Technische Unterstützungssysteme im Hochleistungssport
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Technische Unterstützungssysteme im Hochleistungssport
Technische Unterstützungssysteme im Hochleistungssport K. Mattes & N. Schaffert Universität Hamburg Institut für Bewegungswissenschaft Abteilung Bewegungs- & Trainingswissenschaft Einleitung Im Hochleistungssport werden seit ca. 40 Jahren technische Systeme zunächst zur sportartspezifischen Leistungs- und Bewegungsdiagnostik, später zur Optimierung der Belastung im Konditions- und Techniktraining (maschinengesteuerte Trainingsgeräte, Messplatztraining mit akustischem, visuellem und/oder haptischem Feedback) sowie in jüngster Zeit zum robotersimulierten Training und Wettkampf (Kraft-, Bewegungs- und Umweltsimulation) eingesetzt. Eine Voraussetzung ist die Akzeptanz der technischen Systeme durch Trainer und Athleten, die durch eine hohe Praktikabilität (Aufwand, keine Bewegungsbeeinträchtigung), Sportartspezifik und spezielle Leistungswirksamkeit erreicht wird. Im Poster werden Anwendungsfelder und Potenziale, aber auch Risiken aufgezeigt. Entwicklung und Akzeptanz von Messsystemen Rennrudern gehört zu den Olympischen Sportarten, wobei in vierzehn Bootklassen Medaillen vergeben werden. Als Mittelzeitausdauersportart zeichnet sich Rudern durch ein komplexes Sportgerät Ruderboot/Ruderwerk aus, an dem physikalische Messsysteme gut appliziert werden können. Die rückwirkungsfreie Messung im eigenen Rennboot bei Verwendung der individuellen Ruder (Riemen oder Skulls, Abb.1), visuelles Online-Feedback während der Bewegungsausführung für den Ruderer (Abb.2), die Online-Übertragung der Messdaten ins Begleitboot für den Trainer und die Synchronisation von Video und Messdaten zur Datenauswertung sind Standard [1]. Die aktuelle Herausforderung besteht in der Applikation der Messtechnik an die Vielfalt der verwendeten Ruderboote, Ausleger und Ruder mit baulichen Unterschieden verschiedener Hersteller. Um den Aufwand zu senken und Messungen mehrmals im Trainingsjahr durchführen zu können, werden nur noch leistungs- und trainingsrelevante Daten erhoben. Ein weiteres Problem besteht in der Aufbereitung und Präsentation der physikalischen Daten in verständlicher Form für Trainer und Athleten, z.B. durch Synchronisation der Messdaten mit Videosequenzen. Ferner sind Messergebnisse im Hochleistungssport vom aktuellen Abb.1: Das heutige Mess- und TrainingsLeistungs- und Trainingszustand abhängig und müssen folglich ohne Zeitverzug übermittelt werden. Wirkliche Akzeptanz system (FES Berlin und Universität entsteht jedoch erst, wenn die diagnostischen Maßnahmen wirksam sind und mit spürbaren Verbesserungen im Training und Hamburg). in der sportlichen Leistung einhergehen. Feedbacksysteme zur Verbesserung der Bewegungstechnik Zur Unterstützung des Technik- und Konditionstrainings kommen gerätegestützte Feedbacksysteme zum Einsatz. Diese stellen die Information mit der notwendigen Genauigkeit, zeitsynchron mit der Bewegungsausführung (online) und in geeigneter Weise (akustisch, visuell oder taktil) zur Verfügung. Im Rennrudern werden die Messparameter visuell auf Grafikdisplay (Abb.2) und akustisch über Lautsprecher (Abb.3) gegeben. Mittels Parameter-Mapping-Sonifikation wird der Beschleunigungs-ZeitVerlauf des Rennbootes vertont, wobei jedem Beschleunigungswert algorithmisch ein Ton zugeordnet und den Athleten online im Rennboot rückgemeldet wird ohne die normalen Rudergeräusche auszuschalten. Die Klangsequenz verändert sich in Abhängigkeit zur Bewegungsausführung und bietet die Möglichkeit zweckmäßiges und unzweckmäßiges Bewegungsverhalten akustisch zu differenzieren und kann so eine Kontrollund Steuerfunktion im Techniktraining übernehmen [2]. Abb.2: Visuelles Feedbacksystem PCSSportler (FES Berlin und Universität Hamburg). Abb.3: Das akustische Feedbacksystem Sofirow (BeSB GmbH Berlin und Universität Hamburg). Wettkampf- und Trainingsgeräte Die Unterscheidung zwischen Wettkampf- und Trainingsgeräten ist notwendig, denn Wettkampfgeräte müssen dem Reglement entsprechen. Das Training verfolgt dagegen spezifische Ziele, die erst durch spezielle Trainingsgeräte (z. B. Ruderergometer) ansteuerbar werden. Das Wettkampfgerät im Rennrudern (Boot, Ausleger, Ruder) wird aus modernen Werkstoffen (Kunststoff, Karbon) gefertigt, muss bei verschiedenen Wetter- und Wasserbedingungen gerudert und an die Leistungsvoraussetzungen der Athleten angepasst werden können. Einige klein- und mittelständige Bootswerften decken den weltweiten Gesamtbedarf ab. Für deutsche Spitzenathleten baut das Institut Forschung und Entwicklung von Sportgeräten Berlin (FES) Hi-Tec-Rennboote und Ruder mit hydrodynamisch wirksamen Blattformen (asymmetrische Tragflügelform mit Vortexkante und Deltawing Effekt). Bei Trainingsgeräten stellt das Concept II Ruderergometer (Concept2, Inc. Morrisville) ein Beispiel hoher Akzeptanz dar, obwohl es in wesentlichen Punkten von der Ruderbewegung im Boot (z.B. in der Geometrie der Zugbewegung) abweicht. Das Ergometer ist robust, leicht zu transportieren, nutzt Luftströmung am Windrad als Bewegungswiderstand, generiert über eine einfache Messung metrische Daten mit online-Anzeige, ermöglicht die Vergleichbarkeit der Sportlerleistungen sowie leistungsdiagnostische Tests und ist letztlich in großer Anzahl in der Trainingspraxis vorhanden. Zusammenfassung und Ausblick Die skizzierten Anwendungsfelder technischer Systeme (Leistungsdiagnostik, Feedbacktraining, Wettkampf- und Trainingsgeräte) bestehen auch in Zukunft allerdings angepasst an den technischen Fortschritt. Erkennbare Trends sind Videoanalyse und -kinemetrie mit neuen Schwerpunkten (automatische Mustererkennung, hochauflösende Highspeed 3D-Kinemetrie), weitere Miniaturisierung der Messelektronik, Nutzung von Smartphone oder Tablets und Sensorapplikation mittels Microchips in der Sportkleidung. Potentiale liegen in der Entwicklung neuer Wettkampf- und Trainingsgeräte durch eine bessere gerätetechnische Umsetzung bekannter biomechanischer Gesetzmäßigkeiten unter Nutzung moderner Werkstoffe. Intelligente Trainingsgeräte müssen den Trainingsprozess in seiner Gesamtheit durch automatisierte Belastungssteuerung sowie die Dokumentation und Auswertung der Daten für die Trainingssteuerung unterstützen. Feedbacksysteme werden stärker die akustische Rückmeldung unter simultaner Einbeziehung mehrerer Sinneskanäle (multimodal) sowie virtuelle Welten nutzen [3]. Risiken liegen in der Einführung der neuen Gerätesysteme, wobei Regeländerungen den Einsatz im Wettkampf verbieten können. Die frühzeitige und regelmäßige Verfügbarkeit der Geräte für Training und Wettkampf ist eine notwendige Voraussetzung für deren Akzeptanz, damit die Sportler alle Anpassungsprozesse an die veränderten mechanischen Bedingungen vollziehen können. Letztlich ist der entscheidende Schritt zur Akzeptanz von technischen Systemen deren tatsächliche Wirksamkeit für die Leistungsentwicklung und bei Wettkampfgeräten deren erfolgreicher Einsatz bei internationalen Spitzenwettkämpfen. Abb.4: Das Concept II Ruderergometer (Concept2, Inc. Morrisville). Literatur [1] [2] [3] Mattes, K.: Rowing technique. Manual for rowing training. Technique, high performance and planning (2nd ed), Hrsg.: Altenburg, D., Mattes, M. und Steinacker, J.; Wiebelsheim: Limpert Verlag, (2012), S. 53-108. Schaffert, N. und Mattes, K.: Designing an acoustic feedback system for on-water rowing training. International Journal of Computer Science in Sport, 2011, 10 (2): S.71-76. Sigrist, R., Rauter, G., Riener, R. und Wolf, P.: Augmented visual, auditory, haptic, and multimodal feedback in motor learning: A review. Psychonomic Bulletin & Review (2013), 20(1), S. 21-53.