The Shit happens - Schlachthaus Theater Bern
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The Shit happens - Schlachthaus Theater Bern
Der kleine 35 — Donnerstag, 7. Juni 2012 Berner Woche Veranstaltungen Mehr Angaben unter: www.agenda.derbund.ch Von 7. bis 13. Juni 2012 Sounds The Shit Bühne Gotthelf auf der Münsterplattform The Shit happens Ein Schnapsmusical «Wie fünf Mädchen im Branntwein jämmerlich umkommen» heisst das böse Musiktheater von 400asa und dem Grazer Theater im Bahnhof. Bäbi, Lisabeth, Liseli, Marei und Stüdeli heissen zwar herzig, gehen aber alle gottsjämmerlich am Schnaps zugrunde. Jeremias Gotthelf hat die fünf 1838 erfunden und mit ihrem Schicksal in der Erzählung «Wie fünf Mädchen im Branntwein jämmerlich umkommen» den damals grassierenden Kartoffelschnapskonsum im Emmental thematisiert. Der Maler Albert Anker illustrierte Gotthelfs Erzählung, war mit dem Resultat aber unzufrieden. «Vielleicht, weil Gotthelfs kritische Sicht auf die Schweiz so gar nicht den idyllischen Bildern entsprach, die Anker sonst produzierte», mutmasst Regisseur Ed Hauswirth. Geklaute Songs und neue Texte Skurriler Auftritt, eingängige und bekömmliche Musik: Die Garage-Punk-Band The Shit. Foto: Jason Brandenberg Ein Quartett von Provokateuren tauft sein Album-Debüt. Es ist wild, unverschämt und schrill – aber nicht nur. Julian Zahnd Vier patschige Superhelden entern einen Luftschutzkeller. Was vor Zerstörung schützen sollte, wird nun selbst zerstört: Die kahle Räumlichkeit mutiert während eines knapp dreiminütigen Intermezzos zur Spielwiese für Ewig-Junggebliebene. Zurück bleibt eine Ansammlung undefinierbarer Gegenstände und eine Blutlache aus roten Konfetti. «Get Out» heisst der Soundtrack zum wirren Szenario, und entsprungen ist er der Band The Shit, die dieser Tage ihr erstes Album «Dingleberry Fields Forever» aus der Taufe hebt. «Wir wollen die Leute zum Tanzen bringen.» Die Botschaft von Frontmann Robert Butler ist so simpel wie seine Musik: unaufgeregter Garage-Punk ohne Überraschungsmomente. Doch genau diese Einfachheit liebt der Kalifornier. «Pure Energie» sei dieser schnörkellose, direkte Sound. In den späten Achtzigerjahren reist Butler anlässlich eines Konzerts erstmals nach Bern. Die Leute und die freie Kunstszene der Reitschule, in der er später während zehn Jahren arbeiten wird, faszinieren ihn so sehr, dass er hier ein Beziehungsnetz aufbaut und 1993 festen Wohnsitz in Bern nimmt. Noch immer frönt der energische Post-Hippie der Losung Sex, Drugs & Rock ’n’ Roll, liebt die Provokation, die ganz einfach zum Punk gehöre: «Meine Mutter war immer schockiert, wenn sie Namen wie Bad Religion oder Dead Kennedys hörte, doch ich fand die cool.» Nicht nur der Bandname der Berner Combo bedient sich der Fäkalsprache. Das Wort «Dingleberry» im CDTitel steht für Ausscheidungsreste, die an den Haaren von Kuh-Ärschen kleben. Doch der Album-Name verweist noch auf anderes. Auf die heutige Gesellschaft nämlich, die im Abstieg begriffen sei. «An der Bushaltestelle sehe ich lauter Menschen, vereinnahmt von ihren Smart-Phones, die sie für teures Geld erstanden haben.» Soziale Entfremdung, Materialismus, Kapitalismus: Bei Butlers grossflächig angelegter Kritik kommt alles ein bisschen vor. Nicht ins Strawberryfield, wie es die Beatles besungen haben, führe uns diese Entwicklung. Wenn wir so weitermachten, prophezeit er, landeten wir bald einmal: im Dingleberryfield. Geschäftlicher Spürsinn Das Debüt-Album wollten die Punker im fernen Kalifornien aufnehmen, und damit sich die Band dieses teure Unterfangen auch leisten konnte, betrieb sie ein so genanntes Pre-Selling: Auf einer Homepage warben The Shit für ihr Produkt. Interessierte konnten dieses dann vorfinanzieren, um zu einem späteren Zeitpunkt den Tonträger zu erhalten. Die Aktion ermöglichte dem Vierergespann eine einwöchige Reise in die amerikanische Pampa, wo das Tonstudio «Rancho de la Luna» liegt. «Ein Kultstudio», so Butler. Was nicht nur am eigentümlichen, langbärtigen Staff liegt, der in der Küche herumlümmelt, dem Kachelofen oder den Lichtergirlanden im Innern. Denn prominente Namen wie Queens of the Stone Age oder Eagles of Death Metal stehen auf der Kundenliste des Studios. Etwas anderes als einen soliden Tonträger im Look des Garage Rock und Punks der Sechziger- und Siebzigerjahre, mit einer Portion Trash versehen, konnte man da kaum erwarten. Obwohl von der Band gar nicht angestrebt, dröhnen die Songs von The Shit bereits in den Radios. Denn den Bandleader graust davor, Lieder extra radiotauglich zu verfertigen. Und wenn es nun doch klappt mit dem kommerziellen Durchbruch? Für einmal gibt sich Butler erstaunlich konservativ: «Don’t quit your dayjob», sagt er, sie würden Tag für Tag schauen und nicht kopflos alles hinschmeissen. Sein täglich Brot verdient er übrigens als Grafiker und Drucker. In einem Kunstprojekt namens «Pantichrist» designt und bedruckt er in Zürich beispielsweise Damenunterwäsche und bringt sie via Online-Shop an die Frau. Auch heute werden Begriffe wie «Schweiz» und «Swissness» höchst unterschiedlich gedeutet und besetzt. Diesem Phänomen geht Hauswirth in einer Koproduktion seines Theaters im Bahnhof (Graz) mit der Truppe 400asa, die sich nun auch Stadttheater.tv nennt, auf den Grund – auf vielschichtige und selbstironische Weise. Da im Emmental zurzeit freie Christgemeinden Hochkonjunktur haben, macht Hauswirth die Bühne zum Raum der freien Theatergemeinde. Als Zuschauer sitzt man auf Kissen im Kreis, während Bäbi bis Stüdeli strickend in Gotthelfs Sprache aus ihrem Leben erzählen. Rollen, die die Schau- Theater wie ein Anker-Bild: Szene aus dem Gotthelf-Musical. Foto: zvg spielerinnen gerne verlassen, um einen Praktikanten in ihre Kommune aufzunehmen. Dazu singen und tanzen sie einiges und schön, denn «Wie fünf Mädchen . . .» ist ein Musical; mit geklauten Songs und neuen Texten. Und hinten malt ein Künstler Bilder dazu, eins nach dem anderen und so unterschiedlich wie die Schweiz. (coc) Münsterplattform Bern Premiere: Mittwoch, 13. Juni, 20 Uhr. Weitere Aufführungen bis 16. Juni. Bei strömendem Regen wird die Vorstellung ins SchlachthausTheater Bern verlegt. Auskunft zwei Stunden vor dem jeweiligen Beginn der Vorstellung auf www.schlachthaus.ch. Bühne Doppelabend mit «wallen» und «Turbulence» Kontrollierter Kontrollverlust Forschung am tanzenden Körper: In der Dampfzentrale sind zwei Stücke zu sehen, die ihre Protagonisten in Turbulenzen bringen. Rössli Reitschule Do, 7. Juni, 21 Uhr. Tanz, das ist jahrelang eingeübte Kontrolle über den Körper und seine Bewegungen. Im Stück «wallen» des Deutschen Sebastian Matthias allerdings scheinen die Muskeln der Tänzerinnen und Tänzer zeitweise ein Eigenleben zu entwickeln und ihre Besitzer zu unkontrollierten Bewegungen zu verleiten: Sie zucken, hüpfen oder schütteln den Leib durch wie bei einem Erdbeben. «Wallen» – dieses Verb stand am Anfang der Überlegungen des Choreografen und Tanzwissenschaftlers Sebastian Matthias. Er bezog sich dabei nicht nur auf wogende Bewegungen an sich, sondern vor allem auf die Gemütszustände – wallendes Blut beispielsweise –, die das Wort beschreibt. Diese Befindlichkeiten wiederum übersetzte Matthias in abstrakte physische Bewegung. Während also die Tänzer den Kontrollverlust kontrolliert ausführen, sitzt das Publikum auf Drehstühlen im Raum – und kann sich so seinen Blickwinkel auf die Aufführung eigenständig zurechtdrehen. Neben «wallen» ist an diesem Doppelabend in der Dampfzentrale das Stück «Turbulence» der Bernerin Marion Allon zu sehen. Auch sie setzt ihre Figuren in einen speziell präparierten Raum: Darin ragt ein Sagexberg in die Höhe, der sich im Laufe des Abends zur Grenzmauer oder zum Schutzwall wandelt. Ihre fünf Tänzerinnen und Tänzer schleust Allon durch individuelle Turbulenzen, begleitet von der Musik des versatilen Berner Schlagzeugers Julian Sartorius, der ebenfalls auf der Bühne sein wird. (reg) Dampfzentrale Freitag, 8. Juni, und Samstag, 9. Juni, 20 Uhr. Sonntag, 10. Juni, 19 Uhr. Meshell Ndegeocello Botanica Soulfly Shantel Ohne Rolf Viel Groove von der Bassfrau Tanzen mit blutendem Herzen Rabenschwarz brasilianisch Er bringt sie alle aufs Tanzparkett Geschichten aus dem Blätterwald Sicher ist nur, dass die Bassistin und Sängerin mit beneidenswert groovender Band einfahren wird. Und dass sie mit ihrem aktuellen Album «Weather» etwas süffigeren Pop als gewohnt serviert. Ob sie dem noch knackigen Funk-Soul, dunkle Balladen oder sphärische Elektronik wie auf früheren Alben – oder alles zusammen – beimischt, erfährt man dann wohl erst live. Es ist alles möglich bei Meshell Ndegeocello. ( juz) Sie schrammen in den Balladen haarscharf am Kitsch vorbei, doch dank feinem Musik-Gespür lassen Botanica nicht tote Nerven, sondern zerrissene Herzen zurück. Und wem auch das noch zu seicht ist, der werde Zeuge, wie sich in den polkaartig zwirbelnden Grooves anderer Nummern jeglicher GefühlsSchwulst in Luft auflöst. Auch das nämlich bietet diese äusserst unterhaltsame Rock-Truppe aus den USA. ( juz) Brasilien: Das ist Karneval, Fussball, Copacabana – und Soulfly. Tonnenschwerer Metal dringt da ans Ohr, gespielt von finster dreinblickenden Gesellen rund um Leadsänger – und Ex-Frontmann von Sepultura – Max Cavalera. Ob er immerhin portugiesisch singt? Schwer zu sagen, wahrscheinlich nicht. Aber beängstigen tut sie, die dunkle Gruft, die sich da auftut. Für Metal ein gutes Zeichen. ( juz) Er ist der Tanzflächen-Elektrisierer vom Dienst: Der Deutsche Stefan Hantel alias Shantel euphorisiert seit Jahren ganz Europa und die halbe Welt mit Dub-gewürzter Balkanmusik. Zuletzt hat er jüdische Hits des letzten Jahrhunderts tanztauglich gemacht, nun verspricht Shantel ein neues Album, das Sixties-Rock, Beat und Elektro-Funk mit allem Möglichen verschmelzt. Bevor es herauskommt, gibt es aber erstmal eine Tournee. (reg) Was die zwei machen, ist Plakatkunst, ist Schweigtheater, ist Bühnenliteratur: Das Duo Ohne Rolf wurde bekannt mit seinen geblätterten Geschichten in den Programmen «Blattrand» und «Schreihals». Nun ist das dritte Werk fertig, und es heisst «Unferti». Darin sind Jonas Anderhub und Christof Wolfisberg urlaubsreif, bündeln Altpapier und sortieren die Gedanken – bis sich das Blatt wendet. (reg) Mühle Hunziken Samstag, 9. Juni, 21 Uhr. Rössli Reitschule Sonntag, 10. Juni, 21 Uhr. Fri-Son Dienstag, 12. Juni, 20 Uhr KKThun Samstag, 9. Juni, 21 Uhr. La Cappella Freitag, 8., und Samstag, 9. Juni, sowie 12. bis 15. Juni, 20 Uhr.