SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst Land
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SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst Land
SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst Land unter in Itaipu – Die ökologischen und sozialen Folgen des brasilianischparaguayischen Wasserkraftwerks Autorin: Gudrun Fischer Redaktion: Detlef Clas Regie: Carola Preuß Sendung: Montag, 4. Oktober 2010, 8.30 Uhr, SWR 2 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen/Aula (Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr) sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-6030 Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. 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Mas muitos bichos morreram, muitos, nem todo foi conseguido coletar. Nesta enchente houve a caça predatória. Übersetzer Wir fingen die Tiere ein, die vor dem Wasser flohen. Die Kraftwerksleitung Itaipu rief auf beiden Seiten des Sees während der Flutung nach Hilfe. Sie nannten das Projekt Mambaqueira, „unsere Tiere“. Freiwillige, die Feuerwehr, die Polizei, die Marine, alle halfen. Alle Tiere, auch die kleinen Spinnen und Schlangen, flüchteten vor dem Wasser und kletterten auf die Bäume. 40 Tage dauerte die Flutung, sie nannten es die große Flut. Viele, viele Tiere starben, wir konnten nicht alle retten. [Das war auch der Moment, wo Wilderer leichte Beute hatten.] Ansage: Land unter in Itaipu – Die ökologischen und sozialen Folgen des brasilianischparaguayischen Wasserkraftwerks Eine Sendung von Gudrun Fischer Sprecherin Der freie Journalist Francisco Amarilla sitzt in einer Bar in der brasilianischen Grenzstadt Foz do Iguaçu. Er beobachtet seit über 30 Jahren die ökologischen und sozialen Folgen des Itaipu-Wasserkraftwerks. Es ist eines der größten der Welt und staut den Fluss Paraná zwischen Brasilien und Paraguay auf 170 Kilometern Länge. Nicht nur viele Tiere starben, als der Stausee 1982 geflutet wurde. Die sich zersetzende Biomasse führt heute nochzum Ausstoß des giftigen Treibhausgases Methan. Inzwischen müssen vor der Flutung eines Stausees die Pflanzen entfernt werden, verlangt das brasilianische Umweltgesetz. Doch in Itaipu befindet sich die verrottende Vegetation immer noch unter Wasser, erzählt Francisco Amarilla. Cut 2 Francisco Amarilla Hoje se a gente navegar o lago, você vai ver as árvores secas, uma floresta submersa, as pontinhas estão saindo, a gente vê. No antigo canal, no canal sim, navegam barcos. A gente vê onde tem a floresta. Ambientalmente foi um desastre ecológico muito grande. Übersetzer Wer heute mit dem Boot auf dem See fährt, sieht die trockenen Bäume aus dem Wasser ragen. Das sind die Wipfel der alten Wälder. Nur in der Mitte, über dem alten Flussbett, können die Boote sicher fahren. Ökologisch war das ein Desaster. Sprecherin Die Itaipu-Kraftwerksleitung erkennt inzwischen einige Schäden an, die der Stausee verursachte und versucht dem abzuhelfen. Um die ökologischen Probleme in den Griff 2 zu bekommen, beschäftigt die Itaipu-Leitung heute eine 150-köpfige Umweltabteilung. Einer der Mitarbeiter der Itaipu-Umweltabteilung ist der brasilianische Sedimentologe Anderson Braga Mendes. Cut 3 Anderson Braga Mendes Os dados vão desde 250 á 300 anos até o mais recente que foi publicado por mim que deu 160 anos. Übersetzer Die Daten prognostizierten eine Lebensdauer von 250 bis 300 Jahren für das Kraftwerk. Ich aber wies nach, dass es nur 160 Jahre sein werden. Sprecherin Obwohl Anderson Braga Mendes aufzeigte, dass die Prognosen von Itaipu falsch waren, bekam er keinen Ärger mit der Kraftwerksleitung keinen Ärger. Die Aussicht auf 160 Kraftwerksjahre verspricht offensichtlich immer noch ein ausreichend gutes Geschäft. Die Lebensdauer eines Wasserkraftwerks hängt von der Größe und vor allem von der Tiefe des Stausees ab, in dem sich Sand und Schlamm ablagern. Cut 4 Anderson Braga Mendes O fundo do reservatório vai subindo, aquelas particulas que são as mais nocivas para a geração de eletricidade elas começam a mergulhar e entrar nas tomadas de água. E vai bater nas partes das turbinas. E o custo de manutenção disso é muito grande, acabam com a vida útil do empreendimento. Porque o custo de manutenção disso é muito grande, acaba sendo muito caro frente o mal que é gerado pelas turbinas, pelo grão de areia. Em termo de Brasil um estudo de vida útil é adequado, quando ela dá em torno de 50 anos. Trinta anos é o tempo em que uma usina se paga. Übersetzer Jeder Stausee versandet, das Bodenniveau des Sees hebt sich, weil Flüsse ja Sedimente mit sich bringen. Und wenn die Sedimente bis zu der Stelle am Damm gehen, wo das Wasser in die Turbinen stürzt, schädigen sie die Turbinen. Somit wird eines Tages die Aufrechterhaltung des Betriebs zu teuer und der Stausee wird aufgegeben. Für Brasilien gilt ein Wasserkraftwerk als rentabel, wenn es wenigstens 50 Jahre läuft. Nach 30 Jahren sind die Baukosten abbezahlt. Atmo 1: leises Rauschen, Stimmen Sprecherin Am Aussichtspunkt stehen Touristen und blicken auf die 200 Meter hohe Staumauer des Kraftwerks Itaipu. Acht Kilometer erstreckt sich diese Mauer am Ende des künstlichen Sees, der zweieinhalb mal so groß ist wie der Bodensee. An einigen Stellen reicht er in die Nebenflüsse des Paraná hinein. Dadurch wird der Stausee an manchen Stellen bis zu 30 Kilometer breit. Hier, wo der Damm das braune Wasser des ParanáFlusses zurückhält, schimmert die riesige Wasserfläche in der Sonne. Das verspricht Kühlung in der brasilianischen Hitze, doch nur wenige Badestellen wurden vor dreißig Jahren angelegt. Ein Teil der Ufer ist inzwischen versumpft. Atmo 1: leises Rauschen, Stimmen 3 Sprecherin Am Fuß der Staumauer steht ein 6-stöckiges Haus. Winzig wirkt es vor dem massigen Damm. Das ist die Betriebszentrale von Itaipu. Sie steht genau in der Mitte des ehemaligen Flussbetts. Eine Seite gehört zum paraguayischen Staatsgebiet, die andere zum brasilianischen. Wagner Euclides de Sousa, Mitarbeiter in der Marketingabteilung der Kraftwerksleitung, blickt vom Aussichtspunkt auf den Damm. Cut 5 Wagner Euclides de Sousa O volume de concreto utilizado na usina seria suficiente para construir 210 estados de futebol idênticos ao Maracanã. No pico da obra nós chegamos á 40 mil funcionários. Na realidade desde o início da construção até hoje pode colocar mais de um milhão de trabalhadores. Übersetzer Mit den Massen an Beton, die hier verbaut wurden, könnten wir 210 Fußballstadien wie das Maracanã in Rio errichten. Hier waren zeitweise 40.000 Menschen gleichzeitig angestellt. In den 16 Baujahren arbeiteten insgesamt mehr als eine Million Angestellte für Itaipu. Sprecherin Auf einer Seite des Damms liegen drei Betonrutschbahnen, auf denen das Wasser – wenn der Stausee sehr voll ist – direkt in das alte Flussbett läuft. Heute ist nur eins dieser Überlaufbetten in Betrieb; das schäumende Wasser erinnert entfernt an einen Wasserfall. Im Inneren des Damms, beschreibt Euclides de Souza, fällt das Wasser des Stausees 100 Meter hinab und treibt riesige Turbinen an, die Strom erzeugen. Der Itaipu Staudamm wurde von einer technischen Zeitschrift einmal als siebtes Bauwunder der Welt bezeichnet, vergleichbar mit dem Panamakanal und der Golden Gate Bridge. In Itaipu werden 20 Prozent des gesamten brasilianischen Stroms erzeugt. Atmo 2: Rauschen, Dröhnen Sprecherin In der Eingangshalle des zentralen Gebäudes vibriert der Boden. Ein paar Stockwerke unter den Füßen des Ingenieurs Irno Dupont arbeiten die Turbinen. Der hagere Mann lernte von seinen Großeltern, die einst aus Deutschland nach Brasilien auswanderten, ein wenig Deutsch. Er führt einige Gäste zum Aufzug, der hinab zu den Turbinen fährt. Eine der Turbinen wird gerade gewartet. Atmo 3: Das Dröhnen wird sehr laut Stimme: Das hat jetzt hier richtige Kelleratmosphäre, riesige Tuben. Irno Dupont: Steht still, sind Arbeiter, sind sie am Turbinenregler am Arbeiten, am Wassereinleiter am Arbeiten“. (Werkzeug klirrt auf dem Boden). Cut 6 Irno Dupont Hier kann man sehen, wo das Wasser durchgeht, das Wasser kommt von dieser Seite und geht da rein. Sind am Reparationen machen, da gibt es Probleme, ganzes Jahr das Wasser da durchgehen mit großem Druck, da ruppt Stückchen aus dem Stahl und das muss repariert werden. Atmo 4: lautes Dröhnen, Motorgeräusch, Fräse 4 Cut 7 Irno Dupont Ungefähr 700 Kubikmeter pro Sekunde geht hier durch. Und das treibt die Turbine und treibt dann den Generator. Das rote Eisen, das sind die Schaufeln, wo die Turbinenregler kontrolliert, die gehen auf und zu. Atmo 5 Modesto Aialla: Reparación de mancan, guia inferior. Soy paraguayo, trabajo hace 27 anos. Soy de Ciudad del Este. Sprecherin Der paraguayische Turbinenmechaniker Modesto Aialla fährt mit dem Aufzug nach oben, seine Schicht ist zu Ende. Er wartet die Turbinen, erzählt er, seit 27 Jahren schon. Modesto Aialla lebt in der Grenzstadt Ciudad del Este auf der paraguayischen Seite. Itaipu galt lange als das größte Wasserkraftwerk der Welt. Inzwischen ging dieses Prädikat an den Dreischluchten-Staudamm in China und das Kraftwerk dort. Doch Itaipu nimmt immer noch für sich in Anspruch, das produktivste und effektivste Wasserkraftwerk der Welt zu sein. [Seit 2006, seit die letzte der zwanzig Turbinen in Betrieb ging, liefert Itaipu 90 Millionen Megawattstunden Strom pro Jahr. Im Vergleich dazu liefert ein leistungsstarkes Atomkraftwerk nur 12 Millionen Megawattstunden im Jahr. Die Leistungsfähigkeit von Itaipu beeindruckt den Sedimentologen Anderson Braga Mendes. Er verfolgte den Bau des Dreischluchten-Staudamms in China, der mit seinen dreißig Turbinen nur 60 Millionen Megawattstunden Strom liefert. ] Cut 8 Anderson Braga Mendes O primeiro cálculo quando eu vi estava dando 30 anos de vida útil. Depois refizeram, ajustaram o projeto para, deu sessenta ou 70 anos. [E a área de reservatório lá é praticamente tão compatível com o nosso aqui, não é nem tão diferente não. O Rio Amarelo é um grande produtor de sedimentos. Aqui nós temos o reservatório todo protegido em volta com a faixa da proteção em volta e as afluentes também. Agora, lá na China navegando pelo Rio Amarelo, você vê que a coisa é bem diferente. Tem mineração na beira do Rio. O uso da terra, do solo naquela região é muito intenso.] Übersetzer Für den Dreischluchten-Staudamm ergaben die ersten Berechnungen, die ich las, eine Lebensdauer von 30 Jahren. Neue Rechnungen kamen dann auf 60 bis 70 Kraftwerksjahre. [Und dabei ist die Fläche des Stausees dort etwa genauso groß wie hier. Aber der Gelbe Fluss bringt wahnsinnig viele Sedimente mit sich. Und wir hier haben die Ufer und auch die Nebenflüsse unter Schutz gestellt. Dort, in China, ist nichts geschützt. Wer mit einem Boot auf dem Gelben Fluss fährt, sieht große Unterschiede. Dort liegen sogar Bergwerke am Ufer. Der Boden wird dort intensiv genutzt.] Sprecherin Bei vielen Staudämmen ankern Spezialschiffe am Damm, um den Sand vor dem Eindringen in die Turbinen abzusaugen. Cut 9 Andreson Braga Mendes Lá na região de remanso do reservatório, em Guaríra, já existe uma deposição de cem mêtros. Basicamente areia. Isso é um fenômeno já comun em qualquer reservatório. Na região onde o rio se torna em reservatório pela redução da velocidade, naquele ponto em específico já acontece a sedimentação. Só que o nosso caso é muito 5 pronunciado, porque? Porque naquela região existia Sete Quedas. Então na verdade Sete Quedas foi aterrada. Sete Quedas foi o nosso cofre. Übersetzer Am Startpunkt des Stausees, bei der Stadt Guaíra, haben wir unter Wasser bereits eine 100 Meter hohe Ablagerung. Hauptsächlich ist es Sand. In allen Stauseen sammeln sich dort, wo der Fluss in den Stausee übergeht, wo die Fließgeschwindigkeit sich verringert, die Ablagerungen. In unserem Fall ist es aber besonders viel. Weil in dieser Region einst die berühmten Wasserfälle waren – „Sete Quedas“, „Sieben Fälle“ hießen sie. Die Sete-Quedas-Wasserfälle sind jetzt überschwemmt und die Schluchten mit Sand gefüllt. Obwohl der Fluss viele Sedimente mitbringt, ist Itaipu dank der Sete Quedas nicht versandet. Sprecherin Die Sete Quedas, die „Sieben Fälle“ des Rio Paraná, waren früher eine touristische Attraktion. Die Wasserfälle fielen in einen 90 Meter tiefen, engen und mehrstufigen Canyon. Schwingende Hängebrücken führten über sie, die als die wasserreichsten Fälle der Welt galten. Atmo 6: Rauschen eines Wasserfalls Sprecherin Der Itaipu-Stausee bekommt vor allem Probleme an seinen breiten Nebenarmen, den Nebenflüssen des Paraná. Sie waren nach der Flutung breiter geworden und fließen jetzt träge. Da das Gebiet stark landwirtschaftlich genutzt ist, bringen sie Düngemittel in den See, sagt Simone Frederigi Benassi, Biologin der Umweltabteilung von Itaipu. Cut 10 Simone Frederigi Benassi Aqui também já está assoriando. Porque aqui não é tão profundo quanto esta região do meio aqui, além dos Sete Quedas que o Anderson falou que tem aqui que é horrivel dizer, mas ela favorece a vida útil do reservatório, a viabilidade do projeto. Porque lá era mais profundo e com a hidraulica o que vem ele pára, pára aqui o sedimento conforme vai mudando a velocidade. A mesma coisa acontece aqui do lado. Hoje a gente tem problemas aqui, em função desta bacia e é onde a gente faz os projetos de açoes conservacionistas aqui nesta região aqui. Que é o “cultivando agua boa”. Übersetzerin Hier in den Seitenarmen, den Mäandern, verlandet der Stausee Itaipu. [Denn hier am Ufer ist es nicht so tief wie im ehemaligen Flussgraben in der Mitte.] Ich muss zugeben, dass erst die Zerstörung der Sete-Quedas-Wasserfälle das Leben des Itaipu-Stausees verlängert hat. Die tiefen Schluchten dort am Anfang des Stausees erhöhen die Fließgeschwindigkeit und Turbulenzen bis in die Seitenarme des Sees hinein. Trotzdem verlanden die Nebenarme und deswegen wurde von Itaipu das Projekt „Wir sorgen für gutes Wasser“ gegründet. Sprecherin Stolz ist die Umweltabteilung auf den 200 Meter breiten Schutzstreifen aus aufgeforstetem Wald, der inzwischen um den Stausee liegt. Über 1.400 Kilometer lang ist das Ufer des künstlichen Sees. 6 Cut 11 Simone Frederigi Benassi Quando você não trata o esgoto, quando você não faz as práticas conservacionistas no solo, quando você lança muitos fertilizantesno solo e chove e leva tudo isso para o rio ele começa a eutrofizar. Quando ele começa a eutrofizar começa a ocorrer a proliferação de plantas aquaticas, que a gente chama de macrófitas auqáticas. E como está assoreado, você começa a ter as submersas, a que já ficam enraizadas. Porque está assoreando também, tem mais luz, e elas conseguem se proliferar numa área muito maior. Existe também aquelas que são flutuantes, as macrófitas também em função do processo de eutrofização. Que essas a gente tem graves problemas as vezes nos balneários. Que aí as prefeituras pedem para retirar. Übersetzerin Wenn die Abwässer in der Umgebung nicht gereinigt werden, wenn der Regen die Düngemittel von den Feldern in den See schwemmt, dann beginnt die Eutrophierung, die Wasserverschmutzung. Und dann nimmt auch der Pflanzenbewuchs zu. Das Wasser ist ja wegen der Sedimente nicht mehr so tief, Wasserpflanzen fassen Fuß und breiten sich immer weiter aus. Wir haben auch Schwimmpflanzen, die nicht im Boden des Sees verankert sind. Auch sie wachsen mit zunehmender Verschmutzung. Mit diesen haben wir an den Badestellen große Probleme, die Anwohner bitten uns oft darum, sie zu entfernen. Sprecherin Manchmal treibt der Wind die Pflanzen in die Buchten des Stausees. Dann spannen die Badeanstalten Netze auf, damit die Pflanzen nicht in die Strandbäder hineintreiben. Aber dann beschweren sich die Fischer, weil die Schiffsschrauben sich in den Pflanzen verheddern. [Cut 12 Simone Frederigi Benassi Agora a gente está com uma exótica que entrou que é a Hidrilla verticula, está causando vários problemas em várias hidrelêtricas do mundo. Übersetzerin Jetzt haben wir Probleme mit einer nicht heimischen Wasserpflanze, der Hidrilla verticula. Sie verursacht in sehr vielen Stauseen auf der ganzen Welt Kopfzerbrechen.] Sprecherin Paraguay und Brasilien betreiben das Kraftwerk gemeinsam. Trotzdem sind auf beiden Seiten des Sees Unterschiede festzustellen. Ökologisch und auch sozial wird in Brasilien inzwischen viel getan. Das hat eine politische Vorgeschichte. Juvencio Mazzarollo, früher Lehrer, heute Journalist, erzählt davon. Er war den brasilianischen Militärs ein Dorn im Auge, die von 1964 bis 1985 geherrscht hat. Seit Mitte der 70erJahre berichtete er über die Arbeiten an der Itaipu-Staumauer. Cut 13 Juvêncio Mazzarollo Eu fui condenado no final de 1982, quando se formou o lago de Itaipú em Outubro eu estava há poucos dias na cadeia. Eu sou sempre apresentado, Juvêncio, o último preso político do Brasil. Fui preso político, por causo de nosso trabalho no jornal, “Nosso Tempo”, nosso trabalho de denuncia, de crítica, de contestaçoes o conjunto da obra. 7 Übersetzer Ich kam genau zu dem Zeitpunkt ins Gefängnis, als der Stausee Itaipu Ende 1982 geflutet wurde. Verurteilt wurde ich wegen meiner journalistischen Arbeit in der Zeitung „Unsere Zeit“. Wir schrieben sehr kritisch über das Wasserkraftwerk Itaipu. Ich war der letzte Gefangene der brasilianischen Militärdiktatur und wurde 1984 freigelassen. Sprecherin Auch Juvencio Mazzarollo lebt in der brasilianischen Grenzstadt Foz do Iguaçu. Seine Stadt ist berühmt für das Naturwunder der Iguaçu-Wasserfälle, die südlich der Stadt liegen. Das Itaipu-Wasserkraftwerk steht nördlich der Stadt. Cut 14 Juvencio Mazzarollo A Itaipu cometeu erros gravíssimos na sua implantação. O projeto foi implantado ‘manu militari’, pela força militar. Sem discussão com a sociedade, foi aprovado no Congresso Nacional a toque de caixa, imposto praticamente. No começo do empreendimento sequer foi pensado das pessoas que iam ter que dar lugar a barragem e ao lago da usina. Lá pelas tantas, espera aí, temos uma multidão de gente que vai ter que sair daqui, e do Paraguay tabém, seriam cerca de 40 mil pessoas no Brasil e umas 20 mil no Paraguay. Übersetzer Die Itaipu-Kraftwerksleitung beging schwere Fehler. Damals wurde der Bau von den Militärs einfach angeordnet. Es gab keine Diskussion mit der Zivilgesellschaft und das Parlament wurde gezwungen, für das Projekt zu stimmen. Am Anfang dachte niemand auch nur eine Sekunde über die Leute nach, die ihr Land an den Stausee verlieren würden. Erst im Lauf der Baujahre kam die Erkenntnis: „Ach je, wir haben eine Menge Menschen, die hier weggehen müssen“. 40.000 Personen waren auf der brasilianischen Seite betroffen, 20.000 auf der paraguayischen. Sprecherin Viel Zeit ist seitdem vergangen und Juvencio Mazzarollos Gesicht ist zerfurcht, er geht gebeugt. Er erzählt von der Widerstandsbewegung gegen Itaipu, die damals auf der brasilianischen Seite entstand. Sie nannte sich „Land und Gerechtigkeit“ und existiert heute nicht mehr. Juvencio Mazzarollo konnte inzwischen von der Umweltabteilung von Itaipu als Mitarbeiter angeworben werden. Er ist der Meinung, die Kraftwerkspolitik habe sich nach der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur wesentlich verbessert. Damals aber ... Cut 15 Juvencio Mazzarollo ... começou se criar se um clima de grande insatisfação na região. Mas esse povo estavam desorganiszados. Aí surgiu as igrejas, a católica principalmente, três ou quatro igrejas evangélicas, a lutherana, presbiteriana, Assembléia de Deus. Prestar solidariedade e organizar para uma indenização mais justa. E um apoio no reassentamento. Eu participava das primeiras assembleias que reuniram mil, duas mil pessoas. Muito analfabeto inclusive. Então se estabeleceu uma vasta pauta de negociação e acabou aquela arrogância da direção da Itaipu conduzida por um General chamava-se José Costa Cavalcante. Com esta via de negociação se conquistou uma solidariedade muito ampla de entidades de direitos humanos do Brasil, até do exterior. Pleno regime militar. Não foi nada passífico o movimento mas nunca foi violento. Esta feliz characterística se deve a justa presência da igreja. Ninguem se machucou por 8 causa do movimento. Por esta via sem o rol do quanto de injustiça que poderia ter sido cometido foi reduzido muito, tremendamente. Übersetzer Damals waren viele Menschen unzufrieden. Am Anfang waren die Leute unorganisiert. Da boten die Kirchen ihre Hilfe an. Es war vor allem die katholische Kirche, aber auch die lutherische, presbyterianische und ein paar andere Kirchen. Sie setzten sich für eine gerechtere Entschädigung und Neuansiedlung der Betroffenen ein. Zu den ersten Treffen, an denen ich teilnahm, kamen tausend bis zweitausend Leute. Viele von ihnen Analphabeten. Aber sie bekamen damals Gehör. Auch die kamen zu Wort, die keine Dokumente für ihr Land hatten, auch die, die nur als Tagelöhner auf den Farmen arbeiteten. Die Arroganz der Itaipu-Administration, geleitet vom General José Costa Cavalcante, hatte ein Ende. Während der Verhandlungen schickten Menschenrechtsorganisationen aus ganz Brasilien und aus dem Ausland Solidaritätsbriefe. Das war in der brutalsten Zeit der Militärdiktatur. Wir waren zwar aufmüpfig, aber es gab nie Gewalt. Das ist den Kirchen zu verdanken. Niemand wurde getötet, niemand auch nur verletzt. Dadurch hielten sich die Ungerechtigkeiten, die hätten geschehen können, in Grenzen. Sprecherin Mit Demonstrationen und Kundgebungen wurde gegen den Bau von Itaipu eine breite Öffentlichkeit erreicht. [Obwohl Juvêncio Mazzarollo nicht der Anführer der Protestbewegung war, kam er Ende 1982, als die Flutung des Stausees begann, ins Gefängnis. Die Anklage gegen ihn lautete Hochverrat. Er wurde zu vier Jahren verurteilt und saß davon 18 Monate ab. Anfang 1984 kam er nach einem Hungerstreik frei. Bald darauf begann die Demokratisierung in Brasilien.] Die Widerstandsbewegung hatte nach der Flutung des Stausees für die Landwirte und Landarbeiter einigermaßen faire Entschädigungen erkämpft, sagt Mazzarollo. Nur die indigenen Guaraní, die am Ufer des Paraná gelebt hatten, stürzten ins Elend. Cut 16 Juvencio Mazzarollo A questão indígena foi bastante dramática. A Itaipu ela quiz inicialmente trata-los como posseiros. Porque não tinham escritura da propriedade. Sendo que eles já haviam na área onde eles ocupavam, que hoje está sob as águas, eles haviam sido ao longo das décadas sendo empurrados. Porque vinha o comprador de terra lá do Rio Grande do Sul, de Santa Catarina, sei lá de onde. A Colonizadora que vendia as propriedades demarcava, a sua propriedade é aqui tal, mede tanto, vai até lá. Se tinha índio no meio eles não sabiam. Vendia, o agricultor ia lá, derrubava o mato e começava a plantar. E o índio foi encurralado, na barranca do Rio Paraná, e quando ele percebeu ele estava sem mata, ele caminhava 50 metros onde estava sua aldeia e estava acampado na lavora de soja, na lavoura de milho. E passaram a fazer o que, os índios? Como a sobrevivência natural da cultura deles foi ficando inviabilizada, a caça, a pesca, subsistência, eles começaram a trabalhar por dinheiro nas propriedades dos colonizadores, poloneses, italianos, alemães, os filhos, ou os netos dos migrantes europeus do final do século 19. Eu sou o neto de quatro avós meus que vieram da Itália, região do Veneto. Übersetzer Die Lage der Indigenen war dramatisch. Die Itaipu-Kraftwerksleitung wollte sie behandeln wie Landbesetzer. Die Indigenen hatten ja keine Besitzurkunden. Sie waren auf das Land, das heute unter dem Wasser des Stausees liegt, schon seit Jahrzehnten 9 abgedrängt worden. Denn folgendes passierte hier: Landwirte, die im Süden Brasiliens keinen Erfolg gehabt hatten, zogen in diese Gegend, wo das Land noch billig war. Landgesellschaften markierten das Land und verkauften es. „Hier, da hast du dein Land, von da bis dort reicht es.“ Ob inmitten des Waldes Indigene lebten, niemand wusste es. Es wurde verkauft, die Landwirte gingen hin, fällten den Wald und pflanzten. So wurden die Indigenen immer mehr abgedrängt, bis zum Canyon des ParanáFlusses. Und ehe sie es sich versahen, hatten sie keinen Wald mehr und standen nach 50 Metern in den Soja- und Maisfeldern. Und was taten sie da, die Indigenen? Sie hatten ihre Jagdgründe und ihre Fischgründe verloren, ihre Existenz. Also gingen sie als Landarbeiter für die Kinder und Enkel der italienischen, polnischen und deutschen Migranten des 19. Jahrhunderts arbeiten. Ich selbst bin Enkel von vier italienischen Großeltern aus der Region Veneto. Sprecherin Jahrelang zogen sich die Entschädigungsverhandlungen für die Guaraní hin, die im Dreiländereck zwischen Brasilien, Paraguay und Argentinien nur noch ein paar Tausend Menschen zählen. Einst waren die Guaraní in Brasilien die größte indigene Gruppe. Sie versuchen trotz ihrer schwierigen Situation einige Traditionen zu bewahren. Vor allem ihre Sprache sprechen sie immer noch. Francisco Amarilla, der freie paraguayisch-brasilianische Journalist, spricht fließend Guaraní, außerdem Spanisch und Portugiesisch. Er wird oft als Übersetzer engagiert. Manchmal führt er Gäste zu einer Gruppe der Guaraní auf der paraguayischen Seite, der Siedlung Acaray-Mi-Pi. Atmo 7: An einem Brunnen, das Seil wird hinunter gelassen, der Eimer hochgehoben, Wasser eingeschenkt, Francisco Amarilla trinkt einen Becher Wasser und seufzt. Sprecherin Auf dem Grundstück des Cazique, des Chefs der Siedlung Acaray-Mi-Pi, stehen ein Brunnen und eine Bretterhütte. In der Umgebung erstrecken sich Sojafelder, weit und breit ist kein Baum zu sehen. Gemeinsam holen Cazique Emiliano Martinez und Francisco Amarilla Wasser aus dem Brunnen. Es ist drückend und es weht ein heißer Wind. Cut 17 Cazique Emiliano Martinez (Originalton in Guaraní) Übersetzer Jeden Samstag und Sonntag, wenigstens einmal pro Monat, tanzen wir in unserem großen Haus, im Oreguaçu, und feiern unsere Riten. Wir geben das an die Jungen weiter, wir kämpfen darum, unsere Riten zu bewahren. Atmo 8: Der Cazique erzählt (bleibt unübersetzt) Sprecherin Emiliano Martinez’ Sippe, die nicht in einem Dorf, sondern verstreut auf ihrem Land lebt, besteht aus etwa 20 Familien. Sie alle sind vor etwa 30 Jahren von den ItaipuBetreibern enteignet und in verschiedene Gegenden umgesiedelt worden. Erst vor zehn Jahren bekamen sie dieses Land, das sie zu einem großen Teil an Sojabauern verpachten. Ihnen fehlt das Geld für Traktoren, um das Land selbst zu bearbeiten. Nur ein paar Gemeinschaftsfelder für Gemüse und Getreide bestellen sie. Der Cazique ist erst 25 Jahre alt. Nie ist er als Halbnomade durch die Wälder gewandert wie seine Großeltern. Den Wald, der vor 50 Jahren noch stand, kennt er nicht, sagt er. Zwar 10 trennte der Paraná-Fluss früher schon die paraguayischen Guaraní-Gemeinschaften von den brasilianischen. Aber mit einem Kanu war der Fluss leicht zu überqueren und die Verwandten konnten sich treffen. Heute ist der Stausee für eine Kanuüberquerung zu breit. Cut 18 Cazique Emiliano Martinez Übersetzer Trotzdem besuchen wir uns gegenseitig, wenn es uns oder unseren Leuten auf der brasilianischen Seite schlecht geht. Wenn wir hier kaum zu essen haben, dann versuchen unsere Leute auf der brasilianischen Seite, für uns an Unterstützung heranzukommen. Sprecherin Seit die brasilianische Presse immer wieder auf die schlechte Situation der Guaraní aufmerksam macht, bekommen sie auf der brasilianischen Seite Nahrungsmittelpakete und eine minimale Sozialhilfe. In Paraguay dagegen gibt es bislang keine Sozialprogramme. Atmo 9: Vor dem Haus von Apolonia und Digno Ferreira, Stimmen, Gelächter Sprecherin In Acaray-Mi-Pi lebt auch ein Medizinmann und Heiler. Er heißt Digno Ferreira und bewohnt mit seiner Frau Apolonia und seinen Kindern eine halbrunde Strohhütte. Zwischen zwei niedrigen Bäumen hängt eine Hängematte, ein batteriebetriebenes Transistorradio klemmt am Dachfirst. Kinder laufen umher. Apolonia scherzt mit dem paraguayischen Taxifahrer, mit dem sie sich unterhalten kann, weil in Paraguay Guaraní zweite Landessprache ist und fast alle neben Spanisch auch Guaraní sprechen. Katzen, Hühner und Enten laufen umher, auf einem Stück Pappe trocknet ungeschälter Reis. Die Zikaden zirpen um die Wette. Cut 19 Digno Ferreira ... Übersetzer Ich bin hier der Heiler in der Gemeinschaft und auch der Priester. Wenn jemand krank ist, rufen sie mich. Ich habe das von Gott gelernt, er wählte mich aus. Eines Tages brachte er mich zur großen Mutter, in das Zentrum der Sonne. Sie bot an, dass ich Schamane werde. Sprecherin Die Frau des Heilers, Apolonia Ferreira, erzählt vom Jaguar, der gefährlichsten und wegen ihrer Tupfen schönsten Wildkatze des Urwaldes. Cut 20 Apolonia Ferreira Übersetzerin Als der Stausee sich füllte, gingen alle wildern. Besonders die vielen Arbeiter des Staudamms raubten so viel Wild, wie sie schießen konnten. Es gab früher Tapire und Wildschweine, das war unser bevorzugtes Fleisch. Das gibt es nicht mehr. Wir essen heute selten Fleisch. Ich habe als Kind den Jaguar gesehen, aber das ist vorbei. Alles, was noch übrig war, hat der Itaipu-Staudamm zunichte gemacht. 11 Sprecherin Apolonia Ferreira führt mit ihrer Familie ein entbehrungsreiches Leben. Sie und ihr Mann haben nie lesen und schreiben gelernt, aber die Kinder gehen zur Schule. Cut 21 Apolonia Ferreira Übersetzerin Ich hatte neun Kinder, fünf sind gestorben. Ich hacke das Gemüse, kümmere mich um die Kinder, wasche die Wäsche. Das ist mein Alltag. Sprecherin Obwohl Itaipu ein gleichberechtigtes Zweistaaten-Unternehmen ist, scheint es den umgesiedelten Guaraní auf der paraguayischen Seite des Stausees Itaipu weit schlechter zu gehen als auf der brasilianischen. Allerdings ist nicht nur in Paraguay, sonder auch in Brasilien die Kindersterblichkeit der Guaraní allarmierend. In Paraguay regiert seit kurzem Präsident Fernando Lugo mit einer Mitte-Links-Koalition. Nach 60 Jahren Militärdiktatur und rechten Regierungen weht ein neuer Wind in Paraguay, sagt die Vize-Ministerin für Minen und Energie, Mercedes Canese. Ihr Büro in einem Hochhaus der paraguayischen Hauptstadt Asunción ist klein und dunkel, die Klimaanlage brummt. Cut 22 Mercedes Canese Son mas o menos 90 mil indígenas lo que ha en Paraguay, verdad. De una populacion de seis miliones habitantes no hay forma justificar que una populacion tan pequena como le indigenas y en tan malas condiciones. Historicamente los indigenas han sido relegado, hay que dicir, es la verdad. Itaipu non reconocio nunca en el lado paraguayo el impacto que ha generado esta contrucion, verdad. Ellios deverian ser los beneficiades numero un de los programas sociales, perque ellos sentiram un impacto directo. Cambió su forma de vida, verdad. Entonces nosotros hemos hablado con el diretor general paraguayo de Itaipú sobre este tema. El nos ha hablado la directiva que hay en Itaipu del lado paraguayo que el tema inigena es prioritário. Übersetzerin Insgesamt leben etwa 90.000 Indigene in Paraguay, bei einer Bevölkerung von sechs Millionen. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass eine so kleine Gruppe unter so schlechten Bedingungen lebt. Die Indigenen der Gruppe Guaraní wurden in der Vergangenheit einfach übergangen. Die Kraftwerksleitung von Itaipu gestand nie ein, was für einen Eingriff in ihr Leben dieser Staudamm auf der paraguayischen Seite bedeutete. Die Indigenen hätten eigentlich die ersten sein müssen, die ein Sozialprogramm bekommen. Denn sie werden nie mehr nach ihren Traditionen leben können. Wir haben nun mit dem paraguayischen Generaldirektor von Itaipu über das Thema gesprochen und er sagte, dass es jetzt eine neue Direktive im Unternehmen gibt. Dass die Indigenen Priorität haben. Sprecherin Mercedes Canese ist Bauingenieurin und Mitglied der Regierung Lugo in der paraguayischen Hauptstadt. Canese ist jung und durchsetzungsfähig und eine der wenigen Frauen im paraguayischen Regierungsbündnis. Präsident Lugo fordert von der brasilianischen Regierung einen höheren Preis für Paraguays gelieferten Strom. Denn sein Land verbraucht nur drei Prozent der ihm zustehenden Hälfte des Itaipu-Stroms. Die restlichen 47 Prozent gibt Paraguay an Brasilien ab. Laut Itaipu-Vertrag ist 12 Paraguay zu Abgabe an Brasilien verpflichtet. Dabei könnte Paraguay mit dem Strom auf dem südamerikanischen Markt viel Geld verdienen. Brasilien zahlt an Paraguay momentan etwa 48 Dollar pro Megawattstunde. Davon gehen drei Dollar Gewinn an Paraguay, der Rest dient dem Schuldenabbau und der Instandhaltung des Wasserkraftwerks. Chile würde Paraguay 120 Dollar pro Megawattstunde zahlen. Doch erst ab 2023, sagt Brasilien, erst wenn das Kraftwerk abbezahlt ist, darf Paraguay über seinen Strom selbst verfügen. Das einzige Zugeständnis Brasiliens an Paraguay ist die Erhöhung der Gewinnmarge von drei auf neun Dollar pro Megawattstunde. Cut 23 Mercedes Canese Se tiene que respetar la soberania del Paraguay sobre sus recursos energéticos. Mientras en una region sobra energia en otras falta. E nosotros podemos ajudar contribuir a que el benefício se ha de todos. Nosotros no queremos vender la energia al maior precio. Übersetzerin Wir fordern, dass Paraguay die Souveränität über seine Energieressourcen zurückbekommt. Während in einer Region Energie im Überfluss vorhanden ist, fehlt sie in einer anderen. Wir können dazu beitragen, dass alle von unserer Energie etwas haben. Und wir verlangen nicht den höchsten Preis. Sprecherin Die politischen und sozialen Konflikte, die Itaipu schafft, sind noch lange nicht beigelegt. Genauso wenig wie die ökologischen. Über viele Umweltprobleme können die Biologin Simone Frederigi Benassi und ihr Kollege Anderson Braga Mendes offen sprechen. Nur beim Thema Klimaveränderung ist Schluss. Cut 24 Simone Frederigi Benassi Você pode tirar isso um minuto? A gente não pode falar sobre isso. A gente não está podendo a gente ainda está em processo. Cut 25 Anderson Braga Mendes É resolução dos nossos jurídicos que a gente não pode falar. Übersetzerin Könnten Sie bitte das Aufnahmegerät ausschalten? Wir dürfen darüber nicht sprechen. Es laufen Gerichtsverfahren. Übersetzer Die Rechtsabteilung von Itaipu verbietet uns, darüber zu sprechen. Sprecherin Später erlaubt Anderson Braga Mendes, das Aufnahmegerät wieder einzuschalten und erklärt: Cut 26 Anderson Braga Mendes Quanto a esta questão de mudar o clima regional pela presença ou não de um corpo artificial d’agua artificial, no caso de um reservatório, até hoje não existe nada provado quanto a isso. É praticamente um boato. 13 Übersetzer Bis heute ist noch nicht bewiesen, dass ein künstlicher Wasserkörper, zum Beispiel ein Stausee, das regionale Klima verändert, es gibt keine Beweise. Das sind alles Gerüchte. Sprecherin Wieder treffen wir Francisco Amarilla in einer Bar in Foz do Iguaçu. Der unabhängige Journalist glaubt, dass an den Gerüchten über das neue Klima in der Region Itaipu etwas Wahres ist. Cut 27 Francisco Amarilla Teve um desequilibrio climático. Segundo entendidos de climatologia dizem quen Foz do Iguaçu alterou seu grau normal de temperatura para três graus á mais. Quanto maior a água mais neblina, mais calor, que vira um espelho e esquenta a água. Foz do Iguaçu já tinha muita água, com Itaipu então triplicou o volume de água. Para aqui chegar 45 graus é normal. Já deu 50 aqui já uns seis anos atrás. Aqui desapareceu a floresta e aumentou a água. Übersetzer Das Klima spielt verrückt. Auch Klimatologen sagen, dass in Foz do Iguaçu die Temperaturen in den letzten 30 Jahren um drei Grad stiegen. Außerdem verdunstet viel mehr Wasser, der See ist ja wie ein Spiegel. Das bedeutet mehr Nebel und der staut die Hitze. 45 Grad Lufttemperatur sind im Sommer üblich, vor sechs Jahren waren es sogar 50 Grad! Der Wald ist verschwunden, dafür haben wir jetzt das Wasser. Atmo 10: Vor dem Haus von Apolonia und Digno Ferreira; lautes Pochen, Apolonia zerstampft vor der Hütte Reiskörner mit dem Getreidemörser Sprecherin Vor der Hütte der Guaraní-Familie zerstampft Apolonia Ferreira mit einem schweren Mörser eine Handvoll Reis. Die Familie hat gelernt, trotz der Hitze und trotz ihres versunkenen Waldes zu überleben. Sie gibt die Hoffnung nicht auf, dass die Kraftwerksleitung doch noch geradesteht für die Zerstörung, die der Itaipu-Stausee mit sich gebracht hat. Damit die Guaraní eines Tages besser leben können. ***** 14
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