Gesamter Jahresband

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Gesamter Jahresband
28. Kongress der
Deutschsprachigen
Gesellschaft für
IntraokularlinsenImplantation,
Interventionelle und
Refraktive Chirurgie
Herausgegeben von
B. Dick, G. U. Auffarth, J. Kuchenbecker
28. Kongress der
Deutschsprachigen Gesellschaft
für Intraokularlinsen-Implantation,
Interventionelle und Refraktive
Chirurgie
28. Kongress der
Deutschsprachigen
Gesellschaft für
IntraokularlinsenImplantation,
Interventionelle und
Refraktive Chirurgie
6. bis 8. März 2014 in Bochum
Herausgegeben von
B. Dick, G. U. Auffarth, J. Kuchenbecker
Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und dergleichen, die in diesem Buch ohne
besondere Kennzeichnung aufgeführt sind, berechtigt nicht zur Annahme, dass diese von jedermann
ohne Weiteres frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich um gesetzlich geschützte Warenzeichen handeln.
Wichtiger Hinweis:
Wie jede Wissenschaft ist die Medizin ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse
Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf
der Leser zwar darauf vertrauen, dass Autoren, Herausgeber und die DGII große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht.
Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann von der Gesellschaft jedoch
keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen
gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten
verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung
oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers.
Autoren und Herausgeber appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten der
DGII mitzuteilen.
Anschriften der Herausgeber:
Prof. Dr. H. Burkhard Dick
Universitäts-Augenklinik
In der Schornau 23–25
D-44892 Bochum
Prof. Dr. Gerd U. Auffarth
Universitäts-Augenklinik
Im Neuenheimer Feld 400
D-69120 Heidelberg
PD Dr. Jörn Kuchenbecker
HELIOS Klinikum Berlin-Buch
Augenklinik
Schwanebecker Chaussee 50
D-13125 Berlin
Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme
Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive
Chirurgie; 28. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie.
Früher u. d. T.: Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation: ... Kongress der
Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation
6. – 8. 03. 2014 in Bochum
ISBN 978-3-9816717-0-4
Copyright © 2014 by Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII), Gießen. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.
Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung der Gesellschaft in irgendeiner Form
(Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren) reproduziert oder unter Verwendung von mechanischen
bzw. elektronischen Datenverarbeitungsmaschinen gespeichert, systematisch ausgewertet oder
verbreitet werden.
Lektorat: Dagmar Fernholz, Köln
Satz und Layout: Regine Becker, Berkheim; Ursula Klein, Köln
Druck und Bindung: TZ Verlag & Print GmbH, Roßdorf
Vorwort
Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
vor Ihnen liegt nun der 28. Kongressband mit den jeweiligen Publikationen zu den
Referaten und Vorträgen des Kongresses 2014. Diese Publikationen belegen den
hohen wissenschaftlichen Standard der Präsentationen auf den bisherigen Jahrestagungen der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation,
Interventionelle und Refraktive Chirurgie. Unsere Jahrestagung fand erstmalig
in dem hochmodernen RuhrCongress Zentrum in Bochum statt.
Der Schwerpunkt des Kongresses war der refraktiven Chirurgie und Kataraktchirurgie bei bereits vorbestehender Erkrankung gewidmet. Bereits in dem
strukturierten Update der Retinologischen Gesellschaft wurden die Aspekte des
hinteren Augenabschnitts beleuchtet, die für den Vorderabschnittschirurgen
relevant sind. So finden Sie Beiträge zu Operationen bei schwieriger Ausgangs­
situation, kombinierten Operationsverfahren, die interventionelle Chirurgie sowie
das Erkennen und das Beherrschen von Komplikationen. Ein nicht unerheblicher Anteil aller Beiträge war den klinischen Studien und Ergebnissen nach Einsatz n
­ euer
innovativer Intraokularlinsentechnologien wie multifokaler, multifo­kal-torischer, torischer oder auch additiver gegebenenfalls vorgeladener Intraokular­linsen gewidmet.
Erstmalig während eines DGII-Kongresses fand auch eine 3-D-Video-Live-­
Operationssitzung zu aktuellen und innovativen Operationsverfahren statt, die
vom jeweiligen Operateur persönlich präsentiert und kommentiert wurden. Die
neuen Anwendungsmöglichkeiten des Femtosekundenlasers in der refraktiven Kataraktchirurgie weisen ein großes Potenzial auf, die Chirurgie weiter zu präzisieren
und zu individualisieren. In separaten Sitzungen wurden die aktuellen Möglichkeiten und klinischen Ergebnisse sowie Komplikationen und deren Management
vorgestellt. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt unserer Tagung waren die
neuesten Entwicklungen und Ergebnisse der refraktiven Hornhaut- und Linsen­
chirurgie sowie der Presbyopiebehandlung einschließlich eventueller neuer An­
wendungsmöglichkeiten. Es hat mir außerordentlich Spaß gemacht, das ehren­
volle Amt des Tagungspräsidenten der 28. Jahrestagung auszufüllen. Mein herzlicher
Dank gilt allen Autoren für das Abfassen der Beiträge. Auch gilt mein besonderer
Dank der Congress-Organisation Gerling für die wie immer umsichtige Organisation
und hervorragende Betreuung des Kongresses. Ich wünsche Ihnen beim Lesen der Artikel viel Freude und Wissenszuwachs.
Burkhard Dick
Tagungspräsident des 28. Kongresses der DGII
7
Kataraktoperation bei Komorbidität und der
Einfluss der demografischen Entwicklung:
Eröffnungsrede des Präsidenten der DGII 2014
G. U. Auffarth
Die diesjährige Tagung der DGII 2014 in Leipzig hat zum ersten Mal ein übergreifendes Motto für den gesamten Kongress:
„Kataraktoperation bei Komorbidität – Kataraktoperation bei Begleiterkrankung –
Interventionelle Therapien im Alter“
Der Kongress der DGII umfasst dadurch in diesem Jahr fast das gesamte Spektrum
der Augenheilkunde. Neben den speziellen Aspekten der Kataraktchirurgie und der
sich weiter ausbreitenden Diversifizierung von Intraokularlinsen, insbesondere von
Premiumlinsen mit „torischen, multifokalen, multifokal-torischen Optiken“, zeigen
sich auch weitere Innovationen im Bereich der Laser-assistierten Kataraktchirurgie,
der Femtosekundenlaser-assistierten Kataraktchirurgie; aber auch Ergebnisse der
Retinologie, im Bereich der interventionellen Gabe von intravitrealen Injektionen
und Injektionen von Medikamententrägern zeigen das breit gefächerte Programm
der diesjährigen Tagung.
Viele Studien haben sich mit den Problemen der altersbedingten Erkrankungen
des Auges und der Auswirkung des demografischen Wandels beschäftigt [2].
Insbesondere die Frage der Finanzierbarkeit und welchen Einfluss die Katarakt­
chirurgie auf die Lebensqualität hat, wurde in verschiedenen Ländern bearbeitet
[1, 3, 4, 5]. Brown et al. verglichen Kosten und Verbesserung der Lebensqualität
über einen Zeitraum von 13 Jahren in den USA. Während die Kosten zwischen
2000 und 2012 um 34,4 % gesenkt wurden (im Vergleich zu 1985 sogar um 87 %),
wurde die Lebensqualität (laut sogenannter „Quality of Life Evaluations“ signifikant gebessert [4]. Dieser G
­ ewinn an Lebensqualität unter Einbeziehung der
­Senkung der Kosten errechnet im finanziellen Sinne ein sogenanntes „Return
of I­nvestment“ (ROI) von 4567 % für die Gesellschaft über einen Zeitraum von­
13 Jahren. Andere Autoren kommen zu ähnlichen Rückschlüssen [1, 3, 4, 5].
Die Komorbidität ist verständlicherweise eng verbunden mit der Demografie und
dem demografischen Wandel unserer Gesellschaft [2]. Lag im Jahr 1910 in Deutschland
das Alter im Median noch bei 23,6 Jahren, so war es im Jahr 2005 bereits im Median
42,3 und wird im Jahr 2050 bei einer Größenordnung von 49,6 Jahren sein (Abb. 1) [6].
Das bedeutet in den nächsten 20 bis 30 Jahren eine erhebliche Verschiebung
des sogenannten „Altenquotienten“. Der Anteil der Senioren (über 65 Jahre) der
8
Auffarth: Kataraktoperation bei Komorbidität und der Einfluss der demografischen Entwicklung
Abb. 1: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland: Medianalter von
1910 bis 2050 [6]
Altenquotient: Anteil der Senioren (über 65 Jahre) an der Erwerbsbevölkerung in Prozent
2010 Altenquotient Deutschland: 34 %
bis 29 %
SchleswigHolstein
Hamburg
Bremen
Niedersachsen
NordrheinWestfalen
Hessen
RheinlandPfalz
Saarland
BadenWürttemberg
30 bis 35
36 bis 50
2060 Altenquotient Deutschland: 67 %
51 bis 65
66 bis 70
71 und höher
MecklenburgVorpommern
Brandenburg
Berlin
SachsenAnhalt
Sachsen
Thüringen
Bayern
Abb. 2: Anteil der
Senioren > 65 Jahre:
Hochrechnung des
Statistischen Bundes­­amtes für das Jahr 2060 [7]
Bevölkerung in Prozent betrug im Jahr 2010 in Deutschland 34 %, 2060 wird er 67 %
betragen (Abb. 2) [7]. Letztlich bedeutet das, dass der Anteil der arbeitenden Bevölkerung und damit der Bevölkerungsanteil, der in das Krankensystem Geld einzahlt,
in den nächsten 30 Jahren sich um knapp 20 Millionen Menschen verringern wird.
Im Jahr 2040 werden nur noch 38 Millionen Mitbürger unserer Bevölkerung arbeiten.
Des Weiteren gibt es Verschiebungen regionaler Natur in Deutschland, insbesondere im Osten der Republik wird der Anteil der älteren Rentner/Patienten deutlich höher sein als im Westteil (Abb. 3) [8]. Auf der einen Seite bedeutet das für die Kataraktchirurgie, dass immer mehr Patienten einer solchen Operation zugeführt werden,
da allein schon durch den demografischen Wandel die Zahl der Patienten weiterhin steigen wird. Gleichzeitig wird die Vergütung durch die Krankenkassen bzw. der
Pool, aus dem das Budget gespeist wird, immer kleiner werden, da immer weniger
Menschen in diesen Pool einzahlen. Das heißt, dass die Kataraktchirurgie in den
nächsten zehn bis 20 Jahren vor einer großen Herausforderung, nicht nur medizinischer Art, sondern auch politischer bzw. berufspolitischer Art stehen wird.
9
Eröffnungsrede
Abb. 3: Geografische Verteilung der Altersdistribution im Jahre 2025 [8]
Literatur
1. Erie JC: Rising cataract surgery rates: demand and supply. Ophthalmology 2014 Jan;121(1):2–4
2. Petrash JM: Aging and age-related diseases of the ocular lens and vitreous body. Invest Ophthalmol Vis Sci 2013
Dec 13;54(14):ORSF54-9
3. Zhou Z, He M, Congdon N: The investment in cataract surgery yields healthy rewards. Am J Ophthalmol 2014
Jan;157(1):7–8
4. Brown GC, Brown MM, Menezes A et al.: Cataract surgery cost utility revisited in 2012: a new economic paradigm. Ophthalmology 2013 Dec;120(12):2367–2376
5. Ginsburg PB: Cost-utility of cataract surgery: the real issues. Ophthalmology 2013 Dec;120(12):2366
6. Statistisches Bundesamt: zitiert durch: http://www.net-systemintegration.de/unternehmensloesungen/
web2.0/demographischer-wandel-kopie.html
7. Statistisches Bundesamt: zitiert durch: http://www.welt.de/politik/deutschland/article6515691/In-Ostdeutschland-wird-es-bald-sehr-einsam.html
8. Bundesbauamt für Bauwesen und Raumplanung: zitiert durch: http://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/
Raumentwicklung/RaumentwicklungDeutschland/Demographie/Projekte/DemogrWandel/DemogrWandel.html
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Laudatio für Herrn Professor Nujits anlässlich
der Verleihung des Hoya/DGII-Wissenschaftspreises 2014
Die DGII verleiht auf ihrer jährlichen Tagung einen Wissenschaftspreis an eine herausragende Persönlichkeit, die
im Bereich der Katarakt- oder refraktiven interventionellen
Chirurgie in den letzten Jahren Hervorragendes geleistet
hat und dies auch auf Tagungen der DGII vorgetragen bzw.
publiziert hat.
Der Preis wird seit diesem Jahr unterstützt von der Firma
Hoya, daher wird er zukünftig Hoya/DGII-Wissenschaftspreis genannt.
Prof. R. M. M. A. Nuijts
Im Jahr 2014 geht dieser Preis an Prof. Dr. Rudy M. M. A.
Nuijts von der Universitäts-Augenklinik Maastricht in den Niederlanden.
Herr Rudy M. M. A. Nuijts ist Professor der Augenheilkunde und stellvertretender
Ärztlicher Direktor der Universitäts-Augenklinik Maastricht. Er ist Direktor der Kornea-Klinik mit dem Center für Refraktive Chirurgie. Des Weiteren ist er Präsident der
Netherlands Intraocular Implant Society (NIOIS), Schatzmeister der niederländischen Cornea Society, auch Schatzmeister der European Society for Cataract and
Refractive Surgery.
An seiner Weiterbildung ist insbesondere interessant, dass er als Forschungsassistent am Emmory Eye Center in Atlanta bei Prof. H. F. Edelhauser 1989 und 1993 tätig
war. Er beschäftigte sich insbesondere mit der Ätiologie der toxischen Endothelzelldestruktion nach Kataraktchirurgie, auch TASS (Toxic Anterior Segment Syndrome)
genannt.
Sein Forschungsinteresse ist vor allem im Bereich der Hornhautchirurgie ausgeprägt
und beispielhaft. Des Weiteren hat er sehr innovative Arbeiten im Bereich der Katarakt- und refraktiven Chirurgie veröffentlich.
Er hat über 120 Publikationen in Peer Review Journals auf den Weg gebracht und
über 300 eingeladene Vorträge gehalten. Seit mehreren Jahren ist er regelmäßig auf
der DGII, hier insbesondere in den Kornea- und Kataraktsitzungen aktiv.
11
Verleihung des Wissenschaftspreises der DGII 2014
Es ist mir eine persönliche Freude, diesen Preis in diesem Jahr an Herrn Prof. Dr.
Rudy M. M. A. Nuijts persönlich übergeben zu können.
Aufgrund der Unterstützung der Firma Hoya ist diese Auszeichnung mit einem
Preisgeld von 5.000 Euro verbunden.
Der Vorstand der DGII beglückwünscht hiermit nochmals herzlich Herrn Nujits für
seine Leistungen zu dieser Auszeichnung.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd U. Auffarth, Heidelberg
Präsident der DGII
Abb. 2: Verleihung des Hoya/DGII-Wissenschaftspreises an Herrn Prof. Dr. R. M. M. A. Nujits (von
links: Prof. Dr. G. U. Auffarth, Präsident der DGII,
Prof. R. M. M. A. Nujits, Preisträger 2014, Hr. F.
Seibel, Firma Hoya Deutschland)
12
Laudatio für Herrn Privatdozent Dexl anlässlich
der Verleihung des Publikationspreises der
DGII 2014
Die DGII vergibt jährlich einen Publikationspreis für die
beste Arbeit, die im Kongressband des Vorjahres (hier 2013)
veröffentlicht worden ist. Im Jahr 2014 geht der Preis an
Herrn PD Dr. Alois K. Dexl und Mitarbeiter für den Beitrag
„Visuelle Performance nach bilateraler Implantation der
Defraktiva-aA multifokalen IOL“.
Herr PD Dr. A. K. Dexl hat seine Facharztausbildung an der
Universitäts-Augenklinik der PMO Salzburg in Österreich
durchgeführt. Seit dem Jahr 2003 ist er Leiter der Intra­
okularlinsen-Forschungsgruppe der Klinik, seit 2004 Leiter
der Forschungsgruppe Salzburg Reading Desk (SRD) sowie
Leiter der tagesklinischen Kataraktchirurgie.
PD. Dr. A. K. Drexl
2008 wurde ihm das Facharztdiplom verliehen, 2011 die Ernennung zum Oberarzt,
2012 die Habilitation.
Die hier ausgezeichnete Publikation im DGII-Band der 27. Tagung in Heidelberg
zeichnet sich insbesondere durch die äußerst präzise Studienplanung und Ausführung bei der Prüfung einer Multifokallinse aus.
Abb. 2: Verleihung des DGIIPublikationspreises an Herrn PD Dr. med.
(Univ.) Alois Dexl (von links: Prof. Dr.
H. B. Dick, Tagungspräsident des DGIIKongresses, Privatdozent Dr. A. K. Dexl,
Preisträger 2014, Prof. Dr. G. U. Auffarth,
Präsident der DGII)
13
Verleihung des Publikationspreises der DGII 2014
Im Rahmen dieser Studie wurden 24 Kataraktpatienten, die sich in zwei ophthalmologischen europäischen Zentren einer bilateralen Implantation der Diffractiva-aA
MIOL unterzogen, über einen Zeitraum von sechs Monaten nachkontrolliert. Die
postoperative Evaluierung beinhaltete die Visusbestimmung in unterschiedlichen
Distanzen, Defokuskurven, Kontrastsensitivität (CS) und Patientenzufriedenheit
mittels Fragebogen. Alle Patienten erreichten einen Visus von 20/25 oder besser in
Ferne und Nähe sowie 20/40 oder besser auf 1 m. Monokulare und binokulare Defokuskurven zeigten zwei Gipfel mit maximalem Visus im Bereich des Fernfokus (0,0
dpt) und Nahfokus (–2,5 dpt) sowie gute Werte im Intermediärbereich. Photopische
und mesopische CS waren im normalen Altersbereich. Die Mehrheit der Patienten
(92 %) war komplett brillenunabhängig. Insgesamt waren alle Patienten sehr zufrieden (92 %) oder zufrieden (8 %) mit dem Eingriff.
Der Vorstand der DGII freut sich, Herrn PD Dr. Dexl den Publikationspreis für das
Jahr 2014 hiermit überreichen zu dürfen.
Gerd U. Auffarth, Heidelberg
Präsident der DGII
14
Inhalt
B. Dick
Vorwort .................................................................................................................... 5
G. U. Auffarth
Eröffnungsrede des Präsidenten der DGII 2014:
Kataraktoperation bei Komorbidität und der Einfluss
der demografischen Entwicklung............................................................................. 6
G. U. Auffarth
Laudatio für Herrn Professor Nuijts anlässlich der Verleihung
des Hoya/DGII-Wissenschaftspreises 2014 ............................................................... 9
G. U. Auffarth
Laudatio für Herrn Privatdozent Dexl anlässlich der Verleihung
des Publikationspreises der DGII 2014 .................................................................... 11
Biometrie
M. Abraham, P. Hoffmann
Moderne Biometrie bei sehr kurzen Augen ............................................................. 25
P. Hoffmann, A. Kotouza, M. Abraham
IOL-Berechnung bei extremer Achsenmyopie ........................................................ 29
P. Hoffmann, M. Abraham
Klinische Relevanz der optisch gemessenen Linsendicke
für die IOL-Berechnung .......................................................................................... 33
J. Hülle, V. Druchkiv, G. Richard, T. Katz, S. Linke
Intraoperative Aberrometrie-basierte Biometrie zur
real-time IOL-Berechnung ....................................................................................... 37
15
Inhalt
Hornhaut
J. Bühren, S. Kleinhans, E. Hermann, T. Kohnen
Vergleich von Diskriminanzanalyse und Entscheidungsbäumen
zur Erkennung des frühen Keratokonus ................................................................. 47
K.-C. Schulze, P. Hoffmann, M. Abraham, P. R. Preussner
Bedeutung der Hornhautrückfläche für Refraktion
und IOL-Berechnung .............................................................................................. 53
P. Hoffmann, M. Abraham
Nomogramm-Entwicklung für fs-Laser arkuate Inzisionen ..................................... 57
T. Schilde, G. Gökel, F. Deiters, U. Ligges, M. Kohlhaas
Vergleichsstudie zwischen beschleunigter und konventioneller
Vernetzungsbehandlung der Hornhaut bei Keratokonus ....................................... 63
K. Hille, K. Beck
Keratoprothesen mit biologischer Haptik aus
körpereigenem Material – Langzeitergebnisse ........................................................ 67
K. T. Boden, K. E. Boden, P. Szurman
Excimer-Keratoplastik der neuesten Generation ..................................................... 73
K. Spaniol, C. Holtmann, D. Savinova, L. Kulp, G. Geerling
Verlaufsbeobachtung und Langzeitergebnisse nach
Descemetmembran-Endothel-Keratoplastik ........................................................... 77
C. L. Thannhäuser, D. T. Pham
Sechs Jahre Erfahrung mit DSAEK – eine Standortbestimmung ............................. 81
Update der Retinologischen Gesellschaft
F. H. Hengerer
Kataraktoperation und Pars-plana-Vitrektomie bei
Netzhauterkrankungen: Möglichkeiten und Grenzen
moderner Therapieverfahren ................................................................................. 89
16
Inhalt
Femto/Varia
F. H. Hengerer, O. K. Klaproth, W. J. Mayer, T. Kohnen
Morphologie der Randstruktur von fs-Laser-Kapsulotomien
bei Anwendung verschiedener Laserinterfaces und -pulsenergien ......................... 97
W. J. Mayer, O. K. Klaproth, F. H. Hengerer, T. Kohnen
Zelltod und ultrastrukturelle Morphologie der fs-Laserassistierten vorderen Kapsulotomie ....................................................................... 99
M. S. Böhm, W. J. Mayer, O. K. Klaproth, F. H. Hengerer, T. Kohnen
Femtosekundenlaser-assistierte Linsenchirurgie .................................................. 103
P. Hoffmann, C. Lindemann
Femtolaser-assistierte Kataraktchirurgie – was hat der Patient davon? ................ 109
D. Krause, S. Krause, H. Schilling
Ozurdex bei Irvine-Gass-Syndrom .. ....................................................................... 115
G. U. Auffarth, R. Khoramnia, M. Safwat Azis Attia,
A. Fitting, K. Linz, M. P. Holzer
Kataraktchirurgie mit dem Fs-Laser im Vergleich zur
manuellen Methode .............................................................................................. 119
I. Conrad-Hengerer, H. B. Dick, T. Kohnen, F. H. Hengerer
Manuelle Kapsulorhexis versus Femtosekundenlaser-assistierte
Kapsulotomie bei maturen Katarakten .................................................................. 127
M. Zach
Rechtsfragen der Abrechnung/Kostenerstattung IOL, LASIK und ICL .................. 131
Excimer
S. Taneri, S. Oehler
Epi-Bowman-Keratektomie als neue Variante der
photorefraktiven Oberflächenbehandlung ............................................................ 137
A. Frings, T. Katz, M. K. Casagrande, J. Steinberg, V. Druchkiv, St. J. Linke
Induzierter Astigmatismus nach LASIK in myopen Augen
mit präoperativ plano-refraktivem Zylinder .......................................................... 141
17
Inhalt
D. Breyer, H. Kaymak, K. Klabe, F. Dillner, C. Pohl
Vergleich Femto-LASIK (FL) und ReLEx-Smile (RS) mit
verschiedenen Energiewerten ............................................................................... 147
S. Taneri, S. Oehler
LASIK in Kombination mit Hornhautquervernetzung ........................................... 153
B. Meyer, R. Neuber
Nachkorrektur nach ReLEx-Smile – eigene Erfahrungen ...................................... 155
Presbyopie
H. Aurich
Multifokales Sehen im Alter. Ist eine 100%-Zufriedenheit möglich? ..................... 161
K. Linz, R. Khoramnia, A. Fitting, F. T. A. Kretz,
M. Safwat Azis Attia, G. U. Auffarth
Evaluation funktioneller Ergebnisse mit dem Salzburg Reading
Desk nach Implantation einer segmental refraktiven Multifokallinse .................. 165
A. Fitting, R. Khoramnia, M. Safwat Azis Attia, K. Linz,
M. P. Holzer, G. U. Auffarth
Bestimmung der Kontrastsensitivität nach Implantation monofokaler,
monofokal-torischer und multifokaler Intraokularlinsen ..................................... 173
F. T. A. Kretz, K. Linz, M. Safwat Azis Attia, A. Fitting,
R. Khoramnia, G. U. Auffarth
Evaluation einer aberrationkorrigierenden, rein diffraktiven,
torischen Multifokallinse (tMIOL) ......................................................................... 181
M. Elling, H. B. Dick
Analyse der 3-Monats-Ergebnisse nach Implantation eines
kornealen Inlays in pseudophaken Augen .............................................................187
M. Safwat Aziz Attia, F. T. A. Kretz, R. Khoramnia, A. Fitting,
K. Linz, G. U. Auffarth
Evaluation von Visus und Lesefähigkeit mithilfe des Salzburg
Reading Desks nach Implantation einer trifokalen IOL ........................................ 193
18
Inhalt
D. Breyer, H. Kaymak, K. Klabe, C. Pohl
Erste klinische Ergebnisse nach Implantation einer
bitorischen trifokalen IOL ..................................................................................... 201
F. T. A. Kretz, K. Linz, M. Safwat Aziz Attia, A. Fitting,
R. Khoramnia, T. Tandogan, G. U. Auffarth
Erste Ergebnisse mit einer bitorischen, trifokalen Multifokallinse
aus hydrophylem Acrylat mit hydrophober Oberfläche ......................................... 207
OP bei Komorbidität
C. Wirbelauer, D. Kolarov
Operatives Vorgehen bei Patienten mit Cataracta traumatica ............................... 215
J. Kuchenbecker
Phako bei komplizierten Ausgangssituationen ..................................................... 221
M. Elling, H. B. Dick
Fallstricke nach torischer ICL-Implantation in hochmyopen Augen ..................... 225
Katarakt/IOL/PIOL
M. Kernt, H. Becker
Intraokularlinsen mit lichtadaptierter Transmission:
Ein neues Konzept für optimalen Netzhautschutz? ............................................... 233
S. M. Schriefl, C. Leydolt, E. Stifter, R. M. Menapace
Vergleich des Materialeffektes von hydophobem Acryl bzw. Silikon
bei dreistückigen Kunstlinsen auf die Nachstarbildung ........................................ 239
H. Häberle, S. Schiedel, D. T. Pham
Retroiridale Verisyse® als perfektioniertes Routineverfahren ............................... 243
T. Brockmann, J. Gonnermann, C. Brockmann, N. Torun,
A. M. Joussen, E. Bertelmann
Morphologische Veränderungen retropupillar fixierter
Irisklauenlinsen nach traumatischer Deenklavation ............................................ 249
19
Inhalt
Glaukom
C. Wirbelauer, J. Vetter, A. Täumer
Hintere Sklerotomie zur Behandlung der schweren Aderhautamotio
nach fistulierender Glaukomoperation ................................................................. 257
Katarakt-OP
D. M. Handzel, C. H. Meyer, A. Wegener
Messung der zentralen Hornhautdicke nach Kataraktchirurgie –
Vergleich von statischer und rotierender Scheimpflug-Analyse
und SD-OCT .......................................................................................................... 263
R. Khoramnia, A. Fitting, T. M. Rabsilber, G. U. Auffarth,
M. P. Holzer
Postoperative Ergebnisse nach Implantation einer
torischen, asphärischen Intraokularlinse ............................................................. 269
A. Täumer, A. Berthold, J. Vetter, C. Wirbelauer
Intrakamerale Antibiose bei Kataraktoperationen an
Ultimusaugen in topischer Anästhesie .................................................................. 273
T. Michel, H. Häberle, D. T. Pham
Postoperative Endophthalmitiden nach Phako
und IVOM seit 2009 – gibt es Unterschiede? ......................................................... 279
M. Wenzel, G. U. Auffarth, A. Scharrer, K. Schayan, T. Reinhard
Umfrage von DGII, BDOC, BVA und DOG zur
Intraokularchirurgie 2013 ..................................................................................... 283
20
Anschriften der Erstautoren
Anschrift der Erstautoren
Dipl.-Ing. Melanie Abraham
Dr. Detlev Breyer
Augen- & Laserklinik Castrop-
Breyer & Kaymak Augenchirurgie
Rauxel GmbH
Internationale Innovative
Haus am Münsterplatz
Ophthalmochirurgie (I.I.O.)
Münsterplatz 7
Berliner Allee 15
D-44575 Castrop-Rauxel
D-40212 Düsseldorf
 S. 25
 S. 147, 201
Prof. Dr. Gerd U. Auffarth
Dr. Tobias Brockmann
Universitäts-Augenklinik
Charité-Universitätsmedizin Berlin
Im Neuenheimer Feld 400
Campus Virchow-Klinikum
D-69120 Heidelberg
Klinik für Augenheilkunde
 S. 6, 9, 11, 119
Augustenburger Platz 1
D-13353 Berlin
Dr. Henning Aurich
 S. 249
Vivantes Klinikum Neukölln
Augenklinik
PD Dr. Dr. Jens Bühren
Rudower Straße 48
Universitäts-Augenklinik
D-12351 Berlin
Theodor-Stern-Kai 7
 S. 165
D-60590 Frankfurt/Main
 S. 47
Dr. Karl T. Boden
Knappschaftskrankenhaus Sulzbach
Dr. Ina Conrad-Hengerer
Augenklinik
Universitäts-Augenklinik
An der Klinik 10
In der Schornau 23–25
D-66280 Sulzbach
D-44892 Bochum
 S. 73
 S. 127
Dr. Myriam S. Böhm
Prof. Dr. H. Burkhard Dick
Universitäts-Augenklinik
Universitäts-Augenklinik
Theodor-Stern-Kai 7
In der Schornau 23–25
D-60590 Frankfurt/Main
D-44892 Bochum
 S. 103
 S. 5
21
Anschriften der Erstautoren
Dr. Matthias Elling
Prof. Dr. Konrad Hille
Universitäts-Augenklinik
Ortenau Klinikum Offenburg
In der Schornau 23–25
St. Josefsklinik/Augenklinik
D-44892 Bochum
Weingartenstraße 70
 S. 187, 225
D-77654 Offenburg
 S. 67
Dipl.-Ing. Anna Fitting
Universitäts-Augenklinik
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Im Neuenheimer Feld 400
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D-69120 Heidelberg
Rauxel GmbH
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Münsterplatz 7
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Universitäts-Augenklinik
 S. 29, 33, 57
Martinistraße 52
D-20246 Hamburg
Dr. Jan Hülle
 S. 141
20, Lower Avenue
GB-Exeter, EX1 2PR
Dr. Heike Häberle
 S. 37
Vivantes Klinikum Neukölln
Augenklinik
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Rudower Straße 48
Augenklinik der LMU
D-12351 Berlin
Mathildenstraße 8
 S. 243
D-80336 München
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Dr. Ramin Khoramnia
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D-60590 Frankfurt/Main
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D-44047 Dortmund
 S. 115
22
Anschriften der Erstautoren
Dr. Florian T. A. Kretz
Mary Safwat Aziz Attia
Universitäts-Augenklinik
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Im Neuenheimer Feld 400
Im Neuenheimer Feld 400
D-69120 Heidelberg
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D-48145 Münster
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23
Anschriften der Erstautoren
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Augenklinik Berlin-Marzahn GmbH
Augenklinik Berlin-Marzahn GmbH
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Brebacher Weg 15
D-12683 Berlin
D-12683 Berlin
 S. 273
 S. 215, 257
Dr. Carsten L. C. Thannhäuser
Michael Zach
Vivantes Klinikum Neukölln
Kanzlei für Medizinrecht
Augenklinik
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Rudower Straße 48
D-41065 Mönchengladbach
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 S. 131
 S. 81
Prof. Dr. Martin Wenzel
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Max-Planck-Straße 14–16
D-54296 Trier
 S. 283
24
Biometrie
Moderne Biometrie bei sehr kurzen Augen
M. Abraham, P. Hoffmann
Fragestellung
Sehr kurze Augen sind für die Berechnung einer IOL immer noch eine der größten
Herausforderungen. Größter Einzelfehler ist die Vorhersage der postoperativen
axialen IOL-Position. Können moderne Raytracing-Programme in Verbindung mit
optisch gemessenen Daten der kristallinen Linse hier eine Verbesserung herbeiführen?
Methodik
Wir haben retrospektiv die 100 kürzesten Augen, die wir seit Anfang 2011 mit dem
Lenstar LS 900 (Haag-Streit, Koeniz, Schweiz) biometriert haben, mit folgenden Programmen bzw. Formeln berechnet und die Ergebnisse mit der tatsächlich erreichten
Refraktion verglichen („Vorhersagefehler“): Okulix 8.88 und PhacoOptics 1.10.100.2017
(Raytracing), Holladay-IOL-Consultant-Software (Holladay-II-Formel = Gaußsche
Optik) sowie die Holladay-I- und Hoffer-Q-Formeln (Gaußsche Optik). Es wurden
keine „Nullungen“ oder Konstantenanpassungen an dieser Gruppe sehr kurzer Augen
vorgenommen, sondern mit den veröffentlichten Konstanten gearbeitet [1], die bei un­
selektierten Augen zu einem mittleren Vorhersagefehler von 0 führen.
Ergebnisse
Die Augen hatten eine Achslänge von 21,05 ± 0,62 mm (19,33 bis 21,99 mm), die implantierte IOL war im Mittel 30,0 ± 2,5 dpt stark (26,5 bis 38,0 dpt). Die Pupillenweite
wurde mit 3,0 mm angenommen.
Folgende Linsen wurden implantiert: Alcon SA60AT 42-mal, Alcon SN60WF 13mal ­(asphärisch), AMO Tecnis1 25-mal (asphärisch), andere 20-mal.
Tabelle 1 zeigt die Vorhersagefehler für die einzelnen Berechnungsmethoden. Die
Unterschiede zwischen Okulix und PhacoOptics zu den älteren Formeln bzw. Holladay II sind statistisch signifikant (ANOVA- und Tukey-Test P < 0,05).
27
Biometrie
Okulix
Vorhersagefehler arith. Mittel [dpt]
–0,15
PhacoOptics
–0,08
Hoffer Q
Holladay
Holladay II
–0,24
+0,10
–0,12
Stabweite [dpt]
0,55
0,51
0,73
0,72
0,73
Absoluter Fehler arithm. Mittel [dpt]
0,45
0,42
0,61
0,54
0,58
Absoluter Fehler Median [dpt]
0,39
0,37
0,46
0,42
0,45
90 % aller Augen binnen … dpt
1,00
0,90
1,39
1,35
1,31
Ausreißer >1 dpt Fehler [%]
10 %
6%
21 %
20 %
19 %
Tab. 1: Vorhersagefehler für die einzelnen Berechnungsmethoden
Diskussion
Kurze Augen sind aufgrund der schwierigeren Vorhersage der axialen IOL-Position
und deren größerem Einfluss auf die Refraktion (1 mm IOL-Position ≈ 1,25 dpt Brillenrefraktion bei einer 20-dpt-IOL, aber ≈ 2,75 dpt bei einer 35-dpt-IOL) schwieriger
zu berechnen und bringen schlechtere Ergebnisse bei der Refraktionsvorhersage
[2–5].
Die Raytracing-Programme zeigen sich den herkömmlichen Formeln bei kurzen
Augen und hohen IOL-Brechkräften deutlich überlegen. Die Varianz des Vorher­
sagefehlers ist bei den konventionellen Formeln um ≈ Faktor 2 höher (s2 PhacoOptics
= 0,259 gegenüber dem Goldstandard bei kurzen Augen Hoffer Q s2 = 0,534). Dazu
kommen systematische Fehler, da bei den „Konstantenoptimierungen“ nur relativ
wenige kurze Augen eingegangen sind. Größere Varianz und systematische Fehler
führen zu mehr Ausreißern und größeren Absolutfehlern.
Die nicht publizierte multivariate Holladay-II-Formel zeigt keinerlei Vorteile
gegen­über den klassischen bivariaten Formeln. Die optische Linsendickeninforma­
tion des Lenstar verbessert die Vorhersagepräzision bei den Raytracing-Programmen spürbar, bei Holladay II dagegen fast überhaupt nicht.
Die Berechnungsgenauigkeit bei sehr kurzen Augen ist auch mit den genannten
Methoden noch immer etwas schlechter als bei normal großen Augen, jedoch fast
gleich gut wie bei herkömmlicher Biometrie ohne Linsendicke bei Augen zwischen
22 und 25 mm [2–6].
Die Vorteile der Raytracing-Programme sind bei kurzen Augen sehr deutlich
sichtbar. Sie sind wegen der notwendigen Linsendickeninformation jedoch nur bei
Biometriegeräten, die nach dem OLCR-Verfahren arbeiten (Lenstar oder Galilei) voll
ausnutzbar.
28
Abraham, Hoffmann: Moderne Biometrie bei sehr kurzen Augen
Literatur
1. http://www.augenklinik.uni-wuerzburg.de/eulib/index.htm
2. Aristodemou P, Knox Cartwright NE, Sparrow JM, Johnston RL: Formula choice: Hoffer Q, Holladay 1, or
SRK/T and refractive outcomes in 8108 eyes after cataract surgery with biometry by partial coherence interferometry. J Cataract Refract Surg 2011;37(1):63–71. doi:10.1016/j.jcrs.2010.07.032
3. Hoffmann PC: Berechnung der Intraokularlinsen bei 3046 Augen: Ergebnisse und Optimierung. ­Ophthal­mochirurgie 2009;20:257–264
4. PreuSSner P-R, Hoffmann PC, Petermeier K: Vergleich zwischen Raytracing und IOL-Formeln der 3. Generation. Klin Monatsbl Augenheilkd 2009;226(2):83–89. doi:10.1055/s-2008-1027966
5. Norrby S: Sources of error in intraocular lens power calculation. J Cataract Refract Surg 2008;34(3):368–376.
doi:10.1016/j.jcrs.2007.10.031
6. Hoffer KJ: Clinical results using the Holladay 2 intraocular lens power formula. J Cataract Refract Surg
2000;26(8):1233–1237
29
IOL-Berechnung bei extremer Achsenmyopie
P. Hoffmann, A. Kotouza, M. Abraham
Fragestellung
Bei extremer Achsenmyopie kommt es bei der IOL-Berechnung meist zur Unterschätzung der benötigten IOL-Brechkraft mit nachfolgendem Refraktionsfehler in Richtung
Hyperopie. Woher kommt dieser Fehler und wie kann er vermieden werden?
Methodik
Wir haben retrospektiv IOL-Berechnungen mit den marktüblichen Formeln (Haigis,
SRK/T, Holladay, Hoffer Q), zwei Raytracing-Programmen (Okulix, PhacoOptics),­
dem Holladay-IOL-Consultant sowie einer modifizierten GOW-Formel [1] (Castrop
Universal mit nCornea = 1,327) an 100 sehr langen Augen (Achslänge 29,51 bis 37,56 mm,
im Mittel 31,16 ± 1,44 mm) durchgeführt und die Refraktionsvorhersage mit der
tatsächlichen Refraktion verglichen. Alle Biometrien wurden mit dem IOLMaster
(Zeiss Meditec, Jena) durchgeführt. Implantiert wurden 75-mal Alcon MA60MA, elfmal Alcon SA60AT, fünfmal Alcon MA50BM und neunmal andere. Die konventionellen Formeln wurden mit den bei ULIB (http://www.augenklinik.uni-wuerzburg.
de/ulib/c1.htm) angegebenen Werten parametriert.
Ergebnisse
Alle herkömmlichen Formeln produzieren eine systematische Abweichung in
Richtung Hyperopie, wobei Haigis und SRK/T besser abschneiden als Holladay,
Holladay II und Hoffer Q. Okulix Raytracing lieferte die besten Ergebnisse. Unsere
Universalformel schnitt ohne jede Anpassung ebenfalls gut ab. Die von Haigis empfohlenen „Konstantensätze“ für Plus- und Minuslinsen der Firma Alcon führen
zwar zu einem verbesserten mittleren Fehler, aber zu erheblichen Inkonsistenzen
bei verschiedenen Brechkraftstufen: die +5-dpt-Linse hat z. B. mit –0,14 ± 0,56 dpt
einen völlig anderen Vorhersagefehler als die +2 bis 0-dpt-Linsen (+0,51 ± 0,61 dpt).
Die Überprüfung einer alten „Faustformel“ für den Berechnungsnotfall im OP ­(IOL
<10 dpt 0,5 dpt stärker als mit Haigis berechnet nehmen, <6 dpt 1,0 dpt stärker) ergab
bessere Ergebnisse als die +/–Konstanten, die ohnehin nur für einen bestimmten
Linsentyp angegeben werden. Die nicht publizierte Holladay-II-Formel ist nicht erkennbar besser als ihre Vorgängerin (Tab. 1).
31
Biometrie
Mittelwert Std.abw.
Minimum Maximum 10. Perz.
90. Perz.
Mittelwert
bei 0 dpt
IOL (n = 7)
Okulix
–0,02
0,56
–1,21
+1,28
–0,71
+0,81
+0,04
PhacoOptics
+0,05
0,60
–1,64
+1,39
–0,67
+0,89
+0,07
Haigis
+0,59
0,65
–1,21
+1,94
–0,16
+1,56
+0,64
Haigis ±*
+0,14
0,64
–1,22
+1,76
–0,60
+1,12
+0,64
SRK/T
+0,78
0,65
–0,97
+2,20
–0,03
+1,73
+1,00
Holladay
+1,13
0,59
–0,51
+2,56
+0,43
+2,00
+1,20
Holladay II
+1,03
0,71
–1,05
+3,03
+0,17
+1,99
+1,24
Hoffer Q
+1,25
0,71
–0,78
+2,74
+0,39
+2,18
+1,48
Castrop Universal
+0,10
0,58
–1,40
+1,55
–0,63
+0,91
+0,03
Haigis zzgl.
Faustformel**
–0,11
0,61
–2,25
+1,27
–0,94
+0,74
–0,36
Tab. 1: Deskriptive Statistik des Vorhersagefehlers
* Haigis-Formel mit den vorgeschlagenen +/− Konstanten für Alcon MA60MA
** Haigis-Formel mit „Zuschlag“, wie wir es in Notsituationen im OP handhaben. Bei IOL <+10 dpt wird
0,5 dpt aufgeschlagen, bei IOL <+6 dpt 1,0 dpt
Diskussion
Die Problematik liegt im Hornhautmodell und nicht in der Linsenposition. Dies wird
vor allem bei aphaken und 0-IOL-dpt-Augen deutlich, bei denen „Pfusch­faktoren“,
welche die effektive IOL-Position verändern, wirkungslos bleiben. Aus diesem Grund
wird eine Modifikation der virtuellen Linsenposition [2] zwar in ­einer umschriebenen
Gruppe von Augen im Mittel ein besseres Ergebnis erbringen, aber im Einzelfall ­unter
Umständen in die Irre führen. Dies gilt insbesondere bei Aphakie oder 0-dpt-IOL,
wo ein „verbiegen“ von IOL-Konstanten wirkungslos bleibt. Es erfolgt ­lediglich eine
Parallelverschiebung der Regressionsgeraden; die Längen­abhängigkeit des Fehlers
bleibt jedoch bestehen und kann hin zu sehr langen Augen sogar größer werden.
Eine Variation der Achsenlänge [3] kann zwar auch zu guten Ergebnissen führen,
setzt aber den Hebel letztlich an der falschen Stelle an [4].
Wird die Modellannahme des Gullstrand-Auges verändert z. B. nach Liou und
Brennan [5], ergibt sich ein anderer Brechungsindex für die Vereinfachung der Hornhaut als eine dünne Linse (1.327). Sowohl in den Raytracing-Programmen als auch in
der Castroper Universalformel treten systematische Fehler mit der Achsenlänge im
Gegensatz zu den konventionellen Formeln nicht mehr auf.
Ein systematischer Fehler der Längenmessung existiert zusätzlich [4, 6], ist aber
von geringerer klinischer Relevanz. In unserer Patientengruppe kann der durch-
32
Hoffmann, Kotouza, Abraham: IOL-Berechnung bei extremer Achsenmyopie
schnittliche Effekt mit ca. 0,125 dpt abgeschätzt werden. Je größer der Anteil des Glaskörpers am gesamten optischen Pfad ist, desto kleiner wird der resultierende Durchschnittsbrechungsindex des Auges (1,3574 [7] bzw. 1,3527 [6]) und desto größer wird
die Abweichung. Dieser Effekt soll zwar durch die geräteinterne Transforma­tion der
optischen Pfadlänge in geometrische Weglänge aufgefangen werden, jedoch gelingt dies bei extrem langen Augen nicht vollständig [4], weil der Anteil des Hintersegmentes bei exzessiver Myopie nicht linear mit der Achsenlänge wächst [8].
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Berechnungsmethoden, die ein
realitätsnahes Hornhautmodell nutzen, von systematischen Berechnungsfehlern
praktisch frei sind.
Literatur
1. Gernet H, Ostholt H, Werner H: Die präoperative Berechnung intraocularer Binkhorst-Linsen. In: 122.
Versammlung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte. Zimmermann. Balve; 1970:54–55
2. Haigis W: Intraocular lens calculation in extreme myopia. J Cataract Refract Surg 2009;35(5):906–911.
doi:10.1016/j.jcrs.2008.12.035
3. Wang L, Shirayama M, Ma XJ et al.: Optimizing intraocular lens power calculations in eyes with axial
lengths above 25.0 mm. J Cataract Refract Surg 2011;37(11):2018–2027. doi:10.1016/j.jcrs.2011.05.042
4. Olsen T: Intraocular lens power calculation errors in long eyes. J Cataract Refract Surg 2012;38(4):733–734.
doi:10.1016/j.jcrs.2012.02.003
5. Liou HL, Brennan NA: Anatomically accurate, finite model eye for optical modeling. J Opt Soc Am A Opt
Image Sci Vis 1997;14(8):1684–1695
6. Preußner P-R, Olsen T, Hoffmann PC, Findl O: Intraocular lens calculation accuracy limits in normal
eyes. J Cataract Refract Surg 2008;34(5):802–808. doi:10.1016/j.jcrs.2008.01.015
7. Haigis W, Lege B, Miller N, Schneider B: Comparison of immersion ultrasound biometry and partial
coherence interferometry for intraocular lens calculation according to Haigis. Graefes Arch Clin Exp O
­ phthalmol
2000;238(9):765–773
8. Hoffmann PC, Hütz WW: Analysis of biometry and prevalence data for corneal astigmatism in 23,239 eyes.
J Cataract Refract Surg 2010;36(9):1479–1485. doi:10.1016/j.jcrs.2010.02.025
33
Klinische Relevanz der optisch gemessenen
Linsendicke für die IOL-Berechnung
P. Hoffmann, M. Abraham
Fragestellung
In den am häufigsten angewendeten Berechnungsformeln für IOL-Brechkräfte kommen als Eingangsparameter die Achsenlänge sowie entweder die Hornhautradien
(Hoffer Q, Holladay, SRK/T) oder die Vorderkammertiefe (Haigis) vor. Die postoperative IOL-Position ist neben der subjektiven Refraktion der größte Teilfehler der
IOL-Berechnung [1]. Olsen hatte die Linsendicke als einen weiteren Prädiktor für die
spätere IOL-Position vorgeschlagen [2], allerdings war die Ultraschallmessung der
Linsendicke nicht genau genug. Seit dem Aufkommen des Haag-Streit-Lenstar (OLCR,
Optical Low Coherence Reflectometry) kann die Dicke und Position der kristallinen
Linse optisch gemessen werden. Diese Information kann für die IOL-Berechnung genutzt werden. Wir haben quantifiziert, wie groß der Vorteil dieser Information wirklich ist.
Methodik
Wir haben retrospektiv zwei Patientenserien untersucht, die mit dem OLCR-Messverfahren optisch biometriert worden waren. Bei diesem Messverfahren, wie es im
von uns verwendeten Lenstar verwendet wird, werden alle optischen Grenzflächen
entlang des optischen Pfades erkannt.
Gruppe 1 waren 593 unselektierte Augen. Gruppe 2 waren 100 sehr kurze Augen
(AL <21,5 mm). Zurzeit sind drei kommerzielle IOL-Berechnungsprogramme erhältlich, die die optische Position und Dicke der kristallinen Linse ausnutzen. Okulix 8.88
und PhacoOptics 1.10.100.2017 (Raytracing) sowie Holladay-IOL-Consultant-Software
(Holladay-2-Formel = Gaußsche Optik). Mit diesen Programmen wurde aufgrund der
präoperativen Daten eine Refraktionsvorhersage mit der bereits implantierten Linse
errechnet und mit der manifesten Refraktion verglichen (Vorher­sagefehler). Die Berechnungen wurden zweimal durchgeführt: mit und ohne Information der Linsendicke. In Gruppe 1 haben wir nur PhacoOptics, in Gruppe 2 alle drei Programme
eingesetzt.
35
Biometrie
Ergebnisse
Die Tabellen 1 und 2 zeigen die Ergebnisse für die beiden Gruppen. Es ist klar erkennbar, dass bei den beiden Raytracing-Programmen die Linsendickeninformation
verbessert ist. Dies gilt umso mehr, je größer die IOL-Brechkraft wird (Abb. 1). Der
Unterschied kommt deutlicher heraus, wenn andere Fehlerquellen wie die Refrak­
tion verbessert werden. In Tabelle 2 ist die Subgruppe mit Visus ≥1,0 getrennt analysiert; hier kommt der Vorteil noch deutlicher heraus als in der Gesamtgruppe.
Betrachtet man den mittleren Absolutfehler, verbessert die Linsendickeninforma­
tion das Ergebnis um 9 % bis 25 % je nach Subgruppe.
Bei den kurzen Augen ist bemerkenswert, dass sowohl bei PhacoOptics als auch
bei Okulix Verbesserungen von 20 % bis 25 % festzustellen sind, während die Ein­
gabe der Linsendicke bei der Holladay-2-Formel fast keinen Einfluss auf das Ergebnis
hat. Besonders deutlich wird das an der Verbesserung der Varianz: bei Holladay 2
beträgt die Verbesserung 2 %, bei Okulix 25 % und bei PhacoOptics 30 %.
Alle Augen n = 593
Mit Linsendicke
Ohne Linsendicke
Vorhersagefehler MW ± Standardabw.
+0,02 ± 0,40
–0,07 ± 0,42
Mittl. Absolutfehler
0,31
0,34
Med. Absolutfehler
0,25
0,29
Abweichung >0,5 dpt
19 %
20 %
Abweichung >1,0 dpt
2,2 %
2,7 %
Augen mit Visus ≥1,0 n = 268
Mit Linsendicke
Ohne Linsendicke
Vorhersagefehler MW ± Standardabw. [dpt]
+0,03 ± 0,33 dpt
–0,09 ± 0,36 dpt
Mittl. Absolutfehler [dpt]
0,26
0,29
Med. Absolutfehler [dpt]
0,21
0,25
Abweichung >0,5 dpt
12 %
14 %
Abweichung >1,0 dpt
0,4 %
0,8 %
Tab. 1: 593 konsekutive Augen. Die Differenzen mit/ohne Linsendickendaten sind hochsignifikant
(Wilcoxon-Test P <10-5)
36
Hoffmann, Abraham: Klinische Relevanz der optisch gemessenen Linsendicke für die IOL-Berechnung
n = 100
Holladay 2
mit
Holladay 2
ohne
PhacoOptics PhacoOptics Okulix
mit
ohne
mit
Okulix
ohne
Vorhersagefehler
–0,12 ± 0,73
MW ± Standardabw.
–0,12 ± 0,73
–0,08 ± 0,51
–0,31 ± 0,61
–0,14 ± 0,55
–0,29 ± 0,63
Mittl.
Absolutfehler
0,57
0,58
0,42
0,56
0,45
0,56
Med.
Absolutfehler
0,45
0,47
0,35
0,43
0,38
0,45
Abweichung
>0,5 dpt
47 %
45 %
32 %
46 %
38 %
44 %
Abweichung
>1,0 dpt
21 %
21 %
6%
16 %
10 %
17 %
Tab. 2: 100 sehr kurze Augen. Die Differenzen mit/ohne Linsendickendaten sind hochsignifikant für
Okulix und PhacoOptics (Wilcoxon-Test P <10-5) und signifikant für Holladay 2 (P = 0,04)
Abb. 1: Vorhersagefehler mit/ohne Linsendickendaten über der IOL-Stärke. – bedeutet, dass das Vorher­
sageergebnis mit der Information besser ist, + ohne. Ab ca. 25 dpt IOL-Stärke nimmt der Benefit stark zu, ist
aber auch bei schwächeren Linsen noch vorhanden
Diskussion
Der Versuch, die Dicke und Position der kristallinen Linse für die Vorhersage der
späteren IOL-Position heranzuziehen, ist nicht neu [2]. In den letzten Jahren wurden
nach Einführung des OLCR-Messverfahrens in die ophthalmologische Diagnostik
Anstrengungen unternommen, die optisch gemessenen Daten in Raytracing-Programmen einzusetzen [3, 4]. Für die Okulix-Software haben wir bereits nachweisen
können, dass die Linsendickeninformation die Präzision der Refraktionsvorhersage
um 9 % insgesamt und 6 % bis 19 % je nach betrachteter Subgruppe verbessert [4].
37
Biometrie
Die Holladay-2-Formel wird seit 1998 vermarktet, allerdings ist nicht klar, in
­welcher Weise die Daten verwendet werden. Da es sich bei der IOL-Positionsvorhersage offenbar um eine multivariate Regressionsformel handelt, ist zu vermuten,
dass der Regressionskoeffizient für die Linsendicke sehr klein ist. Das vorhergesagte
Refraktionsergebnis ändert sich jedenfalls nur geringfügig in Abhängigkeit von der
Dicke der kristallinen Linse.
In der vorgelegten Arbeit konnten wir zeigen, dass in den Raytracing-Programmen die Daten der kristallinen Linse die Ergebnisse klinisch deutlich und statistisch
hochsignifikant verbessern. Die Verbesserung bei der Holladay-2-Formel ist im Vergleich dazu extrem gering und die Präzision der Vorhersage bei kurzen und langen
Augen schlechter als die der Raytracing-Programme.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Linsendickendaten die IOL-Berechnung bei sehr langen Augen nicht spürbar verbessern, bei normalen Augen um
≥10 % und bei kurzen Augen/hohen IOL-Brechkräften um 25 % und mehr. Für eine
bestmögliche Biometrie ist die optische Linsendickeninformation also unabdingbar.
Literatur
1. Norrby S: Sources of error in intraocular lens power calculation. J Cataract Refract Surg 2008;34(3):368–
376. doi:10.1016/j.jcrs.2007.10.031
2. Olsen T, Corydon L, Gimbel H: Intraocular lens power calculation with an improved anterior chamber
depth prediction algorithm. J Cataract Refract Surg 1995;21(3):313–319
3. Olsen T: The C-constant: new concept in IOL power calculation and comparison with standard formulas. In:
Barry P, ed.Vol XXX. Meeting of the ESCRS. Milan; 2012
4. Hoffmann PC, Wahl J, Preußner P-R: Accuracy of intraocular lens calculation with ray tracing. J Refract
Surg 2012;28(9):650–655. doi:10.3928/1081597X-20120815-08
38
Intraoperative Aberrometrie-basierte Biometrie
zur real-time IOL-Berechnung
J. Hülle, V. Druchkiv, G. Richard, T. Katz, S. Linke
Zusammenfassung
Hintergrund: Evaluierung intraoperativer Wellenfrontaberrometrie-(WA-)basierter Biometrie.
Methoden: Bei Routinekataraktoperationen an 80 Augen wurden vor Implantation ­einer
monofokalen IOL 3 Aberrometrierefraktionen in Aphakie generiert. Alle WA-Messungen
wurden einer objektiven Qualitätskontrolle unterzogen. Aus den Messungen wurde­
das aphake sphärische Äquivalent (SE) bestimmt. Die IOL-Stärke, die die Zielrefrak­tion
(meist Emmetropie) erzielt hätte, wurde retrospektiv errechnet (­sogenannte „adjusted
IOL“). Durch Regressionsanalyse wurden Formeln zur Berechnung dieser adjusted IOL
abgeleitet, die auf dem in Aphakie gemessenen sphärischen Äquivalent basieren (predicted IOL). Zwei Formeln konnten aufgestellt werden, die hinsichtlich ihrer Genauigkeit
mit publizierten Aphakieformeln und der konventionellen ­IOL-Berechnung nach Haigis
verglichen wurden.
Ergebnisse: Alle 3 Aphakiemessungen gelangen bei 35,87 % der Patienten. Hierbei wurden durchschnittliche Qualitätswerte von 42,49 % (SD 18,18 %) bei einer Test-RetestReliabilität von 0.99 erzielt. Bei 24,0 % bzw. 53,33 % aller Augen lag die predicted IOL
nach unserer errechneten Aphakieformel im Zielbereich von ± 0,5 dpt bzw. ± 1,0 dpt
der Zielrefraktion (meist Emmetropie). Mit der achslängenkorrigierten Formel konnten
diese Raten auf 34,67 % bzw. 69,33 % gesteigert werden.
Schlussfolgerungen: Um eine reliable real-time IOL-Berechnung zu ermöglichen, muss
die Messgüte der WA-Messungen verbessert werden, z. B. durch ein automatisiertes
Qualitätsgrading. Randomisiert-kontrollierte Studien sind nötig, um die verschiedenen
Methoden der intraoperativen Refraktion zu vergleichen, mit dem Ziel der Etablierung
eines Goldstandards. Mit der real-time IOL-Berechnung mittels Aberrometrie könnten so
Einschränkungen konventioneller Biometrie umgangen werden.
Einleitung und Ziele
Seit den Experimenten von Heinreich Hertz wissen wir, dass Lichtwellen transversale
elektromagnetische Wellen sind, deren äußerste Schale wir als Wellenfront bezeichnen können. Deren Abweichungen von einer Ideal-Wellenfront, z. B. durch die Refraktionsfehler eines menschlichen Auges bedingt, können wir bestimmen. Aus diesen
Aber­­rationen errechnen uns Wellenfrontaberrometer die jeweilige Refraktion des
Auges.
39
Biometrie
Bisher konnte für Wellenfrontaberrometer, wie für den auf dem Hartman-ShackPrinzip beruhenden WASCA-Analyser (Fa. Zeiss, Deutschland), eine hohe Mess­ge­nauig­keit im Vergleich zur subjektiven Refraktion gezeigt werden. Dies ist bei
meist jungen und myopen Populationen geschehen [8, 10]. Wir fanden in unserer
Vorläuferstudie schwächere Zusammenhänge in Kataraktpatienten mit zunehmender ­Medientrübung [3].
Zwar wurden bereits einige Fallserien zur intraoperativen Anwendung der WA
vorgelegt, wie die von Packer [7], der nach IOL-Implantation den Zylinder intra­
operativ mit dem ORange-System ermittelte, um eine sofortige limbale Entlastungsinzision durchzuführen. Auch noch aktuellere Fallberichte zur intraoperativen
Anwendung dieses Systems [1] oder des neu eingeführten HOLOS-Aberrometers [5]
zur IOL-Berechnung berichten von teils fantastischen Ergebnissen. So behauptet
Canto [1] beispielsweise, dass an korneal-refraktiv voroperierten Augen in 37 %
der Fälle der ORange-Aberrometer die IOL-Stärke innerhalb von 0,5 dpt um
Emmetropie besser vorhersagen konnte als die konventionelle SRK-T-Formel, die
nur eine Ratio von 30 % erreichte.
Allerdings sind alle diese Berichte von anektotischem Charakter, und es liegen
noch keine harten Daten zur Verlässlichkeit dieser intraoperativen Messungen und
ihrer Qualität vor. Wir haben uns deshalb mit diesem Thema befasst und in der Tat
gesehen, dass die Qualität von intraoperativer WA stark schwankt und teilweise nur
etwas mehr als jede zweite Messung gelingt (Huelle, BJO – under revision).
Mit einer anderen Methode, der Autorefraktor-Retinoskopie mit dem Retinomax
wurden bereits Aphakieformeln zur emmetropen IOL-Berechnung aufgestellt. Sie
beruhen allesamt auf dem aphaken sphärischem Äquivalent (SEaph), wobei Wong
[9] noch zusätzlich für die Achslänge justiert. Sie sind im Folgenden mit den Fallzahlen, von denen sie abgeleitet wurden, aufgeführt.
– Ianchulev [4]; N = 22
Emmetropie IOL= 2.01449 x SEaph
– Leccisotti [6]; N = 82
Emmetropie IOL = 1.3 x SEaph + 1.45
– Wong [9]; N = 182
Emmetropie IOL = SEaph x 1.97
für AL >25,5 mm = 0.015 x SEaph2 + 1.5 x SEaph + 1.5
Ianchulev gibt für seine Formel eine Erfolgsquote von 77 % korrekt vorhergesagter postoperativer Refraktion innerhalb von 1,0 dpt um Emmetropie an, wobei
diese Quote mit konventioneller Biometrie gerechnet 96 % ergäbe [4]. Leccisotti
­beschreibt sein entsprechendes Outcome mit 86 % innerhalb ±1,0 dpt der Zielrefraktion [6].
40
Hülle et al.: Intraoperative Aberrometrie-basierte Biometrie zur real-time IOL-Berechnung
Fragestellung
Es liegen nach wie vor keine Daten zur Präzision der intraoperativen Wellenfront­
aberrometrie (IWA) und deren Qualität vor. Unsere Ziele waren deshalb:
1. Die Verlässlichkeit intraoperativen Wellenfrontmessungen zu bestimmen.
2. Aphakieformeln auf wellenfrontbasierter intraoperativer Biometrie abzuleiten.
3. Evaluierung solcher Formel vor dem Hintergrund der Behauptung einiger
­Autoren, die IWA sei als eine Art „Navigationsgerät“ hin zur emmetropen IOL
nutzbar
Methoden
Zur Beantwortung der Frage nach der Verlässlichkeit der Messungen definierten
wir neun Messpunkte, wovon sieben interoperativ und je ein prä- und postoperativ waren. Prä- und postoperativ wurde am sitzenden Patient gemessen, zu beiden
Punkten mit dem WASCA-Analyzer (Zeiss, Deutschland) und zum präoperativen
Messpunkt zusätzlich mit der Pentacam (Oculus, Deutschland). Die sieben intra­
operativen­Messungen fanden zu folgenden Zeitpunkten statt:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
präoperativ nach Einsetzen des Lidsperrers
nach Clear-Corneal-Inzision (CCI)
nach Viskoelastikumeingabe (OVD) in die Vorderkammer
nach abgeschlossener Linsenentfernung
in Aphakie mit Viskoelastikum (Dreifachmessung)
in Pseudophakie
in Pseudophakie nach Entfernen von Viskoelastikums (Dreifachmessung)
Die Messqualität haben wir im Gegensatz zu unserer Vorläuferstudie [3], in der
noch ein subjektives Qualitätsgrading eingesetzt wurde, durch eine automatisierte
Berechnung der WF-Fläche als Surrogatparameter für Qualität mittels der Software
ImageJ objektiviert. Aus den WF-Messungen wurde das aphake sphärische Äquivalent (SEaph) bestimmt. Die IOL-Stärke, die die Zielrefraktion (meist Emmetropie)
erzielt hätte, wurde retrospektiv errechnet (sog. „adjusted IOL“). Durch Regressionsanalyse wurden Formeln zur Berechnung dieser adjusted IOL abgeleitet, die auf
dem SEaph basieren (predicted IOL). Zwei Formeln konnten aufgestellt werden, die
hinsichtlich ihrer Genauigkeit mit publizierten Aphakieformeln und der konventionellen IOL-Berechnung nach Haigis verglichen wurden.
41
Biometrie
Ergebnisse
Das Studienkollektiv umfasste 80 Augen von Patienten, die sich zur Kataraktoperation mit der gleichen monofokalen IOL vorstellten. Sie wiesen keine visusbeeinträchtigenden Komorbiditäten auf, waren im Durchschnitt 69 Jahre alt, und ihr bestkorrigierter Visus präoperativ betrug 0,4 logMAR. Sie waren im Durchschnitt leicht myop mit
einem SE von –0,38 dpt. Tabelle 1 zeigt weitere demografische und p
­ erioperative
Daten.
Characteristics
SA60AT (Acrysof)
Eyes
80
Male-to-female ratio
46:34
Left eye-to-right eye ratio
42:38
N
Mean ±SD (Range)
Age
80
69.09 ±11.29 (36.57/88.04)
Manifest SE pre-op
80
–0.38 ± 2.89 (–9.63/5.13)
Axial length (mm)
79
23.58 ± 1.19 (21.58/27.73)
K1 (D)
79
43.12 ± 1.56 (39.52/46.94)
K2 (D)
79
44.30 ± 1.69 (40.37/48.21)
Aphakic SE
80
13.15 ± 2.80 (5.27/17.94)
Aphakic J0
80
–0.04 ± 0.70 (–1.00/1.93)
Aphakic J45
80
–0.12 ± 0.62 (–2.27/1.73)
Implanted IOL power (D)
80
21.50 ± 3.94 (7.50/28.00)
CDVA Pre (Log Mar)
72
0.40 ± 0.44 (–0.10/3.00)
CDVA Post (Log Mar)
75
0.18 ± 0.26 (–0.10/1.30)
Tab. 1: Deskriptive Daten zur Demografie und Refraktion
Verlässlichkeit intraoperativer Wellenfrontenmessungen
Es war bei Weitem nicht für jeden Patienten eine Dreifachmessung in Aphakie unter
Viskoelastikum möglich, wie die Pattern-Analyse zeigte. So gelangen z. B. alle drei
Messungen nur bei gut 35,87 % der Patienten. Bei Patienten, an denen drei Messungen in Aphakie gelangen, war die Test-Retest-Reliabilität sehr hoch (Abb. 1). Allerdings bestand eine starke Schwankungsbreite, abzulesen an den limits of ­agreement
(Abb. 1), die klinisch als kritisch zu betrachten sind.
Die Richtung dieses signifikanten Effekts ist wie erwartet ein negativer Zusammenhang, d. h., je besser die Qualität der Messung (größere Wellenfrontenkarte), desto
kleiner ist die Differenz zwischen zwei Messungen, also desto genauer wird sie (p < 0.05).
42
Hülle et al.: Intraoperative Aberrometrie-basierte Biometrie zur real-time IOL-Berechnung
Abb. 1: Bland-Altman Plot zur Reproduzierbarkeit des sphärischen Äquivalenz (SE) über die 3-fach
Aberrometriemessungen in Aphakie (M5, M6 und M7). Die durchschnittliche Differenz ist durch
die schwarze mittige Linie beschrieben, limits of agreements durch gestrichelte Linien mit ihren
95%-Konfidenzintervallen (CI)
WF-basierte Aphakieformeln
Im Gegensatz zu den Autoren der Retinomax-Aphakieformeln haben wir keinen parabolen, sondern einen linearen Zusammenhang zwischen adjusted IOL und aphakem SE gefunden (Abb. 2). Wie man gut im Grafen sehen kann, besteht eine große
Streuung bei Augen, die ein kleines SE haben, also bei langen Augen. Dies haben
wir durch eine weitere Formel für Augen, die länger als 25,5 mm sind, korrigiert.
Die entsprechenden Formeln lauten demnach:
AL < 25,5 mm: Emmetropie IOL = 52.65 + 0.54 x SEaph – 1.64 x AL
AL > 25,5 mm: Emmetropie IOL = 52.65 + 0.54 x SEaph – 0.49 x AL –1.64 x AL,
wobei AL = Achslänge, SEaph = Aphakes sphärisches Äquivalent ist.
Abbildung 3 zeigt den Zusammenhang zwischen retrospektiv errechneter Ideal-IOLStärke (adjusted IOL) und der durch unsere Aphakie-Formel vorhergesagten IOLStärke (predicted adjusted IOL) ohne Berücksichtigung der Achslänge.
Diskussion
Evaluierung WA-basierter Aphakieformeln
Wie hätte die postoperative Refraktion ausgesehen, wenn wir die errechneten IOLStärken der bekannten Aphakieformeln im Vergleich zu unseren Formeln eingesetzt
hätten? Kann man die WA als intraoperatives „Navi“ zur gewünschten IOL einsetzen?
43
Biometrie
Abb. 2: OLS-Regressionsplot zu retrospektiv errechneter Ideal-IOL-Stärke (adjusted IOL) und aphakem
sphärischen Äquivalent
Abb. 3: OLS-Regressionsplot zu retrospektiv errechneter Ideal-IOL-Stärke (adjusted IOL) und IOL-Stärke wie durch unserer Aphakie-Formel ohne Achslängenberücksichtigung vorhergesagt (predicted adjusted
IOL). Schwarze Linien geben den Bereich ±0,5 dpt um die rote Regressionsgerade an
Bei 24,0 % bzw. 53,33 % aller Augen lag die predicted IOL nach unserer errechneten Aphakieformel im Zielbereich von ±0,5 dpt bzw. ±1,0 dpt der Zielrefraktion
(meist Emmetropie). Mit der achslängenkorrigierten Formel konnten diese Raten auf
44
Hülle et al.: Intraoperative Aberrometrie-basierte Biometrie zur real-time IOL-Berechnung
34,67 % bzw. 69,33 % gesteigert werden. Wie Abbildung 4 zeigt, sind dies deutlich
bessere ­Ergebnisse als die mit den bereits publizierten Aphakieformeln gerechneten. Des Weiteren sind diese Ergebnisse gar nicht so weit entfernt von denen der
konven­tionellen Biometrie nach Haigis. Allerdings genügt dieses Outcome nicht
den Ansprüchen, die an die heutige Biometrie gestellt werden und die z. B. von der
­britischen NHS mit 85 % innerhalb ±1, dpt als Benchmark festgelegt wurden [2].
Intraoperative Biometrie mit WA?
Unsere Daten legen den Hauptschluss nahe, dass intraoperative WA-Messungen
zwar gut reproduzierbar sind, aber eine hohe Schwankungsbreite aufweisen, die für
den alleinigen klinischen Einsatz als zu hoch erscheint. Allerdings gelangen nur
­etwas mehr als die Hälfte aller Messungen. Dies deutet auf weitere Qualitätsprobleme hin, weshalb dringend Anstrengungen nötig sind, um die Messgüte zu verbessern. Dies könnte beispielsweise durch ein in das Aberrometer integriertes Grading,
z. B. wie von uns vorgeschlagen anhand der Wellenfrontkartenflächen, geschehen.
Bis die intraoperative WA uns als „Navi“ zur perfekten IOL lotst, ist wohl noch eine
gute Wegstrecke zurückzulegen.
%
80
60
± 0.5 dpt
± 1.0 dpt
40
20
0
Ianchulev
Leccisotti
Wong
Huelle
Huelle + AL
Haigis
Abb. 4: Erfolgsquoten (%) für ±0,5 dpt und ±1,0 dpt SE-Bereiche der postoperativ adjusted IOL
Schlussfolgerungen
Intraoperative WA-Messungen sind zuverlässig reproduzierbar, sofern die Messungen gelingen, was bei uns in nur etwas mehr als der Hälfte der Fälle gelang. Deshalb
sollten noch Anstrengungen unternommen werden, die Messgüte zu verbessern,
z. B. durch ein automatisiertes Qualitätsgrading. Randomisiert-kontrollierte Stu­
dien sind nötig, um die verschiedenen Methoden der intraoperativen Refraktion zu
vergleichen mit dem Ziel der Etablierung eines Goldstandards. Es scheint noch ein
gewisser Weg zu sein, bis eine reliable intraoperative Zielrefraktionsüberprüfung
durch die Wellenfrontanalyse möglich sein wird.
45
Biometrie
Literatur
1. Canto AP, Chhada P, Cabot F et al.: Comparison of IOL Power Calculation Methods and Intraoperative
Wavefront Aberrometer in Eyes After Refractive Surgery. J. Refract Surg 2013;29(7):484–489
2. Gale RP, Saldana M, Johnston RL et al.: Benchmark standards for refractive outcomes after NHS cataract
surgery. Eye (Lond) 2009;23(1):149–152
3. Hülle J, Katz T, Draeger J et al.: Accuracy of Wavefront Aberrometer Refraction vs. Manifest Refraction
in Cataract Patients: Impact of Age, Ametropia and Visual Function. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol
2013;251:1163–1173
4.Ianchulev T, Salz J, Hoffer K et al.: Intraoperative optical refractive biometry for intraocular lens power
estimation without axial length and keratometry measurements. J Cataract Refract Surg 2005;31(8):­1530–1536
5. Krueger RR, Shea W, Zhou Y et al.: Intraoperative, real-time aberrometry during refractive cataract ­surgery
with a sequentially shifting wavefront device. J Refract Surg 2013;29(9):630–635
6.Leccisotti A: Intraocular lens calculation by intraoperative autorefraction in myopic eyes. Graefes Arch Clin
Exp Ophthalmol 2008;246(5):729–733
7. Packer M: Effect of intraoperative aberrometry on the rate of postoperative enhancement: retrospective study. J Cataract Refract Surg 2010;36:747–755
8. Reinstein DZ, Archer TJ, Couch D: Accuracy of the WASCA aberrometer refraction compared to manifest
refraction in myopia. J Refract Surg 2006;22:268–274
9. Wong AC, Mak ST, Tse RK: Clinical evaluation of the intraoperative refraction technique for intraocular lens
power calculation. Ophthalmology. 2010;117(4):711–716
10. Zhu X, Dai J, Chu RLY et al.: Accuracy of WASCA aberrometer refraction compared to manifest refraction in
Chinese adult myopes. J Refract Surg 2009;25:1026–1033
46
Hornhaut
Vergleich von Diskriminanzanalyse und
Entscheidungsbäumen zur Erkennung des
frühen Keratokonus
J. Bühren, S. Kleinhans, E. Hermann, T. Kohnen
Zusammenfassung
Fragestellung: Vergleich der Eignung von Diskriminanzanalyse und Entscheidungsbäumen zur Unterscheidung normaler Augen von Augen mit subklinischem Keratokonus.
Methodik: Gruppe 1 mit 32 Augen von 32 Patienten mit einer Erstdiagnose „Keratokonus“ auf dem Partnerauge; Gruppe 2 mit 245 normalen Augen von Patienten mit
Zustand nach Laser-in-situ-Keratomileusis und unauffälligen Nachkontrollen innerhalb von 12 Monaten. Die Eingangsdaten bestehen aus Zernike-Koeffizienten von
1. bis 7. Ordnung der Hornhautvorder- und Rückfläche und Pachymetriedaten. Aus den
Daten wurde eine lineare Diskriminanzanalyse durchgeführt und Entscheidungsbäume
gebildet. Die diagnostische Trennschärfe der ermittelten Diskriminanzfunktionswerte
wurde mithilfe der Analyse der mittels „Receiver Operating Characteristics“-(ROC-)Kurven ermittelt.
Ergebnisse: Entscheidungsbäume aus Daten der Rückfläche sowie Vorder- und Rückfläche liefern eine hohe korrekte Klassifikation von 92,1 % und 92,4 %. Auch die Spezifität kann gesteigert werden und ist besonders hoch bei den Entscheidungsbäumen der
Pachymetriedaten von 98,4 %. Im Vergleich zur Diskriminanzanalyse war die Sensitivität geringer. Der höchste Wert lag hier für die Entscheidungsbäume aus den Werten der
Vorderfläche sowie Vorder- und Rückfläche nur bei 78 %.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Entscheidungsbäume als auch
die Diskriminanzanalyse normale Augen von Augen mit subklinischem Keratokonus
zu trennen vermochten. Entscheidungsbäume konnten im Vergleich zur Diskriminanzanalyse eine mäßige Steigerung der Trennschärfe bewirken.
Summary
Purpose: To compare the suitability of discriminant function analysis and decision trees
for discrimination between normal eyes and eyes with subclinical keratoconus.
Methods: Group 1 with 32 eyes of 32 patients with newly diagnosed „keratoconus“ in
the fellow eye; Group 2 with 245 normal eyes after laser-in-situ-keratomileusis and
12 month follow-up without any signs of iatrogenic keratectasia. Discriminant function analysis and decision trees were applied to input data from Zernike polynomials based on anterior and posterior corneal surfaces and pachymetry data. Receiver
operating characteristic curve (ROC) analysis was calculated for the output values of
discriminant function analysis.
49
Hornhaut
Results: Decision trees from data of the anterior and also anterior and posterior
corneal surfaces resulted in an increased accuracy of 92.1 % and 92.4 %. In addition the
specificity of the decision trees was significantly higher than the specificity of the discriminant function analysis. Pachymetry data achieved the highest specificity of 98.4 %.
The performance of the sensitivity of decision trees was lower compared to the
sensitivity of discriminant function analysis. The highest sensitivity of 78 %
could be reached for the data from anterior and also anterior and posterior corneal surfaces.
Conclusion: Both decision trees and discriminant function analysis could distinguish between normal eyes and eyes with subclinical keratoconus. The results showed
that decision trees could achieve a slightly higher accuracy and specificity than the
discriminant function analysis.
Hintergrund
Die refraktive Chirurgie nimmt immer mehr an Bedeutung zu, allerdings ist eine der
gefürchtetsten Komplikationen die iatrogene Keratektasie [1]. Eine iatrogene Keratektasie entsteht in den meisten Fällen nach refraktiv-chirurgischen Eingriffen von
Augen mit frühen Keratokonusformen, die wenige oder keine klinischen Zeichen aufweisen (subklinischer Keratokonus) [2]. Leider gibt es bis heute noch kein hinreichend
sicheres diagnostisches Verfahren zur Früherkennung eines subklinischen Keratokonus und deshalb besteht hier ein großes Forschungsinteresse.
Patienten und Methoden
Patienten
Es wurden zwei Gruppen von Patienten gebildet. Zu der ersten Gruppe wurden
Augen mit subklinischem Keratokonus gezählt. Es wurden 32 Augen von 32 Patienten
im Alter von 18 bis 60 Jahren eingeschlossen, die einen Keratokonus auf dem Partnerauge aufwiesen. Einschlusskriterien waren dabei ein PISD-Wert (parazentrale
inferior-superiore Brechwertdifferenz) <1,4 dpt und ein Visus c.c. von ≤0,1 logMAR.
Die Patienten trugen zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Kontaktlinsen. Harte
Kontaktlinsen wurden in einem Abstand von vier Wochen und weiche in einem
Abstand von zwei Wochen abgesetzt. Außerdem hatten die Patienten keine
sonstigen okulären Vorerkrankungen oder vorausgegangene Eingriffe am Auge.
Die Gruppe 2 bestand aus 245 Patienten im Alter von 18 bis 60 Jahren mit Zustand
nach LASIK. Für die Untersuchungen wurden die präoperativen Topografien verwendet
[3]. Sie wurden über einen Mindestzeitraum von zwölf Monaten untersucht, wobei eine
Zunahme der Hornhautkurvatur, des keratometrischen Astigmatismus, Abnahme der
Hornhautdicke oder Abfall des Visus c.c. Ausschlusskriterien waren. Auch hier wurden
Kontaktlinsen vor den Untersuchungen im oben genannten Zeitraum abgesetzt.
50
Bühren et al.: Vergleich von Diskriminanzanalyse und Entscheidungsbäumen ...
Korneale Topografie und korneale Wellenfrontanalyse
Die korneale Topografie wurde mit dem Orbscan IIz von Bausch & Lomb durchgeführt. Die Hornhautoberfläche kann so dreidimensional als Höhenkarte erfasst
werden. Für die Vorderfläche wurden bei den Untersuchungen Karten vom axialen
Typ verwendet. Verschiedene Kennzahlen können daraus abgeleitet werden [4].
Zur Beschreibung der kornealen Form wurden Zernike-Polynome von 1. bis 7. Ord­nung verwendet (Analysedurchmesser 6 mm). Die Wellenfrontanalyse der Hornhautvorderfläche erfolgte aus axial-keratometrischen Daten über die Software Visual
Optics Laboratory (VOL)-Pro 7.30. Für die Untersuchung der Hornhautrückfläche
wurden Höhendaten mittels MATLAB 7.0 ausgewertet.
Pachymetrieprofilanalyse
Da das Zentrum schon bei frühen Keratokonusstadien verdünnt ist, kann so die von
Ambrósio et al. entwickelte Analyse der Hornhautdicke zur Diagnostik beitragen [5].
Auch hier wurde ein Programm in MATLAB 7.0 angewendet, bei dem sowohl absolute Werte als auch ein relativer Dickenanstieg der Hornhaut berechnet werden
können.
Lineare Diskriminanzanalyse
Die Diskriminanzanalyse wird schrittweise mit dem Programm SPSS 20 durchgeführt, und die Ausgangsdaten sind Funktionswerte aus nicht standardisierten Koeffizienten. Zur Analyse der diagnostischen Trennschärfe wurden „Receiver Operating
Characteristics“-(ROC-)Kurven ausgewertet, anhand deren Sensitivität, Spezifität
und die korrekte Klassifikation angegeben werden können.
Entscheidungsbäume
Die hier verwendeten Entscheidungsbäume sind Binärbäume, die mit dem CARTAlgorithmus (Classification and Regression tree) hergestellt wurden. Das verwendete Programm ist R mit dem Add-on-package „party“ und mit dem Befehl „Ctree“. Die
Stoppregeln werden nicht vom Benutzer vorgegeben, sondern basieren auf statistischen Auswertungen. Sie richten sich nach multiplen Testverfahren, basierend auf
den p-Werten. Zur Auswahl eines Split-Attributs wird ein statistischer Eignungstest
durchgeführt, damit das Attribut auch allein die Trainingsdaten zu klassifizieren
vermag. Für den statistischen Test des folgenden Split-Attributs werden immer alle
Trainingsbeispiele mit ihren Messdaten verwendet. Identische Textfolgen, das heißt
Attributwertabfragen, können an verschiedenen Stellen im Entscheidungsbaum
auftreten (Redundanz), das bedeutet: auch mehrmals einfließen und sich damit
überschneiden. Das Programm verwendet eine „Kostenkomplexitätsbeschneidung“
mithilfe einer Kreuzvalidierung. Der Baum kann sich hochkomplex aufteilen und
wird erst später übersichtlicher geschnitten (Rückwärtsbeschneidung).
51
Hornhaut
Ergebnisse
Tabelle 1 zeigt jeweils die Diskriminanzfunktionen der durch Zernike-Polynome
beschriebenen Vorderfläche (DA), der Rückfläche (DP), von beiden zusammen (DAP),
von den Pachymetriedaten (T) und eine gemeinsame Diskriminanzfunktion aus
allen Werten (DAPT). Es wurden mittels ROC-Analyse Sensitivität, Spezifität, die
korrekte Klassifikation, der kritische Wert und die Fläche unter der ROC-Kurve (AZROC)
berechnet. Den höchsten Wert für die korrekte Klassifikation mit 90,7 % und die Spezi­fität mit 93,9 % lieferte dabei die Diskriminanzfunktion aus den Daten der
Hornhautvorderfläche, Rückfläche und der Pachymetriedaten (DAPT). Die Diskriminanzfunktionenaus Daten der Rückfläche sowie der Vorder- und Rückfläche
(DAP) ergaben beide einen Wert von 90,6 %. Die Entscheidungsbäume aus Daten
der Rückfläche (P) und aus Vorder- und Rückfläche (AP) lieferten eine hohe
korrekte Klassifikation mit 92,1 % und 92,4 %. Die Spezifität ist bei allen hier
vorgestellten Entscheidungsbäumen hoch, besonders bei dem Entscheidungs­
­
baum der Pachymetriedaten (T) mit 98,4 %. Der höchste Wert der Sensitivität
lag bei 78,1 % für die Entscheidungsbäume aus den Werten der Vorder­fläche (A)
sowie Vorder- und Rückfläche (AP) (Tab. 2).
Abbildung 1 und 2 zeigen Entscheidungsbäume für Daten der Vorder- und
Rückfläche (AP) und Vorder- und Rückfläche zusammen mit Pachymetriedaten
(APT).
AZROC
kritischer Wert
Sensitivität [%]
Spezifität [%]
korrekt [%]
DA
DFx
0,907
≤–0,62
88,4
86,5
85,5
DP
0,882
≤–0,008
90,6
75,5
83,1
DAP
0,954
≤–0,68
90,6
88,2
89,4
DAPT
0,956
≤–0,97
87,5
93,9
90,7
DT
0,825
≥–0,64
71,9
79,2
75,5
Tab. 1: Ergebnisse der ROC-Analyse der Diskriminanzanalyse
EB
Sensitivität [%]
Spezifität [%]
korrekt [%]
A
78,1
94,3
92,4
P
56,3
93,5
89,2
AP
78,1
94,3
92,4
APT
62,5
95,9
92,1
T
21,9
98,4
89,5
Tab. 2: Ergebnisse der Entscheidungsbaumanalyse
52
Bühren et al.: Vergleich von Diskriminanzanalyse und Entscheidungsbäumen ...
1
Z1M1_A
p < 0,001
1
> - 0,206
Node 5 (n = 238)
0,9706
3
MIR126
p = 0,001
≤1
1
Node 2 (n = 30)
Node 4 (n = 29)
1
Node 5 (n = 218)
0,9725
1
0,8
0,6
0,6
0,6
0,6
0,6
0,6
0,4
0,4
0,4
0,4
0,4
0,4
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0
0
0
0
0
0
Abb. 1: Entscheidungsbaum aus Zernike-Daten der
Vorder- und Rückfläche (AP)
0,7931
2
0,3333
0,8
2
0,8
2
2
0,8
0,4444
0,8
1
>1
1
1
Node 4 (n = 9)
2
1
2
0,3333
1
> - 0,585
1
≤ - 0,206
Node 2 (n = 30)
≤ - 0,585
3
Z3M1_A
p = 0,016
1
> - 0,585
1
≤ - 0,585
1
Z1M1_A
p < 0,001
Abb. 2: Entscheidungsbaum aus ZernikeDaten der Vorder- und Rückfläche und
Pachymetriedaten (APT)
Diskussion
Die Ergebnisse der Entscheidungsbäume im Vergleich zu den Ergebnissen der Diskriminanzanalyse lieferten eine mäßige Steigerung der Trennschärfe. Die Werte
der korrekten Klassifikation lagen alle zwischen 1,4 % und 13,5 % höher. So konnte
beispielsweise die korrekte Klassifikation für die Daten der Vorder- und Rückfläche
(DAP und AP) um 3 % gesteigert werden. Auch gab es einen Anstieg der Spezifität bei
den Ergebnissen der Entscheidungsbäume, diese lagen zwischen 2 % und 19,2 % höher. Allerdings schnitten die Ergebnisse der Entscheidungsbäume in Bezug auf die
Sensitivität im Vergleich zur Diskriminanzanalyse schlechter ab, sie lagen zwischen
10,3 % und 50 % darunter. Somit konnte gezeigt werden, dass Entscheidungsbäume
eine Trennung von normalen Augen und von Augen mit subklinischem Keratokonus
ermöglichen. Außerdem wird die Hypothese bestätigt, dass nicht alle Verfahren die
gleiche Trennschärfe besitzen, sie konnte hier im Vergleich zur Diskriminanzanalyse gesteigert werden. Die niedrige Sensitivität ist allerdings problematisch, da gerade für die präoperative Diagnostik des subklinischen Keratokonus möglichst viele
Kranke als krank erkannt werden sollten, um sie von einer Operation ausschließen
zu können.
Insgesamt zeigte sich, dass die Anwendung von Entscheidungsbäumen, also
eines im Gegensatz zur Diskriminazanalyse sequenziellen multivariablen Verfahrens, die Trennschärfe nur marginal steigern konnte. Es bestehen also nach wie
vor Überlappungen zwischen den Gruppen, die anhand der Betrachtung von Form­
charakteristik der Hornhaut nicht weiter zu differenzieren waren. Dies weist wiederum auf die Notwendigkeit der Aufnahme biomechanischer Parameter in das Modell
hin. Eine Studie zu diesem Thema wird in unserer Institution gerade durchgeführt.
53
0,8
Hornhaut
Literatur
1. Randleman JB, Russell B, Ward MA et al.: Risk factors and prognosis for corneal ectasia after LASIK. Ophthalmology 2003;110:267–275
2. Bühren J, Kühne C, Kohnen T: Wavefront analysis for the diagnosis of sub-clinical keratoconus. Ophthalmologe 2006;103:783–790
3. Bühren J, Schäffeler T, Kohnen T: Preoperative topographic characteristics of eyes that developed postoperative LASIK keratectasia. J Refract Surg 2013;29:540–549
4. Bühren J, Kook D, Yoon G, Kohnen T: Detecting subclinical keratoconus using corneal anterior and posterior
surface aberrations and spatial thickness profiles. Invest Ophthalmol Vis Sci 2010;51:3424–3432
5. Ambrósio R Jr., Caiado AL, Guerra FP et al.: Novel pachymetric parameters based on corneal tomography
for diagnosing keratoconus. J Refract Surg 2011;27:753–758
54
Bedeutung der Hornhautrückfläche
für Refraktion und IOL-Berechnung
K.-C. Schulze, P. Hoffmann, M. Abraham, P. R. Preußner
Fragestellung
Seit wenigen Jahren existieren diagnostische Möglichkeiten, die Krümmungsradien
der Hornhautrückfläche zu messen. Wir haben quantifiziert, welchen Einfluss die
Rückfläche auf die Refraktion des Auges sowie die Berechnung von Intraokular­linsen hat.
Methodik
Wir haben 395 Kataraktaugen vor OP mit einem Placido-Scheimpflug-Hybrid-Topografen (TMS-5) sowie zwei Keratometern (IOLMaster und Lenstar) untersucht und
den Differenzvektor zwischen Vorderflächen- und Gesamtastigmatismus ermittelt.
Die Berechnungen erfolgten mit der Okulix-Software und wurden mit der subjektiven Refraktion abgeglichen (Serie 1). Unabhängig davon wurden 104 pseudophake
Augen mit einem Keratometer (Lenstar), einem hochauflösenden VorderabschnittsOCT (Casia SS-1000), einem Hybrid-Topografen (TMS-5), einem Placido-Topografen
(TMS-4) sowie einem Scheimpflug-Topografen (Pentacam HIRes) vermessen und die
objektiv gemessenen Werte (berechnet mit der eingebauten Software der jeweiligen
Hersteller) mit der manifesten subjektiven Refraktion verglichen (Serie 2).
Ergebnisse
Der auf der Hornhautvorderfläche gemessene Zylinder weicht vom Gesamtzylinder der
Hornhaut im Mittel um 0,3 dpt (Differenzvektor) ab. Der Differenzvektor ist dabei überwiegend in 90° orientiert. Der Differenzvektor zwischen Keratometrie und manifester
Refraktion beträgt im Mittel 0,36 dpt x 90°. Die Hornhautrückfläche bewirkt also meist
einen schwachen inneren Astigmatismus „gegen die Regel“. Nur in 5 % der Fälle ist
dieser innere Astigmatismus betragsmäßig >0,5 dpt (Serie 1). Der mittlere Differenzvektor zwischen kombinierter Topografie und subjektiver Refraktion ist mit 0,14 x 81°
deutlich kleiner als der zwischen Keratometrie und subjektiver Refraktion (0,38 x 89°).
Beim Vergleich der Prädiktionskraft (Differenzvektor zwischen Geräteangabe und
manifestem Zylinder) der einzelnen Geräte stellt sich heraus, dass das OCT und der
Hybrid-Topograf die beste Vorhersagepräzision besitzen, während der Scheimpflug-
55
Hornhaut
Topograf einen stärkeren unsystematischen Fehler aufweist und ­Keratometer sowie
Placido-Topografie durch das Fehlen der Rückflächendaten einen systematischen
Fehler aufweisen. Die Vorhersagekraft der Autokeratometrie kann verbessert werden, wenn der statistische Durchschnittswert von 0,3 dpt x 90° vektoriell addiert wird.
Die besten Ergebnisse liefert eine vektorielle Mittelung zwischen OCT und korrigierter Autokeratometrie. Die genauen Zahlen sind Tabelle 1 zu entnehmen.
Mittelwertwert
Lenstar
Lenstar
korrigiert
0.557
0.466
CASIA
0.427
TMS-5
0.438
TMS-4
(nur
Placido)
0.550
Pentacam Vektormittel
von LS korr.
und CASIA
0.699
0.371
Std.abw.
0.271
0.307
0.249
0.252
0.280
0.406
0.222
Median
0.500
0.404
0.375
0.418
0.498
0.551
0.347
binnen 0.50 dpt
51.0 %
64.4 %
63.5 %
65.4 %
55.8 %
41.3 %
74.0 %
binnen 0.75 dpt
80.8 %
84.6 %
88.5 %
90.4 %
73.1 %
63.5 %
94.2 %
binnen 1.00 dpt
94.2 %
91.3 %
98.1 %
97.1 %
92.3 %
76.9 %
100.0 %
T ab. 1: Differenzvektor zwischen objektivem und subjektivem Astigmatismus (HSA = 0 mm) für die
ver­schiedenen Geräte
Diskussion
Es gibt beim pseudophaken Auge einen „inneren Astigmatismus“, der überwiegend
durch die Hornhautrückfläche bestimmt wird. Daher ist bei Korrektur gerade kleinerer Zylinderbeträge (torische IOL, arkuate Inzisionen) die Kenntnis der Hornhautrückfläche notwendig, um refraktive Überraschungen zu vermeiden.
Die Größenordnung dieses Rückflächenastigmatismus liegt bei ≈ 0,3 dpt x 90°,
was auch andere Arbeitsgruppen gefunden haben [1, 2]. Kombinierte Placido- und
­Scheimpflug-Geräte erbringen bessere Präzision als Scheimpflug alleine, was an
der Größenordnung der Differenzvektoren erkennbar ist [1, 2, 3]. Interessanter­weise
ist der absolute Betrag des Rückflächenastigmatismus bei Augen mit hohem und
­niedrigem Gesamtastigmatismus nicht wesentlich unterschiedlich.
Für die Planung torischer Korrekturen sollte die Hornhautrückfläche möglichst
bekannt sein [5]. Kann die Rückfläche nicht gemessen werden, empfehlen wir eine
einfache Transformation der Keratometerwerte, um den Effekt der Rückfläche auf
Basis statistischer Mittelwerte zu antizipieren. Die reinen Keratometerwerte sind
kein guter Prädiktor für subjektiven Astigmatismus am pseudophaken Auge [6].
Es ist wichtig zu wissen, dass der Rückflächenastigmatismus nicht nur zur Überkorrektur bei Astigmatismus rectus (bei inversus Unterkorrektur) führt, sondern
auch zur Veränderung der effektiven Achse vor allem bei Astigmatismus obliquus.
56
Schulze et al.: Bedeutung der Hornhautrückfläche für Refraktion und IOL-Berechnung
Literatur
1. Koch DD, Ali SF, Weikert MP et al.: Contributionof posterior corneal astigmatism to total corneal
astigmatism. J Cataract Refract Surg 2012;38(12):2080–2087. doi:10.1016/j.jcrs.2012.08.036
2. Dubbelman M, Sicam VADP, van der Heijde GL: The shape of the anterior and posterior surface of
the aging human cornea. Vision Res 2006;46(6-7):993–1001. doi:10.1016/j.visres.2005.09.021
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4. Srivannaboon S, Soeharnila, Chirapapaisan C, Chonpimai P: Comparison of corneal
astigmatism and axis location in cataract patients measured by total corneal power, automated
keratometry, and simulated keratometry. J Cataract Refract Surg 2012. doi:10.1016/j.jcrs.2012.07.024
5. Hoffmann PC, Wahl J, Hütz WW, Preußner P-R: A ray tracing approach to calculate toric intraocular
lenses. J Refract Surg 2013;29(6):402–408. doi:10.3928/1081597X-20130515-04
6. Teus MA, Arruabarrena C, Hernández-Verdejo JL et al.: Correlation between keratometric and
refractive astigmatism in pseudophakic eyes. J Cataract Refract Surg 2010;36(10):1671–1675. doi:10.1016/j.
jcrs.2010.05.010
57
Nomogramm-Entwicklung
für fs-Laser arkuate Inzisionen
P. Hoffmann, M. Abraham
Fragestellung
Unkorrigierter Astigmatismus verschlechtert bei pseudophaken Augen die unkorrigierte Sehschärfe ab 1,0 dpt spürbar [1], bei diffraktiven Multifokallinsen sogar schon
ab 0,5 dpt [2]. Kornealer Astigmatismus zwischen 1,0 und 2,0 dpt liegt bei 28 % aller
Kataraktaugen vor [3].
Neben torischen Linsen existieren inzisionale Techniken zur Korrektur. Femto­
sekundenlaser können potenziell sehr präzise Schnitte in der Hornhaut erzeugen und
bieten überdies zusätzliche Möglichkeiten gegenüber dem Messer. Nomogramme für
limbusnahe Inzisionen (LRI: Donnenfeld, Nichamin, Gills) sind für ­arkuate Inzisionen
mit definierter optischer Zone nicht optimal anwendbar. Klassische AK-Nomogramme
(ARC-T [4], Thornton [5]) verwenden kleinere optische Z
­ onen und typischerweise
höhere Korrekturbeträge.
Es besteht also Bedarf für ein neues Nomogramm für die fs-Laser arkuate Kerato­
tomie (fsAK) insbesondere für den besonders häufig vorkommenden Bereich von 1,0
bis 2,0 dpt Korrekturbetrag.
Methodik
Wir haben als Arbeitsgrundlage das Nomogramm nach Oshika [6] benutzt und um
eine Altersabhängigkeit ergänzt (–0,75 % Effekt pro Jahr unter 80, +0,75 % Effekt pro
Jahr über 70). Die optische Zone, die in das Oshika-Diagramm als Variable eingeht,
wurde konstant auf 8,5 mm gehalten, um eine neue Dosis-Wirkungs-Beziehung mit
möglichst wenig Variablen zu erhalten.
Zur Dosierung wurde analog unserem Vorgehen bei torischen Linsen [7] der Mittelvektor aus Lenstar-Keratometrie und Tomey TMS-5 „real astigmatism“ (unter Berücksichtigung der Hornhautrückfläche) als Zielwert benutzt. Alle 120 fsAK wurden
mit dem TechnolasVictus SW 2.7 im Rahmen einer Katarakt-OP mit Implantation­
einer asphärisch aberrationskorrigierenden Linse als „offene“ Inzisionen ausgeführt, das heißt mit Eröffnung des Epithels und mechanischer Spreizung. Als
Schnitttiefe wurde 80 % der Hornhautdicke 4,25 mm peripher des Hornhautapex
(TMS-5) gewählt. Standardparameter waren 1,2 mJ Energie, spacing horizontal 5 µm,
vertikal 2 µm. Die Zentrierung erfolgte mithilfe von Limbusmarkierungen.
59
Hornhaut
Die chirurgisch erzielten Veränderungen des Astigmatismus wurden vektoriell
analysiert. Dabei wurde objektiv (TMS-5 real astigmatism) prä gegen objektiv post
sowie objektiv prä gegen subjektiv post (Refraktion mit Kreuzzylindermethode)
analysiert. Letzteres ist für den Patienten sowie für die Dosis-Wirkungs-Beziehung
ausschlaggebend, da simultan immer auch die Katarakt mit entfernt wurde und somit ein Vergleich subjektiv gegen subjektiv nicht sinnvoll ist. Nachuntersuchungen
erfolgten nach einem Monat und drei Monaten.
Nach 70 erfolgten Eingriffen wurde ein neues Nomogramm entwickelt, das anders
als das von Oshika nur Bogenlänge und Alter als Variablen enthält, eine konstan­te
optische Zone von 8,5 mm und lokale 80 % Schnitttiefe hat und für Bogen­längen
von 30° bis 60° validiert ist.
Anhand der Nomogramme konnte auch eine zu erwartende zylindrische Rest­
refraktion errechnet werden. Die vektorielle Differenz zwischen der erwarteten und
der erreichten Refraktion ist der zylindrische Vorhersagefehler (CPE).
Ergebnisse
Es wurde im Mittel eine Bogenlänge von 44,1 ± 6,6° geschnitten. Der mittlere prä­
operative korneale Zylinder betrug 1,42 ± 0,70 dpt, der postoperative subjektive 0,57
± 0,34 dpt nach einem Monat und 0,56 ± 0,34 dpt nach drei Monaten. Der residuale
Zylinder nach drei Monaten war subjektiv in 88 % aller Augen ≤0,75 dpt, objektiv in
76 %.
Nach dem modifizierten Oshika-Diagramm betrug die intendierte Korrektur 1,38
± 0,37 dpt und die erreichte 1,25 ± 0,51 dpt nach einem Monat sowie 1,24 ± 0,55 dpt
nach drei Monaten, was einem Korrekturindex von 0,90 entspricht. Der 3-MonatsScatterplot ist in Abbildung 1 dargestellt. Das Nomogramm ist bei kleineren intendierten Korrekturen insgesamt etwas unterdosiert.
Eine neue Dosis-Wirkungs-Beziehung wurde auf der Basis von 48 3-Monats-Datensätzen errechnet und dabei folgende Regressionsgleichung gefunden (Voraussetzungen s. o.):
Effekt [dpt]= –2,6295 + 0,0635 · Bogenlänge [°] + 0,0148 · Alter [Jahre]
Der Scatterplot ist ein Abbildung 2 dargestellt. Die neue Regression führt definitionsgemäß zu einem Korrekturindex von 1,0 in diesem Datensatz. Der zylindrische
Vorhersagefehler (CPE) ist nach dem neuen Nomogramm 0,57 ± 0,39 dpt.
Alternativ zu diesem neuen Nomogramm kann der ursprüngliche Ansatz
verbessert werden, indem die Altersabhängigkeit von 0,75 % pro Jahr auf 1,0 %
pro Jahr erhöht wird. Dies führt ebenfalls zu einem Korrekturindex von ≈ 1,0 nach
drei Monaten.
60
Hoffmann, Abraham: Nomogramm-Entwicklung für fs-Laser arkuate Inzisionen
diopters
3
achieved (refraction)
overcorrection
2
1
0
undercorrection
0
1
2
attempted
3
diopters
Abb. 1: Erste Version des Nomogramms (Modifikation Oshika) mit 3-Monats-Ergebnissen
diopters
3
achieved (refraction)
overcorrection
2
1
0
undercorrection
0
1
2
attempted
3
diopters
Abb. 2: Neue Version des Nomogramms mit 3-Monats-Ergebnissen
Diskussion
In der Literatur ist bisher kein Nomogramm beschrieben, das für fsAK im Rahmen
von Kataraktoperationen geeignet wäre. Die Salzburger Arbeitsgruppe hat eine
Dosis-Wirkungs-Beziehung für rein intrastromale fsAK mit 2 x 90° Bogenlänge
entwickelt [8]. Leider ist die Vorhersagbarkeit und maximale Korrekturhöhe dieses
intrastromalen Ansatzes nicht ausreichend für unsere Zwecke.
61
Hornhaut
Die „offene“ fsAK erlaubt gut vorhersagbare Korrekturen bei großer optischer
Zone. Unser Nomogramm ist für Bogenlängen von 30° bis 60° überprüft, was beim
70-jährigen Patienten einer Astigmatismuskorrektur von 0,31 bis 2,21 dpt entspricht.
Das Nomogramm erlaubt eine nahezu stufenlose Korrektur.
Der CPE ist ein Maß für die Vorhersagegenauigkeit der gesamten Kette von der
Diagnostik über die Chirurgie bis zur Refraktion. Der berechnete Wert von 0,57 ± 0,39 dpt
­entspricht in etwa dem, was auch mit torischen Linsen erreicht werden kann [9], wobei
berücksichtigt werden muss, dass bereits der Diagnostik- inkl. Rundungsfehler je nach
Gerät bei 0,4 bis 0,7 dpt liegt [10] und die hier bearbeiteten relativ kleinen Astigmatismusbeträge wegen des Diagnostikfehlers schwieriger zu korrigieren sind. Im eigenen Haus
betrug der CPE bei torischen Linsen und vergleichbarer Diagnostik 0,50 ± 0,37 dpt [7].
Eine Alternative zu offener und intrastromaler fsAK ist die „semi-intrastromale“
fsAK, bei der die Bowmansche Membran durchtrennt wird, aber das Epithel nicht
nach oben perforiert. Dies ist eine gute Alternative für Nachkorrekturen. Der Effekt
ist etwas geringer als bei der offenen und nachgespreizten AK, aber deutlich höher
als bei der intrastromalen ohne Bowman-Eröffnung. Bei allen intrastromalen fsAK
besteht im Gegensatz zur manuell gespreizten fsAK eine starke Abhängigkeit von
der Schnittgüte des Lasers.
Eine gewisse Unwägbarkeit der Dosierung liegt leider in der Schnitttiefe, da es
mit der zurzeit vorhandenen Diagnostik nicht möglich ist, die optische Pachymetrie
exakt an der zu lasernden Stelle durchzuführen. Hier ist auf zukünftige Online-OCTLösungen zu hoffen.
Literatur
1. Watanabe K, Negishi K, Kawai M et al.: Effect of experimentally induced astigmatism on functional, conventional, and low-contrast visual acuity. J Refract Surg 2013;29(1):19–24. doi:10.3928/1081597X-20121211-01
2. Hayashi K, Manabe S-I, Yoshida M, Hayashi H: Effect of astigmatism on visual acuity in eyes with a diffractive
multifocal intraocular lens. J Cataract Refract Surg 2010;36(8):1323–1329. doi:10.1016/j.jcrs.2010.02.016
3. Hoffmann PC, Hütz WW: Analysis of biometry and prevalence data for corneal astigmatism in 23,239 eyes.
J Cataract Refract Surg 2010;36(9):1479–1485. doi:10.1016/j.jcrs.2010.02.025
4. Price FW, Grene RB, Marks RG, Gonzales JS: Astigmatism reduction clinical trial: a multicenter prospective evaluation of the predictability of arcuate keratotomy. Evaluation of surgical nomogram predictability.
ARC-T Study Group. Arch Ophthalmol 1995;113(3):277–282
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6. Oshika T, Shimazaki J, Yoshitomi F et al.: Arcuate keratotomy to treat corneal astigmatism after cataract
surgery: a prospective evaluation of predictability and effectiveness. Ophthalmology 1998;105(11):2012–
2016. doi:10.1016/S0161-6420(98)91117-4
7. Hoffmann PC, Wahl J, Hütz WW, Preußner P-R: A raytracing approach to calculate toric intraocular
lenses. J Refract Surg 2013;29(6):402–408. doi:10.3928/1081597X-20130515-04
62
Hoffmann, Abraham: Nomogramm-Entwicklung für fs-Laser arkuate Inzisionen
8. Rückl T, Dexl AK, Bachernegg A et al.: Femtosecond laser-assisted intrastromal arcuate keratotomy to
reduce corneal astigmatism. J Cataract Refract Surg 2013;39(4):528–538. doi:10.1016/j.jcrs.2012.10.043
9. Visser N, Bauer NJC, Nuijts RMMA: Toric intraocular lenses: Historical overview, patient selection,
IOL calculation, surgical techniques, clinical outcomes, and complications. J Cataract Refract Surg 2013;
39(4):624–637. doi:10.1016/j.jcrs.2013.02.020
10. Hoffmann PC, Abraham M, Hirnschall N, Findl O: Comparison of four measuring devices with respect to
their astigmatic prediction accuracy. Curr Eye Res 2014; in press
63
Vergleichsstudie zwischen beschleunigter und
konventioneller Vernetzungsbehandlung der
Hornhaut bei Keratokonus
Dortmunder 2-Jahres-Ergebnisse
T. Schilde, G. Gökel, F. Deiters, U. Ligges, M. Kohlhaas
Zusammenfassung
Einleitung: Ziel der Studie war es festzustellen, ob das neue beschleunigte Vernetzungsverfahren bei der Behandlung des Keratokonus genauso effektiv wie das
herkömmliche Crosslinking ist.
Methode: Bei insgesamt 113 Augen wurde ein CXL durchgeführt. 56 Augen wurden mit
18 mW/cm2 für insgesamt 5 min bestrahlt, 57 Augen mit 3 mW/cm2 für 30 min. Postoperativ wurden die Veränderungen im BCVA, die Keratometerwerte und die morphologischen
Veränderungen der Hornhaut wie eine Demarkationslinie verglichen.
Ergebnisse: Im Vergleich zeigt sich beim postoperativen BCVA kein signifikanter Unterschied in der Behandlungsart. Die postoperativen Veränderungen in der Hornhaut­
topografie weisen ebenfalls keine signifikanten Unterschiede in der Behandlungsart auf.
Morphologische Veränderungen der Hornhaut wie eine beschriebene Demarkationslinie
sind bei beiden Vernetzungsverfahren offenbar ähnlich stark ausgeprägt.
Schlussfolgerung: Sowohl die herkömmliche als auch die beschleunigte Vernetzungsbehandlung mit Riboflavin und UVA-Licht können als sehr effektiv und sicher bezeichnet
werden. Ein eindeutiger Nutzen der beschleunigten Prozedur ist die deutlich verkürzte
Bestrahlungszeit, die sowohl für den Patienten als auch für den Operateur von Vorteil ist.
Summary
Purpose: The aim of the study was to compare the outcomes between accelerated/
power (PCXL) and conventional Cross-Linking (CXL) procedures.
Methods: 113 eyes of keratoconus patients were enrolled in our study. 56 eyes underwent
PCXL (30 min. riboflavin presoak; 5 min. of 18 mW/cm2 UVA light) and 57 eyes had CXL
(30 min. riboflavin presoak, 30 min. of 3 mW/cm2 UVA light). The postoperative changes
in best corrected visual acuity, keratometric readings, morphological changes of the corneas between PXCL and CXL were compared.
Results: There were no significant differences in postoperative changes in BCVA between
both procedures. The postoperative changes in the keratometric readings from Pentacam
also didn´t show any significant differences between the accelerated and conventional
Cross-Linking procedures. Similar morphological changes and a pronounced demarca-
65
Hornhaut
tion line were apparent for both post-accelerated and post-conventional crosslinking
procedure eyes.
Conclusion: PCXL and CXL are both considered to be safe and effective; however the
advantage of PCXL is that it is faster than CXL procedure which might be beneficial for
both surgeons and patients.
Fragestellung
Das korneale Crosslinking ist eine effektive und international etablierte Methode, um
einen progredienten Keratokonus oder eine Keratektasie nach LASIK zu stabilisieren
und im Verlauf aufzuhalten. Das Ziel des Keratokonusmanagements sollte es sein,
diesen frühzeitig zu erkennen und beim Nachweis einer Progredienz zeitnah einem
Crosslinking zuzuführen. Damit kann die Anzahl der Hornhauttransplantationen
deutlich reduziert bzw. gänzlich vermieden werden. Seit ca. zwei Jahren gibt es ein
neues beschleunigtes Vernetzungsverfahren, bei dem die UVA-Bestrahlungszeit deutlich verkürzt werden kann. Wir stellten uns die Frage, ob das beschleunigte Verfahren
genauso effektiv und wirksam wie das herkömmliche Vernetzungsverfahren ist.
Studiendesign und -ergebnis
Bei insgesamt 113 Augen (Tabelle 1; 86 männlich, 27 weiblich, Anteil der männlichen
Augen: 76,1 %, Durchschnittsalter: 29 Jahre) wurde ein korneales Crosslinking
durchgeführt. Eine komplette Abrasio des Hornhautepithels und eine Aufsättigung
des Hornhautstromas mit Riboflavin erfolgten nach Dresdener Standardprotokoll.
56 Augen wurden mit 18 mW/cm2 für insgesamt fünf Minuten bestrahlt, 57 Augen
mit 3 mW/cm2 für 30 Minuten. Als Vergleichsparameter des Stabilitätsverlaufes
dienten die Sehschärfe und die Hornhauttopografie. Postoperativ wurden nach vier,
fünf bis zwölf und 13 bis 24 Monaten die Veränderungen im BCVA, die Keratometerwerte (Kmax) der Hornhauttopografie und die morphologischen Veränderungen
der Hornhaut wie ein subepithelialer Haze oder eine Demarkationslinie verglichen. Die Anzahl der nachbeobachteten Augen je Zeitintervall sind in Tabelle 2
dargestellt.
PowerCXL
NormalCXL
Summe Augen
Männlich
41
45
86
Weiblich
16
11
27
Summe
56
57
113
ITN/TrA
3/53
4/53
7/106
Tab. 1: Studiendesign
66
Schilde et al.: Vergleichsstudie zwischen beschleunigter und konventioneller Vernetzungsbehandlung ...
0
4 Monate
4–12 Monate
12–24 Monate
PowerCXL
56
16
50
18
NormalCXL
57
20
40
57
Tab. 2: Anzahl der nachbeobachteten Augen je Zeitintervall
Vergleicht man die beiden Vernetzungsgruppen einzeln miteinander, so gibt es
einen Visusanstieg um 5 % bis 7 % ab dem zwölften Monat in beiden Gruppen (Abb.
1). Dieser Anstieg ist statistisch nicht signifikant. Im Gesamtkollektiv allerdings ist
der Visusanstieg ab dem zwölften Monat statistisch signifikant (p < 0,0475). Im direkten Vergleich zeigt sich kein signifikanter Unterschied in der Behandlungsart.
Der max. K-Wert nimmt in den Einzelgruppen ab dem vierten Monat zunehmend ab
(Abb. 2). Die Abnahme ist im Zeitraum vier bis zwölf Monate in beiden Gruppen und
in der ­Kontrollgruppe zwischen dem zwölften und 24. Monat statistisch signifikant­
(p < 0,05). Im direkten Vergleich zeigt sich lediglich im Kontrollzeitraum vier bis zwölf
Monate ein statistisch signifikanter Unterschied (p = 0,0089). Die postoperativen
Veränderungen in der Hornhauttopografie weisen im weiteren Verlauf jedoch keine
signifikanten Unterschiede in der Behandlungsart auf.
0.6
normal
Veränderung Visus (logMAR) post OP
p = 0,537
power
p = 0,774
p = 0,921
(4,12] (4,12]
(12,24] (12,24]
0.4
0.2
0.0
-0.2
-0.4
-0.6
(0,4]
(0,4]
Abb. 1: Vergleich der beiden Vernetzungsgruppen
Morphologische Veränderungen der Hornhaut wie ein postoperativer sub­
epithelialer Haze (80 %) oder eine Demarkationslinie (70 %) sind in den ersten vier
Monaten bei beiden Vernetzungsverfahren offenbar ähnlich stark ausgeprägt. Diese
67
Hornhaut
15
p = 0,800
p = 0,0089
p = 0,192
normal
power
Veränderung Kmax post OP
10
5
0
-5
-10
(0,4]
(0,4]
(4,12] (4,12]
(12,24] (12,24]
Abb. 2: Der max. K-Wert nimmt in den Einzelgruppen ab dem 4. Monat zunehmend ab
postoperativen Erscheinungen regredieren häufig im weiteren Verlauf. In ca. 5 % der
Fälle scheinen sie jedoch zu persistieren. Da die Veränderungen allerdings subjektive Beurteilungen des Untersuchers sind, können diese statistisch nicht ausgewertet werden.
Fazit
Schlussfolgernd kann man zusammenfassen, dass sowohl die herkömmliche als
auch die beschleunigte Vernetzungsbehandlung mit Riboflavin und UVA-Licht als
sehr effektiv und sicher bezeichnet werden können. Das beschleunigte Verfahren
weist keinerlei Nachteile gegenüber dem herkömmlichen Verfahren auf und zeigt
den gleichen postoperativen Stabilisierungseffekt in der Keratokonushornhaut.
Beide Behandlungsarten sind hochwirksam, komplikationsarm und kostengüns­
tig. Ein eindeutiger Nutzen der beschleunigten Prozedur ist die deutlich verkürzte
Bestrahlungszeit, die sowohl für den Patienten, insbesondere für Kinder und
Jugendliche, als auch für den Operateur und sein OP-Team von Vorteil ist.
68
Keratoprothesen mit biologischer Haptik aus
körpereigenem Material – Langzeitergebnisse
K. Hille, K. Beck
Zusammenfassung
Bei einer Erblindung durch entzündliche oder/und vernarbende Oberflächenerkrankungen des Auges mit Insuffizienz der limbalen Stammzellen ist oft die Implantation einer
Keratoprothese die einzige Möglichkeit der langfristigen visuellen Rehabilitation. Wir
berichten über unsere Ergebnisse aus fast 20 Jahren Erfahrung mit Osteo-Odonto- und
Tibia-Keratoprothesen.
Summary
In case of blindness due to inflammatory or/and cicatricial illnesses of the surface of the
eye with insufficient limbal stem cells the implantation of a keratoprosthesis is in most
cases the only way to achieve long-term rehabilitation of sight. We report on our results of
almost 20 years of experience with osteo-odonto- and tibia-keratoprostheses.
Einleitung
Bei schweren Störungen der Sehfähigkeit durch entzündliche oder/und vernarbende Oberflächenerkrankungen des Auges sind der Rekonstruktion der Hornhaut
durch eine Keratoplastik Grenzen gesetzt. Oft kommt es nur zu kurzfristigen Erfolgen [1, 2]. Eine langfristige Wiederherstellung des Sehens kann durch Implantation
einer Keratoprothese erreicht werden. Eine solche Keratoprothese besteht aus Optik
und Haptik [3]. Letztere kann künstlichen oder biologischen Ursprungs sein. Objekt
unserer retrospektiven Untersuchung waren Keratoprothesen mit biologischer Haptik aus körpereigenem Material, die Osteo-Odonto-Keratoprothese (OOKP) [4] und
Tibia-Keratoprothese (TKPro) [5].
Patienten und Methode
Zur Implantation einer Keratoprothese mit biologischer Haptik sind zwei Eingriffe im
Abstand von etwa drei Monaten erforderlich [6]: zunächst die Präparation der Prothese sowie die Vorbereitung der Augenoberfläche durch Abtragung des Bindehautpannus und Deckung mit Mundschleimhaut. Für die Haptik wurde bei einer OOKP ein
einwurzeliger Zahn mit umgebendem Kieferknochen durch den Mund-KieferGesichtschirurgen entnommen und von einer Seite Knochen und Zahngewebe
69
Hornhaut
abgetragen, so dass der Pulpakanal freilag. Zahn und Knochen wurden senkrecht
zur Längsrichtung der Zahnwurzel durchbohrt und eine Plexiglasoptik (8 mm
lange und 2,8 bis 4 mm durchmessende PMMA-Zylinder, Brechkraft 55 bzw.
60 dpt) mittels Methyl-Methylacrylat-Monomer/Polymermischung eingeklebt.
Die Zahnkrone wurde abgetrennt. Im Falle der TKPro wurde die Haptik aus einem
Tibiacorticalis-Stück mit einem Durchmesser von 10 mm gefertigt. Das fertige
Implantat wird für eine biologische Passage subkutan im Unterlid implantiert.
Beim zweiten Eingriff ca. drei Monate später wurde die Bindehautdeckung des
Auges partiell abgetragen, die Hornhaut trepaniert, Iris und Linse entfernt und eine
vordere Vitrektomie durchgeführt. Das Transplantat wurde aus der subkutanen Tasche befreit und zwischen Hornhaut und Mundschleimhaut so implantiert, dass die
zahnseitige Optik durch die Hornhaut in das Auge und die knochenseitige Optik
durch eine Schleimhautöffnung an der Körperoberfläche zu liegen kommt [6].
In den Jahren 1994 bis 2013 haben wir 45 Osteo-Odonto-Keratoprothesen (OOKP)
und 21 Tibia-Keratoprothesen (TKPro) implantiert.
Abb. 1: Präparat einer Osteo-OdontoKeratoprothesen
Abb. 2: Präparat einer Tibia-Keratoprothese
Osteo-Odonto-Keratoprothesen (OOKP)
Grunderkrankungen waren zu je einem Drittel Pemphigoid und Verätzung/Verbrennungen, des Weiteren Abstoßungsreaktion, Stevens-Johnson Syndrom und Varia.
Das mittlere Alter betrug 50 Jahre (19 bis 73), elf Patienten waren Frauen und 34
Männer. Die Mehrzahl der Patienten sah präoperativ Handbewegungen oder weniger, der beste präoperative Visus war ein Tafelvisus von 1/50.
Tibia-Keratoprothesen (TKPro)
Grunderkrankung waren zu zwei Dritteln ein Pemphigoid, 20 % Verätzungen/Verbrennungen und Varia.
Das mittlere Alter lag bei 69 Jahren (49 bis 83), sieben Patienten waren Frauen
und 14 Männer. Der präoperative Visus der Patienten betrug zwei Drittel Lichtschein
und ein Drittel Handbewegungen, bester Visus war Fingerzählen.
70
Hille, Beck: Keratoprothesen mit biologischer Haptik aus körpereigenem Material – Langzeitergebnisse
Ergebnisse
Osteo-Odonto-Keratoprothese (OOKP)
Die Nachbeobachtungszeit betrug im Durchschnitt sieben Jahre und ein Monat, minimal drei Monate und maximal 17 Jahre und fünf Monate. Sieben Patienten sind im
Beobachtungszeitraum verstorben.
Einen besten postoperativen Visus von 0,8 und besser erreichten 30 %, 0,5 und
besser 51 % sowie 0,2 und besser 67 % der Patienten. 84 % hatten mindestens einen
orientierenden Visus von 1/20.
Bei elf Patienten (24 %) trat im Verlauf ein Visusabfall von mehr als zwei Zeilen
auf. Als Ursachen für die Verschlechterung konnten folgende Erkrankungen ausgemacht werden (Mehrfachnennungen): Vier Augen wiesen ein Glaukom auf, vier
weitere Augen eine Degeneration des hinteren Pols (epiretinale Membran, Makulaforamen, Makulaatrophie). In jeweils zwei Augen entwickelte sich eine retroprothetische Membran, Glaskörpertrübung oder -blutung. Je ein Auge zeigte eine Optikusatrophie, Zustand nach Ablatio retinae oder Zustand nach multiplen Uveitiden.
Abb. 3: Auge mit Osteo-OdontoKeratoprothese
Jeweils ca. ein Drittel der OOKP-Patienten (14 Patienten) hatte ein primäres Glaukom bzw. ein sekundäres (15 Patienten). Ein weiteres Drittel hatte keine chronische
Augeninnendruckerhöhung (16 Patienten). Bei sieben Augen war vor der Implantation
der Keratoprothese ein filtrierende Eingriff durchgeführt worden, bei sieben weiteren wurde mit der Keratoprothese auch eine Ahmed valve implantiert und einem
Patienten simultan ein Baerveldt-Drainage-System. Nochmals sieben Augen erhielten nach Implantation eine Ahmed valve, drei Patienten zwei Ahmed valves. Ein
Patient bekam sowohl vor und nach Keratoprothesenimplantation eine Ahmed valve.
Bei 19 Augen musste kein drucksenkender Eingriff durchgeführt werden.
Bei vier Augen (8,9 %) musste die Prothese im Verlauf explantiert werden. Ursache war einmal eine Traktionsablatio und Phthisis (vier Monate nach Implantation),
einmal eine Einschmelzung der Haptik mit Fistulation bei Ulcus Mooren (ein Jahr
und zehn Monate nach Implantation) und zweimal eine Schleimhautretraktion und
Dislokation der Prothese (drei und sechs Monate nach Implantation).
71
Hornhaut
Tibia-Keratoprothese (TKPro)
Die Nachbeobachtungszeit betrug im Durchschnitt vier Jahre und drei Monate, minimal zwei Monate und maximal 10,5 Jahren. Vier Patienten sind während der Nachbeobachtungszeit verstorben.
Der beste postoperative Visus betrug bei 10 % der Augen 0,8 und besser, bei 38 %
0,5 und besser und bei 62 % der Patienten 0,2 und besser. 76 % der Augen erreichten
einen orientierenden Visus von 1/20 und besser.
Vier Patienten (19 %) erlitten im Verlauf eine Visusverschlechterung von mehr als
zwei Zeilen. Ursächlich waren auch hier oft mehrere gleichzeitig vorliegende Erkrankungen. Drei Augen zeigten eine Degeneration des hinteren Pols, zwei Augen eine
Optikusatrophie. In einem Auge entwickelte sich eine retroprothetische Membran.
Je ein weiteres Auge hatte eine Netzhautatrophie oder Zustand nach Ablatio retinae.
Bei vier Patienten bestand vor Keratoprothesenimplantation eine primäre, bei
vier Patienten eine sekundäre chronische Augeninnendruckerhöhung, bei zwölf
Augen war kein Glaukom bekannt. Nach Implantation der Prothese erhielten fünf
Patienten eine und ein Patient zwei Ahmed valve. Ein weiterer Patient bekam
sowohl vor als auch nach der Keratoprothese eine Ahmed valve implantiert. Ein
Patient hatte ein Molteno-Implantat.
In 9,5 % der Fälle (zwei Augen) musste die Prothese im Verlauf entfernt werden.
In einem Fall ein Jahr und zwei Monate nach Implantation bei vorliegender Optikluxation infolge starker Knochenresorption, im anderen Fall bei Endophthalmitis
zwei Jahre und drei Monate nach Implantation.
Diskussion
In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass bei schwersten Erkrankungen
der Hornhaut und der Bindehaut durch eine Keratoprothese mit biologischer Haptik
in der Regel ein sehr gutes bis brauchbares Sehvermögen erreicht werden kann. Bei
diesen Ergebnissen handelt sich durchaus auch um langfristige Ergebnisse, wobei
allerdings etwa 19 bzw. 24 % der Patienten im Verlauf eine Verschlechterung ihres
besten postoperativen Sehvermögens hinnehmen mussten. Ursache hierfür ist insbesondere ein Glaukom, wobei etwa die Hälfte der visusbeeinträchtigenden Komplikationen ihre Ursache in dem Eingriff hat, die andere Hälfte jedoch prothesenunabhängig ist.
Insgesamt sind die Visusergebnisse stabiler als bei der Boston-Keratoprothese.
Während es bei dieser bereits innerhalb der ersten zwei Jahre zu einem deutlichen
Verlust von Sehvermögen kommt (Sehvermögen zwischen 1,0 und 0,1 nach sechs
Monaten bei 70 %, ein Jahr 68 % und nach zwei Jahren 59 % der Patienten [7]) erreichten
unsere OOKP-Patienten ein solches in 80 % und hatten nach deutlich längerer Nachbeobachtungszeit (sieben Jahre) dies noch zu 71 % erhalten. Dies zeigt, dass die Langzeitergebnisse mit einer biologisch fixierten Haptik bisher unübertroffen sind. Eine
72
Hille, Beck: Keratoprothesen mit biologischer Haptik aus körpereigenem Material – Langzeitergebnisse
Ursache mag auch darin zu sehen sein, dass diese Keratoprothesen im Gegensatz zur
Boston-Keratoprothese äußerst selten eine retroprothetische Membran entwickeln.
Tan hat kürzlich die in Englisch veröffentlichte Literatur über OOKP-Serien von
1950 bis 2010 zusammengefasst [8]. In diesen Studien zeigte sich ein anatomisches
Überleben in fünf Jahren von 87,8 % und über 20 Jahren von 81 %. Auch unsere
Ergebnisse unterstreichen die hervorragenden Langzeitergebnisse, die durch eine
OOKP erreicht werden können.
Das Glaukom ist mit Sicherheit eines der größten Herausforderungen bei einer
Keratoprothese und stellt die häufigste Ursache für eine funktionelle Visusminderung dar (7 bis 47 %) [8]. Eine Endophthalmitis ist deutlich seltener (2 bis 8 %), in
unserer Serie trat lediglich bei einem Patienten mit einer Tibia-Keratoprothese eine
solche auf. Hier dürfte ein wesentlicher Vorteil gegenüber der Boston-Keratoprothese
liegen, die trotz täglicher Antibiotika-Applikation ein deutlich höheres Risiko einer
Endophthalmitis hat (12 % innerhalb 22 Monate mittlerer Nachbeobachtungszeit) [9].
Fazit
Im Vergleich zu anderen zurzeit häufig durchgeführten Keratoprothesen lassen sich
durch Prothesen mit biologischer Haptik sehr gute Langzeitergebnisse erreichen.
Es erscheint daher durchaus gerechtfertigt, den wesentlich aufwendigeren und
möglicher­weise ästhetisch weniger befriedigenden Eingriff einer solchen Prothese
für ein gutes Langzeitergebnis in Kauf zu nehmen.
Literatur
1. Liu C, Tan D, Hicks C, Herold J: Keratoprosthesis surgery. Dev Ophthalmol 2008;41:171–186
2. Hille K: Keratoprothesen. Klinische Aspekte. Ophthalmologe 2002;99(7):523–531
3. Hille K: Keratoprothesen. Historischer Überblick, Materialien und Stand der gegenwärtigen Forschung. Ophthalmologe 2002;99(7):513–522
4. Strampelli B: Nouvelle orientation biologique dans la Kératoplastie. Bull Mem Société Française
d‘Ophthalmologie 1964;77:145–161
5. Temprano J: Keratoprosthesis with tibial autograft. KPro Abstracts: Proceedings of the first keratoprosthesis
study group meeting. Refract Corneal Surg 1993;9:192–193
6. Hille K, Grabner G, Liu C et al.: Standards for Modified Osteoodontokeratoprosthesis (OOKP) Surgery according to Strampelli and Falcinelli - The Rome-Vienna Protocol. Cornea 2005;24(8):895–908
7. Ciolino JB, Berlin MW, Todani A et al.: Boston Keratoprosthesis Type 1 Study Group. Retention of the Boston
keratoprosthesis type 1: multicenter study results. Ophthalmology 2013;120(Jun):1195–200
8. Tan A, Tan TD, Tan XW, Mehta JS: Osteo-odonto keratoprosthesis: systematic review of surgical outcomes and
complication rates. Ocul Surf 2012;10(Jan):15–25
9. Muñoz-Gutierrez G, Alvarez de Toledo J, Barraquer RI et al.: Post-surgical visual outcome and complications in Boston type 1 keratoprosthesis. Arch Soc Esp Oftalmol 2013;88(Feb):56–63
73
Excimer-Keratoplastik der neuesten Generation
K. T. Boden, K. E. Boden, P. Szurman
Einleitung
Die perforierende Hornhautverpflanzung (Keratoplastik) ist die älteste, häufigste und
erfolgreichste Organtransplantation am Menschen [1]. Die Excimer-Keratoplastik ist
eine innovative Methode, um eine Trepanation am Spender und Empfänger durchzuführen [2, 3]. Die Besonderheit hierbei ist, dass es sich um die einzige Non-KontaktTrepanation in der Präparation der Hornhaut handelt. Durch die fehlende Applanation entstehen weniger Distorsionen im Transplantat, was sich positiv auf die visuelle
Rehabilitation auswirkt [4–7].
Bislang war diese Art der Trepanation nur mit einem unter Laborbedingungen
umprogrammierten Laser der ersten Generation möglich. Ein kommerzieller Anbieter für diese Technik existierte bis vor Kurzem nicht. Durch diese Umstände war in
der Vergangenheit die Verfügbarkeit und die flächendeckende Anwendung dieser
Trepanationsform limitiert.
Aktuell ist es möglich, mit dem Schwind Amaris 750 Excimerlaser unter Verwendung des Pachymetrie-assistierten-Laser-Keratektomie-(PALK-)Moduls und zweier
Metallringe ein kommerziell verfügbares System zur Excimer-Trepanation zu verwenden. Der Amaris 750 ist ein Excimerlaser der neuesten Generation und erlaubt
eine schnellere Trepanation als die bisherigen Laser. In unserer Untersuchung sollte
die Anwendbarkeit des neuen Systems an vier Patienten gezeigt werden.
Methodik
Es wurden insgesamt bei vier Patienten eine perforierende Hornhauttransplantation
mit dem Excimerlaser durchgeführt. Zur Trepanation wurde der Schwind Amaris 750
verwendet. Für das Ablationsprofil wählten wir das Pachymetrie-assistierte-LaserKeratektomie-(PALK-)Modul mit einer Trepantionstiefe von 1200 µm (Abb. 1). Dieses
Ablationsprofil wurde sowohl für die Spender- als auch Empfängertrepanation gewählt. Für die Spendertrepanation verwendeten wir eine Maskierscheibe mit einem
Außendurchmesser von 8,2 mm (Abb. 2).
Das Transplantat wurde für die Trepanation auf einen Trepanationsblock mit
einem Gelkissen aus Viskoelastikum zum Endothelschutz gelegt (Abb. 3). Nach der
Zentrierung des Maskierscheibchens wurde die Excimer-Trepanation mit dem PALKAblationsschema durchgeführt.
75
Hornhaut
Abb. 1: Ablationsprofil PALK- Modul
Abb. 2: Maskierscheibe für die
Trepanation beim Spender
Abb. 3: Maskierring für die
Trepanation beim Empfänger
Für die Empfängertrepanation verwendeten wir einen Maskierring mit einem
Innendurchmesser von 8,0 mm (Abb. 4). Nach der Zentrierung des Maskierringes
wurde die Trepanation mit dem PALK-Ablationsschema durchgeführt (Abb. 5). Anschließend wurde bei allen Patienten durch denselben erfahrenen Operateur die
Einnähung des Spendertransplantates bei den Empfängern vorgenommen.
Abb. 4: Positionierung der
Maskierscheibe auf dem
Spendermaterial
Abb. 5: Positionierung des Maskierringes auf der
Empfängerseite
Ergebnisse
Insgesamt wurde bei vier Patienten mit dem Amaris 750 der Firma Schwind eine
Trepanation durchgeführt. Alle Patienten waren männlich. Es wurden drei rechte
und ein linkes Auge behandelt. Bei drei Patienten wurde das Transplantat mit einer doppelt fortlaufenden Naht nach Hoffmann und bei einem Patienten mit Einzelknopfnähten fixiert. Alle Patienten wurden von demselben Ophthalmochirurgen
operiert.
Bei allen vier Patienten war die Excimer-Trepanation sowohl am Spender als
auch am Empfänger möglich. Die Trepanation konnte in allen Fällen in ca. einer
76
Boden, Boden, Szurman: Excimer-Keratoplastik der neuesten Generation
Minute durchgeführt werden. Es konnten intraoperativ keine deutlichen stromalen
Restbrücken festgestellt werden, die auf eine inkomplette Trepanation hindeuten
würden.
Der bestkorrigierte Visus konnte im Mittel von 0,13 (±0,15) präoperativ auf 0,37
(±0,15) postoperativ gesteigert werden. Für eine Auswertung des postoperativen
Astigmatismus war die Nachbeobachtungszeit zu kurz und das Patientenkollektiv
zu klein.
Schlussfolgerung
Die Trepanation mittels Excimerlaser ist das einzige applanationsfreie Verfahren
für eine perforierende Keratoplastik. Durch keinerlei Quetsch- oder Scherartefakte
bei der Trepanation entstehen physiologisch gerade Schnittkanten. Diese geraden
Schnittkanten sind eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche astigmatismusarme perforierende Keratoplastik.
Mit dem Amaris 750 der Firma Schwind unter Verwendung des PALK-Moduls
und zweier Maskierringe ist nun ein kommerziell erhältliches System der neuesten
Generation zur Excimer-Trepanation verfügbar. Der Amaris 750 ist bei der Trepanation deutlich schneller als die Vorläufermodelle. Eine Modifizierung des Designs der
Maskierringe soll eine weitere Verbesserungen in der astigmatismusarmen perforierenden Keratoplastik bringen.
Literatur
1. SEITZ B et al.: Die perforierende Keratoplastik. Ophthalmologe 2005;102:1128–1139 DOI 10.1007/s00347005-1291-6 Online publiziert: 10. November 2005
2. Lang GK, Naumann GOH, Koch JW: A new elliptical excision for corneal transplantation using an excimer
laser. Arch Ophthalmol 1990;108:914–915
3. Naumann GOH, Seitz B, Lang GK et al.: Excimer Laser 193 nm Trepanation bei der perforierenden Keratoplastik – Bericht über die ersten 70 Patienten. Klin Monatsbl Augenheilkd 1993;203:252–261
4. Langenbucher A, Seitz B, Kus MM, Naumann GOH: Transplant vertical tilt after perforating keratoplasty
– comparison between non-mechanical trepanation with excimer laser and motor trepanation. Klin Monatsbl
Augenheilkd 1998;212:129– 140
5. Seitz B, Langenbucher A, Naumann GOH: Astigmatismus bei Keratoplastik. In: Seiler T (Hrsg.): Refraktive
Chirurgie. Stuttgart: Enke Verlag 2000:197–252
6. Seitz B, Langenbucher A, Küchle M, Naumann GOH: Impact of graft diameter on corneal power and the
regularity of postkeratoplasty astigmatism before and after suture removal. Ophthalmology 2003;110:2162–
2167
7. Liu Y, Seitz B, Langenbucher A et al.: Impact of preoperative corneal curvature on the outcome of penetrating keratoplasty in keratoconus. Cornea 2003;22:409–412
77
Verlaufsbeobachtung und Langzeitergebnisse
nach Descemetmembran-Endothel-Keratoplastik
K. Spaniol, C. Holtmann, D. Savinova, L. Kulp, G. Geerling
Hintergrund
Im Gegensatz zur perforierenden Keratoplastik ist es bei lamellierenden Hornhauttransplantationen möglich, nur Endothel und Stroma zu transplantieren („tiefe
lamelläre Keratoplastik“, „DSAEK = Descemet stripping automated endothelial kerato­
plasty“). Die Descemetmembran-Endothel-Keratoplastik („DMEK“) stellt eine Weiter­
entwicklung dar, mit der eine alleinige Transplantation des Hornhautendothels
möglich ist.
Indikationen zur DMEK sind Pathologien des Hornhautendothels wie die
Fuchs’sche Endotheldystrophie, die bullöse Keratopathie nach intraokularen Eingriffen oder protrahiertem Glaukomanfall oder die pseudoexfoliationsbedingte
endotheliale Keratopathie. Erkrankungen des Hornhautstromas oder Hornhaut­
epithels, wie offensichtliche Narben, sind keine Indikation für eine DMEK. Intra­
operativ erfolgt eine Luftfüllung der Vorderkammer, um das Transplantat am Hornhautstroma zu fixieren. Der Patient muss daher in der Lage sein, postoperativ eine
längere Rückenlagerung einzuhalten. Die Kombination einer DMEK mit einer Kataraktoperation wird als „Triple-DMEK“ bezeichnet.
Methoden
An der Universitätsaugenklinik Düsseldorf werden alle DMEK-Patienten prä- und
postoperativ (nach sechs Wochen, sechs und zwölf Monaten) nach einem definierten
Schema untersucht. In die Auswertung gehen die Ergebnisse des bestkorrigierten
Visus, des Augeninnendrucks, der Untersuchung des vorderen Augenabschnitts
und der Hornhautdickenmessung (Pentacam®, Fa. Oculus) ein. Die Transplantatpräparation und die Operation wurden von einem Operateur durchgeführt (G.G.).
Die Operation erfolgt in „no-touch“-Technik.
79
Hornhaut
Ergebnisse
In die Auswertung der Untersuchungen wurden 85 Patienten eingeschlossen
(40 Männer, 44 %; 45 Frauen, 56 %). Nach sechs Wochen wurden 60 Patienten
(71 %) und nach sechs bzw. zwölf Monaten 34 Patienten (40 %) bzw. 20 Patienten
(24 %) nachuntersucht.
Visusentwicklung
Der Visus (dezimal) zeigte bei der ersten Nachuntersuchung einen hoch signifikanten
Anstieg (p < 0,001) von im Mittel 0,3 (±0,2 SD) präoperativ auf 0,5 (±0,3 SD). Im Verlauf über zwölf Monate stieg der Visus weiter auf 0,7 (±0,2 SD). Eine Unterteilung der
Pa­tienten in „Visusgruppen“ (Visus <0,5; 0,5 bis 0,8; >0,8) ergab, dass der Anteil der
Patienten mit einem Visus kleiner als 0,5 stetig abnahm. Er sank von 38 % (22 Patienten)
bei der 6-Wochen-Untersuchung auf 5 % (ein Patient) bei der 12-Monats-Untersuchung.
Bei einer weiteren Unterteilung des Kollektivs nach DMEK-Operation mit Erhalt der
eigenen Linse („phake DMEK“) mit kombiniertem Linsenaustausch („Triple-DMEK“)
und bei Pseudophakie („pseudophake DMEK“) zeigte sich, dass in allen Gruppen der
Visus sechs Wochen postoperativ signifikant angestiegen war (p < 0,001).
Pachymetrie, Augeninnendruck, Endothelzellzahl
Die Auswertung von Pachymetrie, Augeninnendruck und Endothelzellzahl erfolgte
unterteilt nach „DMEK“ (phak und pseudophak) und „Triple-DMEK“. Die Pachy­
metrie zeigte in beiden Gruppen bei der ersten postoperativen Untersuchung eine
signifikante Abnahme (DMEK: 630 ± 102 µm auf 516 ± 71 µm; Triple-DMEK: 618
± 55 µm auf 535 ± 41 µm) und blieb stabil. Der Augeninnendruck zeigte zu keinem
Zeitpunkt signifikante Veränderungen. Die Endothelzellzahl nahm in der DMEKGruppe bei der ersten postoperativen Untersuchung signifikant ab (2511 ± 188 auf
1853 ± 360 Zellen/mm2), blieb aber im weiteren Verlauf stabil (1728 ± 355 Zellen/mm2
nach zwölf Monaten).
Komplikationen
Im untersuchten Kollektiv kam es zu zwei Transplantatversagen (4 %) und je zwei­
mal (2 %) zu einem reversiblen Winkelblock bzw. einer akuten Herpesendothelitis. In
zehn Fällen (12 %) wurde eine Transplantatdehiszenz beobachtet. Es wurde insgesamt
15-mal eine erneute Lufteingabe erforderlich (18 %). Auch diese Patienten zeigten
einen hoch signifikanten Visusgewinn (p < 0,001).
80
Spaniol et al.: Verlaufsbeobachtung und Langzeitergebnisse nach Descemetmembran-Endothel-Keratoplastik
Schlussfolgerung
Wie andere Autoren beobachteten wir bei unseren Patienten eine schnellere Visus­
erholung mit besserem Endvisus als nach perforierender Keratoplastik oder dem Vorläuferverfahren, der DSAEK, bei der ein Teil des Spenderstromas mittransplantiert wird.
Diese Ergebnisse bestätigen, dass die DMEK eine minimalinvasive Therapie für Hornhautendothelerkrankungen ist. In einer Studie von Ham et al. hatten drei Monate nach
DMEK 92 % der Patienten einen Visus von 0,5 oder besser [2]. Auch in unserer K
­ ohorte
zeigte sich früh-postoperativ ein hochsignifikanter Visusanstieg. In der 12-Monats-­
Untersuchung erreichten sogar 95 % unserer Patienten einen Visus ≥0,5, während es in
der 6-Monats-Untersuchung noch 69 % gewesen waren. Die Gründe für diese weitere
Visusbesserung sind nicht offensichtlich, denn sowohl die Pachymetrie als auch die
Endothelzellzahl waren ab sechs Wochen postoperativ stabil.
Der kleine Anteil unserer Patienten, der eine phake DMEK erhielt (n = 5; 6 %),
hatte ebenfalls früh-postoperativ einen sehr deutlichen Visusanstieg von im Mittel
­0,3 auf 0,7. Im Verlauf von sechs Monaten besserte sich der Visus weiter, ohne dass
es zu einer Kataraktinduktion kam. Der postoperative Verlust der Endothelzellzahl
nach einem Jahr lag in unserem Kollektiv bei 26 % bzw. 22 % (ohne bzw. nach intrakameraler Lufteingabe). Diese Werte entsprechen den Ergebnissen anderer Autoren [1].
Eine mehrfache Lufteingabe führte somit zu keinem erhöhten Endothelzellverlust.
Der Augeninnendruck zeigte in unserem Kollektiv keine signifikanten Veränderungen. Wir beobachteten jedoch zwei Fälle (2 %) von temporärem Druckanstieg auf
40 mmHg. Die Ursache war eine Verlegung des Kammerwinkels durch die Vorderkammerluftfüllung. Naveiras et al. haben die Inzidenz einer Glaukomentstehung nach
DMEK untersucht und fanden in 2 % der Fälle Druckanstiege, die durch einen luftinduzierten Winkelblock verursacht waren [3]. Postoperative Kontrollen des Augen­
innendrucks sind daher wichtig, um Druckanstiege nicht zu übersehen. In einigen
Fällen kann eine Reduktion der intrakameralen Luft erforderlich werden.
Zusammenfassend zeigten sich bei unseren DMEK-Patienten eine geringe Komplikationsrate und ein schneller und anhaltender Visusanstieg. Auch eine mehrfache Lufteingabe reduzierte die Visusprognose nicht.
Literatur
1. Dirisamer M, Ham L, Dapena I et al.: Efficacy of descemet membrane endothelial keratoplasty: clinical
outcome of 200 consecutive cases after a learning curve of 25 cases. Arch Ophthalmol 2011;129:1435–1443
2. Ham L, Balachandran C, Verschoor CA et al.: Visual rehabilitation rate after isolated descemet membrane transplantation: descemet membrane endothelial keratoplasty. Arch Ophthalmol 2009;127:252–255
3. Naveiras M, Dirisamer M, Parker J et al.: Causes of glaucoma after descemet membrane endothelial keratoplasty. Am J Ophthalmol 2012;153:958–966.e1
81
Sechs Jahre Erfahrung mit DSAEK –
eine Standortbestimmung
C. L. Thannhäuser, D. T. Pham
Zusammenfassung
Einleitung: Die descemet-stripping automated endothelial keratoplasty (DSAEK) ist eine
mittlerweile etablierte Technik zur Behandlung von Endothelpathologien. In den letzten
Jahren gab es eine Vielzahl von Weiterentwicklungen im Bereich der lamellären hornhautchirurgischen Verfahren.
Patienten und Methoden: Seit Einführung der Operationstechnik wurden an der
Vivantes-Klinik für Augenheilkunde Neukölln, Berlin, insgesamt 240 Patienten mit
einer konventionellen DSAEK versorgt.
Ergebnisse: Der Visus der ersten 52 Augen betrug nach im Mittel 43 Wochen 0,6
(prä 0,16 P < 0,001), die Refraktion lag bei +1,4 sph –1,6 zyl. Der Endothelzellverlust
lag bei 42,7 %. Die postoperative Hornhautdicke betrug 650 µm, die Transplantatdicke
134 µm. Ein Re-Bubbling wurde bei 11 Patienten (21 %), eine Re-DSAEK bei 6 Patienten
(11 %) erforderlich. Eine Immunreaktion wurde nicht beobachtet.
Diskussion: Verbesserungen im Bereich der Implantation und des Wundverschlusses
haben dazu geführt, dass postoperative Ablösungen der Lamellen mit Notwendigkeit
eines Re-Bubblings heute nur noch selten auftreten. Durch Modifikation der Tunnelarchitektur kann zudem eine noch schonendere Implantation gewährleistet werden.
Neuere Entwicklungen wie die ultradünne DSAEK durch „Excimer-Laser-Smoothing“
versprechen zukünftig weitere morphologische und funktionelle Verbesserungen.
Schlussfolgerung: Die DSAEK ist ein sicheres Verfahren zur Therapie von Endothelerkrankungen. Sie stellt unter klinischen Gesichtspunkten und durch technische Innovationen vor allem für ältere Patienten eine geeignete Alternative zur descemet membrane
endothelial keratoplasty (DMEK) dar.
Summary
Introduction: Descemet-stripping automated endothelial keratoplasty (DSAEK) has become a well established procedure for the treatment of endothelial pathologies. In the
last years there were many innovative developments in the field of lamellar corneal
surgery.
Patients and methods: Since 2008 there were 240 patients undergoing a DSAEK-procedure in the eye-department of the Vivantes-Klinikum Neukölln, Berlin.
Results: The visual acuity of the first 52 eyes was 20/30 43 weeks postoperatively,
refraction was +1.4 sph –1.6 cyl. The loss of endothelial cell density was 42.7 %, central corneal thickness was 650 µm, the thickness of the transplant was 134 µm.
83
Hornhaut
A rebubbling was necessary in 11 patients (21 %), a Re-DSAEK were required in 6 patients
(11 %). No rejection was noted.
Discussion: Improvement of the preparation of the transplant and insertion into the
anterior chamber have lead to a decrease in the detachment-rate of the lamellae and
the need of rebubblings. Due to modification of the architecture of the incision the
mplantation is more gentle now. New developments of this technique like the ultrathin
DSAEK with Excimer-Laser-Smoothing have the potential of further morphological and
functional improvement.
Conclusion: DSAEK is a save technique for the treatment of endothelial diseases.
Under clinical aspects it represents a favourable alternative to the descemet membrane
endothelial keratoplasty (DMEK) in especially older patients.
Einleitung
Patienten mit Erkrankungen des Hornhautendothels machen ca. 40 % aller Patienten
aus, die eine Hornhauttransplantation benötigen [3]. Die perforierende Keratoplastik
war lange Zeit der Goldstandard in der Therapie endothelialer Erkrankungen wie
der Fuchs´schen Endotheldystrophie oder der bullösen pseudophaken Keratopathie.
Nachteilig waren hierbei neben dem langen Heilungsverlauf vor allem ernsthafte
Risiken durch die Operation am offenen Auge (z. B. expulsive Blutung) sowie Fadenassoziierte Komplikationen [4]. In den letzten Jahren haben sich mehrere Verfahren
der posterioren lamellären Keratoplastik entwickelt, die neben einem deutlich reduzierten Risikoprofil vor allem eine rasche Visusrehabilitation ermöglichen [1, 5, 6].
Insbesondere die nahtfreie Fixation der Transplantatlamelle durch Lufteingabe
in die Vorderkammer stellte einen Meilenstein in der Entwicklung der hinteren lamellären Verfahren dar [8, 9]. So haben sich im Wesentlichen die DSAEK, die durch
eine zarte Stromalamelle eine einfache Implantierbarkeit gewährleistet, sowie die
DMEK, die durch sehr gute funktionelle Ergebnisse besticht, etabliert [10].
Die Arbeit sollte die eigenen Ergebnisse nach DSAEK darstellen und Grenzen,
Chancen und Perspektiven aufzeigen.
Patienten und Methoden
Seit Einführung der Operationstechnik 2008 wurden an der Klinik für Augenheilkunde am Vivantes-Klinikum Neukölln, Berlin, insgesamt 240 Patienten mit
Endothelpathologien mit einer DSAEK versorgt. Indikationen waren die Fuchs´sche
Endotheldystrophie, die bullöse Keratopathie nach Pseudophakie sowie Endotheldekompensation bei ICE-Syndrom. Das Durchschnittsalter lag bei 72 ± 11 Jahren.
Die Transplantatgewinnung erfolgte auf einer künstlichen Vorderkammerbank
(Moria, Frankreich) mittels eines Mikrokeratoms von 300 bzw. 350 µm Schnitttiefe.
84
Thannhäuser, Pham: Sechs Jahre Erfahrung mit DSAEK – eine Standortbestimmung
In einer experimentellen Pilotstudie wurden darüber hinaus drei nicht mehr
zu Transplantationszwecken verwendbare humane Hornhäute nach Zuschnitt mit
einem Excimerlaser behandelt (Esiris®, Schwind, Deutschland). Dabei wurde die
stromale Seite bis auf <100 µm mit einem myopen Ablationsprofil ausgedünnt und
somit in der optisch relevanten Zone geglättet. Mittels Online-OCT-Pachymetrie
(Heidelberg-Engineering, Heidelberg) wurde die verbliebene Gewebedicke kontrolliert. Es wurde die Endothelzelldichte vor und nach Ablation bestimmt sowie eine
histopathologische Aufarbeitung des Gewebes vorgenommen.
Ergebnisse
Der Visus der ersten 52 operierten Augen ohne Ablation betrug nach im Mittel 43 ±
36 Wochen 0,6 (prä 0,16 P < 0,001) (Abb. 1), die Refraktion lag bei +1,4 sph –1,6 zyl,
ein Re-Bubbling musste bei elf Patienten (21 %) erfolgen, eine Re-DSAEK wurde
in sechs Fällen (11 %) erforderlich.
Der Endothelzellverlust lag bei 42,7 % (Abb. 2), die postoperative Hornhautdicke
betrug 650 µm, die Transplantatdicke 134 µm (Abb. 3). Sowohl die Dicke des Trans1,2
P<0,001
1,0
3000
P<0,001
2500
0,8
0,6
2000
0,4
1500
0,2
500
0,0
-0,2
0,16
Prä-op
0,60
Post-op
Abb. 1: Visusentwicklung (Snellen) vor und durchschnittlich 43 Wochen nach DSAEK (n = 52)
1000
0
/mm2
2547
Prä-op
1448
Post-op
Abb. 2: Entwicklung der Endothelzellzahl durchschnittlich 43 Wochen nach DSAEK, dies entspricht einem Verlust von 42,7 %
P=0,028
800
600
400
200
0
µm
709
Prä-op
650
Post-op
134
Transplantat
Abb. 3: Entwicklung der Gesamthornhaut- und
Transplantatdicke im Mittel 43 Wochen nach
DSAEK
85
Hornhaut
Laser Ablation
Schnittfläche Mikrokeratom
Abb. 4: „Excimerlaser-Smoothing“, Glättung der stromalen Seite und Ausdünnung auf ca. 100 µm.
Im histopathologischen Schnitt zeigen sich deutliche Unterschiede der Oberflächenbeschaffenheit
plantates (R = 0,05) als auch die Dicke der Gesamthornhaut (R = 0,08) korrelierten
nur schwach mit den Visusergebnissen.
Die mit Excimerlaser behandelten Hornhäute zeigten keinen relevanten Endothelzellverlust (3,7 %). Eine Ablation bis weit unter 50 µm führte in einem Fall zu
einer Perforation. Histopathologisch fand sich im Laserbereich eine deutlich glattere
Oberfläche als im Schnittbereich des Mikrokeratoms (Abb. 4).
Diskussion
Verbesserungen im Bereich der Implantation und des Wundverschlusses haben dazu
geführt, dass postoperative Dehiszenzen der Lamelle mit folglicher Notwendigkeit
eines Re-Bubblings heute nur noch selten auftreten. Durch Modifikation der Tunnel­
architektur und Schnitterweiterung von 3,2 mm auf 4 mm kann eine noch schonendere Implantation gewährleistet werden, was sich zukünftig anhand eines deutlich geringeren Endothelzellverlustes zeigen müsste. Die im Mittel etwas reduzierten
Ergebnisse hinsichtlich des Visus gegenüber der DMEK lassen sich am ehesten durch
Unregelmäßigkeiten des Stroma-Stroma-Interface erklären, vor allem durch die
Schnittfläche des Mikrokeratoms und die damit entstehenden Abberationen [7].
Neuere Entwicklungen der Technik wie beispielsweise die ultradünne DSAEK
durch „Excimerlaser-Smoothing“ versprechen zukünftig weitere morphologische
und funktionelle Verbesserungen (Abb. 5). Die Arbeit von Cleary et al. konnte zeigen,
dass es durch den Einsatz des Excimerlasers im tiefen Stromabett zu keiner Schädigung des Endothels kam, was eigene Ergebnisse bestätigen [2]. Erste klinische Erfahrungen auf dem Gebiet der „ultradünnen geglätteten DSAEK“ sind sehr vielversprechend und könnten die leichte Implantierbarkeit und niedrige Re-Bubblingrate der
DSAEK mit den guten Visusergebnissen bei DMEK kombinieren.
Durch Modifikation des Ablationsmusters durch den Excimerlaser könnte gegebenenfalls so zukünftig auch ein refraktiver Ansatz möglich werden.
86
Thannhäuser, Pham: Sechs Jahre Erfahrung mit DSAEK – eine Standortbestimmung
Abb. 5: Darstellung einer ultradünnen Excimer-DSAEK 8 Wochen postoperativ. Das Transplantat ist
mit nur noch 84 µm deutlich dünner als ohne Ablation
Schlussfolgerung
Die DSAEK gilt heute als ein etabliertes Verfahren der hinteren lamellären Keratoplastik. Durch neue Strategien wie die ultradünne DSAEK mit „ExcimerlaserSmoothing“ und damit morphologischen und funktionellen Verbesserungen stellt
sie insbesondere für ältere Patienten eine geeignete Alternative zur DMEK für die
Behandlung von Endothelpathologien dar.
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87
Update der
retinologischen
Gesellschaft
Kataraktoperation und Pars-plana-Vitrektomie
bei Netzhauterkrankungen: Möglichkeiten und
Grenzen moderner Therapieverfahren
F. H. Hengerer
Problemstellung
Bei vielen Patienten mit Netzhautveränderungen oder Erkrankungen ist gleichzeitig
auch eine Trübung der Linse vorhanden. Nahtlose trokargeführte Vitrektomietechniken und Kleinschnittoperationen sind mittlerweile gut etabliert. Ein einzeitiges
Vorgehen kann mitunter die visuelle Rehabilitation verkürzen, stellt aber den Hinter­
abschnittschirugen vor neue Herausforderungen. Die Komplikationen bei unter­
schiedlichen Hinterabschnittserkrankungen und die Auswahl der intraokularen Tamponaden können zusätzlich das operative Management beeinflussen.
Kombinierte, einzeitige Operation
Es gibt einige Gründe, die für die kombinierte, einzeitige Operation sprechen. Zwei
Jahre nach einer Pars-plana-Vitrektomie entwickeln immerhin 80 % der Patienten
eine visusrelevante Trübung der eigenen Linse. Bei einer Gasendotamponade ist dies
besonders ausgeprägt. Allerdings ist die Rate der Kataraktentwicklung unterhalb des
50. Lebensjahres etwa sechsmal geringer [1, 2]. Jüngere Patienten haben ein geringeres
Risiko der postoperativen Kataraktentwicklung. In den ersten Monaten nach einer
Vitrektomie entwickeln lediglich 7 % der Patienten eine Trübung der Linse. Bei
längerer Nachbeobachtungsdauer steigt dieser Wert allerdings rasch auf 36 % innerhalb von zwei bis drei Jahren an.
Viele Gegner der kombinierten Verfahren führen die erhöhten Komplikations­
raten gegenüber der zweizeitigen Vorgehensweise an. Dabei ist eine instabile Vorderkammer während der PPV durchaus problematisch mit Luxation der IOL aus
dem Kapselsack bei Gasendotamponaden oder undichten Parazentesen oder Hauptschnitten. Postoperativ können in einigen Fällen eine vermehrte Synechierung oder
ein Entzündungsreiz beobachtet werden – gerade bei Patienten mit Uveitis oder
Diabetes mellitus. Die präoperativ durchgeführte Biometrie bei Netzhautablösung
oder Makulaödem kann mitunter deutliche Abweichungen von der Zielrefraktion
bewirken und trägt zu einer postoperativen Unzufriedenheit bei [5]. Darüber hinaus
kann eine längere Operationsdauer auch Visualisierungsprobleme durch korneale
91
Update der retinologischen Gesellschaft
Ödembildung und damit erschwerte Bedingungen für den Operateur und das Zielorgan bedeuten. Begleiterkrankungen der Patienten können ebenfalls Einfluss auf
den operativen Verlauf nehmen, beispielsweise können Schrankenstörungen der
Irisgefäße oder Neovaskularisationen zu einer Einblutung mit Verschlechterung der
Sichtverhältnisse führen. Postoperativ bemerken viele Patienten eine nachlassende
Akkommodationsleistung, und auch Schwankungen des Intraokulardrucks sind bei
der kombinierten Vorgehensweise frühpostoperativ häufiger ausgeprägt.
Das einzeitige Vorgehen jedoch kann die heutigen technischen Vorteile der
Kleinschnittoperationen für sich nutzen. Neben der Astigmatismus-neutralen
Zugangsweise ist die rasche Visusrehabilitation mit modernen faltbaren Intraokular­
linsen gewährleistet. Die Entfernung der Linse mit IOL-Implantation ermöglicht gerade in schwierigen Ausgangssituationen eine vollständige Säuberung der Glaskörperbasis. Auch die Eindellung von außen verursacht keine Berührung der Linse mit
konsekutiver Trübung mehr. Darüber hinaus schätzen immer mehr Chirurgen die
vollständige Tamponadenfüllung bei Gas oder Silikonöl bei kombiniertem Vorgehen.
Vielmals können durch den einzeitigen Ansatz die später auftretenden Probleme
bei der Kataraktoperation vermieden werden. Harte oder teilweise sklerosierte Linsenkerne mit lockerer Zonula oder Hinterkapseldefekte durch die vorangegangene
Vitrektomie können primär vermieden werden.
Eine Katarakt-OP nach vorausgegangener PPV ist sicherlich keine Standard­
situation mehr und erfordert vom Operateur deutlich mehr Erfahrung im Umgang
mit einer tieferen Vorderkammer. Ebenfalls lockere Zonulae oder Hinterkapsel­
defekte mit schalenartigen Linsentrübungen ohne Rotreflex sind nur einige Beispiele mit höherer Komplikationsrate. Diese beträgt intraoperativ bis zu 13 % und
post­operativ bis zu 21 %. Das Risiko für eine erneute Netzhautablösung liegt bei
6 % verbunden mit erhöhtem Risiko für eine Subluxation der IOL oder Kapselruptur [6, 7, 8].
Für eine Kataraktoperation nach vorausgegangener PPV ist es empfehlenswert,
ein minimalinvasives Vorgehen (MICS) einer ECCE vorzuziehen. Wesentliche Vorteile
bieten dabei die verbesserten Fluidics mit stabiler Vorderkammer sowie ein geringerer Einsatz von Ultraschallenergie zur Kernzertrümmerung. Unterhalb von 2 mm
Inzisionsgröße erfolgt fast keine Astigmatismusinduktion mehr [9].
Kombinierte biaxiale MICS
Meine persönliche Vorgehensweise ist die kombinierte biaxiale MICS durch 1,8-mmZugänge in Kombination mit einer 23 G trokargeführten PPV. Allerdings lassen sich
derzeit noch nicht alle IOL-Varianten durch diese kleinen Zugänge implantieren,
und dies muss präoperativ bei der Auswahl der Linse berücksichtigt werden.
An der Universitäts-Augenklinik in Frankfurt wurden 2013 bei 1380 Patienten ein
PPV durchgeführt. Davon waren 139 Eingriffe kombiniert.
92
Hengerer: Kataraktoperation und Pars-plana-Vitrektomie bei Netzhauterkrankungen
Frankfurt 2014: Istanalyse von 2013:
– 1380 PPV
– 139 kombinierte Eingriffe
– 652 PPV bei Pseudophakie
– 738 PPV bei phaken Augen
– = 599 PPV bei phaken Augen ohne Phako
PPV
Membranpeeling
Phako
Case-Mix
833
–
–
0,826
408
+
–
0,954
74
–
+
0,983
65
+
+
1,173
Tab. 1: DRG-Analyse von 2013: PPV und Phakoemulsifikation mit Case-Mix
Dabei wird eine alleinige Phakoemulsifikation ohne PPV mit 0,490 CM Punkten
belegt. Eine Umfrage unter den Netzhautoperateuren ergab folgende Einschätzung
hinsichtlich eines kombinierten operativen Vorgehens (Tab. 2):
Kombinierte Operation
Zweizeitiges Vorgehen
Diffizile Makulachirurgie (60+)
Schwere PVR (Vermeidung der VEGF-Hochregulation)
PPV mit Silikonölentfernung
PDR mit Silikonöltamponade
PPV bei Ablatio retinae
PPV bei Glaukom
PPV bei Glaskörpereinblutung
PPV bei Ischämie
Sehr junge Patienten
...
...
Tab. 2: Ergebnis der Umfrage unter den Netzhautoperateuren
In welchen Bereichen können wir operativ in Zukunft noch besser und sicherer
werden? Ist die Kombination aus Femtolaser-assistierter Kataraktchirurgie und PPV die
Zukunft?!
Dabei ist vor allen Dingen das hohe Maß an Präzision konsistent und standardisierbar. Lasergestützte Kapsulotomien sind kreisrund und können je nach Wunsch
auf den Apex der Hornhaut, die Pupillenmitte oder in der Sehachse zentriert werden.
Dabei kann der Durchmesser den individuellen Gegebenheiten angepasst werden –
und dies ist auch von erfahrener Chirurgenhand nicht zu überbieten. ­Darüber hinaus
bieten Femtosekundenlaser die Möglichkeit der Applikation kornealer Inzisionen. Die
Schnittführung in verschiedenen Ebenen kann individuell nach intraoperativer Bildgebung in exakter Tiefenlokalisation erfolgen. Selbstdichtende Inzisionen sind eine
93
Update der retinologischen Gesellschaft
Abb. 1: FS-Laser für die Linse und
Hornhaut (LenSx Alcon)
Abb. 2: FS-Laser für die Linse und Hornhaut
(Catalys OptiMedica)
wesentliche Ausgangsbasis für nachfolgende Eingriffe und Manipulationen am Hinterabschnitt. Darüber hinaus kann zusätzlich ein vorbestehender Astigmatismus
durch stromale Inzisionen korrigiert werden (Abb. 3).
Für den Chirurgen bieten die laserassistierten Kapsulotomien weitere Vorteile im
Hinblick auf Sicherheit. Sie sind mechanisch belastbarer und schrumpfen w
­ eniger
in der postoperativen Heilungsphase. Gerade bei schwierigen Ausgangssitua­tionen
bei Glaskörpereinblutung mit schlechtem oder gar fehlendem Rotreflex kann der
Femtolaser die Kapsulotomie ohne Anfärbung durchführen und gibt zusätzliche Informationen über die intraoperative Vorderabschnittsanalyse mit OCT oder Scheim­
pflug-Bildgebung. Auch eine laserassistierte Zerkleinerung des Linsenkerns kann
den Einsatz von Ultraschallenergie bei der Phakoemulsifikation deutlich mini­
mieren, und die Belastung der Hornhaut durch ein kombiniertes Vorgehen wird
erleichtert. Die Belastung des Zonulaapparates sowohl durch die kontaktlose Kapsulotomie als auch die Vorfragmentierung des Linsenkernes durch den Femtolaser
haben positive Effekte auf die Zentrierung der IOL. Operative zusätzliche Herausforderungen der Patienten mit Katarakt und Netzhautpathologien können planvoll in
Standardsituationen überführt werden. Gerade kindliche oder juvenile Katarakte,
aber auch intumeszente Linsen bieten ein hohes Komplikationsprofil.
Daher kann die Kombination aus Femtolaser-assistierter Kataraktchirurgie mit
trokargeführter, nahtloser Vitrektomie wesentlich zur Vermeidung von Komplikationen beitragen. Eine 360° überlappende Kapsulorhexis von individueller Größe
stabilisiert die IOL und kann bei Gasendotamponaden oder Silikonöl eine Dislokation der Linse verhindern. Kindliche Katarakte können primär mit einer hinteren
Kapsulotomie operiert werden, deren Schrumpfung wesentlich weniger stark ausfällt als bei manueller Technik. Selbstdichtende mehrstufige Inzisionen können für
zusätzliche Stabilität der Vorderkammer während der nachfolgenden PPV sorgen.
94
Hengerer: Kataraktoperation und Pars-plana-Vitrektomie bei Netzhauterkrankungen
Abb. 3: Manuelle Kapsulorhexis und Femtosekundenlaser Kapsulotomie
Darüber hinaus bietet die Lasertechnologie weiteres Potenzial für operative
Innovationen. Das Anlegen einer vorderen und hinteren Kapsulotomie bei der
Implantation einer Bag-in-the-Lens wird wesentlich vereinfacht, und auch die
spezielle IOL mit der Möglichkeit einer Enklavation in die vordere Kapsulotomie
sind nur einige Beispiele.
Literatur
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Macular Holes and Epiretinal Membranes. AJO 2003;250–257
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Jun;28:1003–1006
95
FEMTO/VARIA
Morphologie der Randstruktur von fs-LaserKapsulotomien bei Anwendung verschiedener
Laserinterfaces und -pulsenergien
F. H. Hengerer, O. K. Klaproth, W. J. Mayer, T. Kohnen
Problemstellung
Femtosekundenlaser in der Kataraktchirurgie haben eine hohe Präzision und Kon­sistenz bei der Kapsulotomie. Sie zeichnen sich auch durch ihre Standardisierbarkeit aus
und bieten durch individuelle Zentrierung für den Chirurgen neue Möglichkeiten gerade bei der Implantation von Premiumlinsen.
Die Laserkapsulotomien sind perfekt rund, und der Durchmesser gemäß der
anatomischen Verhältnisse individuell adjustierbar. Allerdings berichten einige
Operateure über Kapselkomplikationen wie Einrisse oder unvollständige Kapsulotomien. Dies wird oft im Zusammenhang mit dem verwendeten Laser-Interface in
Verbindung gebracht. Unterschiedliche auf dem Markt befindliche Lasersysteme
haben entweder applanierende Interfaces, teilweise applanierende Interfaces mit
Flüssigkeitsmeniskus oder sind durch eine rein skleral positionierte Ansaugung mit
Flüssigkeitsfüllung des Interfaces ohne Kontakt zur Hornhaut ausgestattet.
Studienergebnisse
Wir verglichen in unserer Studie zwei unterschiedliche Interfaces eines Laser­systems
mit verschiedenen Laserpulsenergien und legten den Schwerpunkt auf morpho-­
logische Untersuchungen der Schnittränder.
Alle Kapsulotomien wurden mit dem LenSx Femtosekundenlaser (Alcon,
Fort Worth, TX, USA) unter Einsatz eines rigiden oder weichen Interfaces durchgeführt. Die Laserpulsenergie betrug 15 µJ beim rigiden Interface oder 5 µJ beim weichen Interface. Nach Extraktion der Linsenkapseln erfolgte die Fixierung mit 4,5 %
Formalinlösung und anschließender Trichrom-Färbung nach Masson-Goldner oder
die Vorbereitung zur elektronenmikroskopischen Untersuchung bei 30 kV.
Die Lichtmikroskopie bestätigte die makroskopisch runde Form, zeigte allerdings in der 15-µJ-Gruppe deutliche Kollateralschäden im zellulären Bereich mit
einer teilweise bis 200 µm in die Kapsel reichenden Demarkationszone. Die Kapsel­
ränder wiesen kleine Gewebebrücken oder unvollständige Schnittareale auf. Teilweise imponierten zungenartige Gewebeformationen parallel zum Schnittrand.
99
Femto/Varia
Bei der 5-µJ-Gruppe war diese Gewebealteration ebenfalls vorhanden, allerdings
reichten die Demarkationslinien bis maximal 40 µm in die Linsenkapsel hinein. Es
fanden sich keine wesentlichen Gewebezungen oder Brücken, allerdings kleinere
Unregelmäßigkeiten am Kapselrand.
Elektronenmikroskopisch konnte bei beiden Gruppen eine sägezahnartige
Schnittrandausbildung gezeigt werden, die auch in geringerem Maße bei der 5-µJGruppe nachweisbar war.
Die Femtokapsulotomie mit dem LenSx erfolgt makroskopisch rund und präzise­
in der Form. Die verschiedenen Interfaces mit höherer und niedriger Laserpuls-­
­energie bewirken unterschiedlich starke Kollateralschäden und Effekte auf das
Randgewebe. Die Veränderung der Applanation der Hornhaut und verminderte
Laser­
pulsenergie mit dem weichen Interface erzeugt deutlich weniger Horn­
hautfalten. Ultrastrukturell zeigte sich eine geringere Gewebezerstörung des
Kapselrandes. Das Auftreten von Gewebebrücken oder Adhäsionen wurde wesent­lich verringert. Allerdings sind auch mit dem neuen Interface elektronenmikroskopisch sägezahnartige Schnittränder zu beobachten.
100
Zelltod und ultrastrukturelle Morphologie
der fs-Laser-assistierten vorderen Kapsulotomie
W. J. Mayer, O. K. Klaproth, F. H. Hengerer, T. Kohnen
Zusammenfassung
Fs-Laser-assistierte Kapsulotomien sind, ebenso wie die Laserspotgrößen, gut vorhersagbar. Die Zelltodreaktion von Linsenepithelzellen kann durch Reduktion der Puls­energie
auf das bei manueller Kapsulorhexis erreichte Niveau reduziert werden.
Summary
Fs-laser assisted capsulotomies are, as well as the laser spot sizes, predictable. The cell
death of lens epithelial cells can be reduced by lowering the pulse energy to the level
achieved with manual capsulorhexis.
Die Femtosekundenlaser-Technologie scheint die Kataraktchirurgie zu revolutionieren. Nach aktueller Studienlage ist es mit diesem Verfahren möglich, insbesondere
die anteriore Kapsulotomie präziser und in ihrer Dimension genauer reproduzierund wiederholbar durchzuführen, als dies bei manuellen Operationstechniken
möglich ist. Dadurch ist eine gesteigerte Sicherheit für die Hydrodissektion, die
Kern­fragmentierung und die kortikale Bereinigung im Vergleich zur manuell durchgeführten Kapsulorhexis gegeben [1, 2]. Dick und seine Arbeitsgruppe schlagen hier
deswegen eine neue Terminologie vor: Kapsulotomie anstatt Kapsulorhexis, da der
Laser nach dem Fotodisruptionsprinzip arbeitet und somit wie ein Schneidemesser
wirkt [3].
Hier sind Ergebnisse auf morphologischer Ebene an der Linsenkapsel interessant. Es wird aktuell darüber diskutiert, dass die verabreichte Laserpulsenergie
­einen Einfluss auf die Schnittkante und damit auf das Schnittprofil der Linsenkapsel­
hat. Friedman et al. beispielsweise konnten durch Verringern der Laserpulsener­gie
eine Erhöhung der Festigkeit der Kapsulotomien erreichen [1]. Aktuelle h
­ istologische
­Untersuchungen an der Augenklinik der Goethe-Universität Frankfurt am Main
­zeigen bei Verwendung des Femtosekundenlasers (LenSx®, Alcon) zur Durchführung
der anterioren Kapsulotomie das Auftreten einer Demarkationslinie am Schnittrand,
abhängig von der verwendeten Laserpulsenergie (Abb. 1) [4]. Diese Demarkations­
linie könnte das Ergebnis der expandierenden Kavitationsbläschen, die während
des ­Fotodisruptionsprozesses entstehen, sein. Sie bewirken eine Verschiebung von
­Zellen und die Zerstörung der Zellkerne in der Nähe der Schneidekante. Außerdem beschreibt die Rasterelektronenmikroskopie das Auftreten von Mikrokerben sowie ein
101
Femto/Varia
Abb. 1: Sichtbare Demarkationslinie
ent­lang der Schneidekante nach Femto­
sekundenlaser-assistierter Kapsulo­to­mie
unter Verwendung eines starren Inter­
faces mit 15 μJ Laserpulsenergie. Licht­
mikroskopie, Vergrößerung 100x, Hä­ma­
toxylin-Eosin-Färbung
Abb. 2: Zerstörender Gewebeprozess des Femto­se­
kun­den­lasers an der vorderen Linsenkapsel mit säge­
zahn­arti­­gem Profil unter 15 μJ Laserpulsenergie. Rasterelektronenmikroskopie, Vergrößerung 10.000x
„Sägezahnprofil“ entlang der Kapselkante (Abb. 2). Bei vergleichenden Unter­
suchungen an einer manuell durchgeführten Kapsulorhexis zeigten sich diese Formationen nicht.
Auch das Patienteninterface und die minimalen torsionalen Augenbewegungen
während der Laserbehandlung scheinen hier einen Einfluss auf die Mikrostruktur
des Schnittrandes zu nehmen. Ein starres Interface führt zum Auftreten von Hornhautfalten mit folgender Laserstrahlstreuung und Defokussierung. Mikrokerben
und Brücken können durch minimale Drehbewegungen des Auges auftreten, auch
wenn das Auge mithilfe des Interfaces angesaugt wird. Talamo et al. zeigten, dass ein
­Verkippen der Augen unter Verwendung eines flüssigkeitsbasierten optischen Interfaces weniger auftrat als unter Verwendung eines starren Direktkontakt-Interface [5].
Unsere Arbeitsgruppe untersuchte am LenSx® System aktuell zwei verschiedene
Interfaces: ein rigides, gebogenes Interface, das direkt an die Hornhaut des Patien­
ten applaniert sowie ein gekrümmtes Interface mit einer weichen Kontaktlinse zwischen Applanationslinse und Hornhautoberfläche. Durch Anwendung des letzteren
Interfaces konnten Hornhautfalten und somit eine mögliche Laserstreuung während
der Behandlung verhindert werden. Aufgrund dieser Optimierung konnte zusätzlich auch die Laserpulsenergie von 15 µJ auf 5 µJ verringert werden. Unsere histologischen Analysen zeigten dadurch eine Reduktion an Mikrokerben und Brückenbildungen sowie eine Reduktion von Zellnekrosen entlang der Schnittkante der Kapsel
(Abb. 3 und 4) [6]. Die Ultrastrukturanalyse mittels Rasterkraftverfahren ergab genau
102
Mayer et al.: Zelltod und ultrastrukturelle Morphologie der fs-Laser-assistierten vorderen Kapsulotomie
Abb. 3: Zerstörender Gewebeprozess des Femto­sekundenlasers an der vorderen Linsenkapsel mit glatter
Schneidekante unter optimiertem Interface und Reduk­tion der Laserpulsenergie auf 5 μJ. Raster­elektro­nen­
mikroskopie, Vergrößerung 10.000x
Abb. 4: Zellnekrose am Schnittrand nach
Femto­se­kun­den­laser-assistierter Kapsu­
lo­tomie mit 5 μJ Laserpuls­energie: TUNELpositive Zellen (rosa Zellen) entlang der
Schneidekante als Zeichen des Zell­unter­
gangs. Gegenfärbung von nicht spe­zi­fi­schen
Zellen mittels DAPI-Technik (blaue Zellen).
Vergrößerung 100x
reproduzierbare Laserspotgrößen, unabhängig von der eingesetzten Laserpulsenergie [7].
Den Vorteilen der Präzision und Effektivität stehen die derzeit hohen Kosten, nicht
nur in der Anschaffung für den behandelnden Arzt, sondern auch in der Behandlung für den Patienten, gegenüber. Außerdem gibt es derzeit zwischen den aktuellen
Gerätegenerationen keine direkten Vergleiche. Die steigende Anzahl von Anbietern
und die fortschreitende Entwicklung in der Ultrakurzpulstechnologie lassen auf
eine Abnahme der Anschaffungskosten hoffen.
Weitere prospektive, vergleichende Langzeitstudien sind notwendig, um neben
der Anwendung verschiedener Laserfragmentierungsmuster und Laserpulsenergien
die Sicherheit und Effektivität der Femtosekundenlaser-assistierten Linsenchirurgie
zu untersuchen und die optimalen Behandlungsparameter zu eruieren.
Literatur
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Femto/Varia
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104
Femtosekundenlaser-assistierte Linsenchirurgie:
Sicherheit und Effektivität der ersten 200 Fälle in Abhängigkeit des Interfacedesigns und der Laserpulsenergie
M. S. Böhm, W. J. Mayer, O. K. Klaproth, F. H. Hengerer, T. Kohnen
Zusammenfassung
Ziel dieser Studie war die Evaluation der Effektivität und Sicherheit der Femtosekundenlaser-assistierten Linsenchirurgie. Es handelt sich um eine konsekutive Fall­
serie von 200 Augen (November 2012 bis Juni 2013), die mittels Femtosekundenlaserassistierter (LenSx®, Alcon) Linsenchirurgie behandelt wurden. Gruppe 1 – 85 Augen:
60 Katarakt (Kat), 25 refraktiver Linsenaustausch (RLA) – wurde mit einem gekrümmten rigiden Interface behandelt, in Gruppe 2 – 115 Augen: 72 Kat, 43 RLA – wurde
zusätzlich eine weiche Kontaktlinse (SoftFit™, Alcon) zwischen Hornhautoberfläche und
Interface eingebracht. Primäre Endpunkte waren die effektive Phakoemulsifikationszeit (EPT), die Laserbehandlungszeit sowie intraoperative Komplikationen. Die EPT
lag in Gruppe 1 bei einem Mittelwert von 1,62 ± 1,12 s (Kat: 1,94 ± 1,31 s; RLA: 1,29 ±
1,01 s) und in Gruppe 2 bei 1,66 ± 0,92 s (Kat: 1,98 ± 1,28 s; RLA: 1,33 ± 1,22 s; zwischen
den Gruppen: Kat: p = 0,16, RLA: p = 0,32). Die Laserbehandlungszeit lag in Gruppe 1
bei 48,90 ± 2,45 s, in Gruppe 2 bei 49,70 ± 2,87 s. Der untersuchte Femtosekundenlaser
stellt ein sicheres und präzises Verfahren in der Linsenchirurgie dar, wobei die Anwendung des optimierten Interfaces mit gleichzeitig reduzierter Laserpulsenergie zu einer
signifikanten Reduktion der intraoperativen Komplikationen (p < 0,01) führt.
Summary
Evaluation of effectiveness and safety of femtosecond laser-assisted lens surgery. In this consecutive case series, 200 eyes (November 2012 to June 2013) underwent femtosecond laser-assisted lens surgery (LenSx®, Alcon). Group 1 – 85 eyes:
60 cataract, 25 refractive lens exchange (RLE) – was treated with a curved direct contact
interface, in group 2 – 115 eyes: 72 cataract, 43 RLE – a modified interface using an
additional soft contact lens (SoftFit®, Alcon) between the corneal surface and the
interface was used. Primary endpoints were the effective phacoemulsification time
(EPT), the average laser treatment time and the occurrence of intraoperative complications. The EPT in group 1 was 1.62 ± 1.12 s (cataract: 1.94 ± 1.31 s, RLE: 1.29 ± 1.01 s)
and in group 2 1.66 ± 0.92 s (cataract: 1.98 ± 1.28 s, RLE: 1.33 ± 1.22 s, cataract: p = 0.16,
RLA: p = 0.32 between groups). The laser treatment lasted on average 48.90 ± 2.45
s (group 1) and 49.70 ± 2.87 s (group 2). The minor intraoperative complications of
105
Femto/Varia
the investigated femtosecond laser were significantly reduced using the optimized
interface (p < 0.01 between groups) with reduced laser pulse energy.
Einleitung
Die Femtosekundenlaser-assistierte Linsenchirurgie ermöglicht neben der Anlage
der Kapsulotomie auch die Durchführung der erforderlichen Hornhautinzisionen
sowie die Linsenkernfragmentierung. Sie stellt damit einen möglichen Paradigmenwechsel in der Ophthalmochirurgie dar [1–5]. Es wird angenommen, dass die Femtosekundenlaser-assistierte Linsenchirurgie eine höhere Präzision und Reduktion
der effektiv eingesetzten Ultraschallenergie zur Linsenzertrümmerung (Phakoemulsifikationszeit) sowie eine Verringerung der intraoperativen Komplikationen ermöglicht [6–10]. Ziel dieser Arbeit war es, Erkenntnisse über die Sicherheit und Effektivität
der ersten 200 Fälle mit der Femtosekundenlaser-assistierten Linsenchirurgie in der
klinischen Praxis an der Universitätsaugenklinik Frankfurt am Main zu gewinnen.
Methode
Die nachfolgende Auswertung repräsentiert eine konsekutive Fallserie der ersten 200
Augen, die im Zeitraum von November 2012 bis Juni 2013 mittels Femtosekundenassistierter Linsenchirurgie (LenSx®-Laser, Alcon Fort, Worth, TX, USA) behandelt
wurden. Die Kataraktoperation oder der refraktive Linsenaustausch (RLA) erfolgt
hierbei in zwei Schritten. Dabei übernimmt der Femtosekundenlaser im ersten
Schritt alle erforderlichen Hornhautinzisionen, die vordere Kapsulotomie und die
Linsenfragmentierung, die bisher manuell vom Operateur durchgeführt wurden.
Anschließend erfolgt im zweiten Schritt der Operation weiterhin die Phakoemulsifikation mit – bei Bedarf – dem Einsatz von Ultraschallenergie (Phakomaschine:
Infiniti® Vision System, Alcon) und Implantation einer Kunstlinse durch einen erfahrenen Operateur.
Ergebnisse
Gruppe 1 – 85 Augen, davon 60 Augen mit senilem Katarakt, 25 Augen mit refraktivem
Linsenaustausch (RLA) – wurde mit einem gekrümmten rigiden Interface und einer
Laserimpulsenergie von 15 µJ (Kapsulotomie und Linsenfragmentierung) behandelt,
Gruppe 2 – 115 Augen, davon 43 RLA – mit einem modifizierten Interface, bei dem zusätzlich eine spezielle weiche Kontaktlinse (SoftFitTM, Alcon Laboratories Inc., Fort
Worth, TX, USA) zwischen Hornhautoberfläche und das Interface eingebracht wurde (Abb. 1). Die Laserpulsenergie für die Kapsulotomie und Linsenfragmentierung
kann laut Hersteller aufgrund einer optimierten Laserstrahlfokussierung bei dem
modifizierten Interface auf 5 µJ reduziert werden. Primäre Endpunkte waren die effek-
106
Böhm et al.: Femtosekundenlaser-assistierte Linsenchirurgie
Gruppe 1
Rigides Direktkontakt-Interface
Gruppe 2
Interface mit weicher Kontaktlinse
Abb. 1: Darstellung der zwei Interfaces
Parameter
Wert
Korneale Inzision
Inzisionsweite (mm)
Pulsenergie (µ J)
Spot-Seperation (µm)
Schicht-Seperation (µm)
2,2 / 2,4
7,0
4,0
4,0
Kapsulotomie
Kapsulotomiedurchmesser (mm)
Pulsenergie (µ J)a
Spot-Separation (µ J)
Schicht-Seperation (µm)
5,0
5,0 / 15,0
4,0
3,0
Linsenfragmentierung
Chop-Durchmesser (mm)
Zylinderdurchmesser (mm)
Anzahl der tangentialen Schnitte / Zylinder
Pulsenergie (µ J)a
Spot-Separation (µm)
Schicht-Seperation (µm)
4,8
2,0
3/1
5,0 / 15,0
10,0
12,0
Tab. 1: Verwendete Laserparameter für das LenSx-System
Pulsenergie: 15 μ J (Gruppe 1), 5 μ J (Gruppe 2)
a
tive Phakoemulsifikationszeit – gesamte Phakoemulsifikationszeit (s) x durchschnittliche Phakoenergie (%) (EPT) –, die Laserbehandlungszeit sowie das Auftreten intraoperativer Komplikationen. Die Laserbehandlung und Phakoemulsifikation wurde
unter topischer Anästhesie mit Conjuncain (Oxybuprocainhydrochlorid 4,0 mg/ml)
EDO Augentropfen (Dr. Mann Pharma GmbH, Berlin) von einem Operateur (TK) durchgeführt. Der LenSx®-Laser ist ein 50-kHz-Femtosekunden-Infrarotlaser mit einer Pulsweite von 600 bis 800 fs, einer Wellenlänge von 1030 nm und einer maximalen
Pulsenergie von 15 µJ. Die entsprechend eingestellten Laserparameter beider
Gruppen sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Ansaugung der Interfaces an das Patientenauge erfolgte unter Videokontrolle nach Positionierung des Patienten unter dem
Laserkopf. Mittels der integrierten Optischen Kohärenztomografie (OCT) wurden
für alle drei Behandlungsmodalitäten (korneale Inzisionen, vordere Kapsulotomie, Linsenfragmentierung) die Einstellungen am Laser vorgenommen (Abb. 2).
107
Femto/Varia
Kapsulotomie
Linsenfragmentierung
Korneale Inzisionen
Abb. 2: Darstellung der Behandlungsmodalitäten im sogenannten Livemodus bzw. OCT-Modus
Ergebnisse
Eine vollständige Laserbehandlung und Kunstlinsenimplantation konnte in 200
Fällen durchgeführt werden. Die demografischen Daten sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Die EPT der Kataraktpatienten lag in Gruppe 1 bei 1,94 ± 1,31 s (Bereich 0,7 bis 3,1 s)
gegenüber 1,98 ± 1,28 s in Gruppe 2 (Bereich 0,7 bis 3,3 s) (p = 0,16 zwischen den
Gruppen). Bei den RLA-Patienten zeigte sich wie zu erwarten eine deutlich kürzere EPT
mit 1,29 ± 1,01 s (Bereich 0,3 bis 2,3 s) in Gruppe 1 und 1,33 ± 1,22 s (Bereich 0,1 bis 2,5 s)
in Gruppe 2 (p = 0,32 zwischen den Gruppen). Die Laserbehandlungszeit lag in Gruppe 1 bei 48,90 ± 2,45 s sowie in Gruppe 2 bei 49,70 ± 2,87 s (p = 0,16) bei einer mittleren
Linsenfragmentierungsdicke von 3401,48 ± 401,12 μm (Gruppe 1 und 2). Die intraoperativen Komplikationen sind in einer vergleichenden Übersicht in Tabelle 3 aufgeführt. Die Durchführung eines zweiten Applanationsvorganges war in Gruppe 1 bei
vier Ansaugverlusten notwendig. Des Weiteren kam es in Gruppe 1 zu 21 Fällen, in
denen die korneale Inzision nach der Laserbehandlung manuell eröffnet werden
Gruppe 1 (n=85)
Interface ohne KL, 15 µJ
Gruppe 2 (n=115)
Interface mit KL, 5 µJ
p
Augen (Männer / Frauen)
85 (35 / 45)
115 (46 /69)
ns
Alter (Jahre)
63,10 ± 13,4
62,43 ± 14,6
ns
IOP (mmHg)
14,5 ± 1,48
14,6 ± 1,77
ns
Keratometrie (dpt)
44,33 ± 1,45
45,86 ± 1,32
ns
Achsenlänge (mm)
23,33 ± 1,32
23,08 ± 1,05
ns
Vorderkammertiefe (mm)
3,18 ± 0,48
3,09 ± 0,40
ns
Endothelzellzahl (Zellen / mm2)
2442,43 ± 355,3
2521,41 ± 343,7
ns
Tab. 2: Demografische Basisdaten des eingeschlossenen Patientenkollektivs
(p < 0,05; ns = nicht signifikant)
108
Böhm et al.: Femtosekundenlaser-assistierte Linsenchirurgie
Saugverlust während
Applanationsvorgang
Korneale Faltenbildung
Korneale Inzisionen:
nicht durchgängig
Kapsulotomie:
unvollständig
Linsenfragmentierung:
hintere Kapselruptur
Effektive Phakoemulsifikationszeit
(EPT)
Laserbehandlungszeit
Gruppe 1 (n=85)
Interface ohne KL, 15 µJ
Gruppe 2 (n=115)
Interface mit KL, 5 µJ
4
0
39
0
21
0
1
0
0
0
Katarakt: 1,94 ± 1,31 s
RLA:
1,29 ± 1,01 s
48,9 ± 2,5 s
Katarakt: 1,98 ± 1,28 s (p=0,16)
RLA:
1,33 ± 1,22 s (p=0,32)
49,7 ± 2,9 s
Tab. 3: Intraoperative Komplikationen der Laserbehandlung
musste, zu einem radiären Kapseleinriss sowie zu 39 Fällen von intraoperativer
Faltenbildung an der Hornhautrückfläche. In Gruppe 2 hingegen wurde kein erneuter
Applanationsvorgang, kein radiärer Einriss, neun Fälle mit einer manuellen
Inzisionskorrektur und keine korneale Faltenbildung dokumentiert (p = 0,01 zwischen den Gruppen). Es traten keine hinteren Linsenkapselrupturen auf.
Schlussfolgerung
In dieser ersten Fallserie wurden 200 Patientenaugen mittels Femtosekundenassistierter Linsenchirurgie behandelt. Es wurden die folgenden drei Behandlungsmodalitäten mittels des LenSx®-Femtosekundenlasers der Firma Alcon in folgender
Reihenfolge durchgeführt: 1. vordere Kapsulotomie, 2. Linsenfragmentierung und
3. korneale Inzisionen.
Die Phakoemulsifikation erfolgte konsekutiv in einem Operationsaal durch
einen erfahrenen Operateur (TK). Die EPT zeigte durch den Einsatz des Lasers zur
Linsenfragmentierung in beiden Gruppen niedrige Zeiten auf, und es präsentierte
sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die Laserbehandlungszeit war im Mittel in beiden Gruppen von gleicher Dauer. Unter Anwendung des
optimierten Interfaces mit einer weichen Kontaktlinse sowie gleichzeitig reduzierter
Laserpulsenergie konnten die wenigen intraoperativen Komplikationen weiter
reduziert werden. Bei der Anwendung des optimierten Interfaces mit der weichen
Kontaktlinse zeigte sich keine korneale Faltenbildung [11]. Die Lernkurve des
Operateurs ist bei der Reduktion der intraoperativen Komplikationen nicht zu
vernachlässigen.
109
Femto/Varia
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110
Femtolaser-assistierte Kataraktchirurgie –
was hat der Patient davon?
P. Hoffmann, C. Lindemann
Fragestellung
In den letzten zwei Jahren ist sehr viel Literatur zum Thema Femtosekundenlaserassistierte Kataraktchirurgie erschienen. Hierbei liegt der Schwerpunkt zumeist auf
Prozessqualität, Komplikationsraten und neuen Anwendungsfeldern. Wir möchten
uns der Frage widmen, ob belegbare Verbesserungen der Ergebnisqualität gegenüber einer Phakoemulsifikation in der Hand des erfahrenen Chirurgen möglich sind.
Methodik
In unserer Klinik wurden von zwei Operateuren (CL, PH) bis zum 20.2.2014 insgesamt 679 fs-Laser-assistierte Eingriffe mit dem Technolas Victus SW 2.2 bis 2.7 durchgeführt. Bei allen Operationen wurden prä- und intraoperative Parameter ausführlich dokumentiert. Postoperative Parameter wurden bei allen Patienten, die sich zu
einer Nachuntersuchung in unserem Haus bereit erklärten, nach einem Tag, einem
Monat und sechs Monaten untersucht. Die folgende Auswertung bezieht sich nur auf
Patienten ohne inzisionale Hornhautkorrekturen (Gruppe 1). Für Tag eins k
­ onnten
225, für Monat eins 211 und Monat sechs 107 Augen nachuntersucht werden. Bei
allen Patienten wurden aberrationskorrigierende, asphärische Linsen implantiert.
Diese waren in 20,2 % der Fälle zusätzlich torisch.
Mit dem fs-Laser wurde eine Kapsulotomie von 5,0 bis 5,4 mm Durchmesser je
nach Linse zentriert auf die vermutete Gesichtslinie angelegt. Die Kernfragmenta­
tion erfolgte entweder als pre-chop in sechs bis acht „Tortenstücke“ oder mittels
einer Kombination von vier „Tortenstücken“ mit vier bis acht zirkulären Schnitten.
Als Phakomaschine kamen Geuder S4 mit einer 2,2-mm-PEP-Nadel zum Einsatz.
Als Vergleichsgruppe (Gruppe 2) dienten konventionelle Phakoemulsifikationen
aus einer Qualitätssicherungsmaßnahme, die bei 140 Operationen in der ersten Jahreshälfte 2013 gelaufen ist. Daneben wurden Langzeitverläufe (n = 85) aus einer ­bereits
veröffentlichten Arbeit mit sehr guten refraktiven Ergebnissen herangezogen [1].
Auch hier kamen nur asphärische Linsen zum Einsatz.
Als Maß für das operative Trauma wurden die Quellung der Hornhaut in µm
­(erster Tag) sowie der Endothelverlust in % (erster Monat) erfasst. Ein weiterer Parameter war der Visus zu allen Untersuchungszeitpunkten. Ebenso wurde die refrak-
111
Femto/Varia
tive Vorhersagegenauigkeit (berechnet mit Holladay-Formel [2]) nach einem Monat
und sechs Monaten analysiert. In zwei Teilgruppen (Femto n = 97 und konventionell
n = 200) mit einteiligen Alcon-Linsen wurde auch die axiale Position der IOL (= Abstand Hornhautendothel zur IOL-Vorderfläche) mit dem Haag-Streit Lenstar gemessen und mit der präoperativen Vorhersage (Okulix 8.88) verglichen. Aberrationen
höherer Ordnung wurden mit dem iTrace-Aberrometer in natürlicher Mydriasis gemessen. In Teilgruppen (Femto n = 26, Phako n = 30) wurden geometrische Daten
der IOL-Position (Zentrierung, Verkippung beim Linsentyp AMO ZCB00) mit dem
Purkinjemeter nach Schaeffel [3] erfasst. Diese Messungen erfolgten neun bis zwölf
Monate nach der Operation. Als Bezugspunkt für die Zentrierungsmessung wurde
die Mitte der Geraden zwischen Pupillenmitte und dem ersten Purkinjebild gewählt.
Ergebnisse
In der Gruppe 1 verdickte sich die Hornhaut von 552 ± 38 µm präoperativ auf 574
± 50 µm, in Gruppe 2 von 555 ± 30 µm auf 585 ± 41 µm. Der Unterschied ist statistisch
signifikant (Mann-Whitney-Test, P = 0,03). Der mittlere Endothelverlust betrug 4,3 %
in Gruppe 1 und 5,2 % in Gruppe 2 (statistisch nicht signifikant, Mann-Whitney
P = 0,16).
Der korrigierte Fernvisus am ersten Tag nach OP wurde in Gruppe 1 im geometrischen Mittel mit 0,66 sowie in Gruppe 2 mit 0,61 gemessen (P = 0,003). Nach einem
Monat konnte kein Unterschied mehr festgestellt werden (geometrisches Mittel 0,90
vs. 0,91), ebenso wenig wie nach sechs Monaten (1,0 vs. 0,97).
Der refraktive Vorhersagefehler (mittlerer Absolutfehler) betrug nach einem
­Monat in Gruppe 1 im Median 0,27 dpt und im arithmetischen Mittel 0,35 dpt, in
Gruppe 2 0,25 dpt bzw. 0,34 dpt (nicht signifikant). Nach sechs Monaten jedoch
­waren Median/Mittelwert in Gruppe 1 0,25/0,28 dpt, in Gruppe 2 0,24/0,33 dpt
(P = 0,24).
Der Vorhersagefehler nach sechs Monaten betrug in Gruppe 1 +0,04 ± 0,34 dpt,
in Gruppe 2 –0,02 ± 0,43 dpt (F-Test P = 0,01). Die Streuung ist also in Gruppe 1 signifikant niedriger.
Die axiale IOL-Position wich bei den fs-Augen im Mittel um –0,15 ± 0,19 mm von
der Vorhersage ab, bei den manuell operierten Augen um –0,22 ± 0,25 mm (MannWhitney P = 0,0005). Erstere sitzen somit ≈ 0,07 mm flacher.
Aberrationen höherer Ordnung (HOA) werden im pseudophaken Auge u. a. durch
die Zentrierung und Verkippung der IOL bestimmt. Die Gesamtheit der HOA betrug bei
der 1-Monats-Kontrolle in Gruppe 1 0,10 ± 0,06 µm, in Gruppe 2 0,12 ± 0,07 µm (MannWhitney P = 0,02). Nach sechs Monaten wurde in Gruppe 1 0,09 ± 0,04 µm gemessen,
in Gruppe 2 0,10 ± 0,04 µm (nicht signifikant, n = 31 in Gruppe 2). In beiden Gruppen
waren Coma und Trefoil die beherrschenden Abbildungsfehler. Bezüglich Coma war
der Unterschied zwischen Gruppen 1 und 2 bei der 1-Monats-Kontrolle signifikant.
112
Hoffmann, Lindemann: Femtolaser-assistierte Kataraktchirurgie – was hat der Patient davon?
Die mit dem Purkinjemeter gemessene Dezentrierung war 0,27 ± 0,11 mm in
Gruppe 1 und 0,29 ± 0,23 mm in Gruppe 2. Die größere Varianz ist statistisch signifikant (F-Test P = 0,001). Die Verkippung der Linse betrug 3,7 ± 2,3° in Gruppe 1,
4,6 ± 2,6° in Gruppe 2 (nicht signifikant). Lediglich bei der vertikalen Komponente
der Verkippung konnte ein signifikanter Unterschied gezeigt werden: Gruppe 1 +0,13
± 2,6°, Gruppe 2 –1,5 ± 3,0° (t-Test P = 0,04).
Diskussion
Die fs-Laser-assistierte Kataraktchirurgie ist ein innovatives Operationsverfahren,
das mit hohen Kosten und hohem Aufwand verbunden ist. Für den Patienten ist entscheidend, ob gegenüber dem etablierten Verfahren der Phakoemulsifikation bessere
Ergebnisse erzielt werden können. Diese könnten bedingt sein durch eine bessere Positionierung der Linse aufgrund konsistenterer Kapsulotomie und durch schonendere
Entfernung des Linsenkerns aufgrund der Vorzerkleinerung durch den Laser.
Bezüglich des Hornhauttraumas haben Takács et al. am ersten Tag postoperativ
deutliche Unterschiede zugunsten des Lasers gefunden (35 µm vs. 57 µm Schwellung), die sich nach einer Woche angeglichen hatten [4]. Die Bochumer Arbeitsgruppe hat 73 µm vs. 86 µm beschrieben; nach einer Woche waren in beiden Gruppen
noch ca. 30 µm Schwellung übrig [5]. Einen relativen und signifikanten Vorteil des
Lasers konnten wir bestätigen, allerdings auf insgesamt erheblich besserem Niveau
des Ödems.
Die Bochumer Gruppe beschrieb Endothelverluste von 8,0 % vs. 11,1 % nach
sechs Wochen [5] trotz Reduktion der effektiven Phakozeiten um Faktor 10 und
mehr [6, 7]. In Budapest wurde 4,3 % vs. 10,5 % nach einem Monat gefunden [4].
Die ­Unterschiede waren bei uns geringer ausgeprägt auch vorhanden, aber nicht
statistisch signifikant (4,3 % vs. 5,2 %).
Endotheliales Trauma ist multifaktoriell und nicht allein durch Ultraschalleinsatz bedingt. Schnittlokalisation, Schnittkonstruktion, OP-Technik, Spüllösung,
Durchflussmenge, OP-Zeit, Turbulenz, Viskoelastikum, Injektorsystem und sehr
deutlich der Arbeitsabstand der Instrumente zur Hornhaut sind Faktoren, die zur
Schädigung des Endothels beitragen können. Daher ist es wichtig, eine ausgewogene OP-Technik zu finden, bei der nicht die effektive Phakozeit zulasten anderer
ergebnisrelevanter Parameter solitär optimiert wird. Bei einer Korrelationsana­lyse
konnten wir keinen (Gruppe 1) bzw. fast keinen (Gruppe 2) Zusammenhang der
Hornhautschwellung mit der effektiven Phakozeit feststellen. Lediglich die interne
Vorderkammertiefe war ein deutlicher Prädiktor für die postoperative Dickenzunahme der Hornhaut (Gruppe 1 Spearman’s ρ = –0,15 P = 0,05, Gruppe 2 ρ = –0,39
P < 10–4), deutlicher noch als die Kernhärte nach LOCS III. Wir schließen daraus, dass
bei der sehr geringen gepulsten Ultraschallabgabe aktueller Phakomaschinen die
direkte Ultraschallschädigung der Hornhaut eine untergeordnete Rolle spielt.
113
Femto/Varia
Die Budapester Arbeitsgruppe fand keinen signifikanten Unterschied beim
­Visus nach sechs Monaten [8], auch aus anderen Arbeitsgruppen ist nichts Der­
artiges ­publiziert. Der leichte Visusvorteil am ersten Tag postoperativ wurde unseres
­Wissens bisher nicht berichtet.
Bezüglich der refraktiven Vorhersagegenauigkeit haben wir aufgrund geome­
trischer Messungen der spätpostoperativen IOL-Position mit dem Lenstar eine Fehler­
fortpflanzungsanalyse durchgeführt und abgeschätzt, dass der Vorhersage­fehler
langfristig um ≈ 10 % verbessert werden könnte. Dieser Wert wird durch die ­klinischen
Erfahrungen nach sechs Monaten auch in etwa bestätigt und ist am ehesten auf die
konsistentere Kapsulotomie und gleichmäßigere Kapselschrumpfung zurückzuführen. Abell et al. fanden nach einem Monat wie wir auch keinen Unterschied [9], ­Filkorn
et al. nach sechs bis zwölf Wochen aber einen sehr erheblichen [10], was ange­sichts der relativ kleinen Fallzahl und der heterogenen Implantate etwas überrascht.
Miháltz et al. fanden Vorteile der fs-Kapsulotomie hinsichtlich der internen Aberrationen (OPD-Scan) [8]. Wir haben sowohl nach einem als auch nach sechs Monaten Vorteile bezüglich der asymmetrischen Aberrationen (vor allem Coma) gesehen,
wobei nach sechs Monaten aufgrund der geringen Fallzahl der Kontrollgruppe keine
Signifikanz gegeben ist.
Purkinjemetrische Messungen der IOL nach fs-Laser-assistierter Chirurgie sind
unseres Wissens bisher nicht beschrieben. Mester et al. [11] fanden bei konventionell
operierten Augen mit dem gleichen Linsentyp wie wir ähnliche Verkippungswerte,
aber wesentlich weniger Dezentrierung – allerdings bezogen auf die Pupillenmitte
und in der frühpostoperativen Phase. Toto et al. [12] fanden eine erhebliche Zunahme von Dezentrierung und Verkippung im postoperativen Verlauf von einem Monat nach sechs Monaten, und es wurden spätpostoperativ mit anderer Technik sehr
ähnliche Werte gefunden wie bei uns [12, 13]. Es erscheint uns plausibel, dass eine
gleichmäßig große und zentrierte Kapseleröffnung das Potenzial für diesbezügliche
Verbesserungen hat, wie es unsere klinischen Daten auch andeuten.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass leichte Vorteile der fs-Laser-Technik als gesichert gelten können. Dazu gehört ein verringertes Hornhautendotheltrauma sowie langfristig bessere refraktive Präzision und weniger asymmetrische
Abbildungsfehler.
114
Hoffmann, Lindemann: Femtolaser-assistierte Kataraktchirurgie – was hat der Patient davon?
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of the nucleus with different softening grid sizes on effective phaco time in cataract surgery. J Cataract
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laser anterior capsulotomy in cataract surgery. J Refract Surg 2011;27(10):711–716. doi:10.3928/108159
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115
Ozurdex bei Irvine-Gass-Syndrom
D. Krause, S. Krause, H. Schilling
Zusammenfassung
Wir untersuchten die Wirkung von Ozurdex nach durchgeführter Kataraktoperation und
erfolgloser konventioneller Therapie. Die Kontrolluntersuchung nach 4 Monaten zeigte einen Anstieg um 13 Buchstaben im bestkorrigierten Visus. Die zentrale Netzhaut­
dicke (Fovea) reduzierte sich im Durchschnitt um 192 µm. Der Anstieg des intraokularen
Druckes über 21 mmHg bei nur 2 Patienten konnte durch eine eingeleitete lokale antiglaukomatöse Therapie erfolgreich behandelt werden.
Summary
We examine the outcome of treating cystoid macular oedema following cataract
surgery with Ozurdex after failure of conventional therapy. The follow-up of 4 months
the visual acuity had increased in all patients with a mean of 13 letters. The central
(foveal) thickness decreased by 192 µm in average. An elevation of IOP beyond
21 mmHg occurred in only 2 patient which could successfully treated with topical antiglaucomateous medication.
Problemstellung
Bei der stetig wachsenden Anzahl an Kataraktoperationen pro Jahr ist trotz verbesserter Operationstechnik mit einer Zunahme von Patienten, die an einem Irvine-GassSyndrom erkranken, zu rechnen. Das Irvine-Gass-Syndrom ist ein Pseudophakiebedingtes zystoides Makulaödem (ZMÖ). Erstmals detektiert und beschrieben wurde das Krankheitsbild 1952 von Irvine mithilfe der Biomikroskopie [1]. 1966 gelangen
Gass und Norton [2, 3] der angiografische Nachweis dieses Krankheitsbildes. In der
Literatur wird eine Inzidenz des klinisch signifikanten zystoiden Makulaödems zwischen 1 % und 2 % nach moderner Kataraktchirurgie angegeben [4]. Legt man für
die Bundesrepublik Deutschland 650.000 bis 700.000 Operationen/Jahr zugrunde,
so ergeben sich zwischen 6500 und 14.000 Erkrankungen bundesweit.
Es sind derzeit vier pathomorphologische Ursachen, die zu einem Pseudophakie-bedingten ZMÖ führen können, bekannt. Die Bulbuseröffnung führt zu einer
vermehrten Ausschüttung von Entzündungsmediatoren. Die folgende Entfernung der
Barriere (Vorderkapsel und Linse) erleichtert die sich anschließende Penetration der
Entzündungsmediatoren in den Glaskörperraum. Dieser erhöhte Spiegel an Mediatoren
führt zu einer ausgeprägten Schrankenstörung an der Netzhaut und zur Ausbildung
117
Femto/Varia
eines ZMÖ. Des Weiteren können anterior posteriore und tangentiale Zugkräfte der
hinteren Glaskörpergrenzmembran unterstützende Wirkung auf die Entstehung und
die Chronifizierung des ZMÖ haben [5]. Schaut man rückblickend auf die Behandlung des Irvine-Gass-Syndroms der letzten Jahre, so muss man feststellen, dass sich
in der Therapie kaum Fortschritte ergeben haben. Grundpfeiler der Behandlung sind
weiterhin die lokalen nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) (z. B. Acular AT) und
die systemischen Carboanhydrasehemmer. Lokale Kortisongaben (in Form von Augentropfen oder periokulären Injektionen) und systemische Kortisongaben wurden,
besonders bei Versagen der Acetazolamidtherapie, versucht.
Studiendesign und -ergebnis
Die intravitreale Gabe von Triamcinolon scheint kurzfristige Verbesserungen zu bringen. Alle Patienten erhielten auf dem erkrankten Auge eine Ozurdex-Implantation,
nachdem sie initial insgesamt mindestens vier Wochen lang leitliniengerecht nach
dem Therapieschema unserer Klink versorgt wurden und sich ein ausbleibender
Benefit zeigte. Diese Therapie besteht in der Gabe von lokalen NSAR (Acular AT viermal täglich) und der systemischen Gabe von Acetazolamid (Glaupax dreimal eine
halbe Tablette) unter adäquater Kaliumsubstitution pro Tag. Die Kontrolle des Kaliumspiegels im Serum durch den Hausarzt wird empfohlen. Als Therapieversagen
wurde ein Persistieren oder eine Zunahme des ZMÖ im OCT mindestens vier Wochen
nach Therapiebeginn definiert.
Insgesamt 22 Augen von 19 Patienten wurden in diese Studie eingeschlossen.
Ausschlusskriterien waren andere Augenoperationen in der Anamnese am Studienauge, bekannte Kortisonresponder, bekanntes Glaukom am Studienauge und eine
nachgewiesene vitreoretinale Traktionen im OCT. Bereits ein Monat postoperativ zeigte sich bei allen Patienten ein Ansprechen auf die Therapie mit Ozurdex.
Ein durchschnittlicher Visusanstieg um 14,7 Buchstaben im EDTRS-Visus konnte erzielt werden. Die foveale Netzhautdicke im OCT reduzierte sich um durchschnittlich
266,2 µm. Nur in zwei Fällen kam es zu einem Anstieg des intraokularen Druckes auf
>21 mmHg. Dieser konnte durch die Gabe einer lokalen antiglaukomatösen Therapie
problemlos reguliert werden. Weitere Komplikationen traten bis dato nicht auf. Ein
durchschnittlicher Visusanstieg um 17,2 Buchstaben im EDTRS-Visus konnte nach
sechs Monaten erzielt werden. Die foveale Netzhautdicke im OCT reduzierte sich um
durchschnittlich 167,9 µm.
Fazit
Die guten Ergebnisse geben Anlass für ein positives Fazit. Es konnte bislang gezeigt
werden, dass die intravitreale Gabe von Ozurdex das ZMÖ deutlich reduziert und eine
gute Visusverbesserung eintritt. Abzuwarten bleibt noch, ob die Wirkung des Kortison-
118
Krause, Krause, Schilling: Ozurdex bei Irvine-Gass-Syndrom
präparates auch über einen längeren Zeitraum konstant bleibt oder ob weitere Injektionen notwendig sind. Des Weiteren wird sich zeigen, ob es bei Einschluss größerer
Patientenanzahlen auch sogenannte Nonresponder in der Ozurdex-Therapie geben
wird.
Literatur
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concepts of the structure of the vitreous. Am J Ophthalmol 1953;36:599–619
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funduscopic and angiographic study. Arch Ophthalmol 1966;76:646–661
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study group. Am J Ophthalmol 1979;88:45–48
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to blood-aqueous barrier damage and visual acuity. J Cataract Refract Surg 1999;25:1492–1497
5. Bertelmann T, Witteborn M, Mennel S: Das pseudophakiebedingte zystoide Makulaödem.
Klin Monatsbl Augenheilkd 2012;229:798–811
119
Kataraktchirurgie mit dem Fs-Laser im Vergleich
zur manuellen Methode
G. U. Auffarth, R. Khoramnia, M. Safwat Azis Attia, A. Fitting, K. Linz, M. P. Holzer
Zusammenfassung
Hintergrund: In dieser Studie sollen in einem intraindividuellen Vergleich die Ergebnisse der Kataraktoperationen mittels Femtosekundenlaser (Fs-Laser) gegen die Standard­
therapie mit manueller Rhexis und Standardphakoemulsifikation in randomisierter
Form prospektiv verglichen werden.
Material und Methode: In einer prospektiv kontrollierten, randomisierten verblindeten individuellen Vergleichsstudie wurden bisher 27 Patienten eingeschlossen, bei
denen randomisiert auf einem Auge der Fs-Laser „Victus“ von der Firma Technolas/
Bausch & Lomb zur Durchführung der Kapsulorhexis und der Linsenpräfragmentation benutzt wurde. Die anschließende Linsenentfernung erfolgte mit der Stellaris
Phakomaschine (Bausch & Lomb). Implantiert wurde eine EnVista MX60A monofokale
asphärische Intraokularlinse (Bausch & Lomb). Am Partnerauge wurde die komplette
Operation im Standardverfahren mit manueller Rhexis und kompletter Linsenentfernung
mittels Phakoemulsifikation mit gleicher Phakomaschine und Implantation der
gleichen Linse durchgeführt. Neben funktionellen Ergebnissen wurden zusätzlich
Endothelzellzahlen, postoperativer Flare sowie alle Daten bezüglich der Kapsulorhexis
erfasst.
Ergebnisse: 27 Patienten wurden bisher eingeschlossen, von denen 15 bereits die
6-Monats-Kontrolle erreicht hatten. Bezüglich des unkorrigierten Fernvisus ergaben
sich keine signifikanten Unterschiede. Nach 6 Monaten lag der Visus im Schnitt bei
0,14 logMAR (Bereich 0,80 bis –0,10) beim Fs-Laser bzw. 0,14 logMAR (Bereich 0,8
bis –0,12) bei der manuellen Standardtechnik. Auch für den korrigierten Fernvisus,
der im Median bei –0,10 logMAR (Victus) bzw. –0,08 logMAR (manuelle Gruppe) lag,
bestand kein signifikanter Unterschied. Die erreichte Refraktion nach 6 Monaten
postoperativ unterschied sich nicht signifikant. Statistisch im Median (WilcoxonTest P > 0,05) landeten die Patienten mit dem Fs-Laser bei einer Refraktion von
–0,13 dpt (sphärisches Äquivalent). Der gleiche Wert war auch in der manuellen
Gruppe zu finden. Auch die Differenz zwischen Zielrefraktion und vorher berechneter
Refraktion ist nicht signifikant. Am Flaremeter zeigte sich zwischen beiden Gruppen
kein signifikanter Unterschied (Wilcoxon-Test P > 0,05). Die effektive Phakozeit war
in der Fs-Laser-Gruppe statistisch signifikant geringer im Vergleich zur manuellen Gruppe (Wilcoxon-Test P = 0,0128). Bessere Werte als die manuelle Gruppe erzielten die Augen
der Laseranwendung bei der Kapsulotomie (Reproduzierbarkeit, Zirkularität, Genauigkeit). Der Endothelzellverlust war in den beiden Gruppen nicht signifikant (WilcoxonTest P > 0,05).
121
Femto/Varia
Zusammenfassung: Ein Effekt auf die funktionellen Ergebnisse bzw. die refraktiven Ergebnisse ließ sich bei dieser kontrollierten, prospektiv randomisierten Studie
zwischen den beiden Gruppen im intraindividuellen Vergleich nicht finden. Die
effektive Phakozeit (EPT) war jedoch signifikant geringer in der Fs-Laser-Gruppe.
Ebenso war die Kapsulotomie reproduzierbarer, runder und zentrierter in der Fs-LaserGruppe.
Summary
Background: In this study an intraindividual comparison between Femtosecondlaser
(Fs-Laser) assisted cataract surgery and standard manual phacoemulsification was
carried out in a prospective randomized fashion
Material and Methods: 27 patients have been so far recruited for a prospective,
randomised blinded intraindividual comparative study. 1 eye of each patient underwent
Fs-Laser (Model: “Victus” Technolas/Bausch & Lomb) capsulotomy and lens
prefragmentation. The final lens removal was done using the Stellaris Phacomachine
(Bausch & Lomb). An EnVista MX60A monofocal, aspherical IOL was implanted
(Bausch & Lomb). In the fellow eye of the patient a standard Phacoemulsification
procedure was done with the Stellaris system. Apart from refractive and functional results,
flare, endothelial cell count and data around the capsulotomy were collected.
Results: 15 out of 27 patients passed the 6-Months-Follow-Up. There was no difference
regarding distance visual acuity. UCDVA was 0.14 logMAR (range 0.80 to –0.10)
(Victus), and 0.14 logMAR (range 0.8 to –0.12) for manual phaco. For the DCVA Median
was 0.10 logMAR (Victus) and –0.08 logMAR (manual group) (no significant difference).
Final refraction 6 months post-op did not differ among groups (Wilcoxon-Test P > 0.05)
The median spherical equivalent value was in both groups –0.13 D.
Measures of the Flaremeter did not show significant differences (Wilcoxon-Test P > 0.05).
Effective phaco time (EPt) showed significantly better valus with the Victus Laser
(Wilcoxon-Test P = 0.0128). In addition all capsulotomy parameters were better compared to the manual group. The endothelial cell count did not show statistical significant
differences (Wilcoxon-Test P > 0.05).
Conclusions: In this prospective randomised blinded intraindividual comparative
study there was no statistical difference between Fs-Laser treated eyes and manually
treated eyes in terms of fuinctional and refractive results as well as endothelial cell
loss. Effective phacotime (EPT) was significantly reduced in the Fs-Laser group. The
capsulotomy was superior in the Fs-Laser group in terms of circularity, centration and
predictability of diameter.
122
Auffarth et al: Kataraktchirurgie mit dem Fs-Laser im Vergleich zur manuellen Methode
Einleitung
Die moderne Kataraktchirurgie erfährt zurzeit einen großen Umbruch mit der Einführung der Fs-Laser-assistierten Katarakt-/Linsenchirurgie. Die von Nagy et al. zunächst
eingeführte Technologie wird immer mehr angewandt [3, 6, 7, 9, 10]. Viele Berichte aus
Fallserien oder Anwendungsbeobachtungen zeigen positive Effekte wie schnellere
visuelle Rehabilitation, bessere Refraktionsgenauigkeit, geringere Entzündungsreaktionen und geringere Endothelzellverluste [1, 4, 5, 7, 10, 11]. Insbesondere die
bessere Vorhersagbarkeit des Kapsulotomiedurchmessers, die bessere Zirkularität
und Zentrierung sowie eine bessere Reißfestigkeit der Femto-Kapsulotomie wurden
publiziert [1, 2, 6, 7, 8, 12, 13].
In dieser Studie sollen in einem intraindividuellen Vergleich die Ergebnisse der
Kataraktoperationen mittels Fs-Laser gegen die Standardtherapie mit manueller
Rhexis und Standardphakoemulsifikation in randomisierter Form prospektiv
verg­lichen werden.
Material und Methode
In einer prospektiv kontrollierten, randomisierten verblindeten individuellen Vergleichsstudie wurden bisher 27 Patienten eingeschlossen, bei denen randomisiert auf
einem Auge der Fs-Laser Victus von der Firma Technolas/Bausch & Lomb zur Durchführung der Kapsulorhexis und der Linsenpräfragmentation benutzt wurde [1]. Die
anschließende Linsenentfernung erfolgte mit der Stellaris Phakomaschine (Bausch
& Lomb). Implantiert wurde eine EnVista MX60A monofokale asphärische Intraokularlinse (Bausch & Lomb). Am Partnerauge wurde die komplette Operation im
Standardverfahren mit manueller Rhexis und kompletter Linsenentfernung mittels
Phakoemulsifikation mit gleicher Phakomaschine und Implantation der gleichen
Linse durchgeführt.
Die Operationen wurden von zwei erfahrenen Chirurgen durchgeführt. Neben
funktionellen Ergebnissen wurden zusätzlich Endothelzellzahlen, postoperativer
Flare sowie alle Daten bezüglich der Kapsulorhexis erfasst. Die Studie war von der
Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg zugelassen
und entsprach allen Statuten der Deklaration von Helsinki und den Richtlinien der
Good Clinical Practice (GCP).
Ergebnisse
Insgesamt konnten bisher 27 Patienten eingeschlossen werden, von denen zum Zeitpunkt des Vortrages 15 bereits die 6-Monats-Kontrolle erreicht hatten. Bezüglich des
unkorrigierten Fernvisus ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. Nach sechs
Monaten lag der Visus im Schnitt bei 0,14 logMAR (Bereich 0,80 bis –0,10) beim
123
Femto/varia Femto/Varia-Laser bzw. 0,14 logMAR (Bereich 0,8 bis –0,12) bei der manuellen
Standardtechnik. Auch für den korrigierten Fernvisus, der im Median bei –0,10
(logMAR) (Victus) bzw. –0,08 logMAR (manuelle Gruppe) lag, bestand kein signifi­kanter Unterschied.
Die erreichte Refraktion nach sechs Monaten postoperativ unterschied sich nicht
signifikant. Statistisch im Median (Wilcoxon-Test P > 0,05) landeten die Patienten
mit dem Victus bei einer Refraktion von –0,13 dpt (sphärisches Äquivalent). Der
gleiche Wert war auch in der manuellen Gruppe zu finden. Auch die Differenz
zwischen Zielrefraktion und vorher berechneter Refraktion ist nicht signifikant
(Tab. 1).
UDVA in logMAR:
Median (Spannweite)
CDVA in logMAR:
Median (Spannweite)
Victus
Manuell
Victus
Manuell
präoperativ (n=27)
0,47
(0,94 bis 0,04)*
0,32
(1,04 bis 0,02)*
0,10
(0,80 bis -0,02)
0,12
(0,82 bis -0,10)
1 Tag
postoperativ
(n=27)
0,34
(1,04 bis -0,04)
0,21
(0,98 bis 0,02)*
0,23
(0,60 bis -0,04)
0,04
(0,80 bis -0,10)
1 Woche
postoperativ
(n=27)
0,10
(1,04 bis -0,10)
0,12
(0,90 bis -0,12)
0,02
(0,18 bis -0,24)
-0,02
(0,38 bis -0,16)
1 Monat
postoperativ
(n=22)
0,09
(0,62 bis -0,10)
0,12
(0,76 bis -0,10)
-0,06
(0,14 bis -0,14)
-0,05
(0,10 bis -0,18)
3 Monate
postoperativ
(n=20)
0,17
(0,72 bis -0,12)
0,08
(0,96 bis -0,20)
-0,04
(0,24 bis -0,20)
-0,05
(0,32 bis -0,20)
6 Monate
postoperativ
(n=15)
0,14
(0,80 bis -0,10)
0,14
(0,80 bis -0,12)
-0,10
(0,04 bis -0,18)
-0,08
(0,06 bis -0,14)
1: Funktionelle Ergebnisse (unkorrigierter und korrigierter Fernvisus) im Vergleich FemtolaserTab.
assistierte Kataraktoperatio und Standardkataraktoperation (manuell)
Bezüglich der Evaluierung der Entzündungsparameter am Flaremeter zeigten
sich sowohl beim Victus als auch bei der manuellen Gruppe ein leichter Anstieg des
Flares am ersten Tag postoperativ. Bereits nach einer Woche wurde in etwa das Niveau
präoperativ wieder erreicht. Der Unterschied zwischen beiden Gruppen war nicht
signifikant (Wilcoxon-Test P > 0,05). Abbildung 1 zeigt die effektive Phakozeit, die in
der Victus-Gruppe statistisch signifikant geringer war im Vergleich zur manuellen
Gruppe (Wilcoxon-Test P = 0,0128).
124
Auffarth et al: Kataraktchirurgie mit dem Fs-Laser im Vergleich zur manuellen Methode
70
Effektive Phakozeit
60
Stunden
50
40
30
20
10
0
EPT Victus (n=27)
EPT Manuell (n=25)
Abb. 1: Effektive Phakoemulsifikationszeit (EPT) im
Vergleich Fs-Laser-assistierte
Kataraktchirurgie (Victus) zur
Standardphakoemulsifikation
(manuell). Hier zeigt sich ein
signifikanter Unterschied
(Wilcoxon-Test P = 0,0128)
Deutlich bessere Werte als die manuelle Gruppe erzielten die Augen der Laseranwendung bei der Kapsulotomie (Abb. 2a und 2b). Bei einem Zieldurchmesser von
5,0 mm lag der mittlere Wert bei der Victus-Lasergruppe bei 5,014 mm, bei der manuellen Gruppe 4,543 mm. Auch die Kreisform der Exzentrizität der Kapsulotomie war
deutlich besser in der Gruppe mit den Augen, die mit dem Fs-Laser behandelt wurden. Der Endothelzellverlust war auch hier wiederum in beiden Gruppen nicht
signifikant (Wilcoxon-Test P > 0,05) (Abb. 3).
Abb. 2a: Retroilluminationsfoto mit zentrierter
Intraokularlinse (MX60 EnVist Bausch & Lomb),
Kapsulotomie nach Fs-Laser-assistierter
Kataraktchirurgie
Abb. 2b: Partnerauge nach Standardphakoemulsifikation mit gleicher Linse und etwas
kleinerer und leicht dezentrierter, aber noch
360° überlappender Kapsulorhexis (3 Monate
postoperativ)
125
Femto/varia Victus
Manuell
10
Endothelzellverlust in %
Endothelzellverlust in %
10
0
-10
-20
-30
-40
-50
0
-10
-20
-30
-40
-50
Monat 1
(n=22)
Monat 3
(n=20)
Monat 6
(n=15)
Monat 1
(n=22)
Monat 3
(n=20)
Monat 6
(n=15)
Abb. 3: Der Endothelzellverlust war in den beiden Gruppen nicht signifikant (Wilcoxon-Test P > 0,05)
Diskussion und Zusammenfassung
In dieser noch fortlaufenden Studie zeigen die Interimsergebnisse bereits einige
interessante Aussagen. Ein Effekt auf die funktionellen Ergebnisse bzw. die refraktiven Ergebnisse ließ sich bei dieser kontrollierten, prospektiv randomisierten Studie
zwischen den beiden Gruppen im intraindividuellen Vergleich nicht finden. Sowohl
Visus als auch Refraktion bzw. die Abweichung von der Zielrefraktion war in beiden
Gruppen gleich ausgeprägt und ohne statistisch signifikanten Unterschied. Auch
Intraokulardruck, Entzündungsreaktion (Flare) oder Endothelzellzahl zeigten keine
statistisch signifikanten Unterschiede. Dies ist etwas außergewöhnlich, da es mehrere
Berichte von interventionellen Fallserien gibt, in denen die Femtolaser-Behandlung
zu einer besseren Visusentwicklung und auch besseren refraktiven Zuverlässigkeit
führt [4, 11, 14, 15, 16]. Allerdings sind einige dieser Studien weder randomisiert noch
kontrolliert durchgeführt worden.
Auch die Tatsache, dass bei der postoperativen Evaluierung der Patienten der
Untersucher verblindet war und nicht wusste, welches Auge gelasert oder welches mit
Ultraschall behandelt wurde, zeigt, dass die Daten dieser Studie verlässlicher sind
als einige Daten, die aus Anwendungsbeobachtungen bzw. größeren Fallserien bestehen. Ein signifikanter Unterschied konnte gemessen werden in Bezug auf die effektive
Phakozeit. Präfragmentieren des Linsenkerns führt offensichtlich dazu, dass in der
nachfolgenden Benutzung des Phakoemulsifikationsgerätes weniger Energie benutzt
wird.
Einige Parameter um die Kapsulotomie herum (Durchmesser, Kreisform der
Rhexis, Zentrierung der Kapsulotomie) waren wiederum in der Lasergruppe signifikant
besser.
126
Auffarth et al: Kataraktchirurgie mit dem Fs-Laser im Vergleich zur manuellen Methode
Insgesamt ist es nicht überraschend, dass die funktionellen und refraktiven Ergebnisse sich nicht signifikant unterscheiden. Auch die Standardphakoemulsifikation
hat einen sehr hohen Präzisionsgrad erreicht. Die effektive Linsenposition ist sicherlich langfristig bei größeren Fallzahlen im Schnitt etwas besser voraussehbar bei
standardisierten Schnitten mit dem Laser und standardisierter Kapsulorhexis als
mit einer manuellen Methode. Hier müssten jedoch größer angelegte Studien mit
höheren Fallzahlen zu Rate gezogen werden.
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128
Manuelle Kapsulorhexis versus
Femtosekunden­laser-assistierte Kapsulotomie
bei maturen Katarakten
I. Conrad-Hengerer, H. B. Dick, T. Kohnen, F. H. Hengerer
Zusammenfassung
Fragestellung: Vergleich der Komplikationen unterschiedlicher manueller Operationstechniken mit Femtolaser-assistierter Kapsulotomie bei maturen Katarakten.
Methodik: In beiden manuell operierten Gruppen erfolgte nach Anfärben mit
Trypanblau in der ersten Gruppe die Kapsulorhexis unter Anwendung eines niedrig­
viskösen Viskoelastikums, während in der zweiten Gruppe ein zusätzliches hochvisköses
Viskoelastikum eingesetzt wurde. In der dritten Gruppe wurde die Kapsulotomie mit dem
Femtolaser durchgeführt. Als Zielgrößen wurden die Abweichung vom intendierten
Kapsulorhexisdurchmesser sowie die intraoperativen Komplikationen erfasst.
Ergebnisse: In der ersten Gruppe lagen 12 von 21 Patienten außerhalb des Zieldurch­
messers von 5,0 mm, in der zweiten Gruppe 6 von 20, in der Femtogruppe betrug die
mittlere Abweichung vom Zieldurchmesser 62 ± 41 µm. In Gruppe 1 traten bei 3 Patien­ten
Komplikationen auf, in Gruppe 2 keine und in der Femtogruppe 1.
Schlussfolgerungen: Durch mechanische Eindellung der vorderen Linsenkapsel mit
hochviskösem Viskoelastikum konnten die intraoperativen Komplikationen in der manuell operierten Gruppe reduziert werden. Die Femtolaser-Kapsulotomien waren in
­Größe und Form präziser, aber gewährleisteten keine völlige Komplikationsfreiheit bei
der Operation maturer Katarakte.
Einführung
Mature intumeszente Katarakte erschweren bereits den Beginn der Operation durch
den fehlenden Rotreflex während der Kapsulorhexis. Darüber hinaus kann der
intra­
lentikuläre Druck unkontrollierte Einrisse der Linsenkapsel bewirken und
trotz Anfärben auch zur Argentinischen Flagge führen – bis hin zum vollständigen
Kernverlust in den Glaskörper. Die Inzidenz einer unkontrolliert auslaufenden
Kapsulorhexis wird in der Literatur mit 5 % angegeben, ein Einriss der Hinterkapsel
in mehr als 1 % der Fälle und eine intraoperative Konversion zur ECCE mit mehr als
4 % Häufigkeit.
Die Anfärbung der Linsenkapsel mit Trypanblau verbessert nicht nur die Visualisierung der Kapsulorhexis, sondern setzt auch die Elastizität der Linsenkapsel
herab. Weitere Ansätze zur Verminderung intraoperativer Komplikationen sind eine
129
Femto/varia präoperative Mannitol-Infusion zur Reduktion des Glaskörperdruckes. Verschiedene
Diathermieanwendungen zur Kapselpunktion oder Kapsulorhexis wurden in der
Vergangenheit bereits publiziert. Andere Chirurgen verwenden hochvisköse OVD’s
in die Vorderkammer, oder es wird primär eine Kapselpunktion mit Aspiration von
emulsifiziertem Linsenmaterial durchgeführt. Wiederum andere punktieren die
zentrale Kapsel und beginnen mit einer kleinen Kapsulorhexis, die spiralförmig auf
die gewünschte Größe erweitert wird.
Methodik
Es wurde ein Vergleich zweier Studien unserer Arbeitsgruppe durchgeführt:
1. Manuelles Vorgehen mit Anfärben: Gruppe 1 mit 22 Augen von 22 Patienten:
Injektion von OVD 1 % in die Vorderkammer versus 22 Augen von 22 Patienten mit OVD 1 % und zusätzlicher Füllung der Mitte der Vorderkammer mit
Healon 5 (2,3 %).
2. Femtosekundenlaser-Kapsulotomie ohne Eingabe von OVD oder Anfärben von konsekutiven, maturen Katarakten bei 25 Augen von 25 Patienten;
Anfärben mit Vision blue nach Laserkapsulotomie vor Extraktion des Kapselscheibchens.
3. Als Zielgrößen wurden die Abweichung vom intendierten Kapsulorhexisdurchmesser sowie die intraoperativen Komplikationen erfasst.
Ergebnisse
In Gruppe 1 wurden ein Auge, in Gruppe 2 zwei Augen und in Gruppe 3 auch ein
Auge exkludiert bei bereits präoperativ stattgefundenem Einriss der Linsenkapsel
(„geplatzte Linsen“). In der ersten Gruppe lagen zwölf von 21 Patienten außerhalb
des Zieldurchmessers von 5,0 mm, in der zweiten Gruppe sechs von 20, in der Femto­
laser-Gruppe betrug die mittlere Abweichung vom Zieldurchmesser 62 ± 41 µm. In
Gruppe 1 traten bei drei Patienten Komplikationen auf, in Gruppe 2 keine und in der
Femtogruppe eine. Details zeigen die Tabellen 1 und 2.
Schlussfolgerungen
Bereits das Arbeiten mit zwei verschieden viskösen Viskoelastika zur Eindellung
der Linsenvorderkapsel in Kombination mit Trypanblau zum Anfärben bietet signifikante Vorteile beim Anlegen der Kapsulorhexis. Die Kapsulorhexis gelang kontrollierter, und damit war eine 360-Grad-Überlappung der IOL von der Linsenvorderkapsel gewährleistet.
130
Conrad-Hengerer et al.: Manuelle Kapsulorhexis versus Femtosekunden­laser-assistierte Kapsulotomie …
Kriterien
Healon-1 %-Gruppe Healon-5-Gruppe Femtolaser-Gruppe
Kapsulorhexisdurchmesser horizontal
(mm)
5,20 ± 0,54
(4,0–6,0)
4,96 ± 0,37
(4,5–5,8)
4,98 ± 0,08
(4,5–5,0)
Kapsulorhexisdurchmesser vertikal
(mm)
5,43 ± 0,42
(4,6–6,0)
5,18 ± 0,34
(4,7–5,9)
4,87 ± 0,11
(4,5–5,0)
Kapsulorhexis > 5,5 mm
10
4
0
Kapsulorhexis < 4,5 mm
2
2
0
Kapsulorhexis innerhalb der Zielgröße
(4,5–5,5 mm)
9
14
24
Einriss der Linsenvorderkapsel
2
0
2*
Einriss der Linsenhinterkapsel
1
0
0
Kernverlust
0
0
0
Glaskörperprolaps
1
0
0
Phakoemulsifikation/ECCE
20/1
20/0
24/0
Tab. 1: Intraoperative Ergebnisse aller Studiengruppen, *Kapsulotomie über 2 Stunden adhärent an
einem Auge
Kriterien
N = 24
Kapsulotomie visuell vollständig
22
Adhärenzen insgesamt
punktförmig
unvollständige Schnitte über 2 h
13
12 (9)
1
Einriss der Linsenvorderkapsel
2
Posteriore Kapsel visualisiert durch OCT
13
Posteriore Kapsel korrekt markiert durch OCT
9
Tab. 2: Ergebnisse der Femtolaser-Gruppe
Femtosekundenlaser können zur Kapsulotomie angewandt werden und bieten
neben der intraoperativen Bildgebung des Vorderabschnittes eine faszinierende Individualisierbarkeit in Bezug auf die Zentrierung und den Durchmesser der Kapsulotomie. Derzeit sind Adhärenzen sehr häufig, und die Extraktion des Kapselscheibchens muss mit Vorsicht geschehen, um iatrogene Einrisse zu vermeiden. Daher
empfehlen wir aktuell die Anfärbung nach der Femtolaser-Kapsulotomie.
Zukünftig wäre auch die Kombination beider Verfahren denkbar. Nach Stabilisierung der Vorderkammer mit Viskoelastikum kann der Femtosekundenlaser die präzise abgestimmte Kapsulotomie durchführen oder zunächst eine Minikapsulotomie
anlegen, die anschließend auf die gewünschte Größe erweitert werden kann.
131
Rechtsfragen der Abrechnung/Kostenerstattung IOL, LASIK und ICL
M. Zach
Die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der CLE, der ICL und des Einsatzes des Femtosekundenlasers in der refraktiven Kataraktchirurgie ist seitens der
Rechtsprechung bislang noch nicht abschließend bewältigt. Es herrscht hier eine
Ausgangslage, die mit jener vor der Entwicklung der Rechtsprechung zum LASIKKostenersatz [1] verglichen werden kann: extreme Streubreite der gutachterlichen
Bewertungen; Reflektion der Kostenträger über eine drohende Kostenlawine; Kolportierung vermeintlicher Ausschlusskriterien wie Nachrangigkeit und Behandlungsrisikosteigerungen im Vergleich zu Brille und Kontaktlinse.
Soweit die medizinische Notwendigkeit einer konkreten Behandlung bereits
geklärt oder unstreitig ist, verlagert sich die juristische Auseinandersetzung in den
Bereich der GOÄ-Abrechnung:
Geklärt ist, dass 5855 GOÄ analog nicht nur Zuschlagsposition ist, die dann mit
max. 1,0 abrechenbar wäre. Das herkömmliche Abtrennen des Hornhautflaps durch
das Keratom stellt nach der Rechtsprechung einen eigenständigen Operationsteil
dar, der von dem nachfolgenden Hornhautabtrag mittels Excimerlasers zeitlich, örtlich und prozedural separiert sei. Es gehe somit nicht nur um die Kompensation des
technischen Aufwandes ein und derselben Leistung, sondern um die Vergütung einer spezifisch ärztlichen und selbstständigen Leistung. Damit ist gerichtlich geklärt,
dass 5855 neben der 1345 GOÄ bei entsprechender Begründung jedenfalls bis zum
2,5-fachen Steigerungssatz abrechnungsfähig ist. Dies wurde jüngst auch durch eine
Entscheidung des OLG Köln bestätigt, wo mehrfach als Steigerungsbegründung eine
„enge Lidspalte“ von dem sachverständig beratenen Gericht bestätigt wurde [2].
Ob eine Abrechnung dieser Position auch oberhalb des 2,5-fachen Satzes zulässig
ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Dagegen spricht, dass radiologische Leistungen stets im sogenannten kleinen Gebührenrahmen nur bis zum 2,5-fachen Faktor abrechenbar sind. Hintergrund und Begründung des Gesetzgebers zu diesem reduzierten Gebührenrahmen ist der Umstand, dass „diese Leistungen in erheblichem
Umfang unter Zuhilfenahme von Hilfskräften und Apparaturen erbringbar sind, der
persönlich-ärztliche Anteil also deutlich reduziert sei“. Diese Überlegung trifft auf
augenchirurgische Sachverhalte sicher nicht zu. Die Rechtsfrage insofern lautet, ob
bei einer Analogie auf Tatbestandsebene stets eine Bindung an die Rechtsfolge der
analog angewendeten Norm bestehen bleibt oder auch eine doppelte Analogie – nämlich sowohl auf Tatbestands- wie auch auf Rechtsfolgenseite – zulässig ist. Letzteres
133
Femto/varia wird in der juristischen Methodik bejaht. Der sogenannte Ärztekammerkommentar
von Brück zur GOÄ hält so eine Loslösung von dem kleinen Gebührenrahmen (bis 2,5)
bei ausreichender Begründung für möglich [3]. Begründungsansatz wäre insofern,
dass es sich bei dem Lasereinsatz nicht um eine radiologisch-diagnostische Erhebung
eines statischen Befundes handelt, sondern um einen chirurgisch-therapeutischen
Eingriff. Diese Behandlung ist weder auf Hilfskräfte delegabel noch tritt die ärztliche
Verantwortung aufgrund der Technizität des Vorgangs in den Hintergrund (i. S. d.
Gesetzesbegründung). Denn für die Chirurgie als originär ärztliche Leistung eröffnet die GOÄ ausnahmslos eine Steigerung auch oberhalb des 2,5-fachen Satzes.
Dafür spricht ferner, dass nur durch diese Auslegung eine adäquate Abgeltung des
Aufwandes möglich ist, sodass die Analogie auch auf der Rechtsfolgenseite allein
sachgerecht erscheint. In diesem Sinn geht das Landgericht Frankfurt (Oder) [4] von
der medizinischen Notwendigkeit der LASIK-Behandlung aus und bestätigt, dass bei
analoger Anwendung der Pos. 5855 mit dem 4,3-fachen Satz die Steigerungsrahmenbeschränkungen des § 2 Abs. 3 und des § 5 Abs. 3 GOÄ nicht eingreifen. Es heißt dort auf
S. 10 des unveröffentlichten amtlichen Urteilsabdrucks:
„Der Einwand der Beklagten, in der Honorarabrechnung sei eine Begründung für
die Überschreitung des Regelhöchstsatzes für die Excimer-Laserbehandlung nicht
enthalten, ist sachlich unzutreffend. Tatsächlich enthält die Abrechnung die folgende
Begründung: Erhöhter Aufwand bei Operationsverfahren von besonders hohem operationstechnischen Aufwand. Diese Begründung ist angesichts des einfachen Umstandes
der Anwendung einer in der GOÄ noch nicht vorgesehenen Leistung ausreichend.
Zudem ist die Verwendung eines Lasers für die Art der Operation derart wesentlich,
dass eine nochmalige Erläuterung in der Rechnung eine unnötige Förmelei darstellen
würde. Abrechnungstechnisch handelt es sich um eine sogenannte Analogleistung.
Es gilt insofern schon nicht § 5 GOÄ, sondern § 6 Abs. 2 GOÄ. Die Bezugnahme auf
eine Analogziffer (hier 5855) führt nicht dazu, dass die Ausschlüsse gemäß § 2 Abs.
3 GOÄ greifen.“
Die Bindung an den sogenannten kleinen Gebührenrahmen und das Verbot von
Honorarvereinbarungen bei radiologischen Leistungen gelten nach dieser Rechtsansicht nicht bei analoger Anwendung der Ziffer 5855 GOÄ auf ophthalmochirurgische Sachverhalte.
Ob Pos. 5855 GOÄ analog neben 1375 GOÄ bei Femtolaser-refraktiver Kataraktchirurgie anwendbar ist, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt. Dagegen wird
vorgebracht, der Femto-Einsatz stelle nur eine besondere Ausführung der Leistung
nach 1375 GOÄ dar und sei hiervon abschließend erfasst. Dafür spricht aber, dass der
Femto-Einsatz als eigenständige Vorbehandlung einer dann herkömmlich ausgeführten Katarakt-OP verstanden werden kann (standardisiertes Vorschneiden der
drei Hornhautschnitte für den Zugang zur Katarakt-OP, kornealer Entlastungsschnitt
zur Kompensation der Verkrümmung der Hornhautoberfläche, Vorderkapsel der
biologischen Linse wird vorperforiert). Der Eigenständigkeit dieser Vorbehandlung
134
Zach: Rechtsfragen der Abrechnung/Kostenerstattung IOL, Lasik und ICL
dürfte dann eine separate, d. h. zusätzliche Abrechenbarkeit entsprechen [5]. Auch
die Leistungslegende „intraoperative Strahlenbehandlung“ belegt, dass die Einbindung des Femtolasers in die Gesamt-OP nicht gegen die eigenständige Abrechnung
neben Pos. 1375 GOÄ, sondern gerade dafür spricht. Darüber hinaus dient der Femtolaser-Einsatz nicht lediglich der technischen Vereinfachung eines an sich identischen
Vorgehens, sondern erreicht einen Zugewinn an Präzision und Sicherheit. Der hierfür erforderliche ärztliche Aufwand rechtfertigt eine Vergütung, die der Höhe nach
durch den Gebührenrahmen dieser Position angemessen erfasst wäre. Im Fall einer so
verstandenen „Laservorbehandlung“ kann dann die Ausgangssituation für die
Pos. 1375 GOÄ erleichtert sein, sodass hier möglicherweise dann nur der 2,5-fache
Satz angemessen wäre.
Das PKV-GOÄ-Kostenerstattungsregime vermag die Fortschrittsimpluse der
Medizintechnik somit in ganz befriedigender Weise zu bewältigen. Das GKV-EBMSystem ist dagegen starr und bedarf mit jeder technischen Neuerung einer
Neuausrichtung und produziert bis dahin zuweilen verblüffende Ergebnisse:
Mit der Verbreitung der Sonderlinsen sah sich der gesetzlich Versicherte der
kuriosen Rechtsfolge gegenüber, dass er das ärztliche Honorar der Kataraktbehandlung selbst zu tragen hatte, wenn er sich für eine Sonderlinse entschied, obwohl das
chirurgische Vorgehen von dem eingebrachten Linsentyp im Prinzip unabhängig
war. Hier hat der Gesetzgeber bekanntlich durch die Mehrkostenregelung für Sonderlinsen seit dem 01.01.2012 abgeholfen.
Eine ähnlich kuriose Rechtsfolge entsteht, wenn man sich auf den Standpunkt
stellt, dass die Femtolaser-gestützte Kataraktoperation in der GOP 31350 des EBM nicht
abgebildet sei. Dann entfiele nämlich wieder jedwede Kostenbeteiligung der GKV
(unabhängig von der gewählten Linse) allein aufgrund des Umstandes, dass nicht
mittels Ultraschalls, sondern mittels Lasers gearbeitet wird. Für diesen Standpunkt
spricht der Begriff der Linsenkernverflüssigung in der Leistungslegende und vor
allem die fehlende Analogiefähigkeit der EBM-Positionen. Konsequenz dieses
Standpunktes ist es, dass die gesamte Behandlung auf der Grundlage der GOÄ abzurechnen wäre.
Nach anderer – nur vereinzelt vertretener – Ansicht [6] hat der Bewertungsausschuss von der Benennung des Ultraschalls in der Leistungslegende des EBM bewusst
abgesehen. Dieses Schweigen sei ein beredtes Schweigen, da ansonsten immer
dann, wenn in dem EBM eine Methodenfestlegung gewollt ist, der Ultraschall in der
Leistungslegende ausdrücklich benannt werde. Außerdem verknüpfe die medizinische Fachwelt den Begriff der Phakoemulsifikation nicht allein mit dem Einsatz des
Ultraschalls. Nach dieser Meinung sind die kataraktspezifischen Behandlungsteile
vertragsärztlich abzurechnen und zusätzlich die „überschießenden“ Anteile wie
elektive Astigmatismuskorrekturen oder refraktiv-chirurgische Maßnahmen bloß
aus Gelegenheit der Kataraktoperation nach der GOÄ.
135
Femto/varia Literatur
1. Zach: Rechtsfragen zur Abrechnung/Kostenerstattung. In: Auffarth GU, Kuchenbecker J (Hrsg.): 27. Kongress
der DGII. Gießen: DGII 2013;89–98
2. OLG Köln: Urt. v. 24.07.2013, 5 U 43/11
3. Brück: Ärztekammerkommentar zur GOÄ, § 6 Rn. 5 a.E., S. 164
4. LG Frankfurt (Oder): Urt. v. 02.10.2012, 6a S 198/11, r+s 2013, 29; Zach m.w.N. auf die Rechtsprechung,
GesR 2013, 533
5. so ausdrücklich Bezirksregierung Münster –Beihilfe – nach amtsärztlicher Begutachtung, Az.: 00005754637
6. Pflüger: Abrechnung von Femtosekundenlaser-unterstützten Katarakt-OPs – ein Beispiel kombinierter EBMund GOÄ-Anwendung beim Einsatz innovativer Medizintechnik. MPR 2013, 89
136
Excimer
Epi-Bowman-Keratektomie als neue Variante
der photorefraktiven Oberflächenbehandlung
Erste Ergebnisse mit dem dynamischen
Epi-Clear™-Epikeratom
S. Taneri, S. Oehler
Fragestellung
Bei photorefraktiven Keratektomien (PRK) zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten gibt
es verschiedene Möglichkeiten, das Epithel vor der Laserablation zu entfernen. In
unserer Klinik hat sich die alkoholassistierte PRK mit verworfenem Epithel zum
Goldstandard entwickelt. Bei der neu entwickelten Epi-Bowmann-Keratektomie
(EBK™) wird ein dynamisches multi-blade Polymer-Epikeratom (Epi-Clear™, Orca
Surgical, Kiryat-Shmona, Israel) zur Entfernung des Epithels verwendet (Abb. 1).
Das Epikeratom wird von Hand mit wischenden Bewegungen über die Hornhautoberfläche geführt, um das Epithel Schicht für Schicht zu abradieren, bis die
Bowman-Schicht erreicht ist. Chemikalien kommen nicht zum Einsatz.
Abb. 1: Epikeratom (Epi-Clear™, Orca Surgical, Kiryat-Shmona, Israel)
139
Excimer
Methode
Eingeschlossen in diese Studie wurden erwachsene Patienten ohne Augenerkrankungen, die ihre Fehlsichtigkeit mittels refraktiv-chirurgischem Eingriff korrigieren
lassen wollten. 46 konsekutive leicht bis moderat ametrope Augen von 25 Patienten
wurden mittels EBKTM behandelt. In einer Kontrollgruppe wurden 20 Augen von 20
Patienten mittels alkoholassistierter PRK behandelt. In beiden Gruppen wurde jedes
Auge nach der Laserabrasio mittels eiskalter Salzlösung gekühlt und anschließend
mit einer Verbandslinse (PureVision, Bausch & Lomb) versorgt. Messungen: Komplikationen, unkorrigierter Fernvisus (Dezimalskala), Durchmesser Epitheldefekt
(mm), Schmerzskala (subjektive visuelle Analogskala, 0–10), Haze-Entwicklung
(Fantes Skala, 0–3), sphärische Aberration (Zywave, Bausch & Lomb Technolas,
München, Deutschland).
Ergebnisse
Komplikationen
An einem Auge sorgte der suboptimale Sitz einer Verbandskontaktlinse (VL) dafür,
dass das Epithel erst nach 14 Tagen geschlossen war. Andere Komplikationen traten
bisher nicht auf.
Fernvisus
Der unkorrigierte Fernvisus (Dezimal) betrug im Mittel 0,46/0,41/0,42/0,46/0,76/1,02
und 1,04 an Tag ein, zwei, drei, vier, eine Woche sowie einen und drei Monate nach
Laserbehandlung (Abb. 2).
Visus [Dezimalskala]
1,4
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
5
5
5
5
5
5
5
5
Tag 2
Tag 3
Tag 4
5
5
5
5
5
0,2
0,0
Tag 1
5 EpiClear PRK 5 PRK mit VL
Abb. 2: Postoperativer unkorrigierter Fernvisus
140
1 Woche 1 Monat 3 Monate
Taneri, Oehler: Epi-Bowman-Keratektomie als neue Variante der photorefraktiven Oberflächenbehandlung
Epitheldefekt
Durchmesser des
Epitheldefektes [mm]
Die Größe des Epitheldefektes lag im Mittel bei 5,6 mm an Tag eins, 2,3 mm an Tag
zwei, 0,5 mm an Tag drei, 0,2 mm an Tag vier, 0,1 mm nach einer Woche und 0,0 mm
nach einem und drei Monaten (Abb. 3 und 4).
10
8
6
4
2
0
5
5
5
5
1
g
-Ta Tag
OP
g2
Ta
5
5
g3
Ta
g4
Ta
5
5 5
te
at
he
oc Mon ona
W
1
1
3M
5 EpiClear PRK 5 PRK mit VL
Abb. 3: Postoperativer Durchmesser Epitheldefekt
Abb. 4: Epithelschlussleiste
Schmerzen
Die postoperativen Schmerzen (subjektive visuelle Analogskala, 0–10) lagen im
Mittel bei 3,3 an Tag eins, 2,7 an Tag zwei, 0,4 an Tag drei und 0,0 zu allen folgenden
Untersuchungszeitpunkten (Abb. 5).
Haze-Entwicklung
10
3
8
6
4
2
5
5
5
5
0
g1
Ta
g2
Ta
5
5
g3
Ta
5
5
5
5
t
g 4 oche ona
ate
Ta
on
M
M
1
1W
3
5 EpiClear PRK 5 PRK mit VL
Abb. 5: Postoperative subjektive Schmerzangabe
Fantes-Skala (0-3)
Schmerz-Skala (0-10)
Die Haze-Ausprägungen (Fantes-Skala, 0–3) betrugen im Mittel 0,6 nach einem
Monat und 0,4 nach drei Monaten (Abb. 6).
2
1
5
5
5
5
0
1 Monat
3 Monate
5 EpiClear PRK 5 PRK mit VL
Abb. 6: Postoperative Haze-Ausprägung
141
Excimer
Effektivitätsindex
Der Effektivitätsindex (postoperativ unkorrigiertem zu präoperativ korrigiertem
Visus) lag bei 0,83 einen Monat und 0,94 drei Monate nach der Behandlung.
Sphärische Aberration
postoperative sph Aberrationen [µm]
Die Auswertung der sphärischen Aberrationen vor und drei Monate nach der
Behandlung geben keinen Hinweis auf periphere Unterkorrekturen (Abb. 7 und 8).
0,40
5
0,20
5
-0,40
5
5
-0,20
5
55 5
5
5 5
55 50,20
0,00
5
-0,20
5
5
0,00
5
0,40
-0,40
5 sph
präoperative sph Aberrationen [µm]
Abb. 7: Postoperative sphärische Aberration im Vergleich zur präoperativen sphärischen Aberration
Änderung der sphärischen
Aberration [µm]
0,30
0,20
0,10
0,00
-0,10
-0,20
-0,30
n präop
n 3 Monate
Abb. 8: Änderung der sphärischen Aberration präoperativ im Vergleich zur 3-Monats-Kontrolle
Schlussfolgerung
Die EBK™ scheint in Bezug auf Seherholung, Epithelschluss, Schmerz- und HazeEntwicklung und peripherer Korrektur ähnliche Resultate zu liefern wie andere
Varianten der Surface-Ablation.
142
Induzierter Astigmatismus nach LASIK
in myopen Augen mit präoperativ planorefraktivem Zylinder
A. Frings, T. Katz, M. K. Casagrande, J. Steinberg, V. Druchkiv, St. J. Linke
Zusammenfassung
Das Ziel dieser Studie war es, die Auswirkung der Hinge-Position – superior (M2)
vs. nasal (SBK) – auf die Änderung der astigmatischen Komponente in Augen
mit präoperativ plano-refraktivem Zylinder zu untersuchen. Die aktuellen Daten
unterstützen unsere früheren Studien, die zeigen, dass ein bestimmter Anteil der
Augen mit niedrigem präoperativen refraktiven Zylinder dazu neigen, im Hinblick auf
die astigmatische Komponente überkorrigiert zu werden. Die aktuelle Studie zeigt, dass
diese Feststellung auch für die Augen mit präoperativ plano-refraktivem Zylinder gilt.
Summary
To assess the impact of superior (M2) versus nasal (SBK) hinge position on the change
in the astigmatic component in eyes with preoperative plano refractive cylinder.
Current data goes in line with our previous studies as a certain proportion of eyes
with low preoperative refractive cylinder tend to be overcorrected in terms of astigmatic component correction. This finding also applies to eyes with preoperative plano
refractive cylinder.
Einleitung
Das Erstellen des Hornhautflaps ist ein entscheidender Schritt in einer LASIK-Operation. Es gibt zwei Möglichkeiten, um den Flap zu erstellen: entweder mechanisch
mit einem Mikrokeratom (MK) oder durch Fotodisruption mit einem Femtosekundenlaser [1]. Tatsächlich haben frühere Studien gezeigt, dass allein der lamellare Schnitt
durch ein MK eine vorhandene Fehlsichtigkeit ändern kann. Dies kann Astigmatismus induzieren und dabei den unkorrigierten Fernvisus (UDVA) beschränken oder
dazu führen, dass subjektive Symptome wie Halos auftreten und das skotopische
Sehen beeinträchtigt wird [2]. Auf der anderen Seite berichten Pallikaris et al., dass
die meis­ten unerwünschten Augenaberrationen nach LASIK das Ergebnis der Ablation und nicht flap-bedingt waren [3]. Unsere Arbeitsgruppe analysierte die astigmatische Komponente in Augen mit sehr niedrigem präoperativen Zylinder mit Verwendung eines superior-hinged MK [4]. Das Ziel der aktuellen Studie war daher, den
Einfluss der Hinge-Position – superior (M2) vs. nasal (SBK) – auf Veränderungen in der
143
Excimer
astigmatischen Komponente in Augen mit präoperativ plano-refraktivem Zylinder
zu beurteilen.
Studienergebnis
Diese Studie umfasste 1045 Augen von 1045 konsekutiven myopen Patienten, die
zwischen März 2011 und September 2012 operiert wurden, und basiert auf der
Hamburg Refraktiven Datenbank. Mittlere Prä-LASIK-Fehlsichtigkeit und Alter
waren unter den MK-Gruppen (Tab. 1) vergleichbar. Patienten mit bereits bestehenden Augenerkrankungen wurden nicht operiert. Manifeste Refraktion sowie
Visus mit und ohne Korrektur wurden prä- und postoperativ beurteilt. Manifeste
Refraktion basierte auf subjektiver Refraktion, zusätzlich wurde der topografische
Zylinder mit Orbscan-II-System (Bausch & Lomb, Rochester, USA) bestimmt. Alle
Ergebnisse basieren auf Daten des letzten Follow-up. Die Alpins-Vektor-Methode [5,
6] wurde angewendet, um die Auswirkungen der LASIK auf die Veränderung des
Astigmatismus zu beschreiben.
Zwei Mikrokeratome wurden verwendet: SBK oder M2, beide jeweils mit 90-µmEinwegkopf (Moria, Frankreich). Beide Augen eines Patienten wurden unter Verwendung des gleichen MK und des gleichen MK-Kopfes operiert. Die Mikrokeratome
unterscheiden sich in ihrer Flapdicke und der Ausführbewegung der oszillierenden
Klinge: Das SBK ist ein lineares MK, d. h., ein linearer Schnitt erfolgt von temporal nach nasal und zurück. M90 hingegen führt eine Schwenkbewegung aus. Die
Flapdicke wurde unter Verwendung eines Ultraschallpachymeters auf der Mitte der
Hornhaut vor dem Schnitt und nach dem Anheben des Flaps kontrolliert; die eigentliche Flapdicke wurde durch Subtraktion der ersteren von der letzteren Messung bestimmt. Excimerablation für alle Augen wurde mit einer Allegretto-ExcimerLaser-Plattform (Eye-Q 200 Hertz (Hz) oder 400 Hz, Wavelight GmbH, Erlangen,
Deutschland) mit Eye-Tracking (250 Hz) ausgeführt.
Nach der LASIK war die Differenz des refraktiven Zylinders statistisch signifikant
zwischen den MK-Gruppen (Tab. 1). Die Höhe der postoperativen „übrig gebliebenen“
Sphäre war am niedrigsten in der SBK-Gruppe. In 193 Patienten wurden beide Augen
behandelt, somit konnten wir den Einfluss von Lateralität auf Flapdicke untersuchen
(rechtes Auge vs. linkes Auge = erstes (rechts) behandeltes Auge vs. zweites (linkes)
Auge). Unabhängig von der Art des verwendeten MK traten beim zweiten Auge
(= immer linkes Auge) dünnere Flapdicken auf. In der M90-Gruppe war der Unterschied der Flapdicke statistisch signifikant (Tab. 2), d. h., die als zweites behandelten Augen (= linke Augen) waren statistisch signifikant dünner. Diese Beobachtung
wurde auch in der SBK-Gruppe gemacht, aber der Unterschied in der Flapdicke war
statistisch nicht signifikant mit geringerer Standardabweichung.
Es wurden statistisch signifikante Unterschiede (P = 0.002, Tab. 1) im induzierten
Astigmatismus (Surgically induced astigmatism, SIA) gefunden. Der postoperative
144
Frings et al.: Induzierter Astigmatismus nach LASIK in myopen Augen ...
SBK (n=344)
M90 (n=701)
Min/Max
Arithm. Mittel
(±St.Abw.)
Min/Max
19/60
34.19 (±9.20)
19/61
P
Arithm. Mittel
(±St.Abw.)
Prä-Op
Alter
193/151
34.50 (±9.45)
0.345
–
358/343
0.022†
Auge (R/L)
–
Sphäre (D)
–9.25/–0.50
–3.61 (±1.78)
–9.50/-0.25
–3.55 (±1.83)
0.155
UDVA(1)
0.03/2.00
1.23 (±0.48)
–0.06/2.00
1.12 (±0.43)
0.000
CDVA(2)
–0.20/0.17
–0.03 (±0.05)
–0.20/1.30
–0.03 (±0.08)
0.524
51/147
96 (±16)
51/230
110 (±24)
<0.001
Tage nach OP
50/407
133 (±71)
50/627
255 (±141)
<0.001
Sphäre (D)
–1.25/1.75
0.05 (±0.43)
–1.50/2.00
0.11 (±0.41)
<0.001
UDVA(1)
–0.20/0.70
–0.01 (±0.10)
–0.20/1.00
–0.01 (±0.09)
0.869
CDVA(2)
–0.20/0.10
–0.05 (±0.05)
–0.20/1.00
–0.04 (±0.07)
0.001
SIA* (D)
(ME(3))
0.00/1.25
0.29 (±0.29)
0.00/1.25
0.23 (±0.26)
0.002
EI(4)
0.19/1.39
0.97 (±0.18)
0.40/2.00
0.98 (±0.17)
0.741
SI(5)
0.75/1.45
1.06 (±0.11)
0.69/2.00
1.03 (±0.14)
0.020
Intra-OP
Flapdicke [um]
Post-Op
Tab. 1: Epidemiologische und refraktive Daten
Die hochgestellten Gruppenbezeichnungen weisen auf eine statistische Signifikanz im Gruppen­vergleich hin
† getestet mit Pearson Chi-Square
* surgically induced astigmatism vector [D] (1) uncorrected distance visual acuity; (2) corrected distance
visual acuity; (3) magnitude of error; (4) efficacy index; (5) safety index
refraktive Zylinder (= SIA) betrug 0,75 dpt oder mehr in 116 (11,1 %) von 1045 Augen. Dies wurde in 44 (12,8 %) von 344 (SBK) und 72 (10,3 %) von 701 (M90) Fällen
beobachtet. Der durchschnittlich niedrigste SIA wurde in der M90-Gruppe erhalten.
Der postoperative refraktive Zylinder betrug 0,25 dpt oder weniger in 739 (70,7 %)
Augen, d. h. in 226 (65,7 %) SBK- und 513 (73,2 %) M90-behandelten Augen. Die mittlere Effizienz der LASIK etwa 0,97 und 0,98 in beiden MK-Gruppen. Es gab zwar einen
statistisch signifikanten Unterschied in der Sicherheit zugunsten der SBK-Gruppe
(p = 0.020, ANOVA), aber beide Gruppen hatten eine mittleren Sicherheitsindex von
1.0 oder mehr (Tab. 1).
Obwohl die mediane Gesamteffizienz und Sicherheit auf ein sehr präzises, sicheres
und effizientes Verfahren hindeuten, gab es statistisch signifikante Unterschiede
145
Excimer
N
SBK
M90
66
127
OD
2
Flapdicke [um]
97.29 ± 17.55 (Min/Max: 60.0/147.0)
117.56 ± 24.60 (Min/Max: 58.0/174.0)
SIA1
0.31 ± 0.30 (Min/Max: 0.0/1.0)
0.20 ± 0.22 (Min/Max: 0.0/0.8)
OS
3
Flapdicke [um]
93.77 ± 14.19 (Min/Max: 64.0/138.0)
104.11 ± 21.01 (Min/Max: 59.0/157.0)+
SIA
0.25 ± 0.27 (Min/Max: 0.0/1.3)
0.19 ± 0.24 (Min/Max: 0.0/1.0)
Flap OD>OS (%)
63.6
77.2
Tab. 2: Flapdicke und induzierter Astigmatismus (surgically induced astigmatism, SIA) im Vergleich
rechtes vs. linkes Auge bei Patienten mit präoperativem plano-refraktiven Zylinder und chirurgischer
Behandlung mit identischem Mikrokeratom an beiden Augen
1 surgically induced astigmatism vector [D]
2 rechtes Auge
3 linkes Auge
+getestet mit paired t-test. Signifikante Differenz gegenüber „rechtes Auge“ auf 0.05 Level
(p = 0.002) in SIA. In 116 (11,1 %) von 1045 Augen war der postoperative refraktive
Zylinder (= SIA ) 0,75 dpt oder mehr. Dieses wurde in 44 (12,8 %) von 344 (SBK) und 72
(10,3 %) von 701 (M90) Augen beobachtet. Es sollte jedoch angemerkt werden, dass
hinsichtlich der klinischen Praxis nicht mehr als eine mittlere Größe von 0,35 dpt
Astigmatismus induziert wurde und dies unabhängig von der Art des MK war. Ebenso
unabhängig vom MK war SIA geringfügig höher in den Augen, die zuerst behandelt
wurden (pro Patient). Es ist bekannt, dass bei Verwendung eines M2-MK, die Flapdicke des zweiten Auges geringer als die des ersten Auges ist [7]. Abweichungen
der Flapdicke könnten SIA, vor allem in Augen mit präoperativ plano-refraktivem
Zylinder, erklären und sollten daher berücksichtigt werden. Wir untersuchten den
Einfluss der Lateralität und stellten fest, dass, wenn mit M90 behandelt, ein statis­
tisch signifikanter Unterschied in der Flapdicke zwischen beiden Augen eines Patienten existiert (Tab. 2).
Die aktuellen Daten unterstützen unsere vorherige Studien [4], die zeigen, dass
ein bestimmter Anteil der Augen mit niedrigem präoperativen Zylinder im Hinblick auf die astigmatische Komponente überkorrigiert wird. Die aktuelle Studie
zeigt, dass ein chirurgisch induzierter Astigmatismus auch in Augen mit präoperativem plano-refraktiven Zylinder eine Rolle spielt. Dennoch sollte beachtet werden, dass – unabhängig von der Art der MK – nicht mehr als eine mittlere Größe
von 0,35 dpt des Zylinders nach LASIK dokumentiert wurde.
146
Frings et al.: Induzierter Astigmatismus nach LASIK in myopen Augen ...
Literatur
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147
Vergleich Femto-LASIK (FL) und ReLEx-Smile (RS)
mit verschiedenen Energiewerten
D. Breyer, H. Kaymak, K. Klabe, F. Dillner, C. Pohl
Zusammenfassung
Die ReLEx-Smile (RS) ist der Femto-LASIK (FL) hinsichtlich Sicherheit und Effektivität
ebenbürtig. In der Aberrometrie zeigen mit der RS behandelte Augen (besonders mit
einem neuen Energiemuster) weniger Aberrationen als mit der FL. Die typischen Flapimmanenten Komplikationen wie Flapfalten und trockene Augen wurden bei der RS
nicht beobachtet. Die Patienten freuen sich über den besseren intra- und postoperativen
Komfort. Aus diesem Grund ist RS bei uns die Myopiekorrekturmethode der Wahl geworden und hat die FL verdrängt.
Summary
RS is as effective and safe as FL. RS treated eyes (especially with a new energy pattern)
show less aberrations than FL treated eyes. Flap related complications as flap folds and
dry eyes were absent in RS. Patient prefer RS due to the high comfort. RS is our preferred
technique to treat myopia.
Einleitung
Eine neue Methode (ReLEx-Smile, RS, mit dem Visumax® der Firma Carl Zeiss Meditec)
kann sich gegen eine etablierte Methode (Femto-LASIK, FL, mit Mel80® der Firma Carl
Zeiss Meditec) nur durchsetzen, wenn diese mindestens ebenso gute, wenn nicht bessere Ergebnisse hervorbringt und diese ohne bias erhoben wurden. In unserem täglich
angewandten Qualitätsmanagement werden alle neuen CE-zertifizierten Methoden
und Produkte einer kritischen Überprüfung in unserer wissenschaftlichen Einrichtung mit Frau Dr. rer. nat. C. Pohl unterzogen. Selbstredend werden die Daten unter
standardisierten Umfeldbedingungen unabhängig vom Operateur (sic!) erhoben. Die
Patienten erklären sich schriftlich mit einer retrospektiven, anonymisierten Analyse
und Publikation ihrer Daten bereit.
Der Vergleich
So haben wir die Femto-LASIK- mit der ReLEx-Smile-Methode und diese wieder
mit zwei unterschiedlichen Energiemustern (Smile-ap = altered pattern) verglichen.
Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass wir dieses neue Energiemus-
149
Excimer
Präoperativ
Femto-LASIK
ReLEx-Smile
Smile-ap
Behandelte Augen
96
143
70
Altersdurchschnitt
36
35
34
1
–
–
Durchschnittliche Sphäre [D]
Re-LASIK
–2.25
–4.04
–3.70
Durchschnittlicher Zylinder [D]
–0.75
–0.82
–0.62
Durchschnittliches sphärisches
Äquivalent (SEQ) [D]
–2.50
–4.45
–4.01
Tab. 1: Demografische Daten der jeweiligen Patientenpopulation
ter der wissenschaftlichen Courage von Rainer Wiltfang aus München und Bertram
Meyer aus Köln verdanken. In der Tabelle 1 sehen Sie unsere untersuchte Population.
Die Sehstärke und Aberrationen wurden am Tag eins, eine Woche, einen Monat, drei Monate und sechs Monate postoperativ (nicht bei Smile-ap) dokumentiert.
Es zeigten sich keine signifikanten SEQ-Unterschiede zwischen der FL und der RS
(Abb. 1). Die Zylinderkorrektur war mit der RS-ap deutlich am besten nahe 0. Die
Korrelation zwischen angestrebter und erreichter SEQ-Zielrefraktion war mit der RS
weniger weit verteilt, also präziser.
Unkorrigierter Fernvisus, monokular
1,2
1,00
1
0,50
0,8
Dezimalvisus
Subj. Refraktion [D]
Subj. Refraktion postop., monokular
1,50
0,00
-0,50
0,4
0,2
-1,00
-1,50
0,6
0
n Femto-LASIK n Smile n Smile-ap
1 Tag
1 Woche 1 Monat 3 Monate 6 Monate
◆ Femto-LASIK n Smile ▲ Smile-ap
Abb. 1: Refraktive Ergebnisse nach Myopiekorrektur durch unterschiedliche Methoden
Abb. 2: Postoperativer Visusverlauf nach Myopiekorrektur mit unterschiedlichen Methoden.
Gezeigt sind die monokularen Sehschärfeergebnisse
im Verlauf nach 1 Tag, 1 Woche, 1, 3 und 6 Monaten
Der beste Visus am ersten postoperativen Tag wurde mit der RS-ap erreicht, allerdings war eine Woche nach der OP der Visus mit der FL bei durchschnittlich 1.0, mit
der RS bei 0.9 (Abb. 2). Nach einem Monat waren die Ergebnisse gleichgezogen, und
die RS scheint nach drei resp. sechs Monaten sogar noch besser als die FL im Schnitt
150
Breyer et al.: Vergleich Femto-LASIK (FL) und ReLEx-Smile (RS) mit verschiedenen Energiewerten
1,40
Sicherheit: BCVA mon. prä- & postop.
Dezimalvisus
1,20
1,00
0,80
0,60
0,40
0,20
Abb. 3: Sicherheit der jeweiligen Methode zur
Myopiekorrektur im Vergleich: Bestkorrigierter
Fernvisus prä- sowie postoperativ
0,00
n Femto-LASIK n Smile n Smile-ap
mit 1.0. Beleuchtet man die Sicherheit der drei Methoden, vergleicht also BCVA präund postoperativ, so sind diese ebenbürtig auf hohem Niveau (Abb. 3).
Ein wichtiger Parameter für die Sehqualität ist die Aberrometrie. Lassen Sie uns
die Ergebnisse der kornealen Aberrometrie – erhoben mit dem Aberrometer KR-1W®
der Firma Topcon bei 5 mm Pupillendurchmesser – ansehen (Abb. 4): Der korneale
0,000
-0,200
-0,400
-0,600
-0,800
-1,000
-1,200
-1,400
-1,600
-1,800
-2,000
Kornealer postoperativer
Astigmatismus
b)
1,000
Aberrationen RMS [µm]
Aberrationen RMS [µm]
a)
Korneale postoperative
Aberrationsfehler
0,800
0,600
0,400
0,200
0,000
-0,200
Total HOA
Coma
Sphär. Aberr.
-0,400
n Femto-LASIK n Smile n Smile-ap
n Femto-LASIK n Smile
n Smile-ap
Abb. 4: Aberrationsfehler auf kornealer Ebene bei 5 mm Pupillendurchmesser, gemessen mit dem
Aberrometer KR1-W (TOPCON). Abbildung (a) zeigt den kornealen Astigmatismus, die Abbildung (b) drei
Aberrationsfehler jeweils auf kornealer Ebene
Astigmatismus und die HOA waren mit der RS-ap signifikant am besten. Ebenso das
Coma sowie die sphärischen Aberrationen, diese aber nicht signifikant.
Bei der Wellenfrontanalyse des gesamten Auges bei 5 mm Pupillenweite zeigten
sich bei der RS-ap bei kornealem Astigmatismus, sphärischen Aberrationen und
151
Excimer
HOA signifikant niedrigere Werte. Coma war ebenfalls geringer als bei den beiden
anderen Methoden, allerdings nicht signifikant.
Mindestens genauso interessant ist jedoch der Vergleich der Soft Facts oder der
Sicherheits- und Komfortfaktoren: Viele Patienten vertragen ihre Kontaktlinsen aufgrund trockener Augen nicht mehr und gehören zu der Patientengruppe, die nicht gern
Brillen tragen. Diesen Patienten bieten wir als refraktive Methode ausschließlich die
RS an, da wir in unserer Patientengruppe nicht einen Fall mit trockenen Augen oder
Verschlechterung derselben haben. Erklärt wird dies nicht nur durch die deutlich
reduzierte Schnittfläche bei RS im Vergleich zur FL, sondern auch durch die Tiefe
der Ebene, in der das Gewebe disseziert wird. Diese Meinung teilen wir mit allen
anderen Anwendern, die uns bekannt sind.
Menschen handeln größtenteils aufgrund von Ängsten. Eine davon ist die Angst
vor Schmerzen während oder nach Operationen. Auch hier ist die RS der FL überlegen: Bei der RS wird ein niedriges Vakuum ausschließlich an der Hornhaut angelegt.
Wir alle wissen, dass die Hornhaut, im Gegensatz zur Bindehaut, die bei der FL so
stark inkarzeriert wird, dass es zu subkonjunktivalen Blutungen kommt, deutlich
schmerzunempfindlicher ist, nachdem sie mit topischen Anästhetika beträufelt
worden ist. Die Patienten spüren bei der RS maximal eine Berührung, keinesfalls
einen Schmerz.
Auch postoperativ ist der RS-Patient klar im Vorteil: Der Lentikel wurde durch
eine 2 mm bis 3 mm kleine Mikroinzision entfernt. Die Wundfläche ist ergo deutlich
kleiner als nach der FL. Die Patienten beschreiben dies zum ganz überwiegenden
Teil als Fremdkörpergefühl und nicht als Schmerz wie die meisten FL-Patienten.
Der Großteil der RS-Patienten berichtet bereits am selben Abend keine Sensationen
mehr. Daher verzichten wir auf die routinemäßige Ordination von Schmerzmitteln.
Jod Metha aus Singapur hat außerdem mittels Immunfluoreszenz-Studien der Hornhaut bewiesen, dass die RS weniger Entzündung provoziert als die FL.
Ein weiteres herausragendes Plus der RS ist ebenfalls durch die Mikroinzision
bedingt: Die volle Belastbarkeit des Auges Sekunden nach der Operation. Wir demonstrieren dies unseren Patienten, indem wir sie direkt postoperativ an den Augen
reiben lassen. Sie dürfen noch am selben Tag duschen, benötigen zur Nacht keine
Augenklappen über eine Woche wie unsere FL-Patienten und treiben bereits am
nächsten Tag wieder Sport.
Ganz zu schweigen davon, dass es bei der RS keine visusreduzierenden Hornhautfalten als Komplikation geben kann. Auch Kinderfingerverletzungen sind nahezu ausgeschlossen. Man könnte die Vorteile der RS auch provokativ zusammenfassen: kein Flap, keine Komplikationen.
152
Breyer et al.: Vergleich Femto-LASIK (FL) und ReLEx-Smile (RS) mit verschiedenen Energiewerten
Fazit
Nach drei Jahren Erfahrung mit der ReLEx-Smile (RS) haben all diese eindeutigen,
wissenschaftlich belegten und publizierten Vorteile der RS bei uns die Femto-LASIK
(FL) nahezu vollkommen verdrängt. Die FL fristet bei uns nur noch ein Nischendasein.
Literatur
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153
LASIK in Kombination mit Hornhautquervernetzung
S. Taneri, S. Oehler
Fragestellung
Eine LASIK schwächt die biomechanische Stabilität der Hornhaut. In letzter Zeit hat
sich eine Hornhautquervernetzung mit starken UV-Lichtquellen zur Stabilisation
der biomechanischen Eigenschaften von ektatischen Hornhäuten bewährt. Daher
liegt die Kombination beider Methoden (LASIK Xtra) nahe.
Methode
Bei der LASIK Xtra wird unmittelbar nach Laserablation, also bei noch geöffnetem
LASIK-Flap, das Hornhautstroma 90 s lang mit Riboflavin benetzt. Anschließend
wird das Riboflavin mittels Salzlösung weggespült und der Flap reponiert. Dann
erfolgt eine UV-Licht-Applikation mit 30 bis 45 mW/cm2 über 90 s. Eine Fallserie von
37 Behandlungen an 19 Patienten wurde untersucht.
Ergebnisse
Komplikationen
Nach den ersten Behandlungen kam es in manchen Augen zu einer diffusen lamellären
Keratitis Grad I–II (Abb. 1). Nach Intensivierung der topischen Kortisontherapie im
Anschluss an die Behandlung gab es keine weiteren Komplikationen.
Abb. 1: Diffuse lamelläre Keratitis nach LASIK Xtra
155
Excimer
Vorhersagbarkeit
Die Vorhersagbarkeit mit diesem Protokoll war vergleichbar mit einer LASIK ohne
Hornhautquervernetzung.
Fernvisus
Der unkorrigierte Fernvisus (Dezimal) lag bei 0,70 am ersten postoperativen Tag, bei
0,86 am vierten postoperativen Tag, bei 1,01 nach einem Monat und bei 0,98 nach
drei Monaten (Dezimal) (Abb. 2 und 3).
Effektivitätsindex
unkorrigierter Fernvisus
Der Effektivitätsindex (Verhältnis von unkorrigiertem Fernvisus nach Behandlung
zu korrigiertem Fernvisus vor der Behandlung) lag nach drei Monaten bei 0,96.
1,20
1,00
0,86
0,80
1,01
0,98
0,70
0,60
0,40
0,20
0,00
1d
4-5d
1m
3m
postoperative Kontrolle
Abb. 2: Unkorrigierter Fernvisus nach der Behandlung
100%
80%
60%
40%
20%
0%
1,6
1,25
1
0,8
0,63
Visus
n unkorrigiert nach 3 Monaten n korrigiert präop
Abb. 3: Kumulativer unkorrigierter Visus 3 Monate nach der Behandlung im Vergleich zum korrigierten
Visus präoperativ
Schlussfolgerung
Die Kombination von LASIK und Hornhautquervernetzung erscheint konsequent.
Optimierungen des Protokolls sind zu erwarten. Der therapeutische Nutzen ist noch
nicht abschließend beurteilbar.
156
Nachkorrektur nach ReLEx-Smile –
eigene Erfahrungen
B. Meyer, R. Neuber
Zusammenfassung
Im Augencentrum Köln haben wir seit Juli 2011 insgesamt 962 Smile-Eingriffe durchgeführt. Aufgrund der hohen Stabilität der postoperativen Refraktionen sowie aufgrund
der hohen Patiententoleranz bzgl. kleiner postoperativer Refraktionsabweichungen war
die Inzidenz für Nachkorrekturen nach erfolgter ReLEx-Smile unter 2 % (n = 14). Zur
Durchführung von Nachkorrekturen nach ReLEx-Smile gibt es nachfolgende Optionen:
Oberflächenablation (= PRK), Standard-Femto-LASIK und alleiniger Sidecut mit Übergangszone (= Circle-Procedure). Theoretisch wäre es auch denkbar, eine erneute SmileOperation mit Extraktion eines sehr dünnen Lentikels oberhalb des ursprünglichen Interfaces oder unterhalb des ursprünglichen Interfaces durchzuführen; dies wäre jedoch
abhängig von der Dicke des ursprünglichen Caps bzw. von der restlichen Stromadicke.
Wir haben diesbezüglich keine Erfahrungen.
Summary
Since July 2011 14 retreatments after ReLEx-Smile (n = 962) have been performed.
Optionally we did surface ablation (= PRK), standard flap preparation with the
Visumax-Femtolaser or the new “Circle-procedure” (single sidecut) both with following excimer laser ablation. Principally, also a second Smile after a previous Smile
procedure can be performed depending on the thickness of the cap and the residual stromal thickness. We do not have any experiences with this retreatment procedure.
Oberflächenablation = PRK
Bislang haben wir sechs Augen mittels PRK nach vorausgegangener ReLExSmile behandelt. Die Refraktionswerte lagen zwischen –0,5 und –1,25 dpt sphärisch.
Bei vier Augen hatten wir aufgrund des kleinen Refraktionswertes auf die post­
operative Gabe von Mitomycin C verzichtet. Alle vier Augen zeigten postoperativ einen
vorübergehenden Haze Grad II. Bei zwei Augen wurde postoperativ Mitomycin C
appliziert; bei diesen Augen beobachteten wir im weiteren Heilungsverlauf keinen
kornealen Haze.
Bei allen durchgeführten PRK kam es zu einer verzögerten Abheilung der Wundfläche. Bis zum kompletten Epithelschluss verging bei allen Patienten mehr als eine
Woche. Auch die Visuserholung dauerte zwischen zwei und vier Wochen. Subjektiv
157
Excimer
wurde diese Form der Nachkorrektur von unseren Patienten als sehr „stressig“ und
„nicht zumutbar“ angesehen.
Bei fünf Augen mit dünnem Cap (zwischen 100 µ und 110 µ) und hoher Erstkorrektur zeigten sich nach der Abrasio deutliche und grobe Falten im Bereich
der Bowman-Membran (Abb. 1). Dies ist wahrscheinlich auf eine umschriebene
Gewebe­kompression im Cap-Bereich zurückzuführen. Bei einem Auge mit einem
150 µ dicken Cap und einer kleinen Erstkorrektur zeigte sich nach der Abrasio eine
sehr glatte Oberfläche der Bowman-Membran (keine Falten).
3
subjekt # 4 ZXL
2
1
subjekt # 25 LLM
Abb. 1: Bowman-Falten nach ReLEx--Smile
Abb. 2: Schnittführung beim Circle-Procedure
1 = Übergangszone
2 = Flap-Sidecut
3 = innerer Sidecut
Standard-Femtoflap mit gleichen Parametern
Mit dieser Variante haben wir sieben Augen nachbehandelt. Dabei wurde die gleiche
Größe des Kontaktglases sowie die gleichen Cap- bzw. Flapparameter wie bei der
Erstoperation gewählt. Um Komplikationen beim Öffnen des neugebildeten Flaps zu
vermeiden, haben wir den Hinge nasal lokalisiert (außerhalb des ursprünglichen
Inzisionsbereiches). Der Flap ließ sich in allen Fällen sehr leicht öffnen, es wurde in
keinem der Fälle eine zusätzliche Lamelle präpariert, und die Excimerlaser-Ablation
ließ sich unproblematisch durchführen.
Insgesamt war die Rehabilitationszeit bei dieser Form der Nachkorrektur wie bei
einer normalen Femto-LASIK sehr kurz. Der einzige Nachteil bestand darin, dass wir
mit dem großen Sidecut und der Präparation eines Flaps die Hornhautstabilität geschwächt haben.
158
Meyer, Neuber: Nachkorrektur nach ReLEx-Smile – eigene Erfahrungen
Alleiniger Sidecut mit Übergangszone (Circle-Procedure)
Mit diesem Verfahren haben wir bislang ein Auge nachbehandelt. Bei dem CircleProcedure wird mit dem Femtolaser zunächst ein „innerer“ Sidecut im InterfaceBereich gebildet; anschließend erfolgt nach peripher hin die Präparation einer
Übergangszone sowie der abschließende Sidecut des Flaps (Abb. 2). Auch bei diesem Vorgehen wird der Hinge nasal lokalisiert, um eventuelle Komplikationen mit
dem ursprünglichen Inzisionsbereich zu vermeiden. Der Flap lässt sich erwartungs­
gemäß leicht öffnen und die Excimerlaser-Ablation problemlos durchführen.
Die Rehabilitationszeit ist auch beim Circle-Procedure wie bei einer Femto-LASIK
sehr kurz. Auch hier besteht der Nachteil, dass die Hornhautstabilität durch den
­Sidecut und der Präparation eines Flaps geschwächt wird.
Fazit
Nachkorrekturen nach ReLEx-Smile sind problemlos durchzuführen. Die Variante
einer Oberflächenablation unter Anwendung von Mitomycin C erhält weitgehend
die Hornhautstabilität, wird aber von den Patienten aufgrund der langen und
schmerzhaften Rehabilitationszeit als sehr „unangenehm“ empfunden.
Die Flapvarianten in Form eines Standard-Femtoflaps mit gleichen Parametern
als auch in Form eines alleinigen Sidecuts mit Übergangszone (Circle-Procedure)
wirken sich aufgrund des Sidecuts bzw. der Präparation eines Flaps stabilitätsmindernd auf die Biomechanik der Hornhaut aus. Die Flapvarianten werden jedoch aufgrund der kurzen Rehabilitationsphase von den Patienten eindeutig bevorzugt.
159
Presbyopie
Multifokales Sehen im Alter. Ist eine
100%-Zufriedenheit möglich?
H. Aurich
Zusammenfassung
Das erweiterte Spektrum der Linsen im Rahmen der Kataraktoperation lässt bei geeigneter Patientenauswahl und fachgerechter Anwendung deutlich mehr Möglichkeiten
der individuellen Erfüllung von refraktiven Wünschen bei weniger Nebenwirkungen zu.
Wichtig ist und bleibt die immer äußerst zeitintensive Patientenauswahl. Potenzielle
Probleme lassen sich besser im Vorfeld aushebeln als postoperativ die Ansprüche nachzujustieren. Jede, auch die modernste Multifokallinse bleibt für den Patienten und für
uns Augenärzte ein Kompromiss. Ein kompromissbereiter Patient kann aber wahrscheinlich auch schon mit einem wiedererlangten Teil des jugendlichen Sehens sehr gut
leben.
Einleitung
Die Kataraktoperation wird heutzutage von immer mehr Patienten als refraktive
Operation wahrgenommen. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung. Komorbiditäten und steigende Ansprüche seitens der Patienten sind Störfaktoren, die eine
100%ige Zufriedenheit erschweren können.
Innovationen
Im Rahmen der Kataraktoperation ist neuerdings der verbesserte Intermediärvisus en
vogue. Ein weiteres Bestreben der Hersteller ist es, die optischen Nebenwirkungen zu
reduzieren. Die refraktive Mplus Linse von Oculentis ist weiter entwickelt worden und
weist nun zentral eine sphärische Zone auf, die die Asphärizität der Hornhaut in eine
verbreiterte Fokuszone im Sinne einer größeren Tiefenschärfe umwandeln soll. Die
Linse soll nach Herstellerangaben geringe optische Phänomene haben, da das Nahbild halbkreisförmig unter der Fovea auftrifft. Ein weiterer Vorteil ist laut Hersteller der
geringe Lichtverlust.
Die Trifokallinsen der Firmen Physiol und Zeiss stehen ebenfalls für einen verbesserten Intermediärvisus. Das Prinzip der Linsen lässt vermuten, dass die optischen Phänomene im Vergleich zu den bifokalen Multifokallinsen nicht vermindert sind. Ein weiteres Problem ist das verminderte Kontrastsehen, das ebenfalls aus
dem diffraktiven Prinzip resultiert.
163
Presbyopie
Ein anderes Konzept verfolgt die Firma Alcon, die ihre Intermediärlinse mit 2,5 dpt
Nahaddition mit einer Optik ähnlich der einer Monofokallinse bewirbt. Das optische
Konzept der diffraktiven Linsen mit 2,5 und 3 dpt Nahaddition soll sich aufgrund der
konstruktionsbedingten Ähnlichkeit ergänzen. Das „Mix and Match“-Verfahren ist
dabei bereits seit Langem im Hause AMO mit der refraktiven ReZoom und der diffraktiven Tecnis-Linse bekannt.
Insgesamt bleibt ein Vergleich der unterschiedlichen Konzepte untereinander
schwierig aufgrund des Bias der entsprechenden Studien und der Subjektivität der
zur Evaluation möglichen Untersuchungsmethoden. Daher zählen immer noch in
erster Linie die persönlichen Erfahrungen des einzelnen Operateurs. Damit das multifokale Konzept kein so eingeschränktes Indikationsspektrum mehr hat, war die
Einführung von torischen Multifokallinsen erforderlich, die es mittlerweile bei allen
vorgestellten Plattformen gibt – je nach Hersteller maßangefertigt bis zu einem hohen
Torus über die Grenzen der inzisionalen Astigmatismuskorrektur hinaus bis an die
Grenze der Amblyopie.
Die „Mix and Match“-Konzepte der unterschiedlichen Firmen lassen sich auch
untereinander kombinieren [1]. Gut funktioniert auch die Implantation einer Multifokallinse nur in eines der beiden Augen [2]. So steigen die Kombinationsmöglichkeiten für den einzelnen Patienten.
Probleme mit Multifokallinsen
Es gibt bei den Multifokallinsen natürlich immer noch Dysphotopsien durch die
divergenten Strahlen aus dem jeweils anderen Fokusbereich. Brillenunabhängigkeit
hat also oft Lichteffekte und vermindertes Kontrastsehen zur Folge, wenn man sich
nicht zur Monovision entschließt. Diese bedeutet aber wiederum ein vermindertes
Stereosehen [3]. Dabei ist zu bedenken, dass die Katarakt selbst oft stärkere
Dysphotopsien zur Folge hat als die Kunstlinse.
Dem störenden Einfluss der Nebenwirkungen steht die Neuroadaptation gegenüber, die nach bis zu einem Jahr die genannten Symptome subjektiv oft deutlich
abmildert. Dabei haben sich die spezifischen optischen Probleme diffraktiver
Linsen heutzutage schon deutlich vermindert, insbesondere im Vergleich zu den
efraktiven Linsen der vorletzten Generation.
Das Fallbeispiel eines 51-jährigen Taxifahrers mit dem Wunsch nach
Brillenfreiheit demonstriert die Wichtigkeit der richtigen Biometrie: Es wurde
bei subkapsulärer Katarakt eine blended vision mit Linsen von Alcon
umgesetzt. Bei der Kontrolle nach der Operation des ersten Auges war der
Patient unzufrieden und klagte trotz Aufklärung darüber im Vorfeld über uner­trägliche Halos. Es lag ein Fehler in der optischen Biometrie bei subkapsulärer
Katarakt vor. Somit war eine Restrefraktion von –1,0 dpt geblieben. Nach dem
Linsentausch gegen die korrekte Multifokallinse mit erreichter Emme­
tropie
164
Aurich: Multifokales Sehen im Alter: Linsenauswahl nach Freizeitprofil. Ist 100%-Zufriedenheit möglich?
war der Patient sehr zufrieden, die Symptome waren subjektiv komplett verschwunden.
Bei der Analyse der Explantationen von eigenen Multifokallinsen zeigte sich bis
1997 eine Rate von 1 %, die sich seither auf 0 % reduziert hat [eigene Daten]. Einerseits
sind natürlich die Linsen besser geworden und halten eher das, was sie versprechen.
Es hat sich andererseits seither auch ein besseres Verständnis für unsere potenziellen
Multifokallinsenpatienten entwickelt. Der einzugehende Kompromiss wird mittlerweile noch deutlicher präoperativ kommuniziert, und es wird auch auf das individuelle
Freizeitverhalten verstärkt eingegangen.
Was ist bei der Wahl des richtigen Patienten und der
richtigen Linse zu beachten?
Seitens des Patienten muss eine hohe Motivation zur Brillenfreiheit bestehen. Ein
gutes Verständnis für die zu erwartenden Nebenwirkungen muss unbedingt vorhanden sein. Das Freizeitverhalten bekommt immer mehr Wichtigkeit. So sind spezielle
Sportarten oder Hobbys für bestimmte Linsenmodelle oder -kombinationen prädestiniert. Der Trend zu immer mehr verbrachter Zeit am Computer ist deutlich. Dabei hat
der Absatz von Laptops und Tablets den der Desktop-PCs schon lange überholt [4].
Ein Vorteil dieser Entwicklung liegt darin, dass sich die neuen elektronischen Geräte
manuell auf den geeigneten Leseabstand fokussieren lassen und den Bedarf nach
mehr Tiefenschärfe etwas relativieren.
Es bietet sich in der Regel an, das nicht dominante Auge zuerst zu operieren,
um dann am Führungsauge den E-Wert weiter optimieren zu können. Postoperativ
sollten dringend auch alle anderen Umstände, die das Wohlbefinden des Patienten
einschränken könnten, behandelt werden. Dazu gehört vor allem die häufige Siccasymptomatik. Weiterhin sollten präoperativ Makulaerkrankungen ausgeschlossen
und intraoperativ Komplikationen vermieden werden.
Ein geeigneter Fragebogen kann den Patienten schon im Vorfeld dazu anleiten,
seine Präferenzen für das postoperative Sehen einzugrenzen und so auch die Limitationen der gewählten Methode zu erkennen [5]. Das fängt mit der Eingrenzung
der wichtigsten Zonen für das Sehen an. Eine konkrete Frage für einen Fragebogen
oder das Patientengespräch könnte sein: „Für welche Zone wäre Ihnen eine Brille genehm?“ Weitere Kompromissfragen wie „Wie wichtig ist Ihnen das Sehen bei
Nacht?“ oder Fragen bezogen auf mögliche oder sichere Dysphotopsien können dem
Patienten aufzeigen, dass er auch immer noch die Wahl einer Monofokallinse hat.
Eine Selbsteinschätzung des Patienten und Fremdeinschätzung durch den Arzt
bezogen auf das psychologische Profil kann viele Probleme im Vorfeld vermeiden. Dabei bietet sich eine visuelle Analogskala von „Entspannte Persönlichkeit“ bis „Perfektionistische Persönlichkeit“ an. Hier ist auch ein starkes Über-Ich nach Freud mit viel
165
Presbyopie
Motivation und Durchhaltekraft für die Gewöhnungsphase nach der Operation
wichtig.
Wichtige Informationen für den Patienten sind noch die Aufklärung über die zu
erwartende Zeit für die Neuroadaptation und damit verbunden das medizinische und
finanzielle Risiko eines Laser-Touch-ups oder Linsentausches. Ausreichend im Vorfeld auf ein realistisches Maß gebrachte Erwartungen führen zu mehr Zufriedenheit.
Dabei ist die Biometrie ein wesentlicher Faktor: Die Zielrefraktion ist auch in Zeiten
der optischen Biometrie und der verbesserten theoretischen Biometrieformeln noch
sehr schwierig zu erreichen. So verwundert es nicht, dass nur verhältnismäßig wenige Patienten postoperativ die idealen anatomischen Voraussetzungen für ein zufriedenstellendes und die Erwartungen erfüllendes Sehen haben [6, 7].
Im Happy-Patient-Project der ESCRS war es eine Kernaussage, dass vor allem
zwanghafte und stark ordnungsliebende Patienten zumindest eine große Herausforderung für den refraktiv tätigen Kataraktchirurgen darstellen [8].
Literatur
1. Yoon SY, Song IS, Kim JY et al.: Bilateral mix-and-match versus unilateral multifocal intraocular lens implantation: Long-term comparison. J Cataract Refract Surg 2013; 39:1682–1690
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Presbyopiekorrektur bei Kataraktpatienten. Klin Monatsbl Augenheilkd 2008;225:812–817
3. http://www.absatzwirtschaft.de/content/online-marketing/news/tablets-weiter-auf-der-ueberholspur;77888, gelesen am 13.5.2014
4. Aurich H: Monovision als Möglichkeit der Presbyopiekorrektur im Rahmen der Kataraktoperation. In: Kuchenbecker J, Kohnen T (Hrsg.): 26. Kongress der DGII. Gießen: DGII 2012;262–268
5. Dell SJ: Screening and Evaluating Presbyopic Patients. CRStoday, March 2007
6. Gale RP et al.: Benchmark standards for refractive outcomes after NHS cataract surgery. Eye 2009 Jan;
23(1):149–152
7. http://doctor-hill.com
8. Schmickler St, Goes F, Hütz W et al.: Das Happy Patient Projekt – Korrelation zwischen Persönlichkeitsstruktur und postoperativer Zufriedenheit bei Multifokallinsenpatienten. In: Kuchenbecker J, Kohnen T (Hrsg.):
26. Kongress der DGII. Gießen: DGII 2012;283–287
166
Evaluation funktioneller Ergebnisse mit dem
Salzburg Reading Desk nach Implantation einer
segmental refraktiven Multifokallinse
K. Linz, R. Khoramnia, A. Fitting, F. T. A. Kretz, M. Safwat Aziz Attia,
G. U. Auffarth
Zusammenfassung
Zielsetzung: Klinische Evaluation funktioneller Ergebnisse einer segmental refraktiven
Multifokallinse (MIOL) mit einer Nahaddition von +3,0 dpt.
Methoden: In einer noch laufenden, prospektiven Studie wurden nach Implantation einer multifokalen und multifokal-torischen Intraokularlinse (Lentis Mplus/Mplus
toric, Oculentis, Deutschland) bislang 34 Augen von 18 Patienten eingeschlossen. Die
Nachkontrollen (>1 Jahr postoperativ) beinhalteten u. a. folgende Untersuchungen:
unkorrigierter und korrigierter Fern- (UDVA, CDVA) und Nahvisus (UNVA, CNVA),
Fragebogen und Fotodokumentation. Die Leseschärfe, Lesegeschwindigkeit und kleinste
lesbare Schrift im Nah- und Intermediärbereich wurden mit dem Salzburg Reading Desk
(SRD) ermittelt.
Ergebnisse: Die bisherigen Ergebnisse zeigten für die Mplus IOL im Median einen
UDVA von 0,06 logMAR (0,24 bis –0,08 logMAR) und einen CDVA von –0,05 logMAR
(0,14 bis –0,20 logMAR). Der UNVA betrug im Median 0,14 logMAR (0,26 bis –0,08
logMAR) und der CNVA 0,05 logMAR (0,18 bis –0,10 logMAR). Bei der Mplus toric betrug
der UDVA im Median 0,09 logMAR (0,24 bis –0,02 logMAR) und der CDVA
0,02 logMAR (0,14 bis –0,10 logMAR). Der UNVA lag im Median bei 0,10 logMAR
(0,36 bis –0,02 logMAR) und der CNVA bei 0,02 logMAR (0,32 bis –0,14 logMAR). Im
SRD zeigte sich für den Nahbereich im Median eine unkorrigierte Leseschärfe von
0,18logMAR (0,42 bis 0,00 logMAR) bei der Mplus und von 0,18 logMAR (0,47 bis –0,03
logMAR) bei der Mplus toric.
Schlussfolgerung: Die Lentis Mplus und Mplus toric liefern gute postoperative funktionelle Ergebnisse im Nah- und Fernvisus. Die Auswertung der Fragebögen illustriert eine
hohe Patientenzufriedenheit und Rate an Brillenunabhängigkeit.
Summary
Purpose: Clinical evaluation of a segmental refractive multifocal intraocular lens (MIOL)
with a near addition of +3.0 D.
Methods: In a prospective study the LENTIS Mplus and Mplus toric (Oculentis,
Germany) was implanted in 34 eyes of 18 patients. Uncorrected and corrected distance
visual acuity (UDVA, CDVA), near visual acuity (UNVA, CNVA), and patient satisfaction
167
Presbyopie
(questionnaire) were evaluated. The Salzburg reading desk (SRD) was used to analyze
unilateral and bilateral uncorrected reading acuity, reading distance and reading speed
at near and intermediate distance.
Results: Postoperatively for the Lentis Mplus the median UDVA was 0.06 logMAR
(0.24 to –0.08 logMAR) and the median CDVA –0.05 logMAR (0.14 to –0.20 logMAR).
The median UNVA was 0.14 logMAR (0.26 to –0.08 logMAR) and the median CNVA
was 0.05 logMAR (0.18 to –0.10 logMAR). For the Lentis Mplus toric the median UDVA
was 0.09 logMAR (0.24 to –0.02 logMAR) and the median CDVA 0.02 logMAR (0.14 to –
0.10 logMAR). The median UNVA was 0.10 logMAR (0.36 to –0.02 logMAR) and the
median CNVA was 0.02 logMAR (0.32 to –0.14 logMAR).The median uncorrected
reading acuity measured with the SRD for near distance was 0.18 logMAR (0.42 to
0.00 logMAR) for the Mplus IOL and 0.18 logMAR (0.47 to –0.03 logMAR) for the
Mplus toric IOL.
Conclusion: The Lentis Mplus and Mplus toric provide good functional results and a high
percentage of patient satisfaction and spectacle independence. The reading performance
measured with the Salzburg Reading Desk showed very good results for near distance.
Even in the intermediate distance the subjective results were satisfying.
Einleitung
Mit der Einführung neuer Technologien und der Weiterentwicklung des Premium­
linsensegments in der refraktiven und Kataraktchirurgie steigen die Anforderungen
an den Operateur und die Erwartungen der Patienten an das postoperative Ergebnis
zunehmend. Zudem äußern immer mehr Patienten den Wunsch nach Brillenunab­hängigkeit. Insbesondere presbyope Patienten, die sich noch im aktiven Arbeits­
leben befinden, empfinden die vermehrte Abhängigkeit von Lesehilfen in Form von
Kontaktlinsen oder Lesebrillen als deutliche Einschränkung der Lebensqualität. Zur
Behandlung der Presbyopie stehen verschiedene refraktiv-chirurgische Verfahren
zur Verfügung, unter anderem der refraktive Linsenaustausch (RLA) mit
Implantation einer multifokalen Intraokular­linse (MIOL).
Auch in der Kataraktchirurgie werden zunehmend Multifokallinsen implantiert,
um den Wünschen nach Brillenunabhängigkeit gerecht zu werden. Die ersten Multi­
fokallinsen, die auf rein refraktiven oder diffraktiven optischen Prinzipien basierten, wurden Ende der 1980er-Jahre implantiert [1, 2]. Mit der Weiterentwicklung der
Multifokallinsentechnologie wurde zunächst die apodisierte Diffraktionsoptik,
später das rotationsasymmetrische segmental refraktive Optikdesign eingeführt. In
einer Vielzahl von Studien konnte für die verschiedenen Linsendesigns eine Verbesserung der funktionellen Ergebnisse für die Ferne und Nähe nachgewiesen werden
[3]. Optische Nebeneffekte wie Halos, Blendung und Verlust an Kontrastsensitivität
wurden allerdings ebenfalls vielfach beschrieben. Diese Nebeneffekte werden durch
das rotationsasymmetrische Optikdesign der segmentförmigen Multifokallinse der
Firma Oculentis GmbH, Deutschland, reduziert. Durch den minimalen Lichtver-
168
Linz et al.: Evaluation funktioneller Ergebnisse mit dem Salzburg Reading Desk nach Implantation ..
lust von nur 7 % wird eine sehr gute Kontrast- und Abbildungsqualität gewähr­leistet [4].
Die Sehschärfeergebnisse im Nah- und Fernbereich wurden meist anhand von
standardisierten Lesetafeln, in einer fixen Prüfdistanz von 40 cm (Nahvisus) bzw.
4 m (Fernvisus), erhoben [5, 6]. Insbesondere für Patienten nach Multifokallinsenversorgung ist die Erhebung der Lesefähigkeit bei individuell angepasster Prüfdistanz
ein wichtiger Indikator, der den physiologischen Leseprozess wiederspiegelt. Hierzu
wurde an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der PMU Salzburg ein standardisiertes Gerät entwickelt, das die objektive Erhebung der Leseschärfe bei individuell gewähltem Leseabstand erlaubt.
Ziel der zugrunde liegenden Studie ist die Evaluation funktioneller Ergebnisse
nach Implantation einer segmental refraktiven Multifokallinse. Der Schwerpunkt
der Auswertung lag in der Beurteilung der Leseschärfe mit dem Salzburg Reading
Desk (SRD).
Material und Methoden
In einer prospektiven, von der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der
Universität Heidelberg genehmigten, klinischen Studie wurden bislang 34 Augen von
18 Patienten eingeschlossen, die mit einer Lentis Mplus oder Mplus toric Intraokularlinse (IOL) versorgt wurden. Insgesamt wurden in zehn Augen die Lentis Mplus LU-313
MF30 und in 24 Augen die Lentis Mplus toric LU-313 MF30T (Oculentis GmbH, Deutschland) implantiert. Bei zehn Patienten erfolgte die Linsenimplantation im Rahmen einer Kataraktextraktion, während bei acht Patienten ein refraktiver Linsenaustausch
durchgeführt wurde. Die postoperative Analyse der funktionellen Ergebnisse erfolgte
nach frühestens zwölf Monaten (Median: 24 Monate). Ausgewertet wurden die subjektive Refraktion, der unkorrigierte (UDVA) und korrigierte (CDVA) Fernvisus, gemessen jeweils in 4 m sowie der unkorrigierte (UNVA) und korrigierte (CNVA) Nahvisus in
40 cm (SLOAN ETDRS-Tafeln). Die Erhebung der subjektiven Leseschärfe sowie
des subjektiven Leseabstandes für den Nah- und Intermediärbereich erfolgte mit
dem Salzburg Reading Desk. Des Weiteren wurde die Patientenzufriedenheit anhand
eines Fragebogens ermittelt.
Linseneigenschaften
Die Lentis Mplus und Mplus toric (Abb. 1) der Firma Oculentis ist eine einstückige,
multifokale Intraokularlinse mit einem asphärischen Fernteil auf der Linsenrückfläche und einem segmentförmigen Nahteil von +3,0 dpt auf der Linsenvorderfläche. Die aus hydrophilem Acrylat mit hydrophob wirkender Oberfläche bestehende
Linse weist einen Gesamtdurchmesser von 11,0 mm und einen Optikdurchmesser von
6,0 mm auf. Die 360° scharfen Optik- und Haptikkanten führen zur Reduktion der
Nachstarrate. Um eine präzise Astigmatismuskorrektur zu gewährleisten, wird die
169
Presbyopie
Mplus toric individuell in 0,01-dpt-Schritten angefertigt. Der Torus befindet sich
hier ebenfalls auf der Rückfläche der IOL. Der Lieferbereich der Zylinderstärke
beträgt +0,25 bis +12,0 dpt. Durch die erleichterte Implantation der IOL in
90°-Position mitvorgegebener inferiorer Platzierung des Nahsegments und individuell
angepasstem Torus ist eine intraokulare Rotation der Linse nicht mehr notwendig.
Das Plattenhaptikdesign trägt darüber hinaus zu einer hohen Rotationsstabilität
bei.
Abb. 1: Lentis Mplus (Oculentis
GmbH, Deutschland, Abbildung
aus Firmenfundus)
Abb. 2: Salzburg Reading Desk Version SRD RDFD 1.0
Salzburg Reading Desk
Das Salzburg Reading Desk ermöglicht die Erhebung der subjektiven Leseschärfe
für den Nah- und Intermediärbereich bei individuell von dem Patienten frei
wählbarem Leseabstand. Die in dieser Studie verwendete SRD-Version besteht aus
einem SRD-Monitor und einem Laptop, auf dem die SRD-Benutzeroberfläche angezeigt wird (Abb. 2). Der SRD-Monitor ist mit zwei hochauflösenden Videokameras, die
mittels Stereofotogrammetrie den Leseabstand aufzeichnen, sowie einem Mikrofon,
das die Dauer des Lesevorganges erfasst, ausgestattet. Dem Patienten werden auf dem
Monitor randomisierte Colenbrander-Sätze dargeboten, die mit einer minimalen
Lesegeschwindigkeit von 80 Wörtern pro Minute vorgelesen werden müssen. Auf
der Benutzeroberfläche werden folgende Testparameter visualisiert: Die Lesezeit
in Sekunden, die Lesegeschwindigkeit in Wörtern pro Minute, der Leseabstand in
Zentimetern, die Leseschärfe in logMAR und der Neigungswinkel der Lesefläche in
Grad.
Die Erhebung der Leseschärfe erfolgte unter Berücksichtigung einer fest vorgeschriebenen Lesedistanz von 40 cm und 80 cm, einer individuell wählbaren Lesedistanz, der Lesegeschwindigkeit sowie der kleinsten lesbaren Schrift (>80 Wörter
pro Minute). Die Untersuchung erfolgte zudem unter standardisierten Bedingungen
mit einer Beleuchtungsstärke von 500 Lux, entsprechend der europäischen Norm
DIN EN 12464-1.
170
Linz et al.: Evaluation funktioneller Ergebnisse mit dem Salzburg Reading Desk nach Implantation ..
Ergebnisse
Das mediane Alter der Patienten lag bei 57 Jahren (Bereich: 45 bis 78 Jahre). Die
implantierte IOL-Stärke der Mplus betrug im Median +20,25 dpt (Spanne: +14,5 bis
+35,0 dpt) und die der Mplus toric +20,24 dpt (Spanne: +0,75 bis +29,91 dpt) in der
Sphäre und +1,91 dpt (Spanne: +0,97 bis +5,63 dpt) im Zylinder.
Visus und Refraktion
Tabelle 1 zeigt die postoperativen Visusergebnisse nach Implantation der Mplus
und Mplus toric. Beide Gruppen weisen einen signifikanten Anstieg des UDVA und
CDVA nach der Operation auf (Wilcoxon-Test, p ≤ 0,05). Insgesamt erreichten 90 %
der Augen, die mit einer Mplus versorgt wurden, einen UDVA von 0,2 logMAR oder
besser und 80 % einen UNVA von 0,2 logMAR oder besser. Vergleichbare Ergebnisse
wurden mit der Mplus toric erzielt. Hier erreichten 88 % der Augen einen UDVA sowie UNVA von 0,2 logMAR oder besser. Die postoperative Refraktion betrug im sphärischen Äquivalent für die Mplus +0,33 dpt (–0,88 bis +0,75 dpt) und für die Mplus
toric +0,13 dpt (–1,75 bis +1,13 dpt). Die berechnete Zielrefraktion bei der Mplus
betrug im sphärischen Äquivalent im Median –0,27 dpt (–0,4 bis –0,05 dpt) und bei
der individuell angefertigten Mplus toric im Median 0,00 dpt (0,00 bis 0,00 dpt).
Die postoperative Abweichung von der Zielrefraktion war mit +0,33 dpt (–0,58 bis
+0,94 dpt) bzw. +0,13 dpt (–1,75 bis +1,13 dpt) gering. Es zeigte sich in beiden Gruppen kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen dem erreichten und dem beabsichtigten sphärischen Äquivalent (Wilcoxon-Test, p ≥ 0,05).
[logMAR]
LU-313 MF30
(n=10 Augen)
LU-313 MF30T
(n=24 Augen)
präoperativ
postoperativ
UDVA
CDVA
UDVA
CDVA
UNVA
CNVA
Median
0,71
0,10
0,06
–0,05
0,14
0,05
Min
1,00
0,70
0,24
0,14
0,26
0,18
Max
0,30
0,00
–0,08
–0,20
–0,08
–0,10
Median
0,60
0,13
0,09
0,02
0,10
0,02
Min
1,30
0,50
0,24
0,14
0,36
0,32
Max
0,40
0,00
–0,02
–0,10
–0,02
–0,14
Tab. 1: Funktionelle Ergebnisse vor und nach Implantation einer Mplus LU-313 MF30 und Mplus toric
LU-313 MF30T
171
Presbyopie
Leseleistung mit dem SRD
Tabellen 2 a und 2b zeigen die postoperativen Ergebnisse der mit dem SRD erhobenen unkorrigierten Leseschärfe, des Leseabstandes und der kleinsten lesbaren
Schrift-größe für beide IOL-Gruppen. Monokular, wie auch binokular, zeigt sich kein
wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Linsentypen hinsichtlich des unkorrigierten Nahvisus. Die durchschnittlich gewählte Leseentfernung lag bei der der
Mplus bei 33 cm und bei der Mplus toric bei 39,3 cm. Der subjektive, von den Patienten frei gewählte Intermediärbereich lag im Median für beide Gruppen zwischen
60 cm und 62 cm. Für die Mplus konnte monokular ein Anstieg des unkorrigierten
Intermediärvisus im Median von 0,31 logMAR (bei 80 cm gemessen) auf 0,23 logMAR
(bei 62 cm gemessen) verzeichnet werden. Ähnlich verhält es sich bei der Mplus
toric. Hier zeigte sich ein Anstieg des unkorrigierten Intermediärvisus im Median
von 0,30 logMAR (80 cm) auf 0,21 logMAR (62 cm). Der unkorrigierte Bino­kularvisus,
bei 80 cm und bei individuellem Leseabstand gemessen, unterscheidet sich nicht
wesentlich von­einander. Jedoch zeigte sich, dass die Patienten bei subjektiv gewähltem Intermediär­abstand (60 bis 62 cm) jeweils eine kleinere Schriftgröße lesen
konnten.
Monokular (sc)
Nähe (40cm)
subj. Nähe
Intermediär (80 cm) subj. Intermediär
Visus [logMAR]
0,18
0,21
0,31
0,23
Abstand [cm]
40,30
34,90
79,55
61,85
Schriftgröße
0,63
0,63
0,50
0,80
0,11
0,17
0,10
0,18
Binokular (sc)
Visus [logMAR]
Abstand [cm]
40,30
31,20
79,20
59,90
Schriftgröße
0,80
0,80
0,80
0,90
Tab. 2a: Postoperative SRD-Ergebnisse der Mplus für den Nah- und Intermediärbereich bei fixer
Prüfdistanz von 40 cm bzw. 80 cm und individuell gewähltem Leseabstand
Monokular (sc)
Nähe (40cm)
subj. Nähe
Intermediär (80 cm) subj. Intermediär
Visus [logMAR]
0,18
0,18
0,30
0,21
Abstand [cm]
39,70
39,30
80,00
62,20
Schriftgröße
0,63
0,63
0,50
0,80
0,11
0,11
0,14
0,13
Binokular (sc)
Visus [logMAR]
Abstand [cm]
40,35
39,30
80,05
61,60
Schriftgröße
0,80
0,80
0,72
1,00
Tab. 2b: Postoperative SRD-Ergebnisse der Mplus toric für den Nah- und Intermediärbereich bei fixer
Prüfdistanz von 40 cm bzw. 80 cm und individuell gewähltem Leseabstand
172
Linz et al.: Evaluation funktioneller Ergebnisse mit dem Salzburg Reading Desk nach Implantation ..
Patientenzufriedenheit
Insgesamt zeigte sich mit 73,3 % zufriedenen und 26,7 % teilweise zufriedenen
Patienten (n = 18) eine hohe Patientenzufriedenheit. Keiner der Patienten war mit
dem postoperativen Ergebnis unzufrieden. 94,4 % der Patienten konnten nach der
Operation ihre gewohnten Tätigkeiten vollständig ausführen, 2,7 % nur teilweise
(n = 18). Zudem würden 94,1 % der Patienten die Operation und das Linsenmodell
einem Verwandten oder Freund empfehlen und alle Patienten die Operation mit
dem gleichen Linsenmodell wieder durchführen lassen (n = 18).
Diskussion
Der Schwerpunkt dieser prospektiven Studie lag in der postoperativen Evaluation
der Lesefähigkeit mithilfe eines standardisierten Verfahrens. In den meisten Studien
wird nach refraktiven und kataraktchirurgischen Eingriffen ein reiner OptotypenNahvisus erfasst. Werden konventionelle Lesetafeln (Snellen, Jaeger, Birkhäuser,
Zeiss) verwendet, so ist lediglich die Bestimmung des Nahvisus bei einer vorgeschriebenen Distanz von 40 cm möglich. Modernere logarithmisch-skalierte Lesetafeln dagegen erlauben die simultane Messung von Leseschärfe und Lesegeschwindigkeit [7].
Das in dieser Studie verwendete Salzburg Reading Desk berücksichtigt bei der Auswertung der Leseschärfe den Leseabstand, die Lesegeschwindigkeit und die kleinste
log-skalierte Schriftgröße [8]. Dadurch ist es möglich, einen sogenannten Lesevisus
zu erheben, der die alltäglichen Lesebedingungen der Patienten besser widerspiegelt. Ein weiterer Vorteil des SRD gegenüber moderneren Lesetafeln besteht darin,
dass es sich um ein standardisiertes, computergestütztes und somit untersucher­
unabhängiges Verfahren handelt, das sowohl den Nah- als auch den Intermediärbereich abdeckt. Insbesondere nach Multifokallinsenversorgung im Rahmen refraktiver oder kataraktchirurgischer Eingriffe legen die Patienten größten Wert auf eine
gute Sehschärfe im Nahbereich. Wird bei dieser Patientengruppe postoperativ ein
reiner Optotypen-Nahvisus bei fixer Prüfdistanz von 40 cm getestet, treten unseren
Erfahrungen nach häufig Diskrepanzen zwischen objektiv erhobenen Visusergebnissen und der subjektiv empfundenen Leseleistung auf. Gerade durch die Vielfalt
an Multifokallinsen mit verschiedenen Nahadditionen und somit unterschiedlichen
Nahpunkten ist die alleinige Nahvisusbestimmung bei einem fixen Prüfabstand nicht
sinnvoll. Zudem passen die Patienten ihre Lesedistanz unter Alltagsbedingungen der
Körpergröße, der Körperhaltung, der jeweiligen Schriftgröße sowie den individuellen Lesevorlieben entsprechend an. Diese Alltagssituationen können mit dem SRD
wesentlich besser simuliert werden und liefern daher aussagekräftigere Ergebnisse.
Insgesamt zeigten sich bei der Mplus und Mplus toric exzellente Visusergebnisse
für den Nah- und Fernbereich. Die Berechnung der IOL-Stärke ist für beide Linsenmodelle sehr gut vorhersagbar. 70 % der Augen, die mit einer Mplus versorgt wurden, lagen innerhalb ±0,50 dpt. Vergleichbare Ergebnisse wurden mit der Mplus
173
Presbyopie
toric erzielt, bei der 71 % der Augen innerhalb von ±0,50 dpt lagen. Die mit dem
SRD gemessene Leseschärfe im Nahbereich lieferte ebenfalls sehr gute Ergebnisse.
Obwohl es sich bei den implantierten IOL-Modellen um ein bifokales Optikkonzept
handelt, konnten gute Ergebnisse hinsichtlich des Intermediärvisus erzielt werden.
Der individuell gewählte Leseabstand für den Intermediärbereich lag im Median bei
60 bis 62 cm. Die Auswertung des kumulativen Intermediärvisus zeigte, dass 88 %
der Augen mit einer Mplus und 95 % der Augen mit einer Mplus toric eine Leseschärfe von 0,30 logMAR oder besser erreichten. Die guten Visusergebnisse für den
Nah,- Intermediär- und auch Fernbereich spiegeln sich ebenfalls in der hohen Patientenzufriedenheit wider.
Literatur
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1028
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174
Bestimmung der Kontrastsensitivität nach
Implantation monofokaler, monofokal-torischer
und multifokaler Intraokularlinsen
A. Fitting, R. Khoramnia, M. Safwat Aziz Attia, K. Linz, M. P. Holzer,
G. U. Auffarth
Zusammenfassung
Fragestellung: Aufbau einer Datenbank zur photopischen und mesopischen Kontrastsensitivität (KS) mit und ohne Blendung nach Implantation unterschiedlicher Intraokularlinsenmodelle (IOL).
Methodik: In einer klinischen, prospektiven Studie wurde die photopische und
mesopische KS von 112 Augen (73 Patienten, medianes Alter 63 Jahre) 2 bis 4 Monate
nach Kataraktoperationen und refraktivem Linsenaustausch untersucht. Implantiert
wurden 3 verschiedene monofokal-asphärische IOL-Modelle (Rayner, HumanOptics
und Abbott Medical Optics), ein monofokal-torisches Modell (Rayner) und multifokale Modelle (Alcon). Die postoperativen Untersuchungen beinhalteten neben der KSMessung mittels Functional Acuity Contrast Test (Stereo Optical) auch die Ermittlung
funktioneller Ergebnisse.
Ergebnisse: Alle Gruppen erreichten im Median einen korrigierten Fernvisus von
mindestens 0,0 logMAR mit keinem signifikanten Unterschied (Mann-Whitney-U-Test,
p > 0,05). Die KS-Messungen der monofokalen IOL zeigten geringfügige Unterschiede.
Die Ergebnisse der torisch-monofokalen und diffraktiv-multifokalen IOLs waren mit den
Messungen der monofokalen IOLs vergleichbar. In den hohen Frequenzbereichen unter mesopischen Lichtbedingungen ohne und mit Blendung waren häufig aufgrund der
niedrigen Kontrastsensitivität keine Messungen mehr möglich.
Schlussfolgerung: Die verschiedenen IOL-Modelle zeigen hinsichtlich der KS bei verschiedenen Bedingungen sehr ähnliche Ergebnisse. Bei mesopischen Lichtbedingungen
ohne und mit Blendung trat in den hohen Frequenzbereichen ein Bodeneffekt auf.
Summary
Purpose: Development of a database of the photopic and mesopic contrast sensitivity (CS)
with and without glare after implantation of different models of intraocular lenses (IOLs).
Methods: In a prospective clinical study, the photopic and mesopic CS of 112 eyes (73 patients, median age 63 years) was determined two to four months after cataract surgery
and clear lens exchange. In the course of the surgery three different monofocal aspheric
IOL models (Rayner, HumanOptics and Abbott Medical Optics), a monofocal toric model
(Rayner) and a multifocal models were implanted. The postoperative examinations inclu-
175
Presbyopie
ded the CS measurement with the Functional Acuity Contrast Test (Stereo Optical) and
the determination of functional results.
Results: All Groups achieved a median corrected visual acuity of at least 0.0 logMAR
with no statistically significant difference (Mann-Whitney-U-test, p > 0.05). Measurements of the CS of the monofocal IOL groups showed slight differences. The results of
the monofocal toric and diffractive multifocal IOLs were similar to the ones of
the monofocal IOLs. Many patients were unable to perform the CS test in high frequencies under mesopic conditions without and with glare because of the low contrast
value.
Conclusion: The different IOL models showed nearly the same results in CS in different conditions. In the high frequencies of mesopic conditions without and with glare
a floor effect occurred.
Einleitung
In der Katarakt- und refraktiven Chirurgie werden eine Vielzahl von unterschiedlichen
Intraokularlinsen (IOLs) angeboten, die das Sehen der Patienten nach der Implantation individuell beeinflussen. Monofokale IOLs ermöglichen eine hohe Abbildungsqualität, bieten jedoch nur in einer Entfernung ein scharfes Bild. Multifokale
Intraokularlinsen (MIOL) hingegen sollen ein brillenfreies Sehen in Ferne und Nähe
ermöglichen. Erreicht wird dies durch eine Aufteilung des einfallenden Lichtes auf
mehrere Brennpunkte, was zu einer Reduzierung der Lichtintensität in den einzelnen Bereichen führt. Je nach Optikprinzip der IOLs wird die Lichtausbreitung von
der Linse zur Retina unterschiedlich beeinflusst [9]. Das führt dazu, dass die Kontrastsensitivität der Patienten nach der Operation je nach IOL-Modell variieren kann.
Das Kontrastsehen beschreibt die Fähigkeit, Unterschiede in Beleuchtungsstärke
differenzieren zu können. In vielen Studien wurde die Kontrastsensitivität phaker
und pseudophaker Patienten mit verschiedenen Messgeräten untersucht und analysiert [1–8, 11, 12]. Der Functional Acuity Contrast Test (F.A.C.T.), durchgeführt mit dem
Functional Vision Analyzer (Stereo Optical Co., Inc.), bietet hierbei gut reproduzierbare und genaue Messungen und wurde in einigen Veröffentlichungen beschrieben
[7, 8, 12]. Ziel dieser Studie war der Aufbau eines Datenregisters verschiedener
IOL-Modelle in Bezug auf die Kontrastsensitivität.
Material und Methode
Es wurden 112 Augen von 73 Patienten mit einem medianen Alter von 63 Jahren
(von 42 bis 83 Jahren) in einer prospektiven, von einer Ethikkommission geprüften
Studie ausgewertet. Im Zeitraum von Oktober 2011 bis Juli 2013 wurden im Rahmen
von Kataraktoperationen die folgenden drei verschiedenen monofokal-asphärischen
Intraokularlinsen (IOLs) implantiert: C-flex/Superflex (Rayner Surgical GmbH,
176
Fitting et al.: Bestimmung der Kontrastsensitivität nach Implantation monofokaler, monofokal-torischer ...
n = 44), Tecnis 1-Piece (Abbott Medical Optics Inc., n = 32) und Asphira-aA
(HumanOptics AG, n = 15). Weiterhin wurden die monofokal-torischen IOLs
T-Flex (Rayner Surgical GmbH, n = 11) sowie die AcrySof IQ ReSTOR und
ReSTOR toric (Alcon Pharma GmbH, n = 10) im Rahmen von Kataraktoperationen
(n = 17) und refraktivem Linsenaustausch (n = 4) eingesetzt.
Die Abschlusskontrolle fand zwei bis vier Monate nach der Operation statt und
beinhaltete die Prüfung des fernkorrigierten Visus mit ETDRS-Tafeln (early treatment
diabetic retinopathy study) und die Prüfung der Kontrastsensitivität mit Fernkorrektion unter photopischen und mesopischen Bedingungen mit und ohne Blendung
mittels F.A.C.T. des Functional Vision Analyzers (Stereo Optical Co., Inc.). Während
der Kontrastmessung wurden den Patienten Streifenmuster mit unterschiedlicher
Ortsfrequenz (cycles per degree) und abnehmender Kontraststärke in drei
verschiedenen Ausrichtungen dargeboten. Für die Auswertung der F.A.C.T.-Messung wurde ein postoperativer, fernkorrigierter Visus von mindestens 0,0 logMAR
vorausgesetzt.
Für diese Auswertung wurden die drei verschiedenen monofokalen IOL-Modelle
gegenübergestellt und statistisch verglichen. Alle drei Linsenmodelle weisen eine
asphärische Vorderfläche auf. Die beiden IOL-Modelle von Rayner Surgical
GmbH und HumanOptics AG bestehen aus einem hydrophilen Acrylat und sind
aberrationsneutral. Die IOLs von Abbott Medical Optics Inc. sind hingegen aus
hydrophobem Acrylat gefertigt und mit einem Q-Wert von –0,27 µm aberrationskorrigierend.
Weiterhin wurden ein monofokal-torisches IOL-Model und diffraktiv/diffraktivtorische IOLs grafisch verglichen. Die monofokal-torischen IOLs von Rayner Surgical
GmbH bestehen aus hydrophilem Acrylat und weisen eine asphärische Vorderfläche
mit aberrationsneutraler Optik auf. Die apodisiert diffraktiven Multifokallinsen sind
aus hydrophobem Acrylat gefertigt, rückflächig asphärisch und leicht aberrationskorrigierend mit einem Q-Wert von –0,1 µm. Eine statistische Auswertung dieser IOLModelle wurde aufgrund der geringen Fallzahlgröße nicht durchgeführt.
Ergebnisse
Nach zwei bis vier Monaten zeigten alle Patienten nach Implantation der mono­
fokalen IOL-Modelle einen korrigierten Visus von <–0,1 logMAR. Die Differenz zwischen angestrebtem sphärischen Äquivalent (SÄ) und erreichtem SÄ war in allen
Gruppen gering, jedoch war der Unterschied in der Patientengruppe mit den IOLs
von HumanOptics statistisch signifikant (Tab. 1). Die Patienten mit den monofokal-torischen und diffraktiv multifokalen IOLs erreichten Visuswerte von <0,0 logMAR. Die Differenz zwischen gezieltem und erreichtem SÄ war gering, jedoch mit
einer statistischen Signifikanz in der Gruppe mit den monofokal-torischen IOLs
(Tab. 1).
177
Presbyopie
Median
Präop CDVA
(Min/Max ) [logMAR]
Postop CDVA
[logMAR]
Erreicht vs.
Ziel, SÄ [dpt]
Median
(Min/Max )
Präop CDVA
[logMAR]
Postop CDVA
[logMAR]
Erreicht vs.
Ziel, SÄ [dpt]
C-flex /
Superflex
Rayner
n = 44
0,27
(1,00/-0,02)
-0,10
(0,04/-0,22)
0,05
(-1,06/0,87)
T-flex /
Rayner
n = 11
0,20
(0,44/0,02)
-0,10
(0,02/-0,26)
-0,18
(-1,25/0,23)
TECNIS
1-Piece
AMO
n = 32
0,20
(0,80/-0,02)
-0,10
(0,04/-0,30)
0,08
(-0,73/0,84)
ReSTOR
Alcon
n=6
0,03
(0,14/0,00)
-0,05
(0,00/-0,18)
0,03
(-0,11/0,09)
Asphira
Human
Optics
n = 15
0,17
(0,82/0,00)
-0,14
(-0,02/-0,28)
0,47*
(-0,57/0,76)
ReSTOR
toric
Alcon
n=4
0,05
(0,20/-0,10)
-0,15
(-0,08/-0,20)
0,34*
(-0,09/0,58)
Tab. 1: Refraktion und Visusergebnisse präoperativ und 2–4 Monate nach Implantation der 3 monofokalen IOL-Modelle (Rayner, AMO, HumanOptics) sowie der monofokal-torischen und multifokalen IOLModelle (Rayner, Alcon)
*statistisch signifikanter Unterschied
Kontrastsehen photopisch
Frequenz
1,5 cpd
Median
(Min/Max )
ohne BI
mit BI
3 cpd
ohne BI
mit BI
6 cpd
ohne BI
mit BI
12 cpd
ohne BI
mit BI
18 cpd
ohne BI
mit BI
1,63 *2,3
2,06 *2
2,06 *2,3
1,81 *2,3
1,95 *2,3
1,48 *2
1,48 *3
1,08
1,08 *3
C-flex /Superflex 1,56 *2,3
(1,26/2,00) (1,26/2,00) (1,46/2,20) (1,60/2,20) (1,36/2,26) (1,20/2,26) (1,90/1,93) (0,90/2,08) (0,00/1,52) (0,00/1,66)
Rayner (1)
TECNIS 1-Piece
AMO (2)
1,70 *1
1,70 *1
2,06 *1
2,06 *1
2,11 *1
2,11 *1
1,63 *1
1,63
1,08
1,08
(1,26/2,00) (1,56/2,00) (1,90/2,20) (2,06/2,20) (1,52/2,26) (1,65/2,26) (0,90/2,08) (0,00/2,08) (0,00/1,66) (0,00/1,81)
Asphira
1,70 *1
1,85 *1
2,06
2,06 *1
2,11 *1
2,11 *1
1,48
1,78 *1
1,08
1,08 *1
Human Optics (3) (1,26/2,00) (1,40/2,00) (1,76/2,20) (2,06/2,20) (1,65/2,26) (1,65/2,26) (1,34/1,93) (1,34/1,93) (0,00/1,23) (0,60/1,81)
Tab. 2: Photopische Kontrastsensitivität der 3 monofokalen IOL-Modelle (Rayner, AMO,
HumanOptics) ohne und mit Blendung (Bl)
*1 statistische Signifikanz im Vergleich zu Gruppe 1
*2 statistische Signifikanz im Vergleich zu Gruppe 2
*3 statistische Signifikanz im Vergleich zu Gruppe 3
Insgesamt zeigten die Kontrastsensitivitätsmessungen mit dem F.A.C.T. photopisch und mesopisch mit und ohne Blendung vergleichbare Ergebnisse in allen drei
monofokalen IOL-Gruppen. In einigen Fällen lagen jedoch signifikant niedrigere Werte bei der monofokalen IOL von Rayner im Vergleich zu den anderen beiden IOL-Modellen vor (Tab. 2 und 3). Die Messungen unter mesopischen Bedingungen bei 18 cycles per
178
Fitting et al.: Bestimmung der Kontrastsensitivität nach Implantation monofokaler, monofokal-torischer ...
Kotrastsehen mesopisch
Frequenz
1,5 cpd
Median (Min/Max ) ohne BI
3 cpd
mit BI
ohne BI
6 cpd
mit BI
ohne BI
12 cpd
mit BI
ohne BI
18 cpd
mit BI
ohne BI mit BI
C-flex /Superflex
Rayner (1)
1,56 *3
1,56 *2
1,90 *2,3
1,90 *2,3
1,65
1,65 *3
1,04 *3
0,97 *3
0,00
0,00
(1,26/2,00) (1,26/2,00) (1,46/2,20) (1,46/2,20) (0,00/2,26) (0,00/2,26) (0,00/2,08) (0,00/1,78) (0,00/1,36) (0,00/1,23)
TECNIS 1-Piece
AMO (2)
1,61
1,70 *1
2,06 *1
2,06 *1
1,81
1,65
1,18
1,18
0,00 *3
0,00
(1,26/2,00) (1,40/2,00) (1,76/2,20) (1,76/2,20) (1,08/2,11) (0,00/2,11) (0,00/1,93) (0,00/1,93) (0,00/1,81) (0,00/1,08)
Asphira
Human Optics (3)
1,70
2,06 *1
1,81
1,81 *1
1,48 *1
1,18 *1
0,60 *2
0,00
1,70 *1
2,06 *1
(1,26/2,00) (1,40/2,00) (1,76/2,20) (1,60/2,20) (1,36/2,11) (1,52/2,11) (0,00/1,93) (0,70/2,08) (0,00/1,23) (0,00/1,23)
Tab. 3: Mesopische Kontrastsensitivität der drei monofokalen IOL-Modelle (Rayner, AMO, HumanOptics)
ohne und mit Blendung (Bl)
*1 statistische Signifikanz im Vergleich zu Gruppe 1
*2 statistische Signifikanz im Vergleich zu Gruppe 2
*3 statistische Signifikanz im Vergleich zu Gruppe 3
a
2,50
b
FACT-photopisch
ohne Blendung
FACT-mesopisch
ohne Blendung
c
FACT-photopisch
mit Blendung
d
FACT-mesopisch
mit Blendung
log Kontrastsensitivität
2,00
1,50
1,00
0,50
1,5
3
6
12
18
1,5
3
6
12
18
1,5
3
6
12
18
1,5
3
6
12
spatial frequency (cpd)
n T-flex n=11
n Restor n=6
n Restor toric n=4
n monofokale IOL n=91
Abb. 1a–d: Photopische Kontrastsensitivität ohne Blendung (a), mit Blendung (b), mesopische Kontrast­
sensitivität ohne Blendung (c) und mit Blendung (d) bei der T-flex (Rayner), ReSTOR und ReSTOR toric
(Alcon). Außerdem ist der Median der monofokalen IOL-Gruppen (Rayner, AMO, HumanOptics) aufgeführt
degree (cpd) erzielten häufig keine Ergebnisse, da keine Sehzeichen mehr erkannt wur­den. Aufgrund der geringen Fallzahl wurden die monofokal-torischen IOLs von
Rayner und die multifokalen IOLs von Alcon statistisch nicht verglichen, jedoch
grafisch gegenübergestellt (Abb. 1a–d). Der gestrichelte Balken stellt dabei den Median
der vorher beschriebenen monofokalen IOL dar und wurde als Bezugswert verwendet.
179
18
Presbyopie
Sowohl die Ergebnisse der monofokal-torischen IOLs von Rayner als auch die multifokalen IOLs erzielten im Vergleich zum Bezugswert ähnliche Werte. Unter me­so­pischen Bedingungen bei 18 cpd konnten auch hier selten Messwerte erhoben werden.
Schlussfolgerung
Die routinemäßig erhobene Sehschärfe mit kontrastreichen Sehtafeln bei der Kontrolle nach Implantation einer IOL spiegelt nur unzureichend den Seheindruck der
Patienten im Alltag und die optische Qualität der IOL wider. Viele Messmethoden
zur Erfassung der Kontrastsensitivität wurden entwickelt, um die Sehschärfe der
Patienten auch unter verschiedenen Lichtbedingungen zu prüfen, und sind im
Rahmen zahlreicher Studien beschrieben worden [1–9, 11, 12].
Der F.A.C.T.-Kontrastsehtest stellt eine leicht anwendbare Messmethode dar, die es
erlaubt, die Kontrastsensitivität unter photopischen sowie mesopischen Bedingungen
ohne und mit Blendung immer unter gleichbleibenden Lichteinstellungen zu messen
[7, 8, 12]. Hohberger et al. untersuchten mit diesem Test 61 Patienten mit gesunden,
phaken Augen unter photopischen und mesopischen Bedingungen jeweils ohne und
mit Blendung und berichteten von einer hohen Zuverlässigkeit der Messergebnisse.
Nachteilig bei dieser Messmethode war jedoch die hohe Ratewahrscheinlichkeit von
33,3 % und der Decken- bzw. Bodeneffekt [7]. Der Deckeneffekt (englisch: ceiling
effect) bezeichnet einen Messfehler, der auf der Überschreitung des Messbereichs
beruht. Sein Gegenstück, ein Messfehler durch Unterschreitung des Messbereichs,
heißt Bodeneffekt (englisch: floor effect). Dies bestätigten auch Pseudovs et al.
durch die Untersuchung von drei Patientengruppen: nach LASIK-Behandlungen, mit
Katarakt sowie Patienten mit gesunden (phaken) Augen [4].
Im Rahmen der Studie trat ein Deckeneffekt jedoch nur vereinzelt auf. Der Bodeneffekt war unter mesopischen Bedingungen in den höheren Frequenzbereichen von
18 cpd oder auch 12 cpd gehäuft anzutreffen.
In den Studien von Montés-Mico et al. [2, 3] wurde der F.A.C.T.-Test zum Vergleich
einer monofokalen mit einer refraktiv-multifokalen IOL durchgeführt. Die Messungen unter photopischen Lichtverhältnissen in Ferne und Nähe zeigten, dass in
der multifokalen IOL-Gruppe bis zur dritten Monatskontrolle statistisch signifikant
niedrigere Wertevorlagen. Ab der sechsten Monatskontrolle verbesserte sich die
Kontrastsensitivitätjedoch soweit, dass kein statistisch signifikanter Unterschied
gefunden werden konnte [2]. Die Messungen nach 18 Monaten zeigten photopisch
keine Unterschiede zwischen den Gruppen, jedoch lagen gerade bei hohen Frequenzbereichen untermesopischen Bedingungen statistisch signifikant niedrigere
Werte in der refraktiv-multifokalen IOL-Gruppe vor [3].
Ähnliche Untersuchungen wurden 2010 von Mesci et al. durchgeführt [10]. In
einem Gruppenvergleich wurde die photopische Kontrastsensitivität bei Patienten
nach bilateraler Implantation monofokaler, akkommodativer, diffraktiv-multifokaler
180
Fitting et al.: Bestimmung der Kontrastsensitivität nach Implantation monofokaler, monofokal-torischer ...
und refraktiv-multifokaler IOLs in einer Entfernung von 3 m gemessen. Im niedrigen
Frequenz-bereich lagen die monokular gemessenen Werte der monofokalen und akkommodativen IOL signifikant höher als bei der refraktiv-multifokalen IOL-Gruppe.
Binokular konnten keine Unterschiede festgestellt werden. Im höheren Frequenzbereichzeigten sich signifikant höhere Werte bei den Patienten mit monofokalen und
akkommodativen IOLs im Vergleich zu den Patienten mit diffraktiv- und refraktivmultifokalen IOL [10].
Die vorliegende Studie zeigte im Gruppenvergleich der monofokalen IOLs vergleichbare Ergebnisse, es lagen jedoch vereinzelt signifikant niedrigere Werte bei den
Patienten mit der IOL C-flex/Superflex im Vergleich zu denen mit der Asphira und
Tecnis 1-Piece vor. Die grafische Darstellung der monofokal-torischen IOLs und der
diffraktiv/diffraktiv-torischen MIOLs zeigte einen vergleichbaren Verlauf der Messreihe. Auch beim Vergleich mit dem Median der vorher beschriebenen monofokalen
IOLs waren nur geringe Unterschiede nachweisbar. Bei MIOLs wird in der Regel von
einer geringeren KS ausgegangen als bei monofokalen IOLs. Im untersuchten Patientenkollektiv fielen die Ergebnisse der ReSTOR jedoch recht gut aus. Eine feste Aussage kann jedoch aufgrund der niedrigen Fallzahl nicht getroffen werden.
Durch seine konstant eingestellten Lichtbedingungen, die einfache Handhabbarkeit und feinen Abstufungen der Kontrastsensitivitätsmessung ist der Functional
Vision Analyzer gut für den Klinikalltag geeignet, um den Seheindruck pseudophaker Patienten widerzuspiegeln und gegebenenfalls die Qualität der implantierten
IOLs zu beurteilen. Nachteilig ist die hohe Ratewahrscheinlichkeit während der
Messung und die geringe Weite des Messspektrums in den niedrigen und hohen
Kontraststufen.
Die Auswertungen dieser Studie entstanden im Rahmen der Entwicklung eines
Datenregisters, das mit seinen Ergebnissen eine Möglichkeit zur Beurteilung optischer Qualität verschiedener IOL-Modelle bietet und auch für zukünftige Studien
eine Grundlage bildet.
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Presbyopie
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refraktiven Multifokallinse. Ophthalmologe 2013;110:1058–1062
182
Evaluation einer aberrationskorrigierenden, rein
diffraktiven, torischen Multifokallinse (tMIOL)
F. T. A. Kretz, K. Linz,M. Safwat Aziz Attia, A. Fitting, R. Khoramnia,
G. U. Auffarth
Zusammenfassung
Fragestellung: Klinische Beurteilung einer aberrationskorrigierenden, pupillenunabhängigen, rein diffraktiven, torischen Multifokallinse (tMIOL).
Methoden: In einer prospektiven multizentrischen Studie wurden im Rahmen der
Kataraktoperation bei Patienten mit präoperativem Astigmatismus ≥0,75 dpt die tMIOL
Tecnis ZMT (Abbott Medical Optics, Santa Ana, CA, USA) implantiert. Subjektive Refraktion, korrigierte und unkorrigierte Sehschärfe (CDVA, UDVA, CNVA, UNVA), monokular und
binokular (Nähe in 30 cm und Ferne [logMAR]), wurden durchgeführt.
Ergebnisse: Eine signifikante Verbesserung des CDVA (p < 0,01) mit signifikanter Reduktion
des Zylinders (p < 0,01) konnte postoperativ festgestellt werden. Die mittlere post-operative
binokulare UDVA und UNVA waren 0,04 ± 0,10 und 0,06 ± 0,12. Die monokulare UDVA und
UNVA lagen bei 0,20 oder besser in 85,4 % und 87,0 % der Augen. Der mittlere binokulare
logMAR unkorrigierte Intermediärvisus (UIVA) betrug 0,21 ± 0,20.
Schlussfolgerung: Die Implantation der torischen Multifokallinse ist einfach durchführbar und eignet sich zur visuellen Rehabilitation bei Kataraktpatienten mit kornealem
Zylinder.
Summary
Purpose: Clinical evaluation of an aberration correcting, pupil independent, pure diffrac­
tive, toric multifocal intraocular lens (tMIOL).
Methods: In a prospective, multicenter clinical study, patients that underwent cataract surgery with an expected corneal astigmatism ≥ 0.75 diopters (D) and implantation of the toric
multifocal IOL Tecnis ZMT (Abbott Medical Optics, Santa Ana, CA, USA) were evaluated.
Changes in uncorrected (UDVA, UNVA) and corrected (CDVA, CNVA), logMAR distance and
manifest refraction were evaluated.
Results: A significant improvement in CDVA was observed postoperatively (p < 0.01), with
a significant reduction in manifest cylinder (p < 0.01). A significant improvement in CDVA
was observed postoperatively (p < 0.01), with a significant reduction in manifest cylinder
(p < 0.01). Mean postoperative binocular UDVA and UNVA were 0.04 ± 0.10 and 0.06 ± 0.12,
respectively. Monocular UDVA and UNVA was 0.20 or better in 85.4 % and 87.0 % of eyes,
respectively. Mean binocular logMAR UIVA was 0.21 ± 0.20.
Conclusions: The implantation of the multifocal toric IOL is an easy to perform procedure
that provides a good visual rehabilitation in eyes with corneal astigmatism.
183
Presbyopie
Einleitung
Die Anzahl der Patienten, die einen präoperativen Astigmatismus von >1,5 dpt aufweisen, liegt bei 15 bis 22 %, >1,0 dpt sogar bei 36 bis 39 % [1–4]. Das visuelle Ergebnis im Rahmen der Kataraktchirurgie kann durch die Korrektur des kornealen
Astigmatismus deutlich verbessert werden. Torische Linsen wurden zur Verbesserung der Vorhersagbarkeit und Wiederhohlbarkeit astigmatischer Korrekturen im
Vergleich zu hornhautrefraktiven Verfahren entwickelt. Die Anwendung torischer
IOLs verringert die Nachteile und Nebenwirkungen von inzisionalen astigmatischen
Korrekturen [5–10]. Gleichzeitig hebt es die Limitationen und Nebenwirkungen der
kornealen Excimerlaser-Korrekturen des Astigmatismus auf [11].
Diese Studie beschreibt die klinischen Erfahrungen mit einer neuen torischen
Multifokallinse, der Tecnis ZMT (Abbott Medical Optics, Santa Ana, CA, USA). Hierbei handelt es sich um eine rein diffraktive, pupillenunabhängige, torische Multi­
fokallinse zur Korrektur des kornealen Astigmatismus und der Presbyopie im Rahmen der Kataraktoperation (Abb. 1).
Abb. 1: Tecnis ZMT (Abbott Medical Optics, Santa Ana, CA, USA)
Methoden
Im Rahmen einer multizentrischen, klinischen Studie wurden 57 Augen von 38 Patienten mit einem Alter von 37 bis 84 Jahren eingeschlossen, die im Rahmen der Operation des grauen Stars, zur Korrektur eines vorhandenen kornealen Astigmatismus
>0,75 dpt eine multifokal torische Intraokularlinse (tMIOL) (Tecnis ZMT) erhielten.
Prä-operativ erfolgte eine vollständige, augenärztliche Untersuchung. Des Weiteren wurden folgende apparative Untersuchungen durchgeführt: Biometrie
(IOLMaster, Carl Zeiss Meditec AG), Goldmann-Applanationstonometrie. Zwei bis
vier Monate post-operativ wurden die manifeste korrigierte Sehschärfe für Ferne
und Nähe (CDVA, CNVA) sowie die unkorrigierte Sehschärfe für Ferne, Zwischenbereich und Nähe (UDVA, UIVA, UNVA) jeweils binokular und monokular untersucht.
184
Kretz et al.: Evaluation einer aberrationkorrigierenden, rein diffraktiven tMIOL
Gesamt
ZMT150
ZMT225
ZMT300
ZMT400
Median
(Range)
57
17
15
12
13
UDVA
0,10
0,10
0,10
0,20
0,10
(–0,10 bis 0,70) (0,00 bis 0,30) (–0,10 bis 0,40) (0,00 bis 0,70) (–0,10 bis 0,40)
CDVA
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
(–0,20 bis 0,30) (–0,10 bis 0,20) (–0,20 bis 0,10) (0,00 bis 0,30) (–0,10 bis 0,10)
UNVA
0,00
0,00
0,00
0,20
0,00
(–0,10 bis 0,60) (0,00 bis 0,30) (–0,10 bis 0,40) (0,00 bis 0,60) (–0,10 bis 0,20)
DCNVA
0,00
0,00
0,00
0,10
0,00
(–0,10 bis 0,60) (–0,10 bis 0,30) (0,00 bis 0,30) (0,00 bis 0,60) (0,00 bis 0,30)
UIVA
0,20
0,20
0,10
0,30
0,20
(–0,10 bis 0,40) (–0,10 bis 0,40) (0,10 bis 0,40) (0,10 bis 0,40) (0,10 bis 0,40)
Tab. 1: Monokulare Visusergebnisse 1–3 Monate postoperativ
Ergebnisse
Das Alter der Patienten lag zwischen 37 bis 84 Jahren mit einem Mittelwert von 58,6
± 10,9 Jahren (Mittelwert ± SD). Der mittlere präoperative korneale Astigmatismus
lag bei 1,92 ± 0,75 dpt (Range, 0,78 bis 3,63 dpt), mit sechs Augen (10,5 %) unter
einem Wert von 1,0 dpt, 29 Augen (50,9 %) zwischen 1,0 und 2,0 dpt und 22 Augen
(38,6 %) mit einem kornealen Astigmatismus von mehr als 2,0 dpt. Es wurde daher
die tMIOL ZMT150 in 17 Augen (29,8 %), ZMT225 in 15 Augen (26,3 %), ZMT300 in
zwölf Augen (21,1 %) und die ZMT400 in 13 Augen (22,8 %) implantiert.
Tabelle 1 fasst die postoperativen Ergebnisse zusammen. Es konnte ein signifikanter Anstieg der monokularen CDVA von 0,20 ± 0,19 präoperativ auf 0,02 ±0,08 postoperativ (p < 0,01) festgestellt werden. Der postoperative monokulare logMAR UDVA
war 0,20 oder besser in 85,4 % der Augen und 0,30 oder besser in 91,7 % (Tabelle 2). Im
Vergleich der klinischen Ergebnisse zwischen den einzelnen Gruppen mit verschiedenen tMIOL-Modellen zeigte sich kein signifikanter Unterschied (p ≥ 0,11). Es zeigten
sich jedoch Unterschiede in der Verteilung des UDVA, UIVA und UNVA (Tabelle 2).
Diskussion
Im Vergleich zu monofokalen IOLs haben MIOLS das Potenzial, die Brillenunabhängigkeit zu erhöhen und somit die Lebensqualität zu verbessern. Yamauchi et al.
haben bereits die MIOL mit der gleichen Plattform wie die hier beurteilte tMIOL mit
der monofokalen IOL aus dem gleichen Material verglichen [12]. Hierbei konnte nur
im Bezug auf Autofahren bei Nacht im Vergleich der subjektiven Zufriedenheit ein
Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt werden. Andere Autoren konnten
185
Presbyopie
Gesamt
(57)
ZMT150
(17)
ZMT225
(15)
ZMT300
(12)
ZMT400
(13)
UDVA ≤ 0,00
19/48 (39,6 %)
6/13 (46,2 %)
6/13 (46,2 %)
2/9 (22,2 %)
5/13 (38,5 %)
UDVA ≤ 0,10
30/48 (62,5 %)
7/13 (53,8 %)
10/13 (76,9 %)
4/9 (44,4 %)
9/13 (69,2 %)
UDVA ≤ 0,20
41/48 (85,4 %)
12/13 (9,3 %)
11/13 (84,6 %)
6/9 (66,7 %)
12/13 (92,3 %)
UDVA ≤ 0,30
44/48 (91,7 %)
13/13 (100 %)
12/13 (92,3 %)
7/9 (77,8 %)
12/13 (92,3 %)
UNVA ≤ 0,00
24/46 (52,2 %)
7/12 (58,3 %)
7/13 (53,8 %)
2/9 (22,2 %)
8/12 (66,7 %)
UNVA ≤ 0,10
30/46 (65,2 %)
9/12 (75,0 %)
9/13 (69,2 %)
3/9 (33,3 %)
9/12 (75,0 %)
UNVA ≤ 0,20
40/46 (87,0 %)
10/12 (83,3 %)
12/13 (92,3 %)
6/9 (66,7 %)
12/12 (100 %)
UNVA ≤ 0,30
44/46 (95,7 %)
12/12 (100 %)
12/13 (92,3 %)
8/9 (88,9 %)
12/12 (100 %)
UIVA ≤ 0,00
1/34 (2,9 %)
1/9 (11,1 %)
0/10 (0 %)
0/9 (0 %)
0/8 (0 %)
UIVA ≤ 0,10
13/34 (38,2 %)
3/9 (33,3 %)
7/10 (70 %)
2/9 (22,2 %)
2/8 (25,0 %)
UIVA ≤ 0,20
24/34 (70,6 %)
6/9 (66,7 %)
9/10 (90 %)
3/9 (33,3 %)
6/8 (75,0 %)
UIVA ≤ 0,30
26/34 (76,5 %)
7/9 (77,8 %)
9/10 (90 %)
4/9 (44,4 %)
6/8 (75,0 %)
Tab. 2: Zusammenfassung der kumulierten Sehschärfe aufgeteilt nach tMIOL-Modellen
ebenfalls gute Ergebnisse mit MIOLs feststellen [13–16]. Jedoch schränkte oft ein
vorhandener kornealer Astigmatismus die Verwendung von MIOLs ein [1–4]. Die
Entwicklung von torischen Multifokallinsen zeigt hierbei ein großes Potenzial zur
Verbesserung der Brillenunabhängigkeit im Rahmen der Kataraktoperation. Alió et
al. konnten mit der Vektoranalyse nach Implantation einer torischen diffraktiven
multifokalen IOL im Rahmen einer prospektiven Fallserie an 23 Augen von zwölf
Patienten eine hervorragende Vorhersagbarkeit der Astigmatismuskorrektur nachweisen [17]. Mojzis et al. berichteten über eine gute Rotationsstabilität der gleichen
tMIOL über einen Zeitraum von zwölf Monaten [18].
Im Rahmen dieser Studie konnte im Zeitraum von ein bis drei Monaten postoperativ ein mittlerer logMAR UDVA, UNVA und UIVA von 0,12, 0,10 und 0,21 festgestellt
werden. Bellucci et al. [19] evaluierten die visuellen Ergebnisse einer anderen diffraktiver tMIOL (AT.LISA 909M, Carl Zeiss Meditec) in einer vorangegangenen Kohortenstudie mit 284 Augen von 142 Patienten mit einer Nachbeobachtungszeit von
sechs Monaten. Hierbei konnten die Autoren gute visuelle und refraktive Ergebnisse
mit der untersuchten tMIOL feststellen [19], die jedoch etwas schlechter waren als
die der aktuellen Kohortenstudie mit der Tecnis ZMT MIOL.
Nach unserem Wissensstand ist dies die erste Studie zur klinischen Evaluation
einer multifokal torischen, rein diffraktiven und pupillenunabhängigen Intraokularlinse, der Tecnis ZMT. Wir konnten beweisen, dass diese tMIOL gute visuelle Ergebnisse mit hoher Brillenunabhängigkeit liefert.
186
Kretz et al.: Evaluation einer aberrationkorrigierenden, rein diffraktiven tMIOL
Zusammenfassung
Zur Verbesserung der postoperativen Brillenunabhängigkeit nach Kataraktoperation ist die Korrektur des kornealen Astigmatismus unabdingbar. Im Bereich der
monofokalen Intraokularlinsen haben sich daher bereits torische Linsen durchgesetzt. Noch dringender zeigt sich die Indikation zur Korrektur der Zylinderwerte
in der Versorgung von Patienten mit multifokalen Intraokularlinsen, da hier der
Aufbau der Optiken und die daraus resultierende Lichtverteilung die Sehqualität
stark beeinträchtigen kann.
Neue Intraokularlinsenmodelle mit multifokalen Optiken, wie die in dieser Studie beschriebenen Tecnis-ZMT-Modelle, die zusätzlich mit einer Korrektur des kornealen Astigmatismus versehen sind, tragen daher erheblich zur Verbesserung der
postoperativen Ergebnisse unserer Patienten bei.
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187
Presbyopie
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17. AliÓ JL et al.: Vector analysis of astigmatic changes after cataract surgery with implantation of a new toric
multifocal intraocular lens. J Cataract Refract Surg 2011;37(7):1217–1229
18. Mojzis P et al.: Comparative analysis of clinical outcomes obtained with a new diffractive multifocal toric
intraocular lens implanted through two types of corneal incision. J Refract Surg 2011;27(9):648–657
19. Bellucci R et al.: Visual acuity and refraction with a diffractive multifocal toric intraocular lens. J Cataract
Refract Surg 2013;39(10):1507–1518
188
Analyse der 3-Monats-Ergebnisse
nach Implantation eines kornealen Inlays
in pseudophaken Augen
M. Elling, H. B. Dick
Einleitung
Das KAMRA-Inlay wird seit geraumer Zeit zur Presbyopiekorrektur in das nicht dominante, phake Auge implantiert, häufig in Kombination mit einer LASIK-Operation.
Da auch pseudophake Patienten eine Unabhängigkeit von der Nah- und Fernbrille
wünschen, wird in solchen Fällen in der Regel eine Multifokallinse im Rahmen einer
Kataraktoperation eingesetzt. Dies war die Motivation, das KAMRA-Inlay in Kombination mit einer Kataraktoperation an beiden Augen zu implantieren und mit einer
entsprechenden Kontrollgruppe prospektiv zu vergleichen.
Methoden
Im Rahmen der durchgeführten Studie wurde der Visus, die Refraktion, das Gesichtsfeld sowie das Kontrastsehen drei Monate nach einer Kataraktoperation an beiden
Augen in Kombination mit der Implantation des KAMRA-Inlays (AcuFocus Inc.) im
nicht dominanten Auge analysiert. Hierzu wurden 14 Patienten mit Cataracta provecta in diese Studie eingeschlossen, die an beiden Augen im Rahmen von zwei
separaten Operationen am grauen Star operiert worden sind. An beiden Augen wurde eine monofokale Intraokularlinse (ZA9003, AMO Inc.) mit der Zielrefraktion Emmetropie implantiert. Von diesen 14 Patienten wurde bei sieben Patienten am nicht
dominanten Auge die Kataraktoperation mit der Implantation eines KAMRA-Inlays
in einer Sitzung kombiniert.
Im Anschluss wurden der unkorrigierte Nah- und Fernvisus, der korrigierte Nahund Fernvisus sowie die Defokuskurven, das Kontrastsehen und das Gesichtsfeld untersucht. Die Studienvisiten erfolgten ein, vier und zwölf Wochen postoperativ.
Das Studienkollektiv bestand aus insgesamt 14 Patienten und gliederte sich in
neun Frauen und fünf Männer. Das Alter in diesem Kollektiv betrug im Median 68,5
Jahre mit einer Spannweite von 45 bis 81 Jahren. Alle Operationen wurden von einem
erfahrenen Chirurgen durchgeführt. Das aus 14 Patienten bestehende Studien­kollektiv
wurde in zwei äquivalente Gruppen eingeteilt, die sogenannte „KAMRA-Cat-Gruppe“
und die sogenannte „Kontrollgruppe“. In der KAMRA-Cat-Gruppe, die aus sieben Pa-
189
Presbyopie
tienten bestand, wurde die Kataraktoperation an beiden Augen mit der Implantation
eines KAMRA-Inlays am nicht dominanten Auge kombiniert. In der Kontrollgruppe,
die ebenfalls aus sieben Patienten bestand, wurde nur eine Kataraktoperation an
beiden Augen durchgeführt, ohne eine weitere Operation.
Das KAMRA-Inlay wurde entwickelt, um den Nahvisus bei presbyopen Patienten
zu verbessern. Es lässt sich einfach in das nicht dominante Auge implantieren und
hat nur einen geringen Einfluss auf den Fernvisus. Das Inlay selbst weist keine
Brechkraft auf und fungiert wie eine stenopäische Lücke zur Erhöhung der Tiefenschärfe. Des Weiteren handelt es sich bei der Implantation des KAMRA-Inlays um
ein „reversibles“ Verfahren. Das KAMRA-Inlay weist bis zu 8400 Mikroperforationen
auf und hat einen Gesamtdurchmesser von 3,8 mm sowie einen Innendurchmesser
von 1,6 mm. Aufgrund seiner Flexibilität passt sich das KAMRA-Inlay im Rahmen
der Implantation der Kurvatur der Hornhaut an.
Operatives Vorgehen
In der sogenannten „KAMRA-Cat-Prozedur“ wurde am dominanten Auge eine
Standardkataraktoperation mit der Implantation einer monofokalen Intraokular­
linse (ZA9003, AMO Inc.) durchgeführt. Die Zielrefraktion betrug Emmetropie, und es
wurde keine weitere Operation durchgeführt. Am nicht dominanten Auge wurde
in dieser Gruppe zunächst eine korneale Tasche mit dem iFS-Femtosekundenlaser
(AMO Inc.) in 200 µm Tiefe präpariert. Anschließend wurde eine Standardkatarakt­
operation mit der Implantation einer monofokalen Intraokularlinse mit der Ziel­
refraktion Emmetropie (ZA9003, AMO Inc.) vorgenommen. Abschließend wurde das
KAMRA-Inlay in die zuvor präparierte, intrastromale korneale Tasche implantiert
(Abb. 1).
Abb. 1: KAMRA-Inlay in einem pseudphaken Auge
190
Elling, Dick: Analyse der 3-Monats-Ergebnisse nach Implantation eines kornealen Inlays ...
In der Kontrollgruppe wurde sowohl am dominanten als auch am nicht dominanten Auge im Rahmen von zwei separaten Operationen eine standardisierte­
Kataraktoperation mit der Implantation einer monofokalen Intraokularlinse
­
(ZA9003, AMO Inc.) mit der Zielrefraktion Emmetropie durchgeführt. Es wurden in
dieser Gruppe keine weiteren Operationen durchgeführt.
Studienergebnisse
Im Rahmen der durchgeführten Studie wurden der Fern-, Intermediär- und Nah­visus
in beiden Behandlungsgruppen ermittelt. Die Patienten der KAMRA-Cat-Gruppe
erreichten einen Monat postoperativ einen unkorrigierten Nahvisus von 0,11 logMAR­
und einen unkorrigierten Intermediärvisus von 0,07 logMAR. Die Patienten der Kontrollgruppe erzielten einen Monat postoperativ einen deutlich geringeren unkorrigierten Nahvisus von 0,35 logMAR sowie einen geringeren unkorrigierten Intermediärvisus von 0,21 logMAR. Dieser Trend bestätigte sich auch bei den funktionellen
Ergebnissen nach drei Monaten. Hier zeigten sich in der KAMRA-Cat-Gruppe (Abb. 2)
ein unkorrigierter Nahvisus von 0,11 logMAR und ein unkorrigierter Intermediär­visus
von 0,06 logMAR. Die Augen der Kontrollgruppe erzielten einen korrigierten Nahvisus von 0,32 logMAR und einen unkorrigierten Intermediärvisus von 0,20 logMAR.
KAMRA-Cat-Gruppe / 3 Monate postOP
-0,15
-0,10
-0,05
Visus (logMAR)
0,00
0,05
0,03
-0,01
-0,01
0,06
0,10
0,06
0,11
0,15
0,20
0,20
0,25
0,30
0,35
udva
uiva
unva
cdva
dcnva
dciva
cnva
n
0,40
Mittel
Abb. 2: Fern-, Intermediär- und Nahvisus 3 Monate postoperativ
Des Weiteren wurden die Refraktionsergebnisse der KAMRA-Cat-Gruppe und der
Kontrollgruppe drei Monate postoperativ analysiert. Hier zeigte sich in der KAMRACat-Gruppe am dominanten Auge eine Sphäre im Median von –0,25 dpt (Spannweite
–0,25 bis +0,25 dpt) sowie ein Zylinder im Median von –0,75 dpt (Spannweite –1,0 bis
0,0 dpt). Am nicht dominanten Auge mit dem KAMRA-Inlay zeigte sich eine Sphäre
im Median von –0,25 dpt (Spannweite –1,5 bis +0,5 dpt) und ein Zylinder im Median
191
Presbyopie
von 0,0 dpt (Spannweite –0,5 bis 0,0 dpt). In der Kontrollgruppe stellte sich drei­
Monate postoperativ am dominanten Auge eine Sphäre im Median von +0,5 dpt
(Spannweite –0,5 bis +1,5 dpt) und ein Zylinder im Median von –0,5 dpt (Spannweite
–1,75 bis –0,25 dpt) dar. Am nicht dominanten Auge ergab sich eine Sphäre im Median von +0,25 dpt (Spannweite 0,0 bis +1,75 dpt) und ein Zylinder im Median von
–0,75 dpt (Spannweite –1,25 bis 0,0 dpt).
Ein und drei Monate postoperativ wurden Defokuskurven erstellt. Die Patienten
der KAMRA-Cat-Gruppe erreichten nach einem Monat wie auch nach drei Monaten
postoperativ einen besseren Intermediärvisus und auch einen besseren Nahvisus
als die Kontrollgruppe (Abb. 3).
3 Monate postOP
-0,1
0
Visus (logMAR)
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
-3
-2,5
-2
-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
2
n
Defokus (Dioptrien)
Kamra-Cat-Gruppe n Kontrollgruppe
Abb. 3: Defokuskurven für KAMRA-Cat-Gruppe und Kontrollgruppe 3 Monate postoperativ
Die Gesichtsfelduntersuchung wies drei Monate postoperativ in der KAMRACat-Gruppe am nicht dominanten KAMRA-Auge einen Mean Defect von 4,36 dB und
am nicht dominanten Kontrollauge von 2,71 dB auf, ohne signifikanten Unterschied
­zwischen diesen Augen.
Weiterhin wurde in beiden Gruppen das Kontrastsehen drei Monate postoperativ
untersucht. Im Rahmen der Untersuchung zeigten sich unter binokularen photopischen Bedingungen ohne Blendung in der KAMRA-Cat-Gruppe sowie in der Kontrollgruppe ein nahezu identisches Kontrastsehen. Auch unter binokularen mesopischen
Bedingungen ohne Blendung lag kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen vor.
Das Kontrastsehen war in der KAMRA-Cat-Gruppe unter binokularen, mesopischen
Untersuchungsbedingungen mit Blendung im Vergleich zur Kontrollgruppe diskret
reduziert (Abb. 4).
192
Elling, Dick: Analyse der 3-Monats-Ergebnisse nach Implantation eines kornealen Inlays ...
Binokular, mesopisch mit Blendung
3 Monate postOP
2,5
Log Kontrastsensitivität
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
3
6
12
Raumfrequenz (Cycles per Degree)
n
2,5
18
Kamra-Cat-Gruppe n Kontrollgruppe
Abb. 4: Kontrastsehen 3 Monate postoperativ
Fazit
Pseudophake Patienten mit monofokalen Intraokularlinsen an beiden Augen in Kombination mit dem KAMRA-Inlay am nicht dominanten Auge erzielten im Vergleich zu
pseudophaken Patienten ohne korneales Inlay einen deutlich besseren Nah- bzw.
Gebrauchsvisus. In der KAMRA-Cat-Gruppe trat im Vergleich zur Kontrollgruppe eine nur diskrete Gesichtsfeldeinschränkung und ein geringfügig reduziertes
Kontrast­sehen ein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das KAMRA-Inlay am nicht dominanten
Auge den Nahvisus bei pseudophaken Patienten verbessern kann. Es zeigte sich in
unserem Studienkollektiv ein sehr hohes Maß an Patientenzufriedenheit, insbesondere beim Lesen und im Alltag. Somit ist die kombinierte „KAMRA-Cat-Prozedur“
eine interessante Alternative für bestimmte pseudophake Patienten.
193
Evaluation von Visus und Lesefähigkeit mithilfe
des Salzburg Reading Desks nach Implantation
einer trifokalen IOL
M. Safwat Aziz Attia, F. T. A. Kretz, R. Khoramnia, A. Fitting, K. Linz,
G. U. Auffarth
Zusammenfassung
Fragestellung: Evaluation einer diffraktiven trifokalen Intraokularlinse (IOL) mit
Be­urteilung der Lesefähigkeit anhand des Salzburg Reading Desks (SRD).
Methodik: Im Rahmen einer fortlaufenden prospektiven Studie wurde bei 21 Augen von
11 Kataraktpatienten die FineVision IOL (PhysIOL, Belgien) implantiert. Bei den Nachkontrollen wurden der unkorrigierte und der korrigierte Fernvisus (UDVA, CDVA), Intermediärvisus (UIVA, DCIVA) und Nahvisus (UNVA, DCNVA) ermittelt. Die Leseschärfe,
Lesegeschwindigkeit und kleinste lesbare Schrift wurden mit dem SRD bei der für den
Patienten schärfsten Lese- und Intermediärdistanz gemessen.
Ergebnisse: Der UDVA betrug im Median 0,06 logMAR (0,42 bis –0,12), wobei der CDVA
einen Median von –0,08 logMAR (0,10 bis –0,18) zeigte. Der Median beim UIVA war
0,02 logMAR (0,28 bis –0,08) und beim DCIVA –0,06 logMAR (0,22 bis –0,16). Der Median beim UNVA betrug 0,14 logMAR (0,34 bis –0,04) und beim DCNVA 0,06 logMAR
(0,30 bis –0,10). Die monokulare fernkorrigierte Untersuchung im subjektiv schärfsten
Intermediärabstand ergab einen Median der Leseschärfe von 0,18 logMAR (0,46 bis 0,03),
während der Median der binokularen Untersuchung bei 0,08 logMAR (0,29 bis –0,03) lag.
Schlussfolgerungen: Die FineVision IOL bietet postoperativ gute funktionelle Ergebnisse
im Fern-, Nah- und vor allem im Intermediärbereich mit einer hohen Patientenzufriedenheit und einer hohen Brillenunabhängigkeit.
Summary
Purpose: Evaluation of a diffractive trifocal intraocular lens (IOL) including evaluation of
the reading performance using the Salzburg Reading Desk (SRD).
Methods: In a long term prospective study, 21 eyes of 11 patients undergoing cataract
surgery received the trifocal FineVision IOL (PhysIOL, Belgium). Follow-up examinations
included uncorrected and corrected distance visual acuity (UDVA, CDVA), uncorrected
and distance corrected intermediate (UIVA, DCIVA) as well as near visual acuity (UNVA,
DCNVA). Reading acuity, reading speed and smallest log-scaled print size were evaluated
using the SRD at the patient’s preferred near and intermediate distance.
Results: Postoperative results showed a median UDVA of 0.06 logMAR (0.42 to –0.12)
and a median CDVA of –0.08 logMAR (0.10 to –0.18). Median UIVA was 0.02 logMAR
195
Presbyopie
(0.28 to monocular distance corrected reading acuity examination at subjective intermediate distance resulted in a median of 0.18 logMAR (0.46 to 0.03), whereas the binocular
examination resulted in a median of 0.08 logMAR (0.29 to –0.03).
Conclusions: The FineVision trifocal, diffractive IOL provides good postoperative
functional results regarding far, near and especially intermediate vision with a high rate
of patient satisfaction and spectacle independence.
Hintergrund
Die Implantation von Intraokularlinsen (IOLs) stellt nicht nur für Kataraktpatienten
eine Therapieoption dar, sondern auch für Kandidaten eines refraktiven Linsenaustausches. Da von den meisten Patienten durch einen Linsenaustausch eine Brillen­unabhängigkeit angestrebt wird, wurden in den letzten Jahren unterschiedliche
­Modelle von IOLs für unterschiedliche Lebensbedürfnisse und Aktivitäten ent­
wickelt. Trotz der mit multifokalen Intraokularlinsen zusammenhängenden photischen Phänomenen, werden diese von vielen Patienten immerhin bevorzugt, um
eine Brillenunabhängigkeit in allen Abständen zu erreichen. Dabei handelt es sich
um Patienten, bei denen die Nah- bzw. Lese- und Intermediär- bzw. Computerdistanz
einen großen Teil der alltäglichen Aktivitäten darstellt. Zu den vielversprechenden
IOL-Modellen zählen die trifokalen IOLs, darunter die FineVision IOL (PhysIOL,­
Belgien), mit einer Nahaddition von 3,5 dpt und einer Intermediäraddition von
1,75 dpt. Zur Beurteilung der Leseleistung in unterschiedlichen Abständen steht
das Salzburg Reading Desk (SRD) zur Verfügung (Abb. 1), mit dem Messungen unter
standardisierten Bedingungen durchgeführt werden können.
Ziel der Studie bestand in der klinischen Evaluation der trifokalen Fine­
Vision IOLmit Beurteilung der Lesefähigkeit anhand des SRDs und Evaluation der
Patienten­zufriedenheit und Brillenunabhängigkeit anhand eines Fragebogens.
Abb. 1: Salzburg Reading Desk
(Abbildung aus Firmenfundus: SRD Vision, hier ohne Kamera, Tastatur und externen Monitor )
196
Safwat Aziz Attia et al.: Evaluation von Visus und Lesefähigkeit mithilfe des Salzburg Reading Desks …
Methoden
Im Rahmen einer fortlaufenden prospektiven klinischen Studie wurden 21 Augen
von elf Kataraktpatienten nach der Implantation der trifokalen FineVision IOL postoperativ untersucht. Der Zeitraum für die Untersuchungen lag mindestens bei drei
Monaten postoperativ, um stabile Visuswerte zu garantieren. Die Nachkontrollen
umfassten sowohl die Bestimmung vom monokularen als auch vom binokularen
Visus in der Ferne bei 4 m, im Intermediärbereich bei 80 cm und im Nahbereich bei
40 cm. Dies erfolgte anhand von ETDRS-Tafeln jeweils ohne und mit Fernkorrektion.
Des Weiteren wurde die Leseschärfe mit dem Salzburg Reading Desk (SRD) ermittelt.
Bei der Untersuchung am SRD liest der Patient logarithmisch-skalierte ColenbranderSätze vor. Währenddessen werden die Schallwellen mittels eines Mikrofons verfolgt
und somit die Lesegeschwindigkeit in Wörtern pro Minute angegeben. Die Lese­dauer
wird mit einer internen Stoppuhr gemessen und in Sekunden angezeigt. Für jede
Satzgröße erfolgt eine getrennte Messung, die bei einem gesunden Auge eine Mindestgeschwindigkeit von 80 wpm aufweisen muss. Außerdem wird während der gesamten Messung der Leseabstand zwischen einem Referenzpunkt auf der Stirn des
Probanden und der Mitte des Lesetextes mittels zwei Kameras gemessen. Anschließend wird für jede Messung der durchschnittliche Leseabstand ermittelt [1, 2]. Somit
lässt sich die Leseschärfe aus der Schriftgröße und dem Leseabstand des kleinsten
lesbaren Satzes mit einer Mindestgeschwindigkeit von 80 wpm bestimmen.
Mit dem Ziel, die schärfsten Abstände und die Leseleistung der Linse zu evaluieren, wurde die Untersuchung für den Nah- sowie den Intermediärbereich durchgeführt, jeweils ohne Korrektion und mit Fernkorrektion. Zuerst wurde bei festen Abständen von 40 cm und 80 cm gemessen. Danach durfte sich der Patient den subjektiv
schärfsten Punkt sowohl im Nah- als auch im Intermediärbereich suchen. Neben der
monokularen Untersuchung wurden ebenfalls die binokularen Ergebnisse ermittelt.
Die FineVision Intraokularlinse (Abb. 2, 3) von PhysIOL ist eine asphärische
­diffraktive trifokale IOL, die eine Intermediäraddition von 1,75 dpt und eine Nah-
Abb. 2: FineVision IOL (PhysIOL, Belgien),
Abbildung aus Firmenfundus
Abb. 3: FineVision IOL postoperativ
197
Presbyopie
addition von 3,5 dpt bietet. Dabei handelt es sich um eine Kombination zweier bi­
fokaler Profile: Das erste Profil mit einer Nahaddition von 3,5 dpt und das zweite Profil mit einer Nahaddition von 1,75 dpt. Der Anteil an Lichtenergie, der der doppelten
Konvergenz der Nahaddition zugeteilt wird, liegt beim ersten Profil beim Ultranahpunkt von 7 dpt und geht deswegen verloren, wohingegen er beim zweiten Profil
bei 3,5 dpt liegt und somit zur Verstärkung der Nahaddition bei 3,5 dpt beiträgt.
Dadurch reduziert such der Energieverlust von 20 % auf 15 % [3].
Weitere Besonderheiten der FineVision IOL bestehen in der Konvolution und der
Apodisation, die zu einer Verringerung der Blendungserscheinungen bei Nacht beitragen [3, 4]. Einerseits führt die Glättung der Grenzflächen der diffraktiven Strukturen, die Konvolution, zu einer signifikanten Reduktion des an diesen Grenzflächen
entstehenden Streulichts. Andererseits ermöglicht die Apodisation mit der abnehmenden Höhe der diffraktiven Strukturen Richtung Peripherie eine unterschiedliche
Lichtverteilung auf die drei Brennpunkte bei unterschiedlichen Pupillen­größen [4].
Durch den abnehmenden Lichtanteil für den Nah- und Intermediärbereich zugunst­en der Ferne bei weiter Pupille verringern sich das damit verbundene Streulicht
und die Blendungserscheinungen.
Ergebnisse
Postoperativ zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Ziel
und erreichtem spärischen Äquivalent (Wilcoxon Test, p > 0,05) (Tab. 1). 48 % der
Augen­lagen innerhalb von ±0,25 dpt von der Emmetropie, wobei 76 % innerhalb
von ±0,50 dpt und 95 % innerhalb von ±1,0 dpt landeten.
Refraktion in dpt
(n = 21)
Differenz Zielrefraktion
vs. erreichte Refraktion
Zielrefraktion
(Holladay 1)
Erreichte Refraktion
Median
+0,09
0,02
Minimum
–0,79
–0,29
–1,00
Maximum
+1,02
+0,49
+0,88
0,00
Tab. 1: Vergleich von Ziel- und erreichter Refraktion
Bezüglich der Visusergebnisse zeigte sich im Vergleich zu einem präoperativen
medianen korrigierten Fernvisus von 0,24 logMAR (0,80 bis 0,10 logMAR) ein post­
operativer unkorrigierter monokularer Fernvisus von 0,06 logMAR im Median (0,42
bis –0,12 logMAR). Mit Fernkorrektion lag der jeweilige Median unter 0,00 logMAR.
Vor allem der Intermediärvisus wies sowohl ohne als auch mit Fernkorrektion sehr
gute Ergebnisse auf (Tab. 2).
Bei der SRD-Untersuchung wurde nur bei der unkorrigierten monokularen Nähe
ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Leseschärfe im festen und im­
198
Safwat Aziz Attia et al.: Evaluation von Visus und Lesefähigkeit mithilfe des Salzburg Reading Desks …
Visus [logMAR]
UDVA
(4 m)
CDVA
(4 m)
UNVA
(40 cm)
DCNVA
(40 cm)
UIVA
(80 cm)
DCIVA
(80 cm)
Median
0,06
–0,08
0,14
0,06
0,02
–0,06
Minimum
0,42
0,10
0,34
0,30
0,28
0,22
Maximum
–0,12
–0,18
–0,04
–0,10
–0,08
–0,16
–0,02
–0,09
0,07
–0,01
–0,04
–0,13
Minimum
0,18
0,02
0,30
0,30
0,24
0,20
Maximum
–0,16
–0,20
–0,10
–0,18
–0,18
–0,18
Monokular (n = 21)
Binokular (n = 10)
Median
Tab. 2: Visus in unterschiedlichen Abständen
subjektiv schärfsten Abstand festgestellt (Wilcoxon Test, p = 0,0078). Der subjektiv schärfste Nahabstand zeigte keine große Abweichung zum Standardabstand bei
40 cm, wohingegen der subjektiv schärfste Intermediärabstand mit Medianen zwischen 60 und 70 cm eine deutliche Abweichung zum Standardabstand bei 80 cm
aufwies (Tab. 3, 4).
Die Patientenzufriedenheit wurde anhand eines Fragebogens evaluiert. Aktivitäten wie ein Buch zu lesen, Computerarbeit und nachts Auto zu fahren gehören
zu den wichtigsten Evaluierungsaspekten dieser Linse. Diesbezüglich konnte eine
hohe Patientenzufriedenheit nachgewiesen werden. Computerarbeit war außer
bei einem Patienten problemlos und brillenunabhängig möglich, wobei das Lesen
von Büchern und das Autofahren nachts jeweils von einem Patienten als sehr anstrengend beschrieben worden sind und von drei weiteren teilweise durchführbar
waren.
Leseleistung ohne Korrektion
(Median)
Nähe
(40 cm)
Subjektive
Nähe
Intermediär
(80 cm)
Subjektiv
Intermediär
Monokular (n = 21)
Visus [logMAR]
0,29
0,19
0,30
0,22
Abstand [cm]
39,30
38,70
79,70
62,20
Binokular (n = 10)
Visus [logMAR]
0,11
0,09
0,10
0,11
Abstand [cm]
39,35
37,25
79,85
65,25
Tab. 3: SRD-Ergebnisse ohne Fernkorrektion
199
Presbyopie
Leseleistung mit Fernkorrektion
(Median)
Nähe
(40 cm)
Subjektive
Nähe
Intermediär
(80 cm)
Subjektiv
Intermediär
Monokular (n = 21)
Visus [logMAR]
0,16
0,13
0,18
0,18
Abstand [cm]
40,30
36,50
80,20
62,00
Visus [logMAR]
0,02
0,02
0,10
0,08
Abstand [cm]
40,20
37,20
80,40
65,00
Binokular (n = 9)
Tab. 4: SRD-Ergebnisse mit Fernkorrektion
Ebenso konnte eine hohe Brillenunabhängigkeit in allen Abständen festgestellt
werden. Die Frage bezüglich des Tragens einer Brille in den unterschiedlichen
­Abständen wurde mit „nie“ oder „selten“ beantwortet, außer bei einzelnen Fällen,
die eine Brille für mittlere Entfernungen und eine Lesebrille „oft“ brauchten.
Diskussion
Die diffraktive trifokale FineVision IOL bietet gute postoperative Ergebnisse in
Ferne, Nähe und vor allem im Intermediärbereich, die mit einer hohen Patienten­
zufriedenheit und einer hohen Brillenunabhängigkeit gekoppelt sind. In einer vorigen Studie von Alió et al. wurde ebenfalls ein guter Intermediärvisus und bei der
Defokuskurve ein Peak im Intermediärbereich festgestellt [5].
Die Untersuchung mit dem SRD zeigte einen subjektiv schärfsten Intermediär­
punkt zwischen 60 und 70 cm, wobei der subjektiv schärfste Nahpunkt mit einer
geringen Abweichung zur Standardnahdistanz bei 36 bis 39 cm lag. Bei manchen
SRD-Messungen ergab sich eine fast identische Leseschärfe beim festen und jeweiligen subjektiv schärfsten Abstand. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das SRD
die Leseschärfe unter Berücksichtigung von Schriftgröße und Leseabstand berechnet und dewegen bei den geringeren subjektiv schärfsten Abständen trotz einer kleineren Schriftgröße eine fast identische Leseschärfe ergibt.
Des Weiteren ermöglicht das SRD die Messung der Leseleistung unter standardisierten Bedingungen in Bezug auf Bildschirmbeleuchtung, Kontrast und Neigung
des Bildschirms, was für einen Vergleich verschiedener IOLs vorteilhaft ist.
200
Safwat Aziz Attia et al.: Evaluation von Visus und Lesefähigkeit mithilfe des Salzburg Reading Desks …
Literatur
1. Dexl AK, Seyeddain O, Riha W et al.: Reading Performance After Implantation of a Modified Corneal Inlay
Design for the Surgical Correction of Presbyopia: 1-Year Follow-up. Am J Ophthalmol 2011 Nov 19
2. Dexl AK, Seyeddain O, Riha W et al.: Reading performance and patient satisfaction after corneal inlay implantation for presbyopia correction: two-year follow-up. J Cataract Refract Sur 2012 Oct;38(10):
1808–1816
3. Gatinel D, Pagnoulle C, Houbrechts Y et al.: Design and qualification of a diffractive trifocal optical
profile for intraocular lenses. J Cataract Refract Surg 2011;37:2060–2067
4. Sheppard AL, Shah S, Bhatt U et al.: Visual outcomes and subjective experience after bilateral implantation of a new diffractive trifocal intraocular lens. J Cataract Refract Surg 2013;39:343–349
5. Alió JL, Montalbán R, Peña-García P et al.: Visual outcomes of a trifocal aspheric diffractive intra­ocular
lens with microincision cataract surgery. J Refract Surg 2013 Nov;29(11):756–761
201
Erste klinische Ergebnisse nach Implantation
einer bitorischen trifokalen IOL
D. Breyer, H. Kaymak, K. Klabe, C. Pohl
Zusammenfassung
Die bitorische trifokale IOL AT LISA tri toric 939 MP von Carl Zeiss Meditec zeigt
eine hohe subjektive Zufriedenheit mit dem Sehen in allen 3 „Hauptdistanzen“, was
durch die Defokuskurve und -kapazität bestätigt wird. Das gute mesopische Kontrast­
sehen wird durch die Patientenaussagen gestützt, dass nächtliche Pkw-Fahrten nicht
als störend empfunden wurden. Photopische Phänomene sind geringer als bei bifokalen
MIOLs, jedoch noch messbar, und werden subjektiv als gering durch die Patienten eingeschätzt.
Unserer Meinung nach wird die bitorische trifokale IOL die bifokale Variante verdrängen,
da sie dieser sowohl in allen subjektiven Empfindungen als auch bei den objektiven Parametern überlegen ist. Die Bitorizität erlaubt überdies hinaus eine besonders in dieser
IOL-Gattung vorteilhafte Astigmatismus-neutrale Implantation durch 1,6 mm und sorgt
für sehr gute optische Qualität über eine hohe Dioptrienspanne hinweg.
Summary
The bitoric trifocal LISA 939 MP from CZM shows a high patient contendedness in all 3
major distances as is near, far and intermediate. Our good mesopic contrast vision measurements are supported by our patients statements about undisturbed night driving.
Photopic phenomena are less than with the bifocal variant but still measureable despite
being described by the patients as minor.
According to our first experiences with this IOL we believe that the trifocal variant will
supercede the bifocal MIOL as it is superior not only in our subjective estimation and
patients statements, but also according to our measurements. The bitoric 4 point haptic
design allows an implantation through astigmatism neutral incisions of 1.6 mm and convinces with a very good optical quality over a high diopter span.
Einleitung
Bei der untersuchten bitorischen trifokalen IOL handelt es sich um die AT LISA tri
toric 939 MP von Carl Zeiss Meditec. Sie verfügt als Weiterentwicklung der bifokalen AT LISA toric 900 MP nicht nur über einen Nahzusatz von +3,33 dpt, sondern
auch über einen Intermediärzusatz von +1,66 dpt. Sie ist aberrationskorrigierend,
weitgehend unabhängig vom Pupillendurchmesser und besteht aus einer zentralen
trifokalen Optik bis 4,34 mm und peripher davon einer bifokalen Optik. Sie ist eine
203
Presbyopie
gemischt refraktive und diffraktive IOL mit derselben Lichtverteilung wie die nicht
torische Variante für eine Verbesserung der Nachtsicht.
Vorteile
Besonders hervorzuheben ist der bitorische Charakter: Das heißt, der Torus verteilt
sich gleichmäßig auf die Vorder- und Hinterfläche der multifokalen Optik. Wir kennen diese optischen Vorteile schon lange von der bitorischen monofokalen IOL von
CZM AT TORBI 709 MP. Die Bitorizität erlaubt eine unvergleichliche Korrekturbreite
der Hornhautverkrümmung. Außerdem zeigen sich im Vergleich zur monotorischen
Variante deutlich bessere PSF-(„point spread function“-)/MTF-(„modular transfer
function“-)Werte besonders in höheren Dioptrien. Weitere Vorteile sind die verminderte IOL-Dicke selbst bei hohen Korrekturwerten, besonders dann, wenn man die
IOL Astigmatismus-neutral durch Inzisionen von 1,6 mm injizieren möchte, und
eine erweiterte optische Zone im Vergleich zu monotorischen Variante.
Die Referenzachse wird bei uns präoperativ mit einem YAG-Laser mittels eines
TABO-Schema-Spezialokulars von CZM markiert.
Die IOLs wurden durch Inzisionen von 1,6 bis 1,8 mm im Andockverfahren implantiert und dann auf die Referenzachse ausgerichtet. Nebenbei sei der Vorteil der
bidirektionalen Rotation bei Vierpunkthaptiken erwähnt. Die korrekte Achslage
wurde über eine Bildschirmfolie kontrolliert, die wir erstmals 2006 auf der DOC und
ASCRS vorstellten (Abb. 1).
Abb. 1: Die korrekte Achslage wird über eine Bildschirmfolie kontrolliert
204
Breyer et al.: Erste klinische Ergebnisse nach Implantation einer bitorischen trifokalen IOL
Ergebnisse
Wir werteten im Laufe unseres Quarterly-Monitoring retrospektiv und mit Zustimmung
der Patienten bei 21 Augen einen Monat und drei Monate folgende Parameter postoperativ anonym aus:
– Subjektive Refraktion
– Visus Nah-, Intermediär- und Ferndistanz
– Subjektiv beste Lesedistanz
– Defokuskurve
– Photopische Phänomene mit Halo- und Glare-Software am PC
– Kontrastsehen
– Patientenfragebogen
Die präoperativen Patientendaten findet man in Tabelle 1. Die postoperative subjektive Refraktion ergab minimale Abweichungen von der Emmetropie. Die Differenz
der eingetroffenen und der erwarteten Refraktion war ebenfalls minimal (Abb. 2).
Durchschnitt ± Standardabweichung
Alter [Jahre]
57 ± 10
Sphäre [D]
0.39 ± 3.08
Zylinder [D]
-1.38 ± 0.92
Sphärisches Äquivalent (SEQ)
±2.22
Korrigierter Dezimalvisus monokular
0.80 ± 0.21
IOL-Stärke [D]
20.3 ± 4.0
Tab. 1: Präoperative Patientendaten
2,00
1,50
n Differenz Sphäre
n Differenz Zylinder
n Differenz SEQ
Subj. Refraktion [D]
1,00
0,50
0,00
-0,50
-1,00
-0,07
-0,17
-0,15
-1,50
-2,00
Abb. 2: Differenz der eingetroffenen und der erwarteten Refraktion
205
Presbyopie
0
1,4
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0
-0,5
-1
-1,5
-2
-2,5
-3
Defokus [D]
max.
LISA8
LISA 39 (nic
min. 939 (torisc ht torisch)
h)
% der Fläche „Defokuskurve phake Pat.“
Dezimalvisus
Sieht man sich die Defokuskurve oder auch die Defokuskapazität an – definiert
durch die Fläche unter der Defokuskurve –, so stellt man fest, dass die typische
Zweigipfligkeit der bifokalen Variante einer deutlich gleichmäßigeren Defokusverteilung gewichen ist: Der Intermediärbereich hat sich deutlich gebessert. Sowohl die
trifokale als auch die bitorisch trifokale IOL lassen eine hohe Defokuskapazität von
ca. 80 % erkennen (Abb. 3).
Monofokale IOL
AT LISA tri 839® LISA 939®
46 %
82 %
77 %
Abb. 3: AT LISA tri Vergleich mit min. und max. Defokuskurven
Das Kontrastsehen mit der bitorischen trifokalen IOL, gemessen mit der Ginsburg-Box, zeigt im photopischen Bereich nahezu die gleichen Werte wie juvenile
phake Augen, besonders wenn man die unterschiedlichen Pupillendurchmesser bei
der jeweiligen Population berücksichtigt.
Selbst im mesopischen Bereich zeigt die bitorische trifokale IOL überdurchschnittliche Werte an im Vergleich zu anderen multifokalen torischen Linsen. Hier
fällt der Pupillendurchmesser besonders ins Gewicht (Abb. 4 und 5).
Mesopisch
8
100
10
1
1,5
3,0
6,0 12,0
Ortsfrequenz [cpd]
Reference Range
Juvenile Eyes
18,0
AT LISA toric 939
Abb. 4: Ergebnisse im mesopischen Bereich
206
Pupillendurchmesser
7
Durchmesser [mm]
Kontrastsensitivität
1000
6
5
4
3
2
1
0
n Juvenile Eyes n AT LISA toric 939
Abb. 5: Vergleich Pupillendurchmesser juvenile
phake Augen vs. AT Lisa toric
Breyer et al.: Erste klinische Ergebnisse nach Implantation einer bitorischen trifokalen IOL
Abb. 6: Im Verlauf von 3 Monaten kam es bei allen Patienten zu einer Abnahme der Halos, diese wurden
meist als feine Ringe wahrgenommen
Photopische Phänomene bemerkten alle Patienten. Diese wurden jedoch meistens als nicht störend empfunden. Bei dieser Bewertung muss man jedoch erläutern, dass es sich um Patienten handelt, denen vor der Operation Halo- und GlareSchautafeln gezeigt wurden, d. h., dass sie mit solchen rechneten und vielleicht
deshalb postoperativ auch nicht als störend empfanden (Verzerrung der positiven
Patientenselektion). Im Verlauf von drei Monaten kam es bei allen Patienten zu einer Abnahme der Halos. Sie wurden meist als feine Ringe wahrgenommen (Typ 2,
siehe Abb. 6)
Die Auswertung der Patientenfragebögen ergab zusammenfassend folgende
Patientenzufriedenheit:
– Allgemein hohe Patientenzufriedenheit bezüglich sowohl Lese-, Intermediär-­
und auch Ferndistanz.
– Weitgehende Brillenunabhängigkeit im Alltag, besonders erfreulich die im
Gegensatz zur bifokalen MIOL neu dazugewonnene PC- und Tablet-Distanz.
– Ganztägiges Arbeiten am PC war bei allen Personen ohne Bildschirmarbeitsplatzbrille möglich.
– Autofahren unproblematisch: sowohl die Ferne als auch das Armaturenbrett
waren deutlich sichtbar.
207
Presbyopie
Literatur
1. Alio JL, Montalban R, Pena-Garcia P et al.: Visual outcomes of a trifocal aspheric diffractive intraocular lens
with microincision cataract surgery. J Refract Surg 2013;29(11): 756–761. doi: 10.3928/1081597X-20131021-05
2. Liutkeviciene R, Cebatoriene D, Liutkeviciene G et al.: Associations between contrast sensitivity and
aging. Medicina (Kaunas) 2013;49(6):273–277
3. Ravalico G, Baccara F, Rinaldi G: Contrast sensitivity in multifocal intraocular lenses. J Cataract Refract Surg
1993;19(1):22–25
4. Souza CE, Gerente VM, Chalita MR et al.: Visual acuity, contrast sensitivity, reading speed, and wavefront
analysis: pseudophakic eye with multifocal IOL (ReSTOR) versus fellow phakic eye in non-presbyopic patients.
J Refract Surg 2006;22(3):303–305
5. Gaalen KW van, Jansonius NM, Koopmans SA et al.: Relationship between contrast sensitivity and spherical aberration: comparison of 7 contrast sensitivity tests with natural and artificial pupils in healthy eyes.
J Cataract Refract Surg 2009;35(1):47–56. doi: 10.1016/j.jcrs.2008.09.016
208
Erste Ergebnisse mit einer bitorischen,
trifokalen Multifokallinse aus hydrophylem
Acrylat mit hydrophober Oberfläche
F. T. A. Kretz, K. Linz, M. Safwat Aziz Attia, A. Fitting, R. Khoramnia, T. Tandogan,
G. U. Auffarth
Zusammenfassung
Fragestellung: Klinische Beurteilung einer bitorischen, trifokalen Intraokularlinse
(tMIOL).
Methoden: In einer prospektiven Studie wurden im Rahmen der Kataraktoperation bei
Patienten mit präoperativem Astigmatismus ≥0,75 dpt die torisch-multifokale (tMIOL)
Intraokularlinse (Modelle: AT LISA TRI 939MP, Carl Zeiss Meditec) implantiert. Die präoperative Biometrie wurde mit dem IOLMaster (V5.4, Carl Zeiss Meditec) durchgeführt.
Subjektive Refraktion, korrigierte und unkorrigierte Sehschärfe, monokular und bin­
okular (logMAR) für Ferne (UDVA, CDVA), Intermediär (UIVA, DCIVA) und Nähe (UNVA,
DCNVA) sowie eine binokulare Defokuskurvenanalyse wurden durchgeführt. Des Weiteren wurde die Rotationsstabilität beurteilt.
Ergebnisse: Die mittlere binokulare UDVA betrug –0,08, die UIVA lag bei –0,12 und die
UNVA bei 0,00 logMAR. Die CDVA war im Vergleich dazu –0,10, die DCIVA –0,12 und
die DCNVA –0,06 logMAR. In der Salzburg-Reading-Desk-Analyse (SRD) zeigte sich ein
binokularer, objektiver UNVA (39,4 cm) von 0,11 ähnlich dem subjektivem UNVA
(38,9 cm). Im Zwischenbereich zeigte sich eine objektiver UIVA von 0,09 (80,0 cm) im
Vergleich zu einer subjektiven UIVA von 0,03 (78,2 cm).
Schlussfolgerung: Die bitorische, trifokale Multifokallinse zeigt schon direkt post­operativ
gute Ergebnisse im Nah- und Fernbereich. Die Patientenzufriedenheit ist durchweg hoch
bei einer hohen Rate an Brillenunabhängigkeit. Weitere Ergebnisse mit mehr ­Daten und
nach größeren Zeitintervallen sind jedoch für eine genaue Aussagekraft über die Langzeitfunktion dieses Linsenmodelles notwendig.
Summary
Purpose: Clinical evaluation of near, intermediate and distance visual acuity with a new
bi-toric, trifocal multifocal intraocular lens for the correction of corneal astigmatism in
presbyopic cataract surgery.
Methods: In a prospective study we evaluated the functional outcome of cataract
patients receiving a bi-toric, trifocal multifocal intraocular lens (AT LISA TRI 939MP,
Carl Zeiss Meditec) 3 month after surgery. Examinations included UDVA (ETDRS
209
Presbyopie
4 m), UIVA (ETDRS 80 cm), UNVA (ETDRS 40 cm) as well as CDVA, DCIVA and DCNVA
(logMAR) in the same distances. Additionally we performed visual acuity testing’s in set
and individual distances (uncorrected and distance corrected) with the use of the Salzburg Reading Desk.
Results: Median binocular UDVA was –0.08, UIVA was –0.12 and UNVA 0.00 compared
to a CDVA of –0.10, a DCIVA of –0.12 and a DCNVA of –0.06 logMAR. Regarding the Salzburg Reading Desk evaluation a binocular, objective UNVA (39.4 cm) of 0.11 similar to a
subjective UNVA (38.9 cm) could be found. For the intermediate range the objective UIVA
was 0.09 (80.0 cm) compared to a subjective UIVA of 0.03 (78.2 cm).
Conclusion: The bi-toric, trifocal multifocal intraocular lens offers a high amount
of spectacle independence for daily tasks. Small postsurgical refractive errors can
be balanced by the wide range of focus of those types of lenses.
Einleitung
Die Anzahl der Kataraktpatienten, die einen präoperativen Astigmatismus von
>1,5 dpt aufweisen, liegt bei 15 % bis 22 %, >1,0 dpt sogar bei 36 % bis 39 % [1–4]. Das
visuelle Ergebnis im Rahmen der Kataraktchirurgie kann durch die Korrektur des
kornealen Astigmatismus deutlich verbessert werden.
Torische Linsen wurden zur Verbesserung der Vorhersagbarkeit und Wiederholbarkeit astigmatischer Korrekturen entwickelt. Die Anwendung torischer IOLs
verringert die Nachteile und Nebenwirkungen von inzisionalen astigmatischen
Korrekturen [5–10]. Gleichzeitig hebt es die Limitationen und Nebenwirkungen der
kornealen Excimerlaser-Korrekturen des Astigmatismus auf [11].
Diese Studie beschreibt die klinischen Erfahrungen mit einer neuen bitorischen,
diffraktiven, trifokalen Multifokallinse, der AT LISA TRI 939MP (Carl Zeiss Meditec).
Hierbei handelt es sich um eine diffraktive, trifokale zentrale Optik mit in der Peri­
pherie der Optik befindliche bifokalen Diffraktion in Kombination mit einem auf
der Vorder- und Rückfläche befindlichen Bitorus zur Korrektur des kornealen
Astigmatismus im Rahmen der Kataraktoperation (Abb. 1).
Gesamt ø
Optik ø
Design
Optik
11,0 mm
6,0 mm
1-stückig
asphärisch, aberrationskorrigierend,
trifokal, bitorisch, diffraktiv
Optikmaterial
hydrophiles Acrylat mit
hydrophober Oberfläche
Intermediäraddition +1,66 dpt
Nahaddition
+3,33 dpt
Abb. 1: AT LISA TRI toric 939MP (Carl Zeiss Meditec, Deutschland)
210
Kretz et al.: Erste Ergebnisse mit einer bitorischen, trifokalen Multifokallinse aus hydrophylem Acrylat …
Methoden
Im Rahmen einer monozentrischen, klinischen Studie wurden sechs Augen von drei
Patienten mit einem medianen Alter von 53 Jahren (Range 49 bis 76 Jahre), die im
Rahmen der Operation des grauen Stars zur Korrektur eines vorhandenen kornealem­
Astigmatismus (>0,75 dpt) bei begleitender Altersweitsichtigkeit eine multifokal
torische Intraokularlinse (tMIOL) AT LISA TRI 939MP (Carl Zeiss Meditec)­erhielten,
eingeschlossen. Präoperativ wurden folgende apparative Untersuchungen durchgeführt: Biometrie (IOLMaster, Carl Zeiss Meditec AG), Goldmann Applana­tionstonometrie. Zwei bis vier Monate postoperativ wurden die manifeste korrigierteSehschärfe für Ferne und Nähe (CDVA, CNVA) sowie die unkorrigierte Sehschärfe
für Ferne, Zwischenbereich und Nähe (UDVA, UIVA, UNVA) sowie die fernkorrigierten Korrelate für Nähe und Intermediärbereich (DCNVA, DCIVA)
jeweils binokular und monokular untersucht. Zur besseren Beurteilbarkeit
der Nah- und Intermediärfunktion wurden zusätzlich die Sehschärfen mit dem
Salzburg Reading Desk (SRD) bestimmt sowie die subjektiven und objektiven
Abstände in den einzelnen Bereichen vermessen.
Ergebnisse
Das Alter der Patienten lag zwischen 49 und 76 Jahren mit einem Median von
53 Jahren. Die präoperative Refraktion lag im Median bei –2,88 dpt Sphäre (Range
–5,00 bis 0,00 dpt) und einem Astigmatismus von –1,00 dpt Zylinder (Range –2,25
bis –0,50). Der Zylinder auf IOL-Ebene lag im Median bei +1,5 dpt (Range +1,0 bis
+2,0–dpt) bei einer medianen sphärischen IOL-Stärke von +15,0 dpt (Range +11,00
bis 15,50 dpt).
Tabelle 1 und 2 fassen die postoperativen funktionellen Ergebnisse zusammen.
In der Auswertung mit dem Salzburg Reading Desk (SRD) zeigte sich unkorrigiert
und fernkorrigiert kein signifikanter Unterschied bezüglich der festen Nahdistanz zur
subjektiven Nahdistanz. Im Intermediärbereich zeigte sich unkorrigiert ebenfalls kein
Unterschied, fernkorrigiert konnte jedoch ein Unterschied von 5,4 cm festgestellt
werden.
Monokular
(n = 6)
UDVA
[logMAR]
CDVA
[logMAR]
UNVA
[logMAR]
(40 cm)
DCNVA
[logMAR]
(40 cm)
UIVA
[logMAR]
(80 cm)
DCIVA
[logMAR]
(80 cm)
Median
0,03
–0,08
0,00
–0,01
0,05
0,00
Min.
0,16
–0,04
0,36
0,08
0,08
0,38
Max.
–0,08
–0,16
–0,10
–0,06
–0,08
–0,10
Tab. 1: Monokulare Visusergebnisse 2 bis 4 Monate postoperativ
211
Presbyopie
Binokular
(n = 3)
UDVA
[logMAR]
CDVA
[logMAR]
Median
UNVA
[logMAR]
(40 cm)
DCNVA
[logMAR]
(40 cm)
UIVA
[logMAR]
(80c m)
DCIVA
[logMAR]
(80 cm)
–0,08
–0,10
0,00
–0,06
–0,12
–0,12
Min.
0,00
–0,08
0,08
0,06
–0,02
0,00
Max.
–0,10
–0,16
–0,06
–0,06
0,12
–0,22
Tab. 2: Binokulare Visusergebnisse 2 bis 4 Monate postoperativ
Aufgrund der geringen Anzahl wurde auf eine Signifikanztestung verzichtet. Es
zeigte sich ein monokularer UNVA von 0,18 im Median (Range 0,08 bis 0,30) im Vergleich zu einem medianen DCNVA von 0,11 (Range 0,01 bis 0,19). UIVA monokular
lag bei 0,17 (Range 0,09 bis 0,49) im Vergleich zu einer DCIVA von 0,09 (Range 0,01
bis 0,31).
Diskussion
Im Vergleich zu monofokalen IOLs haben MIOLs das Potenzial, die Brillenunab­
hängigkeit postoperativ zu verbessern und somit die Lebensqualität zu erhöhen.
Yamauchi et al. [12] konnten in einer Vergleichsstudie von monofokalen zu multifokalen IOLs nur in Bezug auf das Autofahren bei Nacht im Vergleich der subjektiven Zufriedenheit einen Unterschied zwischen den Gruppen feststellen. Ähnliche
Ergebnisse wurden von andere Autoren mit MIOLs festgestellt [13–17]. Oft schränkte jedoch ein vorhandener kornealer Astigmatismus die Verwendung von MIOLs
ein [1–4].
Die Entwicklung von torischen Multifokallinsen zeigt hierbei ein großes Potenzial zur Verbesserung der Brillenunabhängigkeit im Rahmen der Kataraktoperation.
Alió et al. konnten mit der Vektoranalyse nach Implantation einer torischen diffraktiven multifokalen IOL im Rahmen einer prospektiven Fallserie an 23 Augen von
zwölf Pa­tienten eine hervorragende Vorhersagbarkeit der Astigmatismuskorrektur
nachweisen [13]. Mojzis et al. berichteten über eine gute Rotationsstabilität der gleichen tMIOL­über einen Zeitraum von zwölf Monaten [15].
Bellucci et al. [18] evaluierten die visuellen Ergebnisse einer auf der gleichen
Plattform aufgebauten diffraktiven, bifokalen tMIOL (AT LISA 909M, Carl Zeiss
­Meditec) in einer vorangegangenen Kohortenstudie mit 284 Augen von 142 Patienten
mit einer Nachbeobachtungszeit von sechs Monaten. Hierbei konnten die Autoren
gute ­visuelle und refraktive Ergebnisse mit der untersuchten tMIOL feststellen [18],
ähnlich zu denen unserer kleinen Fallserie. Jedoch ist die Anzahl der untersuchten
Probanden noch zu gering, um wirklich Aussagekraft zu geben. Dies soll jedoch im
weiteren Studienverlauf erfolgen.
212
Kretz et al.: Erste Ergebnisse mit einer bitorischen, trifokalen Multifokallinse aus hydrophylem Acrylat …
Zusammenfassung
Zur Verbesserung der postoperativen Brillenunabhängigkeit nach Kataraktopera­
tion ist die Korrektur des kornealen Astigmatismus unabdingbar. Im Bereich der
monofokalen Intraokularlinsen haben sich daher bereits torische Linsen durchgesetzt. Noch dringender zeigt sich die Indikation zur Korrektur der Zylinderwerte in
der Versorgung von Patienten mit multifokalen Intraokularlinsen, da hier der Aufbau der Optiken und die daraus resultierende Lichtverteilung die Sehqualität stark
beeinträchtigen kann. Neue Intraokularlinsenmodelle mit multifokalen Optiken,
wie die in dieser Studie beschriebene AT LISA TRI 939MP, die zusätzlich mit einer
Korrektur des kornealen Astigmatismus versehen sind, tragen daher erheblich zur
Verbesserung der postoperativen Ergebnisse unserer Patienten bei.
Literatur
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10. Jin H et al.: Impact of axis misalignment of toric intraocular lenses on refractive outcomes after cataract surgery. J Cataract Refract Surg 2010;36(12):2061–2072
11. Netto MV et al.: Wound healing in the cornea: a review of refractive surgery complications and new prospects
for therapy. Cornea 2005;24(5):509–522
12.Yamauchi T et al.: Comparison of visual performance of multifocal intraocular lenses with same material
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13. AliÓ JL et al.: Vector analysis of astigmatic changes after cataract surgery with implantation of a new toric
multifocal intraocular lens. J Cataract Refract Surg 2011;37(7):1217–1229
14. Bautista CP, Gonzalez DC, Gomez AC: Evolution of visual performance in 70 eyes implanted with the
Tecnis® ZMB00 multifocal intraocular lens. Clin Ophthalmol 2012;6:403–407
213
Presbyopie
15. Mojzis P et al.: Comparative analysis of clinical outcomes obtained with a new diffractive multifocal toric
intraocular lens implanted through two types of corneal incision. J Refract Surg 2011;27(9):648–657
16. Schmickler S et al.: Clinical evaluation of a multifocal aspheric diffractive intraocular lens. Br J Ophthalmol
2013;97(12):1560–1564
17. Ehmer A et al.: Influence of different multifocal intraocular lens concepts on retinal stray light parameters.
Ophthalmologe 2011;108(10):952–956
18. Bellucci R et al.: Visual acuity and refraction with a diffractive multifocal toric intraocular lens. J Cataract
Refract Surg 2013;39(10):1507–1518
214
OP bei Komorbidität
Operatives Vorgehen bei Patienten mit
Cataracta traumatica
C. Wirbelauer, D. Kolarov
Zusammenfassung
Die operative Versorgung von Patienten mit Cataracta traumatica stellt durch die
heterogene Ausgangssituation oft eine Herausforderung dar. In dieser Übersicht werden
die häufigsten operativen Techniken sowie funktionellen Ergebnisse vorgestellt.
Summary
Patients with traumatic cataracts have different, often challenging situations,
that require particular surgical techniques. In this overview the most frequent
surgical steps and functional results are presented.
Einleitung
Die operative Versorgung von Patienten mit Cataracta traumatica mit Beteiligung des
Zonulaapparates oder nach perforierender Verletzung stellt durch die heterogene
Ausgangssituation oft eine Herausforderung dar. In einer retrospektiven Analyse
wurden die häufigsten operativen Techniken sowie funktionellen Ergebnisse und
Besonderheiten der prä- und postoperativen Vorgehensweise überprüft.
Methoden
Insgesamt kommt es relativ selten zu diesen komplizierten Ausgangssituationen.
In einem Zeitraum von drei Jahren erfolgten an unserer Klinik insgesamt 5327
Kataraktoperationen mit Intraokularlinsen-(IOL-)Implantation, wobei 15 Patienten
(0,25 %) eine solche Cataracta traumatica mit einem durchschnittlichen Alter von
56 Jahren hatten.
Bereits durch die Anamnese können wichtige Rückschlüsse auf die Art des ballistischen Traumas, wie Faustschlag, Sektkorken, Steinwurf, Gummiband, Schädel-HirnTrauma etc., erfolgen. Bei der Spaltlampenuntersuchung ist es wichtig, den Linsenbefund zu überprüfen: Besteht eine Kontusionsrosette, wie stark ist die
Linsentrübung (matura?), besteht eine Lentodonesis oder gibt es Kapseldefekte? Weiterhin muss die Stabilität der Zonulafasern abgeschätzt werden und bei Defekten die
Anzahl der betroffenen Uhrzeiten sowie ein Glaskörpervorfall in der Vorderkammer
dokumentiert werden. Bei der Ophthalmoskopie muss geprüft werden, ob Linsenan-
217
OP bei Komorbidität
teile im Glaskörper abgestürzt sind und eine Ablatio retinae ausgeschlossen werden
kann. Schließlich muss eine Ultraschalluntersuchung (B-Scan) bei getrübtem Einblick erfolgen, um den Befund am hinteren Augenabschnitt darzustellen.
Ergebnisse
In elf Fällen (73 %) lag ein schweres stumpfes Bulbustrauma und in vier Fällen (27 %)
eine perforierende Verletzung mit Hornhautbeteiligung vor. Bei 80 % der Patienten
wurde die Operation in Intubationsnarkose durchgeführt und bei 20 % in topischer
Anästhesie. Bei den meisten erfolgte ein korneoskleraler Schnitt (n = 13, 87 %), um
notwendige Schnitterweiterungen im operativen Verlauf zu ermöglichen. Bei allen
Patienten konnte eine signifikante Visusverbesserung von durchschnittlich 0,14 ±
0,14 auf 0,45 ± 0,28 (P < 0,05) erreicht werden (Abb. 1).
01,0
p < 0,05
Visus
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
Prä
Post
Abb. 1: Visusverlauf nach Kataraktoperation bei Cataracta traumatica (Visus in dezimal)
Bei lokalisierten Zonulolysen bis zu sechs Uhrzeiten konnte durch eine intraoperative Kapselstabilisierung (Abb. 2a) mittels Irisretraktoren (n = 6, 40 %), die am
Kapsulorhexisrand im Bereich der lockeren Zonula eingesetzt wurden, sowie durch
Implantation eines Kapselspannringes (n = 8, 53 %) zur postoperativen Kapselsackstabilisierung eine IOL-Implantation im Kapselsack (n = 9, 60 %) erreicht werden. Inzwischen gibt es zur Stabilisierung des Kapselsacks spezielle Retraktoren mit einer
breiteren und längeren Schlaufe (Abb. 2b), sodass Verletzungen der Kapsel minimiert
werden können (Capsule retractor, MST, Vertrieb durch Polytech). Bei den anderen
218
Wirbelauer, Kolarov: Operatives Vorgehen bei Patienten mit Cataracta traumatica
Abb. 2b: Einsatz spezieller Kapselretraktoren
(Capsule retractor, MST, Vertrieb durch Polytech)
Abb. 2a: Stabilisierung des Kapselsackes durch
Irisretraktoren am Kapsulorhexisrand und Implantation eines Kapselspannringes bei Cataracta
traumatica mit einer Zonulolyse über 5 Uhrzeiten
a)
b)
c)
d)
Abb. 3: Vordere oder hintere Synechiolyse mit Spatel (a) oder gerader Glaskörperschere (b). Nach
Phakoemulsifikation und IOL-Implantation (c) erfolgte zur Verkleinerung der Pupille eine Irisnaht mit
Prolene 10-0 (d)
219
OP bei Komorbidität
Patienten erfolgte eine Sulkusimplantation (n = 2, 13 %), oder es wurde eine retrograde
irisfixierte IOL (n = 4, 27 %) eingesetzt. Oft muss eine vordere oder hintere Synechiolyse mit Spatel oder gerader Glaskörperschere erfolgen (Abb. 3a und b). Bei sechs
Patienten (40 %) erfolgte zusätzlich eine Irisplastik mittels Prolene-Naht (10-0)
(Abb. 3d). Bei großen Irisdefekten oder traumatischer Mydriasis ist nach unserer Erfahrung nur selten (<1 %) eine transsklerale Fixation der IOL mit künstlichem Irisersatz
notwendig (Abb. 4). Durch Glaskörperprolaps oder Begleitverletzungen im hinteren
Abschnitt musste zusätzlich eine vordere Vitrektomie (n = 7, 47 %) oder eine Parsplana-Vitrektomie (n = 4, 27 %) durchgeführt werden.
a)
b)
c)
d)
Abb. 4: Transsklerale Fixation der Intraokularlinse mit Irisblende nach Sundmacher (Typ 67B, Morcher)
bei traumatischer Mydriasis. (a) Übernahme der Nadel mit einer 27-G-Kanüle im vorderen Glaskörper­­raum, (b) Verknotung der Haptiken, (c) Einsetzen der IOL über einen 10 mm korneoskleralen Schnitt,
(d) Nahtfixation in der Sklera mit der sog. Z-Naht nach Szurman (*)
220
Wirbelauer, Kolarov: Operatives Vorgehen bei Patienten mit Cataracta traumatica
Diskussion
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Kataraktoperation bei Patienten
mit Cataracta traumatica gute visuelle Ergebnisse ermöglicht. Der individuelle
Operationsverlauf sowie mögliche intraoperative Komplikationen sind nicht immer
voraussehbar, sodass diverse Operationstechniken angewendet werden müssen.
Bei lokalisierten Zonulolysen kann bei den meisten Patienten durch eine intraund postoperative Kapselsackstabilisierung eine IOL-Implantation im Kapselsack
erreicht werden. Sonst ist eine Sulkusimplantation und bei nicht ausreichenden
Kapselsackanteile eine retropupilläre Irisfixation möglich. ­Durch die­verletzungs­bedingte­Glaskörperbeteiligung muss bei rund zwei Drittel der Patienten eine
vordere oder Pars-plana-Vitrektomie erfolgen. Um optimale Operationsbedingungen
zu gewährleisten, ist oft eine Intubationsnarkose notwendig, weshalb schon in der
präoperativen Vorbereitung immer auf eine kritische Linsensituation und Begleit-­
verletzungen bei Cataracta traumatica geachtet werden sollte.
221
Phako bei komplizierten Ausgangssituationen
J. Kuchenbecker
Einleitung
Die Kataraktoperation ist heutzutage in der Regel ein Routineeingriff, der vorzugsweise ambulant durchgeführt wird. Es gibt Patienten mit allgemeinen Erkrankungen
oder speziellen Befunden an den Augen, die die Operation komplizierter, zeit- und
kostenaufwendiger machen und viel Erfahrung des Operateurs mit solchen Befunden erfordern.
Allgemeine Erkrankungen
Bei Patienten mit reduzierter Compliance, z. B. mit mittlerer oder schwerer Demenz,
bei denen nicht sichergestellt werden kann, dass sie während der Operation still
auf dem OP-Tisch liegen bleiben, muss eine Vollnarkose oder adjuvante intravenöse
Narkose in Erwägung gezogen werden, sofern keine allgemeinen Gründe dagegensprechen.
Bei Patienten mit Morbus Bechterew, die sich aufgrund einer starken Wirbelsäulenversteifung schon präoperativ kaum oder gar nicht an der Spaltlampe untersuchen
lassen, ist die Lagerung im OP meist sehr kompliziert und zeitaufwendig. Hier sind
z. B. entsprechend verstellbare OP-Tische sehr hilfreich.
Ein weiteres Problem sind Patienten mit Adipositas permagna und einem Körpergewicht über 150 bzw. 180 kg. Für diese Patienten müssen in der Regel speziell verstärkte OP-Tische verwendet werden, die oft nur an OP-Zentren vorhanden sind, an denen
auch Adipositas chirurgisch behandelt wird.
Extrem kurze und lange Augen
Bei extrem kurzen Augen, insbesondere einer Achslänge unter 20 mm, kann es nach
zusätzlich durchgeführter parabulbärer Injektion des Anästhetikums zu einer erheblichen „vis a tergo“ kommen. Um dies zu verhindern oder zu minimieren, können
präoperativ Diamox® und Mannitol verabreicht werden. Außerdem können höhervisköse Viskoelastika bei der Kapsulorhexis verwendet werden. Sollten diese Maßnahmen nicht greifen und die Iris dennoch in die Parazentesen oder den Tunnel
prolabieren, kann auch eine vordere Vitrektomie über die Pars plana durchgeführt
werden. Bei der Phakoemulsifikation sollte der Tunnel möglichst dicht sein, um ein
223
OP bei Komorbidität
Abflachen der Vorderkammer zu verhindern, und mit höherem Infusionsdruck gearbeitet werden. Bei den extrem langen Augen besteht oftmals ein sehr mobiles IrisLinsen-Diaphragma, sodass während der Operation ein „Trampolineffekt“ auftreten
kann. Darauf sollte sich der Operateur einstellen.
Hornhauttrübungen
Periphere oder zentrale Hornhauttrübungen verschiedenster Ursache können den
Einblick bei der Operation erheblich beeinträchtigen. Mögliche Ursachen der
Hornhauttrübungen sind zum Bespiel: Zustand nach Keratitis oder Verätzung, die
Fuchs´sche Endothel- und Epitheldystrophie sowie andere hereditäre Hornhautdystrophien, Einlagerungen bei Systemerkrankungen (z. B. Cystinose, Plasmozytom oder
Lipidstoffwechselstörungen), okuläres Pemphigoid oder Zustand nach Keratoplastik.
Abb. 1: Reduzierter Einblick während der Phako bei Patient
mit Hornhauttrübungen bei okulärem Pemphigoid
Um die Kapsel besser zu visualisieren, können verschiedene Substanzen,
wie Trypanblau (VisionBlue®), Indocyaningrün oder Fluoreszein, verwendet werden, wobei Trypanblau den besten Kontrast liefert. Im Einzelfall muss der Operateur vor der OP entscheiden, ob der Einblick ausreichend ist (Abb. 1) oder ob evtl.
zunächst eine Keratoplastik gegebenenfalls mit Kataraktoperation (Triple-Procedure) durchgeführt werden sollte. Bei vorliegender bandförmiger Hornhautdegeneration kann auch eine EDTA-Abrasio zur Beseitigung der Trübung vorgenommen
werden.
Enge Pupille
Eine enge Pupille, z. B. im Rahmen von PEX, nach längerer Pilocarpin-Therapie
oder nach Uveitis, erschwert die Durchführung einer ausreichend großen Kapsulo­
rhexis und birgt die erhöhte Gefahr eines Iristouches oder einer Kapselruptur mit
möglichem Kernverlust in den Glaskörperraum während der Phakoemulsifikation in
sich. Die intraoperative chirurgische Pupillenerweiterung kann z. B. durch
Sphinkterotomien, mittels Pupillenstretching, durch Irishäkchen, durch
Pupillenexpander, mittels Healon GV oder 5 oder den Einsatz eines Malyugin-Ringes
erreicht werden.
224
Kuchenbecker: Phako bei komplizierten Ausgangssituationen
Das bimanuelle, mutidirektionale Pupillenstretching ist eine schnelle und meist
effektive Methode der Pupillenerweiterung. Sie kann mittels „push-pull“- oder
Y-Häkchen ohne großen Zeitaufwand vorgenommen werden. Allerdings kommt es
meistens zu zahlreichen Sphinktereinrissen, die zu geringen Blutungen führen können und die postoperative Pupillenfunktion einschränken.
Nachteile bei der Pupillenerweiterung mittels flexibler Irishäkchen sind, dass
zunächst vier Parazentesen angelegt werden müssen, es wird keine runde Pupille modelliert und die Iris wird nach oben gezogen, was den Eingang mit weiteren
Instrumenten erschweren kann.
Neben Healon GV® ermöglicht Healon 5® eine sehr gute Pupillenerweiterung.
Allerdings wird das Healon 5® im Rahmen der Phakoemulsifikation wieder abgesaugt, sodass der Effekt nicht bis zur Linsenimplantation anhält, was leider nachteilig ist.
Abb. 2: Temporäre Implantation eines MalyuginRinges
Abb. 3: Einsatz von Trypanblau während Phako
bei maturer Katarakt
Der Malyugin-Ring ist ebenfalls eine gute Möglichkeit der gleichmäßigen und
schnellen Pupillenerweiterung (Abb. 2). Die Explantation des Ringes ist etwas
diffiziler und zeitaufwendiger als die Implantation. Die postoperative Pupillenfunktion scheint nach eigenen Erfahrungen wenig beeinträchtigt.
Weiße Katarakt
Bei weißer Katarakt kann eine mature bzw. hypermature oder eine intumeszente
Linse vorliegen. Sollte eine Kalzifizierung der vorderen Linsenkapsel bestehen,
ist möglicherweise eine kreisrunde Kapsulorhexis nicht möglich. In diesem
Fall könnten für die Kapsulorhexis auch die „can opener“- oder „letter box“-Technik
eingesetzt werden. Das Anfärben der Vorderkapsel mit einem Vitalfarbstoff
zur besseren Visualisierung der Kapsulorhexis hat sich seit den 1990er-Jahren
etabliert. Wie bei Hornhauttrübungen kann ebenfalls VisionBlue® verwendet
werden, das unter eine Luftblase oder gemischt mit einem Viskoelastikum in
die Vorderkammer appliziert wird. Nach der Eröffnung der Vorderkapsel kann
verflüssigte Rinde austreten und den Einblick behindern. In diesem Fall kann
225
OP bei Komorbidität
ein hochvisköses Viskoelastikum verwendet oder die verflüssigte Rinde abgesaugt werden, bevor man sich dem Linsenkern zuwendet. Bei intumeszenter
Linse kann eine Phakoemulsifikation in der Regel problemlos nach erfolgreicher
Rhexis mittels Trypanblau durchgeführt werden (Abb. 3), während bei maturer
Linse eine ECCE oder eine Phakoemulsifikation mittels Chop-Technik erwogen werden kann. Allerdings muss bei der ECCE ein mindestens 9 mm Tunnel präpariert
werden.
Linsenschlottern
Das Linsenschlottern kann beim Pseudoexfoliationssyndrom (PEX), bei hoher
Myopie und bei Zustand nach Contusio bulbi möglicherweise schon präoperativ an
der Spaltlampe sichtbar sein. Intraoperativ sollte versucht werden, die Kapsel, z. B.
durch Verwendung von vier Irishäkchen, auszuspannen und zu stabilisieren. Sollte ein
Erhalt der Linsenkapsel nicht möglich sein, muss eine vordere Vitrektomie durchgeführt werden und eine sklerafixierte oder eine vorzugsweise retroiridal irisfixierte
Artisan®-Aphakie-IOL implantiert werden.
Zustand nach Uveitis und Verletzung
Nach Uveitis kann es zu einer ausgeprägten Synechierung mit Ausbildung einer
zyklitischen Membran im Pupillarbereich kommen. Nach Synechielösung und bei
vorangegangener Uveitis ist eine postoperative stärkere Entzündungsreaktion möglicherweise mit Fibrinbildung und erneuter Synechiebildung sehr wahrscheinlich.
Um dem entgegenzuwirken, sollten mehrtägig systemische bzw. subkonjunktivale
Steroide appliziert werden. Auch eine zusätzliche intrakamerale Gabe von Triamcinolon kann manchmal hilfreich sein, um die postoperative Fibrinbildung zu verhindern oder zu minimieren.
Bei Augen nach Verletzungen können neben dem bereits erwähnten Linsenschlottern auch oft Irisdefekte bestehen. Hier können je nach Ausprägung Aniridielinsen,
das Irisprothetiksystem von Hermeking oder ein künstlicher Irisersatz nach Koch
zu Anwendung kommen. Bei einer umschriebenen Iridodialyse kann nach der IOLImplantation eine zusätzliche Iridopexie erfolgen. Sollte eine ausgeprägte traumatische Mydriasis bestehen, könnten zwei gegenüberliegende Irisnähte oder eine zirkuläre Irisnaht im Pupillarnähe durchgeführt werden.
Literatur
Literatur kann beim Verfasser angefordert werden.
226
Fallstricke nach torischer ICL-Implantation
in hochmyopen Augen
M. Elling, H. B. Dick
Phake Intraokularlinsen
Phake Intraokularlinsen werden vor allem zur Korrektur von höheren Ametropien
genutzt, z. B. wenn hornhautchirurgische Maßnahmen nicht möglich sind. Kontraindikationen für phake Intraokularlinsen sind Behandlungen unter dem 18. Lebensjahr, eine instabile Refraktion, eine Endothelzelldichte von weniger als 2000 Zellen/
mm2 sowie eine Vorderkammertiefe von kleiner als 2,8 mm (gemessen vom Endothel).
Entsprechend sollten bei der Implantation von phaken Linsen die aktuell gültigen
Richtlinien der Kommission für refraktive Chirurgie (KRC) berücksichtigt werden.
Visian ICL
Die Visian ICL der Fa. Staar ist eine Collamer-Linse auf Collagenbasis und weltweit
bisher mehr als 350.000-mal implantiert worden. Bei diesem refraktiven Verfahren
handelt es sich um ein „potenziell reversibles“ Verfahren. Indikationsbereiche für die
Visian ICL liegen bei einer Myopie von –0,5 bis –18,0 dpt, bei einer Hyperopie von 0,00
bis +10,0 dpt sowie in Kombination mit einem Astigmatismus von bis zu +6,0 dpt.
Fallbeispiel
An der Universitäts-Augenklinik Bochum stellte sich im Februar 2013 in der refraktiven Sprechstunde ein 24-jähriger Patient mit dem Wunsch nach Brillenunabhängigkeit vor. In der Augenanamnese zeigte sich an beiden Augen eine hohe Myopie
in Kombination mit einem Astigmatismus. Anamnestisch war das linke Auge immer
schwächer als das rechte Auge, weiterhin lag eine Kontaktlinsenunverträglichkeit
vor. Im Rahmen der fachärztlichen Untersuchung zeigte sich am rechten Auge ein
Visus von 0,63 p mit –12,75 sph. –2,0 cyl. A 31° und am linken Auge ein Visus von
0,32 mit –12,75 sph. –1,5 cyl. A 142°. In der Spaltlampenuntersuchung zeigten sich
an beiden Augen reizfreie und altersentsprechende vordere Augenabschnitte mit
klaren brechenden Medien, der Fundusbefund war ebenfalls altersentsprechend
und unauffällig.
Im Rahmen der ausführlichen Diagnostik wurde am rechten Auge eine Vorderkammertiefe von 3,5 mm und am linken Auge von 3,53 mm gemessen (Pentacam/
227
OP bei Komorbidität
Messung vom Endothel). Somit wurde die Indikation für die Implantation einer
phaken Linse (ICL) gestellt. Aufgrund der sehr dünnen Hornhaut am rechten Auge
von 495 µm und am linken Auge von 481 µm war dieser Patient nicht für ein laser­ab­latives Verfahren geeignet. Zur präoperativen Vorbereitung wurde weiterhin der
Weiß-zu-Weiß-Abstand mittels IOL-Master gemessen. Am rechten Auge zeigte sich
dabei ein Weiß-zu-Weiß-Abstand von 12,8 mm und am linken Auge von 12,7 mm.
Diese Werte wurden m
­ anuell mittels Messzirkel verifiziert. Entsprechend der erhobenen Messdaten erfolgte die Bestellung von torischen ICL vom Typ V4b mit einem
Durchmesser von 13,7 mm für beide Augen. Weiterhin wurde zur Operation für jedes
Auge eine Stand-by-IOL geordert.
Operation
Im Rahmen der Vorbereitung wurden bei unserem Patienten an beiden Augen eine
Woche präoperativ jeweils zwei Nd:YAG-Iridotomien bei 11 Uhr und 2 Uhr angelegt.
Anschließend wurde eine bilaterale simultane torische ICL-Implantation in Intubationsnarkose durchgeführt. Hierbei wurde unmittelbar präoperativ im OP im Sitzen
die Implantationsachse mit dem Gerten-Markeur an jedem Auge markiert.
Am ersten postoperativen Tag zeigte sich nach einem komplikationslosen perioperativen Verlauf am rechten Auge ein unkorrigierter Visus von 0,8 und am linken Auge von 0,63. An der Spaltlampe zeigte sich an beiden Augen ein reizarmer
vorderer Augenabschnitt mit adaptiertem Hornhauttunnelschnitt temporal sowie
einer korrekt ausgerichteten ICL (horizontal) im Sulkus mit gutem Vault (Abb. 1
und 2).
Rechtes Auge:
Linkes Auge:
Abb. 1: Geplante Implantationsachsen
228
Elling, Dick: Fallstricke nach torischer ICL-Implantation in hochmyopen Augen
Rechtes Auge
Abb. 2: Visante OCT: postoperativ guter Vault
Rechtes Auge
Abb. 3: Spaltlampenfoto: ICL am
rech­ten Auge nach 84° rotiert
ICL-Rotation
14 Tage postoperativ stellte sich dieser Patient erneut mit einer seit wenigen Tagen bestehenden, schmerzlos zunehmenden Visusminderung an beiden Augen vor (rechts
mehr als links). Im Rahmen der Untersuchung zeigte sich an beiden Augen ein unkorrigierter Visus von 0,32. Entsprechend ergab sich am rechten Auge ein Visus von
1,0 mit einer Korrektur von +2,0 sph. –3,5 cyl. A 28° und am linken Auge ebenfalls ein
Visus von 1,0 mit plan –3,25 cyl. A 150°. Im Rahmen der OCT-Untersuchung (Visante)
zeigte sich ein guter ICL-Sitz mit entsprechend gutem Vault. Bei der Spaltlampen­
untersuchung diagnostizierten wir überraschenderweise, dass an beiden Augen die
ICL im Sulkus nach vertikal rotiert war. Daraufhin haben wir eine Fotodokumentation in Mydriasis durchgeführt und entsprechend die Achslage mittels Messokular
verifiziert. Hierbei zeigte sich am rechten Auge eine ICL-Rotation nach 84° und am
linken Auge nach 92° (Abb. 3).
Hypothese
Wir stellten die Hypothese auf, dass es aufgrund der Anatomie dieser sehr hoch­
myopen Augen zu einer Rotation der ICL im Sulkus gekommen ist, obwohl präoperativ der größtmögliche, kommerziell erwerbliche Durchmesser für diese ICL ausgewählt wurde. Eine Traumaanamnese oder Ähnliches war nicht erhebbar. In diesem
speziellen Fall sahen wir von einer Nachrotation ab.
Wir haben uns dazu entschlossen, eine beidseitige Explantation der torischen ICL
im Austausch gegen sphärische ICL vom Typ V4c durchzuführen. Des Weiteren haben
wir den bestehenden Astigmatismus mithilfe von Femtosekundenlaser-­assistierten
arcuaten Inzisionen korrigiert. Hierbei haben wir am rechten Auge p
­ enetrierende
arcuate Inzisionen und am linken Auge intrastromale arcuate Inzisio­nen mit dem
Catalys-Precision-Lasersystem (AMO) appliziert. Die Kalkulation der arcuaten
Inzisionen erfolgte mithilfe des webgestützten „LRI-Kalkulators“ (Abb. 4).
229
OP bei Komorbidität
Abb. 4: Reoperation: Kalkulation der arcuaten Inzisionen mit dem „LRI-Kalkulator“
Finales Ergebnis
Vier Wochen nach der Revisionsoperation stellte sich auf beiden Augen ein sehr
gutes Ergebnis dar (Abb. 5). Der Patient war mit dem visuellen Endergebnis sehr
zufrieden und beschwerdefrei. Am rechten Auge zeigte sich ein unkorrigierter Visus von 0,8 und am linken Auge von 0,8 p. Auch nach drei Monaten zeigte sich ein
stabiles refraktives Ergebnis, ohne eine erneute Rotation der implantierten ICL.
Abb. 5: Spaltlampenfoto: Ergebnis nach Revisions-OP mit penetrierenden arcuaten Inzisionen
230
Elling, Dick: Fallstricke nach torischer ICL-Implantation in hochmyopen Augen
Fazit
Die Implantationen von phaken Intraokularlinsen (ICL) sollte nur entsprechend den
Richtlinien der KRC erfolgen. Präoperativ ist eine sehr genaue Diagnostik notwendig
mit Bestimmung des Weiß-zu-Weiß-Abstandes, der manuell verifiziert werden sollte.
In seltenen Fällen kann es aufgrund der Anatomie des Auges zu einer Rotation der
ICL im Sulkus kommen, z. B. wie in diesem hier geschilderten Fall bei hoch­myopen
Augen. In solchen komplexen Ausgangssituationen kann die Kombination von
sphärischen ICL mit arcuaten Inzisionen eine mögliche Alternative sein.
231
Katarakt/IOL/PIOL
Intraokularlinsen mit lichtadaptierender
­Transmission: ­Ein neues Konzept für optimalen
­Netzhautschutz?
M. Kernt, H. Becker
Einleitung
Die Kataraktoperation ist einer der häufigsten und effektivsten operativen Eingriffe
in der Medizin überhaupt. Millionen von Menschen können durch sie vor Erblindung
bewahrt werden. Die Komplikationsraten sind äußerst gering. Bei den allermeisten
Patienten kann durch die Entfernung der getrübten, natürlichen Linse und die Implantation einer künstlichen Intraokularlinse (IOL) eine deutliche Verbesserung der
Sehschärfe erreicht werden. Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) stellt
eine der Hauptursachen für den Verlust von Sehkraft in Deutschland und in den
westlichen Industrienationen dar. Sie verursacht 8,7 % aller Erblindungen im Sinne
des Gesetzes. Nicht zuletzt deshalb nimmt die AMD in unserer zunehmend älter werdenden Gesellschaft eine zentrale Stellung ein.
UV-Strahlung mitverantwortlich für die Entstehung
der AMD
Zwar ist die AMD eine Erkrankung des höheren Lebensalters, man geht aber davon
aus, dass die Ursachen der erkrankungstypischen Netzhautveränderungen, wie die
Degeneration des retinalen Pigmentepithels (RPE) und eine konsekutive Fotorezeptorenschädigung, deutlich früher zu suchen sind und letztendlich das summarische
Ergebnis einer Vielzahl über die Lebenszeit auf das Auge einwirkender Faktoren ist.
Es konnte zwar bisher kein direkter Zusammenhang zwischen Kataraktoperation und
dem Fortschreiten einer AMD eindeutig nachgewiesen werden, aber große epidemiologische Studien haben wiederholt gezeigt, dass neben Umweltfaktoren, Ernährung
und genetischen Einflüssen auch die vermehrte Einstrahlung von Sonnenlicht nach
Kataraktoperation im Auge zum Fortschreiten der AMD beitragen kann, und es wird
zunehmend auch die kumulativ schädigende Wirkung des Sonnenlichts für die Entstehung der AMD mitverantwortlich gemacht. Wenn auch teils kontrovers diskutiert,
legen Daten aus großen epidemiologischen Studien einen Zusammenhang zwischen
der Entstehung der AMD und der lebenslangen Sonnenlichtexposition nahe.
235
KATARAKT-OP
Zudem scheinen insbesondere pseudophake und aphake Augen ein erhöhtes Risiko für die Entstehung und das Fortschreiten der AMD zu haben. Ein Grund hierfür
kann die Tatsache sein, dass die Hornhaut und die menschliche Linse auf natürliche
Weise durch Absorption von UV-Strahlung einen wirkungsvollen Schutz der Netzhaut vor schädlichen Lichteinflüssen bieten. Beim älteren Menschen, dessen Netzhaut möglicherweise bereits vorgeschädigt ist, verfärbt sich die Linse mit zunehmendem Alter gelblich und filtert so mehr potenziell schädliche Anteile im blauen
Spektrum des Lichts. Die schützende Wirkung der natürlichen Linse fehlt nach der
Kataraktextraktion, und die Netzhaut wird dann vermehrter Strahlung, insbesondere im blauen Wellenlängenbereich des Lichtspektrums, ausgesetzt. Dieser kurzwellige Anteil des sichtbaren Lichts kann durch seine hohe Energiedichte nachweislich
zu fotochemischer Zellschädigung des RPE und der neurosensorischen Netzhaut
führen.
IOL mit spezifischen Filterwirkung als Schutz
Einen wichtigen Ansatz zum Schutz der Netzhaut stellen Intraokularlinsen (IOLs)
mit einer spezifischen Filterwirkung in diesem Wellenlängenbereich dar, und seit
einer Reihe von Jahren werden von verschiedenen Herstellern zum Schutz der Netzhaut vor den schädlichen Einflüssen des Lichtes UV-Licht- und blaulichtabsorbierende (gelb getönte) Intraokularlinsen (IOLs) angeboten, die jedoch aufgrund potenzieller Nebenwirkungen nicht unumstritten sind. Mögliche Nebenwirkungen
dieser gelbgetönten IOLs können laut Fachliteratur beispielsweise die Abnahme
der Kontrastempfindlichkeit oder Störungen der Farbwahrnehmung, aber auch eine
verminderte skotopische Empfindlichkeit sein.
Auch wird von verschiedenen Autoren immer wieder eine mögliche Beeinflussung von Schlaf und zirkadianem Rhythmus durch die bisher in der Regel vollständig gelb getönten blaulichtabsorbierenden IOLs angenommen und breit in der
Literatur diskutiert. Grundlage hierfür ist die erst im Jahr 2001 erfolgte Entdeckung
fotosensitiver retinaler Ganglion-Zellen. Hierbei handelt es sich um eine neben
Stäbchen und Zapfen in der Netzhaut repräsentierte Art von Fotorezeptoren, die besonders empfänglich für kurzwelliges Licht ist (Absorptionsmaximum bei 480 nm).
Diese fotosensitiven retinalen Ganglion-Zellen exprimieren in ihren Zellkörpern und
Dendriten das blaulichtsensitive Fotopigment-Melanopsin und regulieren so auch
die Melatoninbildung. Diesem Konzept folgend kann also über diese Rezeptoren gerade das blaue Licht sowohl die Aufmerksamkeit und Wachheit des Individuums
fördern, aber auch seine Gemütslage heben.
Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass ungefähr 53 % der MelanopsinBildung durch die Einwirkung von blauem Licht ausgelöst werden; violettes Licht
hingegen ist für nur etwa 15 % der Produktion verantwortlich. Die genannten
Effekte können also, insbesondere unter reduzierten Lichtbedingungen, durch eine
236
Kernt, Becker: Intraokularlinsen mit lichtadaptierter Transmission ...
potenziell „übermäßige“ Filterwirkung der bisher verwendeten Blaulichtfilter-IOLs
gestört werden.
Transmission-adaptive IOL als neuer Ansatz
Einen innovativen, sehr effektiven Ansatz, mit dem die angesprochenen potenziellen
Nebenwirkungen der bisher verfügbaren „gelben“ IOLs auf ein Minimum reduziert werden können, ohne gleichzeitig die Schutzwirkung eines Blaulichtfilters unter starker
Lichteinwirkung zu verlieren, stellt das kürzlich von Priv.-Doz. Dr. Marcus Kernt (Augenklinik der LMU, München) und Dr. Hartwig Becker (Augenarzt, Berlin) erstmals
vorgestellte Konzept einer den Lichtbedingungen entsprechenden, ihre Transmission
anpassenden IOL (Transmission-adaptive IOL, TA-IOL) dar. Hierbei ist die Optik der
IOL in ihrem Zentrum gelb getönt. Dieser Blaulicht- und UV-Filter nimmt zur Peripherie
der IOL-Optik stufenlos und kontinuierlich ab. Die Peripherie der Linse ist ungetönt und
nur mit dem obligaten UV-Filter ausgestattet (Abb. 1 und 2).
Abb. 1: Schematische Darstellung einer Intra­
okular­linse (IOL) mit lichtadaptierter Transmission
(Transmission-adaptive IOL, TA-IOL). Durch das
Design mit einer graduellen Abnahme des Schutz­filters zur Peripherie hin, passt sich die Filter­wir­
kung optimal den Lichtbedingungen an
Abb. 2: Bei hoher Lichtbelastung (Mittagssonne
o. Ä.), wenn sich die Pupille verengt, fällt das
Licht lediglich durch den mit einem Blaulichtund UV-Filter ausgestatteten zentralen Teil der
IOL (A), bei schlechten Lichtbedingungen wird
die Pupille weit und das Licht kann auch durch
den peripheren, ungetönten Anteil der TA-IOL in
das Auge gelangen (B) (Grafik: H. Kröhn)
237
KATARAKT-OP
Dieses einfache und dadurch wenig störanfällige Konzept ist aber dennoch in
seiner Schutzwirkung sehr effektiv und bewirkt, dass insbesondere bei hoher Lichtbelastung (Mittagssonne oder Ähnliches), wenn sich die Pupille verengt, das Licht
lediglich durch den zentralen Teil der IOL, der mit dem vollen Schutz des Blaulicht- und UV-Filters ausgestattet ist, in das Auge fällt und dass so die Netzhaut vor
vermehrter Strahlung im kurzwelligen Bereich geschützt ist. Bei schlechten Lichtbedingungen, wenn negative Auswirkungen auf Kontrastempfindlichkeit, Farbwahrnehmung, aber auch die skotopische Empfindlichkeit besonders vermieden
werden sollen, wird die Pupille weit und das Licht kann auch durch den peripheren,
ungetönten Anteil der TA-IOL in das Auge gelangen und so die potenziellen Nebenwirkungen der komplett getönten „gelben“ IOLs minimieren. Durch den graduellen Übergang des Schutzfilters zur Peripherie hin geschieht diese Anpassung der
Schutzfilterwirkung stufenlos und damit für den Patienten praktisch unmerklich.
Im Gegensatz zu sogenannten fototropen IOLs, bei denen fotochemische Veränderungen in der IOL eine Änderung der Transmission bewirken, handelt es sich bei
der hier vorgestellten TA-IOL um ein rein physikalisches Konzept, das eine zuverlässige technische Funktion verspricht und dadurch auch deutlich weniger störanfällig ist. Das Funktionsprinzip der TA-IOL ist grundsätzlich für alle Arten von IOLs
anwendbar. Für die Wirksamkeit ist es also unerheblich, ob es sich um eine mono­
fokale, multifokale oder torische IOL handelt.
So vielversprechend das Konzept der TA-IOL auch erscheint, steht die Entwicklung
dieses neuartigen IOL-Typs noch am Anfang. Im Rahmen einer engen Kooperation
zwischen den Erfindern, der Augenklinik der LMU in München und Partnern in der
Industrie (Morcher GmbH, Stuttgart, und Wölk GmbH, Schönkirchen) steht nun ein
erster Prototyp dieser neuartigen IOL zur Verfügung, und erste experimentelle Untersuchungen konnten den potenziellen Netzhautschutz durch diesen neuen
IOL-Typ belegen: So wurden im Rahmen einer experimentellen Studie kultivierte,
primäre humane retinale Pigmentepithelzellen (RPE) für 60 min mit rein weißem
Licht unterschiedlicher Intensität bestrahlt und, um die Lichtreaktion der Pupille zu simulieren, verschieden weite Blenden vorgehalten. Dann wurden eine
„nur“ UV-Licht-absorbierende Standard-IOL oder eine ansonsten baugleiche, aber
mit dem neuartigen UV- und blaulichtabsorbierenden Filterkonzept ausgestattete
TA-IOL in den Strahlengang gehalten. Im Anschluss wurden die Zellen phasenkontrastmikroskopisch auf lichtinduzierte morphologische Veränderungen untersucht und ihre Proliferationsfähigkeit bestimmt. Außerdem wurde untersucht,
inwieweit die TA-IOL im Vergleich zur UV-absorbierenden Standard-IOL die lichtinduzierte Überexpression von reaktiven Sauerstoff­radikalen (ROS) und des VEGF
(Vascular Endothelial Growth Factor) reduzieren kann.
Als Ergebnis dieser Studie ließ sich eindeutig zeigen, dass sowohl die nur UVLicht-absorbierende als auch die TA-IOL zu einer signifikanten Reduktion der
fototoxischen Effekte des Lichts im RPE führten. So wurden durch das Einbringen
238
Kernt, Becker: Intraokularlinsen mit lichtadaptierter Transmission ...
Prozentualer Anteil
proliferationsfähiger RPE-Zellen
120
Proliferationsfähigkeit der RPE-Zellen unter Bestrahlung
(MTT-Assay)
100
80
60
40
20
0
Ko
ohne Bestrahlung
Ko
UV IOL
TA-IOL
60 min Bestrahlungszeit
Abb. 3: Insbesondere bei starker Lichtintensität (und Simulation einer verengten Pupille) konnte die
TA-IOL­die bestrahlungsbedingten negativen Effekte auf die Proliferationsfähigkeit der RPE-Zellen signi­
fikant besser reduzieren als eine ansonsten baugleiche UV-absorbierende IOL
VEGF-A
(Nachweis mittels ELISA aus dem Zellkulturmedium)
1200
1000
pg/ml
800
ohne IOL
UV-absorb. IOL
TA-IOL
600
400
200
0
Ko
ohne Bestrahlung
Ko
UV IOL
TA-IOL
60 min Bestrahlungszeit
Abb. 4: Mittels ELISA wurde die Expression des Wachstumsfaktor VEGF von RPE-Zellen unter Be­strah­
lung, mit oder ohne IOL, untersucht. Auch hier führte die Filterwirkung der TA-IOL speziell unter hoher
Strahlenbelastung zu einer signifikant stärkeren Reduktion der lichtinduzierten VEGF-Über­produktion
als die UV-absorbierende IOL
239
KATARAKT-OP
einer IOL in den Strahlengang signifikant weniger freie Sauerstoffradikale in den
Zellen gebildet, und auch die vermehrte Ausschüttung des Neovaskularisation induzierenden Wachstumsfaktors VEGF wurde nachhaltig reduziert. Insbesondere
unter starker Lichteinstrahlung und bei Simulation einer engen Pupille wurden die
beschriebenen bestrahlungsbedingten negativen Effekte auf die Proliferationsfähigkeit der RPE-Zellen, aber auch die Expression von ROS und des Wachstumsfaktors
VEGF durch die TA-IOL signifikant stärker reduziert als durch eine konventionelle,
UV-Licht-absorbierende IOL (Abb. 3 und 4).
Anhand dieser Daten kann man also sagen, dass das Konzept einer Intraokularlinse mit an die Lichtbedingungen adaptierter Transmission (TA-IOL) einen vielversprechenden Ansatz darstellt, der die potenziellen Vorteile von Blaulichtfilter-IOLs
nutzt, aber deren potenzielle Nachteile minimiert. Die Entwicklung dieses neuen
Linsentyps steht noch am Anfang. Durch den translationalen Entwicklungsansatz
und die enge Kooperation von europäischem Erfindergeist, deutscher universitärer
Forschung und Industrie besteht aber die begründete Hoffnung, dass dieser neue
IOL-Typ in Zukunft auch für eine breite klinische Anwendung verfügbar sein wird.
240
Vergleich des Materialeffektes von hydrophobem Acryl bzw. Silikon bei dreistückigen
Kunstlinsen auf die Nachstarbildung
2-Jahres-Ergebnisse
S. M. Schriefl, C. Leydolt, E. Stifter, R. M. Menapace
Zusammefassung
Fragestellung: Vergleich der Tendenz zur Nachstarentwicklung und der Frequenz der
Nd:YAG-Behandlungen bei zwei unterschiedlichen IOLs: Einer dreiteiligen Linse mit
einer Optik aus hydrophobem Acryl und C-Schlaufen-Haptiken aus PMMA (KS-Xs)
und einer dreiteiligen Linse mit einer Optik aus Silikon und C-Schlaufen-Haptiken aus
Polyimid (KS-3Ai).
Methodik: Bei 60 Patienten wurde im Zuge einer bilateralen Kataraktoperation randomisiert entweder eine hydrophobe Acryl- oder eine Silikonlinse in das erste Auge und
die andere Kunstlinse in das Partnerauge implantiert. Die Untersuchungen 2 Jahre postoperativ umfassten den bestkorrigierten Fernvisus, eine Spaltlampenuntersuchung und
die Dokumentation des Befundes sowie die Aufnahme von Retroilluminationsfotos der
Hinterkapsel. Die Nachstarstärke wurde subjektiv und objektiv durch Auswertung der
Retroilluminationsfotos mittels „automated quantification of after cataract“-(AQUA-)
Software bestimmt.
Ergebnisse: Am Ende der 2-Jahres-Kontrollen hatten 4 von 58 (6,9 %) der Augen in der
Silikongruppe eine Nd:YAG-Behandlung erhalten verglichen zu 2 von 58 (3,4 %) in der
Acrylatgruppe. Es gab keinen signifikanten Unterschied in der subjektiven oder objektiven Nachstarstärke.
Schlussfolgerungen: 2 Jahre nach der Operation war die Frequenz der Nd:YAG-Behandlungen in beiden Gruppen niedrig.
Summary
Aim: To compare the development of posterior capsular opacification (PCO) and
frequency of Nd:YAG capsulotomy between two intraocular lenses
Method: 60 patients randomly received a silicone IOL (KS-3Ai) in 1 eye and a hydrophobic acrylic IOL (KS-Xs) in the contralateral eye during simultaneous bilateral
cataract surgery. Eyes were examined 1 week and 2 years after surgery. Digital
retro-illuminated images of each eye were evaluated using the “automated quantification of after-cataract” (AQUA) software. The Nd:YAG laser capsulotomy rate was noted.
Results: After the 2-year follow-up, 4 of 58 (6.9 %) eyes with a silicone IOL had received YAG capsulotomie compared to 2 of 58 (3.4 %) of the eyes with an hydrophobic
241
KATARAKT-OP
acryl IOL (p = 0.134). At the same time subjective and objective (AQUA) PCO-scores of the
2 IOL groups were comparable.
Conclusion: Both MICS IOLs showed low YAG rates 2 years after surgery.
Fragestellung
Ziel dieser Studie war es, den Effekt des Materials – hydrophobes Acryl bzw. Silikon –
auf die Tendenz zur Nachstarbildung und die Frequenz der Nd:YAG-Behandlungen
zu vergleichen. Es wurden die folgenden Linsen verglichen: Die KS-3Ai (Staar Surgical Optics) ist eine dreistückige Linse mit einer Optik aus Silikon und C-SchlaufenHaptiken aus Polyimid. Die KS-Xs (Staar Surgical Optics) ist eine dreistückige Linse
aus hydrophobem Acryl mit C-Schlaufen-Haptiken aus PMMA. Beide Linsen haben
eine scharfe Kante.
Methodik
Die Studie wurde an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie
der Medizinischen Universität Wien im Allgemeinen Krankenhaus Wien durchgeführt. Inklusionskriterium war ein operationsbedürftiger bilateraler altersbedingter
Katarakt. Exklusionskriterien waren vorhergehende Augenoperationen oder Verletzungen und andere bedeutende Augenerkrankungen (Uveitis, Glaukom, Hornhautund Netzhautveränderungen).
Es wurden 60 Patienten im Alter von 73 ± 9 Jahren in diese Studie inkludiert.
Während der Kataraktoperation wurde – für den intraindividuellen Vergleich – randomisiert ein Auge entweder mit einer Silikon- oder einer Acryllinse versorgt, während
die andere Kunstlinse anschließend im Partnerauge implantiert wurde. Die Operation
beider Augen wurde am selben Tag und durch denselben Chirurgen (R.M.) in Lokalanästhesie durchgeführt: Durch einen temporalen, Clear-Cornea-Schnitt wurde Vorderkammerwasser durch Methocel ausgetauscht und mittels Nadeltechnik eine kontinuierliche zirkuläre vordere Kapsulorhexis mit einem Durchmesser etwa 5,0 mm
erstellt. Die Kapsulorhexis war im Durchmesser etwas kleiner als die IOL, um die
symmetrische 360°-Überlappung der IOL durch die Vorderkapsel zu gewährleisten.
Nach der Hydrodissektion wurde eine coaxiale Phakoemulsifikation durchgeführt.
Nach Reinigung des Kapselsacks von Rindenresten wurde dieser mit Hyaluronsäure
gefüllt und die IOL mit einem Injektor in den Kapselsack implantiert. Danach wurde
das Viskoelastikum durch Irrigation und Aspiration aus der Vorderkammer gründlich entfernt.
Die Patienten wurden nach 23 Monaten wieder einberufen. Zu den Nachkontrollen erschienen 58 Patienten. Die Studienuntersuchungen umfassten die Bestimmung
des bestkorrigierten Fernvisus sowie eine Untersuchung an der Spaltlampe in Mydriasis. An der Spaltlampe wurde der Befund anhand eines standardisierten Frage­
242
Schriefl et al.: Vergleich des Materialeffektes von hydrophobem Acryl bzw. Silikon bei dreistückigen ...
bogens dokumentiert. Teil davon war die subjektive Bewertung der Nachstarstärke, und
zwar auf einer Skala von 0 – für keinen Nachstar – bis 10 – für außergewöhnlich starken
Nachstar. Auch wurden von beiden Augen Retroilluminationsfotos aufgenommen [1].
Diese Retroilluminationsfotos wurden später mittels der „automated quantification of after cataract“-(AQUA-)Software [2] bewertet. Das Programm kann den
Rhexisrand und die Lichtreflexe semiautomatisch erkennen. Die Berechnung des
AQUA-Wertes beruht auf der Auswertung des Bereiches innerhalb der Rhexis, abzüglich der Lichtreflexe. Der AQUA Wert reicht von 0 – für keinen Nachstar – bis 10 – für
außergewöhnlich starken Nachstar.
Im Zuge der Nachkontrolle wurde eine Nd:YAG-Behandlung durchgeführt, wenn
der Visus aufgrund des Nachstars schlechter war als 0,8 oder vom Patienten subjektive Beschwerden geäußert wurden.
Die statistische Auswertung erfolgte mittels SPSS 17 für Windows. Daten werden
als Mittelwert ± Standardabweichung und/oder als Median (Minimum; Maximum)
angegeben. Statistische Tests waren Wilcoxon-Test und McNemar. Ein P-Wert von
<0,05 wurde als statistisch signifikant angesehen.
Ergebnisse
Zwei Jahre postoperativ gab es zwischen den Linsen keinen signifikanten Unterschied
im bestkorrigiertem Fernvisus: Silikongruppe: 0 (–0,49; 0), Acrylgruppe: 0 (–0,48; 0)
(p = 0,46).
Subjective PCO-Score
10
Objective PCO-Score
10
9
9
p = 0,295
8
7
7
6
6
5
5
*
4
4
3
3
2
2
1
1
0
0
KS-3Ai
p = 0,517
8
KS-Xs
*
*
*
KS-3Ai
*
*
*
KS-Xs
Abb. 1: In diesen Boxplots sind die subjektiven und objektiven Nachstarscores dargestellt.
Die Silikongruppe ist links, die Acrylgruppe rechts
243
KATARAKT-OP
Der Großteil der Patienten (53 %) hatte noch keinen Nachstar entwickelt. 25,5 %
der Patienten hatten mehr Nachstar im Auge mit einer Silikonlinse, und fast dieselbe
Anzahl – 21,8 % – hatte mehr Nachstar im Auge mit einer Acryllinse (Abb. 2). Es gab
keinen signifikanten Unterschied in der subjektiven oder objektiven Nachstarstärke
(Abb. 1).
Vor dem Start der Nachkontrollen war eine Nd:YAG-Behandlung bei einem von
58 (1,7 %) der Patienten durchgeführt worden – in einem Auge mit einer Silikonlinse. Am Ende der Nachkontrolle waren vier (6,9 %) der Augen mit einer Silikonlinse
behandelt, verglichen mit zwei (3,4 %) mit einer Acryllinse (p = 0,134).
5
Silikon IOL (KS-3Ai)
more PCO
3
2
PCo Score
Intraindividual Difference in objective
4
1
0
1
2
3
4
5
Akryl IOL (KS-Xs)
more PCO
Abb. 2: Diese Balkengrafik zeigt die intraindividuelle Differenz der objektiven Nachstarstärke
Schlussfolgerungen
Zwei Jahre nach der Operation war die Frequenz der Nd:YAG-Behandlungen in beiden Gruppen niedrig. Die Linsen präsentierten sich mit einer vergleichbaren Tendenz zur Nachstarbildung und mit vergleichbaren Nd:YAG-Raten. Um die Tendenz
zur Nachstarbildung zu beurteilen, ist der Nachbeobachtungszeitraum von zwei
Jahren allerdings noch relativ gering. Ob die beiden Linsen ihre bisher guten Ergebnisse halten, wird sich im Laufe der kommenden Nachkontrollen herausstellen.
Literatur
1. Pande MV, Ursell PG, Spalton DJ et al.: High-resolution digital retroillumination imaging of the posterior lens
capsule after cataract surgery. J Cataract Refract Surg 1997;23(10):1521–1527
2. Buehl W, Findl O, Menapace R et al.: Reproducibility of standardized retroillumination photography for quantification of posterior capsule opacification. J Cataract Refract Surg 2002;28(2):265–270
244
Retroiridale Verisyse® als perfektioniertes
Routineverfahren
H. Häberle, S. Schiedel, D.T. Pham
Zusammenfassung
Bei fehlendem Kapselsack oder ausgeprägter Zonulolyse und intakter Irisstruktur
hat sich die retroiridal invers fixierte Irisklauenlinse im letzten Jahrzehnt durchgesetzt. Am häufigsten wird sie bei uns nach „in the bag“ HKL-Dislokation bei PEX kombiniert mit der HKL-Explantation implantiert (ca. 70 Fälle/Jahr). Seltenere Indikationen
sind kombinierte glaskörperchirurgische Eingriffe mit Endotamponade oder andere
Situationen mit fehlendem Kapselapparat (Marfan-Syndrom, Trauma, Vor-OP’s). Die
sehr seltenen Komplikationen entsprachen den in der Kataraktchirurgie bekannten
und waren beherrschbar. Dazu zählten Fehlenklavation, Glaskörper­
hämorrhagie/
Hyphäma, Hypotension bei vernarbtem Situs, rhegma­
togene Amotio, Explantation, Refraktionsschwankung und Endophthalmitis. Eine leichte querovale Pupillenverziehung ist innerhalb des ersten Jahres regredient, ein klauenbedingter Irispigmentblattdefekt führte bisher zu keinem Nachteil. Das zystoi­de Makulaödem ist im Vergleich
zur skleranahtfixierten HKL seltener. Die retroiridale Irisklauenlinse lässt sich in kur­
zer OP-Zeit atraumatisch und in der Regel mittels nahtfreier Technik in subkonjunktivaler und Tropfanästhesie implantieren. Das linsen­bedingte Komplikationsprofil ist
gering.
Summary
Absence of capsular support or extended zonulolysis is today the main indication for
retroiridal enclavation of the unfoldable PMMA iris claw lens (Verisyse/Artisan) if there
is sufficient iris support. First retroiridal implantations were performed 2002. ‘In-thebag’ IOL-dislocation occurs due to PEX zonulopathy usually 8 years after phacoemulsification and requires IOL explantation and verisyse implantation is an increasing
demand. Iris claw lenses are calculated by laseroptic biometry (IOL Master). Wavefront
analysis showed no significant difference for optical quality between retroiridal iris claw
lens and a standard posterior chamber IOL (Alcon, Acrysof SN60AT) for photopic and
scotopic pupil. Surgical induced astigmatism might be higher due to the necessary 6 mm
wound construction. Intra- and postoperative complications were rare and comparable to standard cataract surgery. Enclavation problems, vitreous hemorrhage, hyphema,
hypotension in case of previous surgeries and insufficient woundclosure, rhegmatogenic
retinal detachment, explantation, endophthalmitis occurred rarely. After vitrectomy instable refraction may be caused by hypermobile iris diaphragma. Light pupil ovalisation
is reversible during the first postoperative year. Iris pigment atrophies of the enclavation site had no clinical significance. Cystoid macular edema was observed more rarely
245
KATARAKT-OP
than after scleral suture fixated posterior chamber lenses. Retroiridal iris claw lens can
be implanted atraumatically without time consuming suture techniques and under local
and subconjunctival anaesthesia. IOL related complications are minimal.
Dislokation des kompletten Linsenkapselapparates
häufigste Indikation
Häufigste Ursachen für Linsenexplantationen stellen heute Dislokationen in ca. 85 %
der Fälle dar. Hiervon disloziert bei 80 % der Fälle der komplette Linsenkapselapparat als sogenannte „in-the-bag“ Luxation wegen einer Zonulaschwäche. Bemerkens­
werterweise handelt es sich bei jedem zweiten Patienten um eine PEX-Zonulopathie,
die im Mittel sechs bis acht Jahre nach Phako auftritt und überproportional häufig
mit Glaukom assoziiert ist. Somit kann man von einer Generation PEX sprechen.
Prophylaktische Maßnahmen zur Prävention bei Phakoemulsifikation sind
nicht evidenzbasiert untersucht. Essenziell scheint eine zirkuläre, die Optik überlappende kreisrunde 5 mm Rhexis, schonende OP-Techniken sowie formstabile
Linsenmaterialien. Weitere Zonulopathien treten bei Myopie, Uveitis, Trauma oder
voran­gegangenen glasköperchirurgischen Eingriffen auf. Auch bestimmte hydrophile Linsenmaterialien haben in der Vergangenheit Probleme bei der Formstabilität
gezeigt und zu übermäßiger Kaspelsackschrumpfung geführt oder ihr selbst nicht
standgehalten. Bei 20 % der Fälle handelt es sich um eine „out-of-the-bag“ Situation.­
Hierbei ist die Kunstlinse selbst disloziert, typischerweise nach asymmetrischer
„in/out“-Implantation oder Kapselruptur. Die Dislokationsfälle erfordern ein individualisiertes Vorgehen hinsichtlich Art des Linsenersatzes, sofern die vorhandene
IOL nicht belassen werden kann.
Die Verisyse® - /Artisan® - IOL im klinischen Alltag
Die retroridale Implantation einer starren PMMA-Irisklauenlinse (Verisyse Fa. AMO/
USA bzw. der baugleichen Artisan Fa. Ophtec/NL) hat sich bei ausreichend intakter
Irisstruktur an den Enklavationsstellen als minimalinvasives Standardverfahren des
Linsenersatzes zur optischen Rehabilitation bei fehlendem Kapselapparat durchgesetzt. Seit 2002 werden die beiden baugleichen Modelle der Verisyse-/Artisan-Linse
retroiridal invers zur primären einzeitigen und sekundären zweizeitigen Aphakie­
korrektur implantiert.
Erstbeschreibung für die retropupillare Implantation erfolgte durch Mohr/Amar.
Ursprünglich wurde das konvexe/konkave Vorderkammerlinsenmodell von Worst/
Fechner 1997 als anterior irisfixiertes Modell für die Vorderkammer zur phaken Korrektur von Refraktionsfehlern entwickelt. Dieses formstabile Modell aus PMMA mit
5 mm Optik und 8 mm Gesamtdurchmesser und seinen um 10° angulierten Irisklauen­
246
Häberle, Schiedel, Pham: Retroiridale Verisyse® als perfektioniertes Routineverfahren
wird seither für die retroiridal inverse Implantation verwendet und ist im Dioptrienspektrum von +2 bis +30 dpt erhältlich. Die Biometrie erfolgt in der Regel mittels
optischen Verfahren (IOLMaster) und der A-Konstante 116.9 bei SRKT-Formel. Das
faltbare Modell Artiflex/Veriflex aus Polysiloxan kann bei der phaken Implanta­
tion zwar durch einen kleineren Schnitt implantiert werden, ist aber für eine stabile
retro­iridale Enklavation bei Aphakie ungeeignet. Publikationen über die Implantation der prinzipiell erhältlichen torischen Modelle aus PMMA gibt es nicht. Der chirurgisch induzierte Astigmatismus durch den für das PMMA-Modell erforderlichen
6 mm großen Tunnel ist nicht kalkulierbar hinsichtlich Astigmatismusentwicklung.
Sekundärimplantationen sind komplikationslos durchführbar bei Aphakia­
operata bzw. vorangegangener komplizierter Linsenchirurgie oder Trauma. Die
Verisyse eignet sich auch als Stand-by-Linse für die Situation einer Kapselruptur, die
keine Sulcus- oder Rhexisfixation mehr erlaubt und dann kombiniert mit vorderer
Vitrektomie oder sogar Pars-plana-Vitrektomie erfolgt. Außerdem zählen hierzu die
Linsenchirurgien, bei denen primär eine Zonulainsuffizienz bekannt ist wie bei
Marfan-Syndrom oder sonstiger Linsensubluxation (Uveitis, Z. n. Netzhaut/Glas­
körperchirurgie, hohe Myopie).
Wenig spezifisches Instrumentarium wird benötigt und ist über Fa. Geuder erhältlich. Dazu zählen eine spezielle Haltepinzette für die Verisyse-IOL-Enklavation,
gegebenenfalls eine Glaskörperpinzette zur intraoperativen Korrektur der Pupillenverziehung und am vitrektomierten Bulbus eine permanente Infusion über die Vorderkammer (anterior chamber maintainer).
Funktioneller Visus nach Verisyse®
Bei vielen Patienten erfolgt die retroiridale Verisyse-Implantation im Rahmen eines
HKL-Austausches bei PEX. Diese Patienten haben eine gute visuelle Prognose mit
hohem Anspruch an das qualitative und funktionelle Sehen. Neben einer möglichst
genauen Vorhersagbarkeit der postoperativen Refraktion wird ein guter funktioneller Visus auch unter skotopischen Bedingungen gewünscht.
Wir verglichen die okulären Aberrationen bei zwei gleich großen altersgematchten Gruppen von je 22 Patientenaugen mit zentriert sitzender Kunstlinse einmal
nach Implantation einer retroiridalen Verisyse-Linse und nach Standardkataraktoperation mit Implantation einer kapselsackfixierten monofokalen hydrophoben
Acryllinse (Acrysof SN60AT, Fa. Alcon) mittels Wellenfrontaberrometrie (HartmannShack-Sensor-Prinzip). Der postoperative Astigmatismus lag aufgrund der zur Implantation erforderlichen 6 mm Tunnelbreite in der Wellenfrontanalyse (Zernike
Polynom 2,2) signifikant höher als nach Standardlinsenimplantation.
Es kam nach Verisyse-Implantation zu keiner statistisch signifikanten vermehrten Induktion von Aberrationen höherer Ordnung im Vergleich zu einer konventionellen Standardlinse – vorausgesetzt, die retroiridale Verisyse-IOL ist zen-
247
KATARAKT-OP
triert und korrekt positioniert. Zusätzlich wird durch die geringere postoperative
Pupillenweite, die häufig bei der Komorbidität PEX besteht, ein starker Anstieg der
Aberrationen höherer Ordnung verhindert.
Langzeitergebnisse nach Verisyse®-Implantation
retroiridal
Klinische Nachbeobachtungen hinsichtlich des linsenbedingten Komplikations­
profils an höheren Fallzahlen sind seit 2007 nur wenige publiziert. Die Studien
betrachten hierbei sehr unterschiedliche Ausgangssituationen mit teilweise erheblichen ­Begleitpathologien. Der Endothelzellverlust gilt als nicht signifikant, es werden keine Hornhautdekompensationen berichtet. Pupillenverziehungen werden in
bis zu 25 % der Fälle und ein ZMÖ in 3 % bis 9 % der Fälle beschrieben. Lentogene
anteriore Uveitis wird nicht beobachtet, wobei eine Uveitis anterior eine Kontra­
indikation für die Verisyse-Implantation darstellt. Das Risiko rhegmatogener Ab­latio
liegt bei bis zu 3 %. Das Glaukomrisiko beträgt bis zu 4 %, wobei dies auch häufig
grundsätzlich mit PEX assoziiert ist. Entsprechend muss gegebenenfalls die Explantation der „in-the-bag“ dislozierten IOL mit einer drucksenkenden fistulierenden
Operation kombiniert werden.
Wir selbst überblicken seit 2006 ca. 300 Verisyse-Implantationen an unserer
­Klinik. In zwei Fällen kam es zur Deenklavation einer Irisklaue, die einmal traumatisch und einmal spontan erfolgte. In beiden Fällen sah man eine Verbiegung der
Irisklaue (Abb. 1). Einmal beschrieb ein Patient mit Achsenmyopie nach Vitrektomie und Verisyse-Implantation erhebliche lage- bzw. blickabhängige Refraktionsschwankungen durch das mobile Irisdiaphragma. Darüber muss man präoperativ
den ­Pa­tienten aufklären.
Abb. 1: Deenklavation einer Verisyse-Haptik
nach Contusio
248
Abb. 2: Retroiridale Verisyse mit optimaler Abbildungs­
qualität
Häberle, Schiedel, Pham: Retroiridale Verisyse® als perfektioniertes Routineverfahren
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250
Morphologische Veränderungen
retropupillar fixierter Irisklauenlinsen
nach traumatischer Deenklavation
T. Brockmann, J. Gonnermann, C. Brockmann, N. Torun,
A. M. Joussen, E. Bertelmann
Zusammenfassung
Ziel unserer Studie war es, morphologische Veränderungen an retropupillar-fixierten Irisklauenlinsen nach Dislokation aufgrund traumatischer Deenklavation zu analysieren.
Hierfür wurden 5 dislozierte retropupillar-fixierte Irisklauenlinsen nach traumatischen
Deenklavation explantiert und untersucht. Eine originalverpackte aphake Irisklauen­linse
diente als Vergleichskontrolle. Alle Linsen wurden standardisiert im Lichtmikroskop untersucht. Hierbei zeigten alle traumatisch deenklavierten Irisklauen­haptiken dezentrierte
und verdrehte Fixierarme. Die durchschnittliche Dezentrierung an den Iris­klauen betrug
23 ± 11 µm in der Oberflächenebene und 103 ± 43 µm im Kantenprofil.
Die axiale Verdrehung der Fixierungsarme betrug 5°. Traumatisch affektierte
Haptiken waren verkantet (3/5) oder wiesen einen unzureichenden Schluss der
Haptiken auf (2/5). Damit erschien eine sichere Befestigung der Linse am Irisstroma
nicht mehr gewährleistet. Die Verformungen nach traumatischer und intraoperativer Deenklavation unterschieden sich signifikant von der originalverpackten Intraokularlinse mit symmetrischen Haptiken mit zentrierten Irisklauen und ausreichendem
Klauenschluss. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass traumatisch dislozierte Irisklauenlinsen erhebliche Veränderungen an den betroffenen Haptiken aufwiesen, sodass eine Reenklavation keinen zuverlässigen Halt der Linse am Irisstroma
garantieren kann. Daher empfehlen wir in Fällen traumatisch deenklavierter Irisklauenlinsen an Stelle einer Linsen-Reenklavation einen Austausch der irisfixierten Klauenlinse.
Einleitung
Die Implantation von Intraokularlinsen (IOL) bei Patienten mit Aphakie oder fehlen
der Kapselapparataufhängung stellt noch immer eine besondere Herausforderung
dar [1]. In den letzten Jahren wurden verschiedene Operationstechniken vorgeschlagen, um eine adäquate Fixierung der Intraokularlinsen zu erzielen. Allerdings sind
diese Verfahren zum Teil mit schweren intra- und postoperativen Komplika­tionen
verbunden. In dieser Hinsicht ist die retropupillare (posteriore) Fixierung von Irisklauenlinsen eine der vielversprechendsten Implantationsverfahren [2, 3, 4]. Zu den
251
KATARAKT-OP
am häufigsten verwendeten Irisklauenlinsen zählen die Artisan®/Verisyse™ aus
Polymethylmethacrylat der Firma Ophtec bzw. Abbott Medical Optics (Groningen,
NL; Santa Ana, USA). Bei diesem Linsenmodell ermöglicht ein Spalt in der Mitte jeder der zwei Haptiken auf den gegenüberliegenden Seiten der Optik das Einklemmen
(Enklavieren) von mittelperipherem Irisstroma. In der fixierten Position ist die Intraokularlinse praktisch immobil sowie beeinträchtigt keine der Gefäß- oder Kammerwinkelstrukturen. Sie bietet damit gute funktionelle Ergebnisse bei niedrigen
Komplikationsraten.
Allerdings ist eine wesentliche postoperative Komplikation der retropupillaren
Irisklauenlinsen die Dislokation durch Deenklavation der Haptiken. Laut aktueller
Literatur liegt die Deenklavationsrate zwischen 0 % und 10 % [5, 6, 7]. Grundsätzlich
kann eine Deenklavation der Haptik spontan, bei insuffizientem Halt am Irisstroma
oder traumatisch auftreten [8, 9, 10]. Aufgrund der Gefahr weiterer Komplikationen
wie rhegmatogener Netzhautablösung oder Glaskörperblutungen muss eine dis­
lozierte retropupillare Irisklauenlinse ersetzt oder reponiert (reenklaviert) werden.
Im Hinblick auf den Langzeitendothelzellverlust, als Maß für das perioperative Trauma, erwiesen sich beide Verfahren als vergleichbar [11]. Allerdings wird die Reponierung der Irisklauenlinse allgemein als die schonendere Therapieoption angesehen,
wenngleich sie technisch sehr anspruchsvoll sein kann und bei strukturell beschädigten Haptiken nicht vor wiederholten Deenklavierungen schützt [12]. Intraoperativ können potenzielle Defekte oder Verformungen an der IOL nicht ausreichend beurteilt werden und wurden bis dato auch noch nicht standardisiert untersucht. Aus
diesem Grund war das Ziel dieser Studie, posterior-fixierte Iris­klauenlinsen nach
traumatischer Deenklavation auf morphologische Veränderungen an den Haptiken
zu untersuchen.
Methoden
Sechs monofokale Irisklauenlinsen wurden in dieser retrospektiven Beobachtungsstudie morphologisch untersucht. Fünf posterior-fixierte Irisklauenlinsen vom Typ
Artisan®/Verisyse™ wurden zwischen Januar 2013 und März 2014 aus fünf Patien­ten
nach traumatischer Deenklavation explantiert und analysiert. Eine originalverpackte
+21,0-dpt-Verisyse™-IOL (VRSA54, Seriennummer ML109704) diente als Kontrollprobe.
Die Explantation und der Austausch retropupillarer Irisklauenlinsen erfolgte wie
folgt: Zwei Parazentesen wurden in 3- und 9-Uhr-Position angelegt. Die Pupille wurde mittels 1 : 1000 verdünnter intrakameraler Adrenalinapplikation dilatiert, und ein
Viskoelastikum wurde in die Vorderkammer eingegeben. Die deenklavierte Seite der
Irisklauenlinse wurde mittels Implantationshaken in die Vorderkammer luxiert. Die
enklavierte Linsenhaptik wurde gelöst und die Linse vollständig in die Vorderkammer
rotiert. Anschließend erfolgte ein 5,5 mm sklerokornealer Tunnelschnitt zur Linsenexplantation.
252
Brockmann et al.: Morphologische Veränderungen retropupillar fixierter Irisklauenlinsen …
Die intraoperativ entfernte IOL wurde mit äußerster Sorgfalt behandelt, um
wei­tere mechanische Manipulationen zu vermeiden. Die präoperativ deenklavierte­
Haptik wurde mit einem 6-0-Vicryl-Faden markiert und in Ofloxacin-haltige, gepufferte Salzlösung (BSS) gelegt, um Kontaminationen zu vermeiden. Anschließend
wurde 1%iges Acetylcholin in die Vorderkammer injiziert und die neue Verisyse™
retro­pupillar an einer separaten, bisher nicht involvierten Enklavationsstelle fixiert.
Postoperativ erhielten die Patienten fünfmal täglich Ofloxacin, Dexamethason und
Pilocarpin-­Augentopfen mit einer wöchentlichen Reduktion um einen Tropfen pro
Tag.
Für die mikroskopischen Untersuchungen wurden die explantierten Linsen mit
destilliertem Wasser abgespült und mit zahnlosen Pinzetten angefasst, um mechanische Schäden zu vermeiden. Die traumatisch deenklavierten Haptiken blieben
während der mikroskopischen Untersuchungen weiterhin unberührt, sodass Veränderungen durch intra- oder postoperative Manipulation ausgeschlossen werden
können. Die IOLs wurden unter dem Lichtmikroskop (Axio Imager.M2, Zeiss, Jena,
Deutschland) montiert, und standardisierte Aufnahmen mit einer 25-fachen Vergrößerung aufgenommen. Die Haptikoberfläche wurde in einer Draufsicht und die
Haptikkante in einer senkrechten Ansicht untersucht. Messungen erfolgten unter
Verwendung der Bildanalysesoftware des National Institutes of Health (ImageJ v.
1.41 für Macintosh, NIH, http://rsb.info.nih.gov/ij/). Statistische Analysen wurden
mittels SPSS Version 20.0 (IBM, Armonk, USA) durchgeführt. Ein p-Wert unter 0,05
wurde als statistisch signifikant angesehen.
Ergebnisse
Klinische Daten
Eine IOL-Explantation nach traumatischer Deenklavation einer posterior-fixierten
Irisklauenlinse wurde in fünf Augen von fünf Patienten vorgenommen, das Patientenalter rangierte zwischen 15 und 85 Jahren. Die Zeit zwischen initialer IOL-Implantation und Explantation rangierte zwischen 13 und 62 Monaten. Im operativen
Versorgungsablauf wurden traumatisch dislozierte IOLs durch neue Verisyse™IOLs ersetzt. In einem Fall wurde eine Reimplantation allerdings von dem Patienten
aufgrund der reduzierten Visusprognose und des hohen Alters abgelehnt. In allen
Fällen erfolgte die Operation komplikationslos.
Morphologische Daten
Sechs Irisklauenlinsen wurden lichtmikroskopisch untersucht, die morphologischen
Veränderungen analysiert und verglichen. Die originalverpackte Verisyse™-IOL
zeigte symmetrische Haptiken mit zentrierten Irisklauen und einem passgenauen
Schluss. Die mittlere Breite der Fixierarme an den Irisklauen betrug 214 ± 4 µm in
der Oberflächenebene und 152 ± 4 µm im Randprofil. Im Gegensatz dazu wiesen
253
KATARAKT-OP
traumatisch deenklavierte Haptiken der retropupillaren Irisklauenlinsen erhebliche
Verformungen an den Fixierarmen auf. Die durchschnittliche Dezentrierung betrug
23 ± 11 µm in der Ebene und 103 ± 43 µm im Kantenprofil.
Von den fünf untersuchten traumatisch affektierten IOLs zeigten zwei Linsen einen fehlenden Schluss der Irisklaue und drei Linsen eine Verkantung der Fixierarme
(Abb. 1). Die Breite der Fixierarme an den Haptiken nach traumatischer Deenklavation betrug 218 ± 4 µm in der Ebene und 173 ± 10 µm im Randprofil. Im Vergleich zu der
unversehrten Verisyse™-IOL war die durchschnittliche Breite der Fixierarme an den
Irisklauen im Randprofil nach traumatischer Deenklavation signifikant vergrößert
(p = 0,002), was auf eine mittlere axiale Torsion der Fixierarme von 5° zurückzuführen ist. Intraoperativ gelöste Irisklauenhaptiken waren in der Ebene um 16 ± 11 µm
und um 75 ± 45 µm im Randprofil dezentriert. Hierbei waren die morphologischen
Veränderungen nach traumatischer und intraoperativ-iatrogener Deenklavation
vergleichbar (p = 0,331 und 0,337).
Abb. 1: Lichtmikroskopische Aufnahmen einer traumatisch dislozierten retropupillar-fixierten
Irisklauen­linse. Die traumatisch deenklavierte Haptik ist in den oberen Aufnahmen gezeigt,
während intraoperativ gelöste Haptiken unterhalb dargestellt sind. Die betroffenen Fixierarme sind
insbesondere im Randprofil dezentriert. Maßstabsbalken entspricht 1000 µm
Diskussion
Unsere Studie zur Morphologie von Irisklauenlinsen nach Deenklavation zeigte
­relevante Veränderungen an den betroffenen Haptiken nach traumatischer Deenklavation. Die Fixierarme waren deutlich dezentriert und verdreht, sodass ein sicherer
Schluss der Irisklauen nicht mehr als gegeben erscheint. Aus diesem Grund gehen wir
davon aus, dass eine Reenklavation jener beschädigter Haptiken möglicher­weise
keine ausreichende Enklavation von Irisgewebe gewährleistet. Während die gesamte
Irisklauenlinse inklusive der beiden Haptiken durch eine traumatische Einwirkung
254
Brockmann et al.: Morphologische Veränderungen retropupillar fixierter Irisklauenlinsen …
betroffen ist, kann auch die iatrogene Deenklavation zu Deformierungen an den Haptiken führen. In dieser Hinsicht waren die beobachteten Verformungen nach traumatischer und intraoperativer Deenklavation vergleichbar. Prinzipiell können auch
Produktionsfehler und Materialunregelmäßigkeiten zu einer Linsendislokation beitragen [13]. Allerdings konnten wir in unseren Untersuchungen keine Mängel an der
originalverpackten Irisklauenlinse beobachten. Die Haptiken waren exakt zentriert
und wiesen einen passgenauen Schluss auf. Allerdings war das Ziel dieser Studie
nicht die Untersuchung der Fertigungsqualität moderner Irisklauenlinsen. Dafür ist
eine standardisierte Beurteilung unterschiedlicher Herstellungs­serien und unterschiedlicher Brechkraft notwendig.
Unter Berücksichtigung der oben erwähnten Beobachtungen und Einbeziehung
der klinischen Relevanz sollte in Fällen traumatisch deenklavierter Irisklauenlinsen
ein IOL-Austausch einer Reenklavation vorgezogen werden.
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255
Glaukom
Hintere Sklerotomie zur Behandlung der
schweren Aderhautamotio nach fistulierender
Glaukomoperation
C. Wirbelauer, J. Vetter, A. Täumer
Zusammenfassung
Nach fistulierender Glaukomoperation kann es in einigen Fällen (<2 %) zu einer schweren Aderhautamotio mit Makulabeteiligung kommen. Als Risikofaktoren wurden ein
präoperativ deutlich erhöhter Augeninnendruck (>30 mmHg) sowie ein erhöhtes Alter
der Patienten (>75 Jahre) festgestellt. Durch eine hintere Sklerotomie mit Vorderkammerspülung konnte eine rasche Rückbildung der Aderhautamotio sowie eine Steigerung von
Visus und Augeninnendruck erzielt werden.
Summary
Following pressure reducing filtering glaucoma surgery in a few cases (<2 %) a strong
choroidal detachment with macular involvement can develop. The most important risk
factors were an elevated preoperative intraocular pressure (>30 mmHg) and an increased
patient age (>75 years). A posterior sclerotomy with anterior chamber irrigation allowed a
rapid recovery of the choroidal detachment with improved visual acuity and intraocular
pressure.
Einleitung
Beim fortgeschrittenen chronischen Offenwinkelglaukom kann es nach fistulierender
Operation durch eine postoperative Hypotonie zu einer schweren Aderhautamotio
mit Makulabeteiligung kommen [1, 2]. Bei einem Visusabfall kann in der Folge eine
operative Behandlung zur Drainage der exsudativen Flüssigkeit mit einer hinteren
Sklerotomie notwendig werden, deren klinische Ergebnisse überprüft wurden.
Methoden
Insgesamt wurden 292 konsekutive fistulierende Operationen als gedeckte Sklero­tomie mit intraoperativer Applikation von Mitomycin C untersucht [2]. Präoperativ
wurde bei allen Patienten eine umfassende Glaukomdiagnostik der anatomischen und
funktionellen Parameter erfasst. Zeigte sich bei postoperativer Hypotonie eine schwere Aderhautamotio ohne Resorptionstendenz und Makulabeteiligung mit Visusabfall,
259
KATARAKT-OP
erfolgte eine hintere Sklerotomie zur Drainage der exsudativen Flüssigkeit mit gleichzeitiger Vorderkammerspülung und Auffüllung der Vorderkammer mit hyaluronsäurehaltigem Viskoelastikum (Healon). Das operative Vorgehen ist in Abbildung 1
erläutert. Hierbei ist es wichtig, den höchsten Punkt der Aderhautamotio ophthalmoskopisch zu ermitteln und mittels Ultraschall die Reflektivität der Prominenz
darzustellen. Bei rein exsudativer Flüssigkeit ohne Blutung wird diese als hypo­
reflektives, d. h. dunkles Areal, visualisiert.
b)
a)
c)
d)
Abb. 1: Operatives Vorgehen bei der hinteren Sklerotomie (Pfeil = Sickerkissen): (a) Die Aderhautamotio
ist retrolental deutlich zu sehen (*). Anlegen der Vorderkammerinfusion über eine Parazentese und radiäre
Bindehauteröffnung (Hyposhagma). (b) In 7 mm Abstand vom Limbus wird mittels Diszisionsmesser eine
radiäre Inzision in die Sklera vorgenommen. (c) Dann wird mittels Phako-Spatel drainiert. Die exsudative
Flüssigkeit ist häufig gelblich-bräunlich verfärbt. (d) Am Ende der Drainage ist die Aderhautamotio nicht
mehr nachweisbar. Um den Augendruck zu stabilisieren, wird ein hyaluronsäurehaltiges Viskoelastikum
in die Vorderkammer injiziert
Ergebnisse
Eine Aderhautamotio trat nach zwei Wochen bei 34 % der Patienten auf, wobei diese
nach sechs Wochen nur noch bei 4 % nachweisbar war. Deshalb ist eine abwartende
Haltung in den meisten Fällen ausreichend. Bei fünf Patienten (1,7 %) kam es zu
einer schweren Aderhautamotio mit Makulabeteiligung elf bis 47 Tage (Mittel 26
Tage) nach der primären fistulierenden Operation. Das mittlere Alter der Patienten
mit Aderhautamotio lag bei 79 ± 2 Jahren und war deutlich höher (p < 0,05) als im Vergleichskollektiv aller fistulierenden Operationen (70 ± 9 Jahren). Es handelte sich bei
allen Patienten um sehr fortgeschrittene Glaukome mit einer CD-ratio von 0,86 ± 0,1,
einer mittleren Absenkung der retinalen Empfindlichkeit (mean deviation) von präoperativ bei –18,55 ± 9,3 dB im Gesichtsfeld und einer Nervenfaserschichtdicke
(RNFL) im SD-OCT von 58 ± 16 µm. Anatomisch lagen keine Auffälligkeiten vor, insbesondere kein Nanophthalmus, da die Refraktion (SÄ 1,2 ± 1,8 dpt), die Bulbuslänge
(23,18 ± 1,10 mm) und die Vorderkammertiefe (3,12 ± 0,58 mm) nicht vom Vergleichskollektiv abweichend waren. Der mittlere Visus (dezimal) war durch die Aderhautamotiovon präoperativ 0,51 auf 0,13 abgefallen und verbesserte sich nach hinterer
Sklerotomie auf 0,37 (p < 0,05) (Abb. 2). Der präoperative intraokulare Druck (IOD) vor
der fistulierenden Operation lag durchschnittlich bei 36 ± 15 mmHg unter Maximal-
260
Wirbelauer et al.: Hintere Sklerotomie zur Behandlung der schweren Aderhautamotio nach fistulierender ...
0,60
Visus (Dezimal)
0,50
0,51
0,40
0,37
0,30
0,20
0,10
0,13
0,00
Prä
Prä-Drainage
Post
Abb. 2: Visusverlauf vor
und nach der hinteren
Sklerotomie zur Drainage
der Aderhautamotio
therapie. Im Vergleichkollektiv lag der präoperative IOD im Mittel bei 25 mmHg,
d. h., die betroffenen Augen hatten einen über ca. 10 mmHg höheren IOD (P < 0,05).
Nach fistulierender Operation sank er auf 6 ± 3 mmHg und stabilisierte sich nach
hinterer Sklerotomie auf 10 ± 3 mmHg (p < 0,05), und die Aderhautamotio war schon
intraoperativ stark rückläufig (Abb. 1). Es kam zu keinen weiteren Komplikationen.
Diskussion
Nach fistulierender Operation hat die durch die postoperative Drucksenkung
entstehende Aderhautamotio in der Regel eine hohe spontane Resorptionsrate [1, 2].
In seltenen Fällen kann es zu einer schweren Aderhautamotio mit Makulabeteiligung
und Visusabfall kommen. Als Risikofaktoren wurden ein präoperativ deutlich erhöhter
IOD (>30 mmHg) sowie ein erhöhtes Alter der Patienten (>75 Jahre) festgestellt. Deshalb
scheint eine starke Drucksenkung bei altersbedingter geringerer Gewebeelastizität
zu einer deutlicheren Aderhautamotio zu prädisponieren. Eventuell könnte bei diesen
Patienten eine steifere Sklera eine venöse Abflussbehinderung begünstigen, so ähnlich wie beim uvealen Effusionssyndrom [3]. Durch eine hintere Sklerotomie zur
Drainage der exsudativen Flüssigkeit mit Vorderkammerspülung konnte eine rasche
Rückbildung der Aderhautamotio sowie eine Stabilisierung von Visus und Augen­
innendruck erzielt werden.
Literatur
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261
Katarakt-OP
Messung der zentralen Hornhautdicke nach
­Kataraktchirurgie – Vergleich von statischer und
rotierender Scheimpflug-Analyse und SD-OCT
D. M. Handzel, C. H. Meyer, A. Wegener
Zusammenfassung
Hintergrund: Evaluierung der Hornhautpachymetrie mittels statischer und rotierender
Scheimpflug-Analyse sowie SD-OCT vor und nach Phakoemulsifikation. Untersucht
wird die Zuverlässigkeit unterschiedlicher Methoden sowie die Vergleichbarkeit der
­Ergebnisse.
Methodik: Bei Patienten mit seniler Linsentrübung wurde präoperativ sowie an Tag 1, 5
und 30 nach Kataraktoperation die zentrale Hornhautdicke (central corneal thickness,
CCT) mittels der 3 genannten Techniken ermittelt. Untersucht wurden systematische
Fehler sowie Abweichungen in Abhängigkeit der Phakozeit.
Ergebnisse: Die Messung der Hornhautdicke ist präoperativ in jedem Fall mit allen
untersuchten Techniken möglich. Postoperativ ist die Quote an verwertbaren Messungen z. B. durch eine Keratopathie reduziert und die Validität der Ergebnisse infrage gestellt. Die postoperative Zunahme der Hornhautdicke und deren Abschwellung ließ sich
mit allen Geräten nachweisen. Dabei gab es eine sehr gute Übereinstimmung zwischen
statischer Scheimpflug-Technik und SD-OCT. Die Ergebnisse der rotierenden ScheimpflugKamera lagen durchschnittlich 10 µm unter diesen Werten.
Schlussfolgerungen: Die Untersuchungstechniken sind sämtlich zum perioperativen
Monitoring der Hornhautdicke geeignet. Die Messwerte sind jedoch nur bedingt vergleichbar und im Heilverlauf nicht austauschbar zu verwerten.
Summary
Purpose: Evaluation of corneal pachymetry by static and rotating Scheimpflug-analysis
and spectral domain anterior segment-OCT before and after cataract surgery. We examined the reliability of different diagnostic methods and the compareability of the results.
Methods: 50 Patients scheduled for cataract surgery were examined by static and rotating Scheimpflug-analysis and spectral domain anterior segment-OCT before and on day
1, 5 and 30 after cataract surgery. The central corneal thickness (CCT) was measured in
all these patients every time with every device. We looked at systematic errors and deviations in relation to effective phaco time (EPT).
Results: Preoperatively all three techniques were feasible in all cases. Postoperatively
the quota of reliable results can be lowered by corneal opacitis or irregularities (corneal edema, descemet membrane folds). The increase in CCT postoperatively and the
265
KATARAKT-OP
following detumescence could be verified with all devices. We could show a very good
congruity between static Scheimpflug photography and SD-OCT. The results of the rotating Scheimpflug camera were slightly lower, about 10 µm.
Conclusion: Preoperatively all devices deliver reliable results in measuring CCT. Results
are only partly comparable between different devices and not interchangeable.
Fragestellung
Die Hornhaut des Menschen ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Nach außen
wird sie von einem mehrschichtigen Epithel abgegrenzt, das auf einer Basalmembran aufsitzt (Bowman-Membran). Darunter liegt das Stroma der Hornhaut, das
vor allem aus Kollagenfasern besteht. Es ist arm an Zellkernen. Nach einer weiteren
­Basalmembran, der Descemetmembran, folgt das einschichtige Endothel der Hornhaut als Abgrenzung zur Vorderkammer. Das Hornhautendothel pumpt kontinuierlich Wasser aus dem Hornhautgewebe. Nur eine ausreichend entwässerte Hornhaut
ermöglicht einen guten Visus [14]. Die zur Kataraktoperation benötigte Ultraschall­
energie belastet das Hornhautendothel. Vorübergehende Endothelbelastung nach
Kataraktoperation zeigt sich in einer Verringerung der Pumpleistung und einem Ungleichgewicht zwischen Einstrom von Wasser aus der Vorderkammer in das Hornhautstroma und dem aktiven Transport von Wasser aus dem Hornhautstroma in
die Vorderkammer, der durch das Endothel geschieht. Es resultiert eine Hornhautschwellung und damit eine Zunahme der zentralen Hornhautdicke als Ausdruck der
Dekompensation des Hornhautendothels. Ausmaß und Rückgang der Schwellung
belegen die Erholung des Endothels und die Kompensation seiner Funktion [3, 5,
12, 13, 15, 16].
Zur Messung der Hornhautdicke galt lange die Ultraschallpachymetrie der Hornhaut als Goldstandard in Ermangelung technischer Alternativen. Nachteile dieser
Methode sind zum einen die Reproduzierbarkeit und die generelle Abhängigkeit
vom Untersucher, zum anderen die Eigenschaft der Sonografie als Kontaktverfahren, die eine postoperativ angegriffene Hornhaut zusätzlich belastet, schließlich die
bei dieser Methode obligate Lokalanästhesie der Hornhaut, die allein schon eine
Keratopathie auslösen kann [6, 7].
Neben der Ultraschallpachymetrie haben sich inzwischen mehrere Non-ContactVerfahren etabliert, z. B. das Scheimpflug-Verfahren [1, 2, 8, 10] und die SpectralDomain-Vorderabschnitts-OCT [2, 4, 9, 11], um die Hornhautdicke zu messen.
Die Fragestellung der vorliegenden Untersuchung war die Anwendbarkeit
und dabei die Zuverlässigkeit sowie die Vergleichbarkeit von statischer und rotierender Scheimpflug-Fotografie sowie Spectral-domain-OCT in der perioperativen
Pachymetrie.
266
Handzel, Meyer, Wegener: Messung der zentralen Hornhautdicke nach ­Kataraktchirurgie
Methodik
Bei 50 Patienten mit visuslimitierender Linsentrübung und geplanter Kataraktoperation wurde präoperativ eine Pachymetrie mit Messung der zentralen Hornhaut­
dicke durchgeführt.
– Messung vor Kataraktoperation (Sirius-1, Topcon-1, Nidek-1)
Dabei kamen folgende Geräte zum Einsatz:
– rotierende Scheimpflug-Aufnahme Sirius
– Vorderabschnitts-OCT Topcon-2000
– Statische Scheimpflug-Aufnahme Nidek NT 530-P
Die Messungen erfolgten unmittelbar nacheinander innerhalb weniger Minuten
an den nebeneinander positionierten Geräten. Diese Messungen wurden postoperativ wiederholt und zwar zu folgenden Zeitpunkten:
– ein bis drei Tage postoperativ (Sirius-2, Topcon-2, Nidek-2)
– vier bis sieben Tage postoperativ (Sirius-3, Topcon-3, Nidek-3)
– vier Wochen postoperativ (Sirius-4, Topcon-4, Nidek-4)
Die Ergebnisse wurden hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit
­untersucht (Abb. 1).
Abb. 1: Ergebnis der Pachymetrie mit der rotierenden Scheimpflug-Kamera (Sirius). Die Pachymetriekarte
(links oben) zeigt die Hornhautdicke an jedem Punkt der Hornhaut
267
KATARAKT-OP
Ergebnisse
Die Verfügbarkeit valider Ergebnisse lag für die drei Geräte bei 89 %, 97 % bzw.
93 %. Damit konnte durch geschultes Assistenzpersonal eine sehr hohe Quote zuverlässiger Messungen erzielt werden (Abb. 2).
100 %
11 %
20
3%
6
7%
12
80 %
ja
60 %
40 %
89 %
160
97 %
177
93 %
170
oberer Wert: Anteil in Prozent
unterer Wert: Anzahl
20 %
0%
Gemessen
nein (technische Gründe)
Sirius
Topcon
Nidek
Gerät
Abb. 2: Alle Geräte liefern eine sehr hohe Quote verlässlicher Messergebnisse bei Delegation der
Untersuchung an das Assistenzpersonal
Präoperativ wurde eine CCT von 539,91 ± 40,57 µm (Sirius), 549,34 ± 27,91 µm
(­ Topcon) und 551,16 ± 32,19 µm (Nidek) gemessen. Bereits hier zeigt sich ein geringerer Wert der rotierenden Scheimpflug-Kamera im Vergleich zu den beiden anderen
Geräten, die sich nahezu entsprechen.
Die weiteren Messungen ergaben Werte von 571,83 ± 85,10 µm, 582,81 ± 27,58 µm
und 594,79 ± 44,32 µm direkt postoperativ, eine Woche postoperativ 558,07 ± 77,18 µm,
579,37 ± 30,98 µm und 584,98 ± 37,22 µm. Vier Wochen postoperativ hatte sich die
CCT mit 543,09 ± 37,05 µm, 556,53 ± 28,34 µm und 552,89 ± 32,66 µm wieder auf das
Ausgangsniveau bewegt. Zu allen Messzeitpunkten bestand weiterhin ein signifikanter Unterschied zwischen der rotierenden Scheimpflugkamera im Vergleich zu
den beiden anderen Geräten (Abb. 3).
Schlussfolgerungen
Die postoperative Überwachung der Hornhautdicke ermöglicht einen Rückschluss
auf die Kompensationsfähigkeit des durch die Kataraktoperation kompromittierten
Hornhautendothels. Während der bisherige Goldstandard der sonografischen
Pachy­­metrie ein Kontaktverfahren darstellt und außerdem Lokalanästhesie erfordert, können inzwischen verschiedene Technologien die Messung der zentralen
Hornhautdicke als delegierbare Non-contact-Untersuchung durchführen.
268
Handzel, Meyer, Wegener: Messung der zentralen Hornhautdicke nach ­Kataraktchirurgie
Hornhautdicke CCT
(MW ± 1 Std.abw.)
Sirius
600
Topcon
Nidek
550
500
2
3
4
Zeitpunkt post-OP
Abb. 3: Postoperativ ließ sich die Abschwellung mit allen Geräten darstellen. Die Sirius-Kamera misst
dabei etwas dünnere Werte
Literatur
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269
KATARAKT-OP
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270
Postoperative Ergebnisse nach Implantation
einer torischen, asphärischen Intraokularlinse
R. Khoramnia, A. Fitting, T. M. Rabsilber, G. U. Auffarth, M. P. Holzer
Zusammenfassung
Fragestellung: Klinische Evaluation der funktionellen Ergebnisse nach Implantation
einer asphärischen, torischen Intraokularlinse (IOL).
Methodik: 12 Augen von 8 Patienten wurden bisher in diese fortlaufende prospektive
Studie eingeschlossen. Die T-flex asphärische, aberrationsfreie IOL (Rayner Intraocular
Lenses Limited, UK) wurde nach Femtosekundenlaser- oder Standard-Phakoemulsifikation implantiert. Verlaufskontrollen wurden 2 bis 4 Monate postoperativ durchgeführt und
beinhalteten subjektive Refraktion, unkorrigierten (UDVA) und bestkorrigierten (CDVA)
Fernvisus, Wellenfrontanalyse, Streulichtanalyse (C-Quant) und einen Fragebogen.
Ergebnis: Postoperativ betrug der UDVA im Median 0,06 logMAR (0,20 bis
–0,18 logMAR). Der CDVA stieg im Median von 0,20 logMAR (0,44 bis 0,02 logMAR) auf
–0,10 logMAR (0,16 bis –0,26 logMAR) an. Die Differenz zwischen dem erreichten und
erzielten sphärischen Äquivalent betrug im Median –0,18 dpt (–1,25 bis +0,23 dpt).
Der mediane Zylinder verringerte sich von präoperativ –2,25 dpt (–6,50 bis –0,25 dpt)
auf –0,5 dpt (–1,25 bis 0,00 dpt) nach der Operation. Die sphärischen Aberrationen
(6 mm Pupillengröße) betrugen im Median –0,36 µm (–0,53 bis –0,23 µm). Die
Streulichtanalyse mittels C-Quant ergab im Median einen Wert von 1,28 log(s) (0,96
bis 1,61 log(s)).
Schlussfolgerung: Die T-flex asphärische IOL liefert postoperativ gute funktionelle
Ergebnisse und ist eine effektive Methode zur Korrektur niedriger bis moderater
Astigmatismen.
Summary
Purpose: To evaluate the functional results and quality of vision after implantation of
a toric, aspheric intraocular lens (IOL).
Methods: 12 eyes of 8 patients were enrolled in this ongoing prospective clinical
study. The T-flex aspheric, aberration-free toric IOL (Rayner Intraocular Lenses
Limited, UK) was implanted after femtosecond or standard phacoemulsification.
Follow-up examinations were performed two to four months after surgery; these
included subjective refraction, ETDRS uncorrected (UDVA) and corrected distance
visual acuity (CDVA), wavefront analysis, analysis of stray light (C-Quant), and a
questionnaire.
Results: Median UDVA was 0.06 logMAR (range: 0.20 to –0.18 logMAR) postoperatively.
Median CDVA increased from 0.20 logMAR (range: 0.44 to 0.02 logMAR) preoperatively to
271
Katarakt-OP
–0.10 logMAR (range: 0.16 to –0.26 logMAR) postoperatively. The median difference between achieved versus intended spherical equivalent was –0.18 D (range: –1.25 to +0.23
D). Median cylinder improved from –2.25 D (range: –6.50 to –0.25 D) preoperatively to
–0.5 D (range: –1.25 to 0.00 D) postoperatively. The median spherical aberrations (6 mm
pupil size) were –0.36 µm (range: –0.53 to –0.23 µm). Analysis of stray light (C-Quant)
revealed a median value of 1.28 log(s) (range: 0.96 to 1.61 log(s)).
Conclusion: The T-flex aspheric toric IOL provides good and predictable functional
results after surgery. The implantation of the toric IOL is an effective method to correct
low-to-moderate astigmatism.
Einleitung
Bei ca. 40 % der Patienten, die sich einer Kataraktoperation unterziehen, besteht
ein Astigmatismus von mehr als 1,0 dpt [1]. Heutzutage ist es auch das Ziel einer Kataraktoperation, ein möglichst gutes refraktives Ergebnis zu erreichen. Daher müssen auch vorbestehende korneale Astigmatismen behandelt werden. Hierfür stehen
diverse Methoden zur Verfügung: Mithilfe von peripheren limbalen Relaxations­
inzisionen wird die Hornhaut am steilen Meridian abgeflacht, während am flachen
Meridian die Krümmung verstärkt wird [2]. Der Vorteil der Methode besteht darin,
dass relativ kostengünstig und vorhersagbar eine Reduktion des kornealen Astigmatismus erreicht werden kann. Allerdings lassen sich gerade höhere Astigmatismen
nicht ausreichend mit dieser Methode behandeln.
Eine weitere Option zur Behandlung von kornealen Astigmatismen ist die
Implantation von torischen Intraokularlinsen (IOLs). Diese Linsen werden heutzutage gern implantiert, da sie auch höhere Astigmatismen einfach und schnell korrigieren [2–5]. Die höheren Kosten für torische IOLs sind jedoch oftmals vom Patienten
selbst zu tragen. Außerdem ist eine Rotationsstabilität nicht bei allen IOLs gegeben.
Die torische IOL T-flex 573T/623T (Rayner Surgical GmbH, UK) ist eine aberrationsneutrale IOL aus hydrophilem Acryl. Die beiden Linsentypen 573T und 623T
unterscheiden sich nur hinsichtlich ihres Gesamt- und Optikdurchmessers.
Ziel unserer Studie war die klinische Evaluation der funktionellen Ergebnisse
und der Sehqualität nach Implantation dieser monofokal-torischen IOL.
Methoden
Bisher wurden in diese fortlaufende prospektive Studie zwölf Augen von acht
Patienten eingeschlossen. Das Alter der Patienten betrug im Median 49,5 Jahre
(Spannweite: 45 bis 73 Jahre). Bei acht Augen wurde eine Kataraktoperation und
bei vier Augen ein refraktiver Linsentausch durchgeführt. Im Rahmen der Linsenberechnung wurde ein induzierter Astigmatismus von 0,5 dpt einkalkuliert. Prä­
operativ erfolgte eine Markierung der Achse im Sitzen. Die torische IOL T-flex 573T
272
Khoramnia et al.: Postoperative Ergebnisse nach Implanation einer torischen, asphärischen IOL
oder 623T wurde nach Femtosekundenlaser- oder Standard-Phakoemulsifikation
implantiert. Die Größe der bei 90° gewählten Inzision lag zwischen 2,9 und 3,5 mm.
Die Verlaufskontrollen fanden zwei bis vier Monate postoperativ statt und beinhalteten subjektive Refraktion, unkorrigierten (UDVA) und korrigierten (CDVA)
Fernvisus (ETDRS), Bestimmung der Keratometriewerte mittels IOLMaster, Wellenfrontanalyse, Streulichtanalyse (C-Quant) und Fragebogen.
Ergebnisse
Bei allen behandelten Patienten zeigte sich ein komplikationsloser intraoperativer
und postoperativer Verlauf (Abb. 1). Der UDVA lag postoperativ im Median bei
0,06 logMAR (Spannweite: 0,20 bis –0,18 logMAR). Der CDVA stieg im Median von
0,20 logMAR (Spannweite: 0,44 bis 0,02 logMAR) auf –0,10 logMAR (Spannweite:
0,16 bis –0,26 logMAR) an. Die Differenz zwischen dem erreichten und erzielten
sphärischen Äquivalent betrug im Median –0,18 dpt (Spannweite: –1,25 bis +0,23 dpt).
Der mediane Zylinder verringerte sich von präoperativ –2,25 dpt (Spannweite: –6,50
bis –0,25 dpt) auf –0,5 dpt (Spannweite: –1,25 bis 0,00 dpt) nach der Operation.
Bei der Berechnung des induzierten Astigmatismus nach Waren Hill ergab sich
im Median ein Wert von 0,56 dpt (Spannweite: 0,06 bis 1,68 dpt). Bezogen auf das
sphärische Äquivalent lagen 58 % der Augen innerhalb von ±0,25 dpt, 83 % innerhalb
von ±0,50 dpt und 92 % innerhalb von ±1,0 dpt der Zielrefraktion. Hinsichtlich des
Zylinders lagen 58 % der Augen innerhalb von ±0,25 dpt, 92 % innerhalb von ±0,50
dpt und 100 % innerhalb von ±0,75 dpt der Zielrefraktion (Power-Vektor-Analyse).
Bei der Achslagenbestimmung (Abb. 1) zeigte sich im Median eine postoperative
90°
180°
82
0°
270°
Abb. 1: Darstellung der vom Hersteller angegebenen Achslage der IOL und Spaltlampenfoto beim
entsprechenden Patienten
273
Katarakt-OP
Abweichung der Achse von 4,0° (Spannweite: 0° bis 18°). Die sphärischen Aberrationen (6 mm Pupillengröße) betrugen im Median –0,36 µm (Spannweite: –0,53
bis –0,23 µm). Die Streulichtanalyse mittels C-Quant ergab im Median einen Wert
von 1,28 log(s) (Spannweite: 0,96 bis 1,61 log(s)).
Die Patientenzufriedenheit war insgesamt sehr hoch. 100 % der Patienten waren mit dem postoperativen Ergebnis zufrieden und würden die Operation mit dem
gleichen Linsenmodell wieder durchführen lassen.
Schlussfolgerung
Die torische IOL T-flex liefert postoperativ gute funktionelle Ergebnisse. Niedrige
bis moderate Astigmatismen können effektiv korrigiert werden. Die Berechnung der
IOL-Stärke ist sehr gut vorhersehbar; 83 % der Augen lagen innerhalb von ±0,50 dpt.
Die postoperative Achslage war überwiegend vorhersagbar. Die Patientenzufriedenheit war sehr hoch.
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274
Intrakamerale Antibiose bei Kataraktoperationen an Ultimusaugen in topischer
Anästhesie
A. Täumer, A. Berthold, J. Vetter, C. Wirbelauer
Zusammenfassung
Insbesondere bei Ultimusaugen kommt es darauf an, peri- und postoperative Risiken
eines operativen Eingriffes zu minimieren. Eine der gravierendsten Komplikationen nach
einer Kataraktoperation ist die Endophthalmitis. Wir untersuchten deshalb die intra­
kamerale Antibiotikaprophylaxe in Form des seit 2012 in Europa zugelassenen Aprokam
zur Reduzierung dieser Gefahr auf ihre Durchführung und Komplikationen. 68 Patienten
mit Kataraktoperation plus Cefuroxim intrakameral am Ultimusauge wurden von uns
prospektiv untersucht. Es zeigte sich eine gute Durchführbarkeit der Kataraktoperation
in topischer Anästhesie ohne erhöhte peri- und postoperative Komplikationen durch die
intrakamerale Aprokam-Gabe.
Summary
Endophthalmitis is one of the most severe complications after cataract surgery. And
even more in an oculus ultimus situation with the risk of total blindness. To minimize
the risk of endophthalmitis after cataract surgery intracameral antibiotics can be given
intraoperatively. Since 2012 a commercial product for intracameral Cefuroxim application (Aprokam) is available in Europe. We examined 68 patients with cataract operation plus Aprokam intracameral on their oculus ultimus prospectively. In all patients the
operation was possible in topical anesthesia and peri- and postoperative complications
couldn‘t be seen more often due to the intracameral application of Aprokam.
Problemstellung
Die Endophthalmitis stellt eine der bedrohlichsten Risikofaktoren nach Katarak­t­­operationen dar. Es handelt sich um eine intraokulare Entzündung, meist durch
koagulase-negative Staphylokokken hervorgerufen, mit den klinischen Symp­
tomen: rotes Auge, Schmerzen, Sehverschlechterung und oft Hypopyon. Weltweit
liegt eine geringe Inzidenz für eine Endophthalmitis nach Kataraktoperation von
0,03 bis 0,15 % [1] vor. Doch bei der hohen Anzahl an Kataraktoperationen, 800.000
allein in Deutschland pro Jahr, und steigenden OP-Zahlen im Zuge des demografischen Wandels ist die absolute Zahl der Endophthalmitiden beachtlich. Eine End­
ophthalmitis stellt eine schwerwiegende Augenerkrankung dar und geht meist mit
275
Katarakt-OP
einem drastischen Visusverlust einher. Trotz Therapie mit systemischer sowie lokaler Antibiose und Vitrektomie liegt der Visus nach einer Endophthalmitis in 74 %
unter 0,2 [2]. Deshalb ist die Prävention die wichtigste Maßnahme. Verschiedene
Risikofaktoren konnten für die Endophthalmitis herausgestellt werden. So sind Patienten älter als 85 Jahre, eine hintere Kapselruptur während der Operation, eine
kombinierte Kataraktoperation, eine Clear-Cornea-Inzision anstatt eines skleralen
Tunnels, die Implantation von Silikonintraokularlinsen, chirurgische Komplikationen und keine intrakamerale Antibiose intraoperativ mit einer erhöhten Inzidenz
einer Endophthalmitis vergesellschaftet [3, 4]. Die European Society of Cataract &
Refractive Surgeons hat nach der europaweiten Endophthalmitis Study eine Leitlinie zur Endophthalmitis-Prophylaxe nach Kataraktoperationen 2007 herausgegeben. Darin wird neben der präoperativen Applikation von Providion-Jod periorbital
und in den Konjunktivalsack die intrakamerale Gabe von 1 mg Cefuroxim am Ende
der Operation empfohlen [5]. Bei einer Befragung von Kataraktchirurgen in Europa
2012 gaben jedoch nur 74 % der Befragten an, intrakameral Cefuroxim zu verwenden
[6]. Gründe hierfür waren vor allem die Angst einer Kontamination sowie das Auftreten
von Verdünnungsfehlern mit schweren toxischen Schädigungen der Augen bei eigener Herstellung [7, 8]. Über 90 % der Befragten gaben an, dass sie ein kommerziell hergestelltes Präparat verwenden würden. Mit Aprokam ist seit 2012 nun ein kommerziell
hergestelltes Produkt in Europa auf dem Markt. In einer Durchstechflasche werden
1 mg/0,1 ml Cefuroxim direkt im OP-Saal mit nur einem Lösungsmittel hergestellt.
Durch dieses einfache Verfahren kann das Risiko für Kontamination und Verdünnungsfehlern verringert werden.
Studiendesign und -ergebnis
In unserer Klinik wird routinemäßig keine intrakamerale Antibiose verwendet. In
besonderen Fällen, wie bei Ultimusaugen mit der Gefahr der vollständigen Erblindung nach Endophthalmitis, erscheint eine weitere Risikoreduzierung sinnvoll.
In unserer Untersuchung konnten 68 Patienten (29 Männer und 39 Frauen)
im Durchschnittsalter von 79 ± 8 Jahre im Zeitraum von Juni 2013 bis Januar 2014
eingeschlossen und prospektiv untersucht werden. Als Einschlusskriterium galt
ein Visus ≤0,05 an dem Partnerauge, das heißt an dem Auge, das nicht operiert
werden sollte. Dies betrug immerhin 6 % aller stationären Kataraktpatienten
unserer Klinik in diesem Zeitraum. Alle Operationen wurden in topischer Anästhesie durchgeführt. Zu den standardmäßigen perioperativen Maßnahmen zählt
die periorbitale und konjunktivale Applikation von Povidone-Jodlösung für mindestens zehn Minuten und das Abkleben der Lider und Wimpern. Intraoperativ
wurden Intraokularlinsen aus hydrophobem Acrylat implantiert. Am Ende der Operation wurdeallen eingeschlossenen Patienten 1 mg Cefuroxim (0,1 ml Aprokam,
ThéaPharma) intrakameral verabreicht. Hierfür wurde zunächst die Dichtigkeit des
276
Täumer et al.: Intrakamerale Antibiose bei Katarakt-OPs an Ultimusaugen in topischer Anästhesie
Abb. 1: Intracamerale Cerfuroxim-Applikation
Tunnel­schnittes überprüft, dann der Bulbus untertonisiert und als letzter Schritt mit
0,1 ml Cefuroxim (Aprokam) tonisiert (Abb. 1). Dadurch wird sichergestellt, dass das
Antibiotikum nicht wieder ausgewaschen wird und in der Vorderkammer verbleibt.
Alle Patienten blieben bei uns stationär, sodass wir den Visus prä- und postoperativ, den intraokularen Druck sowie peri- und postoperative Komplikationen
erfassen konnten. Als Ursache der Ultimussituation konnten verschiedene Diagnosen am Partnerauge festgestellt werden (Abb. 2): AMD, Amblyopie, Zustand nach
retinalem Gefäßverschluss, Glaukom, Zustand nach Trauma, Zustand nach Ablatio
25%
Prozent
20%
15%
10%
5%
0%
AMD
Gefäßverschluss
Glaukom
Amblyopie
Trauma
Ablatio
andere
Abb. 2: Diagnosen Ultimusaugen
retinae und andere. Bei drei Patienten erfolgte die Kombination des Phakoeingriffs
mit einem weiteren Eingriff. In je einem Fall wurde die Kataraktoperation kombiniert
mit einer intravitrealen Avastin-Injektion, der Implantation eines trabekulären Bypass-Stents bzw. der Verwendung eines Kapselspannrings bei lockeren Zonulafasern.
In 4 % lag eine schwierige Lagerung des Patienten bei Allgemeinerkrankungen vor.
Die Operation konnte jedoch auch in diesen Fällen gut in Lokalanästhesie ohne
Komplikationen durchgeführt werden. Insbesondere kam es zu keiner Kapselruptur,
sodass eine Operation in Vollnarkose nicht notwendig war.
277
Katarakt-OP
Der Visus konnte durch die Operation von durchschnittlichen 0,28 ± 2,5 auf 0,47
± 1,95 postoperativ signifikant (P < 0,05) verbessert werden (Abb. 3). Es lag eine große
Streuung aufgrund von visusverschlechternden Nebendiagnosen vor (AMD 35 %,
Glaukom 25 %, hohe Myopie 7 %, diabetische Retinopathie 6 %, Keratopathie 3 %,
je 1 %: Z.n. retinalem Gefäßverschluss, Hyperopie, epiretinale Gliose, Z.n. Lasik, Z.n.
Uveitis anterior, chron. Blepharokonjunktivitis, Rosazea, massvie Rubeosis iridis).
Der post-operative intraokulare Druck lag bei 15,0 ± 3,6 mmHg. Nur in einem Fall lag
ein erhöhter postoperativer Druck vor, der jedoch durch lokale Antiglaukomatosa reguliert werden konnte. Bei einem Auge lag ein Hyphäma postoperativ vor bei starker
Rubeosis iridis im Rahmen einer diabetischen Retinopathie. In 16 % zeigten sich
Descemetfalten und/oder Epithelödem. Dies zeigte jedoch keine erhöhte Rate und
keine schwerwiegenderen Formen als sonst nach Kataraktoperationen. Wir konnten
weder eine allergische Reaktion noch ein „Toxic Anterior Segment Syndrome“ (TASS)
feststellen. Auch kam es in keinem Fall zu einer Endophthalmitis – wobei hierbei natürlich die Anzahl der untersuchten Patienten zu gering ist, um eine statistisch signifikante Aussage treffen zu können.
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
Prä
Post
Abb. 3: Visusentwicklung
Fazit
Zusammenfassend können wir feststellen, dass durch die intrakamerale CefuroximGabe in Form von Aprokam, als kommerziell hergestelltes Mittel in Europa, gerade
bei Ultimusaugen eine Reduzierung des Risikoprofils erfolgen kann ohne scheinbare peri- oder postoperative Komplikationen. Die Kataraktoperation an Ultimusaugen ist in Tropfanästhesie möglich.
278
Täumer et al.: Intrakamerale Antibiose bei Katarakt-OPs an Ultimusaugen in topischer Anästhesie
Literatur
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Shirodkar AR, Pathengay A, Flynn HW Jr. et al.: Delayed- versus acute-onset endophthalmitis after cataract surgery. Am J Ophthalmol 2012;153(3):391–398
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6. Barry P: Adoption of intracameral antibiotic prophylaxis of endophthalmitis following cataract surgery.
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279
Postoperative Endophthalmitiden nach Phako
und IVOM seit 2009 – gibt es Unterschiede?
T. Michel, H. Häberle, D. T. Pham
Zusammenfassung
Intravitreale Medikamentengaben (IVOM) werden immer häufiger und wie Kataraktoperationen meist ambulant durchgeführt. Es gilt die strikte Antisepsis und präoperative lokale 5 % PVP Ioddesinfektion als wirksame Prophylaxe. Wir analysierten
30 Fälle der letzten 5 Jahre, die aufgrund von postoperativer Endophthalmitis nach
Phako (Gruppe 1, n = 20) bzw. IVOM (Gruppe 2, n = 10) stationär behandelt wurden.
Grundsätzlich erfolgte eine lokale und systemische intravenöse antibiotische und
antiinflammatorische Therapie. Bestand GK-Infiltration oder progredienter Funktionsverlust, wurde in 83 % der Fälle unverzüglich eine Pars-plana-Vitrektomie (PPV)
mit GK-Punktat für Mikrobiologie und intravitrealer Applikation von Vancomycin und
Gentamicin durchgeführt. Der Zeitpunkt der Diagnose war in beiden Gruppen nicht
signifikant unterschiedlich (3,9 bzw. 4,1 Tage postoperativ mit einer Spanne von 1 bis
10 Tagen). Der Visus lag in Gruppe 1 bei 65 % bei Metervisus oder schlechter (n = 13), in
Gruppe 2 bei allen bei HBW. Das GK-Punktat war bei 80 % positiv (Vancomycin-sensible
Staphylokokken). Gruppe 1 erreichte im Verlauf einen mittleren Visus von 0,6, einmal
kam es zur PVR-Ablatio. In Gruppe 2 erreichte kein Auge einen postoperativen Visus über
Metervisus, 40 % entwickelten eine PVR-Ablatio mit Silikonöltamponade. Häufigste Erreger waren Staphylokokken, resistent auf Ceftazidim. Eine Endophthalmitis nach IVOM
führte im Vergleich zu Phako zu schlechten funktionellen Ergebnissen und zeigte im Vorderabschnitt diskretere Symptome.
Summary
The frequency of intravitreal injection of drugs (IVI) has significantly increased
recently and it is performed like cataract surgery as an outpatient procedure. Antisepsis and preoperative local disinfection with 5 % povidone-iodine are essential in
prophylaxis of postoperative endophthalmitis. We analyzed the data of 30 patients with
endophthalmitis following cataract surgery (n = 20, group 1) and IVI (n = 10, group 2)
requiring inpatient therapy from January 2009 to December 2013. All patients received anti-inflammatory therapy, topic and systemic intravenous antibiotics. Due to vit­
reous opacification and severe loss of vision 83 % patients underwent immediately
pars plana vitrectomy with diagnostic microbiological probe and intravitreal application of vancomycin and gentamicin. Endophthalmitis occured 1 to 10 days postoperatively, there was no significant difference for diagnosis (3.9 respectively 4.1 days). Vitreous cultures were positive in 80 % (vancomycin-sensitive staphylococci). The visual
acuity was initially in 65 % of group 1 eyes <20/200 or worse, in all eyes of group 2 hand
281
Katarakt-OP
motions. Visual outcome 20/32 on average for group 1, PVR-ablatio occured
once. In group 2 no patient achieved better visual outcome than 20/200, 40 % developed PVR-ablatio with permanent silicon oil tamponade. The major pathogenes
were staphylococci resistant to ceftazidim. Endophthalmitis following IVI had poor
visual outcome compared to cataract surgery and showed less anterior segment
symptoms.
Einleitung
Phakos stellen mit über 650.000 und IVOM mit über 400.000 Eingriffen pro Jahr in
Deutschland die häufigsten operativen Eingriffe dar. Frühe postoperative Entzündungsreaktionen in den ersten 24 h können sich als TASS (toxic anterior segment syndrom) manifestieren, bakteriell bedingte Endophthalmitiden treten typischer­weise
in den ersten postoperativen Tagen auf. Die Inzidenz postoperativer Endophthalmitis
nach IVOM beträgt in Studien 0,049 %, nach Phako 0,128 % [3, 4].
Methoden
Von 30 postoperativen Endophthalmitiden ereigneten sich 20 nach Phako (Gruppe
1, davon 16 von extern zugewiesen) und zehn nach IVOM (Gruppe 2, davon sieben
von extern zugewiesen). Nach Spaltlampenbefund und Ultraschalluntersuchung
zum Ausschluss einer initial bestehenden Ablatio retinae erfolgte die Diagnosestellung. Ermittelt wurden bestkorrigierter Visus, Beginn der Symptome seit dem
operativen Eingriff und Erregerspektrum. Bei fulminantem Verlauf erfolgte eine
notfallmäßige 20-G-PPV mit Vorderkammer- und Glaskörperpunktat für diagnostischen Direktausstrich sowie Anzüchtung im Blutkulturmedium und intravitreale
Applikation von 2 mg Vancomycin und 0,1 mg Gentamicin. Bei Pseudophakie wurde
die Hinterkapsel exzidiert und der Kapselsack ausgiebig gespült. Alle Fälle erhielten
eine systemische Antibiose mit Vancomycin zweimal 1 g und Ceftazidim dreimal 2 g,
zusätzlich systemisch Dexamethason 1 mg/kg KG [1]. Lokal erfolgte die Applikation
von Moxifloxacin und Gentamicin stündlich im Wechsel, außerdem lokal Dexamethason AT stündlich und Zykloplegie. Nach Erhalt des Antibiogramms erfolgte die
Anpassung der lokalen und systemischen Antibiotika.
Ergebnisse
Bei der Indikation zur IVOM bestand am häufigsten (50 %) eine neovaskuläre AMD.
Von den Anti-VEGF-Medikamenten wurde neunmal Lucentis (90 %) und einmal
Avastin (10 %) injiziert.
Die Diagnosestellung nach operativem Eingriff erfolgte im Mittel nach 3,9 (Gruppe 1) bzw. 4,1 (Gruppe 2) Tagen (ein bis zehn Tage). Spaltlampenmikroskopisch
282
Michel, Häberle, Pham: Postoperative Endophthalmitiden nach Phako und IVOM seit 2009 – gibt es Unterschiede?
zeigte sich in Gruppe 1 bei 65 % (n = 13) ein Hypopyon, in Gruppe 2 bei 40 % (n =
4). Bei ausgeprägten GK-Trübungen ließen sich Netzhautinfiltrate erst intraoperativ
erkennen, Gruppe 1 hatte in 15 % (n = 3) eine Netzhautbeteiligung, Gruppe 2 in 70
% (n = 7) der Fälle. In Gruppe 1 erfolgte in 75 % der Fälle eine PPV, in Gruppe 2 in
allen Fällen. Bei 80 % der vitrektomierten Augen war ein mikrobiologischer Keimnachweis möglich, in allen Fällen wurden grampositive Kokken nachgewiesen. Ein
Unterschied im klinischen Verlauf und funktionellen Ergebnis ließ sich zwischen
den kulturpositiven und -negativen Fällen nicht ausmachen. In beiden Gruppen waren alle Keime resistent auf Ceftazidim und sensibel auf Vancomycin, resistent auf
Gentamicin waren 80 % der Keime in Gruppe 1, in Gruppe 2 20 %.
Der Visus betrug bei Aufnahme in Gruppe 1 bei 65 % der Fälle HBW oder Metervisus (n = 13), bei 35 % im Mittel 0,2, in Gruppe 2 bei allen HBW.
Gruppe 1 erreichte im Follow-up nach sechs Monaten einen mittleren Visus von
0,6, einmal kam es zur PVR-Ablatio. In Gruppe 2 kam niemand über Metervisus mit
40 % PVR-Ablatio und nachfolgender Silikonöltamponade.
Diskussion
In der Literatur wird eine Inkubationszeit bei postoperativen Endophthalmitiden
nach Kataraktchirurgie von sieben Tagen [1, 5] und drei bis fünf Tagen nach IVOM
berichtet [6, 7]. Für die frühpostoperative Kontrolle nach IVOM sollten Visus und
ggf. Mydriasis gefordert werden. Die visuelle Prognose war aufgrund der primären
massiven Netzhaut- und Glaskörperbeteiligung nach IVOM schlechter aufgrund häufig eintretender PVR-Ablatio, entsprechend schlechter die Ergebnisse nach IVOM in
der Literatur mit Visus <0,1 in über 70 % der Fälle [7]. In 80 % der Fälle gelang uns
ein Erregernachweis. Dies entspricht der Nachweisrate in entsprechenden Studien
[5, 9]. Alle Erreger waren Vancomycin-sensible Kokken.
Das Antibiogramm liegt erst zwei bis drei Tage nach Probengewinnung vor, sodass es weiterhin gerechtfertigt ist, kombiniert Vancomycin und Gentamicin intravitreal zu applizieren. Auffällig war in unserer Untersuchung die hohe Resistenzrate auf Ceftazidim. Die Anwendung von intrakameralem Cerfuroxim am Ende einer
Phako als Prophylaxe der postoperativen Endophthalmitis wird nach wie vor kontrovers diskutiert. In einer aktuellen ESCRS-Umfrage geben 74 % der Operateure an,
immer oder häufig intrakamerale Antibiotika zu verwenden, 22 % verwenden diese
nie [8]. Die Fachgesellschaft empfiehlt ausdrücklich den Verzicht auf perioperative
lokale Antibiose bei IVOM aufgrund der Resistenzentwicklung und fehlendem Wirksamkeitsnachweis [2]. Antiseptik und Aseptik müssen bei jeder Injektion beachtet
werden, außerdem ausreichend lange Einwirkzeit des PVP-Iods präoperativ, Applikation im entsprechendem OP und die Bevorzugung von Fertigspritzen.
Aufgrund der häufigeren infektiösen Netzhautbeteiligung nach IVOM mit nachfolgender PVR-Ablatio sollte eine protektive und antibakteriell wirksame primäre Öl-
283
Katarakt-OP
tamponade erfolgen. Die Indikation für jede IVOM-Gabe ist kritisch zu stellen, besonders bei Reinjektionen und noch gutem Visus. Die Patienten müssen entsprechend für
Endophthalmitissymptome sensibilisiert sein und bei Visusverschlechterung sofort
den augenärztlichen Notdienst aufsuchen.
Literatur
1.
Barry P, Behrens-Baumann W, Pleyer U et al.: ESCRS Guidelines on prevention, investigation and
management of post-operative endophthalmitis. European Society for Cataract & Refractive Surgery (ESCRS)
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intravitrealer operativer Medikamenteneingabe (IVOM) (September 2013)
3.
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growth factor agents: causative organisms and possible prevention strategies. Retina (Philadelphia, Pa.)
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Taban M, Behrens A, Newcomb RL et al.: Acute endophthalmitis following cataract surgery: a systematic
review of the literature. Arch Ophthalmol 2005 May;123(5):613–620
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intravenous antibiotics for the treatment of postoperative bacterial endophthalmitis. Endophthalmitis Vitrectomy Study Group. Arch Ophthalmol 1995;113(12):1479–1496
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Shah CP, Garg SJ, Vander JF et al.: Outcomes and risk factors associated with endophthalmitis after intra­
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features, risk factors, and outcomes. Eye (Lond) 2012;26:1517–1526
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284
Umfrage von DGII, BDOC, BVA und DOG zur
Intraokularchirurgie 2013
M. Wenzel, G. U. Auffarth, A. Scharrer, K. Schayan, T. Reinhard
Zusammenfassung
Im Januar 2014 wurde die traditionelle DGII-BVA-BDOC-DOG-Umfrage unter den
deutschsprachigen Ophthalmochirurgen durchgeführt. Die Angaben von 277 Operationszentren mit zusammen 683 Operateuren werden ausgewertet. Zusammen
wurden 729.810 Operationen erfasst, davon 376.074 Kataraktoperationen, 34.086
Pars-plana-Vitrektomien, 24.305 refraktive Operationen, 10.097 bulbuseröffnende Glaukomoperationen, 6773 Laser-Zyklodestruktionen, 3725 Keratoplastiken und 274.714 IVOM
(Anti-VEGF, Kortison).
Summary
A survey on the status of in- and out-patient surgery was carried out by the DGII, BVA,
DOG and BDOC in 2014. Data from 277 operating centers involving 683 ophthalmic
surgeons were evaluated. The responders were about 33 % of all german ophthalmic
surgeons. A total of 729,810 ophthalmic procedures were performed by the responders in this year: 376,074 cataractsurgeries, 34,086 pars-plana vitrectomies, 24,305
refractive procedures, 10,097 invasive glaucoma procuderes, 6773 laser-cyclodestructions, 3725 keratoplasties and 274,714 invasive makula treatments (anti-VEGF,
Cortisone).
Einleitung
Seit 30 Jahren führen wir regelmäßig Umfragen zur Intraokularchirurgie durch, inzwischen zusammen für die vier großen deutschen opthalmochirurgischen Fachgesellschaften (BDOC, BVA, DGII, DOG).
Unser großer Dank gilt allen Kollegen, die sich auch in diesem Jahr wieder die
Mühe gemacht haben, die Fragebögen auszufüllen und anonym zurückzusenden.
Dies gibt uns Ärzten einen Überblick über die Entwicklungen unseres Faches, der
allen zugängig ist und der sowohl ambulante als auch stationäre Operationen berücksichtigt.
Im Jahr 1983 war der Überblick noch einfach, es gab nur hauptamtliche Kliniken
und Belegabteilungen. Ab 1991 nahmen ambulante Operationen langsam zu, parallel zur Entwicklung von der EC-Entbindung zur Phakoemulsifikation. Im Jahr 1998
hatten zwei von drei Zentren niedergelassener Operateure eine Belegabteilung, ein
285
Katarakt-OP
Drittel operierte in eigener Praxis ausschließlich ambulant. Größere Praxen konnten
es sich leisten, parallel in eigenen OP-Räumen und im Krankenhaus zu operieren.
Ab 2006 haben viele Zentren ihre Belegabteilung aufgegeben, da der EBM Abschläge
auf stationäre Leistungen vorsah.
Drittel operierte in eigener Praxis ausschließlich ambulant. Größere Praxen konnten es sich leisten, parallel in eigenen OP-Räumen und im Krankenhaus zu operieren.
Ab 2006 haben viele Zentren ihre Belegabteilung aufgegeben, da der EBM Abschläge
auf stationäre Leistungen vorsah.
Die meisten Kollegen hatten zunächst noch Operationsräume in Krankenhäusern
genutzt, auch wenn sie keine Belegbetten mehr hatten. Inzwischen sind die meisten
Operationszentren Niedergelassener in eigenen oder angemieteten Räumen außerhalb eines Krankenhauses. Es gibt aber wieder eine entgegengesetzte Entwicklung:
Während der Anteil der Niedergelassenen, die in Krankenhäusern operieren, auf
15 % gesunken ist, werden neue Kooperationsformen gefunden.
Im Januar 2014 wurde ein Umfragebogen an die beim BVA gemeldeten Operateure geschickt sowie von DGII und BDOC digital veröffentlicht. 277 Antworten von
Operationszentren, die intraokular operierten, wurden ausgewertet. Nach unverbindlichen Zählungen der Industrie gibt es in Deutschland etwa 800 bis 850 ophthalmologische Operationszentren, davon hat etwa ein Drittel teilgenommen.
Kataraktoperationen
Insgesamt erfolgten 729.810 intraokulare Operationen (Abb. 1). Davon waren 376.074
Kataraktoperationen, 52 % aller Eingriffe. Es wurden 48.681 Katarakte (13 %) stationär und 327.393 (87 %) ambulant operiert. 295.652 Katarakte (79 %) wurden von
niedergelassenen Kollegen operiert, 80.422 Katarakte (21 %) wurden in Kliniken
operiert (Abb. 2).
9%
Klinik,
stationär,
n = 34.148
4%
niedergelassen,
stationär,
n = 14.533
12 %
Klinik, ambulant,
n = 46.274
75 %
niedergelassen, ambulant,
n = 281.119
1%
KPL ,
n = 3725
2%
Glaukom,
n = 16.870
52 %
Katarakt,
n = 376.074
38 %
IVOM ,
n = 274.715
5%
PPV,
n = 34.086
3%
refraktive OP,
n = 24.305
Abb. 1: Anzahl und Verteilung der Kataraktoperationen 2013 (n = 376.074)
286
Abb. 2: Intraokularen Operationen 2013
(n = 729.810)
Wenzel et al.: Umfrage von DGII, BDOC, BVA und DOG zur Intraokularchirurgie 2013
Die jährlichen Operationszahlen aller Zentren schwankten zwischen 80 und
8423 Katarakte. Der Median aller Zentren lag bei 934 Kataraktoperationen im Jahr. Zu
48 % wurden zur Anästhesie peri- oder retrobulbäre Injektionen bevorzugt. 40 % der
Zentren bevorzugten die topische Anästhesie und 12 % wählten – meist begleitend
zur retrobulbären Injektion – Rauschnarkosen oder ITN. Der Anteil der Zentren, die
die Implantation mit Einmalinjektoren bevorzugten, lag bei 26 %. Zu 72 % wurden
resterilisierbare Injektorsysteme benutzt. 2 % bevorzugten Faltpinzetten.
120.179 (32 %) waren asphärische Linsen. Sie wurden von 197 Zentren (71 %)
eingesetzt. 85.893 der implantierten Linsen (23 %) waren Blaufilterlinsen. Sie wurden
von 180 Zentren (65 %) eingesetzt. 8761 (2,3 %) Implantate waren torisch. Sie wurden von 200 (72 %) Zentren implantiertt. Es wurden zwischen einer und 450 torische
Linsen implantiert, im Median 20 pro Jahr.
Bifokale, multifokale und akkommodative IOLs wurden als „Multifokallinsen“
zusammengefasst. Die 7056 implantierten multifokalen Linsen entsprachen 1,9 % aller implantierten Linsen. 156 (56 %) aller Zentren haben multifokale Linsen implantiert. Es wurden zwischen einer und 600 multifokale Linsen implantiert, im Median
20 pro Jahr.
660 „Add-on-Linsen“ wurden in Augen mit Kunstlinsen implantiert (0,2 %). 69
(25 %) aller Zentren haben diese Operationen durchgeführt.
Zehn (4 %) operative Zentren haben einen Femtosekundenlaser in der Kataraktchirurgie eingesetzt. 2385 Katarakte (0,6 %) wurden im Jahr 2013 mithilfe des
Femtosekundenlasers operiert. Es wurden zwischen zwei und 807 Katarakte mit
dem Femtosekundenlaser operiert, im Median 200 pro Jahr.
Glaukomoperationen
Im Jahr 2013 wurden 10.097 bulbuseröffnende Glaukomoperationen erfasst, 10 %
ambulante und 90 % stationäre. Dabei liegt das Verhältnis von Kataraktoperationen
zu bulbuseröffnenden Glaukomoperationen bei 37 : 1. Die Zahl der ambulanten Operationen lag zwischen zwei und 117, im Median bei 15 pro Jahr. Die Zahl der stationären lag zwischen zwei und 1818, im Median bei 60 pro Jahr.
Außerdem wurden 6773 laserdestruktive Glaukomoperationen erfasst, 23 % ambulante und 76 % stationäre. Die Anzahl der ambulanten Eingriffe lag zwischen drei
und 150, im Median bei zehn. Die Zahl der stationären Eingriffe lag zwischen zwei
und 176, im Median bei 15.
Pars-plana-Vitrektomien
Im Jahr 2013 wurden 34.086 Pars-plana-Vitrektomien erfasst. Dabei hat sich auch
das Verhältnis von Kataraktoperationen zu Pars-plana-Vitrektomien in den letzten
Jahren zugunsten der Vitrektomien auf 11 : 1 verschoben. 12 % wurden ambulant
287
Katarakt-OP
und 88 % stationär durchgeführt. Im Gegensatz zu den Kliniken, bei denen die Operationszahlen stark gestiegen sind, sind sie bei den niedergelassenen Kollegen zurückgegangen.
Keratoplastiken
Mit der Umfrage wurden 3725 Keratoplastiken erfasst, 5 % ambulante und 95 %
stationäre.
IVOM
2013 erfolgten 274.714 intravitreale Medikamenteneingaben (Abb. 3). Von den IVOM
erfolgten 38 % durch öffentliche Kliniken und 62 % durch niedergelassene Kollegen.
2013 kam in Deutschland auf 1,4 Kataraktoperationen bereits eine IVOM. Im Bereich
der niedergelassenen Kollegen lag es bei 1,8 : 1.
102.702-mal wurde Avastin® intravitreal appliziert. Mit 36 % aller IVOM war
es das am häufigsten applizierte Präparat (Abb. 4). 85.145-mal wurde Lucentis®
(Ranibizumab) gegeben (31 % aller IVOM); 26.806-mal wurde „ausgeeinzeltes“
Ranibizumab verbreicht (10 % aller IVOM); beide lagen unter den Werten des
Vorjahres. Eylea® wurde 27.280-mal injiziert (10 % aller IVOM), ausgeeinzeltes
Aflibercept 4348-mal (2 % aller IVOM). Ozurdex® wurde 3724-mal verabreicht (1 % aller IVOM). Die Anzahl der intravitrealen Therapien mit Triamzinolon oder Dexamethason lag bei 1227. 767-mal wurden andere Präparate gegeben. Bei weiteren 21.715
Patienten erfolgte keine differenzierte Angabe zur intravitrealen Therapie.
Bei 116.149 (42 %) der intravitrealen Therapien wurden offiziell zugelassene
Medikamente (Lucentis®, Eylea®, Ozurdex®) appliziert. Zu 49 % wurde „Off-Label“
therapiert: Avastin®, ausgeeinzeltes Ranibizumab oder Aflibercept und Triamzi-
8%
unbekannt,
n = 21.715
10 %
Eylca®,
n = 27.280
1%
andere,
n = 1994
31 %
Lucentis®,
n = 85.145
36 %
Avastin®,
n = 102.702
10 %
Ranibizumab,
n = 26.806
Abb. 3: Medikamente zur IVOM 2013
(n = 274.714)
288
1%
Ozurdex®,
n = 3724
2%
ausgeeinzeltes
Aflibercept,
n = 4348
6%
Limbale
Inzisionen,
n = 1424
6%
phake Implantate,
n = 1460
65 %
LASIK ,
n = 15.769
19 %
Refraktiver
Linsenaustausch,
n = 4.660
4%
Femto-Lentikelextraktion,
n = 992
Abb. 4: Refraktive Operationen 2013
(n = 24.305)
Wenzel et al.: Umfrage von DGII, BDOC, BVA und DOG zur Intraokularchirurgie 2013
nolon. Bei 8 % der Patienten wurde das intravitreal applizierte Medikament nicht
genannt.
Refraktive Operationen
24.305 refraktive Operationen wurden erfasst, sodass in Deutschland auf 15 Kataraktoperationen eine primäre refraktive Operation kam. Von den 24.305 refraktiven
Operationen waren 15.769 Excimerlaser-assistierte Eingriffe, 992 Femto-Lentikel­
extraktionen, 4660 refraktive Linsenaustausche, 1460 phake Implantate und 1424
limbale Inzisionen (Abb. 4).
In den 72 Excimer-Zentren wurden zwischen vier und 1700 Excimerlaser­
assistierte Eingriffe vorgenommen, im Median waren es 80 im Jahr.
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289
ISBN 978-3-9816717-0-4