Inhaltsanalyse des Spiels "Diablo 2 "

Transcrição

Inhaltsanalyse des Spiels "Diablo 2 "
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Inhaltsanalyse des Spiels "Diablo 2 " ________________________________________1
(Nadia Kraam-Aulenbach, Shahieda Ibrahim)
Auswertung der Befragung zum Spiel ”Diablo 2”______________________________8
(Tanja Witting)
Beschreibung der Untersuchungsgruppe _________________________________________ 8
Referentielle Aspekte der Inhalte ______________________________________________ 11
Spielinhalt und Strukturelle Koppelung_________________________________________ 13
Semantische Aspekte der Inhalte_______________________________________________ 18
Motivationale Aspekte der Inhalte _____________________________________________ 20
Syntaktische Aspekte der Inhalte ______________________________________________ 24
Pragmatische Aspekte der Inhalte______________________________________________ 28
Präsentative Aspekte der Inhalte_______________________________________________ 31
Temporäre Aspekte der Inhalte________________________________________________ 32
Eintauchen in die virtuelle Welt _______________________________________________
Konzentration _____________________________________________________________
Verschmelzen _____________________________________________________________
Form der Einwirkung _______________________________________________________
34
34
35
36
Zusammenhang von Inhalt und Perspektive _____________________________________ 36
Spielinhalt und Gedächtnis ___________________________________________________ 37
Zusammenfassung___________________________________________________________ 38
Inhaltsanalyse des Spiels "Diablo 2 "
Semantische Aspekte der Inhalte
"Diablo" gehört zum Genre der Rollenadventures. Bei diesem Spiel handelt es sich um
einen in sich abgeschlossenen Handlungsablauf, der sich schrittweise entwickelt. Dabei
steuert der Spieler eine zentrale Spielfigur aus fünf wählbaren Charakteren und erlebt mit
seiner präferierten Spielfigur verschiedene Abenteuer. Der Spieler hat die Aufgabe, durch
Lösen von Rätseln und durch Besiegen von immer stärker werdenden Gegnern, bis zu
seinem Endgegner ("Diablo") vorzudringen und diesen zu vernichten.
Spiellandschaft: Die Spiellandschaft ist sehr abwechslungsreich. In einem mittelalterlich,
fantastisch inszenierten ”Spielsetting”, bewegt sich die Spielfigur durch düstere Höhlen,
durchquert
gespenstische
Friedhöfe
und
gelangt
über
exotisch
fernöstliche
Wüstenszenarien zu spaceartigen Weltraum-Landschaften. Dieses vielfältige Angebot an
Szenarien vermittelt dem Spieler das Gefühl, dass ihn seine Missionen durch Länder bzw.
Welten unterschiedlicher Kulturen reisen lassen.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Spielfiguren: Der Spieler steuert während des gesamten Handlungsablaufs eine zentrale
Spielfigur, die er vorher auswählt. Fünf Charaktere, die sich durch unterschiedliche
Fähigkeiten und Stärken auszeichnen, stehen ihm zur Auswahl. Die Spielfiguren
unterscheiden sich nicht nur in ihrem Können voneinander, sondern auch durch äußerliche
Merkmale wie Geschlecht, Aussehen und Kleidung. Diese Differenzierungen erleichtern es
dem Spieler, eine Figur auszusuchen, die ihm die Möglichkeit gibt, sich mit ihr zu
identifizieren.
Jede Spielfigur hat ihre eigene Hintergrundgeschichte und ist an real vorkommenden
Figuren der mittelalterlichen Zeitepoche angelehnt. Allerdings beruhen einige Fähigkeiten
der einzelnen Figuren auf Mythen und Sagen.
Die Amazone entstammt einem Volk der Kriegerinnen und ist auf Fernwaffen (Armbrust,
Wurfmesser) spezialisiert. Sie wirkt elegant und bewegt sich graziös. Es gibt Bezüge zu
medialen Welten wie Filmen, Büchern, Fantasy-Comics, in denen die Gestalt der Amazone
auftaucht.
Der Barbar entstammt einem nomadischen Steppenvolk. Er hat eine große Statur und
beeindruckt durch seine Stärke. Im Nahkampf überzeugt er durch seine Kampfkünste.
Seine Muskelmasse verhindert jedoch flinke Bewegungen und lässt nur grobmotorische
Aktionen zu.
Der Totenbeschwörer hat etwas Mystisches, Dunkles an sich. Er lässt Tote wieder
auferstehen und für sich kämpfen. Die Figur erinnert an einen Schamanen mit magischen
Fähigkeiten.
Der Paladin stellt die Figur eines heiligen Ritters im Mittelalter dar. Im Umgang mit
Nahkampfwaffen ist er sehr gewandt. Die Figur wirkt andächtig und anmutig und verweist
auf die Gestalt eines Ritters der Tafelrunde. Es besteht sowohl ein Bezug zur Spielwelt aus
der Kindheit (Zinnfiguren, Ritterburgen), als auch zur medialen Welt (Ritterfilme,
Romanfiguren).
Die Zauberin zeichnet sich insbesondere durch magische Fähigkeiten aus. Sie kämpft
hauptsächlich aus der Distanz mit Flüchen und Zaubersprüchen. In der Regel wird mit der
Figur des Zauberers durch Mythen und Märchen eine männliche Gestalt assoziiert. Die
weibliche Gestalt wird mit dem Erscheinungsbild der Hexe in Verbindung gebracht. Im
Gegensatz zu dieser Figur, die in Märchen als klein, alt und buckelig, mit krummer Nase,
versehen mit Besen, schwarzer Katze und Rabe, dargestellt wird, ist die Zauberin im Spiel
jung, attraktiv, anmutig und grazil. Sie nimmt eine positive Rolle im Kampf gegen das
Böse ein, während die Rolle der Hexen meistens negativ besetzt ist.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Die weiteren Figuren im Spiel sind Stadtbewohner, die einen bestimmten Berufstand einer
Zeitepoche verkörpern wie z.B. der Schmied oder der Gelehrte. Im Spiel gibt es die
Option, Söldner anzuwerben, die den Helden im Kampf unterstützen.
Monster/Dämonen: Im Gegensatz zu anderen Elementen im Spiel, die eindeutig auf das
Mittelalter verweisen, sind Dämonen, Monster oder Rieseninsekten zeitlos. Ihr
Vorkommen ist mit den entsprechenden Orten verknüpft und der Spiellandschaft
angepasst, z.B. sind ”Geierdämonen” in der Wüste vorzufinden und ”Riesenmoskitos” im
Regenwald.
Spielobjekte: Schätze: Sobald ein Monster gestorben ist, hinterlässt es manchmal
Gegenstände wie Waffen, Gold, Schlüssel oder andere nützliche Dinge, die die Spielfigur
aufsammeln und verwenden kann. Dieses Handlungsmuster spiegelt den Sammel- und
Jagdtrieb des Spielers wider und weckt Urinstinkte.
Wertvolle Gegenstände können auch in einer persönlichen Schatztruhe in der Stadt
aufbewahrt
werden.
Dies
kennt
der
Spieler
auch
aus
anderen
alltäglichen
Zusammenhängen wie z.B. das Deponieren von Geld in einem Banksafe.
Höhlen: Im Spiel bieten Höhlen Unterschlupf für das Böse (Monster und andere
Kreaturen), während sie im realen Leben durchaus in einem anderen Kontext betrachtet
werden können (Höhle als Biotop).
Das Spiel bildet die Fantasywelt mit den darin typisch vorkommenden Elementen ab und
kann für dieses Genre als Referenzmedium gelten, weil sich Bezüge zu unterschiedlichen
Fantasydarstellungen herstellen lassen (gegen böse Mächte kämpfen, Schatzsuche).
Weitere Anknüpfungspunkte zur Lebenswelt der Spieler finden sich in Freizeitinteressen
wieder (Fantasyrollenspiele, Fantasyromane, Filme). Spieler, die in ihrer Kindheit mit
Ritterburgen gespielt haben und immer schon fasziniert von Gruselgeschichten waren, sind
möglicherweise von ”Diablo” gefesselt und fühlen sich durch die Elemente des
Spielinhalts besonders angesprochen.
Es gibt Elemente im Spiel, die unangenehme gefühlsmäßige Reaktionen hervorrufen
könnten (Folteropfer im Gefängnis, aufgespießte Menschen, ekelerregende Kreaturen).
Gleichzeitig können diese Elemente für andere Spieler spannungsverstärkend wirken.
Zusätzlich wird der Spannungsbogen im Spiel durch die musikalische Untermalung und
der Situation angemessene Soundeffekte gesteigert.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
b) Syntaktische Aspekte der Inhalte
Die ”Quests” lassen sich besser erschließen, wenn der Spieler mit den Stadtbewohnern
kommuniziert.
Während des Spielablaufs sammelt die Spielfigur neue Erfahrungen und sobald sie einen
bestimmten Erfahrungswert erreicht hat, erhält sie Statuspunkte, die der Spieler auf seine
vier Attribute verteilen kann (Stärke, Geschicklichkeit, Vitalität, Energie). Diese Option
der Punkteverteilung erschließt sich nicht unbedingt aus der Spielhandlung, sondern
erfordert das Lesen des Handbuchs.
Andere Elemente des Spielinhalts, wie z.B. Identifikation von Gegenständen durch
bestimmte Schriftrollen, Aufsammeln von Gegenständen, Kauf und Verkauf von
Utensilien und Kommunizieren mit den Stadtbewohnern erschließen sich im Spiel von
selbst.
Mit der Zeit selektiert der Spieler während des Aufsammelns die Gegenstände, weil er mit
zunehmender Spielerfahrung die Gegenstände nach Relevanz einordnen kann (eigene
Anwendung oder Verkauf).
Ein weiteres wichtiges Element im Spiel ist die automatische Karte zur Orientierung. Ohne
diese Karte kann der Spieler seine Spielfigur nur unzulänglich zielgerichtet steuern. Auch
die Wegpunkte (besonders markierte Punkte, an die sich die Spielfigur begeben kann)
beschleunigen das Reisen zwischen den unterschiedlichen Spiellandschaften.
Darstellung der Spielfiguren im syntaktischen Kontext: Der Barbar ist von imposanter
Statur mit den höchsten Stärke- und Vitalitätswerten. Er kann sich in allen
Waffengattungen spezialisieren, als einziger zwei Waffen auf einmal benutzen und richtet
den meisten Schaden im Nahkampf an. Neben diesen Kampfkünsten lernt der Barbar mit
der Zeit, Kampfschreie auszustoßen, die die Gegner auf unterschiedlichste Art und Weise
in die Flucht schlagen und schädigen. Der Barbar ist kein Distanzkämpfer und zeigt
deshalb Schwächen im Kampf gegen Schützen und magische Gegner.
Der Paladin steht an zweiter Stelle, was den Nahkampf und das allgemeine Benutzen von
Waffen anbelangt. Im Umgang mit Schwertern ist er sehr geschickt, kann aber auch mit
Äxten und vor allem Zeptern beachtlichen Schaden anrichten. Neben einigen äußerst
effektiven Offensivschlägen - darunter unter anderem ein Angriff gegen mehrere
umstehende Monster - lebt der Paladin vor allem von einer guten Balance zwischen
Angriff und Verteidigung. Dazu tragen seine so genannten ”Auren” bei. Diese können
vollkommen unterschiedlicher Natur sein, zum Beispiel heilende oder schützende Wirkung
haben, aber auch den Gegner schwächen, bzw. die eigenen Attacken stärken.
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Amazonen, wilde Kriegerinnen aus einem fernen Inselreich, sind Spezialistinnen, was
graziöse Waffen, wie Bogen oder Speer angeht. Nicht nur, dass sie Speere sowohl im
Nahkampf, als auch als Wurfgeschosse benutzen können. Mit steigender Erfahrung lernt
die Amazone, ihre Pfeile mit magischen Kräften zu versehen. Diese Geschosse rufen
Verbrennungen hervor, vereisen jeden Gegner oder erschaffen eine Giftwolke inmitten
einer Monsteransammlung. Entscheidet sich der Spieler, den Speer zu vernachlässigen und
den Bogen zu perfektionieren, ist es seiner Spielfigur sogar möglich, ihren Pfeil in viele
kleine Projektile aufzuspalten und so ganze Gruppen von Gegnern zu durchbohren. Da
Amazonen im Fernkampf geschulter sind, entwickeln sie mit der Zeit - wenn vom Spieler
gewählt - verschiedene Ausweichtaktiken, um tödlichen Treffern zu entgehen.
Charakteristisch für den Totenbeschwörer ist seine Fähigkeit, bereits getötete Gegner
wiederzubeleben und als Verbündete an seiner Seite kämpfen zu lassen. Mit zunehmender
Erfahrung gewinnt er nicht nur Skelette für sich, sondern auch andere Kreaturen wie
Lehmgolems und Dämonen. Zusätzlich greift er durch Verfluchung seiner Gegner und
leichten Offensivsprüchen ins Kampfgeschehen ein. Besondere Stäbe verleihen dem
Nekromanten Extra-Kräfte. Durch sie kann er noch zusätzliche Zauberfähigkeiten erlernen.
Die Kräfte der Elemente hat sich die Zauberin zu Diensten gemacht, um ihren Feinden
Widerstand zu leisten. Anfangs sind es nur kleine Feuerbälle oder Frostzauber, jedoch mit
steigender Erfahrung beschwört die Magierin ganze Kometen herbei. Die Zauberin benutzt
keine Schwerter und Äxte sondern bekämpft ihre Gegner vorwiegend durch magische
Fertigkeiten.
Die Charaktereigenschaften und die Fähigkeiten der Spielfiguren sind durch die Regeln
des Spiels manifestiert.
Die Handlungsmuster Kämpfen und Verteidigen vollzieht der Spieler automatisch, ohne
besondere Regelkenntnisse. (Der Spieler reagiert automatisch mit Abwehr, wenn er von
Gegnern angegriffen wird). Durch erfolgreiches Bekämpfen der Gegner sammelt er
Bonuspunkte, mit Hilfe derer er den Charakter seiner Spielfigur aufbauen kann. So ist ohne
detaillierte Regelkenntnisse ein Spielfortschritt erreichbar.
Im Spiel tauchen weitere Figuren in Form von Stadtbewohnern und Monstern/Dämonen
auf, die bestimmte Funktionen innerhalb des Spiels erfüllen.
Stadtbewohner:
Ausrüstung der Hauptfigur
Handel mit Gegenständen
Identifizierung von magischen Utensilien
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Erteilen von Aufträgen und Hilfestellung
Heilung der Hauptfigur
Monster/Dämonen:
Angreifen des Helden
Hinterlassen von Gegenständen und Geld
Elixiere (Lebensenergie, Mana)
Sie dienen dem Erhalt des Lebens bzw. der magischen Energie und sind nur im Kontext
des Spiels zu sehen.
c) Pragmatische Aspekte der Inhalte
Einwirkungsmöglichkeiten des Spielers auf seine zentrale Spielfigur: Steuerung der
Figur (angreifen, verteidigen, gehen, rennen), Ausrüstung der Spielfigur, Charakteraufbau,
Kauf und Verkauf von Gegenständen, Kommunizieren mit anderen Spielfiguren,
Zaubersprüche anwenden; unmittelbare Einwirkung des Spielers auf Objekte (Aufsammeln
von Gegenständen, Öffnen von Truhen und Türen).
Der Selbsterklärungswert des Spiels ergibt sich aus dem mittelalterlichen Spielsetting. Der
Spieler kann leicht erschließen, welche Funktion beispielsweise eine Armbrust hat.
Einwirkungsmöglichkeiten und Gefährdungen im Spiel sind mit dem Inhalt in einem
angemessenen Gleichgewicht verschränkt. (Beim Angriff durch die Gegner benutzt ein
Paladin beispielsweise ein mittelalterliches Schwert, das zum Spielsetting passt und kann
sich auch erfolgreich damit wehren. Unangemessen zum Inhalt wäre, wenn ihm eine
Laserwaffe zur Verfügung stehen würde).
Der Spieler hat eine begrenzte Einwirkungsmöglichkeit auf die Stadtbewohner. Er kann
sich nur mit ihnen unterhalten, wenn er sie anklickt, hat aber keine Möglichkeit sie zu
steuern. Bei den gegnerischen Spielfiguren verhält es sich ähnlich. Diese greifen
selbständig die Spielfigur an und der Spieler hat keinerlei Einflussmöglichkeit.
d) Motivationale Aspekte der Inhalte
Die abwechslungsreiche Spiellandschaft, Gruselelemente, diverse Waffengattungen,
Ausrüstungen,
unterschiedliche
Figurenbezeichnungen
Zaubersprüche,
(Zombies,
Mumien,
aus
dem
Ghule)
Horrorgenre
sind
für
bekannte
Fantasyfans
motivationssteigernd.
Die graphische Präsentation zeichnet sich durch Detailreichtum aus und die zum Szenario
passende musikalische Untermalung erhöht die Begeisterung des Spielers.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Die motivationale Kraft in diesem Spiel entwickelt sich durch eine gelungene
Verschränkung von Inhalt und Regel.
Eine große Bedeutung hat hier auch die Tatsache, dass es sich um eine Fortsetzung von
"Diablo 1" (einem der meistverkauftesten und beliebtesten Rollenspiele) handelt. Die
Spielgeschichte baut auf den ersten Teil auf, was natürlich die Spieler, welche sich schon
mit diesem Teil beschäftigten, besonders motiviert.
e) Präsentative Aspekte der Inhalte
Die Spielinhalte werden sowohl bild- als auch sprachorientiert vermittelt und können den
Inhalt angemessen präsentieren.
Der Vorspann und die Zwischensequenzen sind spielfilmartig dargestellt und dienen als
Einleitung bzw. Fortführung der Spielgeschichte.
Die Übersichtlichkeit im Spiel wird dadurch erhalten, dass beispielsweise die Anzahl der
Stadtbewohner und anderer wichtiger Utensilien, wie Waffen, Ausrüstung usw. begrenzt
bleibt.
f) Temporäre Aspekte der Inhalte
In der Anfangsphase des Spiels ist die Präsentation vordergründig, da sowohl die
Verpackung als auch die Grafik den Spieler dazu animieren, sich für das Spiel zu
begeistern. Die Vielfalt des Spielsettings erfüllt in allen Spielphasen die Funktion, für
Überraschungseffekte zu sorgen.
Der Spieler beginnt mit einer zentralen Spielfigur, die ausbaufähige Grundfertigkeiten
besitzt. Während er sich mit den Fertigkeiten seiner präferierten Spielfigur und anderen
relevanten Spielelementen (Stadtbewohner, Monster, Schätze, Waffen) auseinandersetzt,
befasst er sich gleichzeitig auch mit den Regeln des Spiels.
In der nächsten Spielphase gewinnt zunehmend die Dynamik an Bedeutung: Sobald der
Spieler mit den Grundregeln vertraut ist, kann er sich intensiver auf das Spielgeschehen
einlassen, d.h. er befasst sich detaillierter mit den ”Ausbaumöglichkeiten” seiner Spielfigur
und handelt im Verlauf des Spiels zielgerichteter, er entwickelt Taktiken, um die
spielerischen Anforderungen zu bewältigen.
Die Spielspannung wird erhöht, indem der Schwierigkeitsgrad steigt (Gegner gewinnen
ebenfalls an Stärke und sind nicht leicht bezwingbar) und die Ausrüstungsgegenstände in
ihren Eigenschaften differenzierter werden (z.B. besitzt ein Ring vielfältige Eigenschaften,
die der Spieler für sich nutzen kann). Das Lösen von unterschiedlichen Aufgaben im
Spielverlauf sorgt ebenfalls dafür, dass das Spiel nicht eintönig wird.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Die Handlungsmuster in diesem Spiel bleiben zwar gleichförmig (Jagen, Kämpfen und
Sammeln), aber durch die sich immer verändernde Spiellandschaft verliert das Spiel nicht
seinen Reiz.
Mit zunehmender Spielerfahrung entwickelt der Spieler Handlungs- und Regelschemata.
Sein Interesse gilt vornehmlich dem Ausbau des Charakters seiner Spielfigur (bessere
Ausrüstung und Spezialisierung der Eigenschaften) und der Bewältigung der
Spielaufgaben.
g) Referentielle Aspekte der Inhalte
Mitteilenswert für einen Außenstehenden sind folgende Kriterien:
Auswahl zwischen fünf Spielfiguren
Kampf gegen Monster und diverse andere Kreaturen in einem mittelalterlichen Rahmen
Limitierte Lebens- und Zauberenergie
Lösen von "Quests"
Kampf gegen "Diablo" als Endziel
Informationen zur Spielpräsentation wie Grafik, Soundeffekte könnten möglicherweise
eher mitgeteilt werden, als Detailinformationen zu Regeln und Dynamik des Spiels.
Auswertung der Befragung zum Spiel ”Diablo 2”
Beschreibung der Untersuchungsgruppe
Insgesamt umfasst die Untersuchungsgruppe zum Spiel ”Diablo 2” zehn Personen im Alter
zwischen 20 und 36 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei 26,5 Jahren liegt.
Alter in Jahren
Alter
40
35
30
25
20
15
10
5
0
36
26
25
26
29
24
26
28
25
20
Alter
VP 4 VP 6 VP 7
VP
13
VP
18
VP
31
VP
36
VP
60
VP
63
VP
69
VP-Nummer
Abbildung 28: Alter der Versuchspersonen
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Das Spiel ist auch für ältere Computerspieler interessant, die generell Interesse am
Fantasy-Genre haben und ihrem Interesse auch mit Hilfe dieses Spiels nachgehen können.
Insbesondere den älteren Spielern ist die Fantasy-Thematik bereits durch andere Medien,
wie Bücher und Filme, vertraut.
Der Anteil an weiblichen Usern ist mit drei Personen vergleichsweise hoch, wenn man
berücksichtigt, dass an der Gesamtuntersuchung von 80 ComputerspielerInnen nur elf
weibliche Versuchspersonen teilgenommen haben. Das Fantasy-Thema des Spiels scheint
also auch Spielerinnen anzusprechen.
Die durchschnittliche Spielerfahrung der befragten Teilgruppe liegt bei 11,7 Jahren und ist
in Anbetracht des Alters der Versuchspersonen nicht auffällig.
Spielerfahrung in Jahren
Spielerfahrung
22
25
20
15
16
13
15
14
16
8
10
5
7
2
Spielerfahrung
4
0
VP VP VP VP VP VP VP VP VP VP
4
6
7 13 18 31 36 60 63 69
VP-Nummer
Abbildung 29: Spielerfahrung der Versuchspersonen
Dagegen ist die investierte Spielzeit zum Zeitpunkt der Befragung mit durchschnittlich
128,5 Stunden ungewöhnlich hoch. Allerdings wird dieser Durchschnittswert besonders
durch einen Spieler mit einer extrem hohen Spielzeit von 450 Stunden angehoben. Zwei
weitere Spieler geben Spielzeiten von 270 bzw. 200 Stunden an. Die anderen sieben
Interviewpartner haben zum Zeitpunkt der Befragung jedoch deutlich weniger Zeit mit
dem Spiel verbracht (zwischen 100 und 20 Stunden).
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Spielzeit in h
450
Spielzeit in h
500
400
270
300
200
100
200
100
100
50
30
20
Spielzeit in h
20
45
0
VP VP VP VP VP VP VP VP VP VP
4
6
7 13 18 31 36 60 63 69
Versuchspersonen
Abbildung 30: Spielzeit in Stunden
”Diablo 2” bietet durch seine Strukturierung in vier verschiedene Akte eine sehr lange
Beschäftigung ohne, dass die Spieler sich langweilen. Darüber hinaus ist es möglich, das
Spiel nach dem ersten Durchlauf aller Akte auf einem höheren Schwierigkeitsniveau noch
einmal zu spielen. So lassen sich die extrem langen Spielzeiten erklären.
”Diablo 2” entspricht mit seinen genretyischen Spielangeboten den Neigungen der
Befragten. Sechs der Interviewpartner bestätigen, dass das Spiel ihren generellen
Genrevorlieben entgegenkommt.
Entspricht das Spiel "Diablo 2" den generellen
Genrevorlieben der VP?
teilweise
40%
nein
0%
ja
ja
60%
teilweise
nein
Abbildung 31: Genrevorliebe
Das Spiel wird von den Interviewpartnern tendenziell sehr positiv bewertet. Fünf Spieler
bezeichnen das Spiel als ausgezeichnet, vier bewerten es als gut und nur einer empfindet
das Spiel als mittelmäßig.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Wie wird das Spiel durch die VP bewertet?
lässt zu
wünschen
übrig
mittelmäßig
0%
10%
ausgezeichnet
40%
ausgezeichnet
gut
mittelmäßig
gut
50%
lässt zu wünschen
übrig
Abbildung 32: Spielbewertung
Referentielle Aspekte der Inhalte
Wie bedeutsam sind die Spielinhalte für den Spieler, wenn er außenstehende Personen über
das Spiel in Kenntnis setzen will? Beschreibt er das Spiel mit Hilfe von Informationen über
bestimmte Spielelemente, wie beispielsweise über die Regeln, die Spieldynamik oder die
Präsentation?
Die zehn Interviewpartner zum Spiel ”Diablo 2” versuchen in ihren Ausführungen,
Informationen über verschiedene Strukturelemente des Spiels anzuführen. Viele Spieler
sehen in der Einordnung des Spiels in ein bestimmtes Genre ein wesentliches
Informationskriterium für Außenstehende. Dies gilt selbst dann noch, wenn eine eindeutige
Zuordnung des Spiels, wie im Falle von ”Diablo2”, nicht möglich ist, da das Spiel
Merkmale unterschiedlicher Genres vereint. Dennoch beginnen sieben Interviewpartner
ihre Ausführungen mit der Klassifizierung des Spiels als eine Art ”ActionRollenadventure”. Dazu einige Beispiele aus den Interviews:
VP 4: ”Es ist halt son Action-Adventure mittelalterlich gehalten und mit Fabelwesen
ausgestattet noch und nöcher.”
VP 7: ”Ja, ich würds so beschreiben, es ist ein Adventure-Spiel mit leichtem
Rollenspielcharakter.”
VP 31: ”Ja, das ist ein Fantasy-Rollenspiel, es ist sehr action- und sammelbezogen und,
äh, es macht sehr viel Spaß.”
Am häufigsten werden jedoch die im Spiel geforderten Handlungsmuster von den
Versuchspersonen benannt, wie es bereits im letzten Beispiel anklingt. Insgesamt acht der
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Befragten berichten von den Aktionen, die im Spiel durchgeführt werden müssen. So
erklärt VP 31 beispielsweise: ”Dann gehst du halt los - erst mal mit einer schlechteren
Ausrüstung. Du ziehst dann durch die Lande, um gewisse Aufgaben zu erfüllen und, äh,
sammelst Gegenstände, Geld, Tränke ein und musst halt immer wieder zum Stützpunkt
zurück, um Sachen abzuheben, um dich zu verbessern und neue Aufträge zu bekommen.”
Einen anderen wesentlichen Aspekt der im Spiel geforderten Handlungsmuster spricht VP
63 an: ”Außerdem ist es ein ziemlich auf Kämpfen ausgelegtes Spiel, wo also sehr viele
Kämpfe stattfinden und was ne ziemlich düstere Atmosphäre verbreitet.”
Die Spieler erklären außerdem, dass diese Handlungsanforderungen eingebettet sind in
eine Spielgeschichte und erwähnen auch das mit dieser Geschichte verbundene Endziel des
Spiels. Insgesamt acht Versuchspersonen geben Auskunft über die Spielgeschichte, bzw.
über das Ziel des Spiels. VP 13 berichtet: ”Man läuft rum und es gibt eine bestimmte
Geschichte bei dem Spiel und du hast Aufgaben zu erfüllen, so. Das würd ich sagen, ja. Du
findest Sachen, tolle oder nicht so tolle, magische Gegenstände oder nicht magische
Gegenstände. Ja, und am Ende musst du halt den großen Endgegner killen: Diablo.”.
Auch VP 4 betont die spielgeschichtlichen Elemente des Spiels ”Diablo 2”: ”Und man
muss verschiedene Aufgaben, also diese Quests, lösen in verschiedenen Teilen und nähert
sich dann immer dem Endgegner an. Und bekommt auch immer mehr Einzelteile von der
Story, von dieser Hintergrundstory mit. Dass man diese verschiedenen Videoteile dann
immer nach und nach kriegt.” Für VP 60 erscheint die Spielgeschichte so wesentlich, dass
sie sogar die Herleitung dieser Geschichte erläutert: ”Das baut auf Diablo 1 auf, dass
Diablo sozusagen zurückgekehrt ist und jetzt geht es darum, ihn und seine Brüder zu
besiegen. Zwischendurch findet man auch Gegenstände, die man aufsammelt und mit
denen man sich aufrüsten kann. Man kann den Charakter aufrüsten, wenn man in den
Leveln aufsteigt und immer Punkte dazu bekommt.” Im letzten Satz spricht VP 60 die
Charaktere an, die durch das Spiel geführt werden müssen. Diese Spielfiguren sind
insgesamt für fünf der Befragten so bedeutend, dass sie in ihren Ausführungen näher auf
die Figuren eingehen. VP 13 sagt aus”Man läuft rum mit nem Charakter, den man sich
aussuchen kann - die unterschiedliche Fähigkeiten haben. (...) Also was ich schön finde,
ist, dass es so unterschiedliche gibt. Der Geisterbeschwörer zum Beispiel, der eigentlich
nur zaubert und dann dadurch in erster Linie kämpft oder der Barbar, der nur
draufmetzgert und rumhaut. Ja, dass es ne Amazone gibt find ich auch gut. Also noch ne
Frau in der Riege, ja, und die Zauberin. Ja, diese Vielfalt ist einfach schön. Man kann sich
das aussuchen. Es gibt nicht nur den einen Superschlagheld, sondern unterschiedliche
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Figuren.” Auch für VP 6 spielt die Spielfigur eine wichtige Rolle, über die er
Außenstehende informieren möchte, selbst wenn er sich - spontan befragt - nur an vier der
insgesamt fünf zur Verfügung stehenden Avatare erinnern kann: ”In dem Spiel sucht man
sich am Anfang ne bestimmte Spielfigur aus. Da gibt's.. lass mich nicht lügen - vier
verschiedene. Hab ich jetzt richtig.. ja. Und diese Spielfigur entwickelt man im Laufe des
Spiels weiter.”
Betrachtet man die Angaben, die die Spieler zur Information Außenstehender machen,
wird deutlich, dass sie sowohl Auskunft geben über regeldynamische Aspekte als auch
über den spielgeschichtlichen Inhalt. Während die Genrezuordnung und die Beschreibung
der geforderten Handlungsmuster stärker auf die Regelstruktur des Spiels verweisen,
beziehen sich die Darstellung der Spielgeschichte, des Spielziels und die Angaben zu den
Spielfiguren auf die im Spiel entwickelte Bildwelt und Symbolstruktur.
Spielgeschichtlicher Inhalt und Regeldynamik scheinen bei diesem Spiel für die Befragten
gleichermaßen von Bedeutung zu sein, wenn es um die Information Außenstehender geht.
Spielinhalt und Strukturelle Koppelung
Gibt es Elemente des Spielinhalts, die Bezüge zur Lebenssituation oder zur Person der
Spieler ermöglichen? Bietet der Spielinhalt z.B. Anknüpfungspunkte an Freizeitinteressen,
mediale Präferenzen, Wunschvorstellungen, Tagträume und Fantasien?
Im Mittelpunkt möglicher Anknüpfungspunkte an das Spiel steht hier das Interesse der
Befragten am Fantasy-Genre. Sechs Interviewpartner schildern, dass der Themenkomplex
”Fantasy” zu ihren Hobbies gehört und dass sie im Spielen von ”Diablo 2” eine
Fortsetzung dieses Hobbies sehen. ”Ja, in Punkto Mittelalter und Fantasy läuft halt mein
Interessensgebiet. Das ist auch der Grund, warum mich das Spiel interessiert.”, erklärt
beispielsweise VP 36 und auch VP 60 bestätigt: ”Ja schon. Also ich interessier mich auch
so schon für Fantasy und deshalb macht mir das Spiel auch schon so nen Spaß.”
Diesem Interesse am Fantasy-Genre gehen die Versuchspersonen nicht nur mit Hilfe des
Computerspielspiels ”Diablo 2” nach, sondern sie lesen auch gerne Fantasy-Romane oder
schauen sich Filme dieses Genres an. So beschreibt VP 69 seine Vorerfahrungen im
Fantasy-Bereich wie folgt: ”Ich mein, ich hab früher gerne Fantasy-Romane gelesen,
insofern hat das für mich schon einen Bezug. Also diese Fantasy-Welt hat mich auch
früher fasziniert, ”Herr der Ringe” oder so, das ist auch eins meiner Lieblingsbücher.”
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Aber nicht nur über Literatur und Filme haben die Interviewpartner bereits Wissen über die
Fantasy-Welt gesammelt. Viele haben in jüngeren Jahren Brett-Rollenspiele oder ”Pen and
Paper-Spiele” gespielt, die ebenfalls dem Fantasy-Genre zuzuordnen sind. Allerdings hat
die Mehrzahl dieses Hobby im Zuge von Ausbildung, Studium oder Berufstätigkeit
aufgegeben, da es mit einem hohen organisatorischen und zeitlichen Aufwand verbunden
ist. VP 6 erzählt: ”Wir haben früher mal mehrere Jahre lang, "Das schwarze Auge”
gespielt und ”Shadowgun”. Aber da hatten wir dann nachher keine Zeit mehr für und
wenn man sich da nicht häufiger und länger treffen kann, macht´s auch keinen Sinn mehr.”
Hier wird das Computerspiel als Ersatz für diese Beschäftigung genutzt. Es erfordert keine
terminlichen Absprachen mit Freunden, da der Computer sowohl Mitstreiter als auch
Gegenspieler bereithält. Selbst wenn man gemeinsam mit Freunden - oder zumindest
anderen real existierenden Personen - spielen möchte, kann das Spiel auch über das
Internet, im sogenannten Battlenet, mit anderen gespielt werden, ohne dass einer der
Beteiligten seine Wohnung verlassen muss.
Bei VP 36 geht das Interesse an Fantasy-Rollenspielen jedoch so weit, dass er keinen
Aufwand und keine Mühe scheut und sich selber eine eigene Spielwelt erschafft: ”Ach so
ja, ich mach seit fast vier Jahren Live-Rollenspiele und mach mittelalterlichen
Schaukampf. Und ich bin doch relativ gut in dieser Thematik bewandert.”
Was aber lässt die Fantasy-Welt so interessant erscheinen für diese Personen? Wo liegt die
Ursache für die Faszinationskraft, die vom Fantasy-Genre ausgeht?
Dazu sagen sechs Versuchspersonen aus, dass die Fantasy-Welt eine Gegenwelt darstellt
zu ihrem Alltagserleben. Das fantastische Computerspiel wird zum Gegenpol der Realität
und befriedigt Wünsche nach Mystik und märchenhaften Begebenheiten, so VP 18: ”Also
ich mag halt alles, was so in den Bereich Mystik hineingeht; egal, ob es jetzt Mittelalter ist
oder ob man jetzt an Warcraft denkt - an die kleinen Männeken, ja. Und was ich nicht so
mag, das sind so die Sachen, die so sehr realitätsgetreu dargestellt werden, wie dieses
Command & Conquer. Das ist so ne Sache, die ich so eher ablehne.” Nach den
Vorstellungen dieser Versuchsperson soll sich ein Computerspiel nicht auf die Realität
beziehen, sondern ganz im Gegenteil, eine möglichst große Distanz zur Alltagswelt
aufbauen. Auch VP 60 strebt mit Hilfe des Spiels eine kurzweilige Flucht aus dem Alltag
an und beschreibt, was ihr an ”Diablo 2” so wichtig ist: ”Vielleicht, dass es so
unrealistisch ist. Also, weil's das ja nicht gibt, weil's so viel ja auch mit Fantasie zu tun
hat. Also ich hab schon früher immer Märchen gelesen als Kind. Und wahrscheinlich ist
das deshalb, dass ich das einfach mag, dieses Unrealistische.”
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Der Anknüpfungspunkt der Spieler an ”Diablo 2” liegt also nicht in einer Entsprechung der
virtuellen Welt zu ihren alltäglichen Erfahrungen, sondern in der Möglichkeit, sich für die
Dauer des Spiels von der realen Welt zu distanzieren.
Welche Bedürfnisse oder Wünsche sich die Spieler in der virtuellen Welt von ”Diablo 2”
erfüllen ist unterschiedlich. VP 60 beispielsweise sucht im realen Leben eher nach
Sicherheit und Verlässlichkeit, in der virtuellen Welt jedoch lebt sie ihr Bedürfnis nach
Wagnissen und Abenteuern aus - ohne negative Konsequenzen für ihre reale Existenz
befürchten zu müssen. Sie führt dazu aus: ”Na ja, vielleicht.. Also bei Diablo, wenn ich da
die Amazone spiele, dann bin ich ja da die starke Kriegerin, die sich da durchkämpfen
muss. Puh, vielleicht ist das ja so, dass ich das da so ausleben kann, weil in der Realität..
Gut, viel Abenteuer gibt's da ja nun mal nicht. Also ich mach jetzt im realen Leben auch
keine abenteuerlichen Reisen oder so was. Da bin ich im Realen auch nicht so der Typ zu.
Aber das könnt ich mir schon vorstellen, dass ich das dann da im Virtuellen auslebe,
schon.”
Nicht nur VP 60 sieht sich selbst gern im Spiel als starke Kriegerin, auch VP 4 hat eine
Vorliebe für starke Charaktere und erfüllt sich mit deren Hilfe die Sehnsucht nach mehr
Handlungsmacht. ”Vielleicht hab ich das Bedürfnis auch so n bisschen mächtiger zu sein
oder mal jemandem vielleicht so eins draufzuhauen. Aber in der realen Welt verspür ich
dieses Bedürfnis nicht. Aber vielleicht leb ich´s in der virtuellen Welt dann aus (...)”, hebt
sie hervor.
Hier klingt bereits an, dass die Spieler bei ”Diablo 2” auch die Möglichkeit haben, ihren
Aggressionen freien Lauf zu lassen und insgesamt vier Personen nutzen das Spiel nach
eigenen Angaben auch, um Frustrationen und Aggressionen dort auszuleben. Dazu einige
Interviewausschnitte:
VP 36: ”Solche Spiele haben immer ein bisschen den Faktor von Aggressionsabbau zumindest für viele Menschen. Und so ein bisschen vielleicht für mich auch.”
VP 69: Ӏhm ... Ja, Aggressionen ausleben ganz klar. Einfach mal draufhauen, das find
ich auch schön.”
VP 13: ”Das ist halt so schön leicht, ne. Im Leben muss man mehr nachdenken. Und da
kann man sich einfach hinsetzen, plump drauf loshauen, wer einem im Weg steht, haut man
halt um. Ja, das isses wohl. Das ist so schön einfach gestrickt.”
Im Gegensatz zur Komplexität realer Probleme, die häufig nach vielschichtigen,
diplomatischen Lösungen verlangen, können Widerstände bzw. Widersacher im Spiel auf
einfachste Art und Weise ausgeschaltet werden – mit purer Gewalt und Zerstörung. Der
15
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Spieler kommt gar nicht erst in die Verlegenheit nach alternativen Strategien zu suchen,
denn das Spiel bietet keine an. Es gibt nur den einen und sehr effektiven Weg des
Kampfes, um voranzukommen. Dabei fühlt der Spieler sich immer im Recht, denn die
Spielgeschichte vermittelt ihm, dass er auf der Seite des Guten steht und dass es absolut
legitim ist, seine Feinde – die Vertreter des Bösen – auszuschalten. Der Spieler ist in der
virtuellen Welt also davon befreit, ständig verschiedene Aspekte und Standpunkte
gegeneinander abzuwägen und er erlebt diese Eindeutigkeit und Reduktion auf Gut und
Böse als sehr erleichternd.
Um seine Wünsche und Bedürfnisse in der virtuellen Welt jedoch auf die beschriebene Art
und Weise ausleben zu können, muss sich der Spieler - bei aller Gegensätzlichkeit zur
Realität - auf irgendeine Weise selber im Spiel wiederfinden können. Hier bietet die
Auswahl von fünf unterschiedlichen Charakteren, die man durch das Spiel steuern kann,
die Möglichkeit, eigene Persönlichkeitsaspekte ins Spiel mit einfließen zu lassen. Indem
die Versuchspersonen einen metaphorischen Bezug zwischen ihrer eigenen Persönlichkeit
und dem Spielcharakter herstellen, gewinnt der computeranimierte Avatar eine Bedeutung,
die ihn über den Stand einer elektronischen Marionette hinaushebt.
VP 18 beschreibt dies folgendermaßen: ”Also ich glaube immer noch, dass man seine
Spielfigur durchaus in die Richtung entwickelt, in die man sich selber gerne sehen würde
oder wie man sich selber auch gerne sieht. Das ist schon ne wichtige Geschichte - finde ich
schon. Also man hat ja auch Möglichkeiten, die weiterzuentwickeln, ja. Oder das fängt
auch schon bei der Auswahl an. Und dann sucht man sich schon die Sachen aus, wie man
eigentlich gerne spielt, die einem sehr nahe kommen - glaube ich schon.” Insgesamt acht
Interviewpartner geben an, dass sie bei der Charakterauswahl, darauf achten, dass der
gewählte Avatar mit ihren eigenen Eigenschaften oder Interessen übereinstimmt. So fällt
beispielsweise auf, dass die Befragten in der Regel Charaktere des eigenen Geschlechts
vorziehen. Zwei weibliche Spielerinnen, die sich für die Figur der Amazone entschieden
haben, erklären ihre Wahl wie folgt:
VP 60: ”Ja, vielleicht auch erst mal einfach, weil das ne Frau war natürlich und weil ich
ja auch ne Frau bin. Und an Frauen waren da ja sowieso nur die Amazone und die
Zauberin. Die anderen waren ja alles männliche Charaktere und mit der Zauberin konnte
ich nicht so viel anfangen. Aber die Amazone hatte einfach viel mehr mit meinem anderen
Hobby zu tun, so dass ich das dann damit verbunden hab.”
VP 13: ”Jetzt weniger wegen dem Äußeren, aber schon, weil das ne Frau ist. Da kann ich
mich natürlich besser mit identifizieren. Ja, und dann so ne Kämpferfrau fand ich gut. Also
16
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
die Zauberin, da hätte ich jetzt weniger Lust gehabt, weil die ja auch ein bisschen
schwächer ist. Und mit Bogen, das fand ich auch toll, sah gut aus.”
Anders verlief die Auswahl jedoch bei VP 18, einer männlichen Versuchsperson. Er wählte
den weiblichen Charakter der Bogenschützin, weil dieser Charakter stärker die
Eigenschaften und Fähigkeiten vertritt, die er schätzt und die ihm liegen: ”Bei Diablo habe
ich eigentlich nur die Bogenschützin ausprobiert. Ja, was ich halt so mag ist nicht diese
Geschichte mit dem Barbaren, diese direkte Gewalt - so empfinde ich das immer: einfach
drauf und Ende. Sondern ich mag so dieses etwas Intelligentere - vielleicht sich von der
Entfernung aus zu überlegen, wie man den Gegner dann eben aus dieser Spielwelt entfernt.
Das finde ich halt ganz gut. Deshalb ist mir das schon recht wichtig, dass man auch ne
Auswahl hat. Dass man nicht darauf festgelegt wird: "Das und das musst du spielen!",
sondern dass man die Möglichkeit hat ... Ja, und man kann den Charakter ja auch
weiterentwickeln. Und das versuche ich dann auch in die Richtung, die mich da halt
interessiert.”
Für VP 36 wiederum, die selber Live-Rollenspiele gestaltet und sich sehr für das
Mittelalter und Rittertum interessiert, kam nur die Wahl des Paladin in Frage. Er begründet
dies so: ”Weil ich glaub, ich selber eine Affinität hab .. weil ich selber doch sehr stark was
mehr übrig hab für Leute - auch für Nahkampf auch aus meinen anderen Hobbys heraus
und nicht den Bezug zu Magie hab und so. Paladin kommt halt dem einfachen Kämpfer
und Ritter am nächsten in dem Spiel. Deshalb ist das der Charakter, der am meisten Spaß
macht.”
Über die Wahl des Charakters bringen die Versuchspersonen Anteile ihrer realen
Persönlichkeit ins Spiel und leben so in einer fantastischen, virtuellen Gegenwelt, die
Wünsche und Bedürfnisse aus, die in der realen Welt nicht ausreichend befriedigt werden.
So entstehen strukturelle Koppelungen, die den Spieler mit dem Spiel verbinden und ihm
besondere Bedeutung verleihen durch das Ingangsetzen von psychodynamischen
Prozessen.
Darüber hinaus wird bereits durch das weltenübergreifende Interesse an der FantasyThematik des Spiels ein besondere Bezug der Spiel zum Spiel aufgebaut.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Semantische Aspekte der Inhalte
Haben
Spielgeschichte,
Spiellandschaft,
Spielfiguren
und
Spielobjekte
für den
Computerspieler einen besonderen Bedeutungsgehalt? Rufen sie bestimmte Bilder,
Gefühle und Erinnerungen wach, die nicht direkt mit dem Spiel zu tun haben?
Aufgrund des sehr unrealistischen Settings des Spiels ruft ”Diablo 2” nach Angabe der
Befragten bei ihnen kaum Erinnerungen oder Bilder wach, die im Zusammenhang mit der
realen Welt stehen. Lediglich zwei Versuchspersonen geben an, dass die dargestellten
Landschaften bei ihnen Assoziationen zu real existierenden Landstrichen hervorrufen. VP
60 bemerkt beispielsweise dazu: ”Das erste Kapitel, da ist es so ne irische Landschaft.
Das zweite ist in der Wüste mit Pyramiden. Das erinnert mich dann eben so an Ägypten.”
Die selben Interviewpartner geben auch an, dass sie durch die im Spiel abgebildeten
Waffen an alte, reale Waffen erinnert werden, so VP 63: ”Gut, in der jetzigen Zeit rennen
die Leute weniger mit Schwertern oder Äxten durch die Gegend, aber im Prinzip, wenn
man sich n Waffenmuseum ansieht, da sehen die Waffen doch schon ähnlich aus. Also der
Bezug ist schon da.”
Ein vollkommen anderes Spielobjekt hat plötzlich während des Spielens bei VP 13
Gefühle wach gerufen, die sie aus dem realen Leben kennt: ”Ja, die Spinnen. Die Spinnen,
da hätte ich fast die Tastatur und alles losgelassen vor lauter Ekel, weil ich auch so Angst
habe vor Spinnen.” Insgesamt fünf Versuchspersonen sprechen von leichten Ekelgefühlen,
die das Spiel ab und zu bei ihnen ausgelöst hat. Dazu nachfolgend zwei weitere Beispiele
aus den Interviews:
VP 60: ”Ekel oder Abscheu hatte ich, ja. Und zwar ganz zum Schluss in der Hölle. Da ist
die Atmosphäre noch düsterer und dunkler als vorher und dann sind da wirklich ziemlich
eklige Kreaturen. Da gibt es einen, der frisst die Kadaver auf und kotzt die dann wieder
aus auf einen selber drauf. Das ist wirklich ziemlich ekelhaft. Oder dann war da auch
einer, der zerplatzte in wirklich fette Blutlachen.. Das fand ich schon ziemlich ekelig. Oder
da sind auch so gefangene Seelen, die da so gefesselt sind in Ketten und dich anflehen,
dass du sie doch befreien mögest. Solche Sachen haben mich dann schon ein bisschen
geekelt oder so.”
VP 18: ”Ja, also ich würde nicht direkt sagen Ekel, aber es gibt halt immer so
Spezialeinheiten dann in diesen einzelnen Dungeons, die dann richtig platzen. Das ist im
Moment dann halt kurz verwirrend, weil halt alles rot wird oder grün - je nachdem, was
das für ein Wesen ist - und, ja ... Finde ich halt nicht besonders schön.”
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Einerseit fließen zwar kaum kontextuelle Bezüge zur realen Welt in die Betrachtung des
Spiels ”Diablo 2” mit ein, andererseits wird die Wahrnehmung des im Spiel Dargestellten
sehr stark durch die Vorerfahrungen, die die Versuchpersonen mit dem Fantasy-Genre
bereits gesammelt haben, bestimmt. Sie verstehen und bewerten die im Computerspiel
abgebildeten Figuren und Vorgänge auf der Folie ihrer Erfahrung mit dieser Fantasy-Welt.
”Ja, ich guck mir das Spiel vielleicht mit anderen Augen an als irgendjemand anderer einfach durch den Hintergrund, den ich hab.”, bestätigt VP 36, deren Wissen über Fantasy
so groß ist, dass sie sogar selber Live-Rollenspiele inszeniert. Des weiteren geben sechs
Versuchspersonen an, dass ”Diablo 2” Bezüge aufweist zu ihren Erfahrungen mit anderen
Fantasy-Rollenspielen. VP 36 merkt an: ”Zu Pen-and-Paper hat es sehr viele Parallelen,
zu dem Spiel ”Alien D. Monster and Dragons”. Es ist dasselbe Level, Magie, Power Level
- alles muss größer, höher, alles muss magisch sein. Die Parallelen sind doch da recht
stark. Diablo ist, zumindest nach meinem Verständnis, irgendwo an das Spiel angelehnt.”
Bei VP 7 dagegen findet der Bezug nicht auf der Ebene genretypischer Gemeinsamkeiten
statt, sondern er wird durch das Computerspiel an persönliche Spielerlebnisse erinnert:
”Wenn man einen Barbaren spielt, dann assoziiere ich damit, dass ich mit 14 bei
”Dungeon & Dragons” auch einen Kämpfer gespielt habe oder so. Aber das geht jetzt
nicht sehr in die Tiefe. Das erinnert mich nur daran. Also es ist nur so ne leichte
Assoziation.”
Aber nicht nur in der Spielwelt haben sich die Befragten mit dem Fantasy-Genre vertraut
gemacht, sondern sie besitzen auch Vorerfahrungen aus dem Bereich der Literatur und
Filme, die in die Wahrnehmung des Spiels ”Diablo 2” mit einfließen. Insgesamt geben acht
Interviewpartner an, dass sie Bezüge zwischen dem Computerspiel und entsprechender
Literatur sehen und sechs Personen sehen diese Bezüge auch zwischen dem Spiel und
spezifischen Filmen. VP 63 erklärt: ”Gerade wenn man so Fantasy-Filme sieht, die sind ja
ähnlich aufgebaut. Da läuft son ziemlich muskelbepackter Typ rum mit nem Schwert in der
Hand und haut alles platt.”
Für den Bereich der Literatur beschreibt VP 6 das Zustandekommen von Bezügen wie
folgt: ”Weil auch die Figuren teilweise - sie heißen vielleicht anders - aber die haben nen
Wiedererkennungswert durch Fantasieromane, die ich halt auch sehr viel les.” Auch VP
31 bestätigt, dass ein solches Vorwissen u.a. Einfluss hat auf das Spielverhalten: ”Aber
halt, wenn man mehrere Fantasy-Romane oder -Reihen gelesen hat, dann weiß man halt
genau, das eine sind die Orks oder die Golems. Das ist dann natürlich die Pflicht eines
guten Charakters, dass die alle vernichtet werden. Das sind ja die Bösen.”, legt sie dar.
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Indem in das Spiel ”Diablo 2” Vorwissen über die Fantasy-Thematik und Erinnerungen an
andere Spiel- oder Filmerlebnisse mit einfließen, verändert sich der Wert- und
Bedeutungsgehalt, der dem Spiel vom einzelnen Spieler beigemessen wird.
Wir haben abschließend zu diesem Bereich die Versuchspersonen befragt, ob sie in dem
Spiel eine Message erkennen oder ob ihnen beim Spielen ein moralischer Leitgedanke in
den Sinn gekommen ist, unter dem das Spiel stehen könnte. Für fünf Interviewpartner
besteht die Message des Spiels im Aufruf zum Kampf gegen das Böse. So sieht es auch VP
18: ”Ja, also Grundtenor ist, dass das Gute das Böse besiegt. Das ist - ich meine, das
kommt ja schon deutlich heraus, dass das dann der Teufel sein soll, der dann da durch die
Welt zieht.” Ähnlich beschreibt es auch VP 31: ”Der Leitgedanke im Spiel... Das Spiel
zielt auf jeden Fall darauf ab, dass Diablo, also das Böse, vernichtet werden soll.” Die
anderen fünf Spieler gehen jedoch nicht so weit, von einer spielinternen Message zu
sprechen. Dazu VP 63: ”Ich glaube, dass es versucht, so was zu tun, also zu sagen: Okay,
Gut muss gegen Böse kämpfen. Aber ich glaube, dass das den meisten Leuten, die das
spielen werden, nicht so deutlich wird. Mir wird's da auch nicht so sehr deutlich, also.. Da
hab ich immer so meine Probleme mit, wenn ich irgendwelche Monster bekämpfe, das ist
halt zu unreal für mich.”
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wahrnehmung des Spiels beeinflusst wird,
durch die Vorerfahrungen und das Wissen, das die Spieler zum Bereich Fantasy besitzen.
Semantische Konnotationen aus der realen Welt fließen auf Grund der deutlichen
Verschiedenartigkeit beider Welten dagegen kaum in das Erleben des Spiel mit ein.
Motivationale Aspekte der Inhalte
Welchen Beitrag leisten Spielinhalt, Spielfiguren und Spielobjekte in Bezug auf
Spielinteresse und Spielfreude? Inwiefern wird die Spielmotivation von Prozessen der
Regeldynamik beeinflusst? Steigert die Qualität der Präsentation (Grafik, Sound,
Animation) die Motivation?
Im Fall des Spiels ”Diablo 2” geht die Motivation in erster Linie von der Regeldynamik
aus, wie alle zehn Befragten angeben. Im Spiel werden in Form der verschiedenen Quests
klare Handlungsanforderungen an den Spieler gestellt. Der Spieler muss, um im Spiel
weiterzukommen, diese explizit definierten Aufgaben bewältigen. Die Computerspieler
fühlen sich durch diese starke Aufgabenorientierung im Spiel in ihrem Leistungsvermögen
20
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
und Ehrgeiz herausgefordert: Schaffen sie es, die Aufgabe zu bewältigen und ins nächste
Level aufzusteigen?
Als Belohnung für ihr erfolgreiches Agieren dürfen sie nicht nur ins nächste Level
aufsteigen, sondern ihre Spielfigur gewinnt zusätzlich an Stärke und Fähigkeiten.
Gleichzeitig ist der Zugewinn der Spielfigur an Handlungsmacht Grundvoraussetzung, um
die immer schwerer werdenden Anforderungen in den höheren Leveln bewältigen zu
können.
Die Herausforderungen des Spiels sind es, die die Spieler dazu motivieren, das Spiel
immer weiter fortzusetzen: ”Und außerdem gibt es immer diesen Reiz, dass man
weiterkommt. Dadurch dass die Figuren ja aufsteigen, je mehr Erfahrung sie sammeln, das
ist so das, was mich immer wieder dranhält, glaub ich.”, äußert VP 13.
Dabei werden die einzelnen Quests erschwert durch eine Vielzahl von Feinden, die das
Können der Spieler herausfordern: ”Motivationssteigernd sind eigentlich die Feinde, weil
die immer anders aussehen und teilweise sehr lustig. Und natürlich auch, wenn man
verschiedene Waffen findet, die man dann wieder ausprobieren kann, Aufgaben lösen
muss, das ist natürlich motivationssteigernd.”, meint VP 69 und führt weiter aus: ”Du
wirst angegriffen und musst dich wehren. Das ist einfach Instinkt. Da wird n Instinkt bei
dir angesprochen und dann willst du dich steigern. Das ist eigentlich das, was das Spiel
meines Erachtens ausmacht.” Erst wenn die Feinde besiegt sind und die Aufgabe gelöst
ist, ist der Weg ins nächste, höhere Level frei.
Das Spiel dreht sich an diesem Punkt vorrangig um die Motive Macht, Herrschaft und
Kontrolle, die in allen Bildschirmspielen zu finden sind und die ihre Entsprechung auch in
der realen Welt haben. Hier werden im Spiel grundlegende Schemata gesellschaftlichen
Handelns wiedergespiegelt und soziodynamische Prozesse angeregt. Die Spieler müssen
lernen, das Spiel so zu kontrollieren und zu steuern, dass die vom Spiel geforderten Ziele nämlich die Feinde zu töten und die Aufgaben zu lösen - auch erreicht werden können.
Dahinter steht der Wunsch der Spieler, zumindest in dieser virtuellen Welt der Herrscher
über das Geschehen zu sein oder wie es sehr simpel und anschaulich VP 36 formuliert:
”Das Ziel des Spiels ist Weiterkommen und es lösen. (...) Das, was für mich
erwähnenswert ist, ist das Gewinnen,(Lachen) ganz einfach gewinnen.”
Außerdem wird der spielinterne Aufstieg eingekleidet in eine Spielgeschichte an deren
Ende - wie der Name schon andeutet - der Kampf gegen den großen Endgegner Diablo
steht. Das Wissen um dieses Ziel ist es, dass ebenfalls motivierend auf die Befragten wirkt.
VP 18 bestätigt: ”Ja, das ist die Hauptmotivation eigentlich. Also das ist halt schon ein
21
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
etwas unbefriedigendes Gefühl irgendwo zwischendrin mal Schluss zu machen und zu
wissen, dass man eben noch nicht am Ende ist. Das ist schon die Hauptmotivation, ja.”
Hier wirken gleichermaßen spielgeschichtliche und regeldynamische Aspekte motivierend
und verstärken sich gegenseitig. Insgesamt betonen jedoch nur drei Versuchpersonen die
motivationale Wichtigkeit der Spielgeschichte. VP 63 erklärt sehr ausführlich: ”Ich halte
die Geschichte schon für sehr wichtig, weil die über den ganzen Spielverlauf die
Motivation darstellt weiterzumachen. Wenn es völlig egal wäre, was ich denn tue, dann hat
man nach ner gewissen Zeit einfach.. Fragt man sich: Wie komm ich jetzt irgendwann mal
zum Ende? Und wenn ich jetzt n Geschichtsverlauf da drin habe, der mich n bisschen
führt, kommt das von alleine, und der steigert dann auch die Motivation. Das macht es
dann eigentlich einfacher, die nächsten Aufgaben zu verstehen, um dann aber auch zu
sagen: Okay, das muss ich jetzt machen, um dem und dem zu helfen oder so was.”
Damit die Spieler auf dem langen Weg zum Endgegner - und somit zum Ziel des Spiels nicht die Lust verlieren, erhalten sie als Belohnung auf ihrem Weg und für die erreichten
Teilziele immer neue Gegenstände, Waffen und Fähigkeiten zur Stärkung ihres Charakters.
Für VP 7 steht die Weiterentwicklung seines Charakters sogar im Vordergrund des Spiels:
”Eigentlich sinds die verschiedenen Spielfiguren, die sich eben weiterentwickeln während
des Spiels und die Dinge, die man finden kann. Das ist, glaub ich, die Hauptsache. Einfach
der Wunsch, den Charakter, den man gewählt hat immer besser, immer toller zu machen.”
Auch für VP 31 ist die Ausgestaltung seines Charakters von besonderer Bedeutung, da das
Spiel ihm hier einen gewissen Freiraum ermöglicht. Er beschreibt, was ihm in erster Linie
gefällt: ”Der Charakter, ja klar, den ich halt aufbaue, der halt von Stufe zu Stufe
weiterentwickelt werden kann. Wo ich halt auch selber bestimmen kann: Soll er jetzt mehr
Vitalität bekommen oder mehr Kraft oder mehr Magie? Ja, und dann halt das, was ich mit
ihm anstellen kann.” Insgesamt geben acht Interviewpartner an, dass auch die Entwicklung
ihres Charakters ihre Motivation mitbestimmt.
Wenn das Spiel bereits einmal vollkommen durchgespielt wurde und die Spielgeschichte
keine Neuigkeiten mehr enthält, rückt der Charakterausbau der Spielfigur in den
Mittelpunkt des Motivationsgeflechts, berichtet VP 6: ”Also die Endgegner sind da
nachher uninteressant, weil mans nachher so oft durchgespielt hat, dass die halt
uninteressant werden. Aber wichtig ist halt diese Charakterentwicklung, dieses
Weiterkommen der Spielfigur.” VP 60 fügt ergänzend hinzu: ”Weil jede (Spielfigur) auch
unterschiedliche Kampftechniken und Kampfarten hat. Deshalb denk ich, kann man das
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Spiel auch noch in fünf Jahren spielen und es ist trotzdem wieder was anderes, wenn man
einfach mal mit jeder Figur mal durchspielt.”
Die besondere Bedeutung, die die Charaktere für die Spieler erhalten, ist auch auf Prozesse
der strukturellen Koppelung zurückzuführen, die bereits ausführlich dargestellt wurden
(siehe Punkt 19.4). Indem die Spieler metaphorische Bezüge zwischen der Spielfigur und
ihrer realen Persönlichkeit herstellen, werden psychodynamische Prozesse in Gang gesetzt,
die das Spiel spannend und interessant werden lassen. Jede Verbesserung oder Stärkung
des Avatars ist nicht nur ein Symbol für den Kompetenzgewinn des Spielers innerhalb der
virtuellen Welt, sondern sie vermittelt ihm auch das Gefühl, über die Grenze der Virtualität
hinaus, stark und fähig zu sein.
Welche Rolle spielt jedoch die Präsentation für die Motivation der Spieler? Wie in Punkt
19.8 noch näher erläutert wird, sind alle befragten Spieler mit der Art der grafischen
Darstellung sehr zufrieden und empfinden diese als angemessen für das Thema des Spiels.
Die grafische Präsentation stellt jedoch bei ”Diablo 2” nach Meinung der Interviewpartner
nur einen sekundären Spielreiz dar, der hinter die regeldynamischen Motivationsaspekte
zurücktritt. Dennoch bestehen bei den Spielern mittlerweile Grundansprüche an die
Präsentation, die immer erfüllt sein müssen, wie VP 7 meint: ”Also wenns grafisch nicht
ansprechend wäre, dann würd ich das auch nicht so viel spielen.”
Allerdings sind optische Details und grafischer Abwechslungsreichtum auch beim Spiel
”Diablo 2” durchaus in der Lage, die Spieler zu erfreuen und zu motivieren: ”Das ist jetzt
bei Diablo 2 auch viel schöner gemacht als bei Diablo 1, dass man die Gegenstände auch
richtig sieht an dem Charakter und dass die auch richtig ihre Farbe haben. Wenn da ein
Schwert eine rote Klinge hat, dann sieht man das auch, dass es ne rote Klinge hat, wenn
der Charakter das in der Hand hat. Dass das halt alles so schön aussieht.”, meint VP 60.
Besonders die verschiedenen Landschaften begeistern die Spieler. Dazu zwei Ausschnitte
aus den Interviews:
VP 4: ”Was ich ganz gut fand, das war im ersten Teil (Akt 1), z.B. dass es da anfängt auch
zu regnen und dunkel wird und dass man so ne dunkle Passage durch so n Tunnel finden
muss, um dann in den nächsten Level zu kommen. Dass man dann plötzlich in dieses
Kloster kommt und dann in diese Keller von diesem Kloster wandert. Und dann wieder
nach oben kommt und dann wieder nach unten geht. Und den zweiten Akt find ich
persönlich ziemlich ansprechend von der Landschaft her, weils so n bisschen so ägyptisch
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
angehaucht ist. Das gefällt mir so vom Styling ganz gut. So die Hallen der Toten oder Thal
Rashas Grab, wo man diese Gräber halt durchsuchen muss, das find ich ganz gut.”
VP 7: ”Ja, auch die Landschaften sind sehr schön gemacht, find ich. Also es ist sehr schön,
dass es so flächige Karten sind. Man läuft nicht einen Dungeon runter, runter, runter,
sondern es ist schön auf ner Ebene halt, schön ausgeschmückt. Ich find eigentlich fast alles
ziemlich gut. (...) Die Videos zwischendurch find ich sehr gelungen und überhaupt, also
optisch ist es sehr schön gemacht, vor allem, weil jedes Kapitel eigentlich n anderen
Hintergrund hat, son Bildhintergrund, ob Wiese, Wüste, also es ist alles sehr schön
ausgestaltet.”
Insgesamt geben fünf Befragte an, dass sie die grafische Präsentation des Spiels sehr
ansprechend finden, ohne dass dieser Aspekt jedoch im Mittelpunkt ihre Motivation steht:
Die Optik des Spiels muss den Spieler aber auf jeden Fall ansprechen, damit er die Lust am
Spielen nicht verliert, erklärt VP 13: ”Also wenn die Grafik nicht stimmen würde, dann
wär es wahrscheinlich auch irgendwann langweilig, aber hauptsächlich ist schon dieses
Aufsteigen in den verschiedenen Leveln wichtig.”
Es zeigt sich, dass sich die Spielmotivation aus einem Zusammenspiel unterschiedlicher
Aspekte zusammen setzt: Im Vordergrund steht die Regeldynamik als stärkste
Antriebskraft, die im Spieler den Wunsch weckt, sich immer weiter im Spiel zu verbessern
und voran zukommen. Damit in Verbindung steht gleichzeitig das Streben nach Aufbau
und Aufrüstung der Spielfigur, die zu dem häufig im Rahmen einer strukturellen
Koppelung als Metapher der eigenen Person gesehen wird. Auch der Wunsch, das Ende
der Spielgeschichte zu erleben und der Genuss der gelungenen grafischen Präsentation des
Ganzen wirkt sich motivationssteigernd aus.
Syntaktische Aspekte der Inhalte
Tragen Spielgeschichte, Spiellandschaft, Spielfiguren oder Spielobjekte zum Verständnis
des Spiels und seiner Abläufe bei? Hilft also der Spielinhalt, die Regeln des Spiels zu
verstehen oder müssen die dargestellte virtuelle Welt und ihre Regeln erst mit Hilfe eines
Handbuches erklärt werden?
Alle zehn Interviewpartner sagen aus, dass das Spiel ”Diablo 2” über einen sehr hohen
Selbsterklärungswert verfügt, der das Lesen des Handbuchs überflüssig macht. Beim
24
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Zustandekommen des Selbsterklärungswertes spielt vor allen Dingen das Element der
Nichtspielercharaktere eine bedeutende Rolle. ”Das kommt im Prinzip durch die Figuren,
die da auftreten und das, was die einem erzählen bzw. was da als Text steht.”, bemerkt VP
63. Insgesamt sechs Versuchspersonen geben an, dass sie in erster Linie durch die direkten
Informationen der Nichtspielercharaktere erfahren, worum es geht und was ihre Aufgabe
ist. VP 60 bestätigt: ”Man bekommt von den Figuren gesagt, was man machen muss, von
den Nichtspielercharakteren. Die sagen einem: Geh in die Höhle und mach das. Also das
ist
selbsterklärend.”
Nichtspielercharaktere:
Auch
”Das
VP
36
Spiel
lobt
ist
die
auch
eindeutigen
gut
Anweisungen
aufgebaut
in
der
Punkto
Nichtspielercharaktere, die da drin vorkommen, die einem eigentlich, ob man will oder
nicht, auf den richtigen Weg bringen. Also, es ist eigentlich relativ einfach. Die Leute
rattern die Geschichte runter, den Hintergrund des Spiels und der Computer erzählt einem
auch was für einen Auftrag man hat zusammengefasst.”
Hier spricht die Versuchsperson mit dem letzten Satz das sogenannte Questlogbuch an, in
dem die Spieler jederzeit die erteilten Aufträge nachlesen können. Insgesamt betonen drei
Interviewpartner, dass auch dieses Questlogbuch dem Spiel zu einem guten
Selbsterklärungswert verhilft. ”Also was man zu tun hat, kann man immer wieder über die
Quests erfragen (...).”, bestätigt VP 4.
Dabei muss jedoch immer berücksichtigt werden, dass ausnahmslos jeder der befragten
Spieler mit dem Fantasy-Genre vertraut ist und beispielsweise die Waffen oder die
Figuren, mit ihren unterschiedlichen Attributen, kennt. So bestätigt VP 13, dass ihr bereits
ihr Vorwissen zu einem Grundverständnis des Spiels und seiner Figuren verholfen hat.
Über die Wahl ihrer Barbaren-Spielfigur sagt sie: ”Ja, so ne Vorstellung hatte ich schon.
Also ( der Barbar ist) halt eher so ein ganz robuster, rauer, muskelbepackter, nicht ganz
intelligenter Typ, der halt rumläuft und kämpft. Da hatte ich schon ne Vorstellung von, ja.”
Auch die Spielgeschichte, die in ”Diablo 2” entfaltet wird - der Kampf des Guten gegen
das Böse - ist typisch für das Genre und verhilft den Spielern zu einem besseren
Verständnis der Aufgaben. Zwei Beispiele aus den Interviews verdeutlichen das:
VP 60: ”Ja, eigentlich diese alte Gut gegen Böse, so wie es in jedem Märchen und in allen
möglichen Fantasy-Geschichten ist, dass da Dämonen sind, die die Erde sozusagen besetzt
haben und das jetzt ein einsamer, starker Held die Erde rettet.”
VP 36: ”Gut, die alte Geschichte, klar. Es ist ganz klassisch, denk ich mal. Man ist gut und
weiß es in dem Sinne und muss die Welt vom Bösen befreien.”
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Da das Spiel mit genretypischen Elementen arbeitet, ist es für erfahrene Fans also sehr
leicht zu verstehen. Gleichzeitig wird dieses Wissen über genretypische Elemente auch
zum Maßstab für die Logik der spielinternen Regeln. Es werden jedoch keine
nennenswerten
inhaltlichen
Disparitäten
bezüglich
des
Regelwerks
durch
die
Versuchspersonen moniert, da sich ”Diablo 2” anscheinend an den genreüblichen
Standards orientiert. Lediglich zwei Versuchpersonen beklagen, dass die Werkzeuge des
Totenbeschwörers ihrer Meinung nach über zu wenig Wirkung verfügen: ”Ich hab ja jetzt
mal den Geisterbeschwörer gespielt. Bei dem irritiert es mich, dass er mit seinen speziellen
Waffen, diesen Stäben, eigentlich nichts anfangen kann. Die sind ziemlich zwecklos hier.”,
äußert VP 7.
Da das Regelwerk von den Spielern verlangt, alle Feinde gnadenlos zu töten, interessierte
uns auch die Frage, ob es moralische Bedenken auf Seiten der Spieler gibt, diese - von den
Regeln des Spiels geforderte – Handlungen auszuführen. Alle zehn Versuchspersonen
verneinen die Existenz solcher moralischen Vorbehalte in Bezug auf das Spiel und
betonen, dass das Töten hier lediglich in einer virtuellen Welt stattfindet. Zwei
Interviewbeispiele sollen die Ansichten der befragten Spieler verdeutlichen:
VP 18: ”Also wir befinden uns halt in der virtuellen Welt. Und ich würde das auch nicht
als Töten bezeichnen, sondern ich würde das halt als Entfernen von der
Spielfeldoberfläche bezeichnen. Dieses Töten .. das ist ein Realismus, ja. Und wir sind in
der virtuellen Welt und ich entferne die Leute einfach nur von der Spielfeldoberfläche.
Mehr ist das nicht.”
VP 60: ”Also ich seh da auch keinen moralischen Hinderungsgrund, denn es sind ja keine
realen Wesen, die ich da abschlachte. Das sind ja nur Pixel.”
Diese Sicht des Spiels wird u.a. durch die Art der grafischen Darstellung begünstigt, die
von allen Befragten als sehr unrealistisch und zeichentrickartig bewertet wird (siehe Punkt
19.8). VP 31 äußert sich so über das Töten im Spiel: ”Das ist Comic da, also, das ist nix,
das ist schon in Ordnung.” VP 13 gibt zwar zu, dass ihre Vorgehensweise im Spiel
eigentlich sehr gewalttätig ist, aber auch sie erlebt diese Gewalttätigkeit eher als
belustigend wie in einem Zeichentrickfilm. Sie erklärt dazu: ”Ja, insofern ist es schon
brutal, weil es eben nur darum geht, zu metzgern. Aber es ist so witzig und fantasymäßig
gemacht, dass ich das nicht so ernst nehmen kann, also die Namen von den Monstern und
so, das ist einfach alles so.. ja eher witzig also.”
Aber nicht nur die comichafte Darstellung schafft eine emotionale Distanz zum Töten,
auch die Tatsache, dass lediglich Phantasiegeschöpfe erlegt werden, beruhigt das Gewissen
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
der Spieler. Dies wird deutlich an der Stelle des Spiels, an der die Versuchspersonen in die
Verlegenheit kommen, menschliche Wesen zu töten. Dort zeigen sich auf einmal doch
moralische Widerstände. Obwohl VP 60 zuvor noch angegeben hat, für sie hätte die
virtuelle Welt aus Pixeln keinen moralischen Hintergrund, muss sie zugeben: ”Obwohl, da
gab es diese gefangenen Seelen, die da in Ketten lagen und einen angefleht haben, sie zu
erlösen. Und es gab auch da natürlich keinen anderen Weg, als die zu töten, weil die ja
schon in der Hölle gefangen waren. Das war schon unangenehm, weil das auch Menschen
waren. Aber ich hab die dann trotzdem immer noch getötet, weil ich mir dachte: Na gut,
dann sie wenigstens befreit.” Ganz ähnlich erging es auch VP 69. Auch sie empfand es als
unangenehm, menschliche Wesen zu töten: ”Ja, höchstens bei diesen komischen, ja wie
ich schon gesagt hab, armen Seelen, die man da erlösen muss, indem man sie abmurkst.
Das ist das Einzige, was ich n bisschen blöd finde, deshalb hab ich das meistens auch nicht
gemacht.”
Hier verliert das als phantastische Gegenwelt gewünschte Computerspiel seine Distanz zur
realen Welt und weckt unangenehme Gefühle, in dem es auffordert menschliche Wesen zu
töten.
Zusammenfassend lässt sich über die syntaktischen Aspekte der Spielinhalte bei ”Diablo
2” sagen, dass das Spiel und seine Regeln leicht verstehbar sind, da im Spiel selber
”Guides” in Form der Nichtspielercharakter installiert sind, die den Spielern die
Aufgabenstruktur des Spiels vermitteln. Allerdings wird den hier befragten Spielern das
Regelwerk des Spiels auch verständlich, indem sie auf ihr Wissen über die
”Gesetzmäßigkeiten” des Fantasy-Genres zurückgreifen. Gleichzeitig erlaubt der FantasyBezugsrahmen bei ”Diablo 2” den Spielern auch, ohne moralische Vorbehalte den
Spielregeln zu folgen und hemmungslos bösartige Monster und Dämonen zu töten. Die
Spieler nutzen die Freiheiten der virtuellen Welt und die ”Unverwundbarkeit” virtueller
Figuren, um sich über die Normen der realen Welt hinwegzusetzen; allerdings nur bis zu
dem Punkt, an dem menschliche Wesen geschädigt werden sollen und sich dann doch
ethisch-moralische Bedenken einstellen.
27
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Pragmatische Aspekte der Inhalte
Welchen Beitrag leisten Spielgeschichte, Spiellandschaft, Spielfiguren und Spielobjekte
zum wirkungsvollen spielerischen Handeln? Welche Handlungsmöglichkeiten und welche
Gefährdungen bietet der Spielinhalt und wie wirken diese auf den Spieler?
Im Mittelpunkt des Spiels stehen der vom Spieler selbst erwählte Avatar mit seinen
spezifischen Fähigkeiten und die verschiedenen Aufgaben, die dieser Avatar bewältigen
muss. Der Verlauf des Spiels ist durch die Spielgeschichte und die Abfolge der
verschiedenen Quests sehr genau vorgeschrieben und dem Spieler stehen keine alternativen
Handlungsmöglichkeiten zur Lösung der Aufgaben zur Verfügung. Die Fähigkeiten des
Spielers, seine Spielfigur zu steuern, beeinflussen lediglich den Zeitraum, der benötigt
wird, um die geforderten Aufgaben zu erfüllen und im Spiel voran zu kommen.
Die Haupteinwirkungsmöglichkeit der Spieler besteht somit darin, sich mit den virtuellen
Feinden auseinander zu setzen. Das betonen auch sieben der Interviewpartner. So äußert
sich VP 36 zum Thema Handlungsmöglichkeiten: ”Ach so, von dem Gesichtspunkt ist das
fast schon eigentlich stupide, weil es eigentlich nur darauf hinaus läuft, alles zu vernichten.
Vielmehr hat das Spiel nicht.” Andere Befragte sehen das jedoch differenzierter. Sie
leugnen zwar nicht, dass sich das Spiel im Wesentlichen um die Vernichtung der Gegner
dreht, aber sie betonen die unterschiedlichen Möglichkeiten, die den Spielfiguren zur
Verfügung stehen, um die Feinde auszuschalten. VP 69 hebt hervor: ”Im Spiel kann ich
natürlich darauf einwirken, z.B. beim Paladin, welche Aura ich nehme. Wenn ich z.B. so ne
Vereisungsaura hab, die ich gerade hatte, kann ich natürlich die Gegner, die dann
langsamer werden, schneller töten. Wenn ich bei dem Totenbeschwörer mir ne ganze
Armee aufbaue, kann ich mich z.B. in die Ecke stellen und beobachten, wie meine Armee
die Monster platt macht und dann erst eingreifen, wenn eben meine Armee vernichtet
wird.”
Ist eine Figur auf Grund mangelnder Fähigkeiten oder unzulänglicher Ausrüstung nicht in
der Lage, einen Gegner zu schlagen, bleibt dem Spieler die Möglichkeit, die Figur aus dem
Kampf zurückzuziehen, bevor diese getötet werden kann: ”Im Spiel, ja, ich hab halt immer
die Möglichkeit, erst mal wegzulaufen, neue Energie zu tanken (...).”, meint VP 31. Auch
VP 13 betont, dass man zunächst übermächtig erscheinenden Monstern nicht hilflos
ausgesetzt ist. Er merkt dazu an: ”Ja, da kann man immer was machen. Zur Not halt eben
zurückrennen und warten, dass man wieder schön geheilt ist und dann noch mal drauf.”
So können die Spieler einem Kampf zwar zu einem ungünstigen Zeitpunkt ausweichen, sie
28
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
sind jedoch gezwungen diesen Kampf irgendwann zu bestehen, um ins nächste Level
aufsteigen zu können.
Die Möglichkeit, den Avatar über die virtuelle Landschaft zu bewegen, dient jedoch nicht nur dazu,
gefährlichen Feinden zu entkommen, sondern die Bewegung der Spielfigur ist gleichzeitig nötig, um die
verschiedenen Landschaften zu erkunden und wertvolle Dinge aufzuspüren, die in diesen Landschaften
versteckt sind und der Spielfigur zur Aufrüstung dienen können. So betonen insgesamt fünf der
Befragten, dass sie neben den Kampfhandlung auch die Einwirkungsmöglichkeit besitzen, die Spielfigur
durch die virtuelle Welt zu bewegen und vier Personen sprechen explizit auch die Möglichkeit des
Sammelns von Gegenständen an. VP 63 erwähnt beispielsweise im Interview: ”Ich kann mich erst mal
bewegen. Ich kann mich in verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen, und ich kann irgendwelche
Dinge da benutzen, aufheben, mir ansehen, mich darüber informieren, welchen Wert oder welchen
Nutzen diese Gegenstände haben und ob es für mich sinnvoll ist, die zu verkaufen oder halt sie zu
behalten.”
Allerdings können die Avatare nicht mit allen im Spiel abgebildeten Objekten interagieren und so stoßen
die Spieler beim Laufen und Sammeln schnell auf die Grenzen der virtuellen Welt: ”Also ich kann mit
meiner Figur so weit rumlaufen, wie es das Spielfeld erlaubt. Also es gibt auch irgendwann im
Dschungel so Waldflächen, wo ich einfach nicht reinkann, wo ich merke, hier ist das Spielfeld zu Ende.
Hier kann ich nicht rein. Ähm.. ich kann da rumlaufen, Sachen aufsammeln, Truhen öffnen, Fässer
zerschlagen und dort Sachen rausnehmen. Viele Sachen, die auf dem Boden liegen, kann ich
mitnehmen. Aber ich kann keine Blumen pflücken oder so was. Also ich kann nur die Sachen nehmen,
wo die Programmierer vorgesehen haben, dass ich die nehmen kann.”, beschreibt VP 60.
Eine weitere Handlungsmöglichkeit, die den Spielern zur Verfügung steht, ist die Interaktion mit den
Nichtspielercharakteren, wie drei Interviewpartner angeben. Diese Interaktion besteht zum einen aus
Gesprächen der Nichtspielercharaktere mit den Avataren, in denen die Spielgeschichte und die Aufgaben
erläutert werden. VP 60 sagt dazu: ”Ich kann Charaktere ansprechen, die da rumlaufen, also im Dorf
diese Nichtspielercharaktere, die einem dann auch noch was erzählen und Aufgaben geben und so.”
Zum anderen können die gesammelten Gegenstände bei den Nichtspielercharakteren eingetauscht oder
verkauft werden. ”Ich kann also Handel treiben mit bestimmten Personen, dementsprechend auch Geld
mehren oder ausgeben, damit meine Ausrüstung halt verbessern.” , merkt VP 63 an. Allerdings sind
diese Interaktionsmöglichkeiten mit den Dorfbewohnern nur sehr beschränkt, wie VP 6 beklagt: ”Aber
die Gespräche mit den Personen sind sehr eingeschränkt. Also man hat nur diese Möglichkeit, die
Aufgabe zu erhalten und halt auch diese Handelsgeschichten zu machen. Das find ich ein bisschen
mager mit den Personen, die da herumlaufen.”
Befragt nach den im Spiel vorhandenen Gefahren, denen der Avatar ausgesetzt ist, nennen
alle zehn Interviewpartner in erster Linie die Angriffe der Gegner, die das virtuelle Leben
der Spielfigur bedrohen. ”Ja durch die Monster, die die fressen wollen oder was weiß ich.
Dadurch ist die gefährdet.”, beschreibt VP 4 die Gefahrenpunkte, die seine Spielfigur
überstehen muss. Dabei heben drei Versuchspersonen einen Gegner und seine Fähigkeiten
ganz besonders hervor: ”Eine große Gefährdung für die Spielfigur ist immer in diesen
Blitzmännchen. Es gibt so goldene Gegner, die haben diese Blitzverzauberung. Also wenn
man auf sie einschlägt, verstreuen die so Blitze, und die sind oft sehr, sehr heftig. Das ist
die schwierigste Sache eigentlich überhaupt, finde ich.”, beschreibt VP 7 die Angriffe
dieses virtuellen Feindes.
Das Spiel ist sehr eindeutig angelegt, so dass die Spieler jederzeit Freund und Feind
voneinander unterscheiden können. Zum Einen wird den Mitspielern mitgeteilt, dass alle
nichtmenschlichen Wesen ihnen Böses wollen und zum Anderen erhalten sie auch die
Information, dass sich diese Wesen nur außerhalb des Dorfes aufhalten. VP 60 erklärt
29
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
diese Spielstruktur sehr anschaulich: ”Also das Spiel ist so aufgebaut, dass man zwei
Ebenen hat: Einmal im Dorf, da weiß ich ganz genau, ich werd dort nicht angegriffen. Da
kann man auch gar nicht kämpfen. Dort sind auch nur Figuren mit denen ich sprechen
kann und die mir wohlgesonnen sind. Und sobald ich das Dorf verlasse, bin ich auf
feindlichem Gebiet sozusagen. Dort tauchen zwar auch ganz selten noch mal
Nichtspielercharaktere auf, also diese Dorfbewohner, aber das sieht man ja, weil die
Gegner sind ja immer seltsame Kreaturen, Monster und Dämonen und so, und keine
Menschen. Und wenn dann da plötzlich ein Mensch steht, dann weiß ich: Aha, der greift
nicht an. Der will wahrscheinlich was sagen.”
Neben den Gefährdungen, die von den Monstern und Dämonen ausgehen, erwähnen drei
der Befragten auch noch Fallen, die im Spiel versteckt sind und die ebenfalls der Spielfigur
gefährlich werden können. Jedoch sind auch diese Fallen leicht durch den Spieler
identifizierbar. ”Also die Fallen sind ja meistens an irgendwelche Kisten oder
Gegenstände gebunden und es kommt halt ein knarrendes Geräusch und man weiß halt,
dass man sich besser vom Acker macht.”, erklärt VP 6.
Es gibt folglich in diesem Spiel nur zwei Arten von Gefährdungen, die der Spieler im Auge
behalten muss: Angriffe durch Feinde und Fallen. Auch wenn die Anzahl der
Gefährdungsarten damit sehr gering ist, wird das Spiel dennoch von diesen Gefährdungen
beherrscht, da die Spieler außerhalb des Dorfes ständig von Feinden angegriffen werden
und so immer auf der Hut sein müssen. Acht Interviewpartner beurteilen sowohl die Arten
der Gefährdungen als auch ihr Ausmaß als absolut angemessen für das Spiel ”Diablo 2”.
Die Gefährdungen und Herausforderungen passen einerseits zum Fantasy-Genre und
andereseits sind alle Befragten der Meinung, dass die Herausforderungen des Spiel zu
bewältigen sind.
Die ständigen Herausforderungen durch die Angriffe der Gegner sorgen für den Spaß im
Umgang mit diesem Spiel, da sie den Ehrgeiz der Spieler ansprechen. Dieses kämpferische
Moment des Spiels wird von der Mehrzahl der Interviewpartner sehr geschätzt, da sie (fast)
immer in der Lage sind, diesen Herausforderungen Herr zu werden – entweder indem sie
den Feind besiegen oder sich zunächst zurückziehen, um den Gegner nach geeigneter
Vorbereitung zu vernichten. Dann können die Computerspieler ihr Erfolgserlebnis
genießen.
30
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Präsentative Aspekte der Inhalte
Wie wird die Darstellungsform und Darstellungsqualität des Spielinhalts von den Spielern
bewertet? Wird die gewählte Darstellungsform gegenüber dem Inhalt als angemessen
empfunden? Hat die Art und Weise der Darstellung des Inhaltes Einfluss auf die
Wahrnehmung des Inhaltes?
Acht der Interviewpartner beschreiben die Darstellungsweise als zeichentrickartig oder
comichaft und damit deutlich von der Realität unterscheidbar. Wobei zwei dieser Acht in
der Darstellung bereits eine leichte Tendenz zu einer eher realistisch wirkenden Illustration
sehen. Ledigleich zwei Versuchspersonen beschreiben die Darstellungsweise des Spiels als
naturalistisch oder spielfilmartig. Aber auch diese Personen empfinden die optische
Darstellung als stark von der Realität abweichend
Einig sind sich alle zehn Spieler, dass die gewählte comichafte Darstellungsform dem
Inhalt absolut angemessen ist. Die Spieler stellen nicht den Anspruch einer
fotorealistischen Abbildung an das Spiel ”Diablo 2”, weil diese ihrer Meinung nach nicht
adäquat wäre bei einem Spiel des Fantasy-Genres. ”Ja, weil es ja auch so ne
Fantasygeschichte ist, mit Geschöpfen, die es gar nicht gibt. Also von daher passt es
auch.”, meint VP 13 in Bezug auf die zeichentrickartige Optik. VP 6 ist der selben
Meinung: ”Es gibt Rollenspiele, die dann auch sehr realistisch von den Zeichnungen her
sind und da find ich ehrlich gesagt überhaupt nichts dran. Man sollte dann schon auch
sehen, dass es irgendwo ne, ja ne andere Welt ist und nicht die Reale. Deshalb find ich es
eigentlich okay, wenn die Sachen in diesem Cartoonstil gehalten werden.” Gerade
dadurch, dass die Spielszenarien nicht fotorealistisch abgebildet werden, erlangt das Spiel
seine besondere Attraktivität als eine Gegenwelt, die die Phantasie anregt und in die die
Spieler ihre Wünsche projizieren können. Sechs der Befragten glauben auch, dass das Spiel
ihnen weniger Spaß machen würde, wenn die Darstellungen realistischer wären. Dazu zwei
Beispiele aus den Interviews:
VP 63: ”Ich find das okay so. Das müsste jetzt nicht naturalistischer sein für mich. Da hätt
ich sowieso meine Schwierigkeiten, ob ich jetzt son Spiel noch spielen würde, was jetzt
wirklich.. Es gibt ja auch teilweise Spiele, die mit Schauspielern besetzt werden, die dann
halt entsprechend die Rollen spielen. Weil da die Vermischung zwischen normaler Realität
oder sagen wir mal diesem realen Eindruck und dem, was jetzt in dem Spiel stattfindet, zu
groß ist.”
31
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
VP 13: ”Gut wär es wahrscheinlich trotzdem noch, aber es würd mich dann vielleicht doch
eher abschrecken. Grad wenn das Blut spritzt und das total realistisch wär, das wär dann
ein bisschen eklig.”
Es ist den Spielern wichtig, dass das Geschehen als Spiel erkennbar bleibt. Der Spielspaß
ginge verloren bei einer stärker realistisch orientierten Art der Darstellung. Dadurch, dass
das Spiel auch optisch immer als Spiel erkennbar bleibt und nicht wie ein Abbild der
Realität wirkt, kann der Spieler moralische Bedenken außen vor lassen und u.a. seinen
Aggressionen freien Lauf lassen, indem er Monster und Dämonen abschlachtet und seine
Spielfigur durch Blutlachen waten lässt.
Temporäre Aspekte der Inhalte
Welche Bedeutsamkeit haben der Spielinhalt, die Spielfiguren, die Regeldynamik oder
auch die Präsentation für die Spieler in den verschiedenen Phasen des Spielprozesses vom
Vertrautmachen mit dem Spiel bis zum intensiven, zielorientierten Umgang?
Die Interviewpartner zum Spiel ”Diablo 2” geben an, dass eine gute grafische Darstellung
weder bei der Spielauswahl noch im Spielprozess selber ausschlaggebend für sie ist, aber
dass sie dennoch eine bestimmte Grundanforderung an die Präsentation stellen, die ein
Spiel heutzutage erfüllen muss. Lediglich für vier Versuchspersonen ist die Grafik von
besonderer Wichtigkeit ”Ja, ich achte ziemlich stark auf Präsentation, also dass die Grafik
wirklich stimmt. Weil ich da wirklich sehr viel Wert drauf lege, dass das wirklich alles sehr
schön dargestellt ist und dass das auch flüssig läuft und dass das nicht so stockend ist.”,
sagt beispielsweise VP 60. Dieses Interesse an der grafischen Darstellung ebbt auch im
weiteren Verlauf des Spiels bei diesen vier Personen nicht ab, wie u.a. den weiteren
Ausführungen von VP 60 zu entnehmen ist: ”Also ich kann mich auch noch im
zwanzigsten Level freuen, wenn da grad wieder so ein schöner Lichtblitz ist, wenn ich da
ne Aufgabe gelöst habe. Also da wäre ich wirklich enttäuscht, wenn da die Grafik plötzlich
nachlassen würde oder nichts mehr zu bieten hätte.” , betont sie.
Von größerer Wichtigkeit für die Mehrzahl der befragten Spieler ist bei der Spielauswahl
jedoch das Thema des Spiels, bzw. die Spielgeschichte. Vier Interviewpartner geben sogar
32
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
an, dass das Thema eines Spiels für sie das ausschlaggebende Kriterium ist bei der
Auswahl eines neuen Spiels. So erklärt VP 36, dass das Thema eines Spiels an seine
bereits bestehenden Interessen anknüpfen muss: ”Ja, wenn sich ein Spiel irgendwo in der
Nähe oder in Bereichen meiner Interessengebiete befindet, wie halt Mittelalter, DarkFuture. Davon mache ich das sehr abhängig, ob ich ein Spiel spielen will oder nicht.”,
erzählt sie und fährt zum Thema Inhalt versus Präsentation fort: ”Also, wenn die Story
wirklich genial ist, dann kann man auch wirklich eine ältere Grafik nehmen. Weil wenn die
Story wirklich klasse ist, nimmt man - glaub ich - viel in Kauf. Also andersherum eher
nicht - eine tolle Grafik ersetzt keine gute Story.” Allerdings verliert die Spielgeschichte
für sieben der Versuchspersonen im Verlauf des Spiels an Wichtigkeit und die
Handlungsanforderungen und regeldynamischen Aspekte treten in den Vordergrund. Auf
die Frage, ob für sie der Inhalt des Themas auch im weiteren Verlauf des Spiels noch
wichtig ist, antwortet VP 6: ”Zuerst schon und das ebbt dann halt nachher ab. Und halt je
besser man mit dem Handling klarkommt und je mehr man ins Spiel reinkommt, desto
mehr verschwimmen - zumindest für mich - die Inhalte und da wird dann das Spielen, das
Funktionieren wichtiger als irgendeine Zwischensequenz, die dir sagen will, worum es im
Großen und Ganzen geht.” Ähnlich äußert sich auch VP 4 zur Bedeutung der
Spielgeschichte im fortschreitenden Spielprozess: ”Das verändert sich. Wenn man das so
zum ersten Mal spielt, dann steht so die Geschichte wirklich im Vordergrund, weil man ja
wissen will, was passiert und man interessiert sich da auch mehr dafür. Und wenn man das
länger spielt, dann interessiert man sich eher dafür, halt abzuleveln, die Fähigkeiten zu
steigern und so was, um dann nachher in den nächsten Schwierigkeitsstufen weiterspielen
zu können oder bestehen zu können.”
Die Spielfiguren sind eng mit diesem Wunsch, die spielerischen Fähigkeiten zu verbessern
und ins nächste Level aufzusteigen, verbunden, denn nur mit Hilfe eines weit entwickelten
Spielcharakters sind höhere Spielstufen zu bewältigen. ”Die Priorität ist immer, das
Spielziel zu erreichen. Aber um dieses Spielziel zu erreichen - das wird halt einfacher
dadurch - deshalb versuche ich, meine Spielfigur weiterzuentwickeln.”, erklärt VP 18.
Aus diesem Grund sind und bleiben die Spielfiguren für alle Befragten während des
ganzen Spielprozesses sehr wichtig. Dennoch geben neun Interviewpartner an, dass die
Figur keine emotionale Bedeutung für sie erhält im Sinne einer empathischen Besetzung.
Der Avatar ist auch nach vielen Spielstunden für sie nichts weiter als ein – zugegeben sehr
wertvolles – Instrument zur Erreichung ihrer Ziele. Dieses Instrument gewinnt immer
33
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
weiter an Wert, durch die vielen Spielstunden und Anstrengungen, die in es investiert
werden. Dazu drei Aussagen aus den Interviews:
VP 18: ”Das ist die Arbeit die da drin steckt. Also Sympathie empfinde ich dafür eigentlich
nicht. Also mein Herz schlägt da nicht für meine Spielfigur.”
VP 36: ”Ja, ans Herz gewachsen ist vielleicht die Zeit, die man in den Charakter investiert
hat. Das ist ja ein Spiel, das baut sich ja auf. Das ist ja punktebasiert - desto mehr Punkte,
desto besser wird man, desto mehr Zeit wird investiert. Und ich denke, es ist halt ärgerlich,
wenn einem der Charakter flöten geht, wo man unheimlich viel investiert hat.”
VP 31: ”Er ist natürlich besser fürs Spiel (gemeint ist ein gut gerüsteter Avatar). Aber
wichtig wird der mir nicht. Also wenn er kaputt ist, breche ich nicht in Tränen aus.”
Den Tränen nahe war lediglich VP 60 beim ”Tod” ihres virtuellen Spielgefährten und
erzählt: ”Oh ja! Ja schon. Also bei Diablo 1 wars so , da hatte ich einen Krieger, den hatte
ich auch von Anfang an, den hab ich wirklich gehegt und gepflegt bis zum Schluss. Und bei
Diablo 1 ging das nicht, dass man den auf ne Diskette speichern konnte den Spielstand.
Und als wir dann mal unseren Computer formatiert haben, da musste er leider sterben.
Und da war ich wirklich so ein bisschen traurig als der dann weg war. Also da waren
schon schöne Erinnerungen mit verbunden, weil's eben auch meine erste Spielfigur da war
und weil man mit der so viel gemacht hat auch und weil man die die ganze Zeit gepflegt
hat. Da war bestimmt auch Empathie dabei.” Sie ist die einzige Versuchsperson, die eine
empathische Beziehung zu der von ihr gesteuerten Spielfigur aufgebaut hat und sie würde
nach eigenen Angaben eine solche Spielfigur niemals grundlos von ihrer Festplatte
löschen.
Die Wahrnehmung und Bedeutung der zentralen Spielfigur ändert sich also im Verlauf des
Spiels für die Mehrheit der Spieler bei ”Diablo2” nicht: Die Spielfigur ist zu Beginn des
Spiels Mittel zum Zweck ist, um im Spiel interagieren zu können und gewinnt im Fortlauf
des Spiels nur insofern an Bedeutung, wie sie an Qualifikationen und somit an spielinterner
Handlungsmacht zunimmt. In der Regel kommt es bei diesem Spiel nicht zu einer
emotionalen Besetzung des Avatars.
Eintauchen in die virtuelle Welt
Konzentration
Bei der Frage, ob das Spiel ”Diablo 2” ständige Konzentration fordert oder nicht, werden
von
den
Versuchspersonen
zwei
verschiedene
Positionen
vertreten.
Fünf
34
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Versuchspersonen geben an, beim Spielen von ”Diablo 2” sehr konzentriert zu sein. So
zum Beispiel VP 7 und VP 60:
VP 7: ”Ja, auf jeden Fall. Das ist halt auch n Spiel, was n ständigen Fluss hat. Also es ist
kein rundenbasierendes Spiel, wo man zwischendurch einfach mal so Zeit hat, sondern
man muss am Ball bleiben.”
VP 60: ”Also bei Diablo muss man auch konzentriert sein, weil man ja ständig angegriffen
wird. Und da ist es auch so, dass ich vom Rest wirklich abschalte. Da vergess ich auch
Essen und Trinken oder da hab ich auch diesen Zeitverlust, dass ich auf die Uhr gucke und
denke: Oh, sind ja doch schon wieder vier Stunden rum.”
Hier werden die ständigen Handlungsanforderungen, die das Spiel an die Computerspieler
stellt, als Ursache für die hohe Konzentration angegeben. Die fünf anderen Befragten
jedoch empfinden einen solchen Handlungsdruck nur in bestimmten Situationen und so
beschreiben sie sich selber auch nur als situationsbedingt konzentriert in einzelnen Spielbzw. Kampfphasen.
Verschmelzen
Auch bei der Frage, ob es zu einem Verschmelzen mit dem Spiel ”Diablo 2” kommt oder
nicht, sind sich die Spieler nicht einig. Hier scheint eher die generelle Einstellung,
inwieweit man sich auf ein Spiel einlässt, ausschlaggebend zu sein. VP 13 und VP 63
vertreten die Fraktion der Spieler, die grundsätzlich möglichst tief in das Spielgeschehen
abtauchen will und nach langen Spielphasen immer ein Verschmelzen erleben. So bestätigt
VP 13: ”Ja schon. Wenn ich wirklich viel Zeit hab und lange spiele, dann bin ich schon
richtig drin.” Dagegen gehört VP 60 zu der Spielergruppe von fünf Personen, die nur dann
mit dem Spielgeschehen verschmilzt, wenn sie durch spannende Anforderungen ans Spiel
gefesselt wird und wenn die Spielatmosphäre stimmt: ”Ja, ist mir schon mal passiert. Ich
weiß nicht, ob es jetzt jedes Mal so war. Aber ich weiß, dass ich das richtig stark gemerkt
habe, als ich in dieser geheimen Zuflucht war bei Diablo, in diesem Weltraumdings. Da
hab ich auch wirklich sechs Stunden durchgespielt. Ich glaube, das hatte ich vorher noch
nie. Da war ich wirklich so drin, dass ich auch gar nicht mehr aufhören konnte und da war
ich wirklich mit dem Spiel verschmolzen..”
Nur drei Interviewpartner geben an, noch nie Phasen des Verschmelzens mit einem
Computerspiel erlebt zu haben, dieses Verschmelzungsgefühl aber durchaus im
Zusammenhang mit Literatur zu kennen. Eine Erklärung dafür ist ihnen nicht bewusst,
jedoch vermutet VP 69, dass das bedienungsaufwendigere Interface beim Computerspiel
35
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
ein Verschmelzen eher verhindert: ”Nö, die Tastatur nehm ich schon noch wahr, weil ich
mich auch gerne mal verdrücke. Nee, also so tief ist es nicht. Bei Büchern kann ich das,
aber beim Spielen passiert mir das nicht so sehr.”
Form der Einwirkung
Lediglich zwei Versuchperson äußern sich dazu, ob die Form der Einwirkung - im Falle
von ”Diablo 2” handelt es sich um eine indirekte Einwirkungsform aus der sogenannten
Gott-Perspektive heraus - ein eventuelles Verschmelzen mit dem Spielgeschehen eher
verstärkt
oder
vermindert.
Beide
Personen
sind
der
Meinung,
dass
diese
Aufsichtsperspektive ein Verschmelzen eher verhindert. VP 6 sagt dazu: ”Also ich bin
nicht immer außen vor, aber dadurch, dass man eben diese Obendraufsicht hat, denk ich,
kann man halt nicht so sehr in diese Spielfigur eintauchen, dass man jetzt wirklich das
Gefühl hat, man selber wär diese Spielfigur.”
Vier der befragten Spieler vermuten, dass die Ego-Perspektive mit ihrem Blick durch eine
subjektive Kamera eher Verschmelzungsprozesse begünstigt. Gleichzeitig geben aber auch
drei Personen an, dass sie eben diese Ego-Perspektive nicht mögen – einerseits weil sie
Orientierungsprobleme haben durch den subjektiven Blickwinkel, andererseits weil sie die
unangenehmen Dinge, die im virtuellen Spiel passieren können, eben durch ein stärkeres
Verschmelzen zu intensiv empfinden. So äußert sich zum Beispiel VP 69: ”Denn, wenn
ich in nem Ego-Shooter bin und das ist ja dann wirklich sehr Ich-Perspektive, und dann
sterb ich in diesem Spiel, das ist mir super unangenehm.”
Nur VP 60 ist der Meinung, dass die Perspektive, aus der man auf das Spiel blickt, keine
Rolle spielt für einen möglichen Verschmelzungsprozess: ”Nee, ich glaub nicht, dass da
die Perspektive eine Rolle spielt. Bei Diablo hat man diese Gottperspektive und da bin ich
verschmolzen und ich hab auch schon Tomb Raider gespielt und da hat man diesen
elektronischen Stellvertreter, den man steuert, und da bin ich auch verschmolzen. Bei mir
spielt die Perspektive keine Rolle.”
Zusammenhang von Inhalt und Perspektive
Wird der Inhalt eines Spiels vielleicht dann besonders wichtig, wenn der Spieler das
Gefühl hat, selber mittendrin im Spiel zu sein, wie bei einem Spiel aus Sicht der
subjektiven Kamera, das ihm eine sensumotorische Synchronisierung mit der Spielfigur
ermöglicht? Oder steht gerade dann die Bewältigung der Spielanforderungen im
36
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Vordergrund und der Inhalt tritt zurück? Gewinnt der Inhalt eventuell stärker an
Bedeutung, wenn man das Spielgeschehen aus einer indirekten Position heraus steuern
kann wie bei der Gott-Perspektive, die eine bessere Übersicht und Abstand zum Geschehen
vermittelt?
Für fünf der befragten ”Diablo 2”-Spieler ist es nicht von der Einwirkungsform und
Perspektive abhängig, inwieweit sie die Spielgeschichte wahrnehmen, bzw. inwieweit
diese für sie von Bedeutung ist. Sie geben an, dass hier andere Faktoren ausschlaggebend
sind, wie u.a. das Konzentrationsniveau, der persönliche Zugang zum Spielthema oder der
Ehrgeiz, im Spiel erfolgreich zu sein.
Die fünf anderen Interviewpartner äußern jedoch, dass Spiele, die aus einer indirekten
Position gesteuert werden - wie auch ”Diablo 2” - eine bessere Übersicht bieten und eine
gewisse Distanz zum Spielgeschehen ermöglichen. Auch VP 18 ist dieser Meinung: ”Also
das ist eher so (...), dass man halt die Übersicht hat und die Informationen sucht, die man
nehmen kann, ja.” So können mehr Informationen über die Spielgeschichte oder das
Thema des Spiels aufgenommen werden. Gleichzeitig vermuten die befragten
Computerspieler, dass Spiele aus der Sicht einer subjektiven Kamera heraus sehr viel
Orientierungsarbeit erfordern und inhaltliche Aspekte deshalb eher zweitrangig sind. Hier
tritt
ihrer
Meinung
nach
die
Spielgeschichte
hinter
die
Bewältigung
der
Handlungsanforderungen zurück. ”Also gerade bei 3-D-Shootern, denk ich, geht es
wirklich nur um die Handlung. Spielgeschichte ist da nicht so wichtig.”, vermutet VP 7.
Eventuell sind diese Aussagen jedoch darauf zurückzuführen, dass die hier befragten
”Diablo 2”-Spieler generell eine indirekte Spielposition bevorzugen, da diese eher ihren
individuellen Steuerungsfähigkeiten und -wünschen entspricht. Es bleibt fraglich, ob
Computerspieler, die Spiele aus der Sicht einer subjektiven Kamera bevorzugen und geübt
sind in einem entsprechenden Spielhandling, wirklich durch die Handlungsanforderungen
derart in Anspruch genommen werden, dass spielgeschichtliche Aspekte tendenziell
bedeutungslos werden.
Spielinhalt und Gedächtnis
An welche Strukturelemente eines Spiels können sich die Spieler auch noch nach
Beendigung des Spiels am besten erinnern? Sind es eher Elemente der Präsentation, des
37
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Inhalts oder der Spieldynamik? Erinnern sie sich an ihre eigenen emotionalen
Einschätzungen und Reaktionen, die sie während des Spielens empfunden haben?
Es ist erstaunlich, wie gut sich die Spieler an verschiedene Spiele erinnern können, auch
wenn die Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Spiel schon längere Zeit zurückliegt. Die
Spiele scheinen sich also deutlich einzuprägen.
Fünf Interviewpartner geben an, dass sie sich inhaltliche Aspekte ins Gedächtnis rufen
können. Hier drehen sich die Erinnerungen oft um die Spielgeschichte, die sich als roter
Faden durchs Spiel zieht. Teilweise werden auch die entscheidenden Schlusssequenzen
erinnert, die die Spielgeschichte abschließen. VP 63 berichtet beispielsweise: ”(...) was
natürlich immer irgendwo hängen bleibt, ist natürlich die Schlusssequenz sozusagen, also
der Abschluss des Spiels, wenn man jetzt den entscheidenden Gegner besiegt hat oder die
letzte Aufgabe erfüllt hat oder was auch immer. Das bleibt eigentlich immer in Erinnerung
(...).”
Fünf Versuchpersonen geben an, dass sich ihnen ihre eigene Spielbewertung besonders einprägt. VP 13
erklärt: ”Ja, so dieses Grundgefühl, das ich dazu hab, das fällt mir dann als erstes ein. So ein Gefühl wie:
Boah, das war toll oder na ja, das war ja nix.”
Nur vier der Befragten erinnern sich in erster Linie an die grafische Oberfläche des Spiels,
bzw. an einzelne Screenshots aus dem Spiel. So antwortet VP 69 auf die Frage, was sich
am stärksten von einem Computerspiel in ihrem Gedächtnis verankert: ”Bunte, poppige
Bilder. (...) Vor allen Dingen die Grafik. Ich könnte dann natürlich auch beschreiben,
worums in dem Spiel geht, aber wenn ich mich so spontan an das Spiel erinnere, ist es die
Grafik.”
Wobei hier berücksichtigt werden muss, dass auch bei der Erinnerung an andere Elemente
des Spiels deren grafische Präsentation durchaus miterinnert werden kann - ohne das dies
explizit genannt wird.
Drei Personen geben an, dass sie sich auch an die äußeren Umstände ihres realen Lebens
während der Spielphasen erinnern können. Zwei Spieler entsinnen sich ihrer eigenen
Erfolge oder Misserfolge.
Zusammenfassung
Ein Spiel wie ”Diablo 2” löst häufig bei passiven Beobachtern des Spielgeschehens
Entsetzen aus: Der Bildschirm ist größtenteils von bösartigen Monstern und Kreaturen
bevölkert, die auf sehr blutige Art vom Spieler getötet werden müssen. Die Darstellung
38
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
von abgeschlagenen Leichenteile und Blutlachen wirkt erschreckend auf Außenstehende
und es entstehen Befürchtungen, dass die Spieler ihr gewalttätiges Handeln auf die reale
Welt übertragen könnten. Die Spieler dagegen erkämpfen sich begeistert ihren Weg durch
die feindliche, virtuelle Landschaft. Dabei fühlen sie sich durch die gewalttätigen
Szenarios des Spiels in der Regel nicht abgeschreckt.
Wie kommt es, dass das Spiel so unterschiedlich wahrgenommen wird?
Außenstehende Beobachter nehmen das Spiel wahr wie einen Film, der vor ihnen abläuft.
Sie beurteilen das Spiel allein anhand der Darstellungen und Bilder, die sich ihnen zeigen
und bewerten die im Spiel geforderten Handlungsmuster nach moralischen Maßstäben der
realen Welt.
Die Interviews haben jedoch deutlich gemacht, dass insbesondere beim Spiel ”Diablo 2”
für die Spieler nicht die Maßstäbe der realen Welt als Bezugspunkt dienen, sondern dass
sie das Spiel als eigene virtuelle Welt erleben. Für sie ist die Zugehörigkeit des Spiels zum
Fantasy-Genre wichtig. Dabei wird die Wahrnehmung des Spiels beeinflusst, durch die
Vorerfahrungen und das Wissen, das die Spieler zum Bereich Fantasy besitzen.
Semantische Konnotationen aus der realen Welt fließen auf Grund der deutlichen
Verschiedenartigkeit beider Welten dagegen kaum in das Erleben des Spiel mit ein.
Das Spiel ermöglicht es seinen Usern zwar, in einer fantastischen, virtuellen Gegenwelt,
die Wünsche und Bedürfnisse auszuleben, die in der realen Welt nicht ausreichend
befriedigt werden; allerdings handelt es sich nur bei vier der befragten Spieler um
aggressive Impulse, die sie mit Hilfe des Spiels befriedigen.
Es wurde deutlich, dass sich die Spielmotivation aus einem Zusammenspiel
unterschiedlicher Aspekte zusammensetzt: Im Vordergrund steht die Regeldynamik des
Spiels als stärkste Antriebskraft, die im Spieler den Wunsch weckt, sich immer weiter im
Spiel zu verbessern und voran zukommen. Damit in Verbindung steht gleichzeitig das
Streben nach Aufbau und Aufrüstung der Spielfigur, die zudem häufig im Rahmen einer
strukturellen Koppelung als Metapher der eigenen Person gesehen wird.
Im Spiel können die Versuchspersonen die Handlungsmacht und Kompetenz erleben, die
ihnen in der realen Welt häufig versagt bleibt.
Zugleich erlaubt der Fantasy-Bezugsrahmen bei ”Diablo 2” den Spielern auch, ohne
moralische Vorbehalte den gewaltorientierten Handlungsanforderungen des Spiels
nachzukommen und hemmungslos bösartige Monster und Dämonen zu töten. Die Spieler
nutzen die Freiheiten der virtuellen Welt und die ”Unverwundbarkeit” virtueller Figuren,
um sich über die Normen der realen Welt hinwegzusetzen; allerdings nur bis zu dem
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Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Diablo 2"
Punkt, an dem menschliche Wesen geschädigt werden sollen und sich dann doch ethischmoralische Bedenken einstellen.
Die entlastende Funktion, die der Aufenthalt in der virtuellen Welt für die Spieler hat, ist
nur so lange wirksam, wie die Distanz zur realen Welt gewahrt wird.
Deshalb ist es den Spielern auch wichtig, dass das Geschehen sowohl thematisch als auch
grafisch immer als virtuelles Spiel erkennbar bleibt. Der Spielspaß ginge verloren bei einer
stärker realistisch orientierten Art der Darstellung.
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