Notizen 1977 04 - Ratsfraktion DKP Bottrop

Transcrição

Notizen 1977 04 - Ratsfraktion DKP Bottrop
Aus dem Inhalt:
Sibirische Delegation
zu Gast in Bottrop
1500 kommunistische
Bürgermeister
Seite 3
Jugendarbeitslosigkeit
und kein Ausweg
Seite 4
Seite 7
Unsere tel
N r. 4
11 . Juni 1977.
Sparkasse :
Gewinn über
3,5 Millionen
Die Banken haben im
letzten
Geschäftsjahr
riesige
Gewinne
gemacht . Auch die Stadtsparkasse Bottrop konnte
Gewinne
von
3 560 000 DM verbuchen.
1975 waren es „nur"
rund 2 Millionen . Die
DKP-Fraktion kritisierte diese Geschäftspolitik, die den Bürgern offensichtlich
zu
hohe
Zinsen abverlangt . Die
DKP wandte sich auch
dagegen, daß der Rat auf
die vom Gesetz vorgesehene Gewinnabführung
von 356 000 DM an die
Stadt verzichtete . Die
Sparkasse soll es nach
Belieben für „gemeinnützige Zwecke" ausgeben.
Kirc'h'hellen :
Jusos auf
DKP-Spuren
Die Jungsozialisten in
Kirchhellen haben einen
neuen Vorstand gewählt
und
kommunale
Arbeitsvorhaben beschlossen .
Im
Vordergrund
steht
die
Forderung
nach einem Jugendzentrum in Kirchhellen, es
sollen Kinderfeste u . ä .
durchgeführt
werden .
Die DKP begrüßt diese
Ankündigung . Denn sie
setzt sich seit langem
für die Verwirklichung
dieser Forderungen tatkräftig ein .
aus Bottrop und Kirchhellen
Die Ruhrkohle AG sucht Gelände für 93 Millionen cbm Berge :
Versinkt Bottrop bald
unter Bergehalden?
DKP : Die Entwicklung des Bergbaus darf nicht die Umwelt zerstören!
Man stelle sich vor : Das Gebiet der alten Stadt Bottrop
wird mit Waschbergen in Höhe von 2,20 m völlig bedeckt .
Für diese Menge Kohleabfall sucht der Bergbau Halden .
Nach neuesten Plänen soll es bald neben 5 Kokshalden 7
Bergehalden geben .
Spötter könnten sagen,
dann wird unsere Stadt
eben die Stadt der sieben
Berge sein, Und der Optimist
sieht diese
Berge
schon begrünt und harmonisch in die Naherholungsgebiete eingebettet .
Doch
die
Wirklichkeit
läßt jeden Spott im Keim
ersticken . Bei einer iufentliehen Anhörung des Ausschusses für Stadtplanung
und Umweltschutz am 31 .5 .
1977 erklärte BergwerksdiRauhut,
Bergbau
rektor
AG Niederrhein, daß auf
Bottroper Gebiet in den
kommenden Jahren jeweils
3,1 Mio . cbm Berge aufzuhalden sind . In 30 Jahren
sind das 93 Mio. cbm. Mit
dieser Menge kann die Gesamtfläche von Alt-Bottrop
mit einer Bergeschicht in
Höhe von 2,20 m überdeckt
werden! Ein gespenstisches
Bild.
Während dieses Hearings
unterstrich Rauhut die Absicht der RAG, auch in den
nächsten Jahrzehnten den
Bergetransport per LKW
über die Straßen zu leiten
zur Halde an der Beckstraße, zur Hanielhalde und
später dann zur neuen Halde an der Prosperstraße
bzw . auf eine 160-ha-Fläche
zwischen der Hanielhalde
und Prosper IV . Damit
würde
die
Lärmund
Schmutzbelästigung
in
Bottrop verewigt .
Während Vertreter von
SPD und CDU gewisse Bedenken anmeldeten, kritisierte DKP-Sprecher Czymek die RAG-Bosse wegen
ihrer plan- und rücksichtslosen Aufhaldung (weiter
Seite 2) .
t)as Sibirische Nationalensemble bot großartige Leistungen . liier der tirbuappschuß von einem Volkstanz . Mehr über die Veranstaltung der DKP auf Seite 3 .
Lebensgefäbrliche
Diagnosen des
Herrn Hoheisel
Schlendrian im Krankenhaus
Wer
die
Ambulanz
des Knappschaftskrankenhauses aufsucht, muß
sich u . U . auf ein Abenteuer
einrichten .
Das
Vertrauen in die ärztliche Kunst wird hier
seit einiger Zeit erheblich strapaziert . Denn in
dieser Ambulanz arbeitet ein gewisser Dr. Hoheisel, der vom Hippokratischen Eid offenbar
sehr wenig hält .
Wie könnte sonst folgendes geschehen : Ein
Mann erleidet einen Unfall, wird in die Ambulanz des Knappschaftskrankenhauses gefahren,
wird „untersucht", geröntgt und dann von Dr .
Hoheisel nach Hause geschickt . Seine Diagnose :
keine Fraktur . Zwei Tage später muß der Patient jedoch in stationäre
Behandlung .
Die
Überprüfung der Röntgenaufnahme
ergab :
Oberschenkelhalsbruch!
Menschliches
Irren?
Gewiß, eine Fehldiagnose kann jedem unterlaufen . Aber beim Herrn
Hoheisel häufen sich die
Pannen . Schon vor Jahren schickte der Doktor
einen Mann mit doppeltem Schädelbruch nach
Hause . Der so zum Tode
Verurteilte
verdankt
sein Leben nur der Hil-
feleistung des Nachbarkrankenhauses .
Schon
damals
forderten
die
NOTIZEN den Chef des
Knappschaftskrankenhauses auf, die nötigen
Konsequenzen zu ziehen .
Doch Hoheisel durfte
weiterschlampen.
Erst
kürzlich konnte ein ExRatsherr
vor Gericht
beweisen, daß Hoheisel
auch bei ihm fehldiagnostiziert hatte .
Diagnose : ohne Befund
Wir fragen : Wie lange
noch darf Hoheisel in
der Ambulanz herumpfuschen? Wann endlich
gibt es in Bottrop ein
Diagnosezentrum,
das
solchen lebensgefährlichen Praktiken ein Ende bereitet?
Seite 2
Notizen aus Bottrop und Kirchhellen
Die Fahrgäste laufen der
,Yestischen' m Massen weg
Die Krise
in
der SPD
Direktor Schüller wundert sich / DKP kontert!
Die „Vestische" erhöhte im letzten Jahr die Fahrpreise
(„alle Jahre wieder"), um Mehreinnahmen zu erzielen. Die
Rechnung ging nicht auf: Statt der erwarteten Mehreinnahmen von 6 Millionen gab es nur 3,3 Mill. DM.
Von Heinz Czymek
Der SPD-Vorstand hat
den Juso-Vorsitzenden
Benneter ohne viel Federlesen aus dem Amt gejagt . Diese radikale Art.
einen Kritiker abzuhalftern, offenbart die tiefe
Krise in der SPD . Wir sollten uns nicht täuschen
lassen : Es war nicht Benneter, der diese Krise hervorgerufen hat. Der Krach
um Benneter hat sie lediglich ans Licht der Öffentlichkeit gebracht .
Der SPD-Vorstand wirft
Benneter zwei Bemerkungen
als
„parteischädlgend" vor :
1.
Die
SPD-Mitgliedschaft sei für die Jusos
„kein Dogma" . Nun, seit
wann ist das Mitgliedsein
in der SPD zur „Glaubensfrage" geworden? Ist
es nicht länger erlaubt,
den politischen Kurs der
Parteiführung kritisch zu
bewerten und von der
Kursrichtung die weitere
Mitgliedschaft abhängig
zu machen?
2 . Benneter erklärte, für
die Jusos sei die DKP
zwar ein politischer Gegner, aber - im Unterschied zur CDU/CSU nicht Partei des Klassenfeindes . Eine solche Feststellung kann zwar die
Rechten ärgern, aber sie
entspricht exakt den Rea-
litäten in unserem Land.
Die offiziellen Vorwürfe
gegen Benneter sind offensichtlich Vorwände.
Der Rauswurf des JusoVorsitzenden soll vielmehr
diejenigen Mitglieder und
Funktionäre der SPD einschüchtern, die die Politik
der Parteiführung in zunehmendem Maße kritisieren . Diese Erfahrung haben die Bottroper Jusos
mittlerweile auch erlitten)
Diese
Kritik
kommt
nicht von ungefähr. Die
Wirtschafts- und Steuerpolitik, die den Millionären Superprofite und den
Arbeitern Lohnabbau, Arbeitslosigkeit und Sozialdemontage beschert, die
Misere der Bildungspolitik, die steigenden Rüstungskosten müssen Kritik hervorrufen . Kein Wunder, daß infolge dieser
schlechten Politik und einiger Korruptionsaffären
die SPD von einer zur anderen Wahlniederlage torkelt.
Die Krise in der SPD ist
also die Krise einer fehlerhaften Politik.
Die
Sanktionen,gegen Benneter und andere zeigen
nur, daß die Parteiführung
- anstatt die eigene Haltung zu korrigieren „Sündenböcke" für diese
Krise aburteilen möchte!
Direktor Schüller jammerte, denn jahrelang betrug der Fahrgästeschwund
nur 0,3 bis 1 Prozent . Doch
was geschah im letzten
Jahr? Die Fahrgäste kamen
zu 8,7 Prozent weniger!
Die Bösen, sie brachten
die Rechnung des Herrn
Schüller
durcheinander.
Offensichtlich hatten sie
die
Fahrpreiserhöhungen
mißverstanden .
Statt
zu
zahlen, fingen sie an zu
rechnen und stellten fest,
daß es anders billiger geht .
Sie verübelten der „Vestisehen" offenbar auch, daß
sie neben Preiserhöhungen
auch Streckenstillegungen,
Fahrplankürzungen
u . a.
hinnehmen mußten .
Direktor Schüller fand
das alles „abnorm" . Nicht
das die
abnorm findet
DKP . Wir haben immer
darauf hingewiesen, daß
diese Politik in die Sackgasse führt. Eine radikale
Kehrtwendung
beim öffentlichen Nahverkehr ist
notwendig :
• statt
Preiserhöhungen
Befreiung von der Mehrwert- und Mineralölsteuer .
• Heranziehung der örtlichen Konzerne und Kaufhäuser zur Finanzierung
Fortsetz ung von Seite 1
DKP : Wir sind
für Kohle und
Umweltschutz!
Die DKP warf den RAGBossen vor, in der Vergangenheit ohne Rücksicht auf
die Stadtplanung die Halden aufgekippt und die
Kritik an diesem willkürlichen Verfahren mit der
Androhung „die Arbeitsplätze sind in Gefahr" abgewürgt zu haben .
Czymek sprach sich namens der DKP für eine Erweiterung der Kohleförderung zur Sicherung der
Energiebasis und der Arbeitsplätze im Bergbau aus .
Das könne und müsse jedoch unter strikter Beachtung des Umweltschutzes
und der Stadtplanung geschehen . Die DKP-Fraktion
betonte, daß diese Pläne
der RAG für die Bottroper
und Kirchhellener Bürger
gleichermaßen unzumutbar
sind! Es kommt jetzt darauf an. die RAG zu zwingen, andere Verfahren der
Bergebeseitigung und/oder
andere Haldenstandorte
anzuvisieren!
H. B
Mäch~ge Demonstrationen für
Abrüstung und Entspannung
Trotz antikommunistischer Hetze : ein breites Bündnis
21 . Mal 1977 : In Essen, Bremen, Frankfurt und Münsehen beginnen große Demonstrationen für Abrüstung
und Entspannung. 68000 Bürger folgen dem Aufruf des
Komitees für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit .
Sie lassen sich von Drohungen nicht beeindrucken .
Die Vorstände von SPD
und FDP haben ihren Mitgliedern wegen der Teilnahme an diesen Aktionen
Ausschlußverfahren angedroht . So wird der Erfolg
dieser
Demonstrationen
nur augenfälliger . In München spricht Pastor Niemöller neben dem Landesvorsitzenden der Jungdemokraten in Baden-Württemberg . In Essen spricht
die Tochter des Bundespräsidenten Heinemann, Prof.
Uta Ranke-Heinemann, neben dem sozialdemokratischen Betriebsrat Knapp .
In Bremen der Kommunist
neben dem SPD-Mitglied .
Sie alle bekennen sich zum
Kampf für Abrüstung in
unserem Land .
Die 68 000 stimmen auf
den Kundgebungen einer
Erklärung zu, in der es u .
a . heißt :
Wir demonstrieren für
die Beendigung des Wettrüstens . Wir fordern :
• keine weitere Erhöhung
des Rüstungshaushalts,
• Verzicht auf alle neuen
Rüstungsprojekte,
• einen
konstruktiven
Beitrag für die Wiener
Abrüstungsverhandlungen und die Senkung
der Rüstungen entsprechend der UNO-Resolution um zunächst 10
Prozent!
In der Erklärung heißt es
weiter :
Eine Alternative
zur Friedenspolitik gibt es
nicht .
Keine
Regierung
darf heute ernsthaft Krieg
wollen, kein Land sich auf
die Dauer die hemmungslo-
se Fortsetzung des Wettrüstens erlauben!
Bezugnehmend auf die
Verdächtigungen, die Aktion
sei
„kommunistisch
gelenkt", . erklärte
Frau
Ranke-Heinemann : Ist der
Frieden, um den wir uns
bemühen, nicht der richtige
Friede,
weil
sich
auch
Kommunisten um ihn bemühen? „Also fragen wir,
wann ist der, der sich um
Frieden bemüht, in guter
Gesellschaft? Die Antwort
lautet : Selig sind die Friedensstifter .
Damit
sind
nicht nur die Christen, die
Sozialdemokraten oder die
Liberalen gepriesen . Damit
sind auch die Kommunisten selig gepriesen, wenn
sie sich um den Frieden
bemühen!"
Die vielgerühmte „freie"
Presse verschwieg diese
klugen Worte und oft sogar
die gesamte Demonstration
für das Menschenrecht auf
Frieden .'
-
des öffentlichen Nahverkehrs!
• statt Stillegung von
Strecken Erweiterung und
Verbesserung des Angebots! Vorrang des öffentlichen Nahverkehrs gegenüber dem Individualverkehr .
Eine solche Politik würde
auch dazu beitragen, die
Arbeitsplätze der „Vestisehen" zu sichern . Durch
den gegenwärtigen Raubbau werden nämlich bis
1982 bei der „Vestischen"
120 Arbeitsplätze abgebaut .
Kurz und gut : Die Politik
der „Vestischen" ist sowohl in sozialer als auch
verkehrspolitiseher
Sicht
kurzsichtig . Die Forderungen der DKP liegen auf
dem Tisch. Man sollte mal
drüber reden .
demon18 000
Bürger
strierten am 21 . Mal In'
Essen für Abrüstung und
Entspannung . In der ganzen Bundesrepublik waren
es 68 000. Unser Foto
zeigt die Kundgebung auf
dem Kennedy-Platz. Lesen
Sie dazu untenstehenden
Bericht.
Obergrenze auf
Kosten der Kleinen
Die Verwaltung hat eine
Verordnung für Stellenobergrenzen verkündet .
Nachdem im Stellenplan
1976 getreue Parteigänger
in Stellen gehievt wurden,
von denen Diplomkommunalbeamte nur zu träumen
wagen, kam die Verordnung, die diesen Leuten
keine Aufstiegschance gegeben hätte . Jetzt trifft sie
nur kleine und mittlere
Beamte .
Herausgeber tor den
Kreisvorstand der DKP
Bottrop/Gladbeck und die
DKP-Fraktion des Rates
der Stadt Bottrop :
Clemens Kralenhorst und
Heinz Czymek.
Verantwortlich für den
Inhalt : Franz Melchsner .
Druck' Plambeck & Co
Neuss .
Notizen aus Bottrop und Kirchhellen
Seite 3
Glossiert
Kitsch
statt Kunst
Das Bottroper „Quadrat", als Visitenkarte
für kulturelles Engagement vielgepriesen, erlebte dieser Tage eine
Attraktion. Der Amerikaner Donald Judd widmete
den
Bottropern
eine Ausstellung - gegen gute Bezahlung versteht sich,
Wer den Tatort besuchte, kam aus dem Staunen nicht heraus : fünf
große offene Holzkisten
und einige Zeichnungen
hatte der Künstler Judd
a cfyeboteu .
Ergebnis?
Auch die Klasse lOd des
Josef
Albers-Gymnasium blieb ratlos, denn
konnte
Donnld
Judd
(oder
wollte?)
seine
Kunst nicht erklären .
Seine
„voiurn=gen
von
IRa i irnkörper",
Schreinern des städtischen Bauhofes sorgfältig angefertigt, sind für
Bottroper Augen Kitsch .
Viele
Von
uns
verstehen den Künstler
immer noch als „Könner" . Von solcher Auffassung hält Juäd gar
nichts .
meinen :
solche
Wir
„Kunst" narrt den Beschruer, sie gibt die moderte Galerie im Quadrat der Lächerlichkeit
preis. Kommentierte ein
Mädchen
der
nach
Kistenschau an Vaterhand :
Aber
Donald
Duck ist mir lieber!
Künstler aus Sibirien in
Bottrop :
Vom
artistischen
Tanz über das Balalaika-Solo
bis zu Liedern Ihrer Heimat
reichte das Repertoire . Die
Zuschauer dieser Mal-Veranstaltung der DKP waren hellauf begeistert.
Die Heimat dieses Lalenensembles liegt doppelt so weit
östlich von Moskau wie Bottrop'nach Westen entfernt ist .
Der Auftritt des Sibirischen
Ensembles macht anschaulich, daß auch In den fernsten Gebieten der UdSSR die
Volkskunst erstaunlich hoch
entwickelt Ist .
Sibirische Delegation zu Gast in Bottrop
Zum zweiten Mal weilte eine
Delegation aus dem westsibirisehen Industriegebiet von Kemerowo in Bottrop . Als Gäste der
DKP hatten sie Gelegenheit, die
Betriebe Karstadt, Rothrist und
Stahlbau Fischedick zu besuchen .
Es gab auch Gespräche mit den
Parteien .
Oberbürgermeister Wilczok ließ
es sich nicht nehmen, die Delegation der KPdSU zu einem Kaffeetrinken in den Overbeckshof einzuladen, an dem die Vertreter
von SPD, CDU und DKP teilnahmen. Unser Foto zeigt die illustre
Runde : OB Wilezok (Bildmitte),
rechts daneben Eleonora Tarasow, 10. v . li . W. Bakatin, der Leiter der Delegation, 3 . v .li . W .
Tschurpita, Die weiteren Teilnehmer des Gesprächs von links :
Meichsner (DKP), Gabel (CDU),
Trottenburg (CDU), Kraienhorst
(DKP), Brinkert (CDU), Czymek
(DKP), Kapluck (DKP-Bezirk),
Frau Peukert (DKP), Gerlach
(SPD), Lächelt (SPD) und Röppel
(DKP-Bezirk),
Im Verlauf des zweistündigen
Gesprächs fand ein reger Meinungsaustausch über politische
und kommunale Fragen statt.
Alle Vertreter der Bottroper
Parteien unterstrichen dabei den
Nutzen solcher Kontakte .
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Notizen aus Bottrop und Kirchhellen
Erfolgreiche Linksunion
in den Gemeinden
Frankreich : 1500 kommunistische Bürgermeister
Frankreich befindet sich
im Umbruch. Nach den
letzten
Gemeindewahlen
wird die Mehrheit der
Städte und Gemeinden von
einer Linksunion, bestehend aus Sozialisten und
Kommunisten, regiert. Was
hat Frankreich uns zu sagen? Auf diese Frage erhielt Robert Farle, Fraktionsvorsitzender der DKP
in Gladbeck, überzeugende
Antworten . Während einer
Studienreise in Frankreich,
an der DKP-Parlamentarier aus der BRD auf Einladung der FKP teilnahmen, führte er zahlreiche
Gespräche mit Kommunalpolitikern . Hier seine Eindrücke :
In 56 großen Städten
verloren die Rechtsparteien
Nichts
ohne den
Bür9e
DKP-Abgeordnete
zu Gast bei
Sozialisten
in Grenoble
ine gut verwaltete Gern meinde ist eine Gemeinde, die kämpft ." Dieser Satz stammt von Andre
Rodriguez, dem kommunistischen Bürgermeister von
Grigny, nahe Paris . Warum
Rodriguez mit überwältigender Mehrheit wieder
zum Bürgermeister gewählt
wurde, wird uns deutlich
angesichts der Aktionen,
die" er und seine Partei gemeinsam mit der Bevölkerung unternehmen, um
mehr für den Bürger herauszuholen .
Seitdem die Linke ab
1971 in der 50000-Einwohner-Stadt das Sagen hat,
wird jeder Haushaltsentwurf unter Beteiligung der
Bürger in den Wohngebieten aufgestellt . Ausgangspunkt ist der Bedarf und
nicht etwa die viel zu
knappe Finanzdecke, die
der Staat den Gemeinden
zumißt . Erst danach werden
Verhandlungen
mit
dem Präfekten aufgenommen, der auf Departementebene als Organ der Zentralregierung den Gemeinden übergeordnet ist. Bewilligt der Präfekt zu geringe Mittel, so organisiert
die Bevölkerung Kundgebungen und andere Protestaktionen, die bisher fast
immer zum Erfolg führten .
Auf diese Weise wurden
E
am 20 . 3. 1977 ihre Mandate
an das Linksbündnis von
Sozialisten und Kommunisten . Besonders erfolgreich
war die FKP. Die 50 von
Kommunisten
geführten
Gemeindevertretungen mit
mehr als 30 000 Einwohnern wurden schon im ersten Wahlgang mit Stimmengewinnen
wiedergewählt . Zusätzlich wurden
jedoch weitere 22 große
Städte wie Saint Etienne,
Reims,
Beziers und Le
Mans von der Linksunion
unter Führung eines Kommunisten erobert . Künftig
haben 155 von insgesamt
587 größeren Städten des
Landes einen kommunistischen Bürgermeister. Das
gleiche gilt für weitere 1400
Gemeinden unter 9000 Einwohner .
1500
kommunistische
Bürgermeister und insgesamt ca . 25 000 kommunistische Abgeordnete in den
Städten
und
Gemeinden
Grenoble ist eine Stadt
im Süden Frankreichs mit
170,000 Einwohnern und seit März dieses Jahres von einer Linksmehrheit
regiert .
Beim
sozialistischen Bürgermeister waren
wir zu Gast. Nach dem offiziellen Empfang entwikkelte sich eine längere Diskussion mit jungen sozialistischen Abgeordneten .
die Gemeinde in den kommenden Jahren .
Weitgehende
Einigkeit
habe man schon erzielt bei
den wirtschaftlichen Aktivitäten, bei den Anstrengungen zur Lösung der
Wohnungsprobleme
und
der Unterbindung von Bodenspekulation. Jetzt beschäftige man sich mit dem
Ausbau der Demokratie in
der Gemeinde und mit
neuen Überlegungen zur
aktiven
Beteiligung
der
Bürger am Zustandekommen der Ratsbeschlüsse .
So will man in Zukunft
fie Gemeinderatssitzungen
Sie berichten aus ihrer
Sicht über die fruchtbare
Zusammenarbeit mit ihren
kommunistischen Kollegen.
Dabei ging es um einen gemeinsamen Arbeitsplan für
beweisen, daß die Bevölkerung von der Linksunion
und insbesondere von den
Kommunisten
wirksame
Maßnahmen zur Behebung
der großen Probleme des
Landes erwarten .
Diese Probleme bestehen
vor allem in der Arbeitslosigkeit, die schon seit Jahren
etwa 1,5 Millionen
Franzosen trifft ; sie bestehen in
der
jährlichen
Teuerungsrate
über
10
Prozent und dem ständigen
Abbau kommunaler Leistungen .
Einerseits gewährt die
DKP-Abgeordnete mit den Gastgebern In Grenoble .
öffentlich
grundsätzlich
durchführen und betroffenen Bürgern in den Ratssitzungen Rederecht einräumen . In regelmäßigem
Abstand finden öffentliche
Gemeinderatssitzungen mit
statt,
Bürgerbeteiligung
wenn es z . B . um die Neugestaltung eines Stadtteils
oder ähnlich wichtige Fragen geht. An einer ersten
solchen Beratung nahmen
über 30 Organisationen teil.
Zur regelmäßigen Information der Bürger wird die
Gemeinde eine eigene Zeitung herausgeben und bei
wichtigen Problemen Bür-
Eine Stadt unter kommunistischer Verwaltung :
Mit euch und für euch ..."
Lebhafter Erfahrungsaustausch beherrschte das Reiseprogramm . Hier : Gespräch mit A . Rodriguez In Grigny.
in den vergangenen Jahren
ein Gymnasium, ein Hallenbad, ein Allzweckstadion, ein Jugendheim und
ein Mütterzentrum erstritten. Besonders interessant
war der-Kampf der Sportler
um eine Erhöhung der
Sportförderungsmittel .
Zwei Jahre lang teilte Ro-
driguez den Sportverbänden mit, daß die gewünschten Mittel trotz seiner Fürsprache
nicht • bewilligt
würden . Doch die Sportler
meinten, sie wollten sich
nicht in die Sache der Politiker einmischen, und gaben
sich zufrieden . Vergangenes Jahr nun war das Maß
0
voll . Sie organisierten eine
große
Sportlerdemonstration zum Hause des Präfekten und traten mit ihm
direkt in Verhandlungen .
Das Ergebnis : Ein erster
Teilbetrag der gewünschten Mittel wurde bewilligt .
Zum Abschluß der Haushaltsberatungen nach den
Verhandlungen mit dem
Präfekten legt die Gemeinde erneut den endgültigen
Haushaltsvorschlag in Bürgerversammlungen vor, um
mit den Bürgern abschließend gemeinsam zu beraten, welche Projekte endgültig verwirklicht werden .
In seinem Wohnviertel
nimmt Rodriguez mit seiner blau-weiß-roten Bürgerrpeisterschärpe
nicht
selten an Aktionen seiner
Wohngebietsgruppe
teil,
wenn es gilt, Pfändungen
bei
armen
Schluckern
durch Solidaritätsaktionen
zu verhindern .
Streikende Arbeiter unterstützt die Stadtsparkasse
aus ihrem Sozialhilfefonds .
Nicht zuletzt daraus erklärt
französische Zentralregierung wachsende Steuergeschenke an die Großunternehmen . Andererseits kürzt
sie laufend Zuschüsse an
die Gemeinden, die zur Lösung sozialer Aufgaben wie
Bau von
Kindergärten,
Krippen oder Altersheimen
erforderlich sind . Dadurch
sollen die Bürgervertretungen gezwungen werden, die
Krisenlasten* auf die Bevölkerung abzuwälzen und höhere kommunale Steuern
und Gebühren beizutreiben .
Dagegen kämpft
die
FKP! Sie erklärt der Bevölkerung, warum die Zentralregierung im Interesse
der großen Konzerne handelt. Sie zeigt den Ausweg
aus der Krise durch die
Enteignung der Konzerne
und die Verwendung der
Unternehmensgewinne für
die sozialen und kommunalen Bedürfnisse der arbeitenden Menschen . So lautete die zentrale Losung der
FKP
im
letzten Wahlkampf : „Mehr Geld für unsere
Gemeinden."
Diese
Verbindung von örtlichen
und allgemeinen Interessen
verschafft der FKP Vertrauen .
gerbefragungen durchführen.
Dies alles - in Frankreich in der Zusammenarbeit von Kommunisten und
Sozialdemokraten möglich
gemacht - wird unseren
Bürgern in Bottrop durch
SPD und CDU gleichermaßen immer noch verwehrt,
weil man die demokratische Selbstbetätigung des
Bürgers für seine eigenen
Interessen eher fürchtet als
fördert . Hier könnte man
getrost von den fortschrittlichen Erfahrungen unserer
Nachbarn lernen!
Robert Farle
sich, wieso die Arbeiter in
vielen Fällen so mutig der
Unternehmerwillkür entgegentreten können . Sie haben den Rückhalt in ihrer
Gemeindevertretung .
die
sie mit allen vorhandenen
Mitteln unterstützt. „Mit
euch - für euch", dieser
Leitspruch der französischen Kommunisten steht
auch für die Kommunalpolitik, die wir von der DKP
in unseren Städten verwirklichen wollen .
R . F.
In Bottrop
laufen die
Uhren anders
Bottrops Sozialdemokraten sind immer noch
nicht bereit, die DKP an
der Partnerschaft mit
Tourcoing zu beteiligen.
DKP-Fraktionsvorsitzender Czymek wart OB
Wilczok im Hauptausschuß vor, er wolle keine wirklichen Kontakte
zwischen den Bürgern,
sondern parteipolitisch
zensierte
Beziehungen
mit der französischen
Stadt. Peinlir:h für Wilczok : auf der anderen
Seite sind Kommunisten
schon Mit-Gastgeber!
Notizen aus Bottrop und Kirchhellen
Seite 5
„Der Spiegel"
über
Bottrops DKP
Besondere
Rechte für
OB Wilczok
Die
Zeitschrift
,.,Der
Spiegel" befaßte sich in einer gehässigen „Kommunismus-Serie" auch mit der
DKP . Das Blatt kam nicht
umhin, auch die Tätigkeit
der Bottroper DKP-Fraktion zu beurteilen . Es heißt
dort : „Was immer die Bürger in Bottrop und Gladbeck bewegen mag, die
DKP-Aktivisten kümmern
sich - um Rattenplage,
Kanalisationsprobleme,
verkommene
Kinderspielplätze oder Luftverschmutzung ." Unser Foto zeigt
eine Sitzung der DKPFraktion.
Der Kult mit der Nostalgie Der 1. Teil im Ha
darf nicht zu weit gehen der Junend ist offen
Es gehört nun mal zur
um die Ohren hauen!" Es
Werbung, den Kunden mit war die Verkaufsstellenleiterin, die ihre Ankündieinem Hauch von Nostalgie
gung dann doch nicht wahr
einzufangen . Das macht jeder moderne Laden . Aber
machte, sondern das Lehrdas, was die Salamandermädchen mit Bemerkungen
Verkaufsstelle in Bottrop
wie „doof" oder , bescheuert" traktierte . Ich meine,
bietet, geht für meine Begriffe doch entschieden zu
kein Ausbilder sollte die
Lage der Auszubildendn
weit .
Ich wollte ein Paar San(wenig
Lehrstellen)
auf
dalen holen, es war kurz
diese Weise ausnutzen . Es
vor Kassenschluß . Plötzlich
ist
ein
Skandal,
wenn
Lehrlinge als Fußabtreter
glaubte ich mich ins Jahr
1877 versetzt . Jemand rief :
angesehen werden!
G . Odrozek
„Ich könnte dir die Stiefel
Beratungsstellezum§218
Beim Bottroper Gesundheitsamt besteht seit dem
1 . 4. 77 eine Beratungsstelle
für „Schwangere in Konfliktsituationen" . Wer eine
§
Schwangerschaft
nach
218 unterbrechen möchte,
kann dienstags von 8-12
und donnerstags von 14-16
Uhr im Zimmer 55 vorsprechen . Wie wir erfahren, hat
die Beratungsstelle schon
regen Besuch . Doch leider
erfolgt in vielen Fällen
keine konkrete Hilfe, weil
(so das Gesetz) nicht die
betroffene Frau, sondern
der Arzt bestimmt, ob die
Schwangerschaft
zum
„Konflikt" führen könnte
und daher zu unterbrechen
ist .
Spenden von der DKP-Fraktion
DKP-Ratsfraktion
Die
wird weiterhin aus den
städtischen Mitteln für die
Spenden
Fraktionsarbeit
oder Geschenke für Bottrofinanzieren .
per
Vereine
Das hat die neue Fraktion
13
beschlossen . Als erste erhielten der Kleingärtnereine
verein
Johannestal
Bank, die Rhenania Jugend
eine Geldspende und der
SV Fortuna den „KarlHaßdenteufel-Pokal" von
der DKP .
Jetzt gemeinsam für mehr Mitbestimmung
Anfang Mai wurde ein erster Teil des Hauses der Jugend in Bottrop eröffnet . Obwohl der benutzbare Teil
mehr Ähnlichkeit mit einer Wartehalle als mit einem Jugendhaus besitzt, begrüßt die DKP diesen ersten Schritt .
Wir sehen darin einen Erfolg des jahrelangen Ringens der
Bottroper Jugend für ein Jugendhaus .
Schon 1951 gab es Forderungen nach einem Jugendhaus . Ein hoher Verwaltungsbeamter versprach
damals,
die
Verwaltung
werde das Projekt „nicht
aus den Augen verlieren" .
Mit Ratsherrn Kraienhorst
hatte die Jugend immer einen Vertreter im Rathaus,
der auf die Einlösung des
Versprechens drängte .
Als 1968 die SDAJ gegründet wurde und 1969 die
DKP ins Rathaus gewählt
wurde, verstärkten
sich
auch die Forderungen nach
einem
Jugendhaus .
1970
gärte es dann, und der
Stadtjugendring wurde aktiv . Doch trotz vieler Versprechungen seitens SPD
und CDU tat sich nichts.
Ende 1973 rief der Stadtjugendring zur Demonstration auf. 500 kamen, 10 000
Unterschriften wurden gesammelt . Die Stadtverwaltung sah sich gezwungen,
500 000 DM im Etat 74 bereitzustellen, die allerdings
nicht ausgegeben wurden .
Anfang 75 gründete sich
eine Initiative „Haus der
Jugend" . Jugenddezernent
Thormann versprach daraufhin im März 75 : „Der
Baubeginn ist unbedingt
noch in diesem Jahr zu erwarten ." Nach den Wahlen
war keine Rede mehr davon - allerdings saßen
nun vier Ratsherren der
DKP im Rathaus.
Nach 'tlen Neuordnungswirren stand fest, im November 76 muß neu gewählt werden . Da endlich
gab die Ratsmehrheit dem
Drängen der Jugend und
der DKP nach : Der Bau eines Hauses der Jugend
wurde
beschlossen .
Der
Baubeginn erfolgte Ende
1976 .
Nur durch gemeinsames
Handeln, das sich bei der
Erringung des Jugendhauses bewährte, können wir
Jugendlichen auch die Forderungen nach Selbstverwaltungs- und Mitbestimmungsrechten im Haus der
Jugend und die Einrichtung weiterer Jugendhäuser
in
den
Stadtteilen
durchsetzen .
Norbert Schäfers
Oberbürgei meister
Wilczok nimmt in jüngster Zeit immer öfter an
den Konferenzen der
Verwaltungsspitze
teil .
Ob er dein Oberstadtdirektor die Leitung dieser Geschäfte nicht ganz
zutraut oder ob er die
Verwaltung besser kon-'
trollieren will ist nicht
bekannt . Nun möchte
auch die CDU in dieser
Runde durch ihren Bürgermeister
vertreten
sein . Daraufhin warnte
Wilczok vor solchen Ansprüchen, weil
„dann
auch die DKP" ähnliches
geltend
machen
würde . Aber nach dem
Gesetz wird die Verwaltung der Stadt durch
den Rat bestimmt . Also
haben neben dem OB
auch andere Ratsvertreter das Recht, die Verwaltung zu kontrollieren!
Soviel wie
möglich
öffentlich !
Der
Oberbürgermeister, der „im Benehmen"
mit dem Oberstadtdirektor die Tagesordnung
der Rptssitzungen festzulegen hat, scheut in
vielen Fällen die Öffentlichkeit . Darum kritisierte Ratsherr Czymek in der letzten Ratssitzung, daß 11 Punkte
nichtöffentlich behandelt werden sollten, von
denen
10
überhaupt
nichts Geheimzuhaltendes enthielten . Es handelte sich hier vor allem
um die Entlastung der
Sparkasse und ihre Darlehenspolitik.
Aber
SPD- und CDU-Mehrheit des Rates stützten
den Ausschluß der Öffentlichkeit .
Die
Gemeindeordnung
unterstreicht
jedoch,
daß
Ratssitzungen
grundsätzlich öffentlich sind .
Die DKP verlangt daher,
die geheimen Beratungen endlich abzuschaffen!
F . M.
Auch im Eigen will man wohnen
Für die Sanierung der
Bottroper Innenstadt wird
viel getan . Kein Zweifel,
unsere City Ist attraktiver
geworden . Aber die Bürger
wohnen in der überwiegenden Mehrzahl in den Stadtbezirken. Dort gibt es jedoch großen Nachholbedarf . Das ist in Batenbrock
so, das ist rund um Prosper
III so, das ist im Eigen
nicht anders .
Es gibt keine Planung,
den Wohnwert in diesen
Bereichen zu erhalten oder
zu verbessern . So sind in
der
Rheinbabensiedlung
mehr als ein Dutzend Häuser zwischen Trappen- und
Liebrechtstraße als Folge
von
Bergschäden
verschwunden. Hier wuchern
jetzt Gras und Gestrüpp
wie in einer verlassenen
Stadt . Weitere Häuser sind
abbruchreif . Die Liebrechtstraße ist in einem miserablen Zustand und muß generalüberholt
werden .
Nicht erst 1982 . Im Januar
1977 stürzte auf Nr . 46 ein
Stallgebäude ein . Heute, 5
Monate später, sind die
Trümmer noch nicht beseitigt (Foto) . Ein Flatterband
im mannshohen Gras soll
Kinder von dem Trümmergrundstück abhalten.
Häuser und Grundstücke
gehören
hier nicht der
Stadt, aber sie darf nicht
tatenlos zusehen, wie der
Wohnwert in den Arbeitersiedlungen heruntergewirtschaftet wird . Bottrop ist
überall, auch im Eigen .
Franz Meichsner
Notizen aus Bottrop und Kirchhellen
Seite 7
Jugend ohne Zukunft?
800 junge Arbeitslose / Keine Initiative der Stadt
Steigende Arbeitslosenzahlen sind für
Bottrop immer mehr zu einem Problem geworden. Und in diesem Problem ist vor allem die Jugendarbeitslosigkeit ein Übel
ersten Ranges . Mit 16 Jahren ohne LehrDer
Jugendwohlfahrtsausschuß hatte das Problem
der Jugendarbeitslosigkeit
am 25 . 4. 77 zum ersten
Mal auf der Tagesordnung
- und wenn es nach SPD
und CDU ginge, sicherlich
zum letzten Mal . Das Ergebnis? Ende März diesen
Jahres waren 254 Jugendliche unter 20 Jahren in
Alt-Bottrop arbeitslos gemeldet
(für
Kirchhellen
gibt es keine Zahlen) . Doch
viele Jugendliche sind nicht
registriert ; sie bekommen
kein Arbeitslosengeld und
melden sich
nicht oder
nicht mehr ; sie stecken in
sogenannten
Berufsförderungsmaßnahmen ; sie helfen im Haushalt der Eltern ;
Ausländer
melden
sich nicht, weil sie bei Arbeitslosigkeit
ausgewiesen
werden .
Arbeiterjugendverbände,
Gewerkschaften und DKP
schätzen, daß die Zahl der
nicht gemeldeten arbeitslosen Jugendlichen (Dunkelziffer) mindestens genauso groß ist wie die Zahl
der gemeldeten .
Jüngst
mußte die Bundesanstalt
für Arbeit dies in einer Untersuchung bestätigen.
Wir müssen also in Alt-
stelle oder mit 20 Jahren nach der Lehre
ohne Arbeitsplatz - dieses harte Los teilen heute rund 800 Jugendliche unter 25
Jahren . Die Untätigkeit der Verwaltung
und des Rates war schon ein Skandal .
Bottrop von ca . 800 arbeitslosen
Jugendlichen
ausgehen (bis 20 Jahre : 500,
20 bis 24 Jahre : 300) . Diese
Zahlen und die dahinter
stehenden Schicksale sind
erschreckend . Arbeitslosigkeit - das ist ein Produkt
des Kapitalismus! Dieses
System hat keine sichere
Perspektive für die Jugend!
Der Vertreter des Arbeitsamtes mußte einräumen, daß sein Amt nicht
einmal in der Lage ist, die
Zahl der Lehrstellen und
Arbeitsplätze
in
Bottrop
genau festzustellen .
Ein Lehrer der Berufsschule berichtete, man sei
Eine Rekordzahl an
arbeitslosen Mädchen
Der Arbeitsamtsbezirk
Gelsenkirchen, zu dem
Bottrop
gehört,
liegt
nicht nur an der Tabellenspitze bei der Arbeitslosenquote in der
Bundesrepublik .
Die
Reihe der unrühmlichen
Rekorde
erfährt
eine
traurige Krönung durch
die Quote der arbeitslo-
sen Mädchen und jungen Frauen . Sie stellen
rund zwei Drittel aller_
jungen Arbeitslosen .
Diese Zahl widerspiegelt die Diskriminierung
der Frau im Beruf und
die Bildungsmisere, denn
die meisten haben keinen Schulabschluß .
Dumme als Ersalz
für Gastarbeiter
Hans Filbinger, CDUMinisterpräsident von
Baden-Württemberg,
am 23. Februar 76 : „Bis
1985 brauchen wir in
der Bundesrepublik weit
über eine Million zusätzliche Arbeitsplätze.
Schaffen wir die nicht,
würden die geburtenstarken Jahrgänge, die
bis dahin ins Berufsleben treten werden, von
großer
Arbeitslosigkeit
bedroht . Folglich müssen
wir
entscheiden :
Überlassen wir die sogenannten
unbegehrten
oder weniger begehrten
Dienstleistungsarbeiten
auch
weiterhin
den
Ausländern oder machen wir sie für unsere
jungen Leute frei, die
sonst auf der Straße liegen müßten . . . Es wird
immer ein unbewältigter Rest bleiben, der
nichts gelernt hat und
nicht bereit ist, sich
ausbilden zu lassen, auch
dann nicht, wenn er arbeitslos ist . In BadenWürttemberg
gehören
zwei Drittel der arbeitslosen
Jugendlichen
dazu ."
CDU-Bosse
haben
gern
Geschäfte
mit
Dummen gemacht.
nicht in der Lage, arbeitslosen Jugendlichen einen
vernünftigen Berufsschulunterricht anzubieten . Es
fehle an Lehrern, Unterrichtsmitteln und Klassenräumen . Wie ein Tropfen
auf einem heißen Stein,
so etwa beschrieb ein Sozialarbeiter die Möglichkeiten seines Berufes, unter
den jetzigen Bedingungen
die Folgen der Jugendarbeitslosigkeit zu mindern .
Nach drei Stunden einer
von der DKP maßgeblich
geprägten Diskussion wurde der Punkt im JWA abgehakt.
Die DKP beantragte :
• Durchführung eines öffentlichen Forums mit Betroffenen und Beteiligten,
• Erarbeitung eines Materials über die Jugendarbeitslosigkeit In
Bottrop
und von Vorschlägen zu
ihrer Überwindung,
• Beratung der Ergebnisse dieser beiden Projekte
auf einer Sitzung im Juni .
Dieser Antrag wurde von
SPD und CDU einmütig
abgelehnt und als „Schaumschlägerei"
abgetan .
So
wurde denn drei Stunden
ohne Ergebnis über Jugendarbeitslosigkeit
geredet. Bedauerlich war auch,
daß kein
Vertreter des
Stadtjugendringes in dieser Sache den Mund aufmachte . Die DKP-Fraktion
wird dieses Problem jedoch im Rat zur Aussprache stellen .
BVJ ein
plumper
Trick
Wie ein ertappter Dieb
verhält sich die Landesregierung in Sachen Arbeitslosigkeit. Nachdem sie jahrelang die Bürger mit leeren Versprechungen betrog
(„Der Aufschwung ist da"
u . a .), hat sie nun einen besonderen Trick ausgeheckt :
das
Berufsvorbereitungsjahr.
Alle Schulabgänger, die
bis Ende August 1977 keine
Lehrstelle oder keinen Arbeitsplatz haben, müssen
das
Berufsvorbereitungsjahr besuchen. So werden
zwar keine Arbeitsplätze
geschaffen, aber die Arbeitslosen
verschwinden
wenigstens aus der Statistik : Das ist Sozialpolitik
nach dem Geschmack der
Unternehmer.
Das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) soll von den Berufsschulen
angeboten
werden . Aber dort fehlen
Lehrer und Klassenräume.
Das
Berufsvorbereitungsjahr wird kaum Jugendliche für einen Beruf qualifizieren . Aber : Absolventen
des BVJ sind nicht mehr
berufsschulpflichtig .
Da
freut sich der Unternehmer, er kann diese Lehrlinge für gleichen Lohn an
fünf statt vier Tagen die
Woche arbeiten lassen .
Das BVJ nützt keinem
Jugendlichen . Die Landesregierung sollte besser das
10 . Pflichtschuljahr einführen!
Murren auf dem Städtetag
V erzicht auf Forderungen
Keine Antwort an die junge Generation
Die diesjährige Hauptversammlung des Städtetages
stand unter dem Motto : „Unsere Städte und die junge Generation" . Sie fand am 5 . und 6. Mai in Stuttgart statt .
Der Bottroper DKP-Ratsherr Czymek nahm als Journalist
an dieser Veranstaltung teil. Hier sein Bericht :
In unseren Städten grollt
es merklich . Probleme wie
die Jugendarbeitslosigkeit,
Ausbilder Mangel an
dungsplätzen, das unzureichende
Bildungsangebot,
die Preizeitbedürfnisse, die
Kulturmisere oder die Situation der
Behinderten
brennen auf den Nägeln . Es
mußte also Erwartungen
wecken, als der Städtetag
seine Hauptversammlung
den Jugendfragen widmete
und in fünf Arbeitskreisen
auf die o . g . Probleme Antworten geben wollte .
Hans Koschnick, scheidender Präsident des Städtetages
und
SPD-Vize,
sprach in seinem Referat
von der „Verpflichtung des
demokratischen Staates,
der
jungen
Generation
wieder begründete Hoffnung zu geben" . Er bezog
sich dabei auf die Ausbildungsund
Beschäftigungsmisere und fügte hinzu, der Jugend müsse die
Sorge vor einer Zukunft
ohne Chancen genommen
und Perspektiven gegeben
werden . Er beließ es jedoch
bei diesen u . ä . Allgemeinplätzen . Die Hilflosigkeit
Politik
der
regierenden
fand in dem Eingeständnis
Ausdruck, daß alle Initiativen, die nicht bloße Deklaration bleiben sollen, Geld
kosten werden . Und Geld
hätten die Städte zur Zeit
eben nicht . Deshalb verzichtete der Städtetag auf
Beschlüsse oder Empfehlungen zur Jugendpolitik.
Interessanter war es dagegen in den Arbeitskreisen, in denen zur Lage in
verschiedenen
Bereichen
der Jugendpolitik konkrete
Aussagen gemacht wurden.
Da wurde im Arbeitskreis 1
für die nächsten 10 Jahre
ein Defizit von jeweils
300000 bis 500 000 Ausbildungsplätzen in Aussicht
gestellt . Bis 1987 seien 1,4
Mio .
Jugendliche ohne
Ausbildungschance .
Eine
wahrhaft
beängstigende
Perspektive .
Den
Städten wurden eigene Initiativen zur Ausbildungspolitik empfohlen . Darunter u . a . die Bereitstellung
zusätzlicher
Ausbildungsplätze, die Schaffung zentraler Ausbildungseinrichtungen als Gemeinschaftseinrichtung mehrerer Städte
oder Übernahme von Ausbildungsgängen
für
die
private Wirtschaft .
Auch für den Bereich
von Freizeit, Sport, Kultur
oder Wohnen gab es manchen
interessanten
Vorschlag, der jedoch unverbindlich blieb . Die Städte
weisen auf mangelnde Finanzen hin . Das ist auch
z. T . richtig . Trotzdem wäre
es möglich gewesen, die
grundsätzlichen Forderungen zur Verbesserung der
Situation der Jugend vorzulegen und die Finanzierung von Bund und Ländern zu fordern . Das unterblieb. Der Städtetag war
offenbar zu koalitionsbefangen . Es fehlten bei dieser Tagung eben Sprecher
der jungen Generation und
der DKP, die Alternativen
hätten vertreten können .
Seite 8
Notizen aus Bottrop und Kirchhellen
Fadenscheinige Grunde
iür Sauna-Schließung
DKP fordert : Saunaerhalt und Modernisierung
Die Stadtverwaltung hält an ihrem Plan fest, die Sauna
im Hallenbad zu schließen . Sie behauptet, das Defizit belaufe sich 1977 auf 120 000 DM . Diese „Rechnung" soll die
öffentliche Kritik abwürgen .
Zunächst
müssen
wir
darauf verweisen, daß alle
städtischen
Einrichtungen
im Kultur-, Sport- und
Freizeitbereich
Zuschüsse
erfordern . Wir halten das
auch für erforderlich. Ohne
diese soziale Regulierung
könnte man solche Einrichtungen gleich privatisieren .
Trotzdem müssen wir der
Defizitberechnung
der
Stadtverwaltung
widersprechen . Denn sie berücksichtigt nicht die vorgenommene Erhöhung
der
Eintrittsgelder und Gebühren für medizinische Leistungen . Die DKP-Fraktion
hatte
im
Sportausschuß
vorgeschlagen, die medizinische Betreuung in der
Mittesauna einzuschränken,
diesen Bereich jedoch in
der Rheinhabensauna auszubauen und die freigesetzten Arbeitskräfte dorthin
zu verlegen . Diese Maßnah-
men könnten das Defizit
um ca . 9Ö 000 DM verringern .
Die DKP hat weiter vorgeschlagen, die Sauna Mitte zu modernisieren, um sie
für neue Gäste attraktiv zu
machen . Eine Schließung
dieser Sauna ist sachlich
nicht zu begründen . Denn
der derzeitige Saunachef
soll bereit sein, die Einrichtung als Pächter weiter
zu betreiben . Ohne absehbaren Gewinn würde er
das nicht tun . Zudem würde die Überführung aller
Beschäftigten in die Rheinhabensauna
(nach
evtl .
Schließung in Mitte) das
dortige Defizit enorm vergrößern . Will man dann dieser Logik folgend diese
Sauna
ebenfalls
schließen?
Wir wenden uns dagegen,
nützliche öffentliche Einrichtungen
abzuschaffen!
Wir brauchen mehr und
nicht weniger Freizeit- und
Gesundheitseinrichtungen!
Gegen
so
unvernünftige
Absichten der i'er-.~.valtung
ist zu protestirren,
Ferdinand Kroll
DKP startet
neues Turnier für
Freizeitfußball
Die DKP-Fraktion hat
den Startschuß für das
Turnier '77 der Freizeitgegeben .
fußhaller
Mannschaften aus dem
Bottrop-Gladftaurr.
beck-Kirchhellen
könteilnehmen .
Genen
spielt wird ab 27 . B. 1977
jeden Samstag in mehGruppen .
Die
reren
Endspiele und der große
Sportlerball finden am
25 . September statt . Anmeldeschluß ist der 21 .
7 .. 1977 im DKP-Centrum, Gladhecker Str .
s
Die Nebeneinkünfte
des guten Herrn W . .
•
OB Ernst Wilczok hat
Wilczok
erhält
eine
es der DKP-Fraktion
Pension der RAG in
übel angekreidet, daß
Höhe von ca . 180 000 DM
sie die Diätenerhöhung
per anno, dazu als Aufkritisierte und Herrn
sichtsrat des RWW ca.
Ws . Diäten mit 7000 DM
14 000 DM, sowie für
• im Monat angab („ich
seine politischen Ämter
habe ja auch große Ab84 000
DM .
Wie
ca .
gaben zu leisten") . In- „sparsam" er trotzdem
timkenner
der
Ratbleibt, zeigt folgendes :
hausszene werfen uns
Für seinen Dienstmercedagegen vor, wir hätten
des 280 plus Fahrer
die wichtigsten Fakten
führt er für Privatfahrausgelassen . Diese sollen
ten je Monat nur 150
• so
aussehen :
Ernst
DM ab .
s
1
=
•
•
•
•
•
•
•
Abfuhr für einen
Mietpreistreiber
Der
Bäckermeister
Theodor S. wollte seine
Mieter kräftig schröpfen .
Im Haus Bottrop, Klosterstr. 17, forderte er
die Mieter nach Freiwerden der Sozialbindung auf, die Zustimmurzg zu einer Mieterhöhung zu
erteilen .
Nicht alle Mieter parierten wie erhofft, eini-
0•
•
0•
•
s
ge verweigerten die Unterschrift und Herr S.
mußte klagen. Der Richter
befand, daß der •
Hausbesitzer genau 80
Pfennig je Monat/qm
zuviel
verlangt hatte. •
Bei einer 65-gm-Wohnung immerhin 52 DM!
Mieter merke : es lohnt
sich,
Mieterhöhungen
nicht hinzunehmen!
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