Erfahrungsbericht Erasmus SS 2013 31. Juli 2013 Università degli
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Erfahrungsbericht Erasmus SS 2013 31. Juli 2013 Università degli
Erfahrungsbericht Erasmus SS 2013 Università degli Studi di Firenze Facoltà di Giurisprudenza 31. Juli 2013 Die italienische Kultur und das italienische Lebensgefühl reizten mich schon immer sehr. Von den Universitäten Italiens, die vom Erasmus-Programm zur Auswahl gestellt wurden, hätten mich fast alle sehr interessiert. Meine Wahl fiel schließlich auf die Università degli Studi di Firenze, da Florenz eine mir noch unbekannte Stadt war und ich insbesondere auf das reichhaltige Kulturangebot gespannt war. Nach einem Semester an der dortigen juristischen Fakultät kann ich sagen, dass ich diese Entscheidung zu keinem Zeitpunkt bereut habe. Vorbereitung Ausreichende Kenntnisse der italienischen Sprache sind für ein Studium an der juristischen Fakultät der Universität Florenz unerlässlich, da fast ausschließlich nur in italienischer Sprache gehaltene Kurse angeboten werden. Die Universität gibt als Mindestanforderung ein Niveau von A2 vor, je besser man die Sprache beherrscht, desto mehr wird man aus den Vorlesungen mitnehmen können. Ich habe vor meinem Auslandssemester 4 Sprachkurse am ZSL der Universität Heidelberg absolviert. Sehr zu empfehlen ist auch ein Tandem mit einem italienischen Gaststudenten, da man so auch das gesprochene Italienisch abseits der Grammatikbücher erlernt. Beim Packen des Koffers sollte man beachten, dass das Wetter in Florenz auch im Sommersemester noch bis Mitte Juni regnerisch und kühl sein kann. Wohnungssuche Der florentinische Wohnungsmarkt ist zwar recht teuer, jedoch ist es für einen Erasmus-Studenten, wenn man bereit ist, den durchschnittlichen Mietzins von 350-400 € für eine camera singola im Zentrum und unmittelbarer Umgebung zu entrichten, deutlich einfacher, eine Bleibe zu finden als bspw. in Heidelberg. Die italienischen Vermieter und Mitbewohner habe ich als aufgeschlossener gegenüber ausländischen Studenten, die nur für einen begrenzten Zeitraum eine Wohnung mieten wollen, erlebt. Von der Wohnungssuche noch von Deutschland aus ist jedoch abzuraten. Es ist zwar durchaus empfehlenswert, den Markt über die einschlägigen Internetportale bereits im Voraus zu sondieren, um sich so über den Mietspiegel und die Wohnbezirke zu informieren. Allerdings wird von dem Wohnungssuchenden meist erwartet, möglichst kurzfristig zu erscheinen. Lohnend kann es daher nur sein, wenige Tage vor der Abfahrt nach Florenz Besichtigungstermine für die ersten Tage in der Stadt zu vereinbaren. Des weiteren sollte man sich nicht darauf einlassen, eine Wohnung von Deutschland aus zu mieten nur auf Grundlage der Wohnungsbilder oder einer Skype-Führung. Empfehlenswert ist es, zunächst 2-3 Nächte in einem Hostel oder Hotel zu buchen, sich eine italienische Handynummer zuzulegen (günstige Angebote gibt es bei Wind, das deutlich bessere Netz bietet jedoch Vodafone) und dann vor Ort auf Wohnungssuche zu gehen. In der Stadt, insbesondere an den schwarzen Brettern der Fakultäten finden sich zudem auch viele Annoncen. Ich konnte auf diese Weise bereits nach 2 Tagen Suche ein Zimmer finden. Zur raschen Verbesserung der sprachlichen Kenntnisse empfiehlt es sich, eine WG mit italienischen Mitbewohnern zu suchen. Um Miete zu sparen, ist es auch sehr verbreitet, sich ein Zimmer mit jemandem zu teilen. Die Preise für eine so genannte camera doppia liegen durchschnittlich bei ca. 200-300 €. Eine Wohnung im Stadtteil Novoli hat den Vorteil, nahe an der juristischen Fakultät zu liegen. Deutlich angenehmer und auch nur wenig teurer ist es jedoch, im Stadtzentrum zu wohnen. Die schönsten Wohngebiete dürften Santo Spirito, San Frediano, Ognisanti und Sant'Ambrogio sein. Universität Der erste Weg nach der erfolgreich abgeschlossenen Wohnungssuche sollte nach Novoli in das Büro der Dottoressa Panerai und anschließend in das ufficio Erasmus del polo delle scienze sociali führen. Die Öffnungszeiten kann man nach einigem Suchen dem wenig übersichtlichen Internetauftritt der Fakultät, giuris.unifi.it, entnehmen. Bei Signora Panerei, der Fachkoordinatorin für die juristische Fakultät erhält man die nötigen Unterschriften auf den Unterlagen, mit denen man sich daraufhin in das Erasmus-Büro begibt, um sich ein libretto ausstellen zu lassen. Auf diesem unhandlichen Dokument werden später die bestandenen Prüfungen eingetragen. Außerdem kann man sich nun auch in einem weiteren Büro einen Ausweis für die Mensa und einen weiteren für die Bibliothek des Campus ausstellen lassen. Italien ist in erster Linie das Land der tessera, d.h. man muss sich für nahezu jede in Anspruch genommene Leistung erst einmal einen Mitgliedsausweis ausstellen lassen. Die Bibliothek ist wie der komplette Campus Novoli recht modern und in gutem Zustand, weist jedoch nur einen relativ geringen Bestand an italienischen Lehrbüchern auf (der an deutschen Lehrbüchern ist für eine ausländische Bibliothek hingegen beachtlich), da aber die meisten einheimischen Studenten sich ihre Lehrbücher selbst kaufen, stellt dies eigentlich kein Problem dar, sodass man sich meist noch ein recht aktuelles Werk ausleihen kann. Während der Klausurenphase ist die Bibliothek ziemlich überfüllt, zu diesem Zeitpunkt empfiehlt es sich, in eine der zahlreichen städtischen oder universitären Bibliotheken im Stadtzentrum auszuweichen. Besonders stechen hier die biblioteca delle oblate in Domnähe, die biblioteca marucelliana bei San Marco sowie die biblioteca nazionale am Arnoufer nahe der Piazza Santa Croce hervor. Die Wahl der zu besuchenden Kurse unterliegt keinen Einschränkungen, allerdings empfiehlt es sich, in der ersten Woche diverse Vorlesungen zunächst einmal anzuschauen und das Gespräch mit den entsprechenden Dozenten zu suchen, um die passenden Kurse auswählen zu können. Wenn nach wenigen Wochen dann die endgültige Entscheidung getroffen worden ist, ist ein dementsprechend geändertes learning agreement von Signora Panerai und anschließend auch von der Fachkoordinierung Heidelberg genehmigen zu lassen. Der Aufbau einer italienischen Vorlesung unterscheidet sich von den deutschen Vorlesungen insbesondere durch einen wesentlich höheren Abstraktionsgrad und die etwas geringere aktive Partizipation der Studenten. Ausführliche Fallbeispiele oder studentenzentriertes Arbeiten in Kleingruppen wie AGs wird man an der florentinischen Universität jedenfalls nicht finden. Allerdings weisen die Kurse dementsprechend teilweise auch deutlich mehr Tiefgang auf als die korrespondierenden deutschen Veranstaltungen. Nach ca. 3 Monaten Vorlesungen beginnt die Klausurenphase. Zum Bestehen eines Kurses ist es meist erforderlich, ein Lehrbuch sowie die Notizen aus der Vorlesung durchgearbeitet und gelernt zu haben. Bei Auswahl des Lehrbuchs und inhaltlichen sowie organisatorischen Fragen aller Art steht der Dozent in seiner Sprechstunde gerne zur Verfügung. Die Prüfungsphase erstreckt sich über 2 Monate, in denen in jedem Fach 4 so genannte appelli, also Prüfungstermine zur Verfügung stehen. Für die Teilnahme an einem appello ist es erforderlich, sich über ein Online-Verfahren 14-3 Tage im Voraus anzumelden. Man kann eine Prüfung sooft wiederholen, bis man mit der Note zufrieden ist. Das Notenspektrum erstreckt sich von 0-30 Punkte, Höchstnote ist 30 Punkte con lode, ab 18 Punkten gilt eine Klausur als bestanden. Fast alle Prüfungen werden orale, also mündlich abgehalten. Teilweise gibt es die Möglichkeit, während der Vorlesungszeit schriftliche Zwischenprüfungen (intermedia) abzulegen, um den Umfang der Endprüfung zu verringern. Habe ich die Universität generell während der Vorlesungszeit entgegen aller Befürchtungen und Ankündigungen als recht organisiert erlebt (die Wartezeiten vor den diversen Büros betrugen nie über 20 min), gilt dies nicht für die Prüfungen. Diese werden in einem Raum abgehalten, in dem alle anderen Studenten des Kurses ebenfalls auf ihre Prüfung warten. Dementsprechend groß ist der Lärmpegel und die Konzentration wird dadurch deutlich erschwert, zumal man unter Umständen Stunden auf seinen Aufruf warten muss. Es ist auch vorgekommen, dass eine Prüfung am Vorabend per SMS abgesagt wurde. Nach Ende der Klausurenphase ist das libretto im Erasmus-Büro zurückzugeben. Man erhält eine Teilnahmebescheinigung am Erasmus-Programm. Anschließend ist noch die Endbescheinigung von Frau Panerai unterschreiben zu lassen. Ein Transcript of Records stellt die Fakultät jedoch nur auf gesonderten Antrag der Fachkoordinierung der Heimuniversität aus. Die Universität bietet zudem Sprachkurse am CLA (Centro linguistico di Ateneo) an, der erste Sprachkurs ist für Erasmus-Studenten kostenfrei. Die Anmeldung dafür kann erst nach einem Einstufungsgespräch erfolgen, das im Sekretariat bzw. der Mediathek des CLA im Stadtzentrum stattfindet. Hier werden auch die Kurse abgehalten, teilweise aber auch auf dem MorgagniCampus, der noch weiter außerhalb liegt als Novoli. Nach dem Kurs kann auch eine Prüfung abgelegt werden, um ein entsprechendes Sprachzertifikat zu erhalten. Am schwarzen Brett des Sekretariats finden sich darüber hinaus auch einige Anzeigen von Italienern, die einen Tandempartner suchen. Freizeit Anders als bspw. in Heidelberg ist das Freizeitangebot, insbesondere an Sportangeboten, der Universität Florenz recht eingeschränkt. Das ist allerdings kein Problem, da die Stadt ein kulturell derart reiches und vielfältiges Programm auch abseits von Uffizien, Accademia, Bargello und Palazzo Pitti, bietet, dass einem nie langweilig werden dürfte. Selbst in einem Semester ist es nur schwer möglich, dieses kulturelle Angebot hinreichend zu erfassen. Hinzu kommen dann noch die vielen Kirchen, die es zu besichtigen gilt. Sofern man zunächst einmal andere Erasmus-Studenten kennen lernen möchte, bieten sich diverse Organisationen an, die sich der Betreuung ausländischer Gaststudenten verschrieben haben. Diese organisieren insbesondere in den ersten Wochen des Semesters eine Vielzahl an Aperitivi, Stadtführungen und Reisen. Auch Italiener kennen zu lernen stellt aufgrund derer meist recht aufgeschlossenen Wesensart, auch wenn gerade den Florentinern häufig etwas anderes nachgesagt wird, eigentlich keine Schwierigkeit dar. Schließlich liegt Florenz in der Toskana umgeben von einer malerischen Landschaft, die zu Ausflügen einlädt, und umringt von vielen interessanten Städten. Das Nachtleben in Florenz spielt sich in den Sommermonaten meist auf den zahlreichen Plätzen ab, der schönste ist sicherlich Piazza Santo Spirito, sehr beliebt unter Erasmus-Studenten ist auch die Piazza Santa Croce. Innerhalb des Stadtzentrums liegt alles in einer Entfernung, die man zu Fuß erreichen kann. Schneller geht es natürlich mit einem bici, allerdings ist in den Sommermonaten die Stadt von Touristen so überfüllt, dass man im Zentrum nur schwer mit dem Fahrrad durch die Menschenmassen gelangt. Außerdem sollte man darauf achten, das Rad immer mit einem sicheren Schloss abzuschließen, da Fahraddiebstahl in Florenz ein weit verbreitetes Delikt darstellt. Als Alternative zum Fahrrad kann man, um nach Novoli zu gelangen, sich ein Abonnement von Ataf, der Verkehrsorganisation, zum Preis von monatlich 23 € plus einmalig 8 € für eine entsprechende tessera, gönnen. Fazit Man sollte sich bei der Wahl der Stadt darüber im klaren sein, dass Florenz in erster Linie eine Touristenstadt und keine Studentenstadt ist, dementsprechend überlaufen ist sie insbesondere im Sommer von Scharen an Touristen. Nichtsdestotrotz präsentiert sich die Universität sehr gut organisiert und bietet eine Vielzahl an interessanten Kursen an. In „la bella“, der Wirkungsstätte von Ficino und Petrarca, Dante und Boccaccio, Michelangelo und Brunelleschi, studieren zu können stellt auf jeden Fall eine unvergleichliche Inspiration dar und ist eine einmalige Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Ich habe viele interessante Menschen kennen lernen dürfen, die Sprache und Kultur Italiens verinnerlichen können und auch abseits des Studiums viel erlernt. Daher stellt mein Erasmus-Aufenthalt in Florenz eine einmalige Erfahrung dar, die ich nicht missen möchte.