EMIR: Risikominderungstechniken für ungeclearte OTC-Derivate
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EMIR: Risikominderungstechniken für ungeclearte OTC-Derivate
Ausgabe 8 | September 2015 Financial Services Regulatory Update Zusammenfassung • ESMA, EBA und EIOPA veröffentlichen ein neues Konsultationspapier. • Schrittweise Einführung der Besicherungspflicht für neu abgeschlossene OTCDerivate zwischen März 2016 und September 2020. • Pflicht zum Austausch von Variation Margin (VM) und Initial Margin (IM). • Für die Berechnung der Initial Margin sowie der Bewertungsabschläge von Sicherheiten müssen sich Institute entweder für Standardmodelle oder interne Modelle entscheiden. • Weitergehende Anforderungen an die Dokumentation und interne Prozesse. • Umfangreiche Freigrenzen im Rahmen des Austauschs der Initial Margin vorhanden, aber entsprechendes Monitoring notwendig. • Befreiung von Intragruppengeschäften auf Antrag und bei Nachweis der Nutzung von adäquaten Risikominderungstechniken möglich. EMIR: Risikominderungstechniken für ungeclearte OTC-Derivate Hintergrund Die drei europäischen Aufsichtsbehörden EBA (europäische Bankenaufsichtsbehörde), EIOPA (europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge) sowie ESMA (europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) haben am 10. Juni 2015 ein zweites Konsultationspapier zur Umsetzung der unter EMIR (European Market Infrastructure Regulation) vorgesehenen Risikominderungstechniken für ungeclearte OTC-Derivate vorgelegt (EBA/JC/CP/2015/002). Kernstück des neuen Entwurfs ist die Pflicht zur Besicherung von neu abgeschlossenen OTC-Derivaten, falls diese zwischen finanziellen Gegenparteien (Financial Counterparties - FC) oder mit nicht-finanziellen Gegenparteien oberhalb der Clearingschwelle (NonFinancial Counterparties - NFC+) abgeschlossen werden. Ziel des zweiten Konsultationspapiers ist es, Vorgaben für die folgenden Bereiche zu definieren: • Kontrahenten und Geschäfte, welche einer künftigen Besicherungspflicht unterliegen. • Methoden zur Berechnung der Initial Margin. • Anforderungen an Sicherheiten und Methoden zur Berechnung von Bewertungsabschlägen. • Mindeststandards für Prozesse, Dokumentation und Insolvenzschutz. • Behandlung von Intragruppengeschäften. Weiterhin wird ein gestaffelter Einführungszeitplan von September 2016 bis September 2020 skizziert. Da sich das Konsultationsverfahren in einem fortgeschrittenen Stadium befindet und der erste Einführungsstichtag immer näher rückt, sind nur noch kleinere Änderungen bis zur Veröffentlichung der endgültigen Fassung wahrscheinlich. Mit der Veröffentlichung der endgültigen Fassung ist noch in diesem Jahr zu rechnen. Definition und Begriffsabgrenzung Die künftig geplante Besicherungspflicht umfasst die bekannten Besicherungskomponenten; zum einen die Variation Margin (VM) und zum anderen die Initial Margin (IM). • Die Variation Margin dient zur Abdeckung des aktuellen Marktwertes der Geschäfte und wird auf Netto-Basis zwischen den beiden Parteien ausgetauscht. • Die Initial Margin ist eine über den Marktwert hinausgehende Besicherung zur Abdeckung von Marktwertveränderungen in der Liquidationsperiode. Der Austausch der Initial Margin erfolgt auf Brutto-Basis. Die Variation- und die Initial Margin-Anforderungen dürfen sowohl durch Barsicherheiten als auch durch Wertpapiere gedeckt werden. Der Austausch der Sicherheiten soll generell am folgenden Geschäftstag (t+1) erfolgen. Bei der Variation Margin ist eine Toleranz von bis zu 3 Geschäftstagen (t+3) vorgesehen. Wenn keine Initial Margin zwischen den Kontrahenten ausgetauscht werden muss, so hat die Variation Margin bereits verpflichtend am folgenden Geschäftstag ausgetauscht zu werden. Betroffen sind neu abgeschlossene nicht zentral geclearte OTC-Derivate. 1. Betroffene Kontrahenten und Geschäfte Von der neuen Besicherungspflicht sind nur bestimmte OTC-Derivate betroffen, die a) nach dem Eintritt der Besicherungspflicht abgeschlossen, b) nicht über eine zentrale Gegenpartei abgewickelt und c) zwischen zwei betroffenen Kontrahenten abgeschlossen werden. Folglich ist neben der Analyse der Geschäfte auch eine Klassifikation der Kontrahenten notwendig. Von der Besicherungspflicht betroffen sind Geschäfte zwischen als systemrelevante Marktteilnehmer eingestufte Kontrahenten, d.h. finanzielle Gegenparteien sowie nichtfinanzielle Gegenparteien oberhalb der Clearingschwelle (NFC+). Ausgenommen von der Besicherungspflicht sind nicht-finanzielle Gegenparteien unterhalb der Clearingschwelle (NFC-), EU-Staaten, multinationale Förderbanken, europäische Zentralbanken sowie zu einem gewissen Grad auch Covered Bond Pools1. Eine Befreiung von gruppeninternen Geschäften ist auf Antrag bei der ESMA möglich. Nicht in der EU ansässige Unternehmen sind bei Geschäften mit betroffenen Kontrahenten so zu behandeln, als wenn diese in der EU ansässig wären und entsprechend zu klassifizieren. Teilweise ausgenommen sind FX-Produkte mit physischer Abwicklung. Produktseitig werden OTC-Derivate in zwei Gruppen unterteilt; zum einen in FX-Produkte mit physischer Abwicklung und zum anderen in alle anderen Produkte. Als FX-Produkte mit physischer Abwicklung gelten zunächst Devisentermingeschäfte (FX-Forwards), Devisenswapgeschäfte (FX-Swaps) sowie zu einem gewissen Teil auch Cross-Currency-Swaps. Für alle genannten Produkte besteht nur die Pflicht zum Austausch der Variation Margin. Eine Pflicht zum Austausch der Initial Margin besteht nicht. Bei Cross-Currency-Swaps ist die Initial Margin nur für den Zinsteil zu berechnen und auszutauschen. Der Nominaltausch ist bei Cross-Currency-Swaps nicht für die Bestimmung der Initial Margin zu beachten. Die nachfolgende Grafik stellt die betroffenen Kontrahentengruppen und Geschäfte gegenüber: 1 Keine Zahlung von Variation und Initial Margin, jedoch muss die Variation Margin vom Covered Bond Pool eingesammelt werden. Financial Services Regulatory Update September 2015 | 2 Exakte Kontrahenten- und Produkteinstufung notwendig. Abbildung 1: Betroffene Produkte und Kontrahenten Quelle: Eigene Darstellung basierend auf dem 2. Konsultationspapier vom 10. Juni 2015 Die Initial Margin muss nicht ausgetauscht werden, wenn die errechnte Initial Margin der Unternehmensgruppe (FC/NFC+) gegenüber der anderen Unternehmensgruppe (FC/NFC+) weniger als 50 Mio. EUR beträgt (auch Initial Margin Threshold genannt). Bei Überschreitung der genannten Grenze von 50 Mio. EUR muss sofort der gesamte Betrag ohne Beachtung der Freigrenze ausgetauscht werden. Um einen unnötigen Austausch von Variation und Initial Margin bei marginalen Bewertungsänderungen zu vermeiden, wurde weiterhin eine maximale Freigrenze eingefügt (Minimum Transfer Amount - MTA). Ist die Summe der Veränderungen aus Variation und Initial Margin kleiner als 500.000 EUR, so ist der Austausch von Variation und Initial Margin nicht verpflichtend sondern freiwillig. Die Summe kann in einer bilateralen Vereinbarung auch auf Variation und Initial Margin aufgeteilt werden oder auf einen geringeren Wert reduziert werden. Berechnung der Initial Margin mittels Standardverfahren und internem Value-at-Risk (VaR)-Modell möglich. Tabellenbasiertes Standardverfahren mit festen nominalabhängigen Zuschlägen. 2. Methoden zur Berechnung der Initial Margin Während zur Berechnung der Variation Margin nur der Marktwert des jeweiligen Geschäfts notwendig ist, ist die Berechnung der Initial Margin komplexer. Aufgrund der größeren Komplexität können die betroffenen Marktteilnehmer zwischen zwei verschiedenen Modellen wählen: a) ein tabellenbasiertes Standardmodell; oder b) interner Ansatz basierend auf einem Value-at-Risk-Modell. Eine Neuberechnung der Initial Margin ist immer dann erforderlich, wenn ein OTC-Derivat neu in einem Nettingset2 aufgenommen wird, ausläuft, aus dem Nettingset fällt, eine Zahlung auslöst, einer anderen Assetklasse zugeordnet wird oder wenn seit 10 Tagen keine Neuberechnung der Initial Margin stattgefunden hat. • Im Rahmen des tabellenbasierten Standardmodells wird die Initial Margin Anforderung mittels eines nominal-, laufzeit- und von der Assetklasse abhängigen Modells errechnet. Nachfolgend sind die relevanten Faktoren für das ausstehende Nominal pro Assetklasse dargestellt. 2 Ein Nettingset umfasst alle Derivate unterhalb eines Rahmenvertrages, über die eine Aufrechnung von Marktwerten sowie Zahlungen erfolgen darf. Financial Services Regulatory Update September 2015 | 3 Abbildung 2: Standard Add-on-Faktoren für die IM Berechnung Quelle: Eigene Darstellung basierend auf dem 2. Konsultationspapier vom 10. Juni 2015 Im Rahmen der Berechnung können Nettingeffekte zwischen Produkten innerhalb des gleichen Nettingsets und innerhalb der gleichen Assetklasse (Zinsen/Währungen/ Inflation, Equity, Kredit, Rohstoffe und Gold sowie Sonstige) berücksichtigt werden. Dies geschieht analog zu dem Vorgehen in der CRD IV mittels der „Net-to-Gross Ratio“. Bei Zweifeln über die Einstufung eines Derivates ist die jeweils höchste Initial Margin Anforderung zu berücksichtigen. Nutzung von internen Modellen und von Drittparteien entwickelten Modellen möglich. • Bei der Nutzung des internen Modells können sowohl eigene Modelle als auch von Drittparteien entwickelte Methoden verwendet werden. Die Modelle basieren auf einem Value-at-Risk(VaR)-Modell mit einem 99 % Konfidenzintervall und einer Haltedauer von 10 Tagen. Gegenläufige Positionen dürfen ebenfalls nur innerhalb einer Assetklasse und innerhalb eines Nettingsets berücksichtigt werden. Die verwendeten historischen Marktdaten sollen mindestens aus den letzten drei Jahren und maximal aus den letzten fünf Jahren stammen. Zusätzlich unterliegen die verwendeten Marktdaten noch weiteren Anforderungen in Hinblick auf die Zusammensetzung. Aktuell arbeitet u.a. die ISDA (International Swaps and Derivative Association) an einem Standard für interne Modelle 3 zur Berechnung der Initial Margin. Jedoch müssen beide Kontrahenten vor Nutzung explizit dem Einsatz solcher Modelle zustimmen sowie anschließend laufend Kalibrierungsinformationen und Marktdaten gegenüber dem Kontrahenten veröffentlichen. Falls interne Modelle verwendet werden, so sind ebenfalls eine initiale und eine laufende (mindestens jährliche) Validierung vorzunehmen. Weiterhin sind wichtige Einschränkungen schriftlich festzuhalten. Ausgenommen von der Berechnung der Initial Margin sind solche Geschäfte, bei denen einer der beiden Parteien kein Ausfallrisiko entstehen kann. Dies sind u.a. Optionen, bei denen der Käufer die Optionsprämie bereits an den Verkäufer bezahlt hat. Da bei diesen Geschäften der Verkäufer (nach Erhalt der Prämie) kein Ausfallrisiko mehr hat, benötigt er 3 Die ISDA arbeitet aktuell an einem „Standard Initial Margin Model“ (SIMM) und stimmt dieses bereits mit den Aufsichtsbehörden ab. Financial Services Regulatory Update September 2015 | 4 daher auch keine Initial Margin. Kommt es beim Austausch der Initial oder der Variation Margin zu Streitigkeiten, so ist zumindest der unstrittige Teil bereits abzuwickeln. Aufsichtsrechtlich ist ein breites Spektrum an Sicherheiten zugelassen. Bilateral können die Kontrahenten dieses jedoch einschränken. 3. Anforderungen an Sicherheiten und Methoden zur Berechnung von Haircuts Zur Deckung der Variation- und Initial Margin-Forderungen können die Kontrahenten sowohl Barsicherheiten als auch Staats- und Unternehmensanleihen, hochwertige ABSTranchen, Anteile an UCITS (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities), Aktien, Wandelanleihen sowie Gold verwenden. Die Kontrahenten können dabei weiterhin bilateral auch einzelne Assetklassen, Produkte oder Ratingklassen ausschließen. Im Rahmen der Sicherheitenstellung müssen die Kontrahenten die Zusammensetzung des Sicherheitenpools laufend überprüfen. Hierbei ist neben der Liquidität der Sicherheiten auch deren Diversifikation in Form von Obergrenzen pro Emittent und teilweise auch pro Assetklasse sowie eine mögliche positive Korrelation zwischen dem Wert der Sicherheiten und der Kreditwürdigkeit des Kontrahenten (Wrong-Way Risk) zu beachten. Die Ermittlung von Bewertungsabschlägen hat dabei wie bei der Initial Margin-Berechnung entweder über ein Standardmodell oder einen internen Ansatz zu erfolgen. Ermittlung von Bewertungsabschlägen („Haircuts“) mittels Standardmodellen und internen Modellen möglich. • Im Rahmen des tabellenbasierten Standardmodells zur Ermittlung der Bewertungsabschläge müssen die Kontrahenten die durch externe oder interne Ratingverfahren ermittelten Ausfallwahrscheinlichkeiten (Probabilities of Default - PD) in „Credit Quality Steps“ (CQS) überführen. Danach wird der Bewertungsabschlag in Abhängigkeit von der Restlaufzeit der Sicherheit sowie der Assetklasse ermittelt. Die folgenden prozentualen Abschläge sind derzeit vorgesehen: Abbildung 3: Standard-Bewertungsabschläge für Sicherheiten Quelle: EY basierend auf dem 2. Konsultationspapier vom 10. Juni 2015 Bereits übertragene Barsicherheiten zur Deckung der Variation Margin unterliegen keinem Bewertungsabschlag. Jedoch gibt es noch weitere Bewertungsabschläge bei Währungsungleichheit: • 8 % Abschlag auf die Initial Margin, wenn die Sicherheiten eine andere Währung als die Auflösungswährung haben. • 8 % Abschlag auf die noch nicht ausgetauschte Variation Margin, wenn die Sicherheiten eine andere Währung als die Transportwährung haben. Financial Services Regulatory Update September 2015 | 5 • Ist keine Auflösungswährung oder Transportwährung definiert, dann ist der Abschlag auf den gesamten Betrag anzuwenden.4 Verwendung von internen Modellen mit der Erfüllung von hohen Mindestanforderungen verbunden. • Neben den tabellenbasierten Standardmodellen können die Kontrahenten auch interne Modelle zur Ermittlung des Bewertungsabschlages verwenden. Hierbei müssen aktuelle Marktdaten verwendet werden, die mindestens alle drei Monate oder bei signifikanten Veränderungen aktualisiert werden. Die notwendigen Faktoren umfassen zumindest die Art der Sicherheit, den Emittenten, die Kreditqualität und die Restlaufzeit. Weiterhin muss mindestens einmal jährlich eine Kontrolle der Prozesse zur Bestimmung der Bewertungsabschläge durchgeführt werden. Dies beinhaltet u.a. die Prüfung der Kriterien für eine signifikante Änderung der Marktparameter, die Verlässlichkeit und Unabhängigkeit der Marktdatenquellen für die Berechnung sowie die Genauigkeiten der verwendeten Volatilitäten. 4. Mindeststandards für Prozesse, Dokumentation und Insolvenzschutz Im Konsultationspapier werden darüber hinaus Mindestanforderungen für Prozesse und Dokumentationen genannt, die einen zeitnahen Austausch von Sicherheiten gewährleisten sollen. Diese umfassen u.a.: a) Dokumentierte Prozesse für die Behandlung, Prüfung und Verbuchung von Sicherheiten. Dies beinhaltet auch die regelmäßige Überprüfung der Liquidation der erhaltenen Sicherheiten. b) Rahmenverträge mit einer Definition der zugelassenen Sicherheiten, der Derivate innerhalb eines Nettingsets, der Frequenz und den Kommunikationsweg für Margin Calls sowie Vorgaben zur Bewertung von Sicherheiten. c) Etablierte Prozesse zur Streitbeilegung (Dispute Management) sowie die Meldung von abweichenden Geschäftsvorfällen an das Management. Die Notwendigkeit von Rahmenverträgen, wie ISDA (International Swaps and Derivatives Association) oder DRV (Deutscher Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte), zwischen den Kontrahenten bleibt weiterhin bestehen. Die Parteien müssen auch weiterhin jährlich die Wirksamkeit der bilateralen Nettingvereinbarungen durch eine unabhängige Überprüfung sicherstellen. Die zur Deckung der Initial Margin erhaltenen Sicherheiten müssen von den eigenen Vermögensgegenständen getrennt werden, damit diese Sicherheiten im Insolvenzfall zur Deckung möglicher Forderungen genutzt werden können. Die Trennung kann zum einen durch eine insolvenzsichere Verwahrung beim Empfänger, aber auch durch die Verwahrung bei Verwahrstellen („Custodians“) oder anderen Drittparteien sichergestellt werden. Weiterhin muss die empfangende Partei eine Möglichkeit zur individuellen Segregation der Sicherheiten anbieten. Eine insolvenzsicherere Verwahrung muss durch den Empfänger für jede betroffene Juristriktion mittels einer rechtlichen Überprüfung jährlich nachgewiesen und bei Bedarf der Gegenpartei zugänglich gemacht werden. Weiterhin dürfen erhaltene Sicherheiten nicht weiterverwendet werden. Einzig erhaltene Barsicherheiten dürfen zur insolvenzsichereren Verwahrung unter Zustimmung beider Parteien in Wertpapiere reinvestiert werden. 4 Die Definition der Begriffe „Auflösungs-“ und „Transportwährung“ ist seitens der ESMA noch ausstehend. Financial Services Regulatory Update September 2015 | 6 Ausnahmen für konzerninterne Geschäfte möglich; aber mit Hürden verbunden. Schrittweise Einführung der Besicherungspflicht: 5. Behandlung von Intragruppengeschäften Intragruppengeschäfte, d.h. Geschäfte zwischen Parteien, die dem gleichen Konzern angehören, können auf Antrag von der Pflicht zur Besicherung ausgenommen werden. Hierzu muss nachgewiesen werden, dass ausreichende Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen worden sind. Dies umfasst u.a. den regelmäßigen Ausgleich von offenen Forderungen und Verbindlichkeiten aus den Geschäften sowie eine Überwachung der Marktwerte. Weiterhin muss eine Unternehmensgruppe sicherstellen, dass keine rechtlichen Hindernisse, u.a. Kapitelverkehrskontrollen aber auch Sperrminoritäten, welche einen Transfer verhindern können, in Bezug auf den Ausgleich der Verbindlichkeiten bestehen. Weiterhin muss die interne Gegenpartei über ausreichend Liquidität zur Erfüllung der positionsbezogenen Zahlungsverpflichtungen verfügen. Einführungszeitraum Im Rahmen der Einführung ist bei der Besicherungspflicht zwischen der Initial Margin und der Variation Margin zu unterscheiden. Weiterhin ist die Einführung nach der systemischen Relevanz, gemessen am Bruttonominalvolumen5 an nicht-geclearten OTC-Derivaten der Unternehmensgruppe, gestaffelt. Relevant für die Berechnung sind die gemittelten Monatsendwerte März, April und Mai des jeweiligen Jahres. 01.09.2016 Initial Margin: 09/2016 – 09/2020 Variation Margin: 09/2016 - 03/2017 01.03.2017 01.09.2017 01.09.2018 01.09.2019 01.09.2020 Kontrahenten mit einem relevanten Derivatevolumen von mehr als 3 Billionen EUR. Alle anderen Kontrahenten. Kontrahenten mit einem relevanten Derivatevolumen von mehr als 3 Billionen EUR. Kontrahenten mit einem relevanten Derivatevolumen von mehr als 2,25 Billionen EUR. Kontrahenten mit einem relevanten Derivatevolumen von mehr als 1,5 Billionen EUR. Kontrahenten mit einem relevanten Derivatevolumen von mehr als 0,75 Billionen EUR. Kontrahenten mit einem relevanten Derivatevolumen von mehr als 8 Mrd EUR. Abbildung 4: Einführungszeitplan Quelle: Eigene Darstellung basierend auf dem 2. Konsultationspapier vom 10. Juni 2015. Aufgrund der auch nach September 2020 verbleibenden Initial Margin Freigrenze von 8 Mrd. EUR. werden zahlreiche Kontrahenten auch nach der schrittweisen Einführung nicht von der Pflicht zum Austausch der Initial Margin betroffen sein. Dies bedeutet vor allem für kleinere Parteien eine erhebliche Erleichterung. Die Anforderungen zur Segregation sowie zur Weiterverwendung von Sicherheiten werden ebenfalls schrittweise mit der Initial Margin Pflicht eingeführt. Alle anderen Anforderungen, u.a. an Intragruppengeschäfte, gelten ab Inkfrafttreten der Regulierung. 5 Im Gegensatz zum Nettonominalvolumen berücksichtigt das Bruttonominal keine Nettingeffekte, d.h. eine Aufrechnung von gegenläufigen Geschäften ist nicht möglich. Financial Services Regulatory Update September 2015 | 7 Weitere Ungewissheit durch mögliche Änderung der NFC und FC Klassifikation durch die ESMA. Auswirkungen auf bestehende Transaktionsregistermeldung unter EMIR. Fazit Ausblick Das zweite Konsulationspapier beinhaltet eine Vielzahl von Anmerkungen durch diverse Marktteilnehmer. Aufgrund des umfangreichen Regelwerkes ist auch weiterhin bis zur Fertigstellung in Q4 2015 / Q1 2016 mit Änderungen zu rechnen. Am 13. August 2015 hat die ESMA eine Überprüfung der Kontrahentenklassifikation unter EMIR angekündigt. Hintergrund ist die unzureichende Genauigkeit bei der Abgrenzung zwischen finanziellen und nicht-finanziellen Gegenparteien. Darüber hinaus wird die Definition der Clearingschwelle mit Hilfe des Nicht-Hedging-Anteils hinterfragt. Im Weiteren schlägt die ESMA vor, die Kriterien zu ändern und ggf. neue Verfahren zu implemtenieren. Diese neuen Verfahren hätten erhebliche Auswirkungen auf die Pflicht zur bilateralen Besicherung, da betroffene und nicht-betroffene Parteien neu definiert werden würden. Zusätzlich hat der geplante Austausch von Initial und Variation Margin Auswirkungen auf die Meldung an das Transaktionsregister unter EMIR. Im Rahmen der geplanten „Data Validation Level 3“ werden bereits neue Felder zum separaten Reporting von gezahlter und erhaltener Variation und Initial Margin diskutiert. Die Anforderungen an die bilaterale Besicherung von ungeclearten OTC-Derivaten stellen neue Herausforderungen an das Back-Office und die IT, auch wenn die Besicherung dieser Geschäftsarten – mindestens im Interbankengeschäft – per se kein Novum darstellt. Neben den einmaligen Umsetzungsaufwänden werden die Erhöhung der regelmäßigen Prüfroutinen und Aktitvitäten sowie die steigende Liquiditätsbindung negativ auf die Ertragseite einwirken. Damit steigen sowohl die Anforderungen an das Collateral Management als auch an eine effiziente Prozessgestaltung und Ressourcenallokation – dabei ist gleichzeitig eine vollständige Umsetzung der regulatorischen Vorgaben zu gewährleisten. Hinzu kommen auch neue Geschäftsbeziehungen zu Serviceanbietern (wie z.B. Tri Party Collateral Agents und Softwareanbieter), welche zu Beginn einem umfänglichen Auswahlprozess und einer Governancestruktur unterworfen werden müssen. Financial Services Regulatory Update September 2015 | 8 EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory Ansprechpartner Deutschland Österreich Claus-Peter Wagner Managing Partner Financial Services Germany +49 6196 996 26512 [email protected] Friedrich O. 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