Fl.chtlingsrat Inhalt 03/06 - Flüchtlingsrat Mecklenburg

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Fl.chtlingsrat Inhalt 03/06 - Flüchtlingsrat Mecklenburg
Ausgabe
Heft
September
Anschrift:
Telefon:
Flüchtlingsrat
Mecklenburg-Vorpommern
e.V.
Postfach 11 02 29
19002 Schwerin
0385/581 57 90
Fax:
0385/581 57 91
Vorstandsmitglied:
E-mail:
[email protected]
Vorstandsmitglied:
Homepage:
Sprechzeit:
www.fluechtlingsrat-mv.de
nach telefonischer
Vereinbarung
VR-Bank eG Schwerin
BLZ: 140 914 64
Ktn.: 349 003
Doreen Klamann
Spenden:
Geschäftsführung
Vorstand
Vorsitzende:
Hanni Gruttmann,
Schwerin
Stellv.
Vorsitzender:
Roland Schrul,
Schwerin
Schatzmeisterin:
Sabine Klemm,
Schwerin
Birgitt Witte,
Rostock
Imam Jonas Dögüs,
Rostock
„Human Place“
3/06
14
2006
Flüchtlinge machen Zeitung
PRO ASYL
Förderverein PRO ASYL e.V.
Deutsche Kinder- und
Jugendstiftung
UNO-Flü
UNO-Fl
üchtlingshilfe e.V.
Mut fü
f ü r Menschen.
Informationsblatt zur Flüchtlingspolitik in Mecklenburg – Vorpommern
UNSER SELBSTVERSTÄNDNIS
Der 1993 gegründete Flüchtlingsrat M-V e.V. versteht sich als ein politisch unabhängiger,
gemeinnütziger, eingetragener Verein, der sich für die Belange der Flüchtlinge einsetzt.
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UNSERE ZIELE
Verbesserung der individuellen Lebenssituationen von Flüchtlingen
Verringerung von Konflikten in Erstaufnahme- und Gemeinschaftseinrichtungen
Verbesserung des Zusammenlebens zwischen Flüchtlingen und Einheimischen
Verbesserung der Zusammenarbeit von in der Flüchtlingshilfe tätigen Vereinen,
Organisationen, Behörden u.a.
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UNSERE TÄTIGKEITSFELDER
Beratung von Einzelpersonen und Organisationen
Vermittlung in Konfliktsituationen
Netzwerkarbeit
Öffentlichkeits- / Aufklärungsarbeit
Qualifizierung
Gremienarbeit auf kommunaler, Landes- und Bundesebene u. v. a.
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UNSERE ZIELGRUPPEN
Asylsuchende, anerkannte Flüchtlinge und Bürgerkriegsflüchtlinge
Personen und Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind
die einheimische Bevölkerung von Mecklenburg-Vorpommern
SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN DURCH
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Ihre Spende
Ihre Mitgliedschaft
Ihre ehrenamtliche Mitarbeit bei der
o Organisation von Veranstaltungen
o Pflege unserer Homepage
o Pressearbeit
o Themenspezifischen Recherche u.v.m.
Toleranz
Fest der Demokratie
Interkulturelle Paddeltour
Aufenthalt aus familiären Gründen
Heft 14
Human Place
Inhalt / Vorwort
Impressum
Inhalt
Titel: „Human Place“
Flüchtlinge machen Zeitung
Ausgabe: 3/06 – Heft 14
September 2006
Herausgeber:
Flüchtlingsrat
Mecklenburg–Vorpommern e.V.
Postfach 11 02 29, 19002 Schwerin
Tel.: 0385/5815790
Fax: 0385/5815791
E–Mail: [email protected]
Internet: www.fluechtlingsrat-mv.de
Redaktion dieser Ausgabe:
Dögüs, Imam-Jonas
Bassabi,Mariama
Giesler, Sylvia
Klamann, Doreen
Köppinger, Annette
Fotos: Archiv
Wir freuen uns über Manuskripte und
Zuschriften. Für unverlangt eingesandte
Fotos, Manuskripte und Materialien wird
jedoch keine Haftung übernommen. Im
Falle des Abdrucks kann die Redaktion kürzen. Manuskripte sollten als Datei (CDRom, Diskette oder E–Mail) geliefert werden. Namentlich gezeichnete Beiträge
geben nicht unbedingt die Meinung des
Herausgebers bzw. der Redaktion wieder.
Dieses Informationsblatt wird durch den
Europäischen Flüchtlingsfonds, den Förderverein PRO ASYL e.V., UNO Flüchtlingshilfe e.V. und die Dt. Kinder- und
Jugendstiftung M-V gefördert.
Seite
Vielfalt, Vielfalt, Vielfalt... in M-V
3
Aufruf zur Demonstration in Hamburg am
transnationalen MigrationsAktionsTag
4
Fest der Demokratie - Für OHNE Nazis
Flüchtlingsrat engagiert sich gegen Rechts
5
Frage - Antwort Thema: Aufenthalt aus
familiären Gründen
6-7
Questions - Answer
Topic: Residence for Family Reasons
7-8
Questions - réponses
Thème: Séjour mozivé par des raisons familiales
8-9
Projekt Fahima - arabisch und bedeutet
allgemein Verstehen
10-12
Toleranz und MigrantInnen
13
Flüchtlinge sind kein Hilfsobjekt:
Interview mit der Integrationsbeauftragten
der Landeshauptstadt Schwerin
13-18
Thema Toleranz
18
Vielfalt,
Vielfalt, Vielfalt,
Vielfalt, Vielfalt...
Vielfalt... in
in Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern
Doreen Klamann
Projektleitung „Human Place“
an der Hochschule am 27.9. in Wismar
geplant. Mehr Informationen zu den
Programmen der einzelnen Städte sind zum
Abrufen auf unserer Homepage bereitgestellt.
Im September starten die Interkulturellen
Wochen. In verschiedenen Städten unseres
Bundeslandes haben viele engagierte
Bürger und Bürgerinnen in diesem Rahmen
zahlreiche interessante Veranstaltungen
organisiert. Der Flüchtlingsrat lädt am 29.
September zur Diskussion über das Thema
„Junge Flüchtlinge zwischen Schule und
Beruf“ mit Politikern und anderen
ExpertenInnen in die Geschäftsstelle in
Schwerin ein. Um 10.30 Uhr geht es los.
Andere Kulturen, Sprachen und Lebensweisen kennzulernen, ist für viele Menschen
von besonderem Reiz. Schnell mal eben in
ein italienischen oder griechischen Restaurant um die Ecke essen zu gehen, ist für
viele selbstverständlich. Sind wir also nicht
alle sehr tolerant, wenn es um das
Zusammenleben mit Menschen geht, die
aus dem Ausland zu uns gewandert sind?
Oder was heißt es, tolerant zu sein? Muss
man sich dazu interkulturell bilden? Antworten darauf geben Flüchtlinge, Ausländerbeauftragte und insbesondere Zoor mit
einem Bericht über seine Erfahrungen mit
einer interkulturellen Paddeltour.
Viel Spaß beim Lesen!!!
Des weiteren sind in MecklenburgVorpommern Veranstaltungen wie ein TogoTag und ein Seminar „Deutsche und
Russland“ in Rostock, am 30.9. das Fest der
Kulturen in Schwerin, in Stralsund am 28.9.
ein Leseprojekt „Papa, was ist ein Fremder“
von Tahar Ben Jelloun oder ein Interkulturelles Training für international Studierende
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Human Place
Aufruf zur Demonstration in Hamburg
Heft 14
Aufruf zur Demonstration in Hamburg am
transnationalen MigrationsAktionsTag
am Samstag, den 7.10.06 um 14 Uhr
Flüchtlingsunterstützerinnen dazu auf, an
der Demonstration in Hamburg teilzunehmen!!!
ab Hamburg-Hauptbahnhof (Ausgang
Glockengießerwall)
Der von Innenminister Dr. Gottfried
Timm am 11.04.2006 erlassene Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Togo
endet am 10. Oktober 2006! Flüchtlinge,
die im Besitz einer Duldung sind, sollten
sich möglichst schnell an eine Beratungsstelle oder einen Rechtsanwalt in Ihrer
Nähe wenden.
In vielen europäischen und afrikanischen
Ländern rufen Flüchtlings-, MigrantInnenund Menschenrechtsorganisationen für den
7. Oktober zu einem Aktionstag gegen die
restriktive und menschenfeindliche europäische Migrationspolitik auf. Beschlossen
wurde dies auf dem Europäischen
Sozialforum (ESF), zu dem sich im Mai ca.
15.000 Menschen in Athen versammelten.
Mit unserem Aufruf knüpfen wir direkt an
eine Erklärung des Weltsozialforums (WSF)
in Bamako/Mali an, das im Januar 2006
unmissverständlich
zur
herrschenden
Migrationspolitik Stellung genommen hat:
„Im Namen der Bekämpfung „illegaler“
Einwanderung setzen Regierungen repressive Verfahren ein und weiten die Grenzen
wohlhabender Nationen durch Internierungslager, Vertreibungen, Abschiebungen
und Selektion von Arbeitskräften aus“. Das
WSF rief auf zu einer einjährigen internationalen Mobilisierung „zur Verteidigung des
Rechts aller Menschen darauf, sich frei in
der Welt bewegen zu können und ihr
Schicksal selbst zu bestimmen.“...
Veranstaltungstipp:
Diskussionsveranstaltung zum Thema
Europäische Flüchtlingspolitik
am 15. November in Schwerin
Anlässlich des transnationalen MigrationsAktionstages und anlässlich der Ereignisse vor einem Jahr an den Grenzen der
spanischen Enklaven Ceuta und Melilla im
Oktober 2005 findet am 15. November in
Schwerin eine Veranstaltung zur derzeitigen
Europäischen Flüchtlingspolitik statt. Dabei
sind Europaabgeordnete und Vertreter von
Flüchtlingsorganisationen und es erfolgt ein
Bericht über die Grenzen Süditaliens. (Mehr
dazu bald auf unserer Homepage
www.fluechtlingsrat-mv.de)
Der dritte Aktionstag richtet sich... „gegen
die Aberkennung von Rechten, gegen die
Kriminalisierung von MigrantInnen und
gegen alle Einwanderungskontrollen und
stellt klare Forderungen im Kontext von Bewegungsfreiheit und Bleiberecht:
· Für eine bedingungslose europäische Legalisierung und gleiche Rechte für alle
· Für die Schließung aller Internierungslager in Europa und überall
· Für ein Ende aller Abschiebungen und des
Externalisierungsprozesses (Aus-Lagerung der Grenzkontrollen und Selektionsverfahren)
· Für eine Entkopplung der Aufenthaltserlaubnis von einem Arbeitsvertrag und
gegen „Prekarität“ (immer unsichere Arbeits- und Lebensverhältnisse)...
Buchtipp:
Gestürmte Festung.
Europa.Mauern.Ghettos.
Terror
Das Schwarzbuch
von Corinna Milborn
„Europa ist dabei, eine
Festung gegen Einwanderung zu bauen“, so resümiert Corinna Milborn in
ihrem Schwarzbuch „Gestürmte Festung Europa Einwanderung zwischen
Stacheldraht und Ghetto“
die EU-Einwanderungspolitik. Corinna Milborns
Buch bietet keinen systematischen Überblick
über die europäische Einwanderungspolitik, sondern greift Bestimmungen und Maßnahmen heraus, die zu besonderen Missständen bei den
Migranten führen. Die Zahlen- und Faktenlage,
auf die sich Milborn dabei beruft, könnten aktueller kaum sein. Die von der Autorin beschriebenen Zustände werden dem Leser durch mehrere
Fotografien von National Geographic-Fotograf
Reiner Riedler eindrucksvoll vor Augen geführt.
ISBN: 3-222-13205-4 Styria im Styria
Pichler, 19,90 €, Mai'06
Der Flüchtlingsrat MV unterstützt diesen Aufruf, fordert ein Bleiberecht für alle
langjährig geduldeten Flüchtlinge unabhängig von Arbeit und gesichertem Lebensunterhalt und die Schließung der Landesgemeinschaftsunterkunft in Nostorf/Horst
und ruft alle Flüchtlingsunterstützer und
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Heft 14
Human Place
Fest der Demokratie - Für OHNE Nazis
Fest der Demokratie - Für OHNE Nazis
Flüchtlingsrat engagiert sich gegen Rechts
Carmen Ziegler
Praktikantin Flüchtlingsrat MV e.V.
Am 23. August begann um 17 Uhr auf der
Marstallhalbinsel das Fest der Demokratie.
Aufgerufen dazu hatte das Bürgerbündnis
Schwerin, das sich im letzten Jahr als
Widerstandsform gegen mehrere NaziDemonstrationen gebildet hat.
Gefördert wird das Bündnis durch den
Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung und
die Amadeu- Antonio Stiftung.
Auf dem Fest gab es ein Bühnenprogramm
und verschiedene Infostände, u.a. vom
Bauspielplatz Schwerin, Amnesty International, der Initiativgruppe gegen HartzIV,
RAA, den Falken, Ver.di, Bündnis 90/Die
Grünen und natürlich dem Flüchtlingsrat
MV.
Wir hatten einen Tisch mit Infomaterialien,
darüber wer wir sind und was wir machen.
Zudem hatten wir eine große Infotafel über
die Krisenherde der Erde und die tatsächlichen Flüchtlingszahlen in der Welt, in Europa, Deutschland, MV und in Schwerin.
Deutscher Äpfel“. Das ist die „Nationale
Initiative gegen die Überfremdung des
deutschen Obstbestandes und gegen faul
herumlungerndes Fallobst“. Also eine
Gruppe, die dem Ideenklau der Nazis von
den Linken durch das Klauen deren Auftetens und Symbolen mit einem ganz besonderen Humor entgegentritt. So hatte
der Abend einen interessanten überparteilichen Abschluss über den man trotz der
traurigen Situation vieler Flüchtlinge und
Stand der Faschisierung in MecklenburgVorpommern noch lachen konnte.
Während des Festes machten wir eine
Umfrage über die geschätzte Anzahl der in
Schwerin und MV lebenden Ausländer und
Asylbewerber. Heraus kam z.B., dass im
Durchschitt die Anzahl der Asylbewerber in
Schwerin auf 2200 geschätzt wurde. In
Wirklichkeit sind es nur 90 (Die genauen
Ergebnisse sind in der unten angegebenen
Tabelle einzusehen.) Es zeigte sich, dass
die geschätzte um einiges von der tatsächlichen Anzahl der Asylbewerber und
Ausländer in MV abweicht.
AusländerInnen in:
im Durchschnitt geschätzt
Geschätzter Spitzenwert
Realwert
AsylbewerberInnen in:
im Durchschnitt geschätzt
Geschätzter Spitzenwert
Realwert
Wir haben das Ergebnis unserer Umfrage
auf der Bühne bekannt gegeben.
MV
51.000
40.000
30.890
MV
23.000
200.000
3.435
Schwerin
6.000
500.000
4.452
Schwerin
2200
15.000
90
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge,
Innenministerium MV
Der Beitrag, der den Abend allmählich ausklingen und am meisten Aufmerksamkeit
auf sich zog, war der Auftritt „Front
Buchtipp:
Kwesi Evans: Ich bin ein Black Berliner
Die ungewöhnliche Lebensgeschichte eines
Afrikaners in Deutschland
Vor zwanzig Jahren hat ihn die Liebe über viele
Umwege von Ghana nach Berlin geführt. Für
seine Familie in Afrika lebt er
einen großen Traum. Jones
Kwesi Evans zeichnet in seiner Lebensgeschichte ein
ungewöhnliches Bild deutscher Wirklichkeit. Ein spannendes Buch über Ankommen und Aufbrechen, über
Träume und Alltag – ein
Leben zwischen den Welten.
Ariadne Buchverlag, S. 224,
kart., 9,90 €
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Human Place
Frage - Antwort
Frage - Antwort
Heft 14
Annette Köppinger
Thema: Aufenthalt aus familiären
Gründen
Staatsangehörigen (Ausländern). Voraussetzung
für den Familiennachzug ist, dass der in der
Bundesrepublik Deutschland lebende Ausländer
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, ausreichenden Wohnraum
zur Verfügung hat, keine sozialen Leistungen
erhält und ein eigenes regelmäßiges Einkommen
hat. Eine Krankenversicherung für sich und alle
nachreisewilligen Familienangehörigen muss
ebenfalls nachgewiesen werden.
Der Begriff Familie ist im Aufenthaltsgesetz im
Sinne der Kernfamilie zu interpretieren. Hier sind
die Ehepartner sowie ein oder mehrere minderjährige Kinder gemeint. Auch ein Elternteil mit
einem oder mehreren minderjährigen Kindern bildet eine sogenannte Kernfamilie und unterliegt
damit dem im Artikel 6 im Grundgesetz festgeschriebenen Schutz.
Allerdings sind hierbei für nichtdeutsche
Staatsangehörige Einschränkungen hinzunehmen,
die im AufenthG mit beschrieben werden.
Nicht dazu verpflichtet sind die oben
benannten Asylberechtigten und Flüchtlinge nach GFK (Achtung – KannBestimmung und zeitlich begrenzt!).
Familiennachzug über den Antrag nach § 29
AufenthG ist bei Familienangehörigen von Asylsuchenden, nichtdeutschen Staatsangehörigen
mit einer Duldung oder Ausländern mit einer
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 (3), (4) und (5)
AufenthG nicht möglich.
§ 27 AufenthG – Grundsatz des Familiennachzug
Im Abs. 1 wird die Erteilung eines Aufent-haltes
zur Herstellung und Wahrung der familiären
Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für den
Familiennachzug nichtdeutscher Staatsangehöriger zum Schutz von Ehe und Familie gemäß
Artikel 6 GG beschrieben.
Im Abs. 2 werden die Regelungen für die lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaften im Bundesgebiet beschrieben.
Im Abs. 3 werden die Versagungsgründe als
„kann“ – Bestimmung (Ablehnung eines Antrages
auf Familienzusammenführung) wegen Beziehen
von sozialen Leistungen umschrieben.
Was ist bei Ablehnung eines Antrages auf
Familienzusammenführung?
Es besteht die Möglichkeit, gegen den ablehnenden Bescheid der Deutschen Botschaft vorzugehen.
1. Durch ein Remonstrationsverfahren (Widerspruchsverfahren) mit einer einjährigen Frist, da
der ablehnende Bescheid der Deutschen Botschaft
in der Regel keine Rechtsmittelbelehrung enthält.
2. Durch Einreichen einer Klage bei einem
Verwaltungsgericht.
Vor Beginn eines Remonstrationsverfahrens
sollten alle Fakten genauestens geprüft
werden (Sinn und Zweck eines Widerspruchs).
Bei Beginn eines Remonstrationsverfahrens ist es
wichtig, Akteneinsicht zu nehmen.
Spätestens jetzt sollte ein Anwalt eingeschaltet
werden (Kostenfrage klären).
Die Akteneinsicht muss bei der zuständigen
Auslandsvertretung beantragt werden, nicht bei
der Ausländerbehörde! Eine Vollmacht des
Antragstellers (also z.B. der Familienangehörigen,
die im Ausland leben) muss beigelegt werden. In
der Praxis wird die Akteneinsicht nicht in der
Hauptakte der Auslandsvertretung gewährt, sondern in der Zweitakte, die die Ausländerbehörde
vor Ort führt. Nach Akteneinsicht ist es meist einfacher, den Widerspruch zu begründen.
Entscheidet man sich für ein Klageverfahren, wird
die Hauptakte von der Auslandsvertretung bei
Antragstellung dem Antragsteller zur Einsicht zur
Verfügung gestellt.
Über die Länge der Verfahren kann hier keine
klare Aussage getroffen werden. Hier scheint die
Handhabung insgesamt von Botschaften, Ausländerbehörden als Beteiligte Dritte sowie Verwaltungsgerichten sehr unterschiedlich.
Der Nachzug von Kindern, der Nachzug von
sonstigen Familienangehörigen ist hier nicht mit
behandelt – kann aber bei Interesse in einer der
nächsten Ausgaben geschehen.
Dieser Artikel ist auch in den Sprachen rus-
Ist der Familiennachzug während eines
Asylverfahrens bzw. bei erteilter Duldung
möglich?
Der Familiennachzug ist während der Zeit eines
Asylverfahrens über die Regelungen im Aufenthaltsgesetz nicht möglich. Auch bei nichtdeutschen Staatsangehörigen mit einer Duldung ist ein
Familiennachzug ebenfalls nicht möglich.
Ist der Familiennachzug nach einer Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16
a GG bzw. als Flüchtling nach GFK möglich?
Der Familiennachzug des Ehepartners so-wie der
minderjährigen Kinder ist bei An-erkennung nach
Art. 16 a GG bzw. als Flüchtling nach GFK möglich.
Worauf ist zu achten?
Allerdings sollte der Antrag auf Familiennachzug
und ständige Wohnsitznahme in der BRD von den
Familienangehörigen umgehend nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft (umgehend = in
diesem Fall innerhalb von drei Monaten) bei einer
Deu-tschen Auslandsvertretung gestellt werden.
Dann kann dem Familiennachzug auch stattgegeben werden, wenn der Asylberechtigte oder anerkannte Flüchtling soziale Leistungen erhält.
Ebenfalls werden die Kosten für eine der
Familiengröße entsprechende Wohnung vom örtlichen Träger übernommen. Es muss auch keine
eigene Krankenversicherung vorliegen.
§ 29 AufenthG Familiennachzug zu
Ausländern
§ 29 AufenthG beschreibt die genauen Bedingungen für den Familiennachzug zu nichtdeutschen
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Heft 14
Human Place
Residence for FamilyReasons
sisch, arabisch und französisch auf unserer
Homepage runterzuladen!
Fuß
zu
fassen.
Die
Beiträge, die den Zeitraum von 1933 bis zur
Gegenwart umspannen,
zeigen, dass Flüchtlinge
das gesellschaftliche Leben in Deutschland mitgestalten. Sie schildern aber
auch, wie traumatische
Erfahrungen,
Heimweh
und die politisch gewollte
Ausgrenzung das Leben
von Flüchtlingen über
viele Jahre hinweg bestimmen. Die Sammlung
von Lebensgeschichten, die anlässlich des 20-jährigen Bestehens von PRO ASYL erscheint, macht
zudem auf die Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements für Asylsuchende aufmerksam.
Buchtipp:
Vom Fliehen und Ankommen.
Flüchtlinge erzählen
Wer aus seiner Heimat vertrieben wird, muss in
dem Land, in das er geflohen ist, noch einmal
ganz von vorn anfangen. Je nach politischer
„Großwetterlage“ bietet der Start in ein neues
Leben zahlreiche Chancen, kann aber auch zur
vollständigen Entwertung der bisherigen Biografie
führen. So waren Flüchtlinge des „Prager
Frühlings“ in den Zeiten des Kalten Krieges durchaus willkommen, während sich die meisten
Asylsuchenden spätestens nach der Ver-schärfung
des deutschen Asylrechts im Jahr 1993 auf zahlreiche bürokratische Hürden einstellen mussten.
In diesem Buch berichten Flüchtlinge über
Verfolgung, Ankunft in Deutschland und die teils
erfolgreichen, teils scheiternden Versuche, hier
Hrsg.: PRO ASYL,144 S., kart., € 16,90
Questions - Answer
Topic: Residence for Family Reasons
Annette Köppinger
The term family as is used in the residence law
(Aufenthaltsgesetz) must be understood as comprising the core family only, which includes the
husband and wife, and one or more underage children. A single parent with one or more underage
children represents a so-called core family as well,
and is therefore subject to a shelter as is stipulated in article 6 of the constitution. However, there
must be some restrictions accepted for nonGerman citizens, which are specified in the residence law (Aufenthaltsgesetz).
the asylum process is pending. For non-German
citizens who have been granted a temporary stay
of deportation (Duldung), the entry of family
members into the country is also not possible.
§ 27 Residence law (Aufenthaltsgesetz)
Principles of the Regulation regarding Entry into
the Country for Family Members
In paragraph 1, the granting of a residence permit
in order to establish and maintain a family’s living
together on the territory of the Federal Republic of
Germany is described. It is valid for the granting
of entry into the country for family members who
are non-German citizens in accordance with article 6 of the constitution.
In paragraph 2, the regulations concerning cohabitation on the territory of the FRG are described.
In paragraph 3, the reasons for denying the
approval based on discretionary clauses (rejection
of an application for family reunion) due to the
fact that social benefits are granted, are described.
Entry into the country is possible for the spouse
and underage children of the person concerned
when he or she has been entitled to be granted
asylum according to article 16a of the German
Constitution or has been given the status as a
refugee according to the Geneva Convention.
However, the family members should apply immediately (im-mediately means within a period of
three months) after the person concerned has
been acknowledged as a refugee for permission to
enter the country for family reasons and for permanent residence in the FRG at a German diplomatic representation. In this case, the application
for permission to enter the country for family reasons can be granted even if the person entitled to
be granted asylum or the refugee receives social
benefits.
Is Entry for Family Members into the Country
possible while the Asylum Process is still
pending, or while a temporary stay of deportation (Duldung) has been granted?
It is not possible to regulate the entry of family
members into the country based on the regulations of the residence law (Aufenthaltsgesetz) while
Additionally, the local institution will bear the costs
for a flat of which size is adequate to the number
of family members. Moreover, possessing one’s
own health insurance is not necessarily obligatory.
Is it possible for family members to enter the
country after the person concerned has been
entitled to be granted asylum according to Article
16a of the German Constitu-tion or after being
given the status as a refugee according to the
Geneva Convention?
What is necessary in order to do that?
Entry of Family Members of Aliens into the
Country · What is needed?
7
Human Place
Séjour motivé par des raisons familiales
In § 29 of the residence law (Aufenthaltsgesetz),
the exact conditions for the entry of family members into the country to non-German citizens
(aliens) are listed.
Pre-conditions for permission to enter the country
for family members are the following: The alien
living in the FRG is in possession of the right of
establishment or a residence permit, he or she
has sufficient living space at his or her disposal,
does not receive any social benefits, and draws a
re-gular income.
He or she also must prove that they have health
insurance for him or herself, as well as for all the
family members who are to enter the country.
Heft 14
2.By bringing an action at the Verwaltungsgericht
(administrative court).
Before the remonstration procedure commences,
all the facts should be checked in detail (Purpose
of the protest).
It is important to have access to the records when
the remonstration procedure commences. Now at
the latest, a lawyer should be hired. (Sort out the
question of the total costs). Access to the records
must be applied for at the relevant diplomatic
representation, not at the Ausländerbehörde
(aliens department)! A certificate of authority of
the applicant (for example of the family members
who live abroad) needs to be enclosed.
In practise, access to the records is not granted
for the main records at the diplomatic representation, but rather for the duplicate records that are
retained at the local Ausländerbehörde (aliens
department).
After having read the records, it is usually much
easier to provide the reasons behind the protest.
If the decision is made to make a claim procedure, the main records are provided by the diplomatic presentation for the applicant to have access
when handing in the application.
The above stipulated people who are entitled to be
granted asylum and refugees according to the
Geneva Convention are not obliged to meet these
regulations. (Attention – discretionary clause and
time limit!).
It is not possible to be granted permission to enter
the country for family reasons on the basis of the
application according to § 29 residence law
(Aufenthaltsgesetz) for family members of asylum
seekers, non-German citizens with a temporary
stay of deportation (Duldung) or for aliens with a
residence permit according to § 25 (3), (4) and
(5) residence law (Aufenthaltsgesetz).
We cannot state anything here regarding the
duration of the procedures. Dealing with the procedures is rather different at the embassies,
Ausländerbehörden (aliens departments) as involved third parties, as well as at the administrative
courts.
What happens when an Application for
Family Reunion is rejected?
It is possible to take measures against the decision of the German embassy.
1.By initiating a remonstration procedure (protest
procedure) with a time limit of one year, as generally, the adverse decision of the German embassy
does not contain instructions about a person’s
right to appeal.
Entry into the country by children and other family members has not been a topic of this present
paper – but if desired it can be included in one of
the next issues.
Questions - réponses Thème: Séjour motivé par des raisons familiales
tue la famille par une procédure de regroupement familial pour protéger le mariage et
la famille conformément à l’article 6 de la
constitution.
L’alinéa 2 décrit les réglementations applicables en matière de communautés maritale
de vie en Allemagne.
L’alinéa 3 décrit les raisons d’un refus
comme une possibilité (rejet de la demande
de regroupement familial) lorsque les personnes bénéficient des prestations sociales.
La notion de famille définie par la loi régissant le séjour des étrangers doit être interprétée comme la famille proche. Ceci recouvre les époux ainsi qu’un ou plusieurs
enfants mineurs. Un parent isolé avec un ou
plusieurs enfants mineurs est également
considéré comme une famille et bénéficie
d’une protection comme la définit l’article 6
de la constitution. Cependant, des restrictions s’appliquent aux ressortissants étrangers dans ce contexte ; restrictions décrites
par la loi sur le séjour des ressortissants
étrangers.
Le regroupement familial est-il possible
pendant une procédure de demande
d’asile ou en cas de séjour officiellement toléré ?
Le regroupement familial n’est pas possible
pendant la durée de la procédure de demande d’asile par le biais des réglementations
définies par la loi sur le séjour des ressortissants étrangers. Aussi, pour les ressortis-
Article 27 de la loi sur le séjour des ressortissants étrangers Principe de regroupement
familial
L’alinéa 1 décrit l’attribution d’un titre de
séjour pour les ressortissants étrangers aux
fins d’assurer sur le territoire allemand l’intégrité de la communauté de vie que consti-
8
Heft 14
Human Place
Séjour motivé par des raisons familiales
sants étrangers, un regroupement familial
n’est pas possible en cas de séjour officiellement toléré.
sant le séjour des ressortissants étrangers
n’est pas possible pour les demandeurs
d’asile, les ressortissants étrangers tolérés
ou les étrangers disposant d’un titre de
séjour au titre de l’article 25 (3), (4) et (5)
de la loi régissant le séjour des ressortissants étrangers.
Est-ce que le regroupement familial est
possible après l’obtention du droit
d’asile au titre de l’article 16 de la loi
fondamentale ou suite à l’obtention du
statut de réfugié conformément à la
convention de Genève ?
Quels sont les éléments nécessaires ?
La venue sur le territoire de l’époux ainsi
que des enfants mineurs est possible en cas
d’obtention du statut de réfugié politique au
titre de l’article 16 de la loi fondamentale ou
l’obtention du statut de réfugié au titre de la
convention de Genève. Cependant, les
membres de la familles doivent introduire la
demande de regroupement familial et de
résidence permanente en République
Fédérale d’Allemagne immédiatement après
l’obtention du statut de réfugié (c'est-à-dire
dans ce cas dans un délais maximal de trois
mois) auprès d’une ambassade ou d’un
consulat allemand.
Dans ce cas, la demande de regroupement
familial peut être acceptée lorsque le bénéficiaire du droit d’asile ou la personne ayant
obtenue le statut de réfugié bénéficie de
prestations sociales. Par ailleurs, les autorités locales prennent en charge les coûts
d’un logement d’une taille adaptée à la
famille. Les personnes concernées ne sont
pas dans l’obligation de disposer eux-même
d’une assurance maladie.
Que se passe-t-il en cas de refus d’une
de-mande de regroupement familial ?
Il est existe la possibilité d’introduire un
recours en cas de refus auprès de l’ambassade d’Allemagne.
1. Par un recours hiérarchique (procédure
d’opposition) dans un délai d’un an, dans la
mesure où le refus de l’ambassade
d’Allemagne ne contient généralement pas
d’indication des voies de droit.
2. Par l’introduction d’une plainte auprès
d’un tribunal administratif
Avant le début d’un recours hiérarchique, il
convient de vérifier minutieusement tous les
faits (objectifs et finalité du recours).
Au début d’un recours hiérarchique il est
important de prendre connaissance du dossier.
C’est au plus tard maintenant qu’il convient
de prendre un avocat (voir les frais). L’accès
au dossier doit faire l’objet d’une demande
auprès de l’ambassade ou du consulat compétent et non pas auprès du service des
étrangers !
Une procuration du demandeur (donc par
exemple des membres de la famille restés à
l’étranger) doit être jointe impérativement.
Regroupement familial des ressortissants étrangers
Quels sont les éléments nécessaires ?
L’article 29 de la loi régissant le séjour des
ressortissants étrangers décrit les conditions
précises du regroupement familial pour les
ressortissants étrangers. La condition préalable pour le regroupement familial est que
le ressortissant étranger vivant en
Allemagne dispose d’une autorisation de
résidence ou d’un titre de séjour, d’un logement suffisamment grand, ne perçoit pas de
prestations sociales et dispose d’un revenu
propre régulier. Le demandeur doit également justifier d’une assurance maladie pour
lui-même et toutes les personnes concernées par le regroupement familial.
Ces obligations ne concernent pas les bénéficiaires du droit d’asile et les réfugiés au
titre de la convention de Genève (Attention
– possibilité de refus et délais !)
Dans la pratique, l’accès aux dossiers n’est
pas accordé pour le dossier principal, détenu par le service des étrangers, mais pour le
dossier secondaire que détient l’ambassade
ou le consulat.
Après avoir consulté le dossier, il est généralement plus facile de motiver le recours.
Lorsqu’on opte pour une plainte devant un
tribunal administratif, le dossier principal est
mis à la disposition du demandeur par la
représentation diplomatique au moment de
l’introduction du recours.
Il n’est pas possible ici d’évoquer clairement
la longueur des procédures qui varie beaucoup en fonction des ambassades, des services des étrangers en tant que tiers impliqués et des tribunaux administratifs.
La venue sur le territoire d’enfants ou d’autres membres de la famille dans le cadre du
regroupement familial n’est pas abordée ici
– mais pourra être évoquée dans l’une des
éditions futures si l’intérêt se fait sentir.
Un regroupement familial par le biais d’une
demande prévue à l’article 29 de la loi régis-
9
Projekt Fahima - arabisch und bedeutet allgemein Verstehen
Human Place
Heft 14
Projekt Fahima - arabisch und bedeutet allgemein Verstehen
Verstehen im sprachlichen Sinne und
Verständnis aufbringen für andere Sitten,
Gebräuche und Lebensumstände – das sind
zwei Grundvoraussetzungen für ein gemeinsames Miteinander von Menschen verschiedener Herkunft.
Das Ökohaus – Projekt Fahima wendet sich
seit Mai 1999 vor allem an Kinder und Jugendliche aus deutschen und ausländischen
Familien, denen die Möglichkeit zum
Kennen- und Verstehenlernen gegeben
wird.
Bei den Treffen von deutschen und ausländischen Kindern und Jugendlichen, die vornehmlich im Rahmen von Begegnungswochenenden außerhalb von Rostock stattfinden, stoßen verschiedene Kulturen,
Religionen und soziale Erfahrungen aufeinander. Gemeinsamkeiten und Unterschiede
werden beim Spielen und bei alltäglichen
Handlungen erlebt und nach Möglichkeit
respektiert – ein Versuch, der auf allen
Seiten nicht immer sofort glückt.
durch den Müritz Nationalpark gepaddelt
von Kratzeburg nach Fürstenberg. Erstmals
wurde mit der AWO Rostock kooperiert, die
unter anderem einen Kleintransporter zur
Verfügung gestellt hat.
Betreut werden die Kinder und Jugendlichen von qualifiziertem Fachpersonal
(Sozialarbeiter, Mitarbeiter und ehrenamtliche Mitarbeiter von Ökohaus e.V.). In ihrer
Verantwortung liegt es, das richtige altersund gruppenspezifische Verhältnis von
Reglement und Freiraum, von Organisation
und Eigeninitiative, von Begleitung und
Lenkung zu finden und zu wahren. Hinzu
kommen interessante Themen, gute Referenten und ein altersgemäßes Programm.
Bericht von Zoor Tamojan, Rostock
(Teilnehmer der Paddeltour)
ein Jahr nach meiner zweiten Paddeltour. Es
war ein schönes Gefühl, immerhin waren
das die Leute mit denen man gerne zusammen ist. Es waren fast alles bekannte
Gesichter und den Rest kennenzulernen
darauf freute ich mich schon. Die fantastischen Vier (als Betreuer) Anna, Ramona,
Hardy und Lars waren auch nicht zum
ersten mal dabei.
Aber nicht nur gemeinsame Wochenenden
sondern auch Sportveranstaltungen bergen
ein gutes Potenzial im Sinne von Fahima.
Beim jährlich stattfinden „Multi – Kulti –
Fairplay – Cup“ können Jugendliche verschiedener Herkunft ihre Kräfte beim
Fußball messen. Im Anschluss an das
Turnier gibt es ein internationales Büfett.
Neben diesem Jahreshöhepunkt wird ein
Abbau von Ressentiments zugunsten von
Normalität zwischen deutschen und ausländischen Kindern und Jugendlichen bei
sonntäglichen Sporttreffs gefördert.
Seit 2003 gibt es die Möglichkeit für die
Kinder und Jugendlichen in den Sommerferien an einer einwöchigen Paddeltour teilzunehmen. In den ersten 3 Jahren haben
sie die heimische Natur auf der Warnow
kennen gelernt, vom Sternberger See bis
nach Rostock. In diesem Jahr haben sie
sich ein wenig weiter gewagt und sind
Die Zugfahrt nutzten wir um die anderen
besser kennenzulernen. Auf dem Bahnhof
in Waren Müritz hatten wir einen längeren
Aufenthalt. Und als wir auf unseren Zug
warteten, kamen aus der Richtung Berlin
ein paar Italiener die stolz waren am Tag zu
vor Weltmeister geworden zu sein. Der
Anblick der Italiener spaltete unsere
Gruppe in zwei Lager. Die einen freuten sich
mit den Italiener, die anderen waren für die
Franzosen.
Als wir in Kratzeburg ankamen, wurden wir
erst einmal um ca. 20 Jahre in die DDR –
Zeit zurückversetzt. Die Wartehalle hatte
noch keine Renovierung hinter sich.
Auf dem Weg zum See kamen wir an einem
Abendteuerzug vorbei, auch dieser stammte aus DDR Zeiten, wo er bestimmt viele
Abendteuer erlebt hatte. Am Käblick See
warteten wir auf unsere Boote. Die Zeiten
des Wartens verbrachten wir mit der Über-
Das Projekt wird finanziert vom Präventionsrat des Landes M-V, dem Jugendamt
der Hansestadt Rostock, sowie durch
Spenden und natürlich dem Ökohaus e.V.
Es haben 12 TeilnehmerInnen aus vier
Nationen (Armenien, Palästina, Deutschland, Kirgisistan,) an der diesjährigen Paddeltour teilgenommen.
Einer der Teilnehmer war Zoor. Er ist 15
Jahre alt, lebt seit März 2000 mit seinen
Eltern in Deutschland. Seit September
2005 hat die Familie einen festen Aufenthalt in Deutschland. Zoor besucht die 9.
Klasse des Gymnasiums, Kooperative
Gesamtschule in Rostock. Er hat folgenden
Text verfasst.
Da stand ich wieder...
10
Heft 14
Human Place
Flüchtlinge sind kein Hilfsprojekt, sondern Menschen
legung, wer fährt mit
wem in einem Boot/
Kanadier. Mir war es eigentlich ziemlich egal.
Ich habe mich auf alle
gefreut.
Nachdem die Aufteilung
geklärt war, konnten wir
endlich los. Mein Boot
war immer das schnellste. Die 13 km vergingen ziemlich schnell. Wir
hatten uns als Team gut
zusammen gerauft. Der
Rest der Gruppe hatte
seine Schwierigkeit uns
zu folgen. Die Wartezeit
verkürzten wir uns mit
selbstgemachter Musik,
da wir ja keine elektrischen Geräte bei uns
hatten. Unsere erste Nacht verbrachten wir
auf dem Zeltplatz Hexenwäldchen. Das
erste was wir gemacht haben, ist baden
gehen. Da wir alle dringend eine Abkühlung
brauchten bei 30 Grad und schönstem Sonnenschein. Zum Abendbrot gab es Nudeln
mit Tomatensoße. Unterhalten wurden wir
dabei von Rüdiger Hoffmann auf dem MP3
Player.
erstmals eine Schleuse passieren, dieses
erfordert ein wenig Geschick beim Rausfahren, denn wenn man dort in einen
Strudel gerät kann man ganz schnell kentern. Zum Glück ging alles gut, wir hatten
ja auch schon genug Wasser im Boot. Da
waren wir froh, dass keiner reingefallen ist.
Am Ende der Strecke spielten wir Taxi für
Ramona, die an einer Badestelle auf uns
wartete.
Nachdem wir die Zelte aufgeschlagen hatten und wir bereit waren für einen schönen
gemeinsamen Abend, kam es unerwartet
zu zwei Überraschungen. Als erstes kamen
die Camper von den letzten beiden Plätzen
an, von denen wir uns eigentlich schon verabschiedet hatten. Die zweite Überraschung war, dass Richard K, der Alleinunterhalter uns mit seinem Können begeistern wollte. Was er tat, denn jetzt konnten
wir schon mitsingen. Denn vieles kannten
wir vom letzten Abend. Auch dieser Abend
endete mit Philosophischen Erkenntnissen.
Dienstag, 11.07.2006
Am nächsten Morgen waren alle verschlafen und freuten sich auf die längste Strecke
der Tour, 16 km. Vor dem Start gab es ein
aufbauendes, wachrüttelndes Frühstück.
Unser Ziel war der Woblitzsee. Dafür mussten wir den größten See im Müritz Nationalpark überqueren, den Useriner See.
Jetzt kam auch eine weitere Schwierigkeit
dazu, die wir bisher nicht kannten, nämlich
die Motorboote und die von ihnen verursachten Wellen. Einige freuten sich, andere
bekamen Angst und Panik. Am größten
Campingplatz trafen wir unseren Betreuer
Lars und andere Camper die wir schon am
ersten Campingplatz kennen lernten. Die
Freude war groß bei allen. Der Abend fing
an mit Grillen und Massage, begleitet von
Richard K (der König der Gitarren) und
endete mit Philosophischen Erkenntnissen.
Donnerstag, 13.07.06
Unser nächstes Ziel war der Ziernsee. Auf
dieser Strecke hatten wir leider einen Verlust zu melden. Unsere Wasserwanderkarte hat sich von uns verabschiedet und liegt
jetzt im Kanal. Aber so schlimm war dieser
Verlust auch nicht, da wir eine zweite Karte
bei uns hatten, was uns die Betreuer aber
eine ganze Weile verschwiegen und einige
von uns sich erst einmal Sorgen machten,
ob wir den nächsten Zeltplatz überhaupt
finden.
Mittwoch, 12.07.06
Der Tag fing wieder mit einem kräftigen
Frühstück an. Diesmal war Ramona mit Autofahren dran und Lars durfte endlich einmal paddeln. Es war die kürzeste Strecke
der Tour, aber auch die Lustigste da wir
eine Wasserschlacht gemacht haben und
alle Boote unter Wasser standen. Zwischen
den Wasserschlachten mussten wir auch
Aber nach ein paar Kilometern mussten sie
uns dann sagen, da wir an eine Abzweigung kamen. Da es auch an diesem Tag
wieder so warm war, haben wir in der Mit11
Flüchtlinge sind kein Hilfsprojekt, sondern Menschen
tagshitze eine etwas längere Pause gemacht. Diese haben wir zum baden, essen
und schlafen genutzt.
Gestärkt sind wir die letzten Kilometer des
Tages angegangen. Angekommen auf
unserem letzten Zeltplatz gab es nur wenig
Platz für Zelte, da der Großteil von Dauercampern belegt war. Ein grossteil von ihnen
kam aus Leipzig und Umgebung. Das
besondere an diesem Zeltplatz war, dass
wir vom Ufer aus die Landesgrenze sehen
konnten. Gegenüber befand sich nämlich
schon das Land Brandenburg.
Human Place
Heft 14
Freitag, 14.07.06
An diesem Morgen mussten wir uns die
Technik zu Hilfe nehmen, da wir ein wenig
unter Zeitdruck standen, den wir uns allerdings im Nachhinein selbst machten. Da wir
die Strecke nicht kannten und nicht wussten wie lange wir brauchen, haben wir uns
selbst Stress gemacht. Wie sich herausstellte ganz umsonst, denn so mussten wir
noch über eine Stunde am Fürstenberger
Bahnhof auf unseren Zug warten. Ich
ärgerte eines der Mädchen, die versuchte
sich das Rauchen abzugewöhnen. Es war
sichtlich nicht einfach für sie. Ich ärgerte
sie weiter. Da wir auch alle etwas hungrig
waren, bestellten wir uns an einem Kiosk
entweder Bockwurst, Bratwurst, Rühreier
oder Soljanka. Endlich war die Zeit des
Wartes vorbei, denn unser Zug kam und wir
waren froh aus der Hitze zu kommen, die
an diesem Tag wieder unerträglich war.
An diesem Abend konnten wir das erste Mal
ein kleines Feuer machen, was auf den anderen nicht möglich war wegen der hohen
Waldbrandgefahr.
Die ganze Gruppe saß am Feuer und ließ
die letzten Tage Revue passieren. Dabei
gab es die einstimmige Meinung, dass es
die beste Paddeltour bis jetzt war.
Alle haben sich gut verstanden und hatten
Spaß zusammen, wir die Jugendlichen
untereinander, aber auch mit den Betreuern.
Auch wenn die Zelte aufgebaut waren, entschieden sich ein Teil der Leute für das
Schlafen unter freiem Himmel.
So hatten die Mücken auch noch was von
uns. Nicht alle konnten dem standhalten.
Einige flüchteten in der Nacht in die Zelte
und brachten sich somit in Sicherheit. 3
von uns haben durchgehalten und den
Kampf gegen die Mücken gewonnen.
Im Zug wurde es immer ruhiger in der
Gruppe, da alle doch sehr erschöpft waren
und froh endlich nach Hause zu kommen, in
ein richtiges Bett. Trotzdem waren wir auch
ein wenig traurig, da wir uns jetzt wieder
trennen mussten. Gerade dann, wenn man
sich am besten versteht und eingespielt
hat. Am Ende der Woche konnten alle Zelte
aufbauen und alles andere was nötigt war.
Aber da wir wussten, dass wir uns wieder
sehen, war es nur halb so schlimm.
Ich freue mich auf die nächste Paddeltour.
Ihr wisst schon was ich meine.
12
Heft 14
Human Place
Flüchtlinge sind kein Hilfsprojekt, sondern Menschen
Holger Schlichting
Ausländerbauftragter Wismar
Toleranz und MigrantInnen…
Toleranz kommt aus dem Lateinischen und
bedeutet soviel wie „Duldsamkeit“. Respekt
wird laut Fremdwörterbuch aus dem Lateinischen und Französischen abgeleitet und mit
„Rücksicht“ übersetzt.
Nahe liegend, dass mir angesichts der
Kenntnis der rechtlichen Situation so vieler
Geduldeter in Deutschland der Begriff des
Respektierens (des Geltenlassens, des
Achtens, des Anerkennens,) angemessener
erscheint, wenn ich meine Haltung zu MigrantInnen beschreibe.
Noch nahe liegender, wenn ich mir anschaue, was Toleranz im medizinischen
Sinne (ebenfalls laut Fremdwörterbuch)
bedeutet, nämlich:
begrenzte Widerstandsfähigkeit des Organismus gegenüber schädlichen äußeren
Einflüssen, zumal sich nicht wenige Zeitgenossen offenkundig genau auf diese
Definition zu berufen scheinen, um ihrer
fremdenfeindlichen Einstellung eine „Begründung“ verleihen zu können.
Aber es geht ja nicht um die Worte Toleranz
und/oder Respekt. Es geht darum, MigrantInnen als Menschen zu sehen – als
Menschen wie Du und ich, mit ihren
Spezifika, wie Du und ich sie auch haben,
vorurteilsfrei. Das ist die entscheidende
Frage, und sie ist, wie ich finde in erster
Linie eine charakterliche. Ebenso wie es eine
Frage des Charakters ist, im Sinne interkultureller Kompetenz bzw. Interkulturalität,
Bereitschaft zum Lernen zu entwickeln –
Lernen, Menschen als Menschen zu sehen,
Menschen gegenüber offen zu sein, egal
welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion etc.
sie sind.
Manchmal denke ich, dass die Ansätze dafür
sehr früh gebildet oder gefördert werden oder nie …
Flüchtlinge sind kein Hilfsobjekt, sondern Menschen
Ein Interview mit Annette Köppinger Integrationsbeauftragte
der Landeshauptstadt Schwerin
I.-Jonas Dögüs
nehmen. Als ich im Sommer 1999 in Köln auf
einem Schiff auf mein erstes Interview bei
dem Bundesamt wartete, habe ich einen
Landsmann kennen gelernt, der ein paar
Deutschkenntnisse hatte. Er half mir bei der
Kontaktaufnahme mit Vertreterinnen von
amnesty international und Caritas. Eines
Tages wollte er von mir wissen, ob ich eigentlich ein guter Mensch sei, da er nicht verstehe, wieso ich in der Türkei zu einer Haftstrafe
von 15 Jahren verurteilt wurde…
Ich habe versucht, es ihm zu erklären.
Danach hat er gefragt: “Was würde denn passieren, wenn ich all das hier in Deutschland
getan hätte? Nach einigen Sekunden des
Überlegens habe ich geantwortet: „Vielleicht
würde der Bundespräsident mich mit einem
Preis ehren.“ (Als im Jahr 2004 der Landtagspräsident mir eine Ehrenurkunde wegen
meiner ehrenamtlichen Arbeit überreichte,
gingen mir die Foltererinnerungen aus der
Türkei und dieses Gespräch, das ich mit meinem Landsmann geführt habe, durch meinen
Kopf) Aber sowohl bei dem ersten Interview
im Kölner Bundesamt, als auch bei der Detmolder Ausländerbehörde haben meine Erfahrungen mich enttäuscht.
Vor meinen Augen erschienen vor allem zwei
Unterschiede zwischen Deutschland und der
Wie bereits in der letzten Ausgabe von Human
Place angekündigt, machen wir Gruppen,
Vereine, Initiativen und einzelne Personen
bekannt. Für diese Ausgabe habe ich für Sie
die
Schweriner
Integrationsbeauftragte
Annette Köppinger interviewt.
Sie ist nicht nur seit 15 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern im Flüchtlingsbereich
aktiv, sondern sie ist auch eine der Gründer/innen des Flüchtlingsrats MV und hat
lange Jahre im Vorstand gearbeitet. Nebenbei
ist sie die Integrationsbeauftragte der Landeshauptstadt Schwerin. Das heißt, sie ist
eine Beamtin. Eigentlich habe ich bereits am
Anfang dieses „Kleinprojektes“ gedacht mit
Annette ein Interview zu machen, weil diese
attraktive Frau eine menschliche Haltung hat
und mit dieser Haltung weckt sie in mir immer
Vertrauensgefühle. Sie werden in den folgenden Abschnitten lesen, wieso man dieses
Gefühl als geduldeter Flüchtling hat.
Als ich in der Türkei war, habe ich immer
Abstand gehalten zu Beamten und auch durch
meine Erfahrungen konnte ich nie vertrauen.
Ich dachte, Deutschland ist ein demokratisches Land, wo es Demokratie gibt, wo man
Beamten vertrauen kann und wo es möglich
ist, in der gleichen Augenhöhe Kontakt aufzu-
13
Flüchtlinge sind kein Hilfsprojekt, sondern Menschen
Human Place
Heft 14
1600 Spätaussiedler. Bei Flüchtlingen muss
man unterscheiden zwischen Asylberechtigten Flüchtlingen, die Schutz nach Genfer
Flüchtlings Konvention haben, Schutz nach §
35 haben, Flüchtlingen, die noch im Asylverfahren sind und den Flüchtlingen, die schon
aus dem Asylverfahren raus sind. Das ergibt
dann folgende Zahlen Duldung:153, Asylverfahren: 84, und Anerkannte: ca. 200
Türkei: erstens ist das Jahreseinkommen pro
Kopf in Deutschland vielfach höher als das in
der Türkei, zum zweiten ist Folter in Deutschland keine staatliche Politik. Aber man
merkte ganz deutlich, dass die Beamten uns
Flüchtlinge diskriminierend, unterdrückend
und erniedrigend behandelten. Bis dahin, als
ich den Ausländerbeauftragten der Hansestadt Rostock, Herrn Dr. Wolfgang Richter und
später Annette Köppinger kennen gelernt
habe. Ich weiß, die Demokratie funktioniert
auch hier in Deutschland nicht perfekt. Viele
Beamte, die in diesem Staat angestellt sind,
wurden nicht dazu ausgebildet, dass er/sie bei
den Amtshandlungen auf demokratische
Menschenrechte und –würde achten. Aber
trotz alledem gibt es auch hier Be-amte,
denen wir Flüchtlinge uns ohne Sorge für eine
Hilfe oder Beratung zuwenden können.
Annette Köppinger ist eine von ihnen.
Jonas: Mit welchen Problemen wenden sich
die Flüchtlinge an Sie?
A.Köppinger: Also zum einen die Flüchtlinge, die anerkannt sind. Sie wenden sich mit
der Thematik der raschen Integration, der
Verfestigung des Aufenthalts, der Möglichkeit
des Findens eines Arbeitsplatzes, einer Berufsausbildung etc. und der Einbürgerungsfrage an mich bzw. an das Verbundprojekt
Schwerin, die Beratung machen.
Zum Zweiten sind dies Flüchtlinge, die eine
Anerkennung haben und die sehr gerne konzeptionell, hier in der Stadt im Netzwerk mitarbeiten.
Wir haben dann die Gruppe der ehemaligen
Flüchtlinge, die in eine Bleiberechtsregelung
gefallen sind oder darauf hoffen, dass es eine
neue Bleiberechtsregelung geben wird. Diese
Menschen wenden sich mit sehr unterschiedlichen Themen an unser Beratungsteam,
wenn es um Aufenthalte geht bzw. wo auch
aufenthaltsbeendende Maßnahmen so zu
sagen vor der Tür stehen, durchaus mit einem
Notruf an mich.
Mit der Asylantragstellung habe ich eigentlich
nur sporadisch zu tun. Ich gebe Auskünfte
weiter, was sie machen sollen, rein theoretisch...
Annette Köppinger und ich machten dieses
Interview, während wir unseren „gedeutschten“ türkischen Kaffee genossen haben.
Jonas: Frau Köppinger, Sie sind Integrationsbeauftragte der Landeshauptstadt Schwerin. Welche Aufgaben haben Sie?
A.Köppinger: Eigentlich sagt es der Titel ja
schon. Integration der Zuwanderer und
Ausländerangelegenheiten. Das heißt hier
ganz klar ein Stück Galionsfigur für nicht
deutsche Staatsbürger und für Spätaussiedler
und natürlich neben der Aufgabe für die
Integration, also sich für die Migranten einzusetzen und Chancengerechtigkeit zu fördern,
die Aufgabe der Erhöhung der Kompetenz
innerhalb und außerhalb der Verwaltung, der
Vernetzung, der Förderung der Friedensstiftung etc.
Jonas: Als Integrationsbeauftragte der Stadt
Schwerin sind Sie Teil einer Behörde. Aufgrund der Erfahrungen aus unseren Heimatländern und den ersten hier in Deutschland, z.
B. beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, erwarten wir Flüchtlinge häufig nicht,
dass sich Behörden für unsere Rechte stark
machen. Wie sehen Sie sich?
Jonas: Für welche Personen sind Sie als
Integrationsbeauftragte da?
A.Köppinger: Also vorrangig der eine Sektor
nicht deutsche Staatsangehörige, aber auch
Spätaussiedler. Dann aber auch für Träger,
Vereine, Institutionen, Initiativen, einzelne
Personen, die sich mit dem Thema Integration
in irgendeiner Form befassen.
A. Köppinger: Ich denke, die Basis eines
ordentlichen Gespräches und einer wirklich
fachlich guten Beratung ist Vertrauen. Allerdings weiß ich nicht nur aus den Erfahrungen,
sondern es liegt in der Sache selbst, dass
Flüchtlinge sehr schlechte Erfahrungen
gemacht haben, dass Flüchtlinge von
Landsleuten oft falsch beraten werden, dass
Flüchtlinge ein eigenes schweres Schicksal
haben, so dass ich nicht davon ausgehen
kann, dass mir die Wahrheit gesagt wird. Aber
dazu bin ich fachlich in der Lage, dann die
richtigen Fragen zu stellen oder anhand der
Informationen zu wissen, wenn hier jemand
Jonas: Sind die Flüchtlinge ein Teil davon?
A.Köppinger: Flüchtlinge sind ein Teil davon,
allerdings ein relativ geringer Teil. Das liegt
einfach an der Historie dieser Stadt und an
den Aufnahmebedingungen etc.
Jonas: Wie viele Migrantinnen und Migranten
leben zurzeit in Schwerin? Wie viele von ihnen
sind Flüchtlinge?
A.Köppinger: In Schwerin leben zurzeit 6063
Zuwanderer, davon 4463 nicht deutsche
Staatsangehörige, sprich Ausländer und ca.
14
Heft 14
Human Place
Flüchtlinge sind kein Hilfsprojekt, sondern Menschen
nichts sagen kann oder es eine falsche Aussage ist, ohne dass ich das persönlich nehme.
wägen, was preisgegeben wird und was nicht.
Und auf der anderen Seite... z.B. zur Auf-klärung im Asylverfahren oder im Folgeverfahren... müssen wir bestimmte Dinge offen
legen. Und ich bin natürlich als Frau an dieser
Stelle im Vorteil. Erstens glaube ich vom
Gespür her, ich hab’ ne Nase dafür. Zweitens
wird eine Frau mir tatsächlich eher vertrauen.
Jonas: Es gibt immer wieder Schwierigkeiten
zwischen der Ausländerbehörde oder dem
Sozialamt auf der einen und Flüchtlingen auf
der anderen Seite. In wiefern nehmen Behörden Ihre Hilfe in Anspruch?
A. Köppinger: In Konfliktfällen, in denen es
darum geht, ein Stück Entspannung zu bringen, in denen die Sache sehr kompliziert ist,
in der Sache selber, wo der Flüchtling auch auf
Grund seiner Konstitution seiner Persönlichkeit, seiner... Vergangenheit, sehr, ja auch
aggressiv ist, wird meine Hilfe schon gern in
Anspruch genommen.
Es sind bestimmte Sachen wo auch die
Ausländerbehörde einfach zum Teil einen anderen Auftrag hat. Sonst würde es keine
Beauftragten geben müssen. Und in diesem
Spannungsfeld muss ich mich einfach bewegen. Bei der Sozialbehörde ist es eigentlich
auch eher so, dass im Konfliktfall dann mal
angefragt wird. Aber man auch inzwischen
nicht böse ist, wenn ich mich einmische und
sage: “Gucken Sie mal die und die Sachen
nach - aus meiner Sicht ist das anders zu
regeln.“
Jonas: Können die Frauen aus anderen
Landkreisen und Städten sich an Sie wenden?
A. Köppinger: Da müssten wir im Grunde
dann auch noch mal Strukturen schaffen,
wenn der Bedarf besteht. Ich möchte mich
nicht in die inneren Strukturen der anderen
Städte und Gemeinden einmischen. Wenn
allerdings dort gesagt wird, wir haben diese
Beratung nicht und diese Spezifik nicht, dann
halte ich das für möglich, weil gerade die
Stelle bei der Caritas, die ich genannt habe,
für ganz Mecklenburg-Vorpommern zuständig
ist. Ich denke
a) ein oder zwei Stellen in M/V reichen
dafür,
b) denke ich, ist es so speziell, das sollen...
professionelle Frauen machen.
Jonas: Sie haben seit 15 Jahren viele Er-fahrungen in der Arbeit mit Flüchtlingen und
Migranten gesammelt. Welche Schlüs-se ziehen Sie?
Jonas: Sie sind eine von wenigen weiblichen
Beauftragten in unserem Land. Wie Sie wissen, sind Fluchtursachen bei Frauen oft sehr
spezifisch. Meistens wollen oder können die
Frauen aus gewissen Gründen nur schwer mit
Männern über Fluchtursachen reden. Einige
von ihnen schweigen während des ersten
Interviews beim Bundesamt. Können die
Frauen sich an Sie wenden? Gibt es andere
Beratungsstellen, die Sie empfehlen können?
Werden an diesen Stellen der persönliche
Datenschutz und die Schweigepflicht gewahrt?
A.Köppinger: Der Satz stimmt. Integration
ist ein langjähriger Prozess. Aufnahme überhaupt Verfahren usw. sind schwierig zu händeln, jedes einzelne Schicksal ist tatsächlich
extra zu sehen. In sofern auch Unterstreichung des Slogans von Pro Asyl – „der Einzelfall zählt“. Und zum anderen musste ich
auch lernen, dass das Wort Ge-rechtigkeit ja
schwer zu buchstabieren ist, bei diesem
Thema.
A. Köppinger: Also zum einen ist mir das
Thema wohl bekannt, und ich halte es auch
für ein hoch sensibles Thema. Frauen können
sich mit dieser Spezifik natürlich direkt an
mich wenden. Allerdings werde ich die Verfahren nicht bis zu Ende selbst begleiten, sondern wir haben hier tatsächlich im Beratungssystem eine Stelle bei der Caritas, wo
die Beraterin seit mehr als 10 Jahren Flüchtlingsarbeit macht und speziell... frauenspezifische Dinge, geschlechtspezifische Ursachen
etc. Dort würde ich die Frauen... hin verweisen und aus der Ferne begleiten.
Jonas: Wie wichtig ist Ihnen die Vernetzung
mit anderen in der Migration- und Flüchtlingsarbeit Tätigen?
A.Köppinger: Das ist ein ganz wichtiger
Punkt in dieser Arbeit. Wir können es uns
nicht erlauben, isoliert zu arbeiten. Wir brauchen die Vernetzung untereinander
a) um uns fachlich auszutauschen, aber
auch, um uns gegenseitig den Rücken zu
stärken, weil wir sind schon irgendwo
Exoten.
b) denke ich, sind da auch die Informationsvielfalt, die ständige Diskussion um
Integration, um Abschottung, um ja,
auch in Verbindung mit Terrorismus
plötzlich, um Kinder, Pisastudie, zweite
Generation, und, und, und Kopftuchdebatte - das ist so ein breites Feld.
Wir haben auf der einen Seite den Datenschutz, das heißt, hier muss im Interesse der
Frau darauf geachtet werden, dass sie nicht
nur das Gefühl hat, dass die Akte hier unter
Verschluss bleibt - auch gegenüber Familienangehörigen, anderen Behörden,... ist abzu-
15
Human Place
Änderungen der Gesetze... , das kann
man nicht alles selber im Kopf haben
und man kann nicht und ist nicht in der
Lage, jede Sache, die passiert, auch
fachlich ordentlich sofort zu beantworten... - Vernetzung ist ganz wichtig.
... Und dann haben wir ja die Vernetzung, die
sehr fest eingebunden ist. Das ist ein Mal das
Netzwerk Schwerin, in dem.. Integration gesteuert wird,... Und dann aber auch die Vernetzung auf Landesebene, das heißt,
Stichwort Flüchtlingsrat, Stichwort Kommunale Konferenz der Ausländerbeauftragten, die Liga der spitzen Verbände, Kirche etc.
Heft 14
passieren- und die Flüchtlinge waren noch
nicht mal da- da stand in großer Schrift, ein
Haus daneben: „Asylanten raus, Deutschland
den Deutschen“. So ging das eigentlich hier
los... Wir haben dann im Mai richtig schlimm
erleben müssen, dass Jugendliche sich zusammen „gerottet“ haben. Hinterher haben
wir heraus gekriegt, dass es aus Lübeck und
aus Hamburg von Nazis gesteuert worden
war. Als diese das Asylbewerberheim attakkierten und von Seiten der Behörden nichts
passierte, da habe ich im Grunde in der dritten Nacht unter Steinwürfen, Molotowcocktails wurden auch angezündet, mit der Polizei
telefoniert und mit dem Dezernenten usw.,
weil die Polizei wieder abgefahren war... Dann
ist die Polizei wieder angerückt, da war es
schon wieder nach Mitternacht,... Das schaukelte sich hoch, es passierte gar nichts. Die
einzige Antwort des damaligen Innenministers war dann zu sagen: „Wir verteilen die
Flüchtlinge auf’ s platte Land, damit sind sie
geschützt.“ Und ich wollte genau das Umgekehrte. Wir haben mit den Flüchtlingen
zusammen gesessen, sie gefragt: „Was wollt
ihr?“ Sie antworteten: „Wir wollen in Schwerin
bleiben. Wir wollen natürlich nicht auf’ s platte Land.“ Wir haben es dann durch eine
Kampagne, Unterschriften gesammelt, über
die Zeitung und über die Sender und so, hin
gekriegt, dass wenigstens die Flüchtlinge, die
da waren, auch bleiben konnten... das war
eine Sache, die mir schon sehr eindrücklich im
Kopf geblieben ist...
Jonas: Sie sind eine Mitbegründerin des
Flüchtlingsrates MV. Wie ist es dazu gekommen?
A. Köppinger: Ja! An die Geschichte erinnere ich mich sehr gerne. Das war 1993 im
November... Wir waren zu dritt, Dr. Richter
und noch ein junger Mann aus Schwerin. Und
wir haben zusammen gesessen, haben gesagt,... wir müssen was für Flüchtlinge tun...
Zu dieser Zeit, wenn man sich erinnert, war
MV die Jahre davor eigentlich immer nur in
den negativen Schlagzeilen. Ja, also in Greifswald, wurden Leute vertrieben, dann Rostock
Lichtenhagen sowieso, davor gab es aber
auch schon immer Anschläge, Stichwort
Norderstedt, da möchte ich mal dran erinnern, 1991,... Es ging auch gar nicht um
unsere Lobby an der Stelle, sondern darum,
dass es für Flüchtlinge tatsächlich auch keine
strukturierte Beratung gab. So, das hat
eigentlich dazu geführt, dass wir die Initiative
ergriffen haben. Ich bin dann auch ein
Jahrzehnt lang immer zu Pro Asyl gefahren
und habe im Grunde MV vertreten. Und wir
haben dann 95 den Flüchtlingsrat gegründet
und waren zu dieser Zeit von der Besetzung
her mehr Beauftragte, die in der Spitze
waren. Also, ich habe den Flüchtlingsrat, ich
glaube, fast ein Jahrzehnt als Vorsitzende
geführt. Und das sind einfach Dinge, die hier
anders gewachsen sind und wo ich sage, das
war gut. Das wird bei jedem Beauftragten
auch unterschiedlich sein. Ich setze mich
nicht nur gerne für die Rechte der Flüchtlinge
ein, eigentlich halte es für notwendig.
Zweite Sache Norderstedt, ich bin dann im
Dezember’ 91 nach Norderstedt gefahren,
privat, an einem Samstag, weil ich Kontakt zu
dem Pastor aufnehmen wollte, weil ich gucke
wollte, wie es den Flüchtlingen geht und mich
einfach mal vor Ort umschauen… wollte, dass
Schwerin Flüchtlinge sicher aufnehmen
würde... Dann später ist mir von Seiten der
Behörde vorgeworfen worden, wieso ich da
einfach hingefahren bin. Da habe ich gesagt:
„... Ich bin Beauftragte dieser Stadt, aber
wenn ich als Privatperson irgendwohin fahre,
dann ist das mein Recht.“... aber dieser
Kampf konnte nicht gewonnen werden...
Dann denke ich, die nächsten größten Ereignisse sind dann... immer so Einzelgeschichten, wo man etwas bewegen konnte, oder wo
wir Dinge richtig gut hinbekommen haben.
Natürlich auch, das war 92, als die Ausländerbeauftragten den Theodor Heus Preis
bekommen haben. Ich denke, das ist schon
beachtlich und wurde bundesweit sehr honoriert...
Jonas: Eine persönliche Frage Frau Köppinger. Sie sind seit 15 Jahren in diesem Bereich
tätig. Welche Ereignisse haben Sie am meisten bewegt?
A. Köppinger: Also, im Grunde war es vom
Anfang der Aufnahme meiner Tätigkeit an...
immer wieder bewegend. Wir haben im Januar 1992 hier die ersten Asylsuchenden aufgenommen. Das waren 20 Personen. Ich kann
mich genau erinnern, das ist in Lankow gewesen. In einem unserer Stadtteile sollte das
So, dann hohe Punkte einfach, wenn wir uns
in Berlin trafen. Wir, die Beauftragten Ost,
haben in Berlin keine konspirative Sitzung
16
Heft 14
Human Place
gemacht, sondern wir haben uns getroffen als
Arbeitskreis gegen Fremdenfeindlichkeit, für
Demokratie usw. unter der Leitung von Almut
Berger. Das waren spannende Stunden. Dann
kamen die Sachen, als ich gefragt wurde, ob
ich für den Vorstand von Pro Asyl kandidieren
möchte. Da habe ich mich schon geehrt gefühlt. Das ist... eine Auszeichnung.... Ich bin
ja bis heute im Stiftungsrat von Pro Asyl
tätig...
sagen: „Es reicht mir. Ich kann nicht mehr.“?
A.Köppinger: Je älter ich werde, je länger ich
es mache, je seltener kommt dieser Gedanken in meinen Kopf. Ich will nicht behaupten,
dass ich alles immer so toll hinkriege. Aber ich
glaube, dass ich inzwischen eine ziemliche
Routine habe. Ich versuche sehr darauf zu
achten, dass ich nicht abstumpfe, dass ich
eben nicht nur nach Aktenlage entscheide,
nach rein logischen, verwaltungstechnischen,
gesetzlichen Erklärungen, sondern immer
noch genau gucke..., was ist hier. Nein ich
habe eher das Gefühl, dass ich meinen
Traumberuf schon gefunden habe. Klar sage
ich inzwischen durchaus auch mal: „Ich könnte mir was anderes vorstellen, will auch mal
was anderes machen.“ Wenn ich aber dann
nachdenke, würde es schon in irgendeiner
Form doch wieder mit Zuwanderung, mit
Flüchtlingen, mit dieser Arbeit zu tun haben.
Es gibt mal Tage oder Wochen, wo es einfach
zuviel ist... wenn dann doch mal ein Einzelfall
hier ankommt, weil die Beratungsdienste
sagen: „Wir schaffen es alleine nicht, kannst
du nicht...?“ - werden es Nachtsitzungen und
der normale Verwaltungsapparat muss aber
auch laufen... Dann komme ich schon mal an
den Rand meiner Kraft.
Ja, dann historische Momente waren auch, 97
muss das gewesen sein, da haben wir durchsetzen können, dass die Integrationsbeauftragte, damals Ausländerbeauftragte, in die
Hauptsatzung der Stadt Schwerin hinein genommen wurde. Das hat mich viele Jahre
Arbeit gekostet. Das hat mir schon oft geholfen, dass die Stelle hier eben nicht einfach
weggenommen werden konnte.
Wenn ich an die aktuelle Zeit denke, auf der
einen Seite, vielleicht ein bisschen naiv von
mir, ich sage es trotzdem, die Durchsetzung
des Zuwanderungsgesetzes kam, mit allen
seinen Schwächen. Aber ein Kapitel für Integration ist drin und ganz klare Vorstellungen,
wie Flüchtlingsschutz auszusehen hat, zu
mindestens, was die nicht staatliche..., die
geschlechtsspezifische Verfolgung betrifft,
dann die Härteklauseln bei Ehen usw. Ich
sehe auch die Nachteile, Stichwort Abschottung, Zugang zu Asylverfahren, Asylfolgeverfahren, das ist alles viel schwieriger geworden
usw., aber wie ich schon vorher gesagt habe,
es ist gut, diese Diskussion endlich wegzukriegen, „Wir sind kein Einwanderungsland“,
auch wenn man das Gesetz wieder anders
genannt hat -Zuwanderung- (Begrenzungsgesetz), wo sich Bayern wieder mit seinem
Starrkopf durchsetzen musste... ist es schon
ein Fortschritt....
Noch ein historischer Moment, ein wichtiger,
sage ich, ist der Interreligiöse Dialog. Also im
Grunde jedes Jahr auf’ s Neue. Wir haben hier
in der Stadt wirklich, also erstens diesen tollen Landesrabbiner, zweitens von der
Evangelischen und Katholischen Kirche eine
ganz klare und offensichtliche Zusage und
Mitarbeit im Interreligiösen Dialog. Und drittens auch die Muslime, die kleinste Gemeinde
hier, die, die es eigentlich am schwersten hat
auf Grund der verschiedenen Herkünfte und
verschiedenen Arten, den Glauben auszulegen und auf Grund der Thematik, spätesten
seit dem 11. September 2001, Terrorismus
und dieser Verbindung mit ihr... Das tut gut,
diese Kraft, die dann von solchen Leuten, die
etwas zu sagen haben, in dieser Stadt ausströmt, und wo ich sage, ein Teil dieser Sache,
das sind Früchte meiner Arbeit. Das sind
historische Momente.
Jonas: Wie schaffen Sie es, über die lange
Zeit hinweg immer wieder so engagiert zu
sein?
A.Köppinger: Ich habe ja schon ein bisschen
geantwortet. Ich erzähle vielleicht meine
Geschichte. Ich... bin von Beruf Krankenschwester in der DDR-Zeit. Für mich war
damals eigentlich was anderes nicht möglich.
Ich hätte dann sehr viele Kompromisse eingehen müssen mit dem damaligen Staat. Und
das habe ich verweigert, und damit durfte ich
kein Abitur machen und nicht studieren. Und
ich habe erst einmal keine Ausbildung bekommen, sondern bin so rum gelaufen... Aber
spätestens ab 1986 habe ich... abends oft
gesessen,..., daran gedacht: „Was machst du
hier eigentlich?“ Ich war unglücklich, ich wollte mehr machen. Und ich bin ja dann auch in
dieses Thema gesprungen, ohne dass ich so
genau wusste, was mich hier erwartet... Ich
denke, es ist einfach so dieses Mittel, sich für
Menschenrechte einsetzen zu können und an
diesem Thema auch zu arbeiten. Das hat auch
mit meiner Erziehung zu tun.
Als Martin Luther King ermordet wurde, da
war ich 12 Jahre. Da haben meine Eltern mit
uns darüber geredet. Ich weiß es noch, ich
habe bitterlich geweint. Und bis heute sind
das Texte, wo ich sage: „Dieser Mann ist wirklich ein Vorbild.“ Ich denke: „... Ich musste
mich nicht dazu zwingen. Es ist mein Thema.“
Jonas: Möchten Sie unseren Leserinnen und
Jonas: Gibt es Situationen, in denen Sie sich
17
Human Place
Lesern noch etwas mitteilen, was in diesem
Interview noch nicht angesprochen wurde?
Heft 14
man muss alles selbst können, sondern einfach Netze entwickeln oder sich in den Netzen
auskennen, wer ist für welche fachliche Sache
zuständig und kann es wirklich. Dritte Erkenntnis; nicht jeder Flüchtling ist ein Engel….
A.Köppinger:... Was mich die Jahre gelehrt
haben, wenn man sich wirklich für Flüchtlinge
einsetzen will, ist die wichtigste Sache
Partizipation. Den Flüchtling nicht als das
Hilfsobjekt sehen, sondern als den Menschen,
der in der Lage ist, die Dinge selbst zu entscheiden und der auf gleicher Höhe mit einem
steht. Punkt zwei; wenn wirklich eine gute
Beratung gemacht werden soll, nicht meinen,
Jonas: Vielen Dank, Frau Köppinger, dass Sie
sich für unsere Leserinnen und Leser die Zeit
genommen haben und dieses Interview stattfinden konnte.
A.Köppinger: Ja! Gerne.
Wenn wir Liebe für andere entdecken, haben wir für
Toleranz ein neues Feingefühl erworben
Tolerieren, aus dem lateinischen „tolerare” heißt
„erdulden”.
Im Wörterbuch steht, es bedeutet „ertragen, „z.B. „er
hat viel Leid, große Schmerzen erduldet”. Gedacht,
das ist das Wort. Wenn wir Menschen nur aus
Maßnahme tolerieren wollen, ist unsere Toleranz
schon zum Tode verurteilt. Ich frage mich: Sind wir
noch gleich mit jemandem, wenn wir ihn tolerieren?
Wahrscheinlich brauchen wir zuerst jemanden nur zu
verstehen. Oder einfach nur zu ignorieren. Weil für
Toleranz brauchen wir Gründe. Und, wenn wir Gründe
brauchen zum tolerieren, dann sind wir schon weit
weg von der Toleranz. Das ist einfach zu verstehen,
weil wenn wir jemanden willkommen heißen oder
akzeptieren, denken wir nicht sofort an die Toleranz.
Vielleicht danach in unserem Gemeinschaftssinn oder
Zusammenleben.
Sören Linton
imstande, die Dinge klar zu sehen, gerecht zu sein und
zu arbeiten- das bezieht sich natürlich nur auf die klugen und anständigen Menschen; Egoisten und
Hohlköpfe sind ohnehin schon gleichgültig.“ schreibt
Tschechow)
Die Toleranz hat Grenzen, selbstverständig. Also sie
hat einen Anfang und ein Ende. Die Toleranz ist mit
der Zeit nur eine Schablone geworden, sie ist entleert
von Wahrheiten.
Nur ein Blick in die Geschichte der Toleranz des
Menschen, von Anfang bis heute, und wir sind sofort
intolerant geworden.
Toleranz ist vielleicht eine erste Stufe. Deswegen versuchen wir eine postmoderne Interpretation, also
einen gemischten Zustand, wo tolerant und intolerant
und könnten weiter nur über Hintergrund-Werte sprechen. Stabile Werte, die niemand entleeren kann. Weil
wenn wir Freundschaft anzustreben versuchen, oder
wenn wir in den anderen einen Freund finden, haben
wir für Toleranz ein anderes Seitenbild gewonnen.
Wenn wir Gemeinsamkeiten mit dem anderen finden,
haben wir für Toleranz eine andere Würze gewonnen.
Wenn wir Liebe für andere entdecken, haben wir für
Toleranz ein neues Feingefühl erworben.
Wir müssen optimistisch sehen, wenn dieses Wort
„Toleranz“ nicht nur der Anlass, sondern auch die ehrliche Verbindung zwischen den Menschen bringt.
z
n
a
r
e
l
To
Also Toleranz ist nur eine Plattform, eine Brücke für
weitere Gefühle. Für echte und normale Gefühle.
Freundschaft, Gemeinsamkeiten, Liebe, oder auch ein
bisschen Indifferenz- ist zuerst auch drin, und das ist
vielleicht nicht schlecht. Weil Gleichgültigkeit heißt
nicht Intoleranz, es ist so zu sagen „leben und leben
lassen” also wenigstens er,(der Gleichgültige) ist nicht
dagegen. Also ein neutraler Status. Der Unbeteiligte
ist noch zu gewinnen. (“Nur die Gleichgültigen sind
Toleranz
Toleranz
Antworten aus einem Interview
Für mich ist Toleranz Akzeptanz im Leben
mit einander.
Tolerant sein, das heißt auch geben und
bekommen.
Tolerant sind die Menschen, die sich verstehen trotz
aller Unterschiede in der Kultur in der Hautfarbe und
der Religion.
Tolerant sind die Menschen, die sich gleich fühlen und
doch anders sind.
Mariama Bassabi, aus Togo, lebt z.Zt. in
Rostock
Toleranz erlaubt differenzierte Meinungen und Ideen.
Tolleranz oder Toleranz?
Imam-Jonas Dögüs
Konservativen. Auch mit dem Gott habe ich
Schwierigkeiten. Ich verstehe ihn einfach nicht,
wieso er immer noch Diktaturen und Intoleranz
auf dieser Welt schafft? Hat er noch nicht
gelernt, dass die seine Ge-schöpfe quälen, sie
töten sogar auch für ihre Macht.
Na ja, da habe ich ein paar Probleme mit den
Rassisten und Rassistinnen, Sexisten und
Sexistinnen, Nationalisten und Nationalistinnen,
Rechtsextremisten und Rechtsextremistinnen
bis hin zu den streng
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Die Sonne
Ich scheine und ich brenne
Weiße Menschen mache ich fröhlich,
doch in Afrika scheine ich allzu sehr.
Was ist gut für einen weißen Menschen nach 6 Monaten Winter?
Natürlich ich - die Sonne.
Ich liebe es, auf einen blassen Körper im weißen Sand zu scheinen.
Mariama Bassabi, aus Togo und lebt z. Zt. in Rostock.
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Unterschrift:
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