Papa steht seinen Mann

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Papa steht seinen Mann
Sven Broder
LESEPROBEN
Papa steht seinen Mann
Von der Kunst, Vater zu sein und
Mannsbild zu bleiben
Beobachter-Buchverlag
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Alle Rechte vorbehalten
www.beobachter.ch
© Beobachter-Buchverlag 2011
Papa steht seinen Mann. Von der Kunst, Vater zu sein und Mannsbild zu bleiben
LESEPROBE
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
01
Der Mann an ihrer Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
01.1
Ja sagen zum Kind
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14
01.2
Heimlich verhüten
....................................................
16
01.3
Die Pille für den Mann ist spitz
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
01.4
Hodenbaden nach Zürcher Art
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
01.5
Beim Schwangerschaftstest positiv bleiben
01.6
In welcher Woche ist sie denn?
01.7
Die Beschwerden einer Schwangeren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
01.8
Frau verwöhnen in 42 Wochen
01.9
Die Geburt einleiten mit Sex und Rhizinusöl
01.10
Der Wehencocktail
01.11
Der Muttermund lügt nicht
01.12
Tuts fest weh? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
01.13
Sich vor dem Kreisssaal drücken,
..................
21
..................................
23
...................................
25
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
..................................................
........................................
32
33
ohne das Gesicht zu verlieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
01.14
Wenn es mal wieder länger dauert
01.15
Die etwas andere Hausgeburt
01.16
Beauty-Tipp Käseschmiere
01.17
Ugly Kid
01.18
Neulich am Planschbecken
02
Der Mann im Haus
02.1
Jungfernfahrt mit Kinderwagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
02.2
Papi, die Krankenschwester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
..............................
41
....................................
43
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56
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57
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59
............................................
62
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Papa steht seinen Mann. Von der Kunst, Vater zu sein und Mannsbild zu bleiben
02.3
Verstopfte Kinder
02.4
Wadenwickel und Co. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
02.5
Schnäbelishow und Schneckenparade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
02.6
Begegnung mit einer Schnapsdrossel
..........................
72
02.7
Drogen nehmen mit Kindern im Haus
..........................
74
02.8
Den Kater vertreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
02.9
Ein schlechtes Vorbild sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
....................................................
66
02.10 Mein Freund, das Babyfon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
02.11 Organisation ist alles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
02.12 Kein Neid auf Schwule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
02.13 Allein zu Hause: Das gönn ich mir
02.14 Frauen unter Frauen
...............................
88
................................................
91
02.15 Einem Nacktwanderer in die Augen sehen
....................
92
02.16 Der kleine Unterschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
02.17 Zielen will gelernt sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
02.18 So reden Sie sich das Kinderbassin gesund
02.19 Papi, der Superheld
..................
96
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
02.20 Papi, der Angsthase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
03
Der Mann im Bett . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
03.1
Ein Männerwitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
03.2
Störfaktor Kind
03.3
Warum überhaupt Sex?
03.4
......................................................
106
...........................................
108
Sex nach Plan
.......................................................
108
03.5
Sex und Stress
......................................................
110
03.6
Die sanfte Penetration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
03.7
Den Orgasmus hinauszögern
03.8
Der dicke Hals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
03.9
So klappts garantiert – oder auch nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
....................................
03.10 Holen Sie Frau zurück ins Bett
..................................
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111
113
03.11 Ein schönes Ritual . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
03.12 Liebe an und für sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
.......................
116
............................
118
03.13 Mann. Im Dunkeln. Vor dem Computer
03.14 Lustbringer aus dem Kräutergarten
03.15 Damianalikör, das Liebesrezept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
03.16 Mit fremden Frauen flirten –
und den Absprung nicht verpassen
............................
124
..............................
127
............................................
129
03.17 Kaufen Sie sich neue Unterhosen
03.18 Die richtige Ablenkung
04
Der Mann im Stress . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
04.1
Fluchen, aber richtig
04.2
Fluchen, aber schöner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
04.3
Sing mal wieder
04.4
Dein Sohn, das Mädchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
04.5
Nature versus nurture
04.6
Und das sagt der schwule Psychologe
04.7
So behält der Zipfel seine Mütze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
04.8
Die richtige Waffe ziehen
04.9
Ein besserer Vater werden
...............................................
.....................................................
.............................................
........................
.........................................
.......................................
04.10 Kinder zähmen ohne Zuckerbrot – und ohne Peitsche
....
134
138
141
144
148
149
150
04.11 Erziehung von gestern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
04.12 Leben im Schwitzkasten Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
04.13 Von Sandkastendiktatoren und Erziehungsweicheiern
....
160
04.14 Dem Kind ein Spielzeug ausreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
04.15 Ferien, die diesen Namen verdienen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
04.16 Einen Helm mit Fassung tragen – oder eben nicht
.........
166
..............................................
168
.........................................................
169
04.17 Ein Sarg voller Leben
04.18 Glück haben
04.19 Wie viel Sieg tut gut? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170
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04.20 Das macht Frau Eindruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
04.21 Die Timoschenko-Krone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
..................................
175
.........................................
178
04.22 Das perfekte Geschenk für sie
04.23 Die Spielregeln der Liebe
04.24 So beeindruckt man den Schwiegervater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
05
Das Kind im Mann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184
05.1
Einen Papierflieger falten, der auch wirklich fliegt
05.2
Eine Baumhütte bauen in einer Stunde
05.3
Eine Seifenkiste bauen, die bremsen kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
05.4
Aus einem Abfallsack einen Flugdrachen basteln
05.5
Tierstimmen imitieren
05.9
Einen Fisch fangen auf Grund
..........
186
.......................
188
..........
192
.............................................
196
...................................
05.10 Ein lustiges Comic-Tierchen zeichnen
197
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
05.11 Eine Gute-Nacht-Geschichte erfinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
06
Väter im Test
06.1
Bin ich ein guter Vater?
06.2
Ihre Ergebnisse
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
...........................................
210
.....................................................
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LESEPROBE
Vorwort
Weder in der Liebe noch in der Erziehung funktionieren allgemeine
Rezepte. Und so geht auch kein Mann in seiner Rolle als Ehemann und
Vater auf, wenn er sich nur genau an die Backanleitung hält. Und doch
sollte er einige Dinge wissen über das Leben in der Familie. Denn Frau
liegt das Mamisein im Blut. Mann hat vom Vatersein keinen Plan. Das
ist vielleicht sein grösstes Handicap – aber zugleich auch sein grösster
Trumpf. Denn das Familienleben ist kein Leben nach Plan. Zu wenig
steuerbar sind die Kinder, zu unberechenbar ist der Alltag, und Beziehungen lassen sich nicht einfrieren wie ein schöner Moment auf
einem Foto. Wer aber nicht immer nur das Ziel vor Augen hat, kann
auch mal die Aussicht geniessen. Wer keinen Plan hat, nimmt das
Leben, wie es kommt: pragmatisch, souverän, entspannt. Und notfalls
mit Humor.
Denn natürlich könnte man hin und wieder auch verzweifeln, ja
– so viel Ehrlichkeit muss sein – den Tag verwünschen, an dem man
die Frucht seines Leibes nicht wie sonst ins Taschentuch spediert
hat. Erstmals vielleicht schon, wenn Ihre hochschwangere Liebste
nur noch über Brustwarzenhütchen reden möchte und Sie sich fragen, ob mit Ihnen was nicht stimmt, weil das Thema Brustentzündung Sie so gar nicht interessiert. Oder später, wenn Ihr Sohn Sie
erstmals «Arschloch» schimpft – und das vor den Schwiegereltern,
die ohnehin an Ihren Erziehungskompetenzen zweifeln. Oder
wenn Sie seit langem mal wieder Ausgang hatten und Ihre Kumpels Sie verführten mit ihrem verhängnisvollen «Komm, eines haben wir noch immer genommen!», Sie dann aber genau dieses eine
zu viel dreifach büssen, wenn morgens um vier die Kleine schreit
und Ihre Bettnachbarin meint: «Du bist dran!» Und Sie wissen: Sie
hat recht!
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Ja, in diesen Momenten könnte Papi zuweilen ins Grübeln kommen. Ein Leser meiner Vater-Kolumnen im Beobachter hat diese einmal als «Anti-Baby-Postillen» bezeichnet. Nach jedem Lesen danke
er Gott, dass er kinderlos geblieben sei. Ich sehe das anders. Für
dieses Buch habe ich die letzten sieben Jahre mit meiner Frau und
meinen Kindern Revue passieren lassen. Niedergeschrieben, was
mich bewegt und gerührt hat. Aber auch, was Männer (und ihre
Frauen) ehrlicherweise wissen sollten über das Leben im Schwitzkasten Familie. Dinge, die ihnen sonst vermutlich niemand verraten
wird. Und ich kann sagen: Wer das alles erlebt hat, kann überhaupt
nichts verpasst haben.
Vielleicht ist Heiraten und Kinderkriegen tatsächlich ein mächtiger Tritt in den Tabernakel der Männlichkeit. Entscheidend ist, dass
Papi trotzdem lacht. In diesem Sinne: Viel Spass beim Lesen!
Zürich, im April 2011
Sven Broder
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LESEPROBE
01.11
Der Muttermund
lügt nicht
Im Schnitt dauert eine Geburt bei Erstgebärenden rund 13 Stunden –
und alles läuft nach Plan.
Aber im Schnitt heissen Sie auch Stefan Müller, lügen mindestens zweimal täglich, wohnen in der Agglomeration in einer Viereinhalbzimmerwohnung mit Frau und zwei Kindern, haben eine Wohnwand aus naturbelassenem Buchenholz und einen silberfarbenen
Fernseher mit DVD-Player; davor steht ein Mikrofasersofa in heiterem Hellblau. Sie schlagen Ihre Kinder nicht, sondern erteilen in den
26 Stunden pro Woche, in denen Sie sie sehen, allenfalls Fernsehverbot. Sie waschen sich die Hände nach dem Pinkeln. Und Sie haben
mit Ihrer Frau zweimal 19 Minuten Sex pro Woche, oder am Stück
einen Tag und eine ganze Nacht im Jahr. Stellungen kennen Sie drei
bis fünf, in denen Sie regelmässig zum Höhepunkt kommen, sie leider nicht.
Soweit die einschlägigen Studien und Statistiken. Und da dauert
die erste Geburt im Schnitt eben diese 13 Stunden.
Wenn Herr Müller seine Frau Müller im Taxi ins Spital fährt, wird
ihr Muttermund zweieinhalb Zentimeter weit geöffnet sein, die Wehen kommen in regelmässigen Abständen, zirka alle zehn Minuten.
Jede Stunde weitet sich der Muttermund um einen zusätzlichen
Zentimeter. Vollständig offen ist er mit zehn Zentimetern – richtig
schmerzhaft sind die letzten fünf. So will es die Faustregel. Ist der
Muttermund vollständig geöffnet, beginnt bei Frau Müller, die übrigens Nicole heisst und in der Küche alle Arbeitsflächen mindestens
einmal täglich reinigt, wenn sie nicht gerade anderweitig beschäftigt
ist, die Austreibungsphase. Bis zur eigentlichen Geburt kann es noch
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20 Minuten dauern, aber auch noch zwei Stunden. Die Wehen sind
jetzt richtig fies, kommen alle zwei bis vier Minuten und dauern 60
bis 90 Sekunden an. Dann endlich: Der Kopf kommt, dann die Schultern, dann gleitet Herr und Frau Müllers Baby sanft aus dem Geburtskanal und in die Hände des behandelnden Arztes. 15 Minuten später
treten die Nachwehen ein und Frau Müller «gebärt» die Nachgeburt.
Das Baby von Stefan und Nicole Müller heisst Luca, weil zu Stefan
und Nicoles Zeiten alle männlichen Babys Luca heissen – okay, nicht
alle, aber alle ein wenig … natürlich im Schnitt!
Heissen Sie nun zufälligerweise Stefan Müller und Ihre Frau Nicole, dann wissen Sie jetzt, wie die Geburt ablaufen wird. Heissen Sie
nicht Stefan Müller, dann wünsche ich Ihnen viel Glück. Und: Lassen
Sie sich überraschen. Denn erstens kommt es anders, und zweitens
als man denkt.
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LESEPROBE
02.10
Mein Freund, das Babyfon
Was für Hunde die 10-Meter-Auslaufleine, ist für Eltern das Babyfon:
ein Stück Freiheit, das uns erlaubt, mal kurz an der nächsten Hausecke zu schnüffeln. Es gibt wenige Gadgets, deren Erwerb ich allen
werdenden Eltern wärmstens ans Herz lege; das Babyfon ist eins davon. Angeboten werden heutzutage die unterschiedlichsten Modelle.
Es gibt die billigen, meist analogen, die einfach Alarm schlagen,
wenn das Kind weint. Und dann gibt es Luxusausführungen mit Videoüberwachung, Bewegungsmeldern und sogar solche mit unterlegbaren Matten, welche die Atmung des Kindes kontrollieren sollen. Meiner Meinung nach sind die meisten dieser Zusatzfunktionen
entweder gänzlich unnütz oder völlig unpraktikabel und dienen
letztlich einzig und allein der Beruhigung der von Gewissensbissen
geplagten Eltern. In Sachen Übertragungsqualität – und das ist ja
wohl das einzig Entscheidende – bieten heutzutage nämlich so ziemlich alle Modelle eine akzeptable Qualität. Wer Genaueres wissen
will, informiert sich am besten im Fachgeschäft oder liest sich durch
die unzähligen (privaten) Testberichte im Internet.
Gleichwohl gilt: Erwarten Sie auch vom Babyfon nicht mehr, als
es zu leisten imstande ist. Um zurückzukehren zum eingangs erwähnten Hunde-Bild: Wir hatten mal einen Dackel, Strolchi. Ein liebenswürdiger, aber einfältiger Hund, der nicht einsehen wollte, dass
jede Leine, wie lang sie auch sei, ein Ende hat. Egal, was wir taten, ob
wir «Stopp!» riefen, die Hände verwarfen oder Böses ahnend die Augen schlossen, Strolchi selig rannte auf uns zu, wenn er uns erblickte, närrisch vor Freude – und zurrrr! wurde er schmerzhaft an sein
beschränktes Dasein erinnert. Er lernte es nie.
Und so bietet denn eben auch das Babyfon nur sehr beschränkt
freien Auslauf – und zurrt uns zuweilen fies zurück in die Realität.
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Aber – so viel sei Ihnen versichert – wenn etwas schiefläuft bei der
Kinderbetreuung, liegt das Versagen meist beim Menschen, nicht in
der Technik.
Meine Frau hatte mal einen geschäftlichen Pflichttermin, ich
meinen obligaten Männerabend. Als die Kinder schliefen, übergaben wir den Nachbarn im zweiten Stock unser Babyfon und gingen
aus. Die Freunde vom vierten Stock waren am gleichen Abend ebenfalls auswärts, ihr Babyfon stand bei den Nachbarn im ersten Stock.
Für unser Haus war es also quasi die logistische Meisterprüfung
in familienübergreifender Kinderbetreuung – und diese endete im
Fiasko.
Es könnte sein, dass sich meine Frau zuvor beim einstündigen
Schönheitsprogramm das Gehirn aus den Ohren geföhnt hatte. Vielleicht hatte sie beim fünften Outfitwechsel auch schlicht den Kopf im
Schrank vergessen. Jedenfalls sollte sich herausstellen, dass sie bei
der Babyfon-Übergabe versehentlich Sender und Empfänger vertauscht hatte. Der Zufall wollte es, dass die Nachbarin im zweiten
Stock ausgerechnet ihren Astroabend hatte, der nun per Liveschaltung ins Kinderzimmer übertragen wurde. Wenn mein Sohn nur
ein bisschen was von mir geerbt hat, ist er spätestens beim Thema
Aszendent schweissgebadet aus dem Schlaf hochgeschreckt. Seine
Schwester habe plötzlich so komisches Zeugs geplappert, meinte er
tags darauf als Erklärung für seinen nächtlichen Spaziergang.
Die logistische Meisterprüfung in
familienübergreifender Kinderbetreuung in
unserem Haus endete im Fiasko.
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Weil Mama und Papa nicht zu Hause waren, war unser Sohn
nämlich – so haben wir ihm das beigebracht – in den vierten Stock
gerannt, wo sein Götti zu finden ist. Gewöhnlich. Doch dort war an
jenem Abend eben auch niemand ausser Klein Leo und das andere
Babyfon, das nun den Hilferuf meines Sohnes in den ersten Stock
übermittelte. Dort dachte die schichthabende Nachbarin, als sie über
Funk «eine Frauenstimme» hörte, das Pärchen vom vierten Stock sei
zurückgekehrt, und schaltete das Babyfon routinemässig ab.
Sohn, unterdessen ziemlich aus der Fassung, rannte zurück ins
Treppenhaus, allerdings nicht ohne zuerst noch Leo aus dem Schlaf
zu reissen. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Astro-Damen vom
zweiten Stock aus ihrem Kaffeesatz lasen, dass gerade ein Kind im
Flur verzweifelte – und noch etwas länger, bis auch der Hilferuf vom
funktechnisch abgenabelten Leo in die niedereren Gefilde drang.
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LESEPROBE
02.16
Der kleine Unterschied
Frauen bringen ihren Söhnen bei, nach dem Pinkeln die Hände zu
waschen. Männer bringen ihren Söhnen bei, sich beim Pinkeln nicht
über die Hände zu pinkeln. Doch …
02.17
… Zielen will gelernt sein
Ich stand mit offener Hose am Pissoir und wollte gerade Ziel nehmen, da entdeckte ich auf der Stirnseite des Pinkelbeckens diesen
verlockenden Aufkleber eines Pharmaunternehmens; darauf eine
senkrechte Skala von grün «plus» abwärts nach rot «minus». Der
Sinn und Zweck des mit «Prostata-Test» überschriebenen Stickers
war auf Anhieb zu verstehen: Richten Sie den Strahl auf die Skala;
reicht die Manneskraft bis in den grünen Bereich, ist alles okay, wenn
nicht, sind Sie ein Fall für den Urologen.
Nun kann man sich darüber beklagen, dass Pharmaunternehmen ihre Marketingoffensiven mittlerweile bis auf die Männertoiletten vorantreiben. Anderseits muss man gestehen, dass diese Urinalsticker ein echter Hingucker sind – und veritable Pinkelmagneten.
Ob Smiley, Fliege, Bush-Konterfei oder eben Prostata-Test, Männer
betrachten diese Aufkleber als biologische Herausforderung und
pinkeln dosiert und zielgerichtet. Öffentliche Toiletten bleiben dank
diesen Aufklebern länger sauber, hat mir ein Barbetreiber bestätigt.
Anbieter sprechen gar von bis zu 85 Prozent mehr Hygiene.
Im Gegensatz dazu ist der noch heute weit verbreitete Seifenblock im Urinal ein Schuss in den Ofen beziehungsweise ans Ho-
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senbein. Dieser mag zwar für einen stets frischen Duft in der Pinkelecke sorgen, weil jedoch Mann um Mann seinem natürlichen
Trieb folgend stets ins gleiche Loch zielt, wird dieses alsbald zu
einer ekligen Urin-Schleuder – je tiefer ausgespült, desto höher die
Fontäne.
Aber zurück in die heimischen Gefilde. Was für öffentliche Toiletten gut ist, kann für private nicht schlecht sein, dachte ich nach
jenem Prostata-Test, den ich übrigens erfolgreich bestanden hatte.
Zudem hatte mein Sohn im Winter gerade gelernt – und hier verabschiedet sich der Mann vom Affen –, seinen Namen in den Schnee zu
pinkeln. Und obwohl sein Name nur drei Buchstaben hat, passt er
nicht in die Schüssel. Also kaufte ich einen kleinen Fisch-Sticker und
klebte diesen in die Mitte der Heimtoilette – schliesslich wollte ich
meinem Sohn die Freude des Stehendpinkelns nicht a priori verbieten, sondern es als seltenes männliches Highlight positionieren.
Und siehe da: Die Rechnung ging auf. Gewöhnlich sitzt mein Sohn
artig ab; denn eine in den Schnee gepinkelte Liebeserklärung hat
vielleicht noch vor 100 Jahren eine Frau berührt, heute bringt ein
Stehpinkler sie damit nur noch auf die Palme. Aber: Wenn mein Sohn
mal Lust darauf verspürt, heimlich, wenn niemand zuschaut (und
das wird er, garantiert!), fokussiert er artig den gelben Fisch – und
trifft ins Schwarze!
Mein Sohn hatte im Winter gerade
gelernt – und hier verabschiedet
sich der Mann vom Affen –, seinen Namen
in den Schnee zu pinkeln.
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LESEPROBE
03.3
Warum überhaupt Sex?
Sex ist eine Verbindungsfläche, nicht nur körperlich, sondern auch
emotional. Sex ist eine wundervolle Art der Begegnung, Quell von
Freude, Lust und Erfüllung. Sex ist eine Ressource, die jedes Paar
nutzen sollte. Sex ist ein Feuerwerk an Glückshormonen. Entsprechend aktiv und bewusst sollte man den Sex pflegen. Sex ist wie ein
Muskel: Wenn er nicht gebraucht wird, verkümmert er. Heute Sex zu
haben ist der beste Weg, auch morgen, nächste Woche und im nächsten Jahr Sex zu haben. Wer immer nur auf den idealen Moment wartet, wartet oft vergebens. Oder ist er dann endlich da, der Sex, wird
der Akt zum Riesenereignis, Mann und Frau sind entsprechend nervös und angespannt, und jedes Missgeschick wird zum Desaster.
Soweit die Theorie …
03.4
Sex nach Plan
Sehr oft haben Paare keinen Sex mehr – nicht weil sie zerstritten wären oder die Lust fehlt, sondern weil sie schlicht keine Zeit mehr dafür haben. Nach einem Tag im Büro sinken sie erschöpft ins Bett.
Und wenn ausnahmsweise nicht, stören die Kinder. Doch ist das System einmal eingeschlafen, ist es nur schwer wieder in Gang zu bringen – es sei denn, man geht fremd. Und was das bedeutet, wissen
Sie. Deshalb die Aufforderung von Sexualtherapeuten: Planen Sie
den Sex ein.
Nun klingt Sex nach Stundenplan ziemlich unromantisch. Doch
erstens kommt der Appetit bekanntlich auch mal beim Essen. Und
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zweitens kann man den eingeplanten Sex genauso variantenreich
und spielerisch gestalten wie spontanen Sex.
Meiner Meinung nach ist das Problem eher praktischer Natur.
Denn wie und wann plant man den Sex ein? Schreibt man sich das
verklausuliert in die Familienagenda? Und wenn ja, wie oft? Einmal
wöchentlich? Zweimal wöchentlich? Täglich? Beziehungsintern liegt
die Meinung, wie oft oft genug ist, ja oft genug weit auseinander.
Guy Bodenmann, ein renommierter Paartherapeut und Professor für
Psychologe an der Uni Zürich, meinte auf eine entsprechende Rückfrage: «Ich kenne ein Paar, das eine Kerze anzündet, wenn einer von
beiden Lust hat.» Klingt süss, aber ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss? So ein Flämmchen im Wohnzimmer, wenn sie müde von
der Arbeit kommt, ist in etwa so effektvoll wie ein Warnschuss auf
Hasenjagd. Zudem könnte es gerade zur Adventszeit zum einen oder
anderen Missverständnis kommen. Und da so oder so ständig ich
zum Feuerzeug greifen würde, schlug meine Frau stattdessen vor,
über dem Bett eine Art Ampelsystem einzurichten. Rot = Hände weg.
Gelb = Gib dir Mühe. Grün = Auf! Ich fand die Idee anfangs nicht so
schlecht. Vielleicht hätte sie sogar funktioniert. Letztlich war ich
dennoch dagegen. Denn was anderes hiesse das als: Sie in der Verkehrsleitzentrale, ich im Stau …
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Papa steht seinen Mann. Von der Kunst, Vater zu sein und Mannsbild zu bleiben
LESEPROBE
04.8
Die richtige Waffe ziehen
Ein Glücks-Chäferli. Ein Langhals-Dinosaurier. Ein KartonkistenRoboter. Ein Seeräuber. Der möglichen Fasnachtsverkleidungen
sind viele. Aber nein, mein Sohn wollte unbedingt ein Cowboy sein.
Und peng! – schon war sie da, die innerfamiliäre Waffendiskussion.
Als Eltern hat man ja ständig die Sorge, beim Kind würde tiefenpsychologisch irgendetwas aus den Fugen geraten, wenn es zu früh mit
diesen Höllendingern herumspielt. Waffen: ein heisses Eisen.
Eine «Chäpslipistole» mit Knalleffekt und Schwarzpulverdampf
kam folglich nicht in Frage – noch nicht. Also einigten wir uns auf
eine rote Wasserpistole. Mein Sohn war davon wenig begeistert.
Wenn ich mich recht erinnere, war «babylig» das Adjektiv, das ihm
dazu spontan in den Sinn kam. Zumal die Wasserpistole witterungsbedingt nur warme Luft produzierte.
Kein Wasser, kein Peng, kein Garnichts; um dem Babyspielzeug
trotzdem etwas Gefährliches, etwas Provozierendes zu geben, begann er, bewegte Objekte ins Visier zu nehmen. Er zielte auf vorbeifahrende Autos, Hunde – und leider auch auf Menschen. Peng! «Man
zielt nicht auf Leute!», sagte ich. «Ziel doch auf Verkehrsschilder.» Er
verdrehte nur die Augen.
Zum Glück gabs da noch dieses «Star Wars»-Laserschwert, das er
von einem Kindergarten-Gspänli ausgeliehen hatte. Das machte wenigstens «wusch-sch!», wenn man es hin- und herbewegte. Doch
auch dieser Effekt hatte seinen Reiz schnell verspielt. Und so begann
mein Sohn, mit dem Ding auf andere Kinder einzuprügeln. Nicht
hart, aber doch so, dass das Schwert nach dem dritten «Missbrauch»
in der Tasche verschwand. Seine Laune war im Keller. Im Nachhinein
irgendwie verständlich. Zumal er mich am andern Morgen erwisch-
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Papa steht seinen Mann. Von der Kunst, Vater zu sein und Mannsbild zu bleiben
te, als ich das gleiche Schwert an Mamis Hintern ausprobierte. Nur
zum Spass. Er heulte auf: «Du darfst, ich nicht!» Ich grummelte in
«Darth Vader»-Manier ins Frühstücksei: «Ich – bin – dein – Vater.»
04.9
Ein besserer Vater werden
Sich hochrappeln. Aufraffen. Rotznasen putzen. Schmusen. Trösten. Singen. Händchen halten. Dreckmäuler putzen. Hintern wischen. Sand aus den Sandalen klopfen. Seifenblasen blasen. Geschenke machen. Waschen. Zäpfchen geben. Den Bauch streicheln.
Kuscheln. Streiten. Schimpfen. Sich versöhnen. Mal streng sein. Mal
viel zu nett sein. Klettern. Herumtragen. Brote schmieren. Holzsplitter entfernen. Milchreis kochen. Den Clown machen. Antworten.
Insekten studieren. Ins Tor stehen. Loben. Tadeln. Einkaufen. Angepinkelt werden. Sich angepisst fühlen. Zuhören. Streit schlichten.
Klettern. Zum Arzt rennen. Ein Auge zudrücken. Frisieren. Eincremen. Basteln. Schuhe binden. Wickeln. Mut machen. Rutschen. Kochen. Antworten auf unsinnige Fragen. Sich entschuldigen. Hochwerfen. Auffangen. Verabschieden. Löcher buddeln. Vermissen.
Zähne putzen. Elternabende besuchen. Kitzeln. Kritzeln. Fussel aus
dem Bauchnabel popeln. Bananen stampfen. Vorbild sein. Verzeihen. Kneten. Verantwortung übernehmen. Hexensuppe kosten. Kalte Füsse rubbeln. Herzen. Sich nerven. Grenzen setzen. Stolz sein. In
die Arme nehmen. Nett sein. Geduld haben. Und das alles nicht zu
knapp …
Wer ein guter Vater sein möchte, hat viel zu tun. Aber er kann
nicht sagen, es wäre besonders schwer. Die Kinder sagen einem ja,
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Papa steht seinen Mann. Von der Kunst, Vater zu sein und Mannsbild zu bleiben
was sie wollen. Und das Herz, was sie brauchen. Ein schlechter Vater
ist, wer sich nicht darauf einlässt, weil er ständig Besseres und Wichtigeres zu tun hat.
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