gemeinsam stark - Special Olympics Deutschland

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gemeinsam stark - Special Olympics Deutschland
Rubrik | Thema
GEMEINSAM STARK
Special Olympics Hannover 2016:
Die olympische Idee lebt!
„Dabei sein ist alles“. Ein hehres Ideal, das der olympischen Bewegung gerne zugeschrieben wird. Tatsächlich aber gilt wohl nicht erst seit der steten Kommerzialisierung
der Spiele das Motto eines großen Sportartikelherstellers: „Du gewinnst nicht Silber, du
verlierst Gold.“ Und doch lebt die Idee hinter den fünf Ringen – bei Special Olympics,
der weltweit größten Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung
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Special Olympics | Freizeit
Veranlasst durch die Behinderung ihrer Schwester Rosemary, gründet
Eunice Kennedy Shriver, Schwester von US-Präsident John F. Kennedy, 1968
Special Olympics, heute eine weltweite Bewegung, die in 170 Ländern mit
nahezu fünf Millionen aktiven Sportlern vertreten ist. Die große Bedeutung der Bewegung innerhalb der olympischen Familie zeigt sich schon
darin, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC), das gemeinhin
über die Nutzung seiner Insignien wacht wie die US-Regierung über ihre
Goldreserven in Fort Knox, weltweit nur Special Olympics die Verwendung
des Begriffs „Olympics“ gestattet. Nur folgerichtig, dass auch die Spiele der
Sportler mit geistiger Behinderung im Sommer und im Winter stattfinden.
„Gemeinsam stark“
Was Special Olympics aber von den klassischen Olympischen Spielen unterscheidet, ist die Tatsache, dass auch nationale Veranstaltungen ausgetragen
werden. Diese Nationalen Spiele werden hierzulande von Special Olympics
Deutschland seit 1998 ausgerichtet. Schirmherrin des eingetragenen, 1991
gegründeten Vereins ist seit 2013 Daniela Schadt, die Lebensgefährtin von
Bundespräsident Joachim Gauck. Bereits das Logo zeigt, dass Special Olympics Deutschland sich nicht dem Gedanken von „höher, schneller, stärker“
verpflichtet sieht. „Gemeinsam stark“ heißt es dort stattdessen und zielt
auf das angestrebte gemeinsame Sporttreiben von Menschen mit und
ohne geistige Behinderung. „Bei den Special Olympics ist jeder Teilnehmer
ein Sieger“, sagt Sonja Schmeißer. Die Presseverantwortliche von Special
Olympics Deutschland betont den besonderen Eid der Special-OlympicsSportler: „Lasst mich gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, so
lasst mich mutig mein Bestes geben!“ Hier sieht Schmeißer den „deutlichen
Unterschied etwa zu den Paralympics“, den Olympischen Spielen von Menschen mit körperlicher Behinderung. „Wir betreiben keinen Leistungssport
im klassischen Sinne. Das wäre wegen der Art der Behinderungen kaum
möglich und nicht im Sinne der Prinzipien von Special Olympics.“
Breiten-, kein Leistungssport
Hervorragende Bedingungen
finden die Athleten für ihre
Wettbewerbe vor
Man verstehe sich als „eine Breitensportbewegung, die darauf abzielt, in
den Alltag der Menschen hineinzuwirken und es Menschen mit geistiger
Behinderung zu ermöglichen, im Alltag Sport nach ihren Wünschen treiben zu können. Die Nationalen Spiele sind dabei unsere Leuchttürme.“ ›
RÜCKBLICK 2014 14.000 begeisterte Teilnehmer
waren es bereits in Düsseldorf
Starke Leistung Siegerehrung im Golf bei den Special Olympics
Düsseldorf 2014
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Gemeinsam stark
Die Special-OlympicsAthleten und die Helfer
leben dieses Motto
Freizeit | Special Olympics
4.800
Athletinnen und Athleten
gehen in 18 Sportarten und dem wettbewerbsfreien
Angebot an den Start
Wie Leuchttürme werden nun Logo und Eid über den von
Rossmann und durch junge Führungskräfte unterstützten
Special Olympics Hannover 2016 stehen, die vom 6. bis zum
10. Juni in der niedersächsischen Metropole stattfinden.
Trotz des nationalen Charakters werden „traditionell drei
Gastnationen eingeladen“, weiß Schmeißer. „Diesmal kommen diese Delegationen aus Belgien, Polen und Palästina.“
Ausschlaggebend für die Vergabe der Spiele an Hannover
waren, so das SOD-Präsidium, „das überzeugende Gesamtkonzept und die gute Infrastruktur, vor allem hinsichtlich
der Unterkünfte“. „Hannover hat von Beginn an ein sehr
überzeugendes Konzept vorgelegt und ermöglicht erstmals
seit der Ausrichtung der Nationalen Sommerspiele 1998
eine Veranstaltung der besonders kurzen Wege“, bestätigt
die Pressesprecherin, die zudem lobt, „dass nahezu alle Aktivitäten im Stadtzentrum stattfinden können, etwa um die
HDI-Arena herum, im Sportpark oder auf dem Maschsee.
Damit haben wir erstmals die wunderbare Möglichkeit,
die Bevölkerung in einer Art und Weise anzusprechen und
miteinzubeziehen, wie das so in der Vergangenheit noch
nicht der Fall war.“
4.800 Athleten werden in Hannover zu Gast sein
Etwa 4.800 Athleten werden in Hannover in 18 überwiegend olympischen Disziplinen wie z. B. Basketball, Handball,
Leichtathletik und Reiten antreten. Und vergleicht man diese Zahl mit der Teilnehmerzahl der Olympischen Spiele von
London 2012, wo 10.520 Athleten an den Start gingen, zeigt
sich, dass die Special Olympics Hannover 2016 durchaus in
diesen Größenordnungen mithalten können. Zumal man
bedenken muss, „dass sich diese Zahl angesichts der Trainer,
Betreuer, Organisationsteams, freiwilligen Helfer und nicht
zuletzt Familienmitglieder auf insgesamt 14.000 Personen
steigert“, sagt Schmeißer. Welcher Logistik es bedarf, all
diese Menschen unterzubringen, ahnt man. „Die Unterbringung erfolgt dezentral“, so die Presseverantwortliche.
„Die Betreuer wissen am besten, was ihre Athleten benötigen, und suchen die Quartiere daher selbst aus.“ Wertvolle Unterstützung erfahre man dabei durch die Hannover
Marketing und Tourismus GmbH, die mit Rat und Tat zur
Seite stehe.
Fußballstar Per Mertesacker ein „Gesicht der Spiele“
Und ganz besonders freut Schmeißer noch, dass man mit
dem Fußballweltmeister von 2014 und gebürtigen Hannoveraner Per Mertesacker einen Sportler als ein „Gesicht der
Spiele“ gewinnen konnte, der gemeinsam mit den SpecialOlympics-Athleten Laura Hardy und Herbert Krüger für das
Motto „Gemeinsam stark“ wirbt. „Ihm nimmt man sein
Engagement für die Special-Olympics-Bewegung ab. Per
Mertesacker war schon einmal unser Sympathieträger, bei
den Nationalen Spielen 2010 in Bremen. Man spürt, dass er
authentisch ist und mit ganzem Herzen hinter unserer Sache steht!“ Mitreißenden Wettbewerben und großen emotionalen Momenten steht also nichts im Wege, wenn am
6. Juni in der TUI Arena die Special Olympics Hannover 2016
feierlich eröffnet werden. Mögen die Spiele beginnen!
Von Andreas Kötter
Rossmann-Führungsnachwuchs
stellt freiwillige Helfer:
Rossmann unterstützt das Großereignis. So entstand
beim Rossmann-Führungsnachwuchs, dem „Rossmann-Talentpool“, die Idee, sich als Unterstützer der
Special Olympics vom 6. bis 10. Juni bei der Sportentwicklung der Landeshauptstadt anzumelden. Sieben
junge Führungskräfte aus verschiedenen Fachabteilungen werden als Sporthelfer, Kampfrichter sowie beim
Rahmenprogramm und der gastronomischen Versorgung im Einsatz sein.
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Die „Rossmann-Special-Olympics-Helfer 2016“ (v. l.)
Carola Franz, Miriam Kracke, Dr. Sebastian Meyer,
Maike Leitner und Sven Wenzel
Special Olympics | Freizeit
Meilensteine
1968
Eunice Kennedy Shriver (10.7.1921
bis 11.8.2009), Schwester von John
F. Kennedy, gründet die SpecialOlympics-Bewegung. Die ersten
Sommerspiele der Special Olympics
finden im selben Jahr in Chicago
mit 1.000 Athleten statt
1977
Die ersten Winterspiele der Special
Olympics finden in Steamboat
Springs im US-Bundesstaat Colorado
mit 500 Teilnehmern statt
Interview
Weltmeister Per Mertesacker ist
ein „Gesicht der Spiele“ der Special
Olympics Hannover 2016
Was bedeuten die Special Olympics Hannover 2016 für Sie?
Ich glaube, diese Veranstaltung ist eine besondere Gelegenheit für die
Sportler, zusammen mit den Zuschauern ein tolles Erlebnis zu feiern. Ich
denke, es wird ein ganz tolles Erlebnis für alle Sportler, Zuschauer und
Sponsoren, die bei dieser Veranstaltung dabei sind.
Foto: Tom Gonsior & Andreas Endermann, beide SOD, Visionhaus/Gary Prior
Die Nationalen Spiele finden in diesem Jahr in Ihrer Heimatregion
Hannover statt. Was verbinden Sie damit?
Die Veranstaltung hat für mich eine besondere Würze, weil ich aus der Region komme und sehr viel mit Hannover verbinde. Dazu gehören natürlich
überwiegend positive Erlebnisse. Ich habe viele Menschen getroffen, die
mich weitergebracht haben in meiner Karriere und auf meinem Lebensweg.
Dazu gehört auch Special Olympics, und dieses Gefühl wird für mich durch
die Spiele in Hannover noch mal verstärkt.
Wie war das erste Treffen mit den Athleten Laura Hardy und
Herbert Krüger beim Fototermin?
Es war toll, sehr interessant und auch lehrreich! Es hat alles super funktioniert. Egal, welche Bedenken man haben mag, es ist am Ende doch ganz
einfach. Wenn man aufeinander zugeht, werden besondere Dinge möglich.
Das hat man beim Fototermin von Anfang an gespürt. Wir haben uns
sehr gut verstanden, uns dabei sehr wohl gefühlt und hatten viel Spaß.
Das ist das Entscheidende.
Was können Sie von den Special-Olympics-Athleten lernen?
Sehr viel! Ich kenne solche Situationen wie beim Fotografen schon. Für die
Athleten ist das etwas Neues, und doch gehen sie mit Gelassenheit daran.
Ich habe gemerkt, dass sie viel ruhiger sind und den Anweisungen sehr präzise folgen, während ich vielleicht ungeduldig werde. Da kann ich natürlich
etwas lernen, weil es mich daran erinnert, dass auch professionell fotografiert zu werden e­ twas Besonderes und nicht alltäglich ist. Ich bin sehr gerne
mit Menschen zusammen, die mich an das alltägliche Leben erinnern und
die nicht in der Glitzerwelt des Fußballs leben. Interview geführt von Jana Schmidt/Special Olympics Deutschland (SOD)
1991
Special Olympics Deutschland e. V.
(SOD) wird am 3. Oktober gegründet. Ziel ist es, Menschen mit
geistiger Behinderung über
mannig­faltige Sportangebote eine
leichtere Teilhabe am gesellschaft­
lichen Leben zu ermöglichen
1998
Die ersten Nationalen Sommerspiele
von Special Olympics Deutschland
werden in Stuttgart veranstaltet
2003
Die 11. Special Olympic World
Games werden im irischen Dublin
ausgerichtet. Erstmals finden damit
die Spiele, an denen 6.500 Sportler
teilnehmen, außerhalb der USA statt
2007
Die Special Olympic World Games
Shanghai 2007 stellen mit
7.450 Athleten einen bis heute
gültigen Teilnehmerrekord für
die Special Olympics auf
2010
Per Mertesacker, damals in Diensten
von Werder Bremen, ist bei den
Nationalen Spielen 2010 in Bremen
erstmals Sympathieträger für Special
Olympics Deutschland
2013
Daniela Schadt übernimmt die
Schirmherrschaft über Special
Olympics Deutschland
2016
Die Special Olympics Hannover
2016, die vom 6. bis 10. Juni in der
niedersächsischen Landeshauptstadt
stattfinden, beziehen als „Spiele der
kurzen Wege“ die Bevölkerung mehr
ein, als das bei früheren Veranstaltungen der Fall gewesen ist
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