wertvolle Steuertipps für Existenzgründer - Strategam Nord-West

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wertvolle Steuertipps für Existenzgründer - Strategam Nord-West
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Janderstraße 10
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Stand: April 2014
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Inhalt
1 Anmeldung einer selbstständigen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
2 Tätigkeit einer Einkunftsart zuordnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
3 Gewinnermittlungsmethode wählen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
4Betriebsausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
4.1 Nachweis über Fremd- oder Eigenbeleg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
4.2Betriebsausgabenpauschalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
4.3 Vorweggenommene Betriebsausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
4.4 Eingeschränkt abzugsfähige Betriebsausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
4.5 Ausbildungs- / Fortbildungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
4.6 Private Gegenstände betrieblich nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
4.7 Einbringen von Gegenständen aus dem Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
4.8 Besonderheiten bei geringwertigen Wirtschaftsgütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
4.9 Von zu Hause aus arbeiten und steuerlich davon profitieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
4.10Neuanschaffungen: Privat- oder Betriebsvermögen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
5Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
6Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
Kleinunternehmer oder regelbesteuerter Unternehmer? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Umsatzsteuerliche Einordnung der Umsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Umkehr der Steuerschuldnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Ausgangsrechnungen richtig erstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Vorsteuer geltend machen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Eingangsrechnungen prüfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
7 Verlagsprodukte für Selbstständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
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Die Steuertipps-Redaktion weiß aus der täglichen Arbeit, wie komplex das deutsche Steuersystem
ist. Bei vielen Existenzgründern löst schon allein der Gedanke daran ein beklemmendes, manchmal
sogar ablehnendes Gefühl aus. Fakt ist aber: An der Auseinandersetzung mit steuerlichen Fragen
führt kein Weg vorbei und Kenntnisse auf dem Gebiet des Steuerrechts zahlen sich oft in barer Münze
aus.
Um Ihnen den Einstieg in die für Selbstständige wichtigen steuerlichen Themen zu erleichtern, haben
wir wichtige steuerliche Informationen für Existenzgründer zusammengetragen und daraus einen
kompakten Ratgeber gemacht, den wir Ihnen gerne kostenlos überlassen.
Leider können wir die für Selbstständige wichtigen steuerlichen Themen in einem solch kurzen Ratgeber nicht erschöpfend behandeln. Sollten Sie zu dem einen oder anderen Thema weitere Informationen benötigen, dann werfen Sie doch einen Blick auf die Übersicht am Ende dieses Beitrages.
Dort haben wir unsere Produkte für Selbstständige aufgelistet, die inhaltlich entweder einzelne Themengebiete oder komplette Steuerbereiche abdecken. Erwerben können Sie die Produkte über www.
steuertipps.de.
1
Anmeldung einer selbstständigen Tätigkeit
Nehmen Sie eine selbstständige Tätigkeit auf, dann gründen Sie damit auch einen Betrieb. Die Anmeldung des Betriebs ist Pflicht und sollte innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob Sie einer neben- oder hauptberuflichen selbstständigen Arbeit
nachgehen. Zögern Sie die Anmeldung nicht zu lange hinaus, da Ihnen ansonsten ein Bußgeld droht.
Sind Sie gewerblich tätig, melden Sie Ihren Betrieb als Erstes beim Gewerbeamt an. Mit der steuerlichen Anmeldung beim Finanzamt können Sie so lange warten, bis Sie vom Fiskus dazu aufgefordert werden. Das für Ihren Betrieb zuständige Finanzamt wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen,
sobald es vom Gewerbeamt über Ihre Betriebsgründung informiert wurde.
Üben Sie dagegen eine freiberufliche Tätigkeit aus, bedarf es nur der Anmeldung beim Finanzamt.
Am besten gehen Sie folgendermaßen vor: Rufen Sie bei dem Finanzamt an, das für den Ort zuständig
ist, an dem sich der Sitz Ihres Betriebes befindet, informieren Sie den Finanzbeamten über Ihre selbstständige Tätigkeit und lassen Sie sich dann den amtlichen Vordruck »Fragebogen zur steuerlichen
Erfassung« zusenden.
Im Falle einer Neugründung müssen Sie in den Vordruck unter anderem eintragen, wann Sie sich
selbstständig gemacht haben oder wann Sie das tun werden (Zeitpunkt der Betriebsgründung). Das
Finanzamt fordert Sie also zur Angabe eines Datums auf. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu
wissen, dass das Recht zum Betriebsausgabenabzug nicht erst mit dem von Ihnen gewählten Gründungsdatum auflebt. Denn mit dem Tag der Betriebseröffnung beginnen nicht erst die betrieblichen
Aktivitäten. Vorbereitungshandlungen finden zum Teil schon weit vor dem Gründungstag statt. Die
dadurch entstehenden Ausgaben können dem (zukünftigen) Betrieb bereits zugeordnet und steuermindernd als sogenannte vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
!!
Für das Ausfüllen des steuerlichen Anmeldeformulars sollten Sie sich unbedingt Zeit nehmen, denn Ihre Eintragungen haben finanzielle Konsequenzen, die sich langfristig zu Ihrem
Vor- oder Nachteil auswirken können. Zum Teil setzen die Fragen erhebliches steuerliches
Grundlagenwissen voraus. Wissenslücken sollten Sie durch das Einholen zusätzlicher Informationen schließen. Den Fragebogen können Sie über www.steuertipps.de abrufen (Rubrik
Service / Muster und Vorlagen).
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2
Tätigkeit einer Einkunftsart zuordnen
Bei den steuerpflichtigen Einnahmen von Selbstständigen unterscheidet das Einkommensteuerrecht
drei Einkunftsarten: Einkünfte aus selbstständiger (freiberuflicher) Arbeit, Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
In dem Moment, in dem Sie sich beim Finanzamt steuerlich anmelden, stellen Sie die Weichen für die
Zuordnung Ihrer Tätigkeit zu einer dieser Einkunftsarten. Denn im Anmeldebogen müssen Sie Ihre
selbstständige Tätigkeit nennen und gegebenenfalls beschreiben.
Die korrekte Zuordnung einer Tätigkeit zu einer Einkunftsart kann im Einzelfall schwierig sein. Probleme bereitet hier vor allem die Abgrenzung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften.
Freiberufler sind zum Beispiel Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten,
Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, beratende Betriebs- / Volkswirte, Ingenieure, Architekten, Journalisten und Dolmetscher (sogenannte Katalogberufe).
Ein Beruf, der einem Katalogberuf ähnlich und damit mit ihm vergleichbar ist, wird ebenfalls der Einkunftsart »Selbstständige (freiberufliche) Arbeit« zugeordnet. Von einer Vergleichbarkeit kann allerdings nur ausgegangen werden, wenn sich bei der Gegenüberstellung von zwei Berufen herausstellt,
dass sowohl die Berufsausbildung als auch die Berufsausübung miteinander vergleichbar sind. Zum
Vergleich heranziehen lassen sich nur die Katalogberufe Krankengymnast, Ingenieur und Architekt.
Denn bei diesen Berufen ist zwar die Berufsbezeichnung geschützt, nicht aber die Ausführung der
berufstypischen Leistungen. Vergleichbar mit dem Beruf des Krankengymnasten kann zum Beispiel
die häusliche Kranken- und Altenpflege sein. Und vergleichbar mit dem Ingenieur kann zum Beispiel
der IT-Spezialist sein, der System- oder Anwendersoftware entwickelt.
Neben den Katalogberufen und ähnlichen Berufen können Selbstständige freiberufliche Einkünfte
erzielen, die wissenschaftlich, künstlerisch, schriftstellerisch, unterrichtend oder erzieherisch tätig
sind. Da allein die konkrete Tätigkeit ausschlaggebend für die steuerliche Zuordnung ist, hängt die
Einstufung nicht von einer bestimmten Berufsausbildung ab.
Gelingt es nicht, eine Tätigkeit der Einkunftsart »Selbstständige Arbeit« zuzuordnen, bleibt nur das
Auffangbecken Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die aus gewerblichen Einkünften resultierenden
steuerlichen Konsequenzen sind allerdings bei Weitem nicht so dramatisch wie vielerorts vermutet.
In Zeitschriften, Internetforen und anderen Informationskanälen taucht immer wieder das Schreckgespenst Gewerbesteuer auf. Das sollte allerdings kein Existenzgründer fürchten, denn zum einen
müssen Einzelunternehmer überhaupt erst bei einem Jahresgewinn von mehr als € 24 500,– mit einer
Gewerbesteuerbelastung rechnen und zum anderen können geleistete Gewerbesteuerzahlungen zum
größten Teil auf die Einkommensteuerschuld angerechnet werden.
!!
Bei der Einkommensteuer gilt das Prinzip der Abschnittsbesteuerung: Die Steuer wird immer
nur für ein Kalenderjahr festgesetzt. Das Finanzamt ist bei der Festlegung der Einkunftsart nicht
an die Einstufung aus dem Vorjahr gebunden. Das heißt, selbst wenn Sie im ersten Geschäftsjahr vom Finanzamt steuerlich wie ein Freiberufler behandelt werden, können Sie allein daraus
keinen Anspruch ableiten, auch in den Folgejahren so behandelt zu werden.
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3
Gewinnermittlungsmethode wählen
Die Einkünfte eines Selbstständigen sind nichts anderes als der Gewinn (oder Verlust) eines Jahres.
Die Höhe der Einkünfte wird durch Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen ermittelt.
Das Steuerrecht kennt zwei Gewinnermittlungsmethoden: die Einnahmen-Überschuss-Rechnung
(EÜR) und die Bilanzierung. Die meisten Existenzgründer entscheiden sich für die Gewinnermittlung über die EÜR, und zwar aus folgenden Gründen: Eine EÜR verlangt kein tief gehendes steuerliches Wissen und lässt sich daher mit einem überschaubaren zeitlichen Aufwand selber erstellen. Und
da eine EÜR gut ohne die Unterstützung eines Steuerberaters erstellt werden kann, sind die Erstellungskosten gering.
Zur Gewinnermittlung über die EÜR sind alle Selbstständigen berechtigt, die Einkünfte aus selbstständiger freiberuflicher Arbeit erzielen. Gewerbetreibenden steht diese Gewinnermittlungsmethode
dagegen nur so lange offen, wie ihr Jahresgewinn nicht über € 50 000,– und ihr Jahresumsatz nicht
über € 500 000,– liegt. Bei Gewerbetreibenden ist zudem folgende Besonderheit zu beachten: Die Eintragung des Unternehmens in das Handelsregister führt zur Bilanzierungspflicht, unabhängig von der
Höhe des Gewinns und Umsatzes.
Einnahmen-Überschuss-Rechner ermitteln ihren Gewinn entweder formlos durch Auflistung der
Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben oder durch das Ausfüllen des amtlichen Vordrucks
Anlage EÜR. Die vereinfachte Gewinnermittlung ist nur zulässig, wenn die Betriebseinnahmen
weniger als € 17 500,– betragen. Den Vordruck Anlage EÜR können Sie kostenlos über www.steuertipps.de abrufen (Rubrik Service/ Muster und Vorlagen).
4
Betriebsausgaben
Betriebsausgaben sind alle Aufwendungen eines Selbstständigen, die betrieblich veranlasst sind.
Grundsätzlich muss also bei jeder Ausgabe geprüft werden, ob diese in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit steht. Ist diese Bedingung aus objektiver
Sicht erfüllt, ist der Weg zum Betriebsausgabenabzug frei.
4.1
Nachweis über Fremd- oder Eigenbeleg
Als Selbstständiger müssen Sie jede Betriebsausgabe glaubhaft machen können. Als Nachweis eignet
sich am besten ein Beleg, der von einem Dritten ausgestellt wurde (Rechnung, Quittung etc.). Auf dem
Beleg sollten Zahlungsempfänger, Betrag, Zweck und Datum der Zahlung stehen. Aufpassen müssen
Sie, wenn der Beleg nicht nur als Nachweis für eine Betriebsausgabe herangezogen wird, sondern
darüber hinaus auch zum Vorsteuerabzug berechtigen soll. In diesem Fall sind einige weitere Angaben
auf dem Beleg Pflicht.
An die Stelle eines Fremdbelegs kann auch ein Eigenbeleg treten. Üblich ist ein Eigenbeleg zum
Beispiel bei Trinkgeldern oder Telefongebühren. Eigenbelege können aber auch bei dem Verlust von
Originalbelegen, wie zum Beispiel Tankquittungen, zum Einsatz kommen. Bestätigen Sie die Angaben auf einem Eigenbeleg mit Ihrer Unterschrift und legen Sie den Beleg zu Ihren Steuerunterlagen.
Beachten sollten Sie allerdings, dass der Vorsteuerabzug auf Basis eines Eigenbelegs unzulässig ist.
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Den Bogen »Erstellen von Eigenbelegen« sollten Sie nicht überspannen, denn eine größere
Zahl solcher Belege schürt Misstrauen und lässt sich irgendwann nicht mehr plausibel erklären.
4.2
Betriebsausgabenpauschalen
Der Einzelnachweis von Betriebsausgaben ist mühsam. Betriebsausgabenpauschalen bieten hier Vorteile, denn deren Höhe hängt nicht vom Umfang der tatsächlich entstandenen Kosten ab.
Es gibt Ausgabenpauschalen für einzelne betriebliche Kosten, wie zum Beispiel die Entfernungspauschale für Fahrten von der Wohnung zum Betrieb (€ 0,30 pro Kilometer) oder die Pauschalen für
den Verpflegungsmehraufwand auf Geschäftsreisen (€ 6,–, € 12,– oder € 24,–). Wird auf Pauschalen
zurückgegriffen, muss die jeweilige Fahrt oder Reise natürlich glaubhaft gemacht werden können.
Es existieren aber auch Pauschalen, die den kompletten betrieblichen Aufwand eines Selbstständigen abdecken. Eine Gesamt-Kostenpauschale gibt es für wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Nebentätigkeiten (25 % der Einnahmen, maximal € 614,– im Jahr), für hauptberuflich
‚tätige Schriftsteller und Journalisten (30 % der Einnahmen, maximal € 2 455,– im Jahr), für Hebammen (25 % der Einnahmen, maximal € 1 535,– im Jahr) und für Tagesmütter (€ 300,– pro
Woche / Kind bei einer Betreuungszeit von 40 Stunden).
4.3
Vorweggenommene Betriebsausgaben
Bereits vor der Eröffnung eines Betriebes können Kosten entstehen, die mit der aufgenommenen
selbstständigen Tätigkeit zusammenhängen. Diese Aufwendungen sind als vorweggenommene
Betriebsausgaben abzugsfähig. Bedingung für den Betriebsausgabenabzug ist natürlich ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der sich im Aufbau befindlichen Selbstständigkeit.
Vorweggenommene Betriebsausgaben sind zum Beispiel: Reisekosten, Renovierungs- / Instandsetzungskosten, Ausgaben für Fachliteratur, Kosten für Messebesuche, Ausbildungs- / Fortbildungskosten und der Investitionsabzugsbetrag.
Stehen den vor der Betriebseröffnung angefallenen Ausgaben keine Einnahmen gegenüber, entsteht
ein steuerlicher Verlust, der mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden kann.
4.4
Eingeschränkt abzugsfähige Betriebsausgaben
Für bestimmte Betriebsausgaben, bei denen wegen der Nähe zur privaten Lebensführung die
Abgrenzung zum betrieblichen Bereich schwierig ist, hat der Gesetzgeber prozentuale oder absolute
Höchstbeträge festgelegt.
So sind zum Beispiel bei geschäftlich veranlassten Bewirtungen nur 70 % der angemessenen Kosten
als Betriebsausgaben abzugsfähig.
Geschenke an einen Geschäftspartner dürfen nur als Betriebsausgaben erfasst werden, wenn der
Wert pro Jahr € 35,– nicht übersteigt oder die Geschenke vom Empfänger ausschließlich betrieblich
genutzt werden können.
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Bei häuslichen Arbeitszimmern, die nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilden, dürfen pro Jahr maximal Kosten in Höhe von € 1 250,– als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Das häusliche Arbeitszimmer ist zum Beispiel bei Handelsvertretern,
Dozenten und Unternehmensberatern nicht Mittelpunkt der Gesamttätigkeit.
4.5
Ausbildungs- / Fortbildungskosten
Beim Abzug von Ausbildungskosten als Betriebsausgaben ist zwischen einer erstmaligen Berufsausbildung oder einem Erststudium und einer Zweitausbildung in Gestalt einer Berufsausbildung oder
eines Studiums zu unterscheiden.
Erstausbildung
Das Gesetz sieht für Erstausbildungskosten ein Betriebsausgaben-Abzugsverbot vor. Die Kosten
einer Erstausbildung dürfen lediglich als Sonderausgaben berücksichtigt werden, und zwar in Höhe
von bis zu € 6 000,– pro Jahr. Gegen das Abzugsverbot wurde vor verschiedenen Senaten des BFH
geklagt.
Zwar hat der VIII. Senat des BFH die derzeitige Gesetzeslage mittlerweile für rechtmäßig erklärt
(Urteil vom 5. 11. 2013, Az. VIII R 22 / 12), der VI. Senat des BFH hat sich aber bislang nicht geäußert. Daher sollten Existenzgründer weiterhin alle mit der neuen beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Erstausbildungskosten als Betriebsausgaben berücksichtigen, soweit möglich auch
rückwirkend.
Weigert sich das Finanzamt, die in der Steuererklärung angegebenen Kosten als Betriebsausgaben
anzuerkennen, kann unter Hinweis auf eines der folgenden Revisionsverfahren Einspruch gegen
die Entscheidung eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden: Az. VI R 2 / 12, Az. VI
R 8 / 12 oder Az. R 2 / 13.
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Ausbildungskosten sind insbesondere Kurs- und Lehrgangsgebühren, Aufwendungen für
Arbeitsmittel, Fahrtkosten zur Ausbildungsstätte und gegebenenfalls auch die Ausgaben für
ein Arbeitszimmer.
Zweitausbildung
Haben Sie vor Aufnahme Ihrer selbstständigen Tätigkeit eine zweite Ausbildung absolviert, können
Sie Ihre Bildungsausgaben als (vorweggenommene) Betriebsausgaben berücksichtigen, wenn die
Bildungsmaßnahme darauf abzielte, Einkünfte aus einer selbstständigen oder gewerblichen Tätigkeit
zu erzielen. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Ausbildung Berührungspunkte zu einer bereits abgeschlossenen Ausbildung hat. Und es kommt auch nicht darauf an, ob es
sich bei der Zweitausbildung um eine Berufsausbildung nach einem Studium, ein Studium nach einer
Berufsausbildung, ein Zweitstudium oder eine zweite Berufsausbildung handelt.
Fortbildung
Während Berufsausbildung und Studium dem Erlernen eines neuen Berufs dienen, beziehen sich
Fortbildungen auf eine bereits ausgeübte berufliche Tätigkeit. Selbstständige können ihre Fortbildungskosten als Betriebsausgaben geltend machen. Dazu gehören neben den Kosten der Bildungsmaßnahme auch die damit zusammenhängenden Ausgaben, wie Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwand und Übernachtungskosten bei mehrtägigen Veranstaltungen.
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Lässt sich die von Ihnen besuchte Veranstaltung oder der Unterricht, an dem Sie teilgenommen haben, nicht auf den ersten Blick mit Ihrer selbstständigen Tätigkeit in Verbindung bringen, sollten Sie gegenüber dem Finanzamt deutlich machen, wie sich das von Ihnen Erlernte
betrieblich nutzen lässt.
Schwierigkeiten mit dem Betriebsausgabenabzug gibt es meist dann, wenn sich private und berufliche Sphäre nicht auf den ersten Blick voneinander trennen lassen. Oft ist das bei dem Besuch von
Bildungsveranstaltungen an anderen Orten oder in anderen Ländern der Fall. Das Finanzamt geht
dann schnell davon aus, dass es sich um eine privat veranlasste Reise handelt und private Kosten in
den betrieblichen Bereich verschoben werden sollen.
Nehmen Sie an mehrtägigen Kursen oder Seminaren teil, die nicht an Ihrem Heimatort stattfinden,
dann dokumentieren Sie unbedingt den Inhalt und zeitlichen Ablauf der Veranstaltung sowie Ihre
Aktivitäten an jedem Tag. Nur dadurch können Sie belegen, dass der gesamte Aufenthalt oder zumindest ein Teil davon betrieblich veranlasst war.
Eine (Fortbildungs-)Reise kann sowohl berufliche als auch private Reisemotive haben. Bei einem
mehrtägigen Aufenthalt dürfen Sie den einen oder anderen Tag mit Freizeitaktivitäten verbringen,
ohne dass Ihnen dadurch der Ausgabenabzug insgesamt verloren geht. Es ist zulässig, die entstandenen Kosten in einen betrieblichen und einen privaten Teil aufzuteilen. Das gilt inzwischen auch für
die An- und Abreisekosten. Voraussetzung ist allerdings, dass sich der betriebliche Bereich anhand
objektiver Kriterien vom privaten abgrenzen lässt.
4.6
Private Gegenstände betrieblich nutzen
Als Selbstständiger nutzen Sie mehr oder weniger regelmäßig Gegenstände Ihres Privatvermögens
für betriebliche Zwecke. Dabei kann es sich zum Beispiel um Fahrzeuge, elektronische Geräte oder
Möbel handeln. Die auf die betriebliche Nutzung entfallenden Kosten können Sie gewinnmindernd
berücksichtigen, indem Sie die dadurch entstehenden Kosten als Betriebsausgabe erfassen (sogenannte Aufwandseinlage).
Die Höhe der Aufwandseinlage ermitteln Sie, indem Sie alle Kosten zusammentragen, die der
betrieblich genutzte Gegenstand verursacht hat, im Anschluss daran den beruflichen Nutzungsanteil
feststellen und dann die auf den Betrieb entfallenden anteiligen Kosten berechnen. Bei der Kostenermittlung sollten Sie nicht nur die laufenden Ausgaben berücksichtigen, sondern auch den durch die
Nutzung eintretenden Wertverlust. Dieser spiegelt sich in der Abschreibung wieder.
Ist eine detaillierte Kostenaufstellung mangels aussagekräftiger Belege nicht möglich, können Sie die
auf Ihren Betrieb entfallenden Kosten auch schätzen. Die Angemessenheit Ihrer Kostenschätzung
müssen Sie natürlich glaubhaft machen können.
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Beim Einsatz eines Pkw für betriebliche Fahrten können Sie zur Ermittlung der Aufwandseinlage auch auf die Reisekostenpauschale in Höhe von € 0,30 pro Kilometer zurückgreifen. Bei
Motorrädern beträgt die Kilometerpauschale € 0,14 und bei Fahrrädern € 0,07.
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4.7
Einbringen von Gegenständen aus dem Privatvermögen
Vermögenswerte können auf zwei Wegen in den Betrieb eines Selbstständigen gelangen. Entweder
sie werden vom Betrieb angeschafft. Oder der Betriebsinhaber überführt sie aus seinem Privatvermögen in den Betrieb (Privateinlage). In den Betrieb einbringen lassen sich insbesondere Sachwerte, wie
zum Beispiel Maschinen, Fahrzeuge oder Büroeinrichtungsgegenstände. Jede Einlage in den Betrieb
ist wertmäßig zu erfassen.
Da die Einlage von Sachwerten in den Betrieb meist mit keiner Geldbewegung einhergeht, wirkt sie
sich nicht unmittelbar auf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung aus. Mangels eindeutiger äußerer
Erkennungsmerkmale besteht sogar die Gefahr, dass die Einlage vom Betriebsinhaber übersehen und
steuerlich nicht berücksichtigt wird.
Als Unternehmer sind Sie aber nicht nur dazu verpflichtet, jede Einlage zu erfassen. Gewöhnlich
haben Sie sogar ein besonderes Interesse daran. Denn sobald Sie zum Beispiel ein Wirtschaftsgut
in Ihren Betrieb eingebracht haben, können Sie sämtliche laufenden Kosten, die durch den Gegenstand verursacht werden, als Betriebsausgaben berücksichtigen. Ist das in den Betrieb eingelegte Wirtschaftsgut abnutzbar, verliert es also durch die Nutzung an Wert, besteht darüber hinaus die Möglichkeit der Abschreibung.
!!
Bei der Einlage von Gegenständen stellt sich die Frage, wie der Vorgang nach außen deutlich
gemacht wird. Denn schließlich wird das Finanzamt nur dann Betriebsausgaben akzeptieren,
wenn sich die Einlage in den Betrieb objektiv feststellen lässt. Ein wichtiges Indiz ist die Aufnahme des eingebrachten Wirtschaftsguts in das Anlageverzeichnis oder den sogenannten
Sammelposten, sofern der Gegenstand einen bestimmten Wert überschreitet. Insbesondere
bei teuren Gegenständen bietet es sich darüber hinaus an, dem Finanzamt die Einlage schriftlich anzuzeigen. Denn nur so lässt sich der Zeitpunkt der Einlage zweifelsfrei belegen.
4.8 Besonderheiten bei geringwertigen Wirtschaftsgütern
Die Anschaffungskosten oder den Einlagewert von Gegenständen, die Sie über längere Zeit in Ihrem
Betrieb nutzen, dürfen Sie normalerweise nicht vollständig im Jahr der Anschaffung oder der Einlage als Betriebsausgabe berücksichtigen. Die Anschaffungskosten oder der Einlagewert sind über die
betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes abzuschreiben.
Handelt es sich bei dem angeschafften oder in den Betrieb eingelegten Gegenstand aber um ein
geringwertiges Wirtschaftsgut (GWG), gelten besondere Vorschriften.
Bei dem Gegenstand handelt es sich um ein GWG, wenn das Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen
rechnet, abnutzbar, beweglich sowie selbstständig nutzbar ist und der Wert eine bestimmte Höhe
nicht überschreitet.
Zu unterscheiden sind drei GWG-Kategorien:
ƒƒ GWG mit Anschaffungskosten oder einem Einlagewert bis zu € 150,–
Hier haben Sie ein Wahlrecht zwischen Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung / Einlage oder
der Abschreibung über die Nutzungsdauer.
ƒƒ GWG mit Anschaffungskosten oder einem Einlagewert über € 150,–
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Hier haben Sie die Wahl zwischen zwei Alternativen. Das Wahlrecht muss für alle in einem Jahr
gekauften oder in den Betrieb eingelegten GWG einheitlich ausgeübt werden.
–– Sofortabschreibung
Die GWG-Grenze liegt bei € 410,–. Für GWG mit Anschaffungskosten oder einem Einlagewert
über € 150,– bis € 410,– steht Ihnen die Sofortabschreibung zu. Bei Anschaffungskosten über
€ 410,– gibt es bei dieser Alternative nur die normale Abschreibung über die Nutzungsdauer.
–– Poolabschreibung
Die GWG-Grenze liegt bei € 1 000,–. GWG mit Anschaffungskosten oder einem Einlagewert
über € 150,– bis € 1 000,– müssen Sie in einen Sammelposten einstellen, der pro Jahr mit 20 %
abzuschreiben ist. Entscheiden Sie sich in einem Jahr für diese Alternative, dann steht Ihnen
auch für GWG mit Anschaffungskosten oder Einlagewert über € 150,– bis € 410,– nicht die
Sofortabschreibung zu, sondern nur die Poolabschreibung.
4.9
Von zu Hause aus arbeiten und steuerlich davon profitieren
So gut wie jeder Selbstständige benötigt einen Raum für seine unternehmerische Tätigkeit – entweder für die Ausübung des Berufs oder zur Erledigung von Büroarbeiten, die zwangsläufig mit dem
Selbstständigen-Status einhergehen. Die Kosten eines betrieblich genutzten Raumes dürfen Sie in
folgenden Fällen als Betriebsausgaben berücksichtigen:
ƒƒ Der Raum ist nicht Teil Ihrer Wohnung und damit außerhäuslich (voller Ausgabenabzug)
»»
Beispiel:
Unternehmensberater Ulrich Kraatsch richtet sich in der Erfurter Innenstadt ein Büro ein, das 8 km
von seiner Privatwohnung entfernt liegt.
Designerin Luca Marani wohnt mit ihrer Familie zur Miete in einem fünfstöckigen Mehrfamilienhaus in Braunschweig. Die Privatwohnung befindet sich im zweiten Geschoss. Für ihre selbstständige Tätigkeit mietet sich Frau Marani eine kleine Wohnung im Dachgeschoss an. Der Arbeitsraum ist
nur über das von allen Mietparteien genutzte Treppenhaus zu erreichen.
ƒƒ Der Raum gehört zu Ihrer Wohnung, ist aber kein Arbeitszimmer (voller Ausgabenabzug)
»»
Beispiel:
Tonmeister Alexander Feucht bewohnt mit seiner Familie ein Einfamilienhaus in Dortmund.
Im Keller des Hauses hat sich Herr Feucht ein Tonstudio eingerichtet. Der Raum ist schallisoliert und mit zahlreichen technischen Geräten ausgestattet (Mischpult, Computer, Musikinstrumente etc.). Aufgrund der Ausstattung des Raumes handelt es sich um kein Arbeitszimmer,
sondern eine Betriebsstätte.
Ben Wilson ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln. Herr Wilson bewohnt eine große Altbauwohnung. Für seine Anwaltskanzlei nutzt er drei der insgesamt sieben Zimmer. Die Räume liegen
im vorderen Eingangsbereich der Wohnung. Ein Raum ist mit Stühlen ausgestattet und dient
als Warteraum. In einem zweiten Raum befinden sich die Arbeitsplätze der beiden fest angestellten Mitarbeiterinnen. Der dritte Raum dient dem Anwalt als Büro und Besprechungsraum.
Aufgrund des Kundenbetriebs und der Beschäftigung von Mitarbeitern sind die Kanzleiräume
nicht als häusliche Arbeitszimmer einzustufen. Es handelt sich stattdessen um die Räume
einer Betriebsstätte.
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ƒƒ Der Raum ist ein häusliches Arbeitszimmer und Mittelpunkt Ihrer Gesamttätigkeit (voller
Ausgabenabzug)
»»
Beispiel:
Der Sachbuchautor Friedhelm Gutzlaff bewohnt ein kleines Einfamilienhaus in Wismar. Im
Dachgeschoss des Hauses hat sich Herr Gutzlaff ein Arbeitszimmer eingerichtet. Die wesentlichen Einrichtungsgegenstände sind ein Schreibtisch, ein Bürostuhl, ein Bücherregal sowie ein
kleiner Besprechungstisch mit zwei Sesseln. Der Arbeitsraum ist Mittelpunkt der Gesamttätigkeit von Herrn Gutzlaff.
Rechtsanwalt Gunter Bruns hat sich auf die Erstellung von Versicherungsgutachten spezialisiert. Die Gutachten fertigt er in seinem häuslichen Arbeitszimmer an, das im Souterrain
seines Hauses liegt. Da seine Gutachtertätigkeit eine reine Schreibtischarbeit ist, bildet das
Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Gesamttätigkeit von Herrn Bruns.
ƒƒ Der Raum ist Teil Ihrer Wohnung, ein Arbeitszimmer, aber nicht Mittelpunkt Ihrer Gesamttätigkeit. Ein auswärtiger Arbeitsplatz ist nicht vorhanden (Ausgabenabzug beschränkt zulässig)
»»
Beispiel:
Die Neurologin Frauke Selanca ist als Ärztin in der Uniklinik Tübingen angestellt. Frau Selanca
ist nebenberuflich selbstständig. Sie erstellt hin und wieder für eine Krankenversicherung
medizinische Gutachten. Aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen darf sie die Räume der
Klinik nicht für ihre gutachterliche Tätigkeit nutzen. Da die Ärztin nur nebenberuflich selbstständig arbeitet, befindet sich der Mittelpunkt ihrer Gesamttätigkeit nicht im häuslichen
Arbeitszimmer. Aus diesem Grund ist der Ausgabenabzug auf € 1 250,– pro Jahr beschränkt.
Der IT-Fachmann Jose Picot betreut mehrere mittelständische Unternehmen. Seine Arbeitsleistung erbringt er zum Teil zu Hause und zum Teil bei den Kunden vor Ort. Das in seiner Vierzimmerwohnung eingerichtete Arbeitszimmer ist nicht Mittelpunkt seiner Gesamttätigkeit, da Herr
Picot dort nicht alle seine Tätigkeit prägenden Leistungen erbringt. Wie auch bei Frau Selanca
ist der Ausgabenabzug nur beschränkt zulässig, und zwar bis zur Höhe von € 1 250,– pro Jahr.
Anteilig als Betriebsausgaben abzugsfähig sind bei Mietobjekten insbesondere die Netto-Kaltmiete,
die Nebenkosten, die Stromkosten und die Heizungskosten. Bei Immobilieneigentum rückt an die
Stelle der Netto-Kaltmiete die Abschreibung des Gebäudes.
Bei einem vom Finanzamt anerkannten Arbeitsraum dürfen Sie auch die Ausgaben für die Einrichtung und Ausstattung als Betriebsausgaben erfassen. Bei hochwertigen Einrichtungsgegenständen
(Bilder, Teppiche etc.) kann der Ausgabenabzug allerdings scheitern. Denn das Finanzamt unterstellt
bei der Anschaffung teurer Gegenstände oft private Motive und lehnt den Kostenabzug daher ab.
Häusliches Arbeitszimmer
Arbeitsräume im privaten Wohnumfeld werden meist der Kategorie »Arbeitszimmer« zugeordnet.
Ein Arbeitszimmer dient überwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder organisatorischer Arbeiten. Zentraler Einrichtungsgegenstand ist daher ein Schreibtisch. Ein Arbeitszimmer
wird steuerlich aber auch nur anerkannt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
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ausreichende Größe der Wohnung / des Wohnhauses;
räumliche Trennung des Raumes von der übrigen Wohnung;
mindestens 90 %ige betriebliche Nutzung des Raumes;
zu einem Arbeitszimmer passende Ausstattung.
Vielleicht fragen Sie sich, wie das Finanzamt feststellt, ob im konkreten Fall alle Auflagen erfüllt sind.
Eine Besichtigung vor Ort durch einen Finanzbeamten wird die Ausnahme bleiben. Der zeitliche
Aufwand ist dafür einfach zu groß. Weitaus größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Finanzamt
schriftliche Angaben von Ihnen fordert. Möglicherweise wird Ihnen für diesen Zweck ein Vordruck
zugesandt, auf dem Sie eine Reihe von Fragen zu beantworten haben.
Üblich ist auch die Anforderung einer Wohnungsskizze. Denn das Finanzamt kann erst durch eine
Zeichnung die genaue Lage des Raumes erkennen und Rückschlüsse auf den Umfang der privaten
Mitbenutzung ziehen. Das Finanzamt erkundigt sich auch häufig nach Einrichtungsgegenständen,
die sich in Ihrem Arbeitsraum befinden. Denn auch diese geben Hinweise auf eine außerbetriebliche
Nutzung. Unaufgefordert sollten Sie dem Finanzamt allerdings keine Unterlagen einreichen.
Gemischt genutzte Räume
2009 hat der Große Senat des BFH das strikte Aufteilungsverbot von gemischt verursachten Kosten
verworfen. Seitdem versuchen viele Selbstständige, ihre Ausgaben für gemischt genutzte Räume (Beispiel: Büroecke im Wohnzimmer) zumindest anteilig steuerlich anerkannt zu bekommen. Während
die Finanzämter den anteiligen Kostenabzug bislang unisono ablehnen, vertreten die Finanzgerichte
der Länder momentan keine einheitliche Linie. Abzuwarten bleibt daher, wie sich der BFH positionieren wird.
!!
Wenn auch Sie Räume gemischt, also sowohl beruflich als auch privat nutzen, dann sollten Sie
es auf einen Abzugsversuch ankommen lassen und wenigstens einen Teil der Raumkosten in
Ihrer Steuererklärung angeben. Zu verlieren haben Sie schließlich nichts. Als Aufteilungsmaßstab für die Kosten können Sie zum Beispiel das Verhältnis von betrieblich zu privat genutzter
Fläche heranziehen. Lehnt Ihr Finanzamt den Ausgabenabzug ab, können Sie Einspruch gegen
Ihren Steuerbescheid einlegen und unter Hinweis auf das beim BFH anhängige Verfahren (Az. X
R 32 / 11) das Ruhen Ihres Einspruchsverfahrens beantragen.
4.10 Neuanschaffungen: Privat- oder Betriebsvermögen?
Für die Zuordnung zum Betriebsvermögen gibt es bei beweglichen Wirtschaftsgütern klare Regeln:
Betriebliche Nutzung
Zuordnungswahlrecht
Vermögensart
über 50 %
nein
notwendiges Betriebsvermögen
10 % bis 50 %
ja
gewillkürtes Betriebsvermögen
oder
Privatvermögen
unter 10 %
nein
notwendiges Privatvermögen
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Betriebliche Nutzung überwiegt: kein Wahlrecht
Teils betrieblich, teils privat genutzte Wirtschaftsgüter gehören zum notwendigen Betriebsvermögen,
wenn die betriebliche Nutzung überwiegt, das heißt mehr als 50 % beträgt. Wird ein Wirtschaftsgut
in mehreren Betrieben des Unternehmers genutzt, ist die gesamte eigenbetriebliche Nutzung maßgebend.
Wie hoch die betriebliche Nutzung eines Gegenstands des notwendigen Betriebsvermögens genau ist,
spielt keine Rolle. Die steuerliche Behandlung ist stets dieselbe. Aufwendungen für das Wirtschaftsgut
werden als Betriebsausgabe, Erträge als Betriebseinnahme erfasst. In Höhe der anteiligen privaten
Nutzung muss ein Privatanteil als Betriebseinnahme angesetzt werden.
Betriebliche Nutzung 10 % bis 50 %: Zuordnungswahlrecht
Ein teils betrieblich, teils privat genutztes Wirtschaftsgut dürfen Sie als Betriebsvermögen behandeln,
wenn die betriebliche Nutzung mindestens 10 % und nicht mehr als 50 % beträgt. Hauptfall ist der
Pkw, der gleichzeitig betrieblich und privat genutzt wird. In diese Kategorie können jedoch auch teure
elektronische Geräte, Haushaltsgeräte oder andere Fahrzeuge fallen.
ƒƒ Wenn Sie wollen, dass dieses Wirtschaftsgut Teil Ihres Betriebsvermögens wird, müssen Sie eine
zeitnahe und eindeutige Zuordnung vornehmen, diese Zuordnung dokumentieren und die
steuerlichen Konsequenzen daraus ziehen. Aufgrund Ihrer Entscheidung ist dieses Wirtschaftsgut
dann insgesamt gewillkürtes Betriebsvermögen. Die Rechtsfolgen sind dieselben wie beim notwendigen Betriebsvermögen.
ƒƒ Möchten Sie, dass dieses Wirtschaftsgut zum Privatvermögen gehört, brauchen Sie nichts zu tun.
Die auf die betriebliche Nutzung entfallenden anteiligen Kosten können Sie bei der Gewinnermittlung über eine Aufwandseinlage als Betriebsausgabe geltend machen.
Betriebliche Nutzung unter 10 %: kein Wahlrecht
Ein teils betrieblich, teils privat genutztes Wirtschaftsgut gehört zum notwendigen Privatvermögen,
wenn die betriebliche Nutzung unter 10 % liegt, oder anders ausgedrückt, die private Nutzung über
90 % beträgt. In diesem Fall kann das Wirtschaftsgut kein Betriebsvermögen sein.
Für jedes einzelne Wirtschaftsgut ist gesondert zu prüfen, ob es zum Betriebsvermögen gehört oder
nicht. Ein Wirtschaftsgut kann grundsätzlich nur einheitlich zum Betriebsvermögen oder einheitlich
zum Privatvermögen gerechnet werden (Ausnahme: Gebäude).
Die Folgen der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen zeigen sich oft erst nach
vielen Jahren, nämlich beim Verkauf / Entnahme des Wirtschaftsguts oder bei der Betriebsaufgabe.
Denn der Marktwert des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betriebsvermögen
muss als Einnahme versteuert werden.
Was einmal Betriebsvermögen ist, muss nicht für immer Betriebsvermögen bleiben. Und umgekehrt
kann aus Privatvermögen auch Betriebsvermögen werden. Nutzungsänderungen können dazu führen, dass ein Wirtschaftsgut die eine Vermögensart verlässt und in eine andere gelangt – manchmal
mit gravierenden finanziellen Folgen.
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Ein Wirtschaftsgut kann im Allgemeinen nur dann zum Betriebsvermögen gehören, wenn der Unternehmer selbst zivilrechtlicher Eigentümer ist. Gehört ein Wirtschaftsgut ganz oder teilweise Ihrem
Ehe- oder Lebenspartner, so ist es in diesem Umfang nicht Teil Ihres Betriebsvermögens, auch wenn
Sie es betrieblich nutzen. Auch beim Leasing zählt das geleaste Wirtschaftsgut regelmäßig nicht zu
Ihrem Betriebsvermögen, sondern zu dem des Leasinggebers.
5
Gewerbesteuer
Zur Zahlung von Gewerbesteuer können Sie nur verpflichtet werden, wenn Sie als Selbstständiger
gewerbliche Einkünfte erzielen. Freiberufler unterliegen damit nicht der Gewerbesteuerpflicht. Auf
folgende Besonderheit ist allerdings zu achten: Erzielt ein Selbstständiger nach den Feststellungen
im Einkommensteuerbescheid keine gewerblichen Einkünfte, sondern Einkünfte aus selbstständiger
(freiberuflicher) Arbeit, schließt das einen Gewerbebetrieb aus gewerbesteuerlicher Sicht nicht aus.
Denn der Einkommensteuerbescheid ist nicht bindend für die Gewerbesteuer. Für die Annahme eines
Gewerbebetriebes reicht es aus, wenn unter Berücksichtigung einkommensteuerlicher Vorschriften
die Voraussetzungen für gewerbliche Einkünfte vorliegen. Gewöhnlich weicht die gewerbesteuerliche
Beurteilung aber nicht von der im Einkommensteuerbescheid festgelegten Einkunftsart ab.
!!
Der Gesetzgeber will kleine Betriebe finanziell nicht übermäßig belasten. Aus diesem Grund
sieht das Gewerbesteuergesetz für Einzelunternehmer einen Freibetrag in Höhe von € 24 500,–
vor. Erst wenn der Gewinn eines Gewerbetreibenden diesen Betrag überschreitet, kann es zur
Festsetzung von Gewerbesteuer kommen.
Selbstständige, die Gewerbesteuer entrichten müssen, können geleistete Zahlungen auf ihre Einkommensteuer anrechnen. Dadurch bleibt am Ende entweder gar keine oder nur eine geringe Belastung
durch die Gewerbesteuer übrig. Die Anrechnung setzt allerdings eine Einkommensteuerschuld in
ausreichender Höhe voraus.
6
Umsatzsteuer
Die Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, gehört zu den wichtigsten Steuerarten, mit denen
Selbstständige in Berührung kommen. Selbstständige, die im Umsatzsteuergesetz Unternehmer genannt werden, sind verpflichtet, die Steuer zu erheben und an das Finanzamt abzuführen.
Gewöhnlich ist der Unternehmer Steuerschuldner, der einen Gegenstand oder eine Dienstleistung
verkauft. Er stellt seinem Kunden die Umsatzsteuer in Rechnung, erhält sie von ihm und zahlt sie an
das Finanzamt. Es gibt aber auch Ausnahmen von diesem Prinzip (Umkehr der Steuerschuldnerschaft).
Die von einem Unternehmer beim Bezug von Produkten oder Dienstleistungen für sein Unternehmen bezahlte Umsatzsteuer wird Vorsteuer genannt. Ist ein Unternehmer zum Vorsteuerabzug
berechtigt, kann die sich aus den Vorsteuerzahlungen ergebende finanzielle Belastung kompensiert
werden. Die vom Unternehmer entrichtete Vorsteuer verringert entweder die sich aus den Verkäufen
des Unternehmers ergebende Umsatzsteuerschuld. Oder wird für den Fall des Fehlens einer Umsatzsteuerschuld vom Finanzamt erstattet.
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Besteht kein Recht zum Vorsteuerabzug, ist die Umsatzsteuer ein Kostenfaktor. Das ist zum Beispiel
der Fall, wenn die von einem Unternehmer erbrachte Leistung von der Umsatzsteuer befreit ist. Im
Gegenzug scheidet der Vorsteuerabzug nämlich regelmäßig aus.
Kleinunternehmer dürfen ihren Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Aus diesem Grund
sind auch Kleinunternehmer vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die gezahlte Umsatzsteuer wirkt
sich daher auch bei Kleinunternehmern kostenerhöhend aus.
6.1
Kleinunternehmer oder regelbesteuerter Unternehmer?
Selbstständigen mit geringen Einnahmen soll kein übermäßiger bürokratischer Aufwand entstehen.
Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber unter anderem die Kleinunternehmer-Regelung ins Leben
gerufen.
Der Kleinunternehmer-Status kann nur bis zu einer bestimmten Umsatzhöhe in Anspruch genommen werden. Kleinunternehmer stellen ihren Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung und führen
keine Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Im Gegenzug dürfen Kleinunternehmer aber auch nicht
den sogenannten Vorsteuerabzug vornehmen. Unternehmer mit geringen Umsätzen werden somit im
Wesentlichen wie Privatpersonen oder Unternehmer mit umsatzsteuerbefreiten Ausgangsleistungen
behandelt.
Für die Kleinunternehmer-Regelung spricht insbesondere der Wettbewerbsvorteil bei Verkäufen an
Privatpersonen und Unternehmer, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Dazu kommt der
geringere bürokratische Aufwand, denn regelbesteuerte Existenzgründer müssen in den ersten zwei
Jahren monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben.
Von Nachteil ist der Kleinunternehmer-Status vor allem dann, wenn hohe, mit Umsatzsteuer belastete Ausgaben anfallen und größere betriebliche Investitionen getätigt werden.
Bei Kleinunternehmern darf der Gesamtumsatz im Vorjahr die Grenze von € 17 500,– nicht überschritten haben und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht über € 50 000,– liegen. Der Gesamtumsatz im Sinne der Kleinunternehmer-Regelung kann dabei beträchtlich von den tatsächlich erzielten
Einnahmen abweichen. Denn viele ohnehin von der Umsatzsteuer befreite Leistungen, wie zum Beispiel Heilbehandlungen, bleiben bei der Umsatz-Ermittlung außen vor.
Bei Existenzgründern wird die 17 500-Euro-Grenze ausnahmsweise auf das Gründungsjahr angewandt. Und da der im Gründungsjahr erzielte Umsatz noch nicht bekannt sein kann, der umsatzsteuerliche Status aber bereits bei Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit festzulegen ist, muss der
Umsatz des ersten Geschäftsjahres geschätzt werden. Die Umsatz-Schätzung ist dem Finanzamt bei
der steuerlichen Anmeldung auf dem Vordruck »Fragebogen zur steuerlichen Erfassung« mitzuteilen.
Bei der Schätzung ist folgende Besonderheit zu beachten: Wurde die selbstständige Tätigkeit im Laufe
des Jahres aufgenommen, ist der erwartete Umsatz auf einen Jahreswert hochzurechnen, da sich die
17 500-Euro-Grenze stets auf ein Jahr bezieht. Ein angefangener Monat wird wie ein voller Monat
gewertet.
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Beispiel:
Der Programmierer Peer Martens eröffnet am 10. 8. sein Büro für Datentechnik. In seiner
steuerlichen Anmeldung muss er seinen voraussichtlichen Jahresumsatz 2013 angeben.
Der IT-Fachmann hofft, bis zum 31. 12. einen Umsatz in Höhe von € 12 000,– erzielen zu
können. Da Herr Martens seinen Betrieb erst im zweiten Halbjahr 2013 eröffnet hat, ist der
geschätzte Umsatz auf ein Jahr hochzurechnen: € 
12 000,– / 5 Monate × 12 Monate = € 28 800,–. Der voraussichtliche Jahresumsatz liegt deutlich über der 17 500-EuroGrenze. Die Kleinunternehmer-Regelung scheidet daher aus.
6.2 Umsatzsteuerliche Einordnung der Umsätze
Soll oder kann die Kleinunternehmer-Regelung nicht in Anspruch genommen werden, ist es unbedingt erforderlich, alle Geschäftsvorgänge auf ihre umsatzsteuerlichen Auswirkungen hin zu untersuchen. Diese Aufgabe sollten Sie auf keinen Fall unterschätzen. Aufgrund ihrer Bedeutung für den
Staatshaushalt steht die Umsatzsteuer im besonderen Fokus der Finanzverwaltung. Nachlässigkeiten
oder Fehleinschätzungen können zu beträchtlichen Steuernachforderungen des Finanzamtes führen.
Haben Sie beispielsweise Ihren Kunden zu Unrecht für einen steuerpflichtigen Umsatz keine Umsatzsteuer berechnet, müssen Sie, wenn das vom Finanzamt bemerkt wird, nachträglich aus Ihren
Einnahmen Umsatzsteuer herausrechnen und abführen. Meist wird es dann nicht gelingen, diese Umsatzsteuer von den Kunden zurückerstattet zu bekommen, sodass Sie auf einer Steuernachforderung
sitzen bleiben. Sollten Sie umgekehrt versehentlich auf steuerfreie Umsätze Umsatzsteuer erhoben
haben, wird das Finanzamt bei Aufdeckung dieses Sachverhalts Ihren Kunden rückwirkend den Vorsteuerabzug streichen. Denn eine nach dem Gesetz nicht geschuldete Umsatzsteuer darf nicht als
Vorsteuer abgezogen werden.
Die umsatzsteuerliche Beurteilung von vielen Sachverhalten ist ständig im Fluss. Daher ist es durchaus möglich, dass sich im Laufe der Zeit die steuerliche Betrachtungsweise Ihrer Tätigkeitsfelder oder
anderer Umsätze ändern kann.
Auch als Kleinunternehmer sollten Sie die umsatzsteuerliche Behandlung Ihrer Tätigkeiten nicht
außer Acht lassen. Richtig ist zwar, dass Sie selbst dann keine Umsatzsteuer zahlen müssen,
wenn Sie Einnahmen erzielen, die vom Gesetz als umsatzsteuerpflichtig eingestuft werden. Dies
gilt aber nur, solange Ihr Vorjahresumsatz nicht die Kleinunternehmergrenze von € 17 500,–
überschreitet. Kleinunternehmern kann daher nur empfohlen werden, am Ende eines Jahres zu
prüfen, ob die Voraussetzungen für den Kleinunternehmer-Status weiter vorliegen. Nur so lassen
sich umsatzsteuerliche Nachteile vermeiden.
Der logische Aufbau des Umsatzsteuergesetzes kommt Ihnen zugute, wenn Sie Ihre Einnahmen aus
umsatzsteuerlicher Sicht »ordnen«. Die Umsatzsteuer-Vorschriften bauen stufenartig aufeinander
auf. Als Erstes ist festzustellen, ob die aus einer bestimmten Tätigkeit resultierenden Umsätze steuerbar sind, also vom Umsatzsteuergesetz erfasst werden. Das hängt insbesondere davon ab, ob dem
jeweiligen Umsatz eine Gegenleistung gegenübersteht und ob die Lieferung / Leistung in Deutschland
ausgeführt wurde. Sofern der betreffende Umsatz steuerbar ist, gilt es dann zu prüfen, ob eine Umsatzsteuerbefreiung greift. Befreit von der Umsatzsteuer sind vor allem Leistungen, die dem Allgemeinwohl dienen. Bei steuerpflichtigen Umsätzen ist im nächsten Schritt der anzuwendende Steuersatz zu
ermitteln. In Betracht kommt entweder der ermäßigte Steuersatz von 7 % oder der reguläre Steuersatz
von 19 %.
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Falls Sie Zweifel haben, welcher Steuersatz auf Ihre Umsätze anzuwenden ist, sollten Sie auf
keinen Fall nach dem Prinzip Vorsicht verfahren und sicherheitshalber alles mit 19 % versteuern. Überhöht ausgewiesene Umsatzsteuer darf nämlich nicht als Vorsteuer geltend gemacht
werden. Entdeckt das Finanzamt einen solchen falschen Steuerausweis, muss Ihr Kunde die
geltend gemachte Vorsteuer zurückzahlen. Und diesen Betrag wird er dann von Ihnen fordern.
6.3
Umkehr der Steuerschuldnerschaft
Umkehr der Steuerschuldnerschaft (= Reverse-Charge-Verfahren) bedeutet: Nicht der die Lieferung
oder sonstige Leistung ausführende Unternehmer zahlt die Steuer, sondern der Leistungsempfänger.
Das Umsatzsteuerprinzip wird also auf den Kopf gestellt. Zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft
kommt es insbesondere bei Leistungen von Bauunternehmern, bei Lieferungen oder Dienstleistungen
eines Ausländers und beim Verkauf von Grundstücken. Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft setzt
voraus, dass der die Leistung ausführende Unternehmer kein Kleinunternehmer und der Abnehmer
der Leistung Unternehmer ist. Bei Bauleistungen muss der Leistungsempfänger darüber hinaus im
Baubereich tätig sein.
Die Umkehr der Steuerschuldnerschaft gilt auch für Leistungsempfänger, die Kleinunternehmer
sind oder als Unternehmer ausschließlich umsatzsteuerfreie Leistungen erbringen.
6.4
Ausgangsrechnungen richtig erstellen
Wenn Sie als Selbstständiger eine Lieferung ausführen oder eine Dienstleistung erbringen, sind Sie in
der Regel verpflichtet, dem Leistungsempfänger eine Rechnung auszustellen.
Das Umsatzsteuergesetz legt fest, wann ein Unternehmer aus steuerlicher Sicht zur Ausstellung einer
Rechnung verpflichtet ist und bestimmt darüber hinaus den formalen Aufbau von Rechnungen. Die
Rechnungsvorschriften versetzen die Finanzverwaltung in die Lage, den Leistungsaustausch zwischen
Unternehmern leichter überprüfen zu können. Letztlich soll ohne größeren Rechercheaufwand festgestellt werden können, ob die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer korrekt erhoben wurde und der
Vorsteuerabzug zu Recht erfolgte.
Die Rechnungsvorschriften sollten Sie unbedingt beachten – auch um Ihre Kunden nicht zu verärgern. Denn unvollständige Angaben können den Vorsteuerabzug kosten. Und da es sich bei der
Vorsteuer um bares Geld handelt, haben zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer wenig Verständnis für Rechnungsmängel.
Als Unternehmer haben Sie Ihre Rechnungen in Papierform zu übermitteln, es sei denn, der Empfänger hat einer elektronischen Übermittlung zugestimmt. Die Zustimmung muss nicht im Voraus
erteilt werden und kann auch in Form einer Rahmenvereinbarung erfolgen. Die gängigsten elektronischen Übermittlungsformen sind die E-Mail und das Fax.
6.5
Vorsteuer geltend machen
Beziehen Sie für Ihr Unternehmen Waren oder Dienstleistungen von einem anderen Unternehmen
und wird Ihnen dabei Umsatzsteuer in Rechnung gestellt (= Vorsteuer), dürfen Sie die von Ihnen zu
zahlende Steuer gegenüber dem Finanzamt als Forderung geltend machen, wenn Sie Leistungen ausführen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.
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Kleinunternehmer haben kein Recht auf den Abzug von Vorsteuer, da sie ihren Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen.
Die aus Ihren Vorsteuer-Zahlungen resultierenden Forderungen machen Sie in Ihren UmsatzsteuerVoranmeldungen und zusammengefasst in Ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung geltend. Existenzgründer sind innerhalb der ersten beiden Geschäftsjahre zur monatlichen Abgabe von UmsatzsteuerVoranmeldungen verpflichtet.
Bei der Gewinnermittlung über die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist zu beachten, dass erhaltene Umsatzsteuerbeträge und Vorsteuer-Erstattungen des Finanzamtes als Betriebseinnahme, Vorsteuer-Zahlungen an andere Unternehmer und Umsatzsteuer-Zahlungen an das Finanzamt dagegen
als Betriebsausgabe zu erfassen sind.
Der Vorsteuerabzug führt nicht automatisch zu einem Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt. Denn von der in einem bestimmten Zeitraum angefallenen Vorsteuer ist stets die vom Unternehmer für denselben Zeitraum geschuldete Umsatzsteuer abzuziehen. Nur wenn danach noch ein
Vorsteuer-Überschuss verbleibt, überweist das Finanzamt tatsächlich Geld auf das Konto des Unternehmers.
Zu Vorsteuer-Erstattungen kommt es vor allem in zwei Phasen: In Zeiten, wo umfangreiche betriebliche Investitionen getätigt werden, da mit den Investitionen hohe Vorsteuer-Zahlungen einhergehen.
Und in Zeiten mit niedrigen Ausgangsumsätzen, also zum Beispiel in der Gründungsphase, da die mit
Vorsteuer belasteten Betriebsausgaben dann regelmäßig die Betriebseinnahmen übersteigen.
!!
Aber auch in Zeiten, in denen es zu keinem »Vorsteuerüberhang« und damit zu keiner Vorsteuererstattung kommt, zahlt sich der Abzug von Vorsteuer von der Umsatzsteuer in barer Münze
aus. Denn jeder Euro Vorsteuer mindert die Umsatzsteuerschuld um ebenfalls einen Euro.
6.6 Eingangsrechnungen prüfen
Wenn Sie als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, sollten Sie Ihre Eingangsrechnungen stets auf Vollständigkeit überprüfen. Denn aufgrund der umfangreichen formalen Vorschriften
nehmen Betriebsprüfer Rechnungen sehr gerne und genau unter die Lupe. Bei unvollständigen Rechnungsangaben kann Ihnen der Vorsteuerabzug nachträglich aberkannt werden.
Haben Sie als Rechnungsempfänger dem elektronischen Rechnungsversand durch den Aussteller
zugestimmt, berechtigt ein auf dem elektronischen Weg erhaltenes Rechnungsdokument nur zum
Vorsteuerabzug, wenn sowohl die Echtheit der Herkunft als auch die Unversehrtheit des Inhalts
gewährleistet sind. Um diese Auflagen des Gesetzgebers zu erfüllen, ist eine qualifizierte elektronische
Signatur der elektronischen Rechnung inzwischen nicht mehr zwingend erforderlich.
Die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts einer elektronischen Rechnung können auch auf anderen Wegen als über eine elektronische Signatur nachgewiesen werden. Idealerweise
wird ein innerbetriebliches Kontrollverfahren zur Überprüfung eingehender elektronischer Rechnungen eingerichtet und dokumentiert.
Die Prüfung sollte sich auf die Identität des Rechnungsausstellers, die Rechnungspflichtangaben und
die Übereinstimmung des Rechnungsinhalts mit den Angaben im Kaufvertrag oder der Bestellung
erstrecken. Am besten erstellen Sie eine Liste mit Prüfkriterien für elektronische Rechnungen. Die
Liste ordnen Sie dann der jeweiligen Rechnung zu und haken die einzelnen Prüfpunkte ab.
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Die Vereinfachung des elektronischen Rechnungsversandes seit 2011 hat leider keine Erleichterungen bei der Archivierungspflicht gebracht. Der Rechnungsempfänger muss das Dokument weiterhin
über den mehrjährigen Aufbewahrungszeitraum elektronisch speichern und es bei Bedarf jederzeit
lesbar machen können.
Wird eine elektronische Rechnung nicht per Mail, sondern per Fax übermittelt, fällt dies grundsätzlich ebenfalls in die Kategorie »elektronischer Versand«. Deshalb sind Sie als Rechnungsempfänger
auch in diesem Fall nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Echtheit der Herkunft und die
Unversehrtheit des Inhalts der Rechnung sichergestellt sind.
Einen Sonderstatus genießt in diesem Zusammenhang allerdings der Rechnungsempfang per Standard-Fax. Aus rechtlicher Sicht handelt es sich dabei um den Empfang einer Papierrechnung. Wird die
Faxrechnung auf Thermopapier ausgedruckt, sollte eine Kopie erstellt werden, um die Lesbarkeit der
Rechnung über den mehrjährigen Aufbewahrungszeitraum sicherzustellen.
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Verlagsprodukte für Selbstständige
Nachfolgend listen wir die wichtigsten Produkte unseres Verlages für Selbstständige auf, die Sie über
den Shop von www.steuertipps.de erwerben können:
ƒƒ Beiträge zu steuerlichen Schwerpunkt-Themen
–– Anmeldung Ihres Betriebs bei Gemeinde und Finanzamt
–– Freiberuflich oder gewerblich? Wissen, worauf es ankommt
–– Gewinnermittlung: EÜR – wissen, wie es geht
–– Geschäftsreisen: Privaten Pkw für betriebliche Fahrten nutzen und Steuern sparen
–– Zuordnung, Anschaffung und Abschreibung des Betriebs-Pkw
–– Betriebs-Pkw: Laufende Kosten, Entnahme und Verkauf
–– Geschäftswagen: Privaten Kostenanteil über die 1 %-Methode ermitteln
–– Geschäftswagen: Privaten Kostenanteil über das Fahrtenbuch ermitteln
–– Abschreibungen: Holen Sie das Maximum an Steuerersparnis raus
–– Steuervorteil durch 20 % Sonderabschreibung
–– Geringwertige Wirtschaftsgüter: GWG-Abschreibung optimieren
–– Leasing-Fahrzeug: Steuerliche Vorteile kennen und nutzen
–– Investitionsabzugsbetrag: Wichtige Regeln für eine finanzamtssichere Rücklage
–– Basiswissen Umsatzsteuer – Fristen und Erklärungen
–– Kleinunternehmer: Vom umsatzsteuerlichen Sonderstatus profitieren
–– Vorsteuerabzug aus Rechnungen: Lassen Sie sich keinen Cent entgehen
–– Rechnungen: Was Sie als Unternehmer beachten müssen
–– Anlage EÜR 2013 – Ausfülltipps
–– Großer Musterfall Anlage EÜR 2013: Praxisnahe Beispiele und Ausfüllhilfen
ƒƒ Die wichtigsten Steuerthemen für Selbstständige
–– SteuerSparBerater für Selbstständige (Online-Datenbank)
–– Steuertipps für Selbstständige (Loseblattwerk)
–– Steuerkompass für Selbstständige (Jahrbuch)
ƒƒ Steuererklärungs-Software
–– SteuerSparErklärung für Selbstständige
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