des arabisch-israelischen Konflikts eine
regionale Strategie erfordert, und wird ihr diesbezügliches Engagement im Einklang mit den
Schlussfolgerungen des Rates vom Juni 2009 unter Einsatz aller ihr zur Verfügung stehenden
Instrumente fortsetzen. Ferner ruft die EU alle regionalen Akteure zu vertrauensbildenden
Maßnahmen auf, damit gegenseitiges Vertrauen entstehen kann, und appelliert an die
arabischen Staaten, politisches und finanzielles Entgegenkommen zu zeigen und die Palästinensische Behörde und die palästinensischen Flüchtlinge über das Hilfswerk der Vereinten
Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) zu unterstützen.
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