Port St Louis, Porquerolles, Korsika, Elba, Toscana - SY

Transcrição

Port St Louis, Porquerolles, Korsika, Elba, Toscana - SY
Frühjahrstörn 2006
Port St Louis, Porquerolles, Korsika, Elba, Toscana,
Maddalena, Korsika, Port St Louis
Schon Mitte März ging die YOL aufs Trockene für die notwendigen Unterwasserarbeiten. Leider traf versprochene Hilfe nicht ein, so verbrachte ich gut 2 Wochen
allein mit Schleifen, Pinseln und Lackieren. Glücklicherweise spielte das Wetter in
diesem Jahr mit. In letzter Minute traf Sohn Sebastian mit Freundin Angela ein, eine
willkommene Unterstützung.
Für das Lackieren der
Aufbauten wurde es fast schon
zu heiß, nur früh morgens und
kurz vor Sonnenuntergang war
es möglich eine Schicht Lack
aufzubringen. Port Napoleon
ist kein typischer Mittelmeerhafen, er ist ein Arbeitshafen,
ein Hafen zum Ankommen (für
die vielen Boote, die über die
französischen Binnengewässer , oder über Land per
LKW kommen) oder zum
Abfahren (entweder ins
Mittelmeer, oder retour über
Angela beim Schleifen
Kanäle, oder LKW). Ich, der
ich hier einen festen Liegeplatz
habe, bin die Ausnahme. Es gibt natürlich auch einige Franzosen, die hier liegen, die
kommen übers Wochenende und fahren dann wieder nach Hause.
Dann gibt es noch eine ganze
Reihe von Bootseignern,
welche Port Napoleon als
Arbeitshafen nutzen, zum
Beispiel Bertie und Petra, die
seit sechs Jahren einen
Südseekatamaran bauen.
(www.largyalo.de ). In diesem
Jahr waren sie zum ersten Mal
zu Wasser. Hans und Gaby,
nach Kollision in der letzten
Schleuse, wochenlang auf
Gutachten und
Reparaturarbeiten wartend,
inzwischen über Korsika,
Hans Ruedi auf seiner Aquileia
Sizilien, Malta nach Tunesien
gesegelt. Stedi, ein Schweizer,
der meist allein auf seinem zu großen Stahlschiff arbeitet, Markus, der nach 5 Jahren
Bauzeit seinen wunderschöne „Gizzlybear“ hier vollendet, oder Hans-Ruedi ein
© Jürgen Schuetz 2006
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Neuseeländer-Schweizer, der einen Lotsenschonernachbau hier zu Wasser gebracht
hat, um auch nach 5 Jahren Eigenbauzeit, damit nach Neuseeland zu segeln. Diese
Dauerlieger bilden inzwischen fast eine Familie.
Hans Ruedi ist nervös, er will
so schnell wie möglich los,
denn, wenn er bis Juni nicht im
Indischen Ozean ist, setzen
Taifunperioden ein und er
würde ein Jahr verlieren. So
verabschieden Stedi und ich
ihn im Morgengrauen, viele
gute Wünsche begleiten ihn.
Er hat am Steg alle Segel
gesetzt, bei schwachem Wind
legt er mit seinem Elektromotor
ab, schon im Hafenkanal
Ziel Neuseeland
fangen die Segel den NW, und
in aller Stille gleitet die Aquileia in den erwachenden Morgen.
Die Wettervorhersagen sind günstig, NW mit moderaten Windstärken, ich freue mich
für ihn. In drei Tagen hat er Sardinien erreicht. Doch dann der Schock: vor dem
Einlaufen in einen Hafen, muss er Hilfe über Seefunk rufen, Hans Ruedi hat eine
Herzattacke. Die Nachrichten sind spärlich, Markus hat ein paar Mal Kontakt mit dem
Handy. Inzwischen geht es ihm offenbar wieder besser. Die letzte Nachricht erreichte
mich als ich selbst auf Sardinien war, er hatte die Insel inzwischen verlassen und war
auf dem Weg nach Sizilien.
Auch ich mache mich bereit zum Auslaufen.
Patrick, der Segelmacher von Port St. Louis, hat
in letzter Minute Lazy Jack und Lazy Bag
installiert, das soll uns in Zukunft das
Segelbergen erleichtern. Markus wird mich die
ersten Tage begleiten, er kennt das Revier noch
nicht, außerdem ist sein Grizzly Bear noch nicht
ganz fertig.
Wir laufen Mittags aus, NE mit 3 Bft Richtung
Cap Couronne, mit bis zu 6 kn sind wir schon um
15h in Sausset le Pin, ein gemütlicher Auftakt.
Zum Auslaufen bereit, der
Segelmacher hat gut gearbeitet!
© Jürgen Schuetz 2006
Am anderen Morgen geht’s weiter. Der Wind hat
auf NW gedreht, das ist gerade richtig. Die Iles
de Frioul wollen wir auslassen und direkt nach
Cassis weiter. Der Wind schläft kurz ein, doch
dann macht sich Seebrise auf, aus Süd. Mit
gemächlichen 4 kn erreichen wir um16.00 h
Cassis. Wie üblich wenig Platz, aber wie immer,
hilfreiche Hafenmeister. Außerdem hat die
Tankstelle geöffnet, so dass ich für die
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Weiterfahrt gut gerüstet bin. Markus verlässt mich in Cassis, um an seinem eigenen
Boot weiter zu werkeln. Ich selbst will nach La Ciotat weiter, nur 6 sm aber sehr
günstig für die Übernahme der neuen Crew.
Schade, dass Markus nicht mehr Zeit hat. Wir
verstehen uns gut. Er hat sich inzwischen auf
eigenem Kiel Richtung Italien aufgemacht. In
regelmäßigen e-mails, berichtet er über seine
Fortschritte, aber auch über seine Zweifel am
Einhandsegeln. Ich teile seine Zweifel
Trotzdem laufe ich am anderen Morgen Einhand
aus. Der Wind hat auf Ost gedreht, also von
vorn. Ich beschließe die 6 sm mit der Maschine
hinter mich zu bringen. Nach 2 sm stottert der
Motor, eine Minute später bleibt er ganz stehen.
Ich rufe die Capitainerie von Cassis über UKW
und bitte um Schlepphilfe. Die Empfehlung ist,
Crossmed (Seenothilfe) zu rufen. Aber das
scheint mir doch ein wenig übertrieben. Ich habe
genügend Raum in Lee und den Wind aus der
richtigen Richtung um zurück zu segeln. Also
setze ich die kleine Genua, gehe vor den Wind
und bin in einer halben Stunde wieder vor der
Hafeneinfahrt. Ich rufe über Funk noch mal die
Ein gemütlicher Auftakt mit
Capitainerie,
um mein Wiedereinlaufen unter
Markus, Eigner und Skipper der
Segel anzukündigen. Zwei motorisierte
Grizzlybear.
Schlauchboote der Capitainerie empfangen mich
und helfen beim Anlegen. Eines der Boote hat
gleich einen Monteur mitgebracht. Es ist nur eine Kleinigkeit, das Massekabel am
Motor hatte sich gelöst, nach 10 Minuten läuft er wieder, 50.- € kostete es trotzdem.
Ich bleibe noch eine Nacht, laufe aber am anderen Morgen sehr früh aus. Für den
Nachmittag ist Coup de Vent (8 Bft.) angesagt, da möchte ich lieber schon in La
Ciotat sein. Schon vor 10h mache ich dort fest.
Thierry und Lili
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Ab Morgen habe ich wieder
Crew. Thierry, ein Kollege von
Sohn Christopher und seine
Frau Lili, wollen die Überfahrt
nach Korsika mitmachen und
von dort mit der Fähre
zurückfahren.Der Coup de
Vent blieb übrigens aus. Ich
wusste nichts über die
Segelerfahrungen der Beiden.
Etwas erschreckt hat mich,
dass sie Bergsteigerrucksäcke
und Bergstiefel dabeihaben,
sie wollen Korsika auch noch
zu Fuß erwandern und das in
3
weniger als einer Woche. Es ist inzwischen der 1. Mai. Zum Eingewöhnen segeln wir
erst einmal nach Porquerolles. Wenig Wind, später Seebriese mit 3-4 Bft., 3 Stunden
schönes Segeln.
Über Nacht kommt dann doch
der Coup de Vent, mit 7 Bft.
bläst es aus Ost Südost, an
Auslaufen Richtung Korsika ist
nicht zu denken. Thierry und
Lili erkunden die Insel, und weil
der Wind noch 3 Tage weiter
bläst, absolvieren sie ihr
Wanderprogramm anstatt auf
Korsika, auf Porquerolles. Am
5. Mai stürmt es noch immer
mit 7-8, doch für den
Nachmittag ist Besserung
angesagt. OSO abnehmend 5
lässt uns hoffen, dass wir nach
Bewegte Überfahrt
Toulon zurücklaufen können.
Von dort gibt es Bahnver-bindung für meine beiden Mitsegler zurück zu ihrem Auto.
Auch für den nächsten Mitsegler, der nach Nizza einfliegt ist Toulon leicht zu
erreichen.
Toulon ist ein großer Handelshafen und außerdem Militärhafen. St. Mendrier, direkt
hinter dem Cap Cepet ist die bessere Alternative. Mit einer kleinen Fähre kann man
stündlich nach Toulon übersetzen. Nach drei Stunden bewegten Segelns, mit kleiner
Genua, vor dem Wind, erreichen wir Cap Cepet, dahinter sind wir im Windschatten,
bergen das Segel und liegen geborgen im Hafen St Mendrier.
Deutsche Segelschule mit SKS Kandidaten
St Mendrier ist sehr beliebt bei
deutschen Segelschulen. Auf
der Reede von Toulon üben sie
Segelmanöver, Anlegen, Mann
über Bord und am Ende des
einwöchigen Kurses steht dann
die Prüfung zum SportKüstenschifferschein (SKS).
Ich habe schon vier
Ausbildungsboote, meist
Bavaria 40 oder größer,
gleichzeitig erlebt. Auch heute
sind zwei Boote am
manövrieren. Auf einem der
beiden meine ich einen alten
Bekannten zu erkennen.
Es kann nicht wahr sein, Roderich Germann, ein Arbeitskollege aus beruflicher Zeit,
macht seine SKS Prüfung. Die Begrüßung ist entsprechen stürmisch. Ich wusste
zwar, dass er auch segelt, habe ihn aber schon mindestens 6 Jahre nicht mehr
gesehen. Entsprechend groß ist die Überraschung. Leider bleibt keine Zeit, das
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Wiedersehen gebührend zu feiern, sein Boot muss zurück nach Bormes les Mimosa,
der Charterbasis. Thierry und Lili gehen von Bord, schade, dass sie sowenig Zeit
hatten, ich würde sie jederzeit wieder an Bord nehmen.
Das nächste Crewmitglied ist Werner, „Alter Seemann möchte wieder hinaus“ hatte
er im Yachtforum inseriert. Er ist mein Jahrgang und hat langjährige Segelerfahrung.
Um uns ein wenig kennen zu lernen, gehen wir abends ins Restaurant. Eine
Meeresfrüchtevorspeise, Lotte mit provenzalischen Gemüsen, ein Lavendelsorbet
zum Abschluss. Dazu ein offener Weißwein, die Welt ist in Ordnung.
Über Nacht beruhigt sich das Wetter, der Wind hat auf SSO gedreht. Da Werner ein
erfahrener Segler ist, steht einer Überfahrt nach Korsika nichts mehr im Wege.
Ablegen um 11.00h.Wir nehmen direkt Kurs auf Calvi, lassen Porquerolles und die
Île de Levant an Backbord liegen. Der Wind dreht weiter auf Süd und mit
komfortablen 3 – 5 kn kommen wir gut voran. Trotzdem, auf dem Übersegler 1:500
000, wirkt der Fortschritt eher schleppend. Mehr als 130 sm liegen vor uns.
Es bleibt viel Zeit sich besser kennen zu lernen und Erfahrungen auszutauschen.
Werner ist ein genauer Logbuchschreiber. Endlich muss ich die Eintragungen nicht
selber vornehmen, ein solch detailliertes Logbuch hatte ich noch nie.
Um 21h Wachwechsel, ich
übernehme während Werner
sich etwas Schlaf gönnt. Leider
schläft der Wind allmählich ein,
ist nun mal so bei Seebriese.
Ich versuche noch eine Weile
unter Segel voranzukommen,
aber schließlich fällt die Genua
ein. Ich lasse sie aufs Deck
fallen und starte den Motor,
das Groß hole ich dicht, man
weiß ja nie, vielleicht kommt
der Wind ja wieder. Um
Mitternacht umflattert mich
Eine Rauchschwalbe ruht sich bei uns an Bord aus
etwas, fledermausartig, im
Licht der Taschenlampe
erkenne ich eine Rauchschwalbe. Sie klammert sich an eine der Reffleinen um sich
auszuruhen. Wer weiß, sie kommt vielleicht direkt aus Afrika, auf dem Weg nach
Europa. Sie bleibt bis zur Morgendämmerung unser Gast.
Leider ist die Nacht nicht so klar, wie ich es mir gewünscht hatte, der Sternenhimmel
ist eher spärlich. Ab 4.00h übernimmt Werner wieder die Wache. Es bleibt dunstig,
bis 10 sm vor Calvi keine Landsicht, endlich, gegen 14.00h erkennen wir die Zitadelle
von Calvi. Nach Sicht legen wir die letzten Meilen zurück und machen um 16.10 im
Hafen fest. Nach fast 30 Std. und 132 sm.
Wir schauen uns noch ein wenig in Calvi um. Wir wollen nach St. Florent, ca. 30 sm.
SW mit 25 kn verspricht eine schnelle Fahrt, so lassen wir uns bis mittags Zeit, bis
wir ablegen. Unter Motor aus dem Hafen, wenig später steht die kleine Genua. Mit 67 kn rauschen wir die Küste entlang. Die Navigation nach Sicht macht keine
Probleme. Vorbei an L’Île-Rousse, einem weiteren Fährhafen. Danach eine wilde
unbesiedelte Küste. Nach jedem Cap meinen wir, der Golfe de Saint Florent müsste
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Die Zitadelle von Calvi, nach 36 Std. erreicht
sich öffnen. Der Wind nimmt etwas ab, so dass wir das Groß setzen können.
Schließlich runden wir Punta Mortella und der Hafen von St. Florent liegt vor uns.
Direkt vor dem Hafen liegt noch ein Felsen, aber er ist gut markiert und stellt kein
Problem dar.
Um kurz nach 16 Uhr
machen wir fest. Die 30
sm seit Calvi haben wir
in 4h 25 min zurückgelegt. Ein Schnitt von
6,5 kn und das meistens
nur mit kleiner Genua.
Über Nacht schläft der
Wind wie so oft ein.
Nach einem kurzen
Besuch des Ortes, legen
wir
um 11 Uhr ab und
Saint Florent
müssen erstmal Motoren.
SE bis S mit 1-2 Bft. Um 13 Uhr setzen wir das Groß müssen aber den Motor noch
mitlaufen lassen. Wir wollen um das Cap Corse nach Macinaggio an der Ostküste
von Korsika, einem kleinen aber interessanten Ort.
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Um das Cap wird es dann doch ziemlich windig, wir
setzen die große Genua und schalten den Motor
aus. Der immer östlicher drehende Wind zwingt uns
einen Kreuzschlag zu machen
Noch 2 Schläge brauchen wir um Ort und Hafen zu
erreichen, es wird 19 Uhr bis wir festmachen.
Unser nächstes Ziel ist Capraia, eine ehemalige
Sträflingsinsel auf halbem Weg nach Elba. Der Wind
hat weiter zugelegt, sodass wir gleich nach dem
Verlassen Groß und G II setzen. Bei SE 4 -5 können
wir Capraia direkt anliegen. Wir sind neugierig auf
die Insel. Wir nähern uns von Süden, vor uns liegt
ein karges Eiland. Ein Genueser Turm und sonst fast
nichts. Die Insel ist Naturschutzgebiet,
Am Cap hat der Wind kräftig
zugelegt
Der Hafen von Macinaggio
Capraia gehört zum Toscanischen Archipel, ist also
italienisch. Eine Gastlandflagge hatten wir uns noch
auf Korsika besorgt. Wir studieren das Küstenhandbuch, welches Werner mir großzügiger-weise
mitgebracht hat. Große Bereiche
in Inselnähe sind für Motorboote, Taucher und Fischer aus
Naturschutzgründen gesperrt.
Eine schmale Zufahrt liegt im
Nordosten der Insel, der
Leuchtturm von Punta del
Farraione dient der Ansteuerung. LFl 6s 30m15M steht in
der Karte. Das heißt ein Feuer
mit 6 sec. Blinkzeichen, 30 m
über dem Meeresspiegel und
einer Reichweite von 15 sm.
Das ist zwar im Moment nicht
wichtig, doch in ein paar Tagen
bekommt das Feuer für uns
Bedeutung.
Nach dem Passieren von Punta
del Farraione öffnet sich der Blick in eine tiefe Bucht auf den Hafen von Capraia. Wir
bergen die Segel und tasten uns in den engen Hafen. Hilfreiches Hafenpersonal
weist uns in eine enge Lücke, reicht die Mooringleinen an und nimmt die Festmacher
wahr.
Der Hafen von Capraia ist eingefasst von steilen Berghängen. Das Hafenhandbuch
warnt vor Fallböen, uns scheint der Hafen sehr geschützt. Wir beschließen einen Tag
zu bleiben um die Insel zu erkunden. Bis in die 80er Jahre war hier eine
Sträflingskolonie, heute ist sie Teil des Nationalparks, beides hat dazu beigetragen,
dass der Charakter der Insel weitgehend erhalten ist. Natürlich blüht der Tourismus,
aber es gibt keine großen Hotelbauten. Ein bis zweimal täglich speit eine Fähre
Schwärme von Touristen aus, 100 permanente Insulaner leben von ihnen.
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Das eigentliche Dorf liegt
auf einem Berg, es war
wohl in früheren Zeiten
geraten, sich bei
Annäherung fremder
Schiffe, in den befestigten
Ort zurückzuziehen.
Heute führt eine
bequeme Asphaltstraße
hinauf. Wir finden zufällig
die alte Straße, mit
großen Steinquadern.
Capraia, einziger Hafen der Insel
Eine üppige Flora
überrascht uns auf der
sonst so kargen Insel.
Hier die KronenWucherblume, eine
mediterrane
Chrysanthemenart. Wir
erreichen den Ort ohne
Mühe, leider ist Sonntag,
sodass kaum einer. der
ohnehin wenigen Läden
geöffnet ist. Das Fort,
welches wohl den
Bewohnern als
Fluchtburg gedient hat, ist
leider wegen
Einsturzgefahr
verrammelt.
Werner erkundet das
Gelände, ich wandere
wieder zu Tal. Im Hafen
sind weitere Yachten
angekommen, es ist aber noch immer Platz, 15. Mai, Vorsaison.
Üppige Vegetation im Verborgenen
Am nächsten Tag totale Flaute, so motoren wir 6 Std. nach Elba, Porto Ferraio. In
der Darse di Medici machen wir fest. 1975 war ich zum ersten Mal hier. Mein
allererster Segeltörn mit Hans Georg Habeck endete hier. 1126 sm hatten wir bei der
Überführung seiner Yacht „Fiete Stint“, von Athen nach Elba, in 3 Wochen
zurückgelegt. Ich erkenne nichts mehr, allerdings haben wir damals die Yacht im
Laufschritt verlassen, um mit Fähre und Bahn Milano Airport und den Rückflug nach
Frankfurt zu erreichen. Dieses Mal nehmen wir uns Zeit und legen einen Hafentag
ein. Aber ein Hafentag ist zu wenig, so lassen wir nur den Ort, die Stimmung und das
Flair auf uns wirken, außerdem sind 40 € Hafengebühr in der Vorsaison doch etwas
reichlich. Zwar nimmt man uns für 2 Tage nur 40 € ab, doch nach dem Ablegen jagt
ein Boot der Capitainerie hinter uns her, man hat sich geirrt. Werner steigt auf das
Boot über und regelt die Angelegenheit.
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Werner auf Erkundung
Landgang auf Elba
Nachdem wir unsere Schulden bezahlt haben nehmen wir Kurs auf die toskanische
Küste. Wir sind etwas unschlüssig über den Zielhafen. Livorno, als großer Industrie
und Handelshafen erscheint uns nicht sehr einladend, andere Häfen haben nicht
genug Wassertiefe für die YOL.
Im Hafenhandbuch finden wir die Cala di Medici, einen Hafen der 2002 fertig gestellt
sein sollte, in den Seekarten ist er aber noch nicht eingezeichnet. Wir markieren in
der Karte, mit den Koordinaten aus dem Handbuch, die Hafeneinfahrt und denken,
dass wenn vor Ort sind, die Erleuchtung über uns kommen wird. Da Werners Zeit zu
Ende geht, Livorno nur noch 10 sm entfernt ist und der nächste Mitsegler nach Pisa
einfliegen wird, erscheint uns die Cala di Medici, wenn auch zwei Tage zu früh, als
idealer Hafen für de Crewwechsel. Eine weit ins Meer gebaute Brücke zum Entladen
von Tankschiffen, dient uns als Ansteuerung. Wir passieren sie in gutem Abstand.
Durchs Glas erkennen wir eine lange Mole, hinter welcher der neue Hafen liegen
müsste. Die rot/grünen Molenköpfe sind eindeutig, sodass wir problemlos einlaufen
können. Über Funk lassen wir uns einen Liegeplatz zuweisen. Wir bestaunen die
Neuinstallation, welche mit wenig Feingefühl vor die Küste gesetzt wurde. Eine Reihe
von wunderschönen toskanischen Villen hat die Aussicht auf das Meer eingebüßt.
Sie schauen jetzt auf eine Betonmauer, dahinter ragen die Masten der Yachten in
den Himmel, kein Wunder, dass an vielen dieser Villen die Verkaufsangebote der
Maklerbüros hängen.
Sonst gibt es wenig auszusetzen, Duschen und Toiletten vorbildlich, ein Waschsalon,
Werftbetrieb. Manches ist noch unfertig. Zum Ort ist es ziemlich weit zu laufen. Um
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Bolgheri
Mit unserer deutsch sprechenden
Führerin kriechen wir durch enge
Gänge in die Grabkammern
die zwei Tage bis zum Crewwechsel zu überbrücken, beschließen wir ein Auto zu
mieten. Ein netter Stegnachbar, Italiener mit deutschen Sprachkenntnissen, rät für
den nächsten Tag zu einer Tour ins Inland, über die toskanische Weinstraße, mit
Restaurantempfehlung, bis zu einem etruskische Gräberfeld. Es ist ungewohnt mal
wieder im Auto zu sitzen, Werner schimpft wie ein Rohrspatz über die inkonsequente
Beschilderung der Straßen, aber schließlich finden wir doch eine Art Schnellstraße
und auch die empfohlene Ausfahrt. Eine wunderschöne, eher liebliche als rauhe
Landschaft liegt vor uns. Kleine Dörfer mit engen Gassen, manchmal für Autos nicht
geeignet, nehmen uns auf. Auch hier hat die Tourismussaison noch nicht begonnen.
Bolgheri im toskanischen Bergland, wir finden ein gutes Restaurant, Verständigung
kein Problem, man spricht deutsch. Nach einer kurzen Ortsbesichtigung machen wir
uns auf die Suche nach den Etruskern. Es soll ein großes Gräberfeld geben,
entdeckt hat man es unter Schlackenhalden aus etruskischer Zeit.
Wir machen nur einen kleinen Rundgang, zur Besichtigung des ganzen Feldes ist es
zu spät, eigentlich schade. Die Etrusker waren ein hoch zivilisiertes Volk, welches
um 900 v.Chr. seine Blütezeit erlebte, zeitweilig dominierende Seemacht im
Mittelmeer, glücklos in kriegerischen Auseinandersetzungen mit Karthagern und
Römern, schließlich von Rom assimiliert.Wir machen uns auf den Rückweg zur YOL,
Werner verbringt seine letzte Nacht an Bord.
Der nächste Morgen ist zwar windstill, jedoch überrascht uns ein kräftiges
Brandungsrauschen. Bei meinem morgendlichen Gang zur 500m entfernten Bistro,
wo ich mein übliches Frühstück, Croissant und Capuccino (vero) zu mir nehme,
blicke ich über ein bleigraues Meer. Gleichmäßige runde Wogen wälzen sich träge
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gegen die Küste
und brechen sich
an Strand und
Klippen. Irgendwo
bläst es, und wenn
es irgendwo bläst,
wird es hier auch
bald blasen. Die
Seewettervorhersa
ge in der
Capitainerie spricht
von „Libecco“, wie
ich inzwischen
weiß, ein für die
Region typischer
SW Wind.
Der Libecco treibt
die Wellen in den
Golf von Genua,
wo diese sich wie in einem Sack stauen und zu gewaltigen Höhen auflaufen. Eine
vom italienischen Wetterdienst veröffentlichte Karte, kann ich leider nicht einfügen.
Ein Grafik zeigte die Wellenhöhen durch verschiedene Farben an, dunkelblau ist
höher als 0,8 m, violett, größer 1,25m, bordeauxrot, größer als 1,6m und hellrot,
größer als 2m. und hellrot markiert ist der ganze Bereich zwischen dem Cap Corse
und Livorno. 2 Meter Wellenhöhe heißt 4 Meter zwischen Wellental und Kamm. Am
nächsten Tag stellt sich auch der den Wellen entsprechend Wind ein.
Libecco, Mordsbrandung, aber der Wind kommt erst morgen.
Werner muss sich auf den Weg machen, ich
fahre ihn nach Livorno, von dort hat er einen
erstaunlich günstigen Zug nach Nizza
gefunden. Ich fahre weiter nach Pisa, wo am
Abend Harry, mein nächster Mitsegler aus
München ankommt. Wir kennen uns noch
nicht, aber Pisa-Aeroporte ist nicht sehr groß,
wir erkennen uns auf Anhieb. Auf der Fahrt zur
Calla di Medici fahren wir eine hoch über dem
Meer gelegene Küstenstraße entlang, die
Wellenberge welche über die Klippen rauschen
sind beeindruckend.
Harry XXL
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Harald ist ein Segler im XXL Format. Nach
einer Besichtigung der Yol erweist sich meine
Befürchtung, dass die Koje in der Achterkajüte
zu klein ist, als unbegründet. Harry meint wir
könnten doch Sardinien direkt anlaufen, d.h. mit
einem Nachttörn beginnen. Warum eigentlich
nicht? Der Wetterbericht verspricht SE 15 kn,
das sind 4 Bft. Am anderen Morgen gehen wir
zunächst an den Tankponton und füllen unsere
Dieselvorräte auf. Vor dem Hafen immer noch
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Dünung aus SW, auch der Wind hat sich noch nicht auf den versprochene SO
besonnen. Mit Kurs 120° segeln wir hoch am Wind, gegen Mittag legt er noch 1-2
Bft zu. Wir schieben viel Lage, die Wellen schäumen über das Deck, brechen sich an
den Aufbauten und rauschen am Cockpit vorbei zurück ins Meer. Wir wechseln das
Vorsegel. Ich denke an Abbrechen, vor den Wind und zurück in den Hafen. Harry
mault, so hätte er sich das nicht vorgestellt. Auch mir täte es um die gewonnene
Höhe leid. Also drehen wir erstmal beide Reffs ins Groß. Jetzt läuft es besser. Ein
weiteres Problem ist, dass nicht alles Wasser zurück ins Meer rauscht, sondern auch
durch das Deck seinen Weg ins Boot findet. Die recht leistungsfähige Bilgenpumpe
befördert das Wasser wieder außenbords, doch nach einiger Zeit fördert sie nicht
mehr. Das in der Bilge herumschwappende Wasser hat Dreck vor die Ansaugöffnung
gespült. Mir fällt die Geschichte einer deutschen Yacht ein, die vor ein paar Jahren
im Mittelmeer gesunken ist, weil Müsli die Lenzpumpe blockiert hatte.
Um 15 Uhr gehen wir über Stag. Kurs 250° ist gut zu halten. Da der Wind auf 5-6
zugelegt hat, entscheiden wir uns für Capraia als Tagesziel. Ein Cap in Sichtweite
kann Capraia eigentlich nicht sein, Überprüfung von Position und Kurs ergibt, wir
steuern immer noch Elba an. Capraia liegt weiter westlich und müsste viel näher
sein. Wir verlassen uns auf
GPS und Seekarte, und
tatsächlich, aus einer
Nebelwand schält sich ein
Inselpanorama, Capraia. Um20
h begibt sich der Wind zur
Ruhe und die Sonne fällt auch
allmählich hinter den Horizont.
Jetzt wird plötzlich die vorher
erwähnte Kennung des
Leuchtfeuers wichtig, denn das
Tageslicht schwindet rapide,
der Wind, der weiter auf Süd
gedreht hat, lässt nach, wir
müssen die letzten 2 Std.
sogar motoren. Die Welle nach
Capraia
dem Wind ist nicht sehr
angenehm. Die Lichtervielfalt
des Ortes ist verwirrend, aber irgendwann identifizieren doch die Feuer auf den
Molenköpfen und laufen um 22 Uhr in den Hafen ein. Das Hafenpersonal ist noch
aktiv und weist uns genauso freundlich wie beim letzten Mal einen Platz an.
Leider sind die Pizzerien an der Hafenfront schon geschlossen. Eine Gruppe
Österreichischer Yachties kommt gerade vom Essen und behauptet, dass oben im
Dorf noch etwas offen ist. Mit wenig Hoffnung machen wir uns auf den Weg und
werden angenehm enttäuscht. Wir landen in einem von einer Fischerfamilie
geführten Fischrestaurant und werden, obwohl wir die letzten Gäste sind,
hervorragend bewirtet.
Am anderen Morgen zerlege ich erstmal die Lenzpumpe, nach Entfernung einige
Fremdkörper fördert sie wieder einwandfrei. Wir verlassen den Hafen von Capraia
gegen Mittag, steuern nach Sicht um die Insel, dann Kurs SSW. Himmel bedeckt,
kein Wind. Eintöniges Motoren. Erst gegen 17 Uhr kommt ein NW auf, so dass wir
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endlich Segel setzen können. Dann legt der Wind wieder zu und es beginnt zu
regnen. Port de Taverna haben wir als Etappenziel ausgeguckt. Es wird 22 Uhr bis
wir den Hafen erreichen. Wir entwickeln uns allmählich zu Spezialisten für
Nachtansteuerungen. Der Morgen ist immer noch grau und regnerisch, dafür duftet
der nahe Kiefernwald herrlich frisch. Wir segeln weiter, die korsische Ostküste
entlang, nach Solenzara.
Die Wettervorhersage für Korsika: Westküste SW 5-6, abnehmend, Ostküste E 2-4,
Straße von Bonifatio SW 6-7. Das steht uns für morgen bevor. Wir verlassen
Solenzara früh und müssen erstmal 3 Std. motoren. Dann kommt Wind mit S 2-4 Bft.
auf, sodass wir einen Schlag nach SE machen müssen. Wir nähern uns der Straße
von Bonifatio, der schmalen Durchfahrt zwischen Korsika und Sardinien. Wie zu
erwarten und vorhergesagt, frischt der Wind auf, aus SW. Also wieder hoch am
Wind. Ab 14 Uhr 5-6, später 6-7. Wieder viel Wasser an Deck, mit den bekannten
Nebenerscheinungen. Ich habe einen kleinen Hafen, Porto Lungo, im Maddalenen
Archipel auf der Karte gefunden, mit etwas Glück können wir ihn ohne weiteren
Kreuzschlag erreichen. Die YOL schäumt durch die Wogen. Glücklicherweise ist
Harry belastbar, aber auch er kann nicht verhindern, dass das Schiff ein paar Mal in
ein Wellental kracht. Die Quittung ist jedes Mal eine Dusche bis ins Cockpit. Wir
hoffen auf etwas weniger Wind, wenn wir erstmal über die Straße rüber sind.
Um 17 Uhr liegt das Felsenwirrwar von Maddalena vor uns. Da die Küste im
Vergleich zu Korsika relativ flach ist, bietet sie wenig Windschutz, immerhin wird der
Seegang etwas flacher.
Wo denn nun der Hafen sei
fragt Harry etwas ungeduldig.
Irgendwo hier muss ein
Schlupfloch sein. Die Szene
erinnert mich an eine
Erzählung aus Werner Hellwigs
„Raubfischer von Hellas“. Ein
alter Fischer hatte seinen Sohn
auf eine Seefahrtsschule
geschickt. Während einer
Sturmfahrt vor unwegsamer
Küste versichert der Sohn,
dass sie kurz vor einem
schützenden Hafen wären. Als
Porto Lungo auf der Isola Maddalena
schließlich die Strandung
unausweichlich scheint, nimmt
der Vater eine Axt und erschlägt den Sohn. Momente später öffnete sich eine
Öffnung im Fels und dahinter der Hafen, das Schiff und Besatzung sind gerettet. Der
Sohn allerdings ist tot. Nun glaube ich nicht, dass Harry mich erschlagen würde,
außerdem erkenne ich inzwischen im Fels einige Häuser und nachdem wir die
nächste Felsnase gerundet haben, einige Mooringtonnen vor einer Kaimauer,
dahinter ein wunderbare Hafen. Eine italienische Segelyacht und eine unbemannte
Yacht ist alles was dort festgemacht hat. Die italienische Besatzung ist sehr nett,
Harry freut sich sein recht passables italienisch anwenden zu können. Ich setze mich
erstmal wieder mit der Bilgenpumpe auseinander. Es dauert lange bis die Bilge
gelenzt ist, wir brauchen dringend ein Filter für die Ansaugöffnung der Pumpe.
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Porto Lungo ist ein Feriendorf, es gibt ein Hotel, eine Bar und schachtelförmig in die
Landschaft eingefügte Ferienhäuser, eigentlich ganz gelungen, aber jetzt in der
Vorsaison noch völlig ausgestorben. Entsprechend leer ist auch das einzige
Restaurant am Ort. Wir beschließen trotzdem dort Essen zu gehen. Es gibt mehr
Bedienungspersonal als Gäste. Der Chef verspricht uns einige sardische Vorspeisen
zusammenzustellen, und aus der Kühltheke wählen wir jeder einen Petersfisch aus.
Dazu einen sardischen Wein. Die Fülle von Vorspeisen hätte eigentlich gereicht,
aber der Fisch war inzwischen in der Küche und er war köstlich. Nach diesem
köstlichen Essen, sollte man über die Rechnung nicht klagen.
Der Wind steht weiter aus
SW und ist weiterhin recht
kräftig, da er aber über die
Insel kommt und wir um die
Isola Caprera wollen, kommt
er uns zunächst ganz
gelegen. Kurs erstmal SE,
dann S, schon nach 2 Std.
sind wir am südlichsten Cap
von Caprera, Punta Rossa.
Caprera heißt übrigens
genau wie Capraia
Ziegeninsel. Nach Punta
Rosso dringen wir kreuzend
in den Archipel ein.
Mit kurzen Kreuzschlägen im
Caprera, auf den Klippen hocken Kormorane
relativ engen Fahrwasser
runden wir die Isola San
Stefano und nehmen Kurs auf die Hauptstadt der Insel La Maddalena. Einige
Untiefen und reger Schiffsverkehr erfordern Aufmerksamkeit. La Maddalena ist ein
interessanter Ort, der einzig bewohnbare im Archipel. Während auf Korsika in jedem
Laden die unvergleichlichen korsischen Spezialitäten angeboten wurden, waren es
hier die unvergleichlichen Sardischen.
John Maynard, unser eiserner Rudergänger hat die
Pinne übernomme
© Jürgen Schuetz 2006
Eine überdachte Markthalle
lockt mich an. Außer dem
üblichen Gemüseangebot,
viel Meeresfrüchte, viel
Luftgetrocknetes und
Ziegenkäse. Ich bin immer
noch auf der Suche nach
einem geeigneten Filter für
meine Bilgenpumpe. Ein
Besuch beim
Schiffsausrüster ist erfolglos,
aber wir finden einen
Eisenwarenladen. Der Chef
begreift sofort was wir
suchen und präsentiert ein
ganzes Sortiment geeigneter
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VA-Filter, hat auch noch ein
passendes Reduzierstück für
den Anschluss an die
Saugleitung. Unser Bilgenproblem ist gelöst.
Der Leuchtturm Madonetta markiert die Einfahrt in
die Bucht von Bonifatio
Hier wurde Odysseus’ Flotte mit Steinen vernichtet,
meint Ernle Bradford.
Bonifatio Altstadt
© Jürgen Schuetz 2006
Wir verlassen La Maddalena am
nächsten Morgen. Wind aus SW
zwingt uns wieder zum Kreuzen.
Die Straße von Bonifatio ist
übrigens
Verkehrstrennungsgebiet, aber
die Vorschrift dieses nur im
Winkel von 90° zu kreuzen wird
offenbar nur von uns
eingehalten. Nach einem langen
Schlag auf die korsische Küste
zu erreichen wir Capo
Pertusato. Von dort können wir
den Leuchtturm Madonnetta,
welcher die Einfahrt der Bucht
von Bonifatio markiert,
erkennen. Die Bucht ist ein 1 sm
langer fjordähnlicher Schlauch,
an dessen Ende Yachthafen und
Ort liegt, der eigentliche Ort liegt
schwer zugänglich, hoch auf
einem Felsrücken.
Ernle Bradford, Segler und Autor
der Buches „Reisen mit Homer“
vermutet, das Odysseus hier
gewesen sei, und das seine
ganze Flotte von den
Lästrigonen in der der engen
Einfahrt durch Steinwürfe, von
den bis zu 70m hohen Felsen,
vernichtet wurde. Das Schiff von
Odysseus blieb verschont, er
hatte kluger Weise vor der Bucht
geankert.
Denkbar ist, dass die Bewohner
bei der Annäherung fremder
Schiffe, zunächst an einen
Überfall dachten. Man denke an
Odysseus Überfall auf die
Kikonen, bei welchem alle
Männer erschlagen und Beute
und Frauen brüderlich geteilt
wurden. Dieses Schicksal blieb
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den Lästrigonen erspart. Noch bis vor 150 Jahren hat man die Einfahrt nachts, durch
eine quer über die Bucht gespannte Kette, gesperrt.
Unser nächstes Ziel ist Propriano. Wir wären wohl auch noch weiter gefahren, allein,
Westwind mit 1-2 Bft, bringt uns an der Kreuz nur mühsam voran. Wir runden das
Cap Feno, segeln eine reich gegliederte Küste entlang, schließlich in den Golf de
Valinco in dessen letztem Winkel der Hafen von Propriano liegt. Uns läuft allmählich
die Zeit davon, so unterbleiben zwei im Handbuch empfohlene Landausflüge. Filitosa
mit steinzeitlichen Menhiren, und ein Besuch der mittelalterlichen Stadt Sartène.
Mit wenig Wind erreichen wir
Cap Muro, dann schläft der
Wind ganz ein. Mit Motorkraft
legen wir die letzten Meilen
zurück. Zwei geräumige Yachthäfen stehen zur Ver-fügung,
aber obwohl es noch Ende Mai
ist gibt es Platzprobleme.
Die nächste Etappe soll uns
zurück ans französische
Festland bringen. Die
Wettervorhersage verspricht
vor der Westküste Korsikas
südliche Winde, abflauend auf
5 kn. Es kam aber anders. Um
10 Uhr laufen wir bei W mit 45 Bft aus. Trotz 2x gerefftem
Groß und kleiner Genua
schieben wir wieder viel Lage.
Wieder viel Wasser auf Deck.
Wind und Welle werden
gröber. Eine große Ketsch
arbeitet sich langsam heran,
ver-schwindet manchmal fast
hinter den Wellenbergen.
Eine viertel Stunde später
dreht die Ketsch ab, geht vor
den Wind und läuft zurück
Die Ketsch verschwindet fast hinter den Wellenbergen
nach Ajaccio. Das ist auch für
mich das Signal zum
Umkehren. Harry meint zwar, wenn wir noch mehr reffen, könnten wir noch
weiterfahren, aber wir sind noch nicht einmal bei den Îles des Saguinaires, und von
dort sind es noch 126 sm bis Porquerolles. Also zurück, mit Rauschefahrt wieder in
den Hafen.
Die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind nicht besser. Harry muss wegen
Urlaubsende abmustern. Er nimmt eine Fähre direkt nach Marseille. Ich suche mir
inzwischen ein Internetcafé und suche Ersatzcrew im Internet Als erstem maile ich
Sven, einem Studenten, der sich schon früher für den Törn interessiert hatte. Da
© Jürgen Schuetz 2006
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meine Crew zu diesem Zeitpunkt komplett war, hatte ich ihn
auf später vertröstet. Er sagt
spontan zu und kann in zwei
Tagen vor Ort sein. Aber erstmal
kommt ein Wettersturz, Regen,
Schnee bis hinunter auf 1200m,
schwere Hagelschauer
vernichten die korsische
Melonenernte. Glücklicherweise
ist im Hafen Fest der
einheimischen Fischer. So habe
ich wenigstens Unterhaltung mit
Folklore, korsischer Musik und
Anmutige Korsinnen tanzen zu korsischer Musik
Kunsthandwerk. Außerdem ist
täglich Markt, mit den Köstlichkeiten Korsikas. Die hübschen jungen Damen hüpfen
gekonnt zu den Klängen von schrill klingenden Flöten. Einem Knotenkünstler kaufe
ich einen Schlüsselanhänger mit einem kunstvoll geknüpften Ball ab. Preis,10 €.
Teuer? Allein der Schäkel daran kostet 6 €, schlechter Stundenlohn.
Am nächsten Abend schwebt Sven ein, gleich am anderen Morgen machen wir einen
Versuch auszulaufen. Das Wetter hat sich zwar etwas beruhigt, aber ein kräftiger
Seewind steht in die Bucht von Ajaccio, die sich als rechte Mausefalle erweist. Bis zu
den Îles Sanguinaires sind es 8 sm mit SW Kurs gegenan, dann könnte man mit W
bis SW, oder natürlich mit Allem was aus Osten kommt leben. Wir kehren wieder um
und sind nicht die Einzigen die wieder abdrehen. Dieses Mal machen wir im Porto
Rossi fest.
Am Abend rufe ich Beat an, ein
Schweizer, der in Juan les Pins
von Yachtüberführungen,
Unterhaltsarbeiten an Booten
und Skipperkommandos lebt. Er
ist bereit gegen Ersatz der
Reisespesen zu kommen. Das
Gute, er kann mit der Fähre von
Nizza am nächsten Tag in
Ajaccio sein. Wir holen ihn mit
einem Leihwagen ab und
beschließen, am nächsten
Morgen sehr Früh auszulaufen.
Die Wetteraussichten sind
günstig, Ost (!) 2-3, Cap Corse
4, weitere Aussichten Seebrise
Iles Sanguinaires die blutrünstigen Insel
mit 1-3 Bft. Schon um 5.50 Uhr
legen wir ab und nehmen nach dem Verlassen des Hafens Kurs auf die Îles
Sanguinaires, d.h. auf deutsch übrigens „Blutrünstige Inseln“. Ohne Wind, bei ruhiger
See, sehen sie nicht sehr blutrünstig aus. Um etwas abzukürzen steuern wir sogar
mittendurch.
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Sven, der Vegetarier
Beat, der Profiskipper
Es wird Zeit die Crew vorzustellen: Wie auf dem rechten Photo zu sehen, herrscht
totale Flaute, einzige Abwechslung, eine Schule mit 6 Delphinen. Sie begleiten uns
eine Weile, tauchen unter dem Boot hindurch und drehen sich auch schon einmal auf
den Rücken, sodass ihre helle Unterseite sichtbar wird.
Wir motoren stundenlang
durch die Flaute mit 5 kn, John
Maynard geht wieder Ruder.
Ich bereite ein einfaches Mahl
aus den Bordvorräten:
Farfalle, Olio/Oignon, mit
Pesto Liguria.
Fast 12 Std. ist der Motor
gelaufen, als endlich etwas
Wind aufkommt, Groß und
kleine Genua sind schnell
gesetzt, endlich schweigt der
Motor. Der Wind kommt aus
Nord, orientiert sich dann auf
Ich habe sie selten so nahe gesehen.
NE und nimmt auf 4 Bft zu.
Jetzt läuft die YOL mit 6 kn,
ohne Motor. Wir segeln in die Nacht. Um 20 Uhr hören wir noch mal die korsischen
Wettervorhersage und empfangen auch bereits die Vorhersagen für die Côtes
d’Azur, E 2-3, morgen NE 4 au large, d.h. auf dem offenen Meer, also ideale
Verhältnisse.
Das Radar zeigt ein Echo in 6 sm Entfernung, welches wir als Frachtschiff
identifizieren, einmal huscht ein Segler auf Gegenkurs in weniger als einer Meile
vorbei. Um Mitternacht sind es noch gut 50 Meilen bis Porquerolles. Ich gehe für eine
© Jürgen Schuetz 2006
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Sonnenaufgang über dem Cap des Mèdes
Cap d’Aigle, das Adlercap
Tournelle la Cassadaigne
© Jürgen Schuetz 2006
Weile in die Koje, es ist
beruhigend eine gute Crew an
Bord zu haben. Im
Morgengrauen erwache ich,
weil die Bewegungen des
Bootes weder der Wettervorh
ersage, noch dem Wind
entsprechen. Die Welle kommt
ziemlich quer, Yol kippt häufig
seitlich über die Wellenkämme.
Inzwischen sind erste
Leuchtfeuer auf Porquerolles
und dem Festland zu
erkennen. Obwohl wir Toulon
direkt anliegen könnten
entscheide ich, hinter
Porquerolles herum zu segeln.
Der Hintergedanke ist, dass
wir, falls der Wind weiter
auffrischt im Hafen von
Porquerolles festmachen
können. Auf der Reede von
Hyeres wird es dann wieder
ruhiger, und vor schönem,
konstanten Ost segeln wir
durch bis St. Mendrier.Nach
150 Meilen machen wir gegen
Mittag in St Mendrier fest.
Abends Captains Dinner in
einem guten Restaurant,
welches ich schon mit Werner
besucht hatte.
Da uns bei der Ankunft ein
frischer Ostwind in die Bucht
hinter dem Cap Cepet
geblasen hat, fürchte ich ein
mühsames gegenankreuzen
am nächsten Morgen. Ich will
deshalb ganz früh morgens
ablegen, bevor sich der Wind
etabliert hat und die YOL unter
Maschine um Cap Cepet und
Cap Sicie schieben, dann Kurs
West. Die Rechnung geht auf,
der Wind hat sich, wie so oft
über Nacht beruhigt, um 6.30
legen wir ab, schon eine halbe
Stunde später haben wir das
erste Cap erreicht. Bereits hier
können wir Segel setzen und auf
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Westkurs gehen. Wettervorhersage über UKW ESE 2-3, vor La Ciotat und Toulon 4,
abends abnehmend 2-3. Wir segeln jetzt in altbekannten Gewässern, am Cap d’Aigle
vorbei. nehmen direkten Kurs auf das Cap Croisette. Wir hören mehrfach die
Wettervorhersage über UKW, in Vertrauen erweckender Konstanz wiederholt sich
die Vorhersage vom Morgen. Allerdings schauen Meteorologen selten aus dem
Fenster.
La Cassadaigne markiert eine Einzeluntiefe mitten in 80 m tiefem Wasser. Bisher
habe ich dieses Türmchen immer auf der Landseite passiert, dieses Mal mit direkten
Kurs zum Cap Croisette, gehen wir seewärts vorbei. Der kundige Betrachter erkennt
an den weißen Mützen, dass wohl mehr als 2 Bft herrschen. Und der Wind nimmt
weiter zu, gegen 14 Uhr 5 Bft, Tendenz steigend. Wir haben die Fock ausgebaumt,
mit 6-8 kn rauschen wir über das Plateau de Chevre. Wir haben eindeutig zuviel
Segel oben. Das Bergen des Baumes fordert vollen Einsatz der Crew, er lässt sich
nur gemeinsam mit der Fock bergen. Allein mit dem Groß machen wir immer noch 78 kn. Frioul, Sausset le Pins, Cap Couronne, fliegen vorbei. Der Wind steht voll in die
Bucht von Fos. Ohne Kurswechsel können wir bis tief in die Bucht hineinsegeln. Hier,
sozusagen vor der Haustür, kenne ich mich gut aus. Wichtigste Ansteuerungen sind
die Kardinaltonnen NJN und GN, sie müssen in jedem Fall an Backbord bleiben. Sie
markieren eine weit in die Bucht ragende Sandbank, die They de la Gracieuse, so
benannt nach einem Schiff, welches hier gestrandet ist. Außerdem sind hier noch
einige Schiffe gestrandet, Die Überreste ragen zum Teil über die Wasseroberfläche.
Der Wind hat bis auf 5-6 Bft. zugenommen, aber hinter Sandbank können wir das
Groß gut bergen. Wir halten auf die Ansteuerungstonnen des Hafenkanals zum Port
Napoleon zu. Der Wind kommt jetzt von der Seite. Links und rechts des
ausgebaggerten Kanals wird es sehr flach, und weil ich nicht auf das Leeufer
getrieben werden möchte, gebe ich ausnahmsweise mehr Gas als üblich. Mit 6,5 kn
Fahrt erreichen wir den Heimathafen um 18 Uhr, gerade noch rechtzeitig zur „Happy
Hour“ in der Bar des Restaurants „The Lighthouse“. 56 Meilen seit St Mendrier in
11,5 Std. haben wir zurückgelegt. Wie beschließen den Törn in Gerards Pizzeria
„Key West“, für Sven bereitet er sogar eine rein Vegetarische Pizza.
Noch ein paar Einzelheiten zum Törn:
Dauer des Törns: 45 Tage
Hafentage: 15, davon Wetter bedingt: 7
Motorstunden: (müssen noch ermittelt werden)
Zurückgelegte Gesamtstrecke: 819 Seemeilen.
Mittwoch, 26. Juli 2006
Jürgen Schuetz
Yolskipper
© Jürgen Schuetz 2006
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