2 Kulturwanderweg Favoriten Süd-West

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2 Kulturwanderweg Favoriten Süd-West
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2 Kulturwanderweg Favoriten Süd-West
VOM REUMANNPLATZ IN DIE SIEDLUNG WIENERBERG
Ausgangspunkt unserer ersten Kulturwanderung ist der Reumannplatz.
AMALIENBAD
Amalienbad
Das Amalienbad wurde von der Architektengemeinschaft Schmalhofer/Nadel geplant. Es wurde am 8. Juli 1926 eröffnet und nach der sozialdemokratischen Gemeinderätin Amalie Pölzer
(gestorben am 8. Dezember 1924) benannt. Das Bad erregte zu seiner Eröffnungszeit großes
internationales Interesse und wurde für den europäischen Hallenbäderbau richtungweisend.
1944 wurde das Gebäude von einigen Bomben getroffen, sodass am 5. November 1944 der
Betrieb eingestellt werden musste. Durch russischen Beschuss im April 1945 – in den Gebäudeteilen der Vorderfront hatten sich die letzten Reste des Volkssturms verschanzt – wurde
auch noch der relativ intakte Vorderteil in schwere Mitleidenschaft gezogen. In den Jahren
1945 bis 1951 erfolgte der Wiederaufbau, der nominal den gleichen Betrag kostete wie seinerzeit die Errichtung des Bades (10 Millionen Schilling). Am 6. Februar 1948 erfolgte eine
teilweise Wiederinbetriebnahme, die Aufnahme des Gesamtbetriebs fand am 9. April 1952 statt.
1984 bis 1986 erfolgte eine Generalrenovierung. Man entfernte die Änderungen der Nachkriegszeit und gestaltete die Anlage der verschiedenen Abteilungen nach dem Originalplan.
Außerdem wurde, um den modernen Ansprüchen gerecht zu werden, eine neue Trainingshalle hinzugefügt. Am 22. November 1986 erfolgte die Eröffnung des erweiterten Amalienbades.
Wir gehen über die Gleise der Straßenbahnlinie 67 in den Park. Vor uns liegt der bekannteste
Eissalon Wiens.
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EISSALON TICHY
Tichy – eine Wiener Eisinstitution – gibt es seit über 40 Jahren am Reumannplatz. Als Kurt
Tichy 1951 mit seiner Frau den ersten eigenen Eissalon in Simmering eröffnete, hatte er nur
eine kleine Eismaschine und ein Kellerlokal zur Verfügung.
Heute müssen über 60 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mithelfen, um die Nachfrage nach dem
begehrten Eis zu befriedigen. Mit
dem Eismarillenknödel hat sich
Kurt Tichy ein süßes Denkmal gesetzt. Ab April ist jedes Jahr das
gleiche Schauspiel zu beobachten: Kaum taucht die Sonne auf,
ziehen viele Menschen in Richtung Reumannplatz, um sich an
den hervorragend schmeckenden
Produkten der Firma Tichy zu ergötzen. Und jedes Jahr gibt es
neue Eiskreationen zu bewundern
und zu genießen.
Eissalon Tichy
Wir wenden uns im Park nach links und erreichen nach wenigen Schritten ein Mahnmal.
MAHNMAL FÜR DIE OPFER DES FASCHISMUS
Favoritner Mahnmal für die Opfer des Faschismus
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Es entstand auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände und unter tatkräftiger
Mithilfe der drei staatsgründenden Parteien des Jahres 1945 (SPÖ, ÖVP, KPÖ). Der Entwurf
zu diesem Mahnmal stammt von Heinrich Sussmann (1904–1986). Er litt selbst unter dem
Terror der Nazis. Er musste 1933 seine damalige Wirkungsstätte in Berlin verlassen, lebte
danach in Paris, wo er von 1941 bis 1944 im Untergrund tätig war. Er wurde von der Gestapo verhaftet und war bis zur Befreiung im Lager Auschwitz. 1945 kehrte er nach Wien heim.
Die Inschriften auf den verschiedenen Blöcken geben die Namen aller KZs an, in denen Favoritner und Favoritnerinnen ums Leben gekommen sind. Dieses Mahnmal wurde am 24. Oktober 1981 enthüllt.
Wir gehen zurück zum Mittelweg des Parks und folgen ihm leicht bergauf. Durch die Neusetzgasse gelangen wir zum Antonsplatz.
KIRCHE „HEILIGER ANTON VON PADUA“
Antonskirche, Hauptfront
Die Antonskirche wurde in der Zeit von 1896 bis 1901 nach einem Entwurf des Architekten
Franz von Neumann erbaut. Als Vorbild diente ihm nicht die Basilika des heiligen Antonius in
Padua, wie viele Leute glauben, sondern der Markusdom in Venedig. Daher entstand hier ein
monumentaler byzantisierender Kuppelbau mit zwei Fassadentürmen, die an italienische Campanile erinnern sollen. Bei der Errichtung der Kuppel, deren Holzkonstruktion die Favoritner
Firma Biber durchführte, wurde erstmals das System eines so genannten doppelten Dachstuhls für den Kuppelbau verwendet. Das Originalmodell aus dem Jahr 1898, welches auch
sehr wichtig für die Wiederherstellung der zerstörten Kuppel nach 1945 war, bildet heute
eines der wichtigen Ausstellungsstücke des Favoritner Bezirksmuseums (Haus der Begegnung
in der Per-Albin-Hansson-Siedlung-Ost). Wie wichtig für die Stadt die Errichtung dieser zweitgrößten Kirche auf Wiener Gebiet war, zeigt allein schon die Tatsache, dass Kaiser Franz
Josef I. sowohl bei der feierlichen Grundsteinlegung als auch bei der Einweihung der Kirche
persönlich zugegen war. Bei zwei Bombenangriffen – am 6. November und am 11. Dezember
1944 – wurde die Kirche schwer beschädigt und von 1945 bis 1951 baulich wieder hergestellt.
Die interessanten und wertvollen Wandgemälde von August Wörndle sind aber fast völlig verloren gegangen.
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Wir wenden uns nach rechts und folgen der Schröttergasse bis zur Laxenburger Straße.
Wir überqueren diese und betreten den Arthaberplatz. Im Park finden wir einen Brunnen.
ARTHABERBRUNNEN
Architekt Theodor Bach gestaltete diesen
Brunnen, der an den Wiener Großindustriellen und Kunstförderer Rudolf von Arthaber
erinnert. Dieser lebte vom 4. September
1795 bis 9. Dezember 1867 und liegt in
einer Gruft auf dem Evangelischen Matzleinsdorfer Friedhof begraben. Auf dem
Brunnen befindet sich neben einer Uhr und
einer Gedenktafel auch ein Reliefbild Arthabers, das vom Bildhauer Rudolf Schröer
geschaffen und am 27. September 1906
enthüllt wurde.
Brunnen mit dem Bildnis des
Industriellen Arthaber
Am Ende des Parks steht rechts das Gebäude der Volkshochschule.
VOLKSHOCHSCHULE FAVORITEN
Gegründet wurde der Verein „Volkshochschule Favoriten“ im Herbst 1946 im Waldmüllerkino. Die konstituierende Sitzung des Vorstands fand im Festsaal des damaligen Standorts der
VHS Favoriten, in der Hauptschule Herzgasse 27, statt. Die Gründungsmitglieder waren Bezirksschulinspektor Josef König, Otto Wanura, Karl Westermayer, Karl Foltinek, Wilhelm Novak, Franz Mithlinger und Karl Kempf. Zu Präsidenten des Vereins wurden Josef König und
der damalige Bezirksvorsteher Karl Wrba gewählt. Zur offiziellen Eröffnungsfeier der Volkshochschule sprach der Wiener Bürgermeister Dr. h. c. Theodor Körner.
Geleitet wurde die Volkshochschule Favoriten in ihren ersten Jahren von Karl Foltinek, der
später Volksbildungsreferent der Gemeinde Wien wurde. Der spätere Hofrat Dr. Karl Foltinek
blieb bis zum Jahr 1967 pädagogischer Leiter und wurde von Franz Fritz abgelöst, der bereits
seit 1947 als kaufmännischer Sekretär der VHS Favoriten zur Verfügung stand. Franz Fritz
leitete die Geschicke der Volkshochschule bis 31. Mai 1985 und trat wohlverdient und durch
den Herrn Bundespräsidenten mit dem Titel Professor geehrt, in den Ruhestand. Bereits ab
dem Jahr 1947 eröffnete die Volkshochschule auch Zweigstellen im Bezirk, unter anderem
im Volksheim in der Per-Albin-Hansson-Siedlung-West, auf dem Laaer Berg, in der Siedlung
Wienerfeld und über die Bezirksgrenzen hinaus auch in Liesing – Atzgersdorf. Heute ist die
VHS Liesing ein eigener Verein.
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