In deinem Licht sehen wir das Licht

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In deinem Licht sehen wir das Licht
AUF DEM WEG DER
DRITTEN EUROPÄISCHEN
ÖKUMENISCHEN VERSAMMLUNG
2006 / 2007
Das Licht Christi scheint auf alle –
Hoffnung auf Erneuerung und Einheit
in Europa
In deinem Licht sehen wir das Licht
Gottesdienste, Predigten, thematische Vertiefungen
INHALTSVERZEICHNIS
Zu diesem Heft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Gottesdienstliche Entwürfe
– Gottesdienstfeier für die Tage der Dritten
Europäischen Ökumenischen Versammlung
5. – 9. September 2007 (Pastor Fritz Baltruweit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
– 8 Minuten für Gerechtigkeit. Zum
G8-Gipfel in Heiligendamm (Pfarrer Jürgen
Reichel, Heinz Fuchs und Pfarrer Werner
Gebert, eed) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
– „Gottes Geist bewegt uns.“ Ökumenischer
Pfingstgottesdienst auf dem Weg der Dritten
Europäischen Ökumenischen Versammlung
(Pastor Dr. Klaus Peter Voß) . . . . . . . . . . 16
– Konzept für einen interaktiven und
multimedialen Pfingstgottesdienst
(Mark Reichmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
– Gottesdiensteröffnung in mehreren
Sprachen (Ökumenischer Vorbereitungskreis Wittenberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Predigten
– Kurzpredigt über Apostelgeschichte 2
(Bischof em. Dr. Franz Kamphaus) . . . . . . 22
– Predigt zu Numeri, 4. Mose, 11 (Landessuperintendent Dr. Burghard Krause) . . . 23
– „Verwöhnt von Gottes Liebe“, Psalm 36,
10, Predigt im Eröffnungsgottesdienst
am 15. Februar 2007 in Wittenberg, Stadtkirche, während der 3. Station der Dritten
Europäischen Ökumenischen Versammlung (Bischof Axel Noack) . . . . . . . . . . . . 25
– Ich möchte nicht in einer Welt ohne Kathedralen leben. Predigt zur Dekade zur
Überwindung von Gewalt: Europa Fokus
in der Sendungsfeier am 18. Februar 2007
in Wittenberg, Schlosskirche, während der
3. Station der Dritten Europäischen Öku-
–
–
menischen Versammlung (Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann) . . . . . . . 27
Predigt zu Apostelgeschichte 6
(Dr. Randi Weber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Predigt zu Genesis 28
(Pfarrer Norbert Roth) . . . . . . . . . . . . . . . 31
Bibelarbeiten – Meditationen
– „Ich glaube an den Heiligen Geist “
Pfingstliches Mosaik zum 3. Artikel des
Apostolischen Glaubensbekenntnisses
(Landespfarrerin Christa Göbel) . . . . . . . . 34
Thematische Vertiefungen
Das Licht Christi und die Kirche
– „Mit einem Geist getauft…“
Bausteine und Anregungen für einen ökumenischen Gesprächsabend zum Thema
Taufe (Pastor Dr. Klaus Peter Voß) . . . . . 56
–
Mit Liedern durch Europa
(Pfarrerin Barbara Rudolph) . . . . . . . . . . . 71
–
Mit dem Kochlöffel durch Europa
(Weltgebetstag der Frauen) . . . . . . . . . . . 74
Das Licht Christi und Europa
– Der Beitrag der Kirchen für den Europäischen Einigungsprozess (Oberkirchenrätin
Antje Heider-Rottwilm) . . . . . . . . . . . . . . 58
Dokumentation
– Säkularisation als eine Herausforderung
für Europa (Erzbischof Dr. Jeremiasz,
Orthodoxe Kirche in Polen) . . . . . . . . . .76
Das Licht Christi und die Welt
– Geistliche Aktivitäten zum G8-Gipfel
in Heiligendamm, Juni 2007
(Pastor Tilmann Jeremias) . . . . . . . . . . . . 62
–
Der Beitrag der römisch-katholischen
Theologie zur ökumenischen Bewegung
(Kardinal Jean-Pierre Bernard Ricard,
Bordeaux) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
–
Die Bedeutung des Protestantismus für
Europa (Pfarrer Thomas Wipf, Genf) . . . . 80
–
Geist der Freiheit – Ökumene der Zukunft.
Bibelarbeit zu Galater 5 (Bischof em. Dr.
Walter Klaiber) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
–
„Christus wird dein Licht sein – Christus
wird dich erleuchten – erstrahlen wird dir
der Messias.“ Bibelarbeit zu Epheser 5,14
(Offizial Heinz Gunkel) . . . . . . . . . . . . . . . 39
Ökumenische Impulse aus Rumänien
– Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche in
Deutschland – Ökumenische Ikonographie in Nürnberg (Dr. Jürgen Henkel) . . . 63
„Der Heilige Geist, der die Koinonia
schafft“. Gedanken zu 2. Korinther 13,13
(DDr. J. Georg Schütz) . . . . . . . . . . . . . . . 42
–
–
Die Dreifaltigkeits-Ikone von Andrej Rubljow.
Bildbetrachtung (Pfarrer Norbert Roth) . . 45
–
Sibiu/Rumänien: Vertrauter ökumenischer
Boden – Erfahrungen des Weltgebetstags der
Frauen (Petra Heilig) . . . . . . . . . . . . . . . . 67
–
Es ströme aber Recht wie Wasser.
Bibelmeditation für die Frauenarbeit
(Dr. Christiane Markert-Wizisla) . . . . . . . 48
–
„Healing of Memories.“ Brücke zwischen
Kirchen, Kulturen und Religionen
(Dieter Brandes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
–
–
–
Licht – Wasser – Geist. Eine Meditation
über Männer und ihre Spiritualität …
(Martin Rosowski) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Pilgerwege – Glaubenswege. Eine Gemeindeveranstaltung (Pfarrer Norbert Roth) . . 54
Einladung für den 8. September in die
rumänische-orthodoxe MetropolitanKathedrale Nürnberg . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Europäische Nachbarschaften
– „Healing of Memories“ – Versöhnen und
Überwinden. Kirchen am Rhein (Pfarrer
Dr. Johannes Ehmann) . . . . . . . . . . . . . . . 70
Anhang
– Liste der deutschen Delegierten für Sibiu
– Europäische Versammlung – Zeitraster . .
– Botschaft aus Loccum für die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung . . . .
– Botschaft aus Wittenberg für die Dritte
Europäische Ökumenische Versammlung
– Gemeinde-/Pfarrbriefvorlage. . . . . . . . . .
– Mitgliedskirchen in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
– Materialien zur Weiterarbeit . . . . . . . . . .
– Kollektenabkündigung. Fürbittengebet . .
– Wichtige Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
– Ökumenische Vorbereitungsgruppe für
Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
– Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
– CD mit Texten und Bildern
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ZU DIESEM HEFT
LIEBE LESERIN,
LIEBER LESER,
aller guten Dinge sind drei. So heißt es. Sie halten
also nun – nach dem Basisheft und den Predigten
zum Advent – das Materialheft Nummer 3 auf dem
Weg der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung in den Händen. Auf dem Weg nach Sibiu
– sozusagen auf der Schlussetappe – bietet Ihnen
dieses Heft Material für die Gemeindearbeit.
Rom, Loccum und Wittenberg waren bisher Stationen auf dem Weg der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung. Jetzt richtet sich der
Blick ganz nach Rumänien, auf Hermannstadt/Sibiu. Von den Tagen im Spätsommer – 5.–9. September 2007 – erwarten sich die Christinnen und
Christen in Europa wegweisende ökumenische Impulse. Die Themen der Charta Oecumenica stehen
nach wie vor ganz oben auf der Agenda der Kirchen in Europa. Das haben die Tage der bundesweiten Tagung in Loccum vom 4. – 6. Dezember
2006 gezeigt, auf der sich Menschen aus den verschiedenen Kirchen Deutschlands getroffen haben,
um für Deutschland den Prozess nach Sibiu vorzubereiten. Aber nicht nur Loccum, sondern auch die
vielen kleinen und großen Veranstaltungen in
Deutschland, die im Zusammenhang mit der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung
von unterschiedlichster Seite organisiert worden
sind und noch stattfinden werden, sprechen dafür.
Das Motiv „Licht“ – die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung steht unter dem Motto „Das
Licht Christi scheint auf alle – Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa“ – und auch besonders das Motiv „Einheit“ sollen Ihnen als
Schlüsselworte eine Fülle von Möglichkeiten des
Nachdenkens eröffnen. Dies mag mit den Inhalten
dieser Materialsammlung angestoßen werden.
„In deinem Licht sehen wir das Licht“ (Psalm
36,10). Mit diesem Wort aus der Schrift als Begleiter soll der Weg nach Sibiu weiter beschritten werden. Denn nicht zuletzt deswegen, weil von Gott
her verstanden werden muss, was wahre Einheit
und was wahre Hoffnung ist, sind die verbleibenden Wochen und Monate auf dem Weg nach Sibiu,
unter das Wort aus Psalm 36 gestellt. Denn auch
nur von Gottes Handeln her ist verstehbar, was es
für die Menschen in Europa bedeutet, wenn sein
Licht ihnen allen leuchtet. Dieses Heft erscheint zu
Pfingsten. Auch das ist ein Fest, das auf das Licht,
das Feuer, verweist. Die Texte hier sollen allerdings
nicht allein auf das Pfingstfest fokussiert sein, sondern das Heft ist inhaltlich so ausgerichtet, dass Sie
in Ihren Gemeinden, Ihren Projekten und Initiativen
den Weg der Dritten Europäischen Ökumenischen
Versammlung bis in den September hinein und darüber hinaus begleiten können.
In diesem Heft sind wieder Predigten und Gottesdienstentwürfe gesammelt, die Ihnen eine Hilfe
sein wollen, die Themen der Dritten Europäischen
Ökumenischen Versammlung zur Sprache zu bringen. Die Verfasser und Verfasserinnen der hier veröffentlichten Texte, Andachten, Bibelarbeiten und
Predigten leben und wirken in unterschiedlichen
Kirchen in unserem Land. Unter anderem finden Sie
auch wichtige Beiträge von der Tagung in Wittenberg, die vom 15. – 18. Februar 2007 mit 150 Delegierten aus ganz Europa stattfand, dokumentiert.
Eine komplette Sammlung der Beiträge aus Wittenberg ist in epd-Dokumentation Nr. 9/2007 veröffentlicht.
Im Dokumentationsteil ist auch eine Liste von den
Delegierten aus Deutschland, die an der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu
teilnehmen, zu finden, an die Sie sich bei Interesse
wenden können. Durch die beigelegte CD-ROM haben Sie die Möglichkeit, die hier abgedruckten Texte und einige Bilder in digitaler Form abzurufen.
Daneben stehen Ihnen auch zwei kurze Clips zur
Verfügung.
Ein besonderer Dank gilt allen, die einen Beitrag
für dieses Heft geschrieben und es möglich gemacht haben, dass die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung in einer ökumenischen Weite
vorbereitet und begleitet werden kann.
Wir wünschen Ihnen mit dem breiten Spektrum der
Anregungen innerhalb dieses Heftes viel Freude
und in Ihren Gemeinden gute Impulse für die letzte
Etappe auf dem Weg der Dritten Europäischen
Ökumenischen Versammlung.
Pfarrer Norbert Roth,
Ökumenische Centrale,
Frankfurt am Main,
im April 2007
5
GOTTESDIENSTLICHE
ENTWÜRFE
GOTTESDIENSTFEIER FÜR DIE TAGE DER DRITTEN EUROPÄISCHEN
ÖKUMENISCHEN VERSAMMLUNG 5. – 9. SEPTEMBER 2007
In vielen Gemeinden und lokalen Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen sind Gottesdienste
parallel zur Dritten Europäischen Ökumenischen
Versammlung in Sibiu/Hermannstadt vom 5. – 9.
September 2007 geplant. Der nachfolgende Gottesdienstentwurf nimmt Elemente der gottesdienstlichen Feier aus Sibiu für ökumenische Gottesdienste in Deutschland auf.
Eröffnung
Liturg/in:
Die Liebe Gottes, unseres Vaters, sei
mit euch allen.
Alle:
Amen.
Liturg/in:
Friede Jesu Christi sei mit euch.
Alle:
Friede sei auch mit dir.
Liturg/in:
Komm, Heiliger Geist.
Alle:
Erleuchte und bewege uns.
Gottesdienstfeier für die Tage der Dritten
Europäischen Ökumenischen Versammlung
5. – 9. September 2007
Liedruf: Come, Holy Spirit (Iona)
Come Holy Spirit. Come Holy Spirit. Maranatha.
Come Lord come.
Gottesdienst für Gemeinden, die zeitgleich zur 3.
Europäischen Ökumenischen Versammlung einen
„Sibiu-Gottesdienst“ feiern wollen, mit Elementen
aus dem Eröffnungsgottesdienst (5. September
2007) und der gemeinsamen Schlussfeier (9. September 2007) in Sibiu/Hermannstadt
Liedruf: Come, Holy Spirit (Iona)
Come Holy Spirit.
Auf deutsch:
Come Holy Spirit.
(singbar)
Maranatha.
Come Lord come.
Komm, Heiliger Geist, komm.
Psalm 36
Alle:
Frauen:
Männer:
Frauen:
Komm, Heiliger Geist, komm.
Maranatha.
Komm, Gott, komm.
Männer:
Zu dem Gesang ziehen die Mitwirkenden ein. Mit
dem Einzug wird eine große (Sibiu-)Kerze hereingetragen.
Alle:
6
Herr, deine Güte reicht, so weit der
Himmel ist,
und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.
Deine Gerechtigkeit steht wie die
Berge Gottes
und dein Recht wie die große Tiefe.
Herr, du hilfst Menschen und Tieren.
Wie köstlich ist deine Güte, Gott,
dass Menschenkinder unter dem
Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!
Sie werden satt von den reichen
Gütern deines Hauses,
und du tränkst sie mit Wonne wie
mit einem Strom.
Denn bei dir ist die Quelle des Lebens,
und in deinem Licht sehen wir das
Licht.
Amen.
Lied: Come, Holy Spirit (Iona)
Bußwort und Gnadenzuspruch
Eine/r:
Jesus Christus hat uns am Kreuz
seine Liebe
und das Geheimnis der Versöhnung
offenbart.
Alle:
Als die, die ihm nachfolgen, bekennen wir:
Wir haben noch nicht alles uns
Mögliche getan,
die Hindernisse zu überwinden,
die die Kirche immer noch teilen.
(Charta Oecumenica, 1)
Liedruf:
Eine/r:
Alle:
Liedruf:
Eine/r:
Alle:
Liedruf:
Eine/r:
Alle:
Liedruf:
Eine/r:
Wir bitten dich um Erbarmen, Gott.
Kyrie eleison (orthodox)
Wir leben davon, Gottes Wort
gemeinsam zu hören
und den Heiligen Geist in uns und
durch uns wirken zu lassen.
Wir bekennen: Wir waren zu sehr
auf uns selbst bezogen
und haben unsere Verpflichtung
vernachlässigt,
füreinander
und für eine sichtbare Einheit der
Kirche zu beten.
(Charta Oecumenica, 5)
Wir bitten dich um Erbarmen, Gott.
Kyrie eleison
Wir schätzen die Würde eines jeden
Menschen –
alle sind als Gottes Ebenbild geschaffen.
Wir bekennen: Wir haben nicht
unseren vollen Beitrag geleistet zur
Versöhnung der Völker und der
Kulturen.
(Charta Oeumenica, 8)
Wir bitten dich um Erbarmen, Gott.
Kyrie eleison
Wir schätzen das spirituelle Erbe des
Christentums,
das eine inspirierende Kraft zur
Bereicherung Europas darstellt.
Wir bekennen jedoch:
Wir haben es nicht geschafft, Leiden
und Zerstörung zu verhindern,
die von Europäern anderen zugefügt
worden sind.
Wir haben zu dem wachsenden
Bruch zwischen Ost und West in
Europa und zwischen Europa und
dem Rest der Welt beigetragen.
(Charta Oecumenica, 7)
Wir bitten dich um Erbarmen, Gott.
Kyrie eleison
Wir glauben an die Liebe Gottes, der
alles geschaffen hat, und wir danken
Alle:
Liedruf:
für das Geschenk seiner Schöpfung
und für die wunderbare Schönheit
der Natur.
Aber wir bekennen:
Wir schauen untätig zu,
wie die Güter dieser Erde ausgebeutet werden
ohne Rücksicht auf das Wohl
zukünftiger Generationen.
(Charta Oecumenica, 9)
Wir bitten dich um Erbarmen, Gott.
Doamne miluieste oder Gloria
und auf unsere Traditionen der Kirchen in all ihrer Verschiedenheit –
und es ruft uns dazu auf,
Akteure der Erneuerung und der
Einheit Europas zu sein.
Bitte um „Erleuchtung“
Eine/r :
Die Musik des letzten Kehrverses geht instrumental
weiter, wandelt sich. In sie hinein wird gesprochen:
Eine/r:
Das Volk, das im Finstern wandelt,
sieht ein großes Licht.
Und über denen, die da wandeln im
finstern Land,
scheint es hell.
(Jesaja 9,1)
Wir freuen uns:
Denn wir sind aus der Finsternis
gerufen
in Gottes wunderbares Licht.
Einst waren wir nicht Volk Gottes,
nun aber sind wir Gottes Volk.
Einst waren wir gnadenlos,
nun aber sind wir gehalten in Gottes
Gnade.
(1. Petrus 2,9f)
Das Licht Christi scheint auf alle.
Aus allen Teilen Europas sind
Menschen nach Sibiu
gekommen
als Pilgerinnen und Pilger der
Hoffnung –
und das Licht Jesu, Gottes Wort,
leuchtet ihnen und uns.
Das Licht Christi scheint auf alle.
Es scheint auf all unsere Völker
Liedruf:
Gott,
du hat uns dein Wort gegeben
als Licht, das uns den Weg weist.
Erfülle uns mit deinem Wort,
lass uns darüber nachdenken,
dass wir Christi Lehren befolgen
und in ihm dein Licht finden,
das durch dein Wort hindurchscheint
mehr und mehr,
bis zum Tag der Vollendung
durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Come Holy Spirit (Iona Kommunität)
Die Kerze wird zum Lesepult getragen und gehalten. (Nach der biblischen Lesung wird die Kerze auf
den Kerzenständer zurückgestellt.)
Biblische Lesung: aus Johannes 1
(aus dem Eröffnungsgottesdienst – sie kann mehrsprachig gelesen werden.)
Im Anfang war das Wort, und das Wort
war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott.
(„Am Anfang war das Wort...“ kann hier in
verschiedenen Sprachen wiederholt werden.)
Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht,
und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was
gemacht ist.
In ihm war das Leben, und das Leben war das
Licht der Menschen.
(„In ihm war das Leben...“ wird in verschiedenen Sprachen wiederholt.)
Und das Licht scheint in der Finsternis, und die
Finsternis hat's nicht ergriffen.
Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß
Johannes.
Der kam zum Zeugnis, um von dem Licht zu
zeugen,
damit sie alle durch ihn glaubten.
Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen
von dem Licht.
Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet,
die in diese Welt kommen.
Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn
gemacht;
aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er
Macht, Gottes Kinder zu werden,
denen, die an seinen Namen glauben,
die nicht aus dem Blut noch aus dem Willen
des Fleisches
noch aus dem Willen eines Mannes, sondern
von Gott geboren sind.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte
unter uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit,
eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes
vom Vater,
voller Gnade und Wahrheit.
(„Und das Wort ward Fleisch...“ wird in verschiedenen Sprachen wiederholt)
– Stille –
Antwortgesang – erst summen, dann Singen –
einstimmig/mehrstimmig
„Dein Licht leuchte uns“
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Predigt
Alternative:
(In der Schlussfeier werden einzelne Verse aus
biblischen Lesungen gelesen, die die Delegierten an den verschiedenen Tagen erlebt haben:)
Im Anfang war das Wort, und das Wort war
bei Gott, und Gott war das Wort.
Dasselbe war im Anfang bei Gott.
In ihm war das Leben, und das Leben war das
Licht der Menschen.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter
uns,
und wir sahen seine Herrlichkeit,
eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes
vom Vater,
voller Gnade und Wahrheit.
(aus Johannes 1)
Zwischengesang: Sfinte Dumnezeule oder Gloria
Jesus wurde verklärt vor ihnen,
und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne,
und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.
...und er trat zu ihnen, rührte sie an und
sprach:
Steht auf und fürchtet euch nicht!
(aus Matthäus 17)
Zwischengesang: Sfinte Dumnezeule oder Gloria
Früher wart ihr in Finsternis;
nun aber seid ihr Licht in dem Herrn.
Lebt als Kinder des Lichts;
die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
(aus Epheser 5)
Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst,
die wir den Geist als Erstlingsgabe haben,
seufzen in uns selbst und sehnen uns nach
der Kindschaft,
der Erlösung unseres Leibes.
(aus Römer 8)
Zwischengesang: Sfinte Dumnezeule oder Gloria
8
Licht
ist ein Symbol für den Heiligen Geist,
der Gottes Wärme ausstrahlt,
die die Welt umfängt –
sie erneuert
und heilt.
Lichtmeditation
Und er sprach zu mir: Es ist geschehen.
Ich bin das A und das O, der Anfang und das
Ende.
Und er führte mich hin im Geist auf einen
großen und hohen Berg
und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem
herniederkommen
aus dem Himmel von Gott,
die hatte die Herrlichkeit Gottes;
ihr Licht war gleich dem alleredelsten Stein,
einem Jaspis, klar wie Kristall.
Und ich sah keinen Tempel darin;
denn der Herr, der allmächtige Gott, ist ihr
Tempel, er und das Lamm.
Und die Stadt bedarf keiner Sonne noch des
Mondes, dass sie ihr scheinen;
denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie,
und ihre Leuchte ist das Lamm.
Und die Völker werden wandeln in ihrem Licht;
und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in sie bringen.
(aus Offenbarung 21)
Zwischengesang: Sfinte Dumnezeule oder Gloria
Zwischengesang: Sfinte Dumnezeule oder Gloria
Die ganze Schöpfung wartet darauf, dass die
Kinder Gottes offenbar werden.
Denn auch die Schöpfung wird frei werden
von der Knechtschaft der
Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der
Kinder Gottes.
Sie kann auch aus mehreren Beiträgen Einzelner
bestehen – unter der Fragestellung: Was erwarte
ich für Auswirkungen von der Versammlung in Sibiu? In dem Fall kann einleitend (oder am Schluss)
eine Lichtmeditation stehen, die das Logo der Versammlung interpretiert:
Er ist in die Welt gekommen
damit wir nicht in der Finsternis bleiben.
Heiliger Gott, heiliger Mächtiger, heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser. Ehre sei dem
Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Ein Licht leuchtet in unserer Mitte –
ein Zeichen
für das Licht,
das unseren Tag erhellt.
Es leuchtet auch in Hermannstadt/Sibiu,
wo sich Christinnen und Christen aus ganz Europa
versammeln.
Es ist zu uns gekommen –
von weit her.
Das Licht,
das unseren Tag erhellt,
liegt weit außerhalb unseres Wirkungsbereichs,
ja: außerhalb unserer Erdkugel.
Aber es hat sich aufgemacht,
unsere Erde,
alle,
auch unser Leben,
unseren Tag zu erhellen.
So schauen wir
auf dieses Licht in unserer Mitte.
Es verbindet uns.
Es ist ein Symbol für Gott,
der am Anfang der Schöpfung sprach:
„Es werde Licht!“
Er schuf die Erde so,
dass wir auf ihr wohnen können.
Licht
ist ein Symbol für Christus,
der von sich gesagt hat:
Ich bin
das Licht der Welt.
Christus spricht:
„Ihr seid das Licht der Welt.“
Das Licht, das von Christus kommt,
tragen wir in uns.
Das Licht, das von Christus kommt,
verbindet uns.
Das Licht, das von Christus kommt,
tragen wir in die Welt.
Lied: Strahlen brechen viele aus einem Licht
Bekenntnis
Entweder das nizänische Glaubensbekenntnis aus
der Schlussfeier – oder das Bekenntnis aus dem Eröffnungsgottesdienst:
Eine/r:
Alle:
Eine/r:
Alle:
Eine/r:
Wir glauben, Herr Jesus:
Du bist das wahre Licht.
Es erleuchtet alle,
die in diese Welt kommen.
Wir glauben
und wir bekennen.
Wir glauben, Herr Jesus:
Du bist das Licht der Welt.
In dir entdecken wir
das Licht des Lebens.
Wir glauben
und wir bekennen.
Wir glauben, Herr Jesus:
Wie wir im Licht wandeln,
so haben wir Gemeinschaft miteinander
und du wäschst uns rein von allen Sünden.
Alle:
Wir glauben
und wir bekennen.
(Joh 1,9; Joh 8,12; 1 Joh 1,7)
Amen.
Fürbitten (mit den 9 Themen der Foren in Sibiu)
Lasst uns beten:
Gott,
wir bitten um die Einheit deiner Kirche –
Schenk uns Kraft für sie.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Wir bitten für alle,
die sich für ein gemeinsames Europa einsetzen,
damit es zu einem gemeinsamen Zuhause wird
für Menschen unterschiedlichster Herkunft, Kultur
und Religion.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Wir bitten um Frieden in der Welt –
dass wir und alle sich dafür einsetzen.
Wir bitten besonders für die Regierenden.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Wir bitten für alle,
die sich menschenverachtenden Strukturen in unserer Welt nicht beugen,
sondern sich für Gerechtigkeit einsetzen.
Lass uns zu ihnen gehören.
Lied: Nun danket alle Gott...
Gott, himmlischer Vater,
wir danken dir,
dass Menschen aus allen Teilen Europas
in Sibiu/Hermannstadt zusammen sein können.
Wir danken dir für alle Situationen,
in denen die Begegnungen miteinander sie bewegen.
Lass sie und uns Schritte tun,
die uns der Einheit der Kirche näher bringen.
Lass uns die Vision einer Kirche, wie du sie gewollt hast, nicht aufgeben.
Und lass uns in diesem Geist gemeinsam für
unseren Ort/unsere Stadt da sein –
und für ein Europa eintreten,
das zu einem gemeinsamen Zuhause wird für
alle –
für Menschen unterschiedlichster Herkunft,
Kultur und Religion.
Liedvers:
Wir bitten um gemeinsame Ausdrucksformen
unseres Glaubens im Gottesdienst und im Alltag.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Gott,
dein Licht scheine hell in unserer Mitte,
dass wir dich und deine Werke bezeugen
und viele Menschen in dir Hoffnung finden.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Lass uns Menschen anderen Glaubens mit Respekt
begegnen
und den Dialog mit ihnen suchen und vertiefen.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Vater unser...
Alternative:
Herr,
erleuchte meinen Geist
mit dem Licht des Verstehens deines heiligen
Evangeliums,
meine Seele mit der Liebe deines Kreuzes,
mein Herz mit der Klarheit deines Wortes,
meinen Körper mit deiner Leidenschaft.
Bewahre mein Denken in deiner Demut
und erhebe mich zur rechten Zeit,
um dich zu rühmen.
Denn du bist erhoben über alle
mit deinem ewigen Vater
und dem Heiligen Geist
in Ewigkeit. (St. Antioch-prayer, 5th century)
Zunächst wird der Liedvers gesungen
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns
Lass uns in den Fremden dein Angesicht sehen
und uns für Menschen einsetzen, die in Europa ein
Zuhause suchen.
Der Herr segne dich
und behüte dich.
Der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir
und sei dir gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich
und gebe dir Frieden.
Amen.
Alternative:
Gott, unser Vater,
hat uns aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen.
Er segne uns
und stärke uns zum Zeugnis füreinander.
Dein Licht leuchte uns
Lass uns mahnende Stimme für deine Schöpfung
sein –
und mit den Ressourcen deiner Erde verantwortlich
umgehen.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns.
Sendung/Segen
Gott sende seine Engel mit dir
und gebe dir seine Gnade.
Liedvers:
Dein Licht leuchte uns.
Jesus Christus ist als Licht in der Finsternis
erschienen.
Er erleuchte unsere Herzen
und mache unser Leben zum Licht für die
Menschen.
Der Heilige Geist ist ausgegossen in unsere
Herzen.
Er lenke unsere Schritte auf dem Weg des
Friedens.
Amen.
Pastor
Fritz Baltruweit,
Loccum
Vater unser ...
9
GOTTESDIENSTLICHE
ENTWÜRFE
8 MINUTEN FÜR GERECHTIGKEIT
ZUM G8-GIPFEL IN HEILIGENDAMM
Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung
bewegt die Frage nach einer den Menschen dienenden Wirtschaft. In Deutschland wird schon Mitte des Jahres durch den G8-Gipfel in Heiligendamm
dieses Thema in den Mittelpunkt rücken.
Die Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern haben mit
kirchlichen Entwicklungsdiensten einen Gottesdienstentwurf vorbereitet, der weit über Deutschland
und Europa hinaus die ganze Welt ins Gebet nimmt.
Beim Kirchentag in Köln kommen über 100.000
Menschen zusammen. „Lebendig und kräftig und
schärfer“ wollen sie ihren Glauben zum Ausdruck
bringen.
Wir fühlen uns denen verbunden, die sich nach
Köln, Heiligendamm und Rostock aufgemacht haben und wollen dafür beten, dass wir das Beste für
die Eine Welt finden.
• Lied: EG 432, 1-3, Gott gab uns Atem, damit
wir leben
Andacht zum G8-Gipfel vom 6. bis 8. Juni 2007
in Heiligendamm und zum Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 6. bis 10. Juni 2007 in
Köln
• Gruß
• Gebet
So lasst uns diese Andacht feiern
im Namen Gottes, unseres Schöpfers, der Quelle
unseres Lebens,
Alte Ordnungen werden vergehen, Gott, du Anfang
und Ende, aber deine neue Ordnung hat bereits begonnen, und wir sind gezählt zu ihren Zeichen.
global & gerecht
• Musikalisches Vorspiel und Einzug der an
der Feier Mitwirkenden
• Begrüßung
Liebe Gemeinde,
am heutigen Tag beginnen zwei große Veranstaltungen, die sich zum Teil mit den gleichen Themen
beschäftigen, wie z. B. der drohenden Klimakatastrophe oder der wachsenden Verarmung großer
Teile der Weltbevölkerung: Die Regierungsverantwortlichen der acht wirtschaftsmächtigsten Staaten USA und Kanada, Japan und Russland sowie
aus der EU Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien beraten von heute an in Heiligendamm bei Rostock über zentrale Fragen der Weltwirtschaft und der internationalen Politik. Die
deutsche Präsidentschaft legt den Schwerpunkt
darauf, wie die globalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen entfaltet werden können.
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und im Namen Jesu Christi, dem Grund und Ziel unserer Hoffnung,
und im Namen des Heiligen Geistes, der uns belebt
und begeistert.
Amen
Du hast uns frei gemacht durch deinen Geist, der in
unsere Herzen gegeben ist.
Du hast unsere Augen geöffnet und hast uns Hoffnung gegeben, damit wir in der herrlichen Freiheit
der Kinder Gottes leben sollen.
Doch nicht nur wir, Vater, nicht solange Andere
arm bleiben, zerbrochenen Herzens, gefangen,
blind und zerschlagen sind.
So beten wir für unsere Schwestern und Brüder,
Deine Familie, gefangen in einem Netz von Ungerechtigkeit und Gleichgültigkeit, getrennt voneinander durch Sprache, Farbe, Kultur, Klasse, Geschlecht und Bekenntnis, niedergehalten durch
Unwissenheit und Armut.
Gib Deiner Kirche eine Vision von Freiheit, zu der
Du sie befreien willst.
Gib uns die Weisheit, auf die Stimmen der Törichten dieser Welt zu hören, und die Kraft, den Schwachen zu lauschen, damit wir durch jene, die nichts
sind, das Wort Christi neu verstehen mögen.
Gott, du Leben der Welt, der du uns frei machst
und einst, lass uns den Sinn deines Weges erkennen, indem wir ihn gehen.
Amen
(Auszüge aus einem Gebet, das bei der ÖRK-Vollversammlung 1975 in Nairobi gebetet wurde;
aus: Gebete aus der Ökumene 3, Lege Dein Herz in
Deine Gebete, EMW 1998, Nr. 54)
• Anrufung
Lasst uns nun Gott anrufen:
Pfarrer/in:
Du, unser Gott, Anfang und Ende, wie Vater und
Mutter gibst du uns, was wir zum Leben brauchen:
Leben in seiner ganzen Güte –
Gemeinde: Wir preisen dich und loben dich!
Pfarrer/in:
Jesus Christus, eines Zimmermanns und Gottes
Sohn, Bruder von uns und Freund der Armen; einer
von uns und doch eins mit Gott; gekreuzigt und
auferstanden. Leben inmitten des Todes –
nommen haben. Auch das ist mittlerweile allen bewusst. Aber wir wehren uns noch dagegen, uns die
Konsequenzen unserer Lebens- und Wirtschaftsweise allzu deutlich vor Augen zu führen.
Pfarrer/in:
Schon seit vielen Jahren ist uns die Erwärmung
des Weltklimas bewusst.
Gemeinde: Wir preisen dich und loben dich!
Pfarrer/in:
Heiliger Geist, Feuer und Hauch der Liebe, die
Brücken schlägt und Augen und Hände öffnet; Lebenskraft, die die Müden mit Kraft begabt; Gott
der Überraschung, der Lebensmacht –
Gemeinde: Wir preisen dich und loben dich!
1. Sprecher/in:
Die Gletscher in den Alpen schmelzen im Rekordtempo ab. Höchststände bei Überflutungen wie
seit Menschengedenken nicht mehr. Unberechenbare Verläufe heftiger Orkane oder schwere Dürrezeiten „wie bisher noch nicht da gewesen“. Von
derart traurigen „Rekorden“ lesen wir immer wieder. Es wird gern so getan, als seien Fragen des
Weltklimas für einfache Sterbliche viel zu kompliziert. Oder eine Angelegenheit für die ewig Grünen. Dabei gibt es, bei aller Komplexität in Einzelfragen, einige wenige Daten, an denen die Brisanz
des Klimawandels für uns alle unmittelbar deutlich
wird. Der Internationale Rat für Klimawandel hat
festgestellt, dass aufgrund der steigenden Temperaturen – zwischen 1,8 und 5,8 Grad Celsius – die
Meeresspiegel ansteigen werden. Das Expertengremium kommt zu der Vorhersage, dass es zur
Jahrhundertmitte etwa 150 Millionen Klimaflüchtlinge geben wird.
• Was uns betrifft
Pfarrer/in:
Normalerweise folgt an dieser Stelle eine biblische
Lesung. Wir wollen uns heute vor Augen führen,
dass im Blick auf Elend und Unrecht Verdrängung,
Verniedlichung und Selbstrechtfertigung stattfindet.
Die Regierenden beim G-8-Gipfel wissen um das
große Elend in der Welt. Milliarden Menschen
kämpfen täglich ums Überleben, während der
Wohlstand von Millionen zunimmt. Die Regierungen der reichsten Staaten wissen auch, dass diese
Kluft die Menschheit spaltet und zu gefährlichen
Entwicklungen führt.
Es wird unbequemer auf unserem Planeten, weil
die Eingriffe in Gottes Schöpfung überhand ge-
Pfarrer/in:
Da sind die schlechteren Bedingungen für
Arme in den reichen Gesellschaften.
2. Sprecher/in:
In der Süddeutschen Zeitung stand im Februar
2007 zu lesen: In Bayern gibt es nach Erkenntnissen der evangelischen Diakonie immer mehr Armut. Mehr als eine halbe Millionen Menschen erhalten Leistungen nach Hartz IV und rund 130.000
Kinder leben auf Sozialhilfe-Niveau. „Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst auch in Bayern deutlich, das ist unsere tagtägliche Erfahrung“, sagt der
Präsident des Diakonischen Werkes, Ludwig Markert. Dabei geht es nicht nur um materielle Armut,
sondern auch um Bildungsarmut und unzureichende gesundheitliche Versorgung.
Pfarrer/in:
Krankheiten, die vor allem Arme betreffen, werden von der medizinischen Forschung vernachlässigt.
3. Sprecher/in:
In der Stuttgarter Zeitung stand zu lesen: Bei einer
Pressekonferenz einer Allianz von Hilfswerken und
medizinischen Forschungsinstituten wurde jetzt in
Nairobi eine weltweite Initiative für „Medikamente für vernachlässigte Krankheiten“ vorgestellt.
Und dabei wurden Lichtbilder von erschreckenden
Krankheitsbildern gezeigt, die in Europa kaum einer kennt: Im Sudan gebe es das Buruli-Geschwür,
das ganze Partien von Armen und Beinen wegfrisst
und schwärende Wunden hinterlässt … Es gebe
keine Heilung und keine Medikamente gegen Buruli. Da Afrika lediglich einen Anteil von gut einem
Prozent am Pharmahandel habe, sei das Interesse
der Pharmaindustrie an der Erforschung tropischer
Krankheiten gering.
• Lied: EG 262, 1-4, Sonne der Gerechtigkeit
• Predigt über 5. Mose 24,10-15
• Predigt
Predigtvorschlag zu 5. Mose 24,10-15:
Heilige Dämme gegen die Flut des Unrechts
Liebe Gemeinde,
Dämme ziehen sich durch die Küstenebenen. Sie
schützen einen großen Teil der Küsten, die sonst
überflutet wären. Abertausende von Helfern haben
in einem einzigen Wettlauf gegen die Zeit beim
großen Hochwasser 1997 die Dämme an der Oder
verstärkt, um vor den Wasserfluten zu retten, was
noch zu retten war. Überall entlang des Rheins sind
Dämme nötig, um bewohnte Gebiete zu schützen,
wenn der Strom sich nach heftigen Schnee- oder
Regenfällen in die Breite ergießen möchte. Dämme
schützen. Sie müssen fest stehen, bevor sich das
Unheil in Form der gewaltigen Fluten naht. Das
Recht bildet im Alten Testament so einen Damm:
Ein Damm, der die Armen schützen soll. Die Armen, die etwas schuldig sind, die Tagelöhner, die
Witwen und Waisen, die Fremden im Land – sie
laufen Gefahr, auch ihr Letztes hergeben zu müssen, wenn ein Reicher sie bedrängt. Das soll im
Volk Gottes nicht geschehen. Gott will es nicht. Er
will, dass ihre Rechte gewahrt bleiben. Sie sollen
menschenwürdig leben. Er ist ihr Schutz und ihr
Schirm, und als ihr Schutz und ihr Schirm errichtet
er Dämme gegen mögliche Übergriffe.
Hören wir dazu den Predigttext aus dem 5. Buch
Mose, 26, 10-15:
10 Wenn du deinem Nächsten irgendetwas borgst,
so sollst du nicht in sein Haus gehen und ihm ein
Pfand nehmen,
11 sondern du sollst draußen stehen, und er, dem
du borgst, soll sein Pfand zu dir herausbringen.
12 Ist er aber bedürftig, so sollst du dich nicht
schlafen legen mit seinem Pfand,
13 sondern sollst ihm sein Pfand wiedergeben,
wenn die Sonne untergeht, dass er in seinem Mantel schlafe und dich segne. So wird deine Gerechtigkeit sein vor dem HERRN, deinem Gott.
14 Dem Tagelöhner, der bedürftig und arm ist,
sollst du seinen Lohn nicht vorenthalten, er sei von
deinen Brüdern oder den Fremdlingen, die in deinem Land und in deinen Städten sind,
15 sondern du sollst ihm seinen Lohn am selben
Tag geben, dass die Sonne nicht darüber untergehe
– denn er ist bedürftig und verlangt danach –, damit er nicht wider dich den HERRN anrufe und es
dir zur Sünde werde.
Was zuerst auffällt an diesem Textabschnitt ist der
rücksichtsvolle Umgang mit dem Bedürftigen, der
hier gefordert wird.
a) Das Leihen wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Wenn ein Volksgenosse etwas braucht,
kann er sich an den wenden, der das Nötige hat.
Der Leihende wird aber gebeten, nicht die Wohnung des Leihenden zu betreten. Er könnte ja se11
hen, wie schrecklich arm der Bedürftige ist, und dafür könnte der sich schämen. Das muss man ihm
nicht antun. Der Gläubiger darf ein Pfand für seine
Leihgabe nehmen, aber er darf nichts nehmen, was
die Grundbedürfnisse des Schuldners betrifft. Es
darf nicht sein, dass der nachts frieren muss.
Und der Lohn eines Tagelöhners muss noch am selben Tag ausbezahlt werden. Es darf nicht sein, dass
der sich hungrig schlafen legen muss.
Kurz zusammengefasst: Der Leihende darf dem,
der leihen muss, nicht seine Würde nehmen. Hier
wird sozusagen ein heiliger Damm gegen die Entwürdigung der Armen aufgebaut. Denn es ist der
Wille Gottes, der sich in diesen Gesetzen manifestiert.
b) Ein zweiter Aspekt: Hier wird nicht Mildtätigkeit
gepredigt, hier wird keine Almosenmentalität propagiert. Hier wird nicht an die Reichen appelliert:
Seid mal etwas großzügig und lasst die Armen
auch leben! Der Zusammenhang zeigt, dass hier
die Anfänge einer Sozialgesetzgebung zu Papier
gebracht wurden; hier werden Rechtsansprüche
formuliert. Der Arme kann seine Rechte einfordern,
ja einklagen.
12
Hier wird ein weiterer heiliger Damm errichtet, der
die Macht und Willkür der Reichen eindämmt. Sie
sind dem Gesetz unterworfen wie der Reiche auch.
Wer das nicht achtet, missachtet Gott.
c) Und noch etwas: Diese Sozialgesetzgebung
macht keine Unterschiede zwischen Einheimischen
und Ausländern. Die Ausländer brauchen nicht weniger Schutz vor Unterdrückung und Ausbeutung,
vor Willkür und Herabwürdigung als die Einheimischen, sie brauchen mindestens genau so viel
Schutz, wenn nicht mehr.
Somit wird noch ein heiliger Damm errichtet und
zwar gegen ethnische und rassische Diskriminierung. Vielleicht waren zu den Zeiten des alten Israels mit Fremdlingen nur die Israeliten gemeint, die
es in einen anderen Stamm verschlagen hat. Aber
damit ist ein Anfang gemacht: Rechte gelten nicht
nur für diejenigen, die einer bestimmten Gruppe
oder einer bestimmten Nation angehören.
d) Hören wir auch auf die Feinheiten des Textes
über das Zusammenleben zwischen Armen und
Reichen. Das Leihen bzw. das Sorgen für die
Grundbedürfnisse der Armen wird klar mit dem
heiligen Willen Gottes begründet und ist insofern
eine hohe ethische Verpflichtung. Asoziales Verhalten der Reichen wird dazu führen, dass sich die
Armen bei Gott über die Reichen beklagen. Die Armen könnten damit den Zorn Gottes über die Reichen auslösen. Gott könnte den Reichen seinen
Segen entziehen, sie vielleicht von ihrem hohen
Thron herab ins Elend stoßen. Hinter der biblischen
Gerechtigkeitsvorstellung steht immer, dass Gott
entschieden ist. Asoziales Verhalten, Habgier und
Selbstsucht sind ein Vergehen gegen Gott. Es richtet sich nicht nur gegen den Armen, sondern gegen
Gott selbst. Dagegen wird ein Verhalten, das als
sozial gerecht bezeichnet werden kann, von Gott
anerkannt.
In dem Vers, in dem es heißt, dass der wärmende
Mantel des Armen nicht über Nacht dem Armen
weggenommen werden darf, heißt es ja: „Und es
wird für dich als Gerechtigkeit gelten vor dem
HERRN, deinem Gott.“
e) Und dann ist in diesem Text noch ein verblüffender Gedanke verborgen: Da ist die Rede davon,
dass der Arme den Reichen segnet. Wenn der wärmende Mantel zurückgebracht ist, wenn also der
Arme das bekommen hat, was er zum Leben in
Würde braucht, dann segnet der Arme den Rei-
chen. Damit wird der Arme sehr stark aufgewertet.
Da wird nicht abgehoben auf Versagen, Leistungsunfähigkeit oder -unwilligkeit oder Sozialschmarotzertum – das Gegenteil ist der Fall. Der Arme
kann Segen spenden. Ist das nicht wie ein „heiliger
Damm“ um seine Person? Müsste das nicht dazu
führen, dass man ihm mit Respekt begegnet?
Von Jesus wird das später sogar noch viel weiter
geführt: „Was ihr einem von diesen Geringsten
getan habt“, sagt Jesus, „das habt ihr mir getan“
(Matthäus 25,40). Der Arme und Gott sind sich
sehr nahe.
Wie ist das nun heute mit den Dämmen, die zum
Schutz der Armen errichtet werden sollten? Noch
immer haben Millionen von Menschen täglich nicht
einmal genug zum Essen. Eltern müssen mit ansehen, wie ihre Kinder ständig Hunger haben. Wen
sollen sie segnen, wenn sie sich abends schlafen legen? Dabei haben praktisch alle Regierungen der
Welt die Verpflichtung unterschrieben, dafür zu
sorgen, dass alle in ihrem Land ausreichend Nahrung haben.
Noch immer leben Menschen in echter Schuldknechtschaft. Geldverleiher haben ihnen – Bauern
und Bäuerinnen z. B. in indischen Dörfern – umgerechnet vielleicht einmal 20 Euro zu extrem hohen Zinssätzen geliehen. Die nächste Ernte war
schlecht, ein Kind wurde krank und brauchte Medikamente. Sie werden dem Geldverleiher bis zum
Ende ihres Lebens nicht mehr entkommen und vielleicht sogar ihre Kinder verkaufen müssen. Und
das, obwohl fast überall internationale Konventionen, die die Schuldknechtschaft verbieten, ins nationale Recht überführt worden sind. Wer greift ein
und befreit sie aus dieser entwürdigenden Abhängigkeit?
Bruchbuden aus Pappe, Blech und Abfallmaterialien sind noch immer das Zuhause für zahllose
Menschen. Fast alle Staaten erkennen das Menschenrecht auf „angemessenes Wohnen“ an. Wer
sorgt dafür, dass dieser „heilige Damm“ der Menschenrechte tatsächlich aufgerichtet wird? Warum
besteht das alles fort? Warum gewinnen wir den
Eindruck, dass es den Reichen vor allem daran
liegt, ihre Privilegien zu verteidigen und sogar auszubauen? Wie kann es sein, dass in vielen Ländern
der Welt allerschlimmste Armut neben protzig zur
Schau gestelltem Reichtum fortbesteht? Seit den
ersten Gipfeln, die der deutsche Bundeskanzler
Helmut Schmidt und der französische Staatspräsident Valerie Giscard d’Estaing 1976 einmal als
„Kamingespräche“ im Schloss Rambouillet begonnen haben, haben die reichen Staaten versichert,
dass Armutsbekämpfung zu den wichtigsten Zielen
der Politik gehört. Zahlreiche Programme sind gestartet worden. Manche erinnern sich vielleicht
noch an die große Weltversammlung der Vereinten
Nationen in New York im Jahr 2000, dem „Millenniumsgipfel“. Bis 2015, so haben es praktisch alle
Staaten der Welt zugesichert, soll die Anzahl der
Allerärmsten halbiert sein. Alle Kinder sollen dann
eine Schule besuchen. Sehr viel weniger Mütter
sollen bei der Geburt ihrer Kinder sterben, sehr viel
mehr Kinder die ersten fünf Lebensjahre überleben.
Ist es nicht eine heilige Pflicht für Christen und
Christinnen in allen Ländern, sich dafür mit allen
Kräften einzusetzen?
Wir sollen nicht ablassen, dafür zu beten, dass den
Armen Gerechtigkeit widerfährt. Gott als der
Schutz der Armen ist der Erste, der erfahren muss,
dass uns das quält. Ihn müssen wir bitten, uns zu
zeigen, wo wir besonders gebraucht werden.
Die Partnerschaften unserer Gemeinden (Dekanate/
Kirchenkreise) helfen uns, immer besser zu verstehen, wie andere leben. In Begegnungen mit unseren Partnern aus … (jeweilige Partnerschaft/en) erfahren wir, dass die schlimme Not in manchen
Teilen der Welt bestimmt keine Folge von Faulheit
ist. Wir verstehen, was es bedeutet, wenn Bäuerinnen in Westafrika ihr Geflügel nicht mehr verkaufen können, weil tief gefrorene Hühnerteile aus
Europa trotz der Transportkosten billiger sind. Wir
lernen in der Begegnung auch immer besser, wo
die Projekte unserer Gemeinden von Brot für die
Welt oder dem EED ansetzen müssen, um den
Menschen wirksame Hilfe zu bringen.
Wir sollen auch den Regierungen in den Ohren liegen und sie daran erinnern, was ihre vornehmste
Aufgabe sein müsste: sich für das Recht der Armen
einzusetzen. Sie haben das ja auch alles zugesagt
– in den Millenniumsentwicklungszielen, in den
Menschenrechtspakten, die seit 40 Jahren gelten.
Wir wollen aufmerksam sein, ob jetzt die reichen
Staaten in Heiligendamm Ernst machen: weiter
Schulden erlassen, Hilfe steigern, Wirtschaftsbeziehungen so gestalten, dass sie den armen Ländern
zugute kommen. Eine Welt, die durch die Entfaltung der Wirtschaft, Bildung für viele und gut ausgestattete Forschung einen geradezu sagenhaften
Reichtum entwickelt hat, wäre durchaus in der
Lage, ein menschenwürdiges Leben in sozialer Sicherheit für alle zu schaffen. Regierungen, die im
Jahr mehr als 1.000 Milliarden US-Dollar für das Militär und alleine ca. 350 Milliarden US-Dollar jährlich für die Subventionierung der Landwirtschaft
ausgeben, wären in der Lage, Hunger und Elend zu
besiegen, und gute Gesundheits- und Bildungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen – für alle.
„Heilige Dämme“ – das klang vielleicht am Anfang
etwas pathetisch, und natürlich ist das Bild durch
den Ortsnamen Heiligendamm angeregt worden.
Aber es trifft doch: Als Christen und Christinnen erkennen wir in Gott den Gott, der sich um die Armen
sorgt und der zu ihrem Schutz das Recht aufrichten
will: Ein Damm gegen die Verletzung ihrer Würde.
Das ist eine heilige Aufgabe, weil Gott sie will.
Amen
• Lied: EG 428, 1-3,
Komm in uns’re stolze Welt
(Predigt: Werner Gebert und Jürgen Reichel mit Gedanken von Christian Reiser und Johann Schneider)
Während des ca. 8-minütigen Vaterunsers „8 Minuten für Gerechtigkeit“ sollten die Glocken läuten
und sich mit allen denen verbinden, die in Mecklenburg, ganz Deutschland und darüber hinaus zu
dieser Stunde um Gerechtigkeit beten.
• Lied: EG 295,1-3,
Vertraut den neuen Wegen
• Was wir tun können
Die Pastorin oder der Pastor/die Pfarrerin oder der
Pfarrer eröffnet ein 5-minütiges Gespräch darüber,
wo sich die Gemeinde besonders engagieren könnte:
• Das Leben feiern
• Über einen nachhaltigen Lebensstil nachdenken
• Soziale Werte höher achten als Besitz und Einkommen
• Armen begegnen; von Armen lernen
• Politik mit dem Einkaufskorb machen
• Faire Produkte kaufen, einfacher leben
• Uns besser informieren, wie die Verteilung der
Güter in Deutschland und weltweit geschieht
• Partnerschaftsarbeit der Gemeinden ausbauen
• Gelder bei oikocredit anlegen
• Appelle an Politiker für gerechte Verhältnisse
unterschreiben
• Den Reichen drastisch ins Gewissen reden
• Sich für den Kirchlichen Entwicklungsdienst in
der Landeskirche einsetzen
• Die Aktion „Brot für die Welt“ stärker unterstützen
• Organisationen beitreten, die sich für Gerechtigkeit einsetzen
• Schuldenstreichung für arme Länder fordern
• Die sog. Tobinsteuer fordern
• Durchsetzung der bürgerlichen und sozialen
Menschenrechte einfordern
• Maßnahmen gegen die Privatisierung von Gesundheit und Bildung unterstützen
• Verbot der Patentierung von Pflanzen und Lebewesen fordern
• Sich für zivile Konfliktlösungen einsetzen
• Vaterunser: „8 Minuten für Gerechtigkeit“
„Wenn aber ein Gebet recht sein soll, so muss es
damit ernst sein, dass man seine Not fühlt, und
zwar eine solche Not, die uns drückt und zum Rufen und Schreien treibt“, erklärt uns Martin Luther
zum Vaterunser. Wenn jetzt die Regierungen Kanadas und der USA, von Russland und Japan, Großbritannien, Frankreich und Italien unter deutscher
Leitung zusammentreffen, wollen wir für sie und
uns beten und für alle Menschen, auf deren Leben
die Entscheidungen, die in Heiligendamm fallen,
Auswirkungen haben:
Pfarrer/in:
Vater unser im Himmel,
mit deiner väterlichen und mütterlichen Liebe umsorgst du uns.
1. Sprecher/in:
Doch viele Menschen verweigern deinen kleinen
und großen Kindern, was Du ihnen zugedacht hast:
Liebe und Fürsorge. Millionen Kinder werden ausgebeutet in Steinbrüchen, Fabriken und Haushalten; sie werden eingesperrt, geschlagen und missbraucht, sie werden um ihre Kindheit gebracht.
2. Sprecher/in:
Wir bitten um eine gute Zukunft für alle Kinder in
dieser Welt.
3. Sprecher/in:
Wir bitten darum, dass deine Kirche überall dazu
beiträgt, dass Kinder Schutz und Geborgenheit erfahren.
13
4. Sprecher/in:
Wir bitten dich für die Mächtigen dieser Welt, dass
sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind, dass sie
für die Welt von morgen entscheiden.
Pfarrer/in:
Herr, wir bitten dich: Kyrie eleison (EG 178.12)
2. Sprecher/in:
Wir bitten für uns, dass wir aufmerksamer darauf
achten, wo Menschen um uns herum in Not und
Bedrängnis geraten,
Pfarrer/in:
Geheiligt werde dein Name,
Gott, nach dessen Namen wir genannt sind, seitdem wir Christen geworden und getauft sind und
von dem wir alle Güter empfangen.
3. Sprecher/in:
für deine Kirche, dass sie für die spricht, die die Armut sprachlos gemacht hat,
1. Sprecher/in:
Deinem Namen wird gespottet, wenn Menschen
meinen, sie hätten alles zur Genüge, wenn sie nur
ihren Besitz mehren und ihn schützen und alles
darauf ausgerichtet wird, Gut und Geld zu mehren.
2. Sprecher/in:
Wir bitten Dich für die Reichen in aller Welt, dass
sie Besitz als Verpflichtung verstehen lernen,
3. Sprecher/in:
für uns in den Kirchen, dass wir uns an deinen Namen erinnern, wenn wir Geschäfte abschließen
und Geld verwalten,
4. Sprecher/in:
und für unsere Regierungen, dass sie darauf achten, dass nicht Sonn- und Feiertage dem Konsum
geopfert werden.
Pfarrer/in:
Herr, wir bitten dich: Kyrie eleison (EG 178.12)
Pfarrer/in:
Dein Reich komme,
Gott, der du Recht und Gerechtigkeit liebst.
1. Sprecher/in:
Wir kennen die scheinbar unaufhaltsamen Kräfte,
die die Einen ins Elend stürzen und den Andern ein
14
Leben im Luxus ermöglichen. Du hast genug für
alle geschaffen. Also müssen die Güter dieser Welt
gerecht verteilt werden.
4. Sprecher/in:
und für diejenigen, die die großen Entscheidungen
fällen, dass sie dessen eingedenk sind, dass es ihre
erste Aufgabe ist, für Gerechtigkeit zu sorgen.
Pfarrer/in:
Herr, wir bitten dich: Kyrie eleison (EG 178.12)
Pfarrer/in:
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf
Erden,
Gott, der sich in Christus Jesus seiner Macht entäußert hat, und seinen Willen kundgetan hat, indem
er demütig und gewaltlos zu uns Menschen gekommen ist.
1. Sprecher/in:
Und doch glauben Menschen, dass sie deinen Willen erfüllen, wenn sie sich von Andersgläubigen
abgrenzen und andere bekämpfen und wenn sie
Kreuzzüge und Heilige Kriege führen.
2. Sprecher/in:
Wir bitten dich für alle gläubigen Menschen auf
dieser Welt, dass der Glaube an dich sie in die Liebe führt,
3. Sprecher/in:
für die Predigerinnen und Priester aller Religionen,
dass sie zum Frieden anhalten,
4. Sprecher/in:
für die Regierungen der Staaten, dass sie der Versuchung widerstehen, in Auseinandersetzungen
und Konflikte religiöse Verschiedenheiten zu missbrauchen.
Pfarrer/in:
Herr, wir bitten dich: Kyrie eleison (EG 178.12)
Pfarrer/in:
Unser tägliches Brot gib uns heute,
der du uns unsere Nahrung und Kleidung und alles,
was wir zum Leben benötigen, zukommen lassen
willst.
1. Sprecher/in:
Du weißt, wie oft und schwer die Würde vieler
Menschen verletzt wird,
weil man ihnen elementare Menschenrechte verwehrt:
das Recht auf Nahrung, auf Gesundheit, auf Bildung,
auf Selbstbestimmung, auf die eigene Kultur.
2. Sprecher/in:
wir bitten dich für uns, dass wir auch morgen haben, was wir zum Leben brauchen,
3. Sprecher/in:
für alle, die nicht wissen, wie sie morgen ihre Reisschale oder ihren Teller füllen, dass ihre Not zum
Himmel schreit, weil sich kein Helfer für sie findet,
4. Sprecher/in:
und dass ihr Schreien von den Regierenden gehört
wird, dass sie sie sich daran erinnern, wie sehr sie
sich vor dir schuldig machen.
Pfarrer/in:
Herr, wir bitten dich: Kyrie eleison (EG 178.12)
Pfarrer/in:
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir
vergeben unseren Schuldigern,
Gott, der unsere Sünde nicht ansieht und uns nicht
vorhält, was wir täglich verdienen, sondern uns
täglich zu neuem Leben aufrichtet.
1. Sprecher/in:
Und doch leben Menschen in vielen Ländern der
Welt in Schuldknechtschaft und verkaufen sich und
ihre Kinder, weil es kein Entrinnen gibt. Und doch
sitzen so viele Länder in der Schuldenfalle und tragen an Zinsen und Zinseszinsen von Krediten, die
oft unter fragwürdigen Bedingungen gegeben worden sind.
2. Sprecher/in:
Wir bitten dich für uns, dass wir noch besser verstehen, wie der Glaube an deine Gnade uns zu Menschen machen soll, die andere nicht bei dem verhaftet, was sie schuldig geblieben sind.
3. Sprecher/in:
Wir bitten dich für alle, die heute in sklavenähnlichen Bedingungen leben, dass sie Menschen finden, die sich für ihre Befreiung einsetzen.
4. Sprecher/in:
Wir bitten für die Regierungen dieser Welt und diejenigen, die die Schuldscheine der armen Länder in
ihren Händen halten, dass sie den Neuanfang ermöglichen, der so dringend nötig ist.
Pfarrer/in:
Herr, wir bitten dich: Kyrie eleison (EG 178.12)
Pfarrer/in:
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern
erlöse uns von dem Bösen,
Gott, der du dich in Jesus Christus der Versuchung
der Macht ausgesetzt hast:
1. Sprecher/in:
Denn deine Schöpfung wird verschmutzt und beschädigt durch die Bosheit des menschlichen Herzens, durch Habgier und Korruption, durch die erbarmungslose Jagd auf Brennstoffe, durch den
rücksichtslosen Abbau von Rohstoffen, durch den
hohen und schnellen Verbrauch deiner für alle geschaffenen Güter.
2. Sprecher/in:
Wir bitten dich für uns, dass wir die Augen öffnen
und ermessen lernen, wie unser Lebensstil Erde,
Luft und Wasser belastet,
3. Sprecher/in:
Wir bitten dich für die Menschen, deren Böden vertrocknen oder überschwemmt werden.
4. Sprecher/in:
Wir bitten dich für die Regierungen unserer Länder
und die, die sie beraten und beeinflussen, dass sie
umsteuern und alles tun, dass diese Erde ein
freundlicher Ort für unsere Nachkommen wird.
higen, dir zu dienen und dich anzubeten in der Gemeinschaft mit unseren Schwestern und Brüdern
auf dem ganzen Erdkreis
jetzt und immerdar.
Durch Jesus Christus.
Amen
• Musikalisches Nachspiel und Auszug der an
der Feier Mitwirkenden
Das Gottesdienstmaterial kann bestellt werden.
Hinweise siehe unter „Material zur Weiterarbeit“.
Evangelischer Entwicklungsdienst, Bonn,
Pfarrer Jürgen Reichel,
Heinz Fuchs und
Pfarrer Werner Gebert
Pfarrer/in:
Herr, wir bitten dich: Kyrie eleison (EG 178.12)
Pfarrer/in:
In der Stille legen wir vor Gott, wofür ihn bitten
wollen:
Stilles Gebet
Pfarrer/in:
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen
(Gebet: Jürgen Reichel)
• (eventuell Bekanntmachungen)
• Lied: EG 171,1, Bewahre uns Gott
• Segen
Pfarrer/in:
Gott der Stärke, möge die Kühnheit deines Geistes
uns verwandeln, möge die Güte deines Geistes uns
führen, mögen die Gaben deines Geistes uns befä15
GOTTESDIENSTLICHE
ENTWÜRFE
GOTTES GEIST BEWEGT UNS
In vielen Orten ist es gute Tradition, ökumenische
Pfingstgottesdienste zu feiern. Auf dem Weg der
Vorbereitung für die 3. Europäische Ökumenische
Versammlung ist das Pfingstfest eine besondere
Zeit des Innehaltens und gemeinsamen Feierns. Zu
diesem Gottesdienst können Delegierte nach Sibiu/
Hermannstadt aus der Region (siehe Delegiertenliste in diesem Heft) eingeladen werden.
Eingangslied
Komm, o komm, du Geist des
Lebens
EG 134/GL 863
Psalm
Ps 36, 6-10
EG -Evangelisches Gesangbuch, GL-Gotteslob,
TM-Thuma Mina (Ökumenisches Liederbuch)
Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist
und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen
L
Wie köstlich ist deine Güte Gott,
dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben.
G Sie werden satt von den Gütern deines Hauses
und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem
Strom.
Orgel/Einzug der Mitwirkenden
L
Denn bei dir ist die Quelle des Lebens
und in deinem Licht sehen wir das Licht.
Begrüßung und Eingangsworte
L
Das Licht Christi scheint auf alle – Hoffnung auf
Erneuerung und Einheit in Europa.
Unter diesem Motto sind wir eingeladen auf
den Weg der 3. Europäischen Ökumenischen
Versammlung. In diesem Gottesdienst wollen
wir uns mitnehmen lassen auf diesen Weg und
uns von Gottes Geist bewegen und ermutigen
lassen.
Gebet
Im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes.
Lied
L
Wie Bäume auf festem Grund
so strecken wir unsere Wurzeln zu dir, Gott.
Du nährst uns. Du stärkst uns.
Die Frucht unseres Lebens wächst aus deiner
Kraft.
Lob und Dank sei dir in Ewigkeit. Amen.
Strahlen brechen viele
aus einem Licht
Lesung 1. Kor 12, 4-11
16
heilige, katholische (christliche) und apostolische Kirche. / Wir bekennen die eine Taufe / zur
Vergebung der Sünden. / Wir erwarten die Auferstehung der Toten / und das Leben der kommenden Welt. Amen.
Glaubensbekenntnis
L
G Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes
und dein Recht wie die große Tiefe.
Ökumenischer Pfingstgottesdienst auf dem
Weg der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung
Liedruf Gottes Wort ist wie Licht
in der Nacht
EG 572/TM 76
EG 268
L
Mit den Worten des Ökumenischen Glaubensbekenntnisses wollen wir unseren gemeinsamen Glauben bekennen:
G Wir glauben an den einen Gott, / den Vater,
den Allmächtigen, / der alles geschaffen hat, /
Himmel und Erde, / die sichtbare und die unsichtbare Welt. /
Wir glauben an den einen Herrn Jesus Christus,
/ Gottes eingeborenen Sohn, / aus dem Vater
geboren vor aller Zeit: / Licht vom Licht, / wahrer Gott vom wahren Gott, / gezeugt, nicht geschaffen, / eines Wesens mit dem Vater; / durch
ihn ist alles geschaffen. / Für uns Menschen
und zu unserem Heil / ist er vom Himmel gekommen, / hat Fleisch angenommen / durch
den Heiligen Geist / von der Jungfrau Maria /
und ist Mensch geworden. / Er wurde für uns
gekreuzigt / unter Pontius Pilatus, / hat gelitten
und ist begraben worden, / ist am dritten Tage
auferstanden nach der Schrift / und aufgefahren in den Himmel. / Er sitzt zur Rechten des
Vaters / und wird wiederkommen in Herrlichkeit, / zu richten die Lebenden und die Toten, /
seiner Herrschaft wird kein Ende sein. /
Wir glauben an den Heiligen Geist, / der Herr
ist und lebendig macht, / der aus dem Vater
hervorgeht, / der mit dem Vater und dem Sohn
/ angebetet und verherrlicht wird, / der gesprochen hat durch die Propheten, / und die eine,
Lied
O Heilger Geist, kehr bei uns ein
EG 130, 1-3 (ö)
Symbolhandlung „Zeichen des Geistes –
Hoffnung auf Erneuerung“
L
Gottes Geist will Neues schaffen. Er setzt Zeichen der Hoffnung auf Erneuerung und Versöhnung, auf ein neues Miteinander über Grenzen
und Kulturen hinweg.
Er öffnet uns die Augen für den Reichtum seiner Gaben und die Früchte seiner Kraft.
Auf dem Weg der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung wollen wir für das danken,
was Gottes Geist an Gutem unter uns wirkt.
Gemeinsam wollen wir teilen, wie und wo Gottes Geist das Licht Christi zum Leuchten bringt.
Jede Gemeinde bringt ein Symbol mit, das unter
Bezugnahme auf einen Leitsatz bzw. ein Themenfeld der Charta Oecumenica an ein ermutigendes
Beispiel bzw. einer Erfahrung aus dem lokalen und
ökumenischen Kontext erinnert und mit einem
konkreten Bereich (Projekt/Aktion/Gruppe) einzelner Gemeinden verknüpft ist.
Der Vertreter/die Vertreterin der Gemeinde bringt
es nach vorne und stellt es auf einem Tisch im Choraum/Altarraum ab. Dabei sagt er/sie:
Ich komme von der Evangelischen Kirchengemeinde (von der Katholischen Pfarrgemeinde,
von der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde,
der Orthodoxen Gemeinde…) und bringe mit
…. . Dies soll ein Zeichen sein für….
serer geistlichen Traditionen schöpfen und miteinander im Gebet vereint sein. Wir bitten:
Frieden
L
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
Gemeinsames Zeugnis, Mission
Nach jedem Votum bekräftigt die Gemeinde:
L
G Gott, du setzt Zeichen der Hoffnung mitten unter uns. Wir danken dir.
Lied
Meine Hoffnung und meine Freude
TM 92
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
Beitrag der Kirchen zum Aufbau der Zukunft
Europas
Predigt
(Fokus: „Die der Geist Gottes leitet, die sind Gottes
Kinder“ (Röm 8,14)
oder „Lebt als Kinder des Lichts“ (Eph 5,8)
Lied
Christus, Du bist das Heil der Welt. Lass die Kirchen gemeinsam einladende und glaubhafte
Boten und Zeugen Deines befreienden Evangeliums sein. Wir bitten:
Lass uns den Weg
der Gerechtigkeit gehn
L
Christus, Du überwindest Mauern und Grenzen. Lass das Reden und Handeln der Kirchen
in Europa dazu dienen, dass Solidarität und
Menschlichkeit das politische und gesellschaftliche Klima Europas prägen. Wir bitten:
Fürbitten/Litanei
zu den 9 thematischen Foren der 3. EÖV, nach jeder Fürbitte wird ein Sibiu-Licht entzündet und auf
den Boden (oder einem Tisch) im Chorraum abgestellt.
Beziehungen zu den Religionen
L
Dialog, Einheit der Kirchen
Christus, Du bist die Quelle unserer Einheit.
Lass die Kirchen nicht nachlassen in dem Bemühen, die Einheit in Dir zu suchen und sie in
ihrem Miteinander sichtbar werden zu lassen.
Wir bitten:
Spiritualität, Gemeinsames Beten
Christus, in Dir liegt die Weite und Tiefe unseres Glaubens. Lass uns aus dem Reichtum un-
Christus, Du gewährst Raum für Menschen in
ihrer Verschiedenheit und Andersartigkeit. Lass
uns das Gespräch über Religionsgrenzen hinweg suchen, um Entfremdungen zu überwinden und Feindschaften entgegenzuwirken. Wir
bitten:
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
Gerechtigkeit
G Christus, Deine Gerechtigkeit überwindet unsere Ungerechtigkeit. Lass das Handeln der Kirchen darauf gerichtet sein, dass die wirtschaftlichen Reichtümer gerecht verteilt werden und
allen Menschen gleiche Lebenschancen offen
stehen. Wir bitten:
L
Bewahrung der Schöpfung
L
Christus, in Dir spiegelt sich die Fülle und die
Schönheit der ganzen Schöpfung. Lass uns das
bedrohte Leben auf unserer Erde schützen und
verantwortlich mit den Grundlagen und Gütern
der Schöpfung umgehen. Wir bitten:
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
Christus, Du vereinst Menschen aus allen Völkern und Kulturen. Lass unsere Kirchen dazu
beitragen, dass sich Menschen in ihrer unterschiedlichen Herkunft und Kultur achten und
wertschätzen. Wir bitten:
Nun singe Lob, du Christenheit
EG 265/GL 638
Sendung und Segen
Lied
Vertraut den neuen Wegen
Orgel/Auszug
Gebet aus der Sammlung
des Weltgebetstages
Erfüllt von Ruach, Pneuma, Geistkraft
gehalten von Gottes Schöpfungsodem
umfangen von Gottes Liebeszusage
gestärkt von Gottes Geistkraft
möchte ich
Mitschöpferin Gottes sein
Lebensgebärerin Gottes sein
Geistkraft Gottes über mich hinauswachsen
lassen
Vaterunser
Lied
Pastor Dr. Klaus Peter Voß,
Frankfurt am Main
„Heiliger Geist, erfülle uns“
Schlank wie die Zeder des Libanon
Leicht wie der Flaum einer Feder
Lebendig wie die Flamme des Feuers –
sich wiegen im Windhauch des Geistes.
Christus, Dein Licht scheine auf alle.
Versöhnung von Völkern und Kulturen, Migration
L
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
L
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
TM 245
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
L
Christus, Du schenkst uns Deinen Frieden. Lass
die Kirchen in Europa dem Hass und der Gewalt mutig entgegentreten und dem Frieden
und der Versöhnung den Weg bereiten. Wir bitten:
EG 395
Eingespannt zwischen Himmel und Erde
möchte ich tanzen
wie eine Zeder des Libanons
wie eine Feder
wie eine Flamme
im Windhauch des Geistes
gehalten von den Händen Gottes.
Hildegard Müller-Brünker
G Christus, Dein Licht scheine auf alle.
17
GOTTESDIENSTLICHE
ENTWÜRFE
KONZEPT FÜR EINEN INTERAKTIVEN UND MULTIMEDIALEN PFINGSTGOTTESDIENST
Als Christen leben wir mit der Gewohnheit des persönlichen Gebetes. Wir sind davon überzeugt, dass
Gott hört. Das Pfingstfest erinnert uns daran, dass
wir in Jesus und durch den Heiligen Geist eine
Stimme vor Gott haben. Er hört und erhört uns.
Diese Wahrheit möchte der hier beschriebene Gottesdienst neu bewusst machen.
wird jeder Besucher aufgefordert, sich mit einem
starken Klebeband den Mund zuzukleben und dieses erst auf Anweisung wieder zu entfernen. Außerdem wird jedem ein kleines Paket, bestehend
aus einer kleinen Tafel mit Schnur zum Umhängen,
einem Stück Kreide und einer Ration Brot und Traubensaft ausgehändigt. In den ersten Minuten werden die Besucher einfach mit dieser Situation alleine gelassen und können sich nur mit Hilfe von
Tafeln und Kreide verständigen.
Vielleicht wird dem Leser bzw. der Leserin dieses
Materialhefts das Konzept auf den ersten Blick befremdlich scheinen. Deshalb sollen hier noch einige
erklärende Worte über den Hintergrund dieses Entwurfes gegeben werden.
Als Gemeinschaft von Künstlern und Kreativen
suchen wir seit längerer Zeit Wege, geistliche
Wahrheiten multimedial zu kommunizieren und für
junge Menschen zugänglich zu machen. Die Botschaft soll dem Besucher erlebbar werden, ja geradezu zum Anfassen nahe kommen. Dabei geht es
jedoch nicht einfach um einen stark pädagogisierten, rationalen Verkündigungsansatz. Die Entwicklung der Inhalte wird von den einzelnen Kreativen
als Ausdruck des persönlichen Lobpreises empfunden und auch als solche im Gottesdienst eingesetzt.
Die vorliegenden Texte und Materialien können im
Gesamten oder auch in Auszügen in verschiedensten Kontexten Verwendung finden. Fühlen sie sich
frei, sie auf die lokalen Gegebenheiten anzupassen.
Benötigte Personen: Moderator, 2 Sprecher, Helfer
Setting:
Der Gottesdienstraum ist abgedunkelt und wird
mit meditativer Musik bespielt. Vor dem Betreten
18
Tipps zur Herstellung
– Um Tafeln zu fertigen, gibt es in jedem Bastelladen selbstklebende Tafelfolie (bzw. Tafelfarbe
zum Streichen) die man entweder auf Pappe
oder Holz auftragen kann.
– Die Gedenkmahlrationen lassen sich gut mit
Brotwürfeln und leeren Fläschchen realisieren,
die man in kleine Papierbutterbrottüten steckt.
Moderator: freie Begrüßung und Überleitung,
eventuell Gebet.
Vor langer Zeit fiel der Mensch aus Gottes Ordnung. Die Folge war der Verlust des Paradieses,
eine unüberwindbare Trennung zwischen Gott und
Mensch. Es war hinfort nicht mehr möglich, mit
Gott in direktem Kontakt zu stehen. Es gab lediglich einzelne Auserwählte, Priester, Propheten,
aber auch Richter und Könige, die als Repräsentanten und Stellvertreter Gottes zu seinem Volk sprachen. Einer von ihnen war Zacharias:
Sprecher 1: Geschichte von Zacharias
Langsam entfernten sich die Schritte der anderen
hinter ihm. Zacharias war allein. Allein an diesem
heiligen und ehrfurchtgebietenden Ort. Er holte tief
Luft und schritt im gedämpften Licht des Tempels
langsam auf den Räucheraltar zu. Dieser Tag war
der Höhepunkt seiner Karriere als Priester. Er hatte
die ganze Nacht kein Auge zu getan, und schon
seit Tagen an nichts anderes mehr denken können.
Das Los war auf ihn gefallen! Unter 18.000 Priestern war er ausgewählt, heute das Rauchopfer darzubringen. Viele seiner Kollegen warteten ihr Leben lang vergeblich auf dieses Privileg. Beim
Darbringen des Rauchopfers kam man näher an
das Allerheiligste, Gottes irdisches Zuhause, als irgendwo sonst. Schon oft hatte er sich gefragt, wie
es sich anfühlen müsste, IHM so nah zu kommen.
Doch jetzt und hier kam ihm dies alles sehr unwirklich vor. Er hätte sich gewünscht in diesem erhabenen Moment intensiv zu fühlen, aber ihm war, als
würde er gar nicht wirklich verstehen, was er hier
gerade tat.
Es hatte sich in seinem Heimatort wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass er heute das Räucheropfer durchführte. Seine Frau hoffte insgeheim, dass dies ihm und seiner Familie wieder neu
zu Ansehen verhelfen würde. Normalerweise waren Priester Respektspersonen, aber die Nachbarn
waren misstrauisch und machten einen Bogen um
Elisabeth und ihn, da sie keine Kinder hatten. Kinder galten als Zeichen des Segens von Gott, und
ein Priester ohne Segen schien den Leuten nicht
vertrauenswürdig.
Mittlerweile war er beim Altar angekommen. Seine
Hände zitterten vor Aufregung. Er sah die Tür zum
Allerheiligsten. Hinter dieser Tür stand die Bundeslade, und nur einmal im Jahr am Versöhnungstag
war es dem Hohenpriester erlaubt hineinzugehen.
Er war dabei mit einer Schnur gesichert, um ihn
notfalls herausziehen zu können, denn man wusste
nie, was dort geschah. Dies schließlich war die
Wohnung Gottes, des Schöpfers des Universums!
Er legte sein Räucherwerk auf den Altar und entzündete es wie in seiner Priesterordnung vorgeschrieben. Qualm stieg auf und verbreitete einen
angenehmen Duft im ganzen Tempel. Das Rauchopfer symbolisierte die Gebete des Volkes. Es war
früh am Morgen und hunderte von Gläubigen standen vor dem Tempel und warteten auf Zacharias.
Er war ihr Priester an diesem Tag, ihr Stellvertreter.
Er trat für sie alle vor Gott!
Als das Rauchopfer richtig brannte, verneigte er
sich kurz, drehte sich um und ging auf den Ausgang zu. Das war es also? Das war also der Moment gewesen, auf den er seit Jahrzehnten gewartet hatte? Zacharias war enttäuscht! Doch plötzlich
bemerkte er, wie sich der Raum hinter ihm erhellte
und ein gleißendes Licht lange Schatten an die
Tempelwände warf. Was war das? Er hielt im Lauf
inne und drehte seinen Kopf langsam über seine
Schulter... Auf der rechten Seite, zwischen dem
Räucheraltar und den goldenen Leuchtern stand
eine weiß schimmernde Gestalt. Angst durchfuhr
Zacharias, er drehte sich erschrocken dem Lichtwesen zu. Was sollte er tun? Sollte er versuchen, los
zu rennen und den Ausgang zu erreichen? Er blieb
wie gelähmt stehen. Der Engel kam ein paar Schritte auf ihn zu und sprach mit einer sanften Stimmte:
„Zacharias, fürchte Dich nicht! Ich bin hier, um Dir
zu sagen, dass Deine Gebete erhört wurden. Deine
Frau wird ein Kind bekommen, einen Jungen. Gebt
ihm den Namen Johannes. Gott hat Großes mit ihm
vor. Er wird die Kraft und die Art des Elia besitzen
und viele im Volk zurück zu Gott führen.“
Zacharias fasste all seinen Mut zusammen und
sprach: „Aber meine Frau und ich sind mittlerweile
viel zu alt, um Kinder zu bekommen. Wie kann ich
glauben, dass diese Verheißung wahr ist? Woran
soll ich dies erkennen?“ Der Engel entgegnete:
„Gott hat mich geschickt, um Dir diese Botschaft
zu überbringen, doch Du glaubst nicht? So sollst du
zum Zeichen bis zur Geburt Deines Sohnes nicht
mehr sprechen können.“ Dann verschwand der
Engel, so schnell wie er gekommen war. Zacharias
stand noch einen Moment da. War es Realität gewesen, was er eben gesehen hatte?
Es dauerte einen Moment bis sich die Augen wieder an das schummrige Licht gewöhnt hatten.
Dann ging er langsam nach draußen. Er blinzelte,
als er in die Sonne trat. Das Volk wartete schon auf
ihn. Doch als er seine Stimme erheben wollte, verließ kein Laut seine Lippen. Er war stumm!
Moderator:
An diesem Tag verlor Zacharias seine Stimme. Was
für eine Symbolik: Der Fürsprecher vor Gott verliert
seine Stimme, als Zeichen dafür, dass eine Stimme
geboren werden wird in der Kraft des Elia, die den
Messias ankündigt.
Zacharias konnte tatsächlich so lange nicht mehr
sprechen, bis Johannes der Täufer geboren war. In
der Zwischenzeit schrieb er alles, was er sagen
wollte, auf eine kleine Tafel.
Start des Videoclips 1 (von der beiliegenden CD)
„Reden gegen die Wand“: Der Clip kann in ständiger Wiederholung im Hintergrund laufen und die
Texte und Interaktionen visuell untermalen.
Wie wichtig etwas ist, das wir für selbstverständlich nehmen, merken wir oftmals erst, wenn wir es
verlieren. Vielleicht findest Du es schwierig im Moment, wie Zacharias keine Stimme zu haben. Doch
hier geht es heute nicht einfach nur um unsere physische Stimme. Es geht auch darum, deutlich zu
machen, wie selbstverständlich es für uns ist, eine
Stimme vor Gott zu haben. Doch es gab eine Zeit,
in der ein Stellvertreter nötig war, um mit Gott in
Kontakt zu treten.
Noch wirkungsvoller ist es, wenn man ein Pocket
PC Handy zur Hand hat, das die Texte per Sprachwiedergabe mit Computerstimme vorliest.
einen Rohrstock und wollte Jesus zu trinken geben.
Doch die anderen riefen: „Lass das! Hilf ihm nicht!
Wir wollen sehen, ob Elia kommt und ihn rettet.“
Jesus aber schrie lauf auf und ist gestorben.
Clip 1 stoppen!
Sprecher 2: Poetischer Text
Wie fühlt es sich an, wenn jemand anderes für dich
spricht, wenn ein Fürsprecher stellvertretend für
dich betet?
Sprecher 1 (lesen im Stil von Klingeltonwerbung)
Hast du Sehnsucht nach Gott?
Drücke deine Sehnsucht in einer SMS aus. Schicke
sie an (Tel.-Nr. einsetzen).
Deine SMS wird umgehend an Gott weitergeleitet
werden!
Wünschst du dir eine Begegnung mit Gott?
Drücke deinen Wunsch in einer SMS aus. Schicke
sie an (Tel.-Nr. einsetzen).
Deine SMS wird an Gott weitergeleitet werden!
Brauchst du Gottes Reden in deinem Leben?
Drücke dein Bedürfnis nach Gott in einer SMS aus.
Schicke sie an (Tel.-Nr.).
Deine SMS wird an Gott weitergeleitet werden!
Interaktion:
Die Besucher (immer noch mit dem Klebeband über
dem Mund) sollen im nächsten Teil erleben, wie es
ist, wenn unsere Gebete über einen Mittler an Gott
weitergeleitet werden. Dazu können sie per Mobiltelefon eine anonyme Gebets-SMS an eine bestimmte Nummer (bsp. Nummer der Helfer) weiterleiten.
Die entsprechende Person, bei der die Gebetsnachrichten eingehen, ist nicht sichtbar und liest diese
dann bewusst monoton und herzlos vor.
Mit technischen Mitteln lässt sich die Wirkung
noch verstärken. Am einfachsten ist die Verwendung eines Effektgerätes, mit Hilfe dessen man die
Stimme des Sprechers verfremdet.
Sprecher 1
Bibellesung, Kreuzigung nach Walter Jens
Über seinem Haupt aber hatten sie eine Tafel befestigt, auf der seine Schuld stand: Dies ist Jesus,
der König der Juden, und neben ihm – der eine zur
Rechten, der andere zur Linken – hingen zwei Räuber, die sie zusammen mit ihm hatten kreuzigen
lassen.
Die Menschen kamen und gingen, sie schlenderten
vorbei, schüttelten den Kopf, verspotteten ihn und
riefen ihm zu: „Hilf Dir doch selbst, wenn Du Gottes Sohn bist, du reißt ja auch den Tempel ab und
baust ihn in drei Tagen wieder auf! Komm, steig
herunter vom Kreuz!“
Auch die großen Priester, die Mächtigen und
Schriftausleger verspotteten ihn: „Andere
hast du gerettet, aber dich selbst rettest du
nicht! Komm herunter vom Kreuz, König von
Israel, und wir glauben an dich!“
Er hat auf Gott vertraut,
er hat gesagt, er sei sein Sohn:
Mag Gott ihn doch retten,
wenn er ihn will!“
So verhöhnten ihn alle, selbst die beiden Räuber,
die mit ihm gekreuzigt waren, lachten ihn aus. Um
die sechste Stunde aber breitete sich über dem
ganzen Land eine Finsternis aus und blieb bis zur
neunten: Das war die Stunde, als Jesus zu schreien
begann. „Eli, eli, lama sabachthani“ rief er, und
seine Stimme war laut – das heißt: „Mein Gott!
Mein Gott! Warum hast du mich allein gelassen?“
Einige in der Nähe, hörten den Schrei: „Er ruft nach
Elia“, und schon lief einer von ihnen hinzu, ergriff
den Schwamm, tauchte ihn in Essig, steckte ihn auf
Ein Wort
Und der Schmerz endet
Ein Wort
Und das Blatt wendet sich
Ein Wort
Und der Mob, der verblendet,
Sieht Dein wahres Gesicht
Steig herab, wenn Du bist, was Du sagst!
Man sagt:
deine Stimme stillte Stürme,
gab Stummen Stimmen,
Blinden Blicke,
Lahmen Schritte.
Also bitte, hilf dir selbst dieses Mal!
Die Qual könnte enden mit einem Wort!
Wenn Du rufst, tragen Engel dich auf Händen fort
und tauchen diesen Ort in gleißend weißes Licht,
oder nicht?
Ein Wort
Und der Schmerz endet
Ein Wort
Und das Blatt wendet sich
Ein Wort
nur einen Atemzug weit weg
Doch du sagst es nicht!
Du schweigst. Bleibst stumm.
Kein wortgewaltges Wort,
nur ein: Es ist vollbracht!
Bevor der Tag zur Nacht wird
Und das Wort stirbt...
Das Fleisch war,
ganz und gar Mensch.
Einer von uns
wandelte Wasser zu Wein,
19
kein Stein zu Brot,
Tod zu Leben !
Doch schwieg zuletzt, um uns eine Stimme zu
geben!
Deshalb kann ich hier und jetzt reden
an jedem verdammten Tag.
Sagen, was ich mag und hasse,
mir wünsche, mich frage, nicht schaffe, nicht raffe.
Und Du hörst mir zu, als gäbe es nur Dich und Mich.
Du gabst mir eine Stimme unabänderlich...
Ein Wort
Und der Schmerz wär geendet
Ein Wort
Und das Blatt hätt sich gewendet
Ein Wort
Nur einen Atemzug weit weg.
Entfernen der Klebestreifen.
Er schwieg und starb, damit wir heute eine Stimme
vor Gott haben.
Das Abendmahl wird meistens als ein Gemeinschaftsmahl gefeiert. Heute wollen wir seinen
Schwerpunkt auf die persönliche Erinnerung legen.
Jesus Christus ist für dich gestorben! Du hast eine
Stimme vor Gott!
In euren Tütchen findet ihr kleine Abendmahlsportionen und eine kurze Liturgie.
Nimm dir Zeit, um ganz persönlich deinen Gott zu
treffen.
Feiere das Mahl mit ihm.
Die Liturgie kann dir dabei helfen.
Abendmahlsliturgie
(zusammen mit kleinen Portionen Brot und Wein
in dem persönlichen Päckchen enthalten, das die
einzelnen Besucher am Eingang ausgehändigt bekommen haben)
• Nimm den Wein!
Der Wein soll dich daran erinnern, dass Gott ganz
Mensch wurde.
Der Wein soll dich daran erinnern, dass in seinen
Adern menschliches Blut floss.
Der Wein soll dich daran erinnern, dass Jesu Blut
auf dem Weg zum Tod vergossen wurde.
• Bekenne:
Mein Gott wurde verwundet.
Mein Gott wurde durchbohrt.
Mein Gott wurde gequält.
• Bete:
Ich erinnere daran, dass dein Blut vergossen
wurde.
Du musstest viel Leid ertragen, um mich neu
mit dir zu vereinen.
Ich danke dir, dass du dein Blut vergossen hast, um
meine Distanz zu dir zu überwinden!
Ich trinke den Wein, um dir nahe zu sein.
• Trink den Wein!
Moderator
Gott sei Dank, schwieg Jesus am Kreuz!
Gott sei Dank, erduldete er alles!
Start des Videoclips 2 (von der beiliegenden CD)
„Münder“. Der Clip kann in ständiger Wiederholung im Hintergrund laufen und die Texte und Interaktionen visuell untermalen.
Durch Jesus haben wir eine Stimme vor Gott bekommen.
Durch Jesus können wir heute direkt mit Gott kommunizieren.
Wir brauchen keinen Mittler mehr, denn Jesus
Christus ist unser Mittler.
Wir brauchen keinen Computer mehr, der unsere
SMS vorliest, denn Gott hört unsere Stimme.
Wir können reden und Gott hört.
Sein Ohr lauscht auf unsere Stimme.
Wir wollen jetzt ein Erinnerungsmahl feiern, um
uns an den Tod Jesu Christi zu erinnern.
20
Ich bin mir sicher, dass jeder der hier Anwesenden,
ob er schon mit 2 Jahren in einer Kinderbibel las
oder heute den zweiten Gottesdienst seines Lebens
besucht, irgendeinen Vers aus der Bibel kennt.
Gott sagt, dass sein Wort lebendig ist und Leben
weckt.
Paulus sagt: Lasst das Wort Gottes reichlich unter
euch wohnen.
Was wir nun tun werden, ist, einfach überall im
Raum Bibelverse laut auszusprechen. Jeder von
euch ist gefordert, denn jeder hat eine Stimme.
Lasst die Verse auf euch wirken. Manche werdet
ihr vielleicht schon nach Sekunden wieder vergessen haben, andere werden vielleicht lebendig für
euch und sprechen zu euch. Merkt euch diese Verse, denkt darüber nach und nehmt ihre Bedeutung
tief in euch auf.
Los geht’s!
Moderator: Abschluss, freies Gebet, Segen
Einsetzungsworte
Jesus sprach: „Dieses tut zu meinem Gedächtnis!“
(Lukas 22,19)
• Nimm das Brot!
Das Brot soll dich daran erinnern, dass Gott ganz
Mensch wurde.
Das Brot soll dich daran erinnern, dass Gott anfassbar war wie dieses Brot.
Das Brot soll dich daran erinnern, dass Gott in einem menschlichen Körper gequält wurde.
• Bekenne:
Mein Gott wurde verspottet.
Mein Gott wurde geschlagen.
Mein Gott wurde getötet.
• Bete:
Ich erinnere daran, dass dein Leib gebrochen
wurde.
Du musstest viel Leid ertragen, um mich neu
mit dir zu vereinen.
Ich danke dir, dass du Mensch wurdest, um
meine Distanz zu dir zu überwinden!
Ich esse das Brot, um dir nahe zu sein.
• Iss das Brot!
Weil Jesus schweigend ertrug, hast du eine Stimme
vor Gott!
Weil du Brot und Wein nahmst, hast du Gemeinschaft mit Gott!
• Rede persönlich mit deinem Gott! Er ist jetzt hier
und hört dir zu!
(Finde deine eigenen Worte!
Erzähle ihm, wie es dir gerade geht!
Sag ihm, was dich beschäftigt und worüber du
nachdenkst!
Sprich zu ihm über deine Bedürfnisse und Sorgen!
Erzähle ihm, worüber du dich freust!
Sag ihm, wer er für dich ist!)
Moderator:
Wir haben durch Jesus nicht nur eine Stimme vor
Gott, sondern auch eine Stimme von Gott! Gott
möchte jeden Einzelnen von uns benutzen, um anderen Menschen auf ihrem Weg weiter zu helfen.
Wir sind berufen, uns gegenseitig zu ermutigen,
zurechtzuweisen, zu ermahnen, uns neue Hoffnung
zu geben und uns an die Worte Gottes zu erinnern.
Mark Reichmann,
Karlsruhe
GOTTESDIENSTERÖFFNUNG IN MEHREREN SPRACHEN:
DEUTSCH, ITALIENISCH, ENGLISCH
(ÖKUMENISCHER VORBEREITUNGSKREIS WITTENBERG)
Lord Je-sus Christ, your light shines with-in us. Let not my doubts norm a darkness speak to me.
Lord Je-sus Christ, your light shines with-in us. Let my heart always welcome your love.
Christus, dein Licht verklärt unsere Schatten, las-se nicht zu, dass das Dun-kel zu uns spricht.
Christus, dein Licht er-strahlt auf der Erde, und du sagst uns: Auch ihr seid das Licht.
Taizé
Liturg/in:
Alle:
Im Namen des Vaters und des Sohnes
und des Heiligen Geistes
Amen
Einer/uno/ Am Anfang, ganz am Anfang, als alles
one
noch dunkel war,
sprach Gott: Es werde Licht.
Alle:
Und es ward Licht – è stata luce –
and there was light
(deutsch, italienisch, englisch oder andere Sprachen)
Einer/uno/ Am Anfang, als alles noch lautlos war,
one
war das Wort bei Gott.
Alle:
Und was Gott war, war im Wort.
– Che era Dio, diventa la parola –
And that which God was, was in
the Word
Einer/uno/ Als die Zeit erfüllt war,
one
sandte Gott seinen Sohn.
Alle:
Er kam zu uns.
Er wurde einer von uns.
Lui viene da noi.
Lui diventa un di noi.
He came to us.
He became one of us.
Liturg/in : Der Herr sei mit euch
Alle:
Und mit deinem Geist
Lesung / Lecture – Die Gemeinde erhebt sich /
si alza / stand –
Chor / alle-all-tutti
Christus, dein Licht / Jésus le Christ / Lord Jesus
Christ / Cristo Jesus
Matthäus 17,1-9
Erzähler: Jesus nahm mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und
führte sie allein auf einen hohen Berg.
Alle gleichzeitig in verschiedenen Sprachen / tutti
insieme nelle varie lingue / simultaneously in various languages:
Jesus führte sie auf einen hohen Berg.
Gesù li condusse sulla cima di un alto
monte.
Jesus led them up a high mountain.
Erzähler: Und er wurde verklärt vor ihnen, und
sein Angesicht leuchtete wie die Sonne
und seine Kleider wurden weiß wie das
Licht.
Alle gleichzeitig in verschiedenen Sprachen / tutti
insieme nelle varie lingue / simultaneously in various languages:
Und er wurde verklärt vor ihnen,
Davanti ai loro occhi, egli cambio
d’aspetto.
And he was transfigured before them,
Erzähler: Und siehe, da erschienen ihnen Mose
und Elia; die redeten mit ihm. Petrus
aber fing an und sprach zu Jesus:
Petrus:
Herr, hier ist gut sein!
Alle gleichzeitig in verschiedenen Sprachen / tutti
insieme nelle varie lingue / simultaneously in various languages:
Herr, hier ist gut sein!
Signore, com’è bello stare qui!
Lord, it is well that we are here
Petrus:
Willst du, so will ich hier drei Hütten
bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine.
Erzähler: Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke.
Und siehe, eine Stimme aus der Wolke
sprach:
GOTTESDIENSTLICHE
ENTWÜRFE
Stimme:
Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich
Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!
Alle gleichzeitig in verschiedenen Sprachen / tutti
insieme nelle varie lingue / simultaneously in various languages:
Dies ist meine lieber Sohn, den sollt ihr
hören!
Qesto è il moi amato Figlio,
Ascoltatelo!
This is my beloved Son, listen to him.
Erzähler: Als das die Jünger hörten, fielen sie auf
ihr Angesicht und erschraken sehr.
Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an
und sprach:
Jesus:
Steht auf und fürchtet euch nicht!
Alle gleichzeitig in verschiedenen Sprachen / tutti
insieme nelle varie lingue / simultaneously in various languages:
Steht auf und fürchet euch nicht!
Alzatevi. Non abbiate paura!
Rise, and have no fear.
Erzähler: Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen
sie niemand als Jesus allein.
Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach:
Jesus:
Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von
den Toten auferstanden ist.
Chor / alle-all-tutti
Christus, dein Licht / Jésus le Christ / Lord Jesus
Christ / Cristo Jesus
(auch in anderen Sprachen erweiterbar)
21
PREDIGTEN
KURZPREDIGT ÜBER APOSTELGESCHICHTE 2
Weltweiter Horizont
damit, ihn zu buchstabieren. Aber nur so lernen wir
verstehen, was Kirche ist.
ren verschiedenen Sprachen gemeinsam die Großtaten Gottes.
„Katholisch“
Die Pfingstlesung zeigt uns die Kirche in ihrer
Geburtsstunde: Vom ersten Augenblick ihres Daseins spricht sie in allen Sprachen und ist doch eins
in demselben Geist. Sie ist nicht universal geworden, indem sie sich im Laufe der Zeit von Stadt zu
Stadt, von Land zu Land ausgebreitet hat. Sie ist es
kraft des Heiligen Geistes vom Ursprung her. Sie ist
„katholisch“, oder sie ist nicht sie selbst.
Darum bringt Lukas die vielen Ländernamen (zwölf
zunächst aus seiner damaligen Welt) zum Zeichen
der Universalität, von Ost nach West, von Nord
nach Süd. Und dann geht er über diese Koordinaten hinaus bis nach Rom und zu den Inseln
(Kreta). Kein Land soll vergessen sein. Der Geist erfasst alle Völker. Er eröffnet der Kirche einen weltweiten Horizont. Er führt sie über die politischen
und kulturellen Grenzen hinaus. Und er wirkt in der
Vielfalt der Sprachen die Einheit im Verstehen. Das
ist wie ein Wunder.
Vielfalt in Einheit
Einheit des Geistes in der Vielfalt der Sprachen, das
ist Pfingsten, pfingstliche Kirche. Gleichschaltung,
Gleichmacherei, Uniformität, das ist Babel. Wir
sind nicht davor bewahrt, ins babylonische Muster
zurückzufallen. Uniformität bedeutet Unterwerfung des ganzen unter eine bestimmte, menschliche Gestalt. Die Originalität einer einzelnen Kultur
oder eines Stammes wird unterdrückt. Solche Uniformität verbindet nicht, sondern trennt.
Die Kirche darf sich nicht auf einen Staat oder eine
bestimmte Kultur festlegen, auch nicht auf Europa.
Sie darf nicht nach den Erfahrungen und Vorstellungen, dem Kirchenmodell eines Landes ausgerichtet werden.
Die Kirche erfüllt ihre einende Sendung nur, wenn
sie allen Völkern geöffnet bleibt. Wir haben nicht
eine Kirche in der so genannten Dritten Welt (als
hätten wir dort Kolonien oder einen Ableger), wir
sind Weltkirche. Europa ist nicht der Nabel der
Welt. Wenn es schon einen Nabel der Kirche gibt,
dann Jerusalem, wie die Pfingsterzählung zeigt.
Weltkirchesein erfordert Mut zur Vielfalt in der Einheit. Wenn die Kirche in allen Völkern lebt und alle
Sprachen spricht, wird sie von selbst farbig, bunt.
Das muss sie sein und bleiben, um ihrer selbst willen. Es kann und darf in ihr keine Ausländer geben.
Einheit und Vielfalt, das ist die große Herausforderung unserer Weltenstunde im Zusammenleben der
Völker. Einheit und Vielfalt sind keine Alternativen,
sie gehören zusammen, wie in einer Familie jeder
anders ist und doch alle miteinander verbunden
sind. Die Kirche soll Zeichen der Einheit unter den
„Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich
alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel
her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher
fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von
Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ
sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen
Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu
reden, wie es der Geist ihnen eingab. In Jerusalem
aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen
Völkern unter dem Himmel. Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz
bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?
Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von
Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem
Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer,
die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen
Gottes große Taten verkünden“
(Apostelgeschichte 2,1-11).
Mancher Lektor, manche Lektorin tut sich schwer
mit der Pfingsterzählung. Sie haben alle Mühe, die
vielen Ländernamen richtig auf die Reihe zu bekommen. Und Pfarrer sagen dann oft: „Ach, lassen
Sie die Namen doch einfach weg, die kennt ja
doch niemand ...“ Das ist leicht gesagt. Damit
wäre ein ganz zentraler Inhalt von Pfingsten gestrichen. Die Kirche, wir alle tun uns nicht so leicht
22
Gegen Gleichmacherei
Wir kennen das Gegenbild. Auf den ersten Seiten
der Bibel ist es dargestellt: Babel! Das Programm
Babels ist ebenfalls Vereinigung: Eine Sprache,
gemeinsam will man sich ins Werk setzen und die
monumentale Einheit schaffen. Aber diese selbst
produzierte, technische Einheitskultur führt nicht
zusammen, sondern auseinander. Gleichmacherei
verbindet nicht, sondern trennt. Die Leute von
Babel reden in einer Sprache (unisono) nur noch
von ihren eigenen Großtaten und verstehen sich
nicht mehr. Die Leute von Pfingsten hören in ih-
Völkern sein, so hat es das II. Vatikanische Konzil
gesagt. Das kann sie nur, wenn sie selbst weiträumig genug ist, wenn sie „katholisch“ ist und bleibt.
Bischof em.
Dr. Franz Kamphaus,
Limburg
PREDIGT ZU NUMERI, 4. MOSE, 11
„Das Licht Christi scheint auf alle.“ Das Motto für
die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung
lässt sich einreihen in den Klang der Verheißungen
aus der Bibel, die von der umfassenden Zuwendung Gottes an diese Welt handeln: „Gehet hin in
alle Welt, predigt das Evangelium!“ „Ich gieße
meinen Geist über alles Fleisch.“ Diese Zusagen
stärken den Kirchen in Europa den Rücken, um die
Nöte und Sorgen, die Beschwernisse und ökumenischen Stolpersteine auszuhalten und zu überwinden. Der Weg des Volkes Israel durch die Wüste in
die Freiheit hilft beschreiben und verstehen, was
den Weg der Kirchen heute miteinander und aufeinander zu mitunter etwas mühsam erscheinen
lässt. Doch der Exodus lehrt auch, dass er an das
Ziel führt. Die Verheißung steht, so ist es deutlich
zu hören. Der Blick nach vorne, nicht der nach hinten, bietet sich an – mit dem Ziel vor Augen lässt
sich wandern. Gott führt eben auch auf Umwegen
weiter. Es scheint, als wolle er neue Wege gehen,
die ausgetretenen Pfade verlassen. Der Landessuperintendent in Göttingen, Dr. Burghard Krause,
predigt ermutigend gegen die Resignation der Erschöpften.
Predigt zu Numeri/4. Mose, 11, 1a, 4b – 6,
10 – 17, 24 – 25b
Und das Volk klagte vor den Ohren des HERRN,
dass es ihm schlecht gehe. Da fingen auch die Israeliten wieder an zu weinen und sprachen: Wer
wird uns Fleisch zu essen geben? Wir denken an
die Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, und
an die Kürbisse, die Melonen, den Lauch, die Zwie-
beln und den Knoblauch. Nun aber ist unsere Seele matt, denn unsere Augen sehen nichts als das
Manna. Als nun Mose das Volk weinen hörte, alle
Geschlechter miteinander, einen jeden in der Tür
seines Zeltes, da entbrannte der Zorn des HERRN
sehr. Und auch Mose verdross es. Und Mose
sprach zu dem HERRN: Warum bekümmerst du
deinen Knecht? Und warum finde ich keine Gnade
vor deinen Augen, dass du die Last dieses ganzen
Volks auf mich legst? Hab ich denn all das Volk
empfangen oder geboren, dass du zu mir sagen
könntest: Trag es in deinen Armen, wie eine Amme
ein Kind trägt, in das Land, das du ihren Vätern zugeschworen hast? Woher soll ich Fleisch nehmen,
um es all diesem Volk zu geben? Sie weinen vor
mir und sprechen: Gib uns Fleisch zu essen. Ich vermag all das Volk nicht allein zu tragen, denn es ist
mir zu schwer. Willst du aber doch so mit mir tun,
so töte mich lieber, wenn anders ich Gnade vor
deinen Augen gefunden habe, damit ich nicht mein
Unglück sehen muss. Und der HERR sprach zu
Mose: Sammle mir siebzig Männer unter den Ältesten Israels, von denen du weißt, dass sie Älteste im
Volk und seine Amtleute sind, und bringe sie vor
die Stiftshütte und stelle sie dort vor dich, so will
ich hernieder kommen und dort mit dir reden und
von deinem Geist, der auf dir ist, nehmen und auf
sie legen, damit sie mit dir die Last des Volks tragen und du nicht allein tragen musst. Und Mose
ging heraus und sagte dem Volk die Worte des
HERRN und versammelte siebzig Männer aus den
Ältesten des Volks und stellte sie rings um die
Stiftshütte. Da kam der HERR hernieder in der Wolke und redete mit ihm und nahm von dem Geist,
der auf ihm war, und legte ihn auf die siebzig Ältesten.
Liebe Gemeinde,
das ist nun wirklich eine sonderbare Pfingstgeschichte. Sie beginnt nicht mit dem Brausen des
Heiligen Geistes, sondern mit dem Aufbrausen von
Menschen. Ein handfester Ärger steht ins Haus.
Das Volk Israel ist stinksauer. Und Mose hat auch
die Nase voll. Zu lange dauert die Wüstenwanderung nun schon. Und immer noch kein gelobtes
Land in Sicht. Das Volk Israel jammert und sehnt
sich zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens. Der
monotone Manna-Speiseplan Tag für Tag weckt
kulinarische Gelüste. Und so liegen die Israeliten
Mose in den Ohren wie Kinder ihrer genervten
Mutter. Sie nörgeln von morgens bis abends. Die
Frustrationstoleranz des wandernden Gottesvolkes
ist äußerst gering. Ja, man hat den Eindruck, als ob
sich hier ein ganzes Volk ins Kleinkindstadium zurückfallen lässt. Es will gestillt, will auf den Schoss
genommen werden wie der Säugling von der
Amme. Papa Mose soll gefälligst besser für die Seinen sorgen, wenn er möchte, dass sie aufhören zu
quengeln. Es sieht ganz danach aus, als wollten
die Kinder Israels nicht erwachsen werden!
Wir kennen das: Unsere ganze Konsumgesellschaft
lebt von solchen regressiven Wünschen. Bloß
nichts durchkämpfen, nur nichts aushalten müssen! Hauptsache, der Hunger nach Bedürfnisbefriedigung wird sofort gestillt – und man muss
nicht erwachsen werden. Drogenberater sagen
uns: Der Einstieg in eine Drogenkarriere droht besonders Menschen, die nicht gelernt haben, etwas
zu erleiden und auf etwas zu verzichten.
Und Mose? Dem kraftvollen Begleiter seines Volkes gehen die Kräfte aus. Mose sitzt zwischen allen
PREDIGTEN
Stühlen. Auf der einen Seite das nörgelnde Volk –
auf der anderen Gott mit einem Auftrag, der Mose
zu schwer wird. Er sieht sich überfordert mit der
Last des Wüstenweges, mit dieser riesigen Verantwortung für ein Volk, das ständig nur mault. Mose
hat einfach keine Lust und Kraft mehr, dauernd das
Kindermädchen für Israel spielen zu müssen.
Es überrascht mich, dass Mose nicht einfach weiterfunktioniert bis zum Umfallen wie andere gestresste Führungskräfte. Und es ist schon erstaunlich, mit
welcher Kühnheit sich dieser Mann seinem Gott zumutet, ohne Beschönigung, ohne Verdrängung. Er
wirft Gott seine Last vor die Füße. Mit angriffigen
Worten schiebt er die Verantwortung für das Volk
seinem Gott wieder zu: „Schließlich bin ich doch
nicht seine Mutter, die es geboren hat!“
Gottes pfingstlicher Geist, liebe Gemeinde, gibt
uns die Freiheit, uns Gott in aller Ehrlichkeit zuzumuten. Er befreit zum Reden in allen Sprachen –
auch in der Sprache der Klage und Anklage. Mose
spürt: So kann es nicht weitergehen. So sitzt er
zwischen allen Stühlen und wird dabei völlig aufgerieben.
Zwischen allen Stühlen, zerrissen zwischen verschiedenen Ansprüchen – die Erfahrung ist uns
auch vertraut. Ich denke an Frauen zwischen Beruf
und Familie: zu Hause soll alles funktionieren, Zeit
für die Kinder muss bleiben, der Mann wünscht
sich eine attraktive Ehefrau, und der Beruf greift
mit Polypenarmen nach den letzten Freiräumen.
Zwischen allen Stühlen – ich denke an die Pflegekräfte in Krankenhäusern, Altersheimen, Diakonie23
Sozialstationen. Sie sollen mit Geduld und Liebe
Zeit für die Menschen haben, zugleich aber kostenbewusst wirtschaften und konsequent die Vorgaben der Verwaltung umsetzen.
Zwischen allen Stühlen – ich denke an Pastorinnen
und Pastoren, zerrissen zwischen der Erwartungshaltung derer, die nur betreut und versorgt, besucht und gesehen werden wollen, und dem
Wunsch nach einer mittragenden, mündigen Gemeinde, die selbstbewusst ihren Weg geht. Ein
Gedicht, das ich vor Jahren fand, beschreibt die
Pfarrersituation zwischen den Stühlen so:
Ein Pfarrer muss sein ganz groß und ganz klein,
vornehmen Sinnes wie aus Königsgeschlecht,
einfach und schlicht wie ein Bauernknecht,
ein Held, der sich selbst bezwungen,
ein Mensch, der mit Gott gerungen,
ein Quell vom heiligen Leben,
ein Sünder, dem Gott vergeben,
ein Herr dem eignen Verlangen,
ein Diener der Schwachen und Bangen,
vor keinem Großen sich beugend,
zu den Geringsten sich neigend,
ein Schüler vor seinem Meister,
ein Führer im Kampf der Geister,
ein Mann an den Kampfesstätten,
ein Weib an den Krankenbetten,
ein Greis im Schauen, ein Kind im Trauen,
nach Höchstem trachtend, das Kleinste achtend,
gestimmt zur Freude, vertraut dem Leide,
weitab vom Neide.
Im Denken klar, im Reden wahr,
feststehend in sich – ganz anders als ich.
Aber zurück zu unserer Geschichte. Zwischen allen
Stühlen – so erlebt sich Mose. Und wie reagiert
Gott auf die angespannte Situation? Nicht mit falschem Trost, auch nicht mit Beschwichtigungen
und Durchhalteparolen. Gott reagiert pfingstlich –
und sehr originell. Er schafft Abhilfe, schnell und
konsequent.
24
Gott hat Mose seinen Geist gegeben. Den braucht
es schon, wenn Gottes Volk geleitet werden soll.
Aber bisher hat dieser Geist Gottes auf einem Menschen allein gelegen. Und mit diesem Geist-Monopol – das sieht Gott offenbar auch so – ist Mose
überlastet. Gott stattet seinen Mose deshalb nicht
mit noch mehr Kraft aus, um seine Allmachtsphantasien zu beflügeln und ihn zu provozieren,
seine Grenzen zu überschreiten. Das hätte sich das
Volk Israel sicher gewünscht: einen noch stärkeren
Mose. Das wünschen sich fast alle Gemeinden: einen noch kreativeren, mit noch mehr Gaben und
Zeit begnadeten Pastor.
Nein, Gott geht einen völlig anderen Weg. Er
nimmt einen Teil des Geistes, den er Mose gegeben
hat, und legt ihn auf 70 bewährte Menschen aus
dem Volk. Nun werden es 70 Schultern mehr sein,
die die Last und Verantwortung mittragen. Ein seltsamer Vorgang: Der Geist Gottes, Gott selbst, erweist sich als teilbar, als mitteilbar. Geistbegabung
als Lastenausgleich, Überschuss an Gottes Energie
und Lebendigkeit, Geistesfülle, die das kleine Gefäß eines einzelnen Lebens sprengt. Damals hat
sich diese Ausbreitung des Geistes Gottes auf 70
Personen beschränkt. Aber Mose träumt bereits
von mehr: „Wenn doch der Herr seinem ganzen
Volk seinen Geist gegeben hätte!“.
Gut geträumt, Mose! Gottes Geist fürs ganze Volk!
Ein pfingstlicher Traum ist das, liebe Gemeinde.
Denn Pfingsten ist das Fest der Demokratisierung
des Heiligen Geistes. Gottes Geist ist für alle da. Er
bleibt nicht besonderen „Geistlichen“ vorbehalten,
sondern will das ganze Volk Gottes erfüllen. Er
macht alle Christen zu „Geistlichen“, zu geistbegabten Menschen, die aus seiner Kraft leben und
das gemeinsame Leben mitverantworten. Zwischen den Stühlen – das ist nicht der Ort des Geistes Gottes. Er drängt zu den Menschen, verteilt sich
auf viele Schultern. Das eint und erneuert, das verständigt und versöhnt, das befreit und beunruhigt.
Seit Pfingsten ist genügend Geist Gottes vorhan-
den. Wir brauchen nicht zum Himmel zu starren
und auf neue Feuerzungen zu warten. Der Heilige
Geist ist längst da. Wir dürfen ihn nur nicht pastoral einsperren und seine vielfältigen Gaben und
Möglichkeiten im Pfarramt beerdigen. Gottes Geist
wartet darauf, dass wir alle ihm Raum geben.
Genau das meint Pfingsten: Wir sind füreinander
da – und Gottes Geist ist für uns alle da. Für uns als
Gemeinde ist das Anlass zur Freude und eine spannende Herausforderung zugleich. Anlass zu dankbarer Freude, weil wir es ja auch schon erfahren
haben, was Gottes Geist unter uns frei setzt. Viele
in unserer Gemeinde denken mit und beten mit,
entfalten ihre Gaben und setzen sie ein, tragen
Mitverantwortung und engagieren sich. Im Thomasmesse-Team haben wir entdeckt, wie Gottes
Geist aus sog. „Laien“ wirklich „Geistliche“
macht, wie bereichernd es ist, wenn Verkündigung
nicht nur aus Pastoren-Mund kommt, wie sich Segen Gottes ausbreitet, wo wir es wagen, einander
zu segnen und füreinander zum Segen zu werden.
Aber dass Gottes Geist für uns alle da ist, liebe
Pfingstgemeinde, dass dieser Geist uns alle meint
und beansprucht – das ist und bleibt auch eine
spannende Herausforderung für uns als Kirche.
Pfingsten ist nämlich die Einladung Gottes an seine
Kinder, erwachsen zu werden. Das Volk Israel ist
damals ins Kleinkindstadium zurückgefallen, hat
sich den starken Papa Mose gewünscht – ohne
selbst stark werden zu wollen. Sicher: Wir alle sind
und bleiben Gottes Kinder. Aber wir müssen keine
geistlichen Säuglinge bleiben. Wir brauchen nicht
ständig einen Mose, der uns wie eine Amme auf
seinen Armen trägt. Wir leben nicht nur von der
pastoralen Nuckelflasche, die uns ernährt. Wir haben Gottes Geist, der aus Unmündigen Mündige,
aus Abhängigen Selbständige, aus kirchlich Betreuten mutige Christenmenschen macht, die für
ihren Glauben selbst einstehen. Gottes Geist ist für
uns alle da. Also: Geben wir ihm Raum! Amen.
Gebet
Lebendiger Gott,
du willst die Fülle des Lebens nicht für dich behalten.
Du willst deinen guten Geist mit uns teilen.
Darum bitten wir dich:
Mach aus uns pfingstliche Menschen.
Öffne uns für dein Wirken.
Kehr bei uns ein mit deinem Geist
und kehr bei uns aus, was dir entgegensteht.
Füll unsere leeren Herzen
mit der Freude daran,
dass du für uns da bist
und wir füreinander da sein können.
Amen.
Landessuperintendent
Dr. Burghard Krause,
Göttingen
„VERWÖHNT VON GOTTES LIEBE“, PSALM 36,10
Predigt im Eröffnungsgottesdienst am 15. Februar
2007 in Wittenberg, Stadtkirche, während der 3.
Station der Dritten Europäischen Ökumenischen
Versammlung
Predigtwort: Psalm 36,10:
„Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.“
Wir haben miteinander den Psalm gebetet und
haben den Gesang „Christus, dein Licht“ noch im
Ohr. Lassen Sie uns auf das Psalmwort miteinander
und mit ganzem Ernst hören.
1. Zunächst gilt die Feststellung: Wer diesen Psalm
verstehen will, muss selbst die Position der Dankbarkeit einnehmen. Die Köstlichkeit der Güte Gottes gilt es zu preisen wie auch die Freude darüber,
unter seinen Flügeln wohnen und leben zu können
und von den reichen Gütern seines Hauses satt gemacht zu werden und „getränkt“ zu werden wie
von einem überfließenden „Strom“.
Das müssen wir übersetzen in unsere Situation
heute hier in Wittenberg. Ja, es ist Ausdruck seiner
Güte, dass wir die Ökumenische Versammlung halten können, unbeschwert und frei und ohne die Behinderungen, die die Älteren unter uns noch so gut
kennen. Wir sind vor Gott zu großer Ehre gekommen, gnädiger und unverdienter Weise. Darin haben wir es leichter als unsere Väter und Mütter.
2. Diese Dankbarkeit hilft dazu, uns zu konzentrieren und bei Gott nach Licht, nach Erleuchtung und
Orientierung zu suchen. Denn das muss ja deutlich
bleiben: Mit den Möglichkeiten und Freiheiten ist
auch die Zahl der möglichen Irrwege gewachsen.
In dieser bunt flackernden und glitzernden Welt
gibt es so viele Lichter, die uns von der Konzentration auf Gott als die Quelle des Lebens ablenken
und möglicherweise auch verführen wollen. Wenn
wir ehrlich sind, werden wir zugeben müssen: Darin haben wir es heute schwerer als unsere Väter
und Mütter.
a) Wir wollen selbst möglichst strahlend dastehen
und selber Licht sein, wo wir doch in seinem Licht
das Licht sehen sollen und nicht in der Beleuchtung
unserer trüben Funzeln.
3. Wenn wir uns unter das Licht Gottes stellen,
dann hat das ganz viel mit Klarheit und Wahrheit
zu tun. Es zeigt uns auch, wie es um uns steht. Es
beleuchtet unsere Eitelkeiten und unseren Egoismus und unsere Kleingläubigkeit. Gar nicht selten
wollen Menschen das lieber nicht allzu genau sehen und wissen. Darin unterscheiden wir uns vermutlich kaum von unseren Vätern und Müttern.
6. Welche Versuchung und Gefährdung heute im
Jahre 2007 die größere ist, ist schwer auszumachen. Wir kennen sie beide gut genug und manchmal liegen Überheblichkeit und Kleinmut ganz
dicht beieinander.
4. Es kommt darauf an, diese Situation, die neu geschenkten Möglichkeiten und die gewachsenen
Freiräume, dankbar aus Gottes Hand anzunehmen
und verantwortlich zu gebrauchen. Gott will leuchten und erleuchten, aber auch zurecht bringen und
leiten.
5. So gilt es auch hier und heute darum, uns von
Gottes gutem Geist befreien und in den Dienst
nehmen zu lassen, wie immer und an allen Orten,
wo Gott gelobt und gepriesen wird und auf sein
Wort gehört und geantwortet wird.
Wie immer und an allen Orten gibt es für die Christen zwei grundlegende Gefährdungen und Herausforderungen:
b) Wir stellen unser kleines Licht lieber unter den
Scheffel und lassen Gott allein leuchten, wo wir
doch als Kinder des Lichtes leben sollen und das
Licht Gottes in die Welt widerspiegeln sollen.
7. Wir sollen klares und glaubensstarkes Zeugnis
geben vom Licht Gottes, ohne selbst Licht sein zu
müssen oder sein zu können. Ein Vorbild dafür haben wir in der Heiligen Schrift: Johannes den Täufer. Von ihm heißt es:
Er war ein Mensch, von Gott gesandt, der kam zum
Zeugnis, um von dem Licht zu zeugen, damit sie
alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht. Das war das
wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in
diese Welt kommen.
8. Sind wir Johannes? Dass wir selbst nicht das
Licht sind, das wissen wir hoffentlich gut genug.
Aber dass die Welt darauf immer wieder wartet,
dass Zeugen aufstehen, die von Gottes Licht reden
und dass von diesem Licht „alle Menschen erleuchtet werden, die in diese Welt kommen“. Das
ist doch eine ziemlich schwierige Aufgabe. Kleiner
ist sie nicht zu machen. Johannes steht dafür.
PREDIGTEN
9. Wie soll das praktisch gehen? Manche meinen,
wir Christen seien so etwas wie Spiegel, die Gottes
Licht reflektieren. So wie schon von Vater Mose gesagt wurde, dass sein Gesicht glänzte, als er von
der Herrlichkeit Gottes beschienen worden war. Es
glänzte so sehr, dass er sich eine Decke überhängen musste, um die Leute nicht zu blenden.
So müssten wir glänzen, nicht mit unseren Verdiensten, sondern im Widerschein der Herrlichkeit
Gottes auf unserem Angesicht.
10. Dennoch denke ich, dass der Vergleich mit einem Spiegel etwas hinkt, wie die Vergleiche es zu
tun pflegen: Einem Spiegel ist es ziemlich egal,
was er widerspiegelt. Er verändert sich dadurch
nicht. Wenn aus uns heraus Gottes Licht in die
Welt scheinen soll, dann geht das nicht, ohne dass
wir selbst von diesem Licht durchdrungen und verändert worden sind.
11. Die Heilige Schrift gebraucht vielmehr das Bild
der Weintraube, die, wenn sie am Weinstock
bleibt, reif und saftig wird. Im Südwesten Deutschlands, an der Grenze zu Frankreich gibt es guten
Wein, weil es dort viel Licht und besonders viel
Sonne gibt. Die Weinbauern dieser Gegend vermarkten ihren Wein unter dem Slogan: „Von der
Sonne verwöhnt!“ Das müsste man auf die Christen in Europa übertragen: Von Gottes Liebe durchdrungen und verwöhnt und deshalb so empfehlenswert für Europa.
12. Also, uns allen muss klar und deutlich sein:
Ohne Gottes Liebe und Barmherzigkeit können wir
als Christen und Kirchen nicht sonderlich viel beitragen zur Gestaltung Europas. So doll werden wir
25
da nicht leuchten. Aber als solche, die von dieser
Liebe durchdrungen und erleuchtet sind, kann
Europa sich auf uns Christen freuen. Wir werden
nämlich mit anderen Augen auf diese Welt blicken,
nicht etwa naiv aber doch sehr hoffnungsvoll und
voller Vertrauen auf Gottes Güte.
13. Wir sind hier in Wittenberg, in der Kirche Martin Luthers. Er hat sich bemüht, den einfachen Leuten schwierige theologische Themen und Fragen
nahe zu bringen. Er hat das vor allem auch mit Liedern getan, die leicht zu lernen waren und die unter der Hand komplizierte Theologie transportierten. Im Blick auf das Thema der Ökumenischen
Versammlung hat er in einem weihnachtlichen Lied
das entscheidende in wenigen Zeilen ausgesagt:
26
„Das ewig Licht geht da herein, / gibt der Welt ein’
neuen Schein; / es leucht’ wohl mitten in der Nacht
/ und uns des Lichtes Kinder macht. / Kyrieleis.“
Gott hat mit seinem ewigen Licht in unsere kleine
Welt geleuchtet. Sehen wir das nicht? Uns, die wir
das wissen, erscheint sie damit in einem neuen
Licht. Wir sehen diese Welt mit allen ihren Brüchen
und Verwerfungen als eine von Gott geliebte Welt.
Das gilt auch und gerade dann, wenn es uns ganz
finster zu sein scheint, also auch mitten in der tiefen Nacht.
Gott gebe, dass wir uns von diesem Licht erleuchten, begeistern und anstecken lassen, dass wir also
Kinder des Lichtes werden und die Welt sehen lassen, dass wir Kinder des Lichtes sind. Zu alledem
gebe Gott sein Erbarmen: Kyrieleis.
14. Deshalb lasst uns auch bei dieser Versammlung
um Gottes guten Geist bitten:
„O komm, du Geist der Wahrheit, / und kehre bei
uns ein, / verbreite Licht und Klarheit, / verbanne
Trug und Schein. / Gieß aus dein heilig Feuer, / rühr
Herz und Lippen an, / dass jeglicher getreuer / den
Herrn bekennen kann.“
Ich wünsche der heute beginnenden ökumenischen
Versammlung in Wittenberg Gottes reichen Segen
und dass wir „verwöhnt von Gottes Liebe“ wieder
nach Hause kehren und dass die Menschen in
Europa uns dieses abspüren.
Amen.
Bischof Axel Noack,
Magdeburg
ICH MÖCHTE NICHT IN EINER WELT OHNE KATHEDRALEN LEBEN.
PREDIGT ZUR DEKADE ZUR ÜBERWINDUNG VON GEWALT:
EUROPA-FOKUS
Predigt in der Sendungsfeier am 18. Februar 2007
in Wittenberg, Schlosskirche, während der 3. Station
der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung
Liebe Gemeinde,
„Ich möchte nicht in einer Welt ohne Kathedralen
leben. Ich brauche ihre Schönheit und Erhabenheit.
Ich brauche sie gegen die Gewöhnlichkeit der
Welt. Ich will zu leuchtenden Kirchenfenstern hinaufsehen und mich blenden lassen von den unirdischen Farben. Ich brauche ihren Glanz. Ich brauchte ihn gegen die schmutzige Einheitsfarbe der
Uniformen. Ich will mich einhüllen lassen von der
herben Kühle der Kirchen. Ich brauche ihr gebieterisches Schweigen. Ich brauche es gegen das
geistlose Gebrüll des Kasernenhofes und das
geistreiche Geschwätz der Mitläufer. Ich will den
rauschenden Klang der Orgel hören, diese Überschwemmung von überirdischen Tönen. Ich brauche ihn gegen die schrille Lächerlichkeit der
Marschmusik. Ich liebe betende Menschen. Ich
brauche ihren Anblick. Ich brauche ihn gegen das
tückische Gift des Oberflächlichen und Gedankenlosen. Ich will die mächtigen Worte der Bibel lesen.
Ich brauche sie gegen die Verwahrlosung der Sprache und die Diktatur der Parolen. Eine Welt ohne
diese Dinge, wäre eine Welt, in der ich nicht leben
möchte.“ – Das sagt ein Jugendlicher, der mit dem
Glauben ringt und sich von Gott abwenden will,
in dem Roman „Nachtzug nach Lissabon“ des
Schweizer Philosophen und Schriftstellers Peter
Bieri (unter dem Synonym Pascal Mercier).
Ja, Europa lebt von der Erfahrung der Kathedralen,
der betenden Menschen, der Orgeln, der biblischen
Geschichten. Die Vielfalt der christlichen Tradition,
ob orthodox oder reformiert, baptistisch oder römisch-katholisch, methodistisch, anglikanisch oder
lutherisch, sie prägt die Seele Europas! Das haben
wir in diesen Tagen in Wittenberg erlebt. Wir sind
auf einer Pilgerreise von Rom über Wittenberg
nach Hermannstadt und machen dazwischen Station an verschiedenen Orten Europas. Begleitet hat
uns die Geschichte von der Verklärung Jesu. Auf
dem Berg sind sie, auf dem Gipfel. In der Einheit
angekommen mit Mose und Elia. „Hier ist gut
sein“, sagt Petrus, da möchte er bleiben. Und
dort, in den Kathedralen, auf den Gipfeln unseres
Glaubensleben, da würden auch wir gern verweilen.
Aber wir können nicht auf dem Gipfel bleiben, wir
müssen zurück in die Ebene der Mühen. Wir müssen einander zumuten, dass wir verschieden sind.
Immer wieder ist das in diesen Tagen in Wittenberg auch deutlich geworden: Wir sind getrennte
Kirchen. Es gibt viel Verschiedenheit zwischen uns,
die nicht immer bereichernd wirkt, ja manches Mal
auch Fremdheit oder gar Konflikt und Ablehnung
erzeugt. Wir wissen doch, es reicht nicht länger,
dass wir uns freundlich begegnen. Die Menschen
in unseren Gemeinden, ja die Menschen in Europa
und der Welt haben Sehnsucht nach einer Kirche,
die ihre Vielfalt und Verschiedenheit fröhlich bejaht und doch gemeinsam Zeugnis gibt von dem
Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten.
Auf dem Berg beginnen die Jünger, das zu begreifen.
Wir müssen am Ende dieser Tagung eingestehen:
Es ist uns bisher nicht gelungen, in Europa ein
überzeugendes Signal zu setzen, durch das die
Menschen erkennen: Die Kirchen sind die entscheidende Stimme für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Es ist uns bisher nicht gelungen, überzeugend deutlich zu machen, dass
diese Themen nicht einfach „nur Ethik“ betreffen,
sondern das „esse“ unserer Kirchen berühren. Unser Kirchesein ist angefragt, wenn wir nicht glaubwürdig handeln in der Welt, das hat der konziliare
Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung
der Schöpfung betont. In dieser Tradition stehen
wir.
Bei den Berichten über die so genannte zweite Station, die regionalen Ereignisse, wurde von vielen
ermutigenden Erfahrungen berichtet, etwa aus
Bulgarien, Irland, der Tschechischen Republik und
Italien. Und gleichzeitig wurde zum Teil schmerzlich klar, dass die Dritte Europäische Ökumenische
Versammlung öffentlich nur wenig wahrgenommen wird, sie ist keine breite ökumenische Bewegung geworden. Mag das daran liegen, dass eine
Ökumene der Kirchenleitenden noch lange nicht
die Herzen der Menschen bewegt? Muss nicht Partizipation der Schlüssel sein für eine ökumenische
Pilgerreise? Auf einer Pilgerreise kann nicht einer
voran gehen, da sind alle gemeinsam auf dem Weg
ohne Hierarchie und ohne Privilegien, Männer und
Frauen, Junge und Alte, Ordinierte und Nicht-Ordinierte.
Teilweise hat uns Wittenberg auch ernüchtert in
der Erkenntnis: Einheit ist nicht billig zu haben.
Nein, sie ist teuer, es geht um „costly unity“ wie
das eine Studie des Ökumenischen Rates der Kirchen formuliert hat. Ökumene ist nicht für den
Austausch von ein paar Nettigkeiten zu erlangen.
Es geht darum, uns die Differenz gegenseitig zuzumuten. Damit eine solche Zumutung nicht verlet-
PREDIGTEN
zend wirkt, brauchen wir Respekt voreinander.
Vermutlich ist Respekt der Anfang des Dialogs.
In der Ökumenischen Dekade zur Überwindung
von Gewalt haben die Kirchen in Deutschland eine
Kampagne zum Thema Respekt initiiert (eine Postkarte dazu halten Sie in Händen). Wir müssen darüber reden, wo unsere Verletzungen liegen, was
unsere Differenzen sind, wie wir wirklich zu einer
heilenden Gemeinschaft werden können, wenn wir
wirklich etwas zum Frieden in der Welt beitragen
wollen. Wir können nicht andere, Juden und Muslime, Inländer und Ausländer, Junge und Alte auffordern, sich zu respektieren, wenn wir das als Kirchen und Christen nicht gegenseitig tun.
Die Ökumenische Dekade zur Überwindung von
Gewalt, die 2001 in Potsdam begann und 2011 mit
einer großen Friedenskonvokation enden soll, hat
in diesem Jahr das Schwerpunktthema Europa. Bewusst hat der Ökumenische Rat der Kirchen diesen
Schwerpunkt gewählt, weil von Sibiu ein Signal erwartet wird. Ein Signal, das die Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika als Hoffnungszeichen
wahrnehmen können in einer globalisierten Welt
der Gewalt, der Ausbeutung und der Unterdrückung. Diese Dekade ist ein konkretes Beispiel, wie
wir von unseren Glaubensüberzeugungen her als
Kirchen in der Welt aktiv handeln können. Uns ist
gesagt: „Selig sind die Friedfertigen!“
Deshalb treten wir gegen Gewalt ein. Gegen Gewalt in Familien, gegen Gewalt gegen Frauen und
Flüchtlinge und Minderheiten. Deshalb treten wir
ein für friedliche Lösung statt militärische Intervention. Europa darf sich nicht an Rüstungsexporten
bereichern und anschließend bewaffnete Konflikte
beklagen. Deshalb treten wir ein für eine Globalisierung, die soziale Gerechtigkeit für alle zum Ziel
27
28
wie das Ende des Rassismus und der Verelendung
großer Teile der Bevölkerung. Respekt hat er erwartet vor jedem Mann, jeder Frau jedem Kind, vor
jedem Menschen gleich welcher Hautfarbe und
Herkunft. Als Menschenwürde können wir das
übersetzen. Als Achtung der Gottebenbildlichkeit
jedes Menschen. Aber auch Martin Luther King
musste den Gipfel verlassen, am nächsten Tag
wurde er ermordet. Costly unity....teure Einheit...
chère unite.
Ja, in manchem waren diese Tage in Wittenberg ernüchternd. Wir finden nicht so schnell den großen
Durchbruch. Aber sie waren auch ermutigend im
Zeugnis der vielen, die auf dem Weg sind. Ich gebe
die Hoffnung nicht auf, dass die Kirchen in Europa
zu Zeuginnen der Gemeinschaft über die Grenzen
von Nation und Kultur, Geschlecht, Rasse, sozialem
Status und Alter hinweg werden.
Wir müssen den Mut haben, die Kosten dafür auf
uns zu nehmen und ringen um den richtigen Weg.
Der Respekt, den wir einander in unserer konfessionellen und kulturellen Verschiedenheit entgegen bringen, entscheidet über den Respekt, den die
Menschen in Europa vor dem Zeugnis der Kirchen
haben werden. Es geht um die Glaubwürdigkeit
unserer Kirchen. Wir müssen die Offenheit haben,
viele zu Wort kommen zu lassen, Junge und Alte,
Gruppen und Bewegungen, Bequeme und Unbequeme, Kirchenleitende wie Gruppen und Bewegungen. Wir werden dazu die Konferenzräume verlassen müssen, um die Ökumene der Menschen zu
erleben, die miteinander leiden und feiern, ihren
Glauben leben und beten, die Kathedralen bauen,
auch heute, zur Feier der Liebe Gottes. Gottes Liebe zu spiegeln in unserem Reden und Handeln, das
ist unser Auftrag.
Ich wünsche mir, dass die Menschen nach Sibiu sagen: Ich möchte nicht in einem Europa ohne Kirchen leben. Denn sie schenken uns Räume der
Freiheit, Räume des Widerstands und des Widerspruchs, Räume voller Leben, Räume der Meditation und Kontemplation, durchbetete Räume, Räume voller Gesang und Klänge.
Oder noch einmal mit Pascal Mercier: „Ich möchte
nicht in einer Welt ohne Kathedralen leben. Ich
brauche den Glanz ihrer Fenster, ihre kühle Stille,
ihr gebieterisches Schweigen. Ich brauche die Fluten der Orgel und die heilige Andacht betender
Menschen. Ich brauche die Heiligkeit von Worten,
die Erhabenheit großer Poesie. All das brauche ich.
Doch nicht weniger brauche ich die Freiheit und die
Feindschaft gegen alles Grausame. Denn das eine
ist nichts ohne das andere. Und niemand möge
mich zwingen zu wählen.“ In diesem Sinne erbitten
wir Gottes Segen auf dem Weg nach Sibiu.
Amen.
Foto: Mediengruppe Main-Post Würzburg
hat und nicht die Bereicherung einiger weniger.
Deshalb treten wir ein für einen Lebensstil, der die
Schöpfung bewahrt und nicht zur Zerstörung beiträgt. Die Delegierten für Sibiu, sie müssen sich
bewusst sein, wie viele auf ein solches Zeichen hoffen aus den Kirchen, von den Christinnen und
Christen in Europa.
Die Quelle für eine solche Lebenshaltung, für ein
solches Zeichen ist unser Glaube. Ja, wir waren mit
auf dem Gipfel, denn wir dürfen immer wieder Gottes Gegenwart erfahren. Wir haben miteinander
Gottesdienst gefeiert und mit allen Sinnen erlebt,
wie Gott uns stärkt, uns Brot und Wein mit auf den
Weg gibt, uns in eine Gemeinschaft der Zeuginnen
und Zeugen des Glaubens stellt.
Martin Luther King sagte in seiner letzten großen
Rede: „I just want to do God’s will. And He’s allowed me to go up to the mountain. And I’ve looked
over and I´ve seen the promised land. I may not get
there with you. But I want you to know tonight,
that we as a people will get to the promised land.“
Er hatte Gottes Zukunft gesehen, in der alle Tränen
abgewischt werden. Er hatte aus diesem Zukunftstraum ganz reale diesseitige Hoffnungen abgeleitet
Landesbischöfin
Dr. Margot Käßmann,
Hannover
PREDIGT ZU APOSTELGESCHICHTE 6
Eine kleine religiös-bewegte Gruppe hatte einen
fulminanten Start – zu Pfingsten. Von keiner Agentur so geplant, konzipiert, gemanagt. Das war unglaublich – unvergleichlich.
Ausgerechnet die Pfingstgeschichte zeigt unangenehm deutlich unsere konfessionelle und spirituelle Segmentierung. „Die Ökumene ist in den
Kirchen gestorben“ – sagt traurig ein Fachmann.
Menschen wurden erfasst von großen Gefühlen eines Anfanges, vom Wirken Gottes durch die Auferstehung von Jesus Christus. Sprachenwunder,
Heiliger Geist als Glut im Kopf, Flamme im Herzen.
Dieser Überschwang!
Denken, Danken, Fühlen, Beten, alles gemeinsam!
Gemeinschaft war das Markenzeichen und das
Miteinander teilen: Zeit, Zuwendung und Nahrung.
Umso erstaunlicher, denn diese erste Gemeinde in
Jerusalem war eine anstößige Mixtur von Sippen,
Völkern, Kulturen, Sprachen, Mentalitäten, – und
sehr verschieden geprägt oder nach Herkunft,
Stand, Bildung, Besitz, Schicht, religiöser Prägung.
Dennoch nicht fremd, sondern vertraut.
Also: Beginn einer Ökumene, ehe an Konfessionalisierung zu denken war.
Dabei haben viele schon einmal pfingstliche Gottesdienste erlebt.
Uns macht Pfingsten eher sprachlos.
Je wunderlicher Erfahrungen werden, desto
schweigsamer oder ärgerlicher oder ratloser ist das
Staunen.
Die Schere ist einfach zu groß zwischen damals
und heute.
Das Lamento kann angestimmt werden:
Leiden die Einen heute unter der Hitze von Sprachengebet und Heilungen der Charismatiker, stöhnen Andere unter der Kühle von konfessionellem
Starrsinn oder Profilierungssucht, Finanznöten, Fusionszwang und so weiter.
Es war allerdings Ende April. Ob die 3 – 4000
Christen, die dabei waren, es auch so bezeichnen
würden, ist fraglich. Natürlich hinkt der Vergleich.
Denn für ein inhaltliches Konzept für diesen Gottesdienst hatten wir pflichtgemäß gesorgt. Es
sollten von Delegierten einer Ökumenischen Versammlung hart erarbeitete Dokumente an kirchenleitende Persönlichkeiten übergeben werden.
Spannung lag in der Luft – weder Überschwang
noch Glaubensglut.
Das Unerwartete war die prall gefüllte Kirche mit
Personen jeden Alters, die in das Gotteshaus ihre
Überzeugung mitbrachten, dass alle Kirchen – wer
denn sonst? (und jetzt – wann denn sonst? und
klar – wie denn sonst?) in der Lage sein können,
mit gemeinsamer Sprache zu sprechen und zu
handeln.
Denn was als nüchterner Ablauf geplant war, wurde zum unerhört befreienden Gesang, nicht nur,
weil alle 19 Kirchen der DDR den Texten zustimmten, sondern auch, weil sie verstanden wurden als
Aufbruch für Kirchen und die Gesellschaft. Es war
1989 in der Kreuzkirche in Dresden. Wirkung des
Heiligen Geistes – das war die nachträgliche Interpretation.
So etwas bleibt unvergesslich – obschon kaum
noch vermittelbar.
Und nicht alle Vereinbarungen hatten ökumenische Langzeitwirkung – im Gegenteil. Alte und
neue Konflikte ließen mir später eher Skepsis mit
diesem „Pfingsten“ übrig. Zu viel Illusion und
Unerfahrenheit war dabei. Dennoch hielt diese
geistliche Erfahrung allen berechtigten und unberechtigten Zweifeln zum Trotz für Jahre einen Energievorrat bereit.
Eine schöne biblische Geschichte (Acta 6, 1-7)
zeigt, dass es bei den unvermeidlichen Konflikten
auch nach Pfingsten erfindungsreiche Lösungen
geben kann, die gewiss zur unvergänglichen
Pfingsterfahrung gehören.
PREDIGTEN
Es ist schon ungewöhnlich, dass sie furchtlos gegen antike Sitte und üblichen Brauch reden, in der
das Weib in der Gemeinde zu schweigen hatte.
Vielleicht wurde versucht, die Frauen zu beschwichtigen, etwa so:
Keine Neid-Debatte! Schwestern, bleibt bescheiden...
Aber die Brüder entsprechen nicht dem Klischee,
sie hören aufmerksam zu, sie wussten, auf Dauer
können Benachteiligungen die Ohren und das Herz
für Jesus versperren. Alles kam auf den Tisch mit
Stimme und Redezeit.
– Vorschläge werden geprüft.
Ein unvermuteter Konflikt kommt zutage. Einige
Frauen kommen zu kurz!
Witwen und ausgerechnet Ausländerinnen. Benachteiligung ist auch heute ein ernstes Thema.
Benachteiligung hat Folgen.
Zu Vieles ist knapp in einem reichen Land: günstige Mieten, Arbeitsplätze, Lehrstellen, Kinderkrippen, es reicht nicht. Selbst in den Kirchen; entweder fehlen Mitarbeiter oder Geld oder die
Menschen. Konflikte sind vorprogrammiert.
Gute Vorschläge haben erfreuliche Folgen, es
kommt zu Entscheidungen.
Konzepte und Organisationsentwicklung in der Gemeinde – das ist kein Gegensatz zu Glauben, Beten
und Hoffen. Das ist auch Qualitätserweis eines
lebendigen Glaubens.
Freilich braucht Verständigung und Ausgleich von
verschiedenen Interessen und gegensätzlichen
Standpunkten Zeit und Mühe sowie Verzicht auf
autoritäre Entscheidungen.
In Jerusalem der ersten Stunde hatte der Konflikt
segensreiche Wirkung.
Woran der „Segen“ erkennbar ist?
– Das Kriterium: Passende Personen für die Aufgabe.
– Der Konflikt verschwindet nicht unterm Teppich.
Eine Versammlung wird einberufen, es wird tacheles geredet. Die griechischen Witwen trauen sich,
von ihrer Not zu sprechen.
Von Weisheit der Personen ist die Rede, wenn das
Vorhaben gelingen soll. Dazu einen extra Blick und
ein großes Herz für die zu kurz Gekommenen.
Gesegnet sei der Konflikt, der zu solchen Lösungen
führt!
Das segensreiche Ende eines profanen Konfliktes
sehen wir auch am Fortgang:
29
Dienen ist eine hohe Ehre in der Gemeinde, denn
diese Mitarbeiter werden alle mit Namen genannt.
„Dienen“ das große, leicht schillernde Wort. Wie
auch genannt, ob Einsatz, Engagement oder
Dienst, es sind die gleichen Voraussetzungen und
ganz bestimmte förderliche oder hinderliche Beifügungen.
Ohne den Heiligen Geist – unmöglich. Diese Geschichte ist leider zu stark in den diakonischen Bereich gedrängt worden, sie gehört aber in die Mitte
der Kirche. Und insofern ist die gewagte Zinzendorf’sche Deutung des Heiligen Geistes als „Mutteramt“ in der Gemeinde einleuchtend.
Aber die Frage bleibt: Können solche wunderbaren
Sondergeschichten unsere komplizierten konfessionellen und gesellschaftlichen Systemzwänge
menschenförderlich aufweichen?
Diese wirken weiter, regen an, hinterfragen, decken auf, schlagen vor, reizen zum Widerspruch,
treiben zum Bibelstudium und probieren den nächsten Schritt. ... Das ist wenig und viel zugleich.
All das, was wir in den vergangenen Jahren trotz
der Unstimmigkeiten und des Gegenwindes versucht haben, sind möglicherweise geeignete Voraussetzungen, dass der Geist Gottes weiterhin
kreative Unterbrechungen ökumenischer Störungen bereithält. Und wenn dann viele Delegierte der
Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung
auch wirklich diese Erwartung haben – warum
nicht?
Und Ökumene könnte wieder einmal neu in den
Gemeinden beginnen.
„Komm heiliger Geist...“
Der Heilige Geist lässt sich von keiner Konfession
eine Dienstanweisung geben und gestattet keinem
Amt eine Vereinnahmung, Gott sei Dank.
Und er kann sich äußern in den einfachsten und
schwierigen Situationen, er ist bekannt für seine
Interventionen und für Überraschungen.
Das hat auch mit uns zu tun – ob wir zur Beteiligung bereit sind.
Es mag beginnen mit den unangenehmen Fragen
nach der Übereinstimmung von theologischen Leitsätzen und der geistlichen Wirklichkeit. Es mag
weitergehen mit überschwänglichen Gottesdiensten, den Mühen um Organisation und mit der
Durchführung von Projekten und beharrlichem Gebet.
30
Dr. Randi Weber,
Radebeul
Predigt für
Sonntag, 9. September 2007
Predigttext Genesis 28, 10 – 19a
(evangelische Perikopenordnung)
darauf. 19 Dann gab er dem Ort den Namen Bet-El
(Gotteshaus).
PREDIGT ZU GENESIS 28
PREDIGTEN
Sicherheit gerissen sind und ohne Halt durch ihre
scheinbar zertrümmerte Welt gehen müssen. Ein
Auf und Ab, Berg und Tal. Erfolg und Niederlage.
Wer kennt das nicht?
bekannt. Jeder weiß das. Manche Menschen etwa
verstehen den zwar ärgerlichen, aber eher kurz andauernden Stress mit dem Chef als dieses Auf und
Ab. Anderen sind die Sorgen um die Kinder oder
um den Unterhalt eine Last und die großen Stolpersteine des Tales. Dem Jakob ging es in seiner Situation darum nicht. Das, was er durchmachte, war
eine wirklich existenzielle Krise. Es stand alles auf
dem Spiel. Seine Herkunft, seine Geschichte, seine
Würde und seine Zukunft. Schlicht alles. Das ist
mal ein Tal.
Die moderne Psychologie verwendet auch gerne
diese Bilder. Berg und Tal. Aufstieg und Abstieg.
Krise und Neuanfang. Seit Jahren spricht man noch
davon, dass der Mitfünfziger in seine „MidlifeCrisis“ komme. Heute erkennt man auch schon bei
jungen Menschen am Ende der Ausbildung so
etwas wie einen Bruch – das nennt man dann die
„Quarterlife-Crisis“. Ein katholischer Theologe,
Romano Guardini, hat ein kleines Buch geschrieben: „Die Lebensalter“, in dem er dieses Phänomen beschreibt. Das Leben und Älterwerden, das
Reifen ist unweigerlich mit Brüchen verbunden,
mit einigen Brüchen. Und nicht selten auch mit
Schuld. Doch ich möchte Jakobs Biographie und
seine Begegnung mit Gott nicht zu sehr psychologisch strapazieren. Ich möchte in dem Bild bleiben.
Berg und Tal.
Liebe Gemeinde,
Epistel – Lesung: Römer 8, 12 – 17
Evangelium: Lukas 17, 11 – 19
10 Jakob zog aus Beerscheba weg und ging nach
Haran. 11 Er kam an einen bestimmten Ort, wo er
übernachtete, denn die Sonne war untergegangen.
Er nahm einen von den Steinen dieses Ortes, legte
ihn unter seinen Kopf und schlief dort ein. 12 Da
hatte er einen Traum: Er sah eine Treppe, die auf
der Erde stand und bis zum Himmel reichte. Auf ihr
stiegen Engel Gottes auf und nieder. 13 Und siehe,
der Herr stand oben und sprach: Ich bin der Herr,
der Gott deines Vaters Abraham und der Gott
Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und
deinen Nachkommen geben. 14 Deine Nachkommen werden zahlreich sein wie der Staub auf der
Erde. Du wirst dich unaufhaltsam ausbreiten nach
Westen und Osten, nach Norden und Süden und
durch dich und deine Nachkommen werden alle
Geschlechter der Erde Segen erlangen. 15 Ich bin
mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst, und
bringe dich zurück in dieses Land. Denn ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe, was ich dir versprochen habe. 16 Jakob erwachte aus seinem Schlaf
und sagte: Wirklich, der Herr ist an diesem Ort und
ich wusste es nicht. 17 Furcht überkam ihn und er
sagte: Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser Ort!
Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das
Tor des Himmels. 18 Jakob stand früh am Morgen
auf, nahm den Stein, den er unter seinen Kopf gelegt hatte, stellte ihn als Steinmal auf und goss Öl
da geht’s ganz schön rund im Leben von Jakob.
Das war schon ein Auf und Ab immer wieder. Ein
Rauf und Runter, ein Hin und Her, viele Höhen und
Tiefen in seinem Leben. Er hat so einige Siege davon getragen. Hat sich das Erstgeborenenrecht ergaunert. Hat sich den Segen des greisen Vaters
Isaak erschlichen. So war er, der Ganove – wie
man den Namen Jakob auch übersetzen kann –
schlecht hin und er hat es auch zu was gebracht.
Eigentlich. Jetzt scheint er aber genau deswegen in
Schwierigkeiten zu stecken. Denn durch die einsame Steppe im Norden Palästinas wandert dieser
junge Mann nun. Ringsum grauenvolle Öde: kein
Haus und kein Mensch, so weit das Auge schaut.
Hier zieht nicht ein gerissener und erfolgreicher
Stratege, kein kühner und mutiger Forscher mit
starkem Herzen in unbekannte Länder. Hier ist
auch nicht ein junger Mann, der gern Freiheit und
Abenteuer kosten möchte. Von diesem Jakob heißt
es in Kapitel 25: „Er war ein sanfter Mann und
blieb gern in den Zelten“ (Gen 15,27).
Dieser junge Mann war plötzlich herausgerissen
aus seiner sicheren Welt. Ihm war gleichsam der
Boden unter den Füßen weggezogen worden.
Denn er musste fliehen, weil er die Rache seines
betrogenen Bruders fürchtete. Gehetzt und angetrieben irrte er durch die Einsamkeit. So kann der
Jakob als ein Abbild von den Menschen unserer
Tage verstanden werden. Menschen, die aus aller
Aber warum war der Jakob aus den Zelten des Vaters ausgezogen? Er hatte seinen Bruder betrogen.
Nun musste er vor dessen Rache fliehen. Seine
Schuld war das unsichtbare, schwere Gepäck, das
Jakob mitzuschleppen hatte. Darin gleicht er auch
anderen biblischen Gestalten, und nicht nur denen.
So also zog nun auch Jakob durch die Einsamkeit.
Und dann brach die Nacht herein. Die Bibel spricht
von dem „Grauen der Nacht“ (Psalm 91,5). Jakob
macht Pause, legt sich hin und bettete sich auf einen Stein. Über ihm leuchteten und funkelten kalt
die Sterne. Doch der Himmel war so fern! So fern!
Jakob hat lange in den fernen, verschlossenen
Himmel aufgeschaut. Schließlich fielen ihm die müden, brennenden Augen zu.
Im Tal saß er, besser: lag er. Jakob schlief vor Erschöpfung ein. Trotz der Sorgen, trotz der vielen
offenen Fragen, trotz der Einsamkeit. Er schläft ein.
Und gerade in dieser Nacht möchte Gott ihm begegnen. Will Gott in die Situation Jakobs hinein
sprechen, hinunter rufen, zu Jakob, der durchs
sprichwörtlich finstere Tal muss. Gott wählt dafür
einen ungewöhnlichen Weg. Gottes Klavier hat
eben mehr Tasten, als man bisweilen meint. Gott
wählt einen Traum. Einen sehr bildhaften und einprägsamen Traum. Ein Traum, bei dem es regelrecht aufwärts geht.
Liebe Gemeinde, dieses Auf und Ab, die Höhen und
Tiefen des alltäglichen Lebens sind wohl allgemein
Das Leben, Berg und Tal. Auf und Ab. Es geht darum, diese Erfahrungen in den Horizont Gottes zu
stellen, ja gewissermaßen geformt zu werden. Sich
zu verändern in den Menschen, den Gott ausformen möchte. Im Predigttext wird deutlich, dass
Gottes Handeln an Jakob trotz – ja sogar vielleicht
wegen seiner Schuld bis in die tiefsten Wünsche
31
und Ängste eines einsamen Menschen reicht. Gott
handelt an Jakob. Gott formt den Jakob. Später
werden sie sogar miteinander kämpfen, und Gott
wird Jakob einen neuen Namen geben. Israel – der
Gottesstreiter (Genesis 32). Soweit zunächst Jakobs Situation, in der er diesen Traum von Gott geschenkt bekommt.
Heute will ich einen weiteren gewagten Schritt gehen und Jakob mitnehmen in den Weg unserer Kirche oder besser gesagt in den Weg unserer Kirchen. Denn liebe Gemeinde, während wir hier
Gottesdienst feiern, versammeln sich in Sibiu/Hermannstadt, in Rumänien, ca. 2500 Delegierte aus
fast allen Kirchen ganz Europas. Für viele Menschen wirkt es so, als ob die Ökumene zurzeit
durch ein orientierungsloses finsteres Tal wandere.
Die Ökumene hat sicherlich hinab steigen müssen
von den Gipfeln der früheren und viel versprechenden Erfolge in den sechziger und siebziger Jahren
des letzten Jahrhunderts, nach dem Aufbruch der
ökumenischen Bewegung und der Öffnung nach
dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der Kirche
Roms. Das war besonders wichtig für Deutschland,
wo die beiden großen Kirchen eine 450 Jahre lange
Geschichte mit- und auch gegeneinander haben.
Ja, auch noch die Erste Europäische Ökumenische
Versammlung 1989 in Basel lebte im Schwung einer sich anbahnenden Veränderung: den Fall des
Eisernen Vorhanges, der Europa teilte.
Diese verheißungsvolle Situation gehört nun der
Vergangenheit an. Die ökumenischen Empfindlichkeiten nehmen bisweilen Züge an, die für die jeweils andere Seite nicht nachvollziehbar sind. Die
Herzlichkeit früherer Begegnungen ist leider mitunter einer etwas unterkühlten Protokollökumene
gewichen. Und, liebe Gemeinde, da sind nicht immer nur „die Anderen“ schuld. Aber ganz abgesehen davon, möchte ich die Schuldfrage hier nicht
gestellt haben wollen. Schuld liegt allein schon
darin, dass es überhaupt eine ökumenische Verweigerung gibt. Die Brüderlichkeit zwischen Esau
und Jakob war auch dem Misstrauen gewichen.
Das daraus folgende Wandern, Umherirren und die
32
Einsamkeit des Jakob sprechen für sich. Dieses
ganze Geschehen aber erlaubt gerade der heutigen
ökumenischen Situation hoffnungsvolle Perspektiven. Der Weg Gottes mit Jakob eröffnet auch jetzt,
für heute – für uns – neue Räume.
Denn zwei Dinge lassen es zu, dass in dieser Situation die Hoffnung auf die Einheit der Kirche Gottes
in den Herzen der Christinnen und Christen nicht
erlöschen muss. Das Erste ergibt sich aus dem, was
bisher gesagt wurde. Die Talsohle scheint wohl erreicht zu sein. Nun, ich weiß nicht, ob Gott die Ökumene und die Kirchen noch tiefer führen wird.
Doch ist auch klar, dass Er das, was er begonnen
hat, auch zu Ende bringen wird, bis an den Tag, an
dem Christus wieder kommt (Phil 1,6). Das heißt,
dass das nächste Stadium darauf wartet, von jungen aber auch erfahrenen Ökumenikerinnen und
Ökumenikern, von Pfarrerinnen und Pfarrern,
Theologinnen und Theologen, Priesterinnen und
Priestern und Bischöfinnen und Bischöfen erklommen zu werden. Auf diesen Weg kann aber nur
Christus führen. Werden wir es schaffen, die Gelegenheit zu nutzen? Können wir als Kirchen und als
Ökumene in Deutschland unseren eigenen Trend
schaffen? Ich glaube, dass wir die Chance haben,
zu zeigen, dass eine Institution ihrer Furcht ins
Auge sehen kann und sich dazu stellt, dass sie im
Tal ist. Ja, dass sie den Schritt hinunter ins Tal
wagt.
Jakob erlebte, dass er nicht aus seinem Betrug oder
seiner Gerissenheit heraus leben konnte. Er musste
begreifen, dass er allein aus Gottes Reden und Dienen Kraft und Zuversicht schöpfen kann. Es war in
Bet El unwichtig, wie sehr er sich als gerissener
Stratege und Taktiker erwiesen hatte. Sein Profil,
der neue Erstgeborene zu sein, spielte jetzt keine
Rolle mehr. Vor Gott zählt das nicht! Gott spricht
zu ihm dort, wo er am schwächsten ist: im Schlaf,
träumend. „Wenn der Herr die Gefangen heimführen wird – wie die Träumenden werden wir sein“
(Psalm 126,1). Eigentlich ist er gerade jetzt recht
hilflos.
Dort unten, ohne alle gewohnten Sicherheiten,
ohne die technischen Auguren und ohne das unbeholfene Profilieren gegen seinen Bruder und vor
Gott, hat er auf den zu warten, der ihm zuflüstert,
was Gott auch uns mit der Jahreslosung zusagt:
„Siehe, ich will Neues schaffen, schon wächst es
auf! Erkennt Ihr’s denn nicht?“ (Jes 43,19). Das
mag vielleicht etwas poetisch klingen, aber es
nimmt erst einmal den Zwang, ja die Last ab. Das
alles geht nämlich nur, wenn wir still werden. Nur
wenn wir unsere Arbeit beiseite legen und einfach
zuhören. Wenn wir mal für einen Moment unseren
Mund halten, eine Art geistlichen Atemstillstand
wagen und warten. Nur diejenigen, die mutig genug sind und aufhören, die alten Schritte zu tanzen, werden die neuen Schritte entdecken. Es wird
nur denen dämmern, die bereit sind, eine Pause
einzulegen, still zu sein. Sich den Himmel anzusehen und den Stein unter den Kopf zu rollen. Auch
wenn der Himmel unerreichbar scheint. Es werden
nur die begreifen, die sich getrauen, ihre Erschöpfung wahrzunehmen und vor Gott still zu werden.
Auch wir haben unsere Brüder betrogen, wie es Jakob getan hat. In der Ökumene läuft es mitunter
nicht anders, als in den Vätergeschichten. Daran
ändert zunächst auch eine Europäische Ökumenische Versammlung noch nichts. Und trotzdem: Es
ist wahrlich ein Segen, dass sie stattfindet. Dass
Menschen sich versammeln, auf Gottes Wort hören, beten, den Blick in den Himmel wagen. Es ist
sehr wichtig, uns dies heute bewusst zu machen,
dass zur gleichen Stunde, in der wir hier versammelt sind, in Sibiu Menschen aus ganz Europa auch
Gottesdienst feiern. Es geht um sehr viel mehr als
um eine Versammlung. Es geht darum, wirklich
stille zu werden vor Gott, das kann heißen: hinab
steigen. Mag sein, dass die Medien dann nicht viel
zu berichten haben, weil wir es wagten, für einen
Moment lang still zu halten. Jakobs Weg zeigt,
dass er auf dem Weg durch die Wüste Gott neu
begegnet, dem Gott, der größer ist als er selbst,
dem Beginner und Vollender des Glaubens (Hebräer 12,1).
Das ist das erste Hoffnungszeichen – dass es mit
diesem Gott nicht zu Ende ist, auch wenn Jakob,
auch wenn wir am Ende sind. Das Zweite, was die
Zuversicht für die Ökumene nicht erlöschen lassen
wird, schöpft aus dem Wort Gottes. Es wird durch
den Traum Jakobs selbst deutlich. Die Leiter aus
seinem finstern Tal steht bereit. Er müsste nur
hochsteigen, sich etwas anstrengen. Aber! Er darf
liegen bleiben. Denn für fromme Anstrengungen ist
er zu erschöpft, zu gehetzt, zu verfolgt. Engel kommen und dienen ihm. Gott selbst handelt. Gott
spricht zu Jakob. Und das lassen Sie sich, lass ich
mir und können sich auch die Kirchen und die Ökumene gesagt sein lassen: „Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst, und bringe dich
zurück in dieses Land. Denn ich verlasse dich nicht,
bis ich vollbringe, was ich dir versprochen habe“
(Vers 15).
Wer kennt diese Geschichte nicht aus dem Kindergottesdienst oder aus der Schule? Die Bilder dieser
Erzählung sind wahrscheinlich Ihnen allen aus den
eigenen Schulheften, bunt gemalt mit Wachsmalkreide und Holzstiften vor Augen. Vermutlich ist sie
deshalb eine der bekanntesten Episoden aus dem
Alten Testament, weil es nicht darum geht, immer
Oberwasser zu haben. Sondern dass Gott eben andere Wege geht. Und der Weg Gottes mit Jakob
malt uns vor, dass wir später nicht daran gemessen
werden, ob wir gerissen oder scharfsinnig genug
gewesen sind, sondern ob wir uns das Sprechen
Gottes zugemutet haben. Und das auch in Situationen, in denen es schwierig ist und in denen man
fast ausschließlich auf Ihn, auf Gott angewiesen
war und ist.
Liebe Gemeinde, ich bin ehrlich gesagt versucht,
mir die Worte des Predigers Martin Luther King
zueigen zu machen und laut zu rufen – „I have a
dream!“ Ich träume von einer Kirche, in denen
Gott den Menschen dient. Ich träume von einer Kirche, die die eine ist. Die die einfältige ist. In der
Gott gegenwärtig handelt. Und ich will mir und
allen, Pfarrerinnen und Pfarrern, allen Ökumenikerinnen und Ökumenikern und auch allen Bischöfen
und Bischöfinnen ja jedem Christen, jeder Christin,
ich will Ihnen Gottes Weite vor Augen halten: Die
Konfessionen sind eine Übergangslösung! Die Konfessionskirche ist nicht die Kirche Jesu Christi. Denn
hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Vielleicht liegt die harte Schule Jakobs noch vor uns,
der alles loslassen musste. Die Wärme seiner Mutter, die Liebe seines Vaters, die Nähe seines Bruders, die Sicherheit seines Zeltes und vor allem das
selbstbewusste Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Da ist er im Tal! Das ist die Konsequenz seines
Betruges, die Folge seiner Selbstgenügsamkeit.
Das ist die Furcht vor der eigenen Vergangenheit.
Ich fürchte dort hin hat er hinabsteigen müssen,
um sich von Gott ganz neu ansprechen zu lassen.
Was das für die Kirche bedeutet, wage ich nicht zu
formulieren.
Bisher ist die Tatsache der Konfessionen aber noch
gültig. Daher findet die Versammlung in Rumänien
auch zwischen Konfessionskirchen statt – es gibt
sie leider noch nicht anders. Sie stellt sich seit ihrer ersten Etappe in Rom unter das Motto: „Das
Licht Christi scheint auf alle, Hoffnung auf Einheit
und Erneuerung in Europa.“ Beten wir für die Versammelten, dass sie dieses Licht nicht so umlenken, dass es seine Kraft verliert. Sondern dass das
Licht Christi es ist, das scheint – uns allen. Keine
selbst entzündeten Fackeln, Leuchtfeuer oder dergleichen. Gott muss handeln. Er wird es tun. Wir
haben still zu werden. Gott spricht dem Jakob seinen allumfassenden Segen zu, damit sein Auf und
Ab, sein Hin und Her aufhört und er zur Ruhe
kommt. Das ist der Traum. Das ist das Morgen der
Kirche.
Mit der Blindheit geschlossener Augen
sieht Jakob das Gutwort des Herrn.
Der Himmel steht offen, ersteigbar, und Licht
zerreißt Nächte und Fluchten. Dunkle Geschichte zerbricht.
Durch aufgerissenen Himmel erblickten Hirten einst himmlische Sänger.
Durch diese Wunde fällt schreiend Gott – der Herr – ins Heu.
Spricht: „Denn ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe,
was ich dir versprochen habe.“
Die Astronomen durchforschen die Weltraumtiefen
und folgen dem leuchtenden Geschoss,
wodurch getrübte Atmosphäre in Rauch aufgehen muss.
Nur das kalte Nichts widersteht Gottes Kommen und Handeln und erfriert.
Ob Berg, ob Tal: sie werden fallen.
Wenn der da kommt, der spricht: Ephata!
Amen
Pfarrer
Norbert Roth,
Frankfurt am Main
33
BIBELARBEITEN –
MEDITATIONEN
Gebet aus der Sammlung
des Weltgebetstages
Heiliger Geist, erfülle mich
Rot flammt das Feuer der Begeisterung.
Blau strahlt das Licht der Weisheit.
Alles ist in Bewegung.
Drei machtvolle Flammen,
drei zarte Flammen,
drei Flämmlein: sie züngeln und tanzen.
Drei Strahlen gehen von der Taube aus,
durchleuchten die Zedernflamme
und berühren mich.
Heiliger Geist, erfülle mich!
Ich bin bereit, dich aufzunehmen,
mich von dir begeistern und
bewegen zu lassen.
Wenn die Zeit reif ist, gebe ich das weiter,
so wie Wellen sich ausbreiten,
so wie Feuer seine Funken versprüht.
Dreieiniger Gott,
du nimmst mich in deine Liebe hinein
Und lässt mich leben und Leben geben.
Meine Freude wird niemand
von mir nehmen.
Gerhild Cosoroaba
34
„ICH GLAUBE AN DEN HEILIGEN GEIST“
Pfingstliches Mosaik zum 3. Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses
Heiliger Geist: Wer oder was ist das?
Theologisch gebildeten Menschen fällt dazu manches ein, wie Trininität, Ruach und Pneuma, Filioque, Epiklese, Charisma und Amt... Kompliziert.
Viele andere haben Probleme, sich da überhaupt
etwas Sinnvolles vorzustellen. 1 550 000 Eintragungen bei Google, die Vielfalt verwirrt – was bezeugt hier der Glaube?
Chiffre oder Bewegung? Er, sie, es? Mit wem wirksam, und wie? Schöpferische Kraft Gottes, lebendiger Herzschlag der Ökumene, vielleicht sogar:
„Das Licht Christi, das auf alle scheint“? Dieses
globale Thema der bevorstehenden 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung provoziert,
denn: Wo erfahren wir das?
„Ich glaube“:
Um Glauben geht es, um Hoffnungspotenzial von
Gott her, nicht einfach aus eigener Kraft. Menschen werden dazu durch andere ermutigt, die
Gottes Geist erfüllt (Mose, David, Propheten, Maria etc.). Jesus, für den dies in einzigartiger Weise
gilt (siehe Markus 1,11 f, Matthäus 1,18; Lukas
4,18 ff) ist Gottes Ruf zum Glauben in Person. Darum bindet der Heilige Geist unser Bekennen und
Hoffen an ihn, den Gekreuzigten (siehe 1. Korinther
12,3). Das heißt: Unverständnis, Enttäuschung und
Todeserfahrungen sind kein Gegenbeweis. Auch
Grenzen hindern sein Wirken nicht, weder politisch
oder geschichtlich bedingte, noch Barrieren aus
verfestigter Frömmigkeit oder erstarrter Tradition.
Als Theologiestudentin besuchte ich zeitweise eine
evangelikal geprägte Gemeinde. Was ich zu ler-
nen begann, war den Geschwistern unheimlich.
„Glaubst du denn noch an die Jungfrauengeburt“
(biologisch verstanden) – oder sogar „an die Wolke bei der Himmelfahrt“? Sie beteten um meine Errettung; wie sollte da Dialog möglich bleiben? Diese schmerzliche Erfahrung führte mich tiefer in den
Glauben hinein, „an den Heiligen Geist“, weit über
eigene Kräfte hinaus (siehe Römer 8,26). Ökumene
braucht solche Hoffnungsenergie. Verdankt sie sich
doch Gott selbst, der uns – bestenfalls –auf seinen
Weg mitnimmt. 10 Jahre hat es bei mir damals gedauert, dann hieß es: Du bist ja doch ein Kind Gottes! Ja – „Der Geist selbst gibt Zeugnis unserem
Geist, dass wir Gottes Kinder sind“ (Römer 8, 16).
Der Heilige Geist lässt mich beharrlich das Licht
Christi glauben, in mir und anderen. Er schafft bleibende Gemeinschaft.
„Die heilige christliche/katholische Kirche“:
Vielgestaltig ist die Kirche Christi, sein Leib, Schöpfung des Geistes Gottes.
„Ein Geist...ein Glaube, eine Taufe“ (Epheser 6,4 f)?
Kirche ist nicht „Einheitspartei“. Ihr Einssein ist
Gottes Tun; wir erfahren es nur gebrochen. Fragen
um Ämter, Sakramente und Schriftverständnis, um
Friedensfragen oder andere politische bzw. ethische Entscheidungen drohen uns manchmal zu zerreißen.
Vieles davon hängt gerade an unseren unterschiedlichen Geisterfahrungen und -interpretationen.
Doch „der Schatz der Wahrheit“ im Geist Christi ist
nicht statisch. Wir „haben“ diese Wahrheit nicht,
weder handgreiflich (auch nicht im Ritus) noch einfach alternativ zu anderen. Wir suchen sie und werden hineingeführt (siehe Johannes 16,13). Für die
Unterscheidung der Geister auf diesem Weg (siehe
1. Korinther 12,10) braucht es die Hermeneutik des
Heiligen Geistes, die in das Licht Christi ruft – zu
befreiendem Vertrauen und grenzüberschreitendem Verstehen. Pfingsten heißt es: „Sie hörten sie
in ihren eigenen Sprachen von den großen Taten
Gottes reden“ (nach Apostelgeschichte 2,11). Dafür lebt die vielgestaltige und weltweite Kirche, als
Zeugin der Liebe Gottes für alle. Das eröffnet neue
Horizonte.
„Gemeinschaft der Heiligen“:
Wer darf teilhaben „am Heiligen und bei den Heiligen“? Mit wem sitzen wir an einem Tisch (beim
Abendmahl?) und in einem Boot? Unsere Schranken begründen wir sorgfältig, aber: „Der Wind
bläst, wo er will“ (Johannes 3,8), und der Geist?
Januar 2007, im Greifswalder Rathaus: Da sitzt
eine bunte Schar – Frauen und Männer – aus Schule, Universität, Bürgerschaft und Vereinen, einige
aus Kirchgemeinden. Viel Leidenschaft ist im
Raum; für die Millenniumsziele der Vereinten Nationen wollen sie vor dem kommenden G8-Gipfel
eine Kampagne starten, an die Ärmsten der Welt
erinnern in einem ostdeutschen strukturschwachen
Gebiet. Eine Art Glaube? Woran? Christus? ein
Wirken über Kirchengrenzen hinaus – oder einfach
„Humanität“? Oder? Vielleicht sind auch dies
„Feuerzungen des Geistes“ (nach Apostelgeschichte 2,3), die einer mit sich selbst beschäftigten Christenheit in Europa erscheinen – damit wir
gemeinsam fragen, wie zu Pfingsten: „was sollen
wir tun?“ (Apostelgeschichte 2,37) Dann braucht
es nicht nur Ermutigung zur Taufe, sondern göttliche Kraft zur Wandlung des Lebens – Buße (siehe
Matthäus 28,19; Apostelgeschichte 2,38).
„Vergebung der Sünden“:
Erschreckend oft sind wir blind für Gottes Willen, in
Geschichte und Gegenwart der Völker und Kirchen.
Sünde und „Lästerung wider den heiligen Geist“
(siehe Markus 3,29)? Oder handeln wir da eher sehend? Wenn wir uns resigniert, wider besseres
Wissen, Predigen und Beten – quasi vernünftig –
abfinden? Mit Vorurteilen und Spaltungen, mit unversöhnter Vergangenheit und tiefer Glaubensferne, mit wirtschaftlicher Ausbeutung und struktureller Gewalt? Wie wir es auch deuten: wenn es für
uns in Christus keine Vergebung der Sünden gibt,
sind wir verloren.
Doch „wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“
(2. Korinther 3,17), so heißt es. Hoffen wir noch auf
das Wunder, „von neuem geboren“ zu werden
(siehe Johannes 3,3-5).
„Auferstehung der Toten“:
Gottes heilige Schöpferkraft gebiert Leben über
dem Chaos (siehe 1. Moses 1,2). Wie es war im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit, wenn Gott spricht:
„Siehe, ich will eure Gräber auftun...ich will meinen Odem in euch geben, dass ihr wieder leben
sollt“ (Hesekiel 37,12.14). Am Nullpunkt eröffnet
Gottes Wort in seinem Geist die Alternative des Lebens, und die Mauer des Todes zerbricht.
Noch sterbend dürfen wir bitten: „nimm deinen
Heiligen Geist nicht von mir“ (Psalm 51,13). Dann
ist, trotz allem, das Hoffen nicht vergebens – für
dich und mich, und nicht zuletzt für jedes Mühen
um die Ökumene, um Frieden und Gerechtigkeit.
Auch charismatische Bewegungen erinnern daran:
Der Heilige Geist lebt in uns und unter uns, und
geht uns voran. Das dürfen wir fröhlich feiern!
Durch seinen Geist hat Gott Christus durch den Tod
hindurch zur Auferstehung geführt (siehe Römer
1,4); das verheißt er in ihm auch uns.
„und das ewige Leben“:
„Lumen Christi – deo gratias“, so erklingt es in der
Liturgie der Osternacht. In der Auferstehung strahlt
das Licht Christi für alle auf. Enger braucht unsere
Perspektive nicht mehr zu sein. Mit seinem Geist
als „Beistand und Tröster“ (siehe Johannes 14,26)
könnten wir klarer erkennen, bezeugen – und vielfältig leben! –, „ was uns von Gott geschenkt ist“
(1. Korinther 2,12).
Die Welt braucht Gottes Liebe, und alle Gaben seines Heiligen Geistes (siehe 1. Korinther 12-14, aktualisiert), durch die schon jetzt sein Reich kommt.
So sollen wir gemeinsam zu erfüllen trachten,
wozu wir berufen sind, zur Ehre Gottes des Vaters,
des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (ÖRK- und
ACK-Basis).
Noch sind wir in dieser Mission unterwegs. Am
Ende werden wir das Licht Christi in Gottes ewiger
Lebensfülle schauen; das erbitten wir für uns und
alle Welt.
Darum rufen wir: Veni, Sancte Spiritus.
Komm, Heiliger Geist.
Komm, tröstendes Feuer im Dunkel der Ängste,
erleuchte uns alle durch Christus, das Licht.
Komm, Jawort der Liebe im Wirrwarr der Stimmen,
befreie die Kirche zur Einheit in dir.
Komm, sprudelnde Quelle in Wüsten des Todes,
erneure die Welt mit Leben aus Gott.
Landespfarrerin
Christa Göbel,
Greifswald
Amen.
35
BIBELARBEITEN
– MEDITATIONEN
GEIST DER FREIHEIT – ÖKUMENE DER ZUKUNFT
Bibelarbeit zu Galater 5
Trotz allen Missbrauchs, der mit dem Wort Freiheit
getrieben worden ist und noch wird – das Wort
Freiheit ist kein schmutziges Wort geworden, es
bleibt ein Hoffnungsträger für Menschen, die das
wahre Leben suchen, und offensichtlich ist gerade
Paulus der Meinung, dass Kirche Jesu Christi Kirche
der Freiheit sein und bleiben muss; ansonsten ist
seiner Meinung nach ihre Zugehörigkeit zu Christus gefährdet.
Kirche der Freiheit – so lautet der Titel des Impulspapiers des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland, das „Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert“ aufzeigt. Der reformatorische Impuls, den dieser Titel anklingen
lässt und den Bischof Dr. Wolfgang Huber in seinem Eröffnungsreferat zum Zukunftskongress der
EKD in Wittenberg entfaltet hat, könnte auch ein
Impuls für die Christenheit in Europa für ihren
– hoffentlich gemeinsamen – Weg in die Zukunft
sein. Denn das Stichwort Freiheit kann ja neutestamentlich gesehen nicht ein konfessionsspezifisches
Identitätsmerkmal sein, sondern ist eine Herausforderung und eine Verheißung für die christliche Kirche als ganze.
Zur Freiheit hat uns Christus befreit! – Das
schreibt Paulus an die Gemeinden in Galatien (Galater 5,1). Es klingt wie ein Fanal im Ringen des
Apostels mit seinen Gemeinden um das rechte Verständnis des Evangeliums: Ziel des Wirkens Christi
ist Freiheit für die, die sich ihm anvertrauen. Damit
gibt Paulus noch einmal eine profilierte Erklärung
für das, was in der Rechtfertigung aus Glauben
geschieht, von der er in den vorhergegangenen Kapiteln so intensiv geredet hat: Rechtfertigung ist
Freiheit zum Leben. Freigesprochen von dem drohenden Schuldspruch über die Verfehltheit unseres
Lebens, freigelassen aus der Tretmühle aller untauglicher Versuche, unser Leben selbst zu rechtfertigen, befreit von der Sorge um uns selbst und
dem bitteren Hader über das, was in unserem Leben schief gelaufen ist, sind wir frei, wirklich zu leben!
36
Warum ist Paulus das so wichtig? In welchem Zusammenhang sagt er das? Lesen wir, was der
Apostel weiter schreibt:
Steht also fest und lasst euch nicht wieder das
Joch der Sklaverei auflegen!
2
Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch
beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts
nützen. 3Ich versichere noch einmal einem jeden, der sich beschneiden lässt: Er ist verpflichtet, das ganze Gesetz zu halten. 4Ihr habt
Christus verloren, wenn ihr durch das Gesetz
gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade
gefallen.
Das Problem, das Paulus veranlasst, diese Zeilen
bzw. den Galaterbrief als ganzen zu schreiben, ist
relativ klar zu erkennen. Paulus hat bei seinem
– nicht ganz freiwilligen (Apg 16,6) – Aufenthalt in
Galatien, dem Gebiet um das heutige Ankara,
Menschen zum Glauben an Jesus Christus geführt
und einige Gemeinden gegründet. Sie bestanden
zur Mehrheit aus Leuten, die vorher nicht dem
Judentum, sondern heidnischen Religionen angehört hatten. Nach einiger Zeit tauchten in diesen
Gemeinden Christen jüdischer Herkunft auf, die
den dortigen Christen sagten, sie hätten dadurch,
dass sie zum Glauben an Jesus Christus und den
Gott Israels gekommen seien, zwar einen wichtigen ersten Schritt getan, um aber wirklich zum
Volk Gottes zu gehören und an der Verheißung
Abrahams teilzuhaben, müssten sie sich wie dieser
durch die Beschneidung in Gottes Bund aufnehmen
lassen.
Aus der paulinischen Argumentation ist zu entnehmen, dass diese Leute nicht so sehr das Halten des
ganzen Gesetzes in den Vordergrund gestellt hatten, sondern einige grundlegende Identitätsmerkmale für das Judesein eingefordert hatten, vor allem die Beschneidung, das Halten des Sabbats und
ein Mindestmaß an Beachtung der jüdischen Speisevorschriften.
Dies nachträglich von nichtjüdischen Christen zu
fordern, sieht Paulus als Verrat am Evangelium, der
Botschaft von Gottes bedingungsloser Gnade in Jesus Christus, an. Denn damit wird das, was die Gemeinschaft mit Gott begründet, wieder im menschlichen Tun gesehen. Paulus scheut sich darum
nicht, hier und an anderer Stelle ein solches Verhalten als einen Rückfall in eine angstbesetzte religiöse Sklaverei zu sehen, in der Menschen immer neu
von der Frage gequält werden: Habe ich denn wirklich genug getan? Wer sich auf diesen Weg begibt,
verlässt den Weg mit Christus und in der Freiheit,
die er schenkt.
Die Fragestellung in Galatien gibt es für heutige
christliche Gemeinden nicht mehr. Schon in der
Reformationszeit haben Luther und andere reformatorische Verkündiger die aktuelle Bedrohung
des christlichen Glaubens vielmehr in einer popularisierten Fassung der spätmittelalterlichen theologischen Bewertung der „guten Werke“ gesehen.
Nicht durch die Forderung der Beschneidung oder
andere mosaische Gebote schien die Freiheit, zu
der uns Christus befreit hat, gefährdet, sondern
durch Ablasspredigt und die Auffassung, der
Mensch müsse zunächst von sich aus tun, was ihm
möglich sei, um der Gnade teilhaftig zu werden.
Wie immer das historisch zu beurteilen sein mag,
auch diese Front ist spätestens seit der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre nicht mehr das Gegenüber, demgegenüber die Freiheit in Christus verteidigt werden
müsste.
In meiner Jugend war es dann die „Gesetzlichkeit“
des pietistischen Milieus, in dem ich aufgewachsen
bin, die hier Anlass zur Aktualisierung des Rufs zur
Freiheit zu bieten schien. Die vielen Verbote, die
bestimmten, was ein Christ (und vor allem auch
eine Christin) nicht dürfe, waren in Gefahr, zu zusätzlichen Aufnahmebedingungen ins Reich Gottes
zu werden. Sie gewannen allerdings nie den gleichen theologischen Rang wie die Beschneidungsforderung der Gegner des Paulus in Galatien, und
heute haben nicht wenige Christen den Eindruck,
dass die Gnaden- und Freiheitsbotschaft des Paulus eher zu selbstverständlich genommen wird und
die christliche Verkündigung Gefahr läuft, – wie
Bonhoeffer das formuliert hat – billige Gnade zu
predigen. Die eigentliche Gefahr für die Botschaft
der Gnade scheint nicht mehr aus dem religiösen
Bereich zu kommen, sondern von einer Art säkularer Leistungsreligion, die den Wert, die Würde und
das Gelingen eines Lebens davon abhängig macht,
was ein Mensch verdient, darstellt oder hat. Nicht
mehr religiöse „Eigenleistungen“ sind gefordert,
sondern materiell verwertbare wie Besitz, Schönheit oder Macht.
Es stellt sich also die Frage: Wo sehen wir als Christen in einem sich frei nennenden Europa die dringlichste Aufgabe die Freiheit, zu der Christus befreit,
zu leben, zu verkündigen und zu verteidigen?
Um diese Frage zu beantworten, mag es hilfreich
sein, nun auch aufmerksam die positive Beschreibung der Position des Paulus zu lesen:
Wir aber erwarten im Geist aus Glauben die erhoffte Gerechtigkeit.
6
Denn in Christus Jesus gilt weder beschnitten
oder unbeschnitten zu sein etwas, sondern
Glaube, der in Liebe wirksam wird.
5
Paulus macht in diesen kurzen Sätzen zwei grundsätzliche Feststellungen:
1) Gottes endgültiges Ja zu unserem Leben steht
noch aus. Wir können es auch nicht durch irgendwelche Formen von Selbstrechtfertigung oder
durch selbst- oder fremdattestierte Zwischenbilanzen für unser Leben absichern und herbeizwingen.
Dieses Ja – und das meint das paulinische Stichwort Gerechtigkeit – bleibt etwas, was wir für unser Leben erhoffen. Aber wenn Gott durch seinen
Geist im Leben eines Menschen gegenwärtig wird
und ihm das tiefe Vertrauen schenkt, durch Christus von ihm angenommen und bei ihm gut aufgehoben zu sein, dann ist diese Hoffnung Gewissheit.
Das meint nicht die trügerische Sicherheit eines papierenen Vertrags, den wir im Safe aufbewahren
können, um uns anderen Dingen zuzuwenden; es
ist die Gewissheit einer tiefen Liebe, die aus der
Zusage der Liebe Gottes und der Gemeinschaft, die
sie schafft, lebt. Jede weitere „Sicherungsmaßnahme“ würde diese Gemeinschaft nicht festigen, sondern zerstören.
2) Was in der Gemeinschaft in Jesus Christus gilt
und worauf es in ihr ankommt, ist nicht, ob man
aus dem Judentum kommt oder ob man Heide war;
was zählt und was trägt, das ist Glaube, der in Liebe wirksam wird. Der Zusammenhang macht deutlich, dass Paulus, wenn er von Glaube und Liebe
spricht, nicht zwei getrennte Bedingungen für die
Gemeinschaft mit Christus und für das Leben, das
er schenkt, aufstellt. Glaube und Liebe sind für
Paulus eine untrennbare Einheit, die beiden Seiten
des Lebens mit Christus, die nicht voneinander zu
trennen sind. Er spricht also nicht davon, dass man
als Christ zunächst glauben müsse – etwa im Sinne
des gehorsamen Fürwahrhaltens der kirchlichen
Lehre – und dann dazu noch die tätige Liebe kommen müsse, wenn man vor Gott bestehen wolle.
Dieses Verständnis würde sowohl Glaube als auch
Liebe zum Werk machen! Paulus beschreibt vielmehr, was das Leben mit Christus ausmacht: das
eigene Leben im Glauben an Jesus Christus, sein
Leben und Sterben für uns und seine Auferweckung, vertrauensvoll für Gott zu öffnen und von
ihm alles Heil und alles Gelingen zu erwarten, das
öffnet das Leben auch für Gottes Liebe, die sich uns
in Jesus Christus hingibt, und macht uns fähig und
bereit, selber in Liebe zu Gott und unseren Mitmenschen zu leben.
Was könnte das für uns heute bedeuten? Könnte es
sein, dass wir uns wieder ganz neu bewusst machen müssen, dass es in Christus nicht darauf ankommt, aus welcher kirchlicher Tradition wir kommen – so wertvoll diese für die Ausgestaltung
unseres Lebens mit Gott auch sein mag – ja dass
auch nicht entscheidend ist, ob wir ein reiches
christliches Erbe mit bekommen haben oder auf
eine nichtchristliche Vergangenheit zurückblicken,
sondern dass es allein darauf ankommt, ob ein
Mensch sich für die Liebe Gottes im Glauben öffnet
und sie in seinem Leben wirken lässt?
In den nächsten Versen spricht Paulus dann noch
einmal sehr persönlich mit den Christen in Galatien
(V. 7-12). Seine Zuversicht im Blick auf ihren Weg
kommt ebenso zum Ausdruck wie seine Sorge um
sie und sein Ärger über die Leute, die die Gemeinden verwirren.
Für uns ist die Fortsetzung seiner Argumentation
wichtig. Zunächst bekräftigt Paulus noch einmal
seinen Grundsatz:
13
Ihr seid zur Freiheit berufen, liebe Brüder und
Schwestern.
Aber dann bringt er auch die Gefährdung christlicher Freiheit zur Sprache, die von ganz anderer
Seite, droht, nämlich die Gefahr, dass das Schlagwort Freiheit zum Vorwand für schrankenlose und
rücksichtlose Selbstverwirklichung missbraucht
wird.
Nur lasst die Freiheit nicht zum Einfallstor für
das Fleisch werden, sondern dient einander in
Liebe!
Möglicherweise spielt Paulus hier auf ein Argument seiner Gegner in Galatien an: Wenn das Gesetz nicht mehr gelten soll, ist dann nicht der Willkür der Einzelnen Tür und Tor geöffnet? Paulus
schließt die Augen nicht vor dieser Gefahr. Sie besteht darin, dass die Freiheit zum Vorwand, genauer übersetzt: zur Einfallspforte und zum Anlass für
das Wirken des „Fleisches“ wird. Fleisch ist einer
der paulinischen Begriffe, den wir, wenn wir ihn
einfach wörtlich ins Deutsche übersetzen, nicht
ohne weiteres verstehen. Einerseits meint Fleisch
bei Paulus und in der Bibel ganz neutral den Bereich des Irdischen, Menschlichen und Leiblichen
und die Menschen als vergängliche Geschöpfe
(vgl. Jesaja 40,5f: „Alles Fleisch ist wie Gras“; oder
Johannes 1,14: „Das Wort wurde Fleisch“). Andererseits wird Fleisch dann, wenn das Irdische, Leibliche und Menschlich-Allzumenschliche unser Denken, Wollen und Handeln bestimmt, zu einem
negativen Begriff: das Fleisch tritt in Gegensatz zu
Gott und seinem Geist und wird als egoistische
Selbstsucht zur Macht, die den Menschen in die
Sünde treibt. Wo Freiheit dazu führt, dass sich diese Macht etablieren kann, wird sie missbraucht.
Christliche Freiheit ist Freiheit zum Dienst an anderen und zur Liebe, die sich anderen öffnet.
Paulus führt diese Gedanken weiter:
14
Denn das ganze Gesetz ist in dem einen Wort
erfüllt: „Liebe deinen Nächsten wie dich
selbst!“ 15Wenn ihr euch aber einander beißt
und fresst, dann passt auf, dass ihr nicht von
einander aufgefressen werdet.
Das Gesetz als Ausdruck des Willens Gottes wird
durch das Liebesgebot erfüllt, das ist eine Grundaussage in allen Schichten des Neuen Testaments,
von der Verkündigung Jesu über das Christuszeugnis des Johannes, die Botschaft des Paulus bis zur
Lehre des Jakobusbriefes. Wo aber die Auseinandersetzungen in Gemeinde und Kirche nicht von
gegenseitiger Liebe getragen sind, führen sie zur
Selbstzerstörung. Man kann nur hoffen, dass die
Christenheit in Europa diese Lektion verstanden
hat und nach Jahrhunderten der Selbstzerfleischung begriffen hat, dass auch der Streit um die
Wahrheit des Evangeliums in Liebe ausgetragen
werden kann und muss.
Denn auch Christen und Kirchen stehen nicht automatisch unter der bewahrenden Führung des Heiligen Geistes; auch sie sind von dem Regiment einer
für andere blinden Selbstsucht, d.h. des Fleisches
bedroht:
16
Darum sage ich: Lebt im Geist, dann werdet ihr
nicht ausführen, was das Fleisch begehrt.
17
Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist auf
und der Geist gegen das Fleisch; beide stehen
gegeneinander, sodass ihr nicht tut, was ihr
wollt. 18Wenn ihr euch aber vom Geist führen
lasst, dann steht ihr nicht unter dem Gesetz.
Christen sind ja, als sie zum Glauben kamen, nicht
einfach mit einem neuen Programm für ihren Lebensstil programmiert worden, sodass sie gar nicht
anders können, als das Richtige zu tun. Das Leben
im Geist, und damit ein Leben in der Liebe, ist ein
Leben in Beziehung. Es gilt, sich immer wieder neu
in diese Beziehung hineinstellen und von ihr bestimmen zu lassen, wenn man im Streit der Mächte um das eigene Leben auf der richtigen Seite bleiben will. Wo aber der Geist der Liebe das Sagen
hat, da sind die Sanktionen des Gesetzes nicht
mehr nötig.
Paulus möchte das noch einmal ganz praktisch darstellen, indem er die Auswirkungen der beiden
Lebensstile plakatartig beschreibt. Er beginnt mit
dem Negativbeispiel:
37
19
Die Werke des Fleisches sind deutlich erkennbar: Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes
Leben, 20Götzendienst, Zauberei, Feindschaften,
Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, 21Neid und Missgunst, Trinkund Essgelage und Ähnliches mehr. Ich wiederhole, was ich euch schon früher gesagt habe:
Wer so etwas tut, wird das Reich Gottes nicht
erben.
Das klingt fast wie die Skandalchronik eines „freiheitlichen“ Europas, das z. B. nach der Wende
kaum fähig war, an die Stelle eines repressiven Systems ein gedeihliches Miteinander der Menschen
zu gestalten, sondern vielfach den Raum für die
Zersetzung von Verhältnissen geöffnet hat. Was da
geschieht gleicht dem, wie Paulus hier die Werke
des Fleisches beschreibt, also das, was ein schrankenloser Egoismus bewirkt. Aber Paulus schreibt
das nicht, damit sich die Christen über die böse
Welt entrüsten, sondern um nachdrücklich dafür zu
werben, das eigene Leben in der richtigen Weise zu
führen. Auch dafür gibt er Beispiele:
38
22
Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude,
Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue,
23
Sanftmut und Selbstbeherrschung; dem allem
widerspricht das Gesetz nicht.
24
Alle, die zu Christus Jesus gehören, haben das
Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt.
Auffallend ist: Paulus spricht hier nicht von Werken
des Geistes, sondern von der Frucht des Geistes.
Der Lebensstil des Glaubens hat also etwas Organisches, zeichnet sich durch ein Verhalten aus, das
aus der Gemeinschaft mit Gott durch den Heiligen
Geist erwächst. So werden auf dieser Seite auch
nicht eine Vielzahl „guter Taten“ genannt, sondern
Grundhaltungen, die letztlich alle Entfaltungen der
Liebe sind. Dabei spricht Paulus von der Frucht des
Geistes, also von einem Lebensstil, der dem Glauben an Jesus Christus entspringt. Das bedeutet
nicht, dass nur Christen zur Liebe, Freude oder zum
Frieden fähig sind. Aber es bedeutet auch, dass
man solches Verhalten nicht einfach per Verfassung verordnen oder per Curriculum den Kindern
beibringen kann. Es kann nur wachsen, wo ein Leben in der Liebe Gottes verwurzelt ist.
Die christlichen Kirchen haben in Europa also vor
allem die Aufgabe, Gottes Liebe glaubhaft zu leben. Als Kirche Jesu Christi sind sie Kirche der Freiheit. Ihre Freiheit ist eine Freiheit, die von Gottes
Geist und damit von seiner Liebe geleitet ist. Das
muss sich zuerst am Umgang der Kirchen miteinander und am Leben derer zeigen, die sich zu Christus
bekennen. Es erweist sich insbesondere auch an
ihrer Freiheit, sich für andere einzusetzen, vor allem für die, die in Europa keine Lobby haben, und
auch für die, die noch draußen vor den Türen sind.
Das Licht Jesu Christi scheint auf alle – Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa, so
heißt das Motto der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung. Europa braucht das Licht einer Freiheit, die in der Liebe gelebt wird. Ist es in
der Kirche Jesu sichtbar?
Bischof em.
Dr. Walter Klaiber,
Tübingen
CHRISTUS WIRD DEIN LICHT SEIN — CHRISTUS WIRD DICH ERLEUCHTEN –
ERSTRAHLEN WIRD DIR DER MESSIAS
Bibelarbeit zu Epheser 5, 14
Alles Erleuchtete aber ist Licht. Deshalb heißt es:
Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten
und Christus wird dein Licht sein.
Wie wird das Geschehen von Taufe und Rechtfertigung gesehen? Es ist immer ein gemeinschaftsbezogenes Geschehen, denn schon sprachlich wird
deutlich: nicht von „mir“ und „dir“ ist die Rede,
sondern von „wir“ („uns“) und „ihr“ („euch“). Es
geht um den „einen Leib“, um die neue Gemeinschaft in Christus.
Ankommen
Wir, als Gruppen oder Einzelne in unseren Kirchen
unterwegs zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung. Verschiedene Ausgangspunkte, unterwegs zu einem Ziel und wieder zu
Hause. Mit uns geht Christus, der uns immer schon
vorausgegangen ist.
In der Osternacht erschallt der Ruf „Lumen Christi
– Licht Christi“. Pfingsten wird dieser Ruf inmitten
von geisterfüllten Menschen aus vielen Nationen
Wirklichkeit. Nur eine historische Erinnerung, nur
ein Traum? Ein Bild für ein ökumenisches Miteinander in Europa?
Lassen wir uns erinnern: „Ich bin Gott niemals so
nahe wie dann, wenn ich unterwegs bin“ (Kleine
Schwester Magdeleine).
Ansagen – Anfragen
Die ökumenische Botschaft des Epheserbriefes
Die Einheit der Kirche gründet nicht im freiwilligen
Zusammenschluss Gleichgesinnter, sondern im
Heilswerk Jesu Christi. Dass die Kirche eine ist, ist
eine durchgehende Überzeugung des Neuen Testamentes. Die Einheit der Kirche ist Programm des
Epheserbriefes.
Im Epheserbrief im 5. Kapitel heißt es in der Einheitsübersetzung:
8 Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr
durch den Herrn Licht geworden. Lebt als Kinder
des Lichts! 9 Das Licht bringt lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit hervor. 10 Prüft, was dem
Herrn gefällt, 11 und habt nichts gemein mit den
Werken der Finsternis, die keine Frucht bringen,
sondern deckt sie auf! 12 Denn man muss sich
schämen, von dem, was sie heimlich tun, auch nur
zu reden. 13 Alles, was aufgedeckt ist, wird vom
Licht erleuchtet. 14 Alles Erleuchtete aber ist Licht.
Deshalb heißt es: Wach auf, du Schläfer, und steh
auf von den Toten und Christus wird dein Licht
sein. 15 Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer
Leben führt, nicht töricht, sondern klug. 16 Nutzt
die Zeit; denn diese Tage sind böse. 17 Darum seid
nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist. 18 Berauscht euch nicht mit Wein
– das macht zügellos –, sondern lasst euch vom
Geist erfüllen! 19 Lasst in eurer Mitte Psalmen,
Hymnen und Lieder erklingen, wie der Geist sie
eingibt. Singt und jubelt aus vollem Herzen zum
Lob des Herrn! 20 Sagt Gott, dem Vater, jederzeit
Dank für alles im Namen Jesu Christi, unseres
Herrn!
Bausteine als Hilfe zum Verstehen
In welchem Zusammenhang finden wir unseren
Textabschnitt?
1,1 – 2
Präskript – Eingangsgruß
1,3 – 3,21
Gottes Segen über die Kirche –
heilsdogmatischer Teil
1,3 – 14
Die große Eulogie
1,15 – 23 Dank und Bitte des Apostels
2,1 – 22
Juden und Heiden in der Kirche
3,1 – 21
Das Amt des Apostels
4,1 – 6,9
Leben in der Kirche – ethischer Teil
des Briefes
4,1 – 16
Die Einheit des Geistes – die
Bewahrung der Einheit im „Leib
Christi“
4,17 – 32 Der alte und der neue Mensch
5,1 – 20
Leben im Licht – neue Motivation
5,21 – 6,9 Leben in der Familie
6,10 – 24
Postskript – Briefschluss
Die Exegeten sprechen bei einem solchen Text des
Neuen Testamentes von einer Paraklese. Der Begriff macht die innere Verbindung zwischen Heilsverkündigung und Ethik deutlich. Zur Mahnung
und Forderung gehört immer auch das Tröstende
und Ermutigende. Die Ethik des Briefes verlangt
ein „Handeln aus Glauben“ (O. Merk).
„In einer Zeit auflösender Tendenzen, der Krise,
des religiösen Individualismus, der Geschichtslosigkeit stellt der Epheserbrief den Versuch dar, das
Heil Gottes, das sich in der universalen Kirche in
geschichtlicher Form darstellt, und die konkrete
Verantwortung der Christen abzusichern“ (J. Gnilka).
BIBELARBEITEN –
MEDITATIONEN
Die theologischen Grundlinien
(1) Gott hat die Christen „mit allen Gaben seines
Geistes gesegnet“ (Epheser 1,3).
(2) Die Kirche aus Juden und Heiden ist das Ziel der
Heilsgeschichte.
(3) Entscheidend ist das Glaubensleben in Wahrheit und Liebe.
Der Leib der Kirche soll dadurch wachsen, dass die
Getauften im Glauben und der Liebe wachsen
(Epheser 4,15ff). Christliche Ethik zeichnet sich
nicht durch Rigorismen, sondern durch klare
Standpunkte und soziale Tugend aus.
Hinweise zum Nachdenken anhand der einzelnen
Verse
V 8: Paulus geht bei seiner Mahnung aus von dem,
was durch Christus geschehen ist. Als Kinder Gottes zu leben, ist die Konsequenz (vgl. Matthäus 5,
14f; Kohelet 1,12f; 1Petrus 2,9). Die Verse 9 – 14a
geben dazu konkrete Hinweise.
Anfragen an uns: Wovon gehen wir bei unseren
Überlegungen zur Veränderung aus? Ist unser erster Gedanke Christus, das Licht der Welt?
V 9: Wir kennen das Wort Jesu: „An ihren Früchten
werdet ihr sie erkennen“ (Matthäus 7,16)
Anfrage: Haben wir genügend Geduld? Was tun
wir für das Wachstum?
V 10: Die Heilige Schrift benennt viele Situationen,
in denen Menschen Gott auf die Probe stellen wollten; hier die Aufforderung zu prüfen, was dem
Herrn gefällt.
Anfrage: Wo geschieht in unseren Gemeinden
und bei mir diese Prüfung?
39
V 11: Die „Werke der Finsternis“ sind „frucht-los“
(gr.); sie bringen gar nichts oder im besten Fall Unheil hervor (ähnlich wie die Werke des Fleisches,
Galater 5, 19ff). Das Böse muss also nicht nur gemieden, es muss aufgedeckt, als Böses „ans Licht
gebracht“ werden.
Anfrage: Etwas ans Licht bringen, bedeutet, es in
die Nähe von Jesus Christus bringen. Haben wir
schon einmal daran gedacht?
V 13, 14a: „Unterm Licht kommt es zum Vorschein“ (F. Stier).
Anfrage: Geben wir dem Licht, geben wir Christus,
eine Chance in unserem Leben, in unserer Welt?
V 14b erinnert an einen Weckruf, der möglicherweise bei der Taufe ausgesprochen wurde.
Anfrage an uns: Wer ist das Licht, das alles offenbart und den Christen erleuchtet?
V 15 – 20
Die Rede erfolgt hauptsächlich durch Imperative
und angeschlossene Partizipien, welche die Mahnungen verdeutlichen und fortführen.
Hauptmahnung in V 15: genau auf die Lebensführung achten („Blickt scharf darauf, welchen Weg
ihr geht“ (F. Stier).
Beachte den Kontraststil: „nicht wie Toren, sondern wie Weise“; deshalb „Kauft die Zeit aus“. Die
Aufforderung wird begründet: „Denn diese Tage
sind böse.“
V 17 mit neuem Imperativ die gleiche Mahnung
V 18 eine neue Mahnung, die wiederum antithetisch formuliert ist: Dem Weinrausch wird das Erfülltsein mit (heiligem) Geist gegenübergestellt,
beides im Imperativ – eine echte Opposition (nicht
nur eine rhetorische), deutlich gemacht durch den
angefügten Relativsatz: darin liegt die Liederlichkeit, das macht zügellos, in dem liegt Heillosigkeit.
Nach den Antithesen die Mahnung, sich vom Geist
erfüllen zu lassen; drei Partizipalsätze entfalten,
was von geisterfüllten Christen zu erwarten und zu
fordern ist:
1. einander zusprechen mit Psalmen, Hymnen,
geisterfüllten Liedern (V 19a),
40
2. mit dem Herzen dem Herrn singen und lobsingen
(V 19b),
3. allzeit danken für alles (V 20).
Anfrage: Erkennen wir in den Mahnungen Christi
und der Apostel die Güte und Barmherzigkeit Gottes? Mit welcher Intention ermahnen wir?
Können wir uns in der Ökumene einander in Liebe
etwas sagen oder vermuten wir sofort eine Herabsetzung?
Anregungen
Zu den Versen 13-15 Anregungen aus der Orthodoxie:
Die Symbolik des Lichts spielt im griechisch-byzantinischen Bereich eine große Rolle. In immer neuen
Hymnen wird Christus als Licht der Welt gepriesen,
aber auch Maria als schimmernder Leuchter bezeichnet oder die Heiligen und Engel als Gefäße
des Lichtes besungen.
Für Symeon, dem Neuen Theologen (949-1022), ist
die Erleuchtung von jedem Menschen zu erreichen.
Sie sollte das Ziel eines jeden Menschen sein, denn
sie führt zur Selbsterkenntnis und zur Demut, der
Grundtugend geistlichen Lebens. Die Erleuchtung
selbst liegt in der Schau Gottes. Sie ist das „geistliche Innewerden der ständigen Nähe und Liebe
Gottes im Menschen“. Der Mensch wird damit sozusagen mit göttlichem Licht erfüllt.
Starez Theophan (1815-1894), Schule des Herzensgebetes (In: Die Weisheit des Starez Theophan, Salburg 1985).
„Nun möchte ich euch erklären, wie ihr in eurem
Herzen eine immerbrennende Flamme entzünden
könnt. Stellt euch vor, wie in der Physik Wärme erzeugt wird: Man reibt zwei Holzstücke gegeneinander; dabei entsteht zuerst der Funke, dann das
Feuer. Oder noch einfacher: man setzt einen Gegenstand der Sonne aus: er erwärmt sich bei genügender Konzentration der auffallenden Sonnenstrahlen, und schließlich entzündet er sich. Auf
gleiche Weise entsteht die geistliche Wärme:
Kampf und asketisches Bemühen bringen die nötige Reibung hervor; das innere Gebet setzt die Seele dem Einfluss der göttlichen Sonne aus. Das Feuer kann durch asketisches Bemühen in unserem
Herzen entzündet werden; aber dieses Bemühen
allein bringt das Herz nicht leicht zum Brennen. Zu
viele Hindernisse verdunkeln den Weg.“
Brennend als Feuer (In: Geistliche Gedichte von
Andreas Knapp, Echter Verlag 2004, S. 55).
Aber das hilft nicht viel:
Wenn man
(sagen wir einmal)
diese Taschenlampe
nach soundso vielen Jahren anknipsen will
kommt kein Atemzug Licht mehr heraus
und wenn du sie aufmachst
findest du nur deine Knochen
und falls du Pech hast
auch diese
schon ganz zerfressen
die Heiligen
Da hättest du
genauso gut
leuchten können!
die von Liebe erfüllt wurden
fließen ihrer über
und versiegen nie
Anregungen aus dem Bereich der Kunst:
die dem Lichte begegnet sind
das Leuchten bleibt
in ihren Augen
die Feuer gefangen haben
stecken auch noch andere an
in Brand
die von innen durchglüht sind
sie strahlen die Wärme
auf alle aus
die aber ihren Leuchtspuren folgen
holen sie nicht ein
und gehen doch ins Licht
Erich Fried, „Kleines Beispiel“ (In: E. Fried,
Das Nahe suchen, Berlin 1982).
Auch ungelebtes Leben
geht zu Ende
zwar vielleicht langsamer
wie eine Batterie
in einer Taschenlampe
die keiner benutzt.
Bilder von Rembrandt und Caravaggio anschauen:
„Was Rembrandt und Caravaggio in ihren so unterschiedlichen Welten im protestantischen Holland und in Italien der Gegenreformation vereinigt,
ist ihre erfolgreiche Suche nach Bildlösungen, um
die großen Themen der Menschheit auszudrücken
(Ausstellungsband Amsterdam 2006).
„Die Bemühung, trotz aller üblen Erfahrung die
Menschen immer wieder im Lichte dieser Strahlen
zu sehen, hat Rembrandt in die unmittelbare Nähe
des Evangeliums gebracht. Auch für den Betrachter
seiner Bilder kommt alles darauf an, dieses Licht zu
sehen, es nie mehr aus dem Auge zu verlieren und
zu spüren, wie es überall da ist, auch inmitten allen
Leidens und aller Not, aller Sünde und aller Schuld.
Nur diese Einstellung entspricht einer lebendigen
Anwendung von Rembrandts Kunst auf das
menschliche Dasein. Das Leben im Lichte Gottes zu
sehen, dies muss man aus seiner Malerei lernen“
(In: W. Nigg, Rembrandt, Maler des Ewigen, Zürich
2006, 59).
Anteil geben
– Den Text mit Nachbarn und Freunden einer anderen Sprache lesen und einander erklären,
–
–
–
–
–
–
–
–
–
warum dieses Wort gewählt wurde; in meiner
Sprache sagen wir zu Licht ....
Ein Satz, der mich besonders angesprochen
hat, auf einen kleinen Zettel schreiben und ihn
in meiner Familie bedenken, ihn mit zu meiner
Arbeit nehmen, ihn mit in meine Freizeit nehmen, ihn beim Gang zum Arbeitsamt oder in
ein Krankenhaus mitnehmen.
Mit Kindern diesen Satz malen und das Bild
dann in einem Gemeindenachmittag mit Getauften und Ungetauften einander vorstellen.
Den Reichtum der verschiedenen Liturgien und
Gottesdienstformen in unseren Kirchen einander bekannt machen.
Einem Delegierten zur europäischen Versammlung (siehe Anhang in diesem Materialheft)
meinen Satz aus der Heiligen Schrift mitgeben;
ich möchte mit meinem mir wichtigen Satz und
damit selber dabei sein.
Bewusst mit Kindern z. B. eine Telenovela im
Fernsehen anschauen und über die handelnden
Personen, ihre Absichten und die Aussagen der
Sendung sprechen.
In Thüringen feiern in diesem Jahr katholische
und evangelische Christen eine Lichtgestalt der
Geschichte, die Hl. Elisabeth; an dieser Person
kann man sich reiben und ermutigen lassen.
Einen Taufgedächtnisgottesdienst in ökumenischer Gemeinsamkeit begehen und so sich
dankbar der Liebe Gottes in unserer Taufe erinnern.
Einladen zu einer Bildbetrachtung eines Kirchenfensters und erinnern, dass die Fenster
von außen grau und unscheinbar sind, in der
Kirche aber ihre ganze Schönheit und Farbe
zeigen.
Bevor wir einander begegnen, bringen wir den
„Anderen“ im Gebet vor Gott; so können wir
uns als Kinder des einen himmlischen Vaters
begegnen.
Anschauen
„Im Erfurter Dom steht eine altehrwürdige romanische Figur, ein Leuchterträger, der sogenannte
Wolfram. Er hebt seit über 800 Jahren seine bronzene Arme mit den beiden Kerzen empor und hält
das Licht hinein in das Dunkel der Domhalle.
Manchmal stehe ich nachdenklich vor dieser Figur
und lasse mich beim Betrachten an meine Aufgabe
als Bischof erinnern. Was soll und kann ich anders
sein – und mit mir zusammen alle Christgläubigen
– als ein Zeuge jenes Lichtes, das uns von oben geschenkt wird?“
(Bischof Dr. Joachim Wanke)
Offizial
Heinz Gunkel,
Erfurt,
ACK Thüringen
41
BIBELARBEITEN –
MEDITATIONEN
DER HEILIGE GEIST, DER DIE KOINONIA SCHAFFT
Gedanken zu 2. Korinther 13,13
Für die Christen und Christinnen ist diese Gemeinsamkeit im Bekenntnis zum dreifaltigen Gott die
Bedingung und die Grundlage zur Einheit der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, auch wenn sie in unterschiedlichen Traditionen leben. Dieser gemeinsamen Basis müssen sich
die Menschen, die sich auf Gottes Wort eingelassen haben, bewusst werden; sie sollen die Kirche
als Gemeinschaft der Menschen mit Gott erleben,
weil Gott sie als sein Volk berufen hat („ecclesia“).
In ihrer sakramentalen Verbindung mit Christus im
geschwisterlichen Umgang miteinander soll erfahrbar werden, dass diese Kirche nicht von Menschen
gemacht, sondern Werk des Heiligen Geistes („gemeinschaftstiftende Kraft des Heiligen Geistes“,
2. Kor, 13,13) ist. Er führt unterschiedliche Menschen zusammen, eint sie und sendet sie als Zeugen der Liebe Gottes in die Welt.
Christen leben in Gemeinschaft,
in „Koinonia“/in „communio“:
„… ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige,
katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen …“
(Apostolisches Bekenntnis) – „… Wir glauben
an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig
macht, …“ (Nizäa/Constantinopel 381).
Kein Bekenntnis der Alten Kirche spricht so ausführlich vom Wesen und Wirken des Heiligen Geistes wie dieses Bekenntnis aus dem Jahre 381, das
an die leidenschaftlichen Auseinandersetzungen
um die Gottheit des Geistes in der 2. Hälfte des 4.
Jahrhunderts zwischen Bischöfen und Gemeinden,
charismatischen und asketischen Gruppen erinnert
(vgl. Eine Einführung in das Gespräch über das
Ökumenische Glaubensbekenntnis von 381, Eichstätt 1997, S. 63).
Deutlich verweist die „Charta Oecumenica“
(ChOe) im 1. Kapitel auf den Glauben an den Dreieinigen Gott, wie er im Evangelium bezeugt und im
Ökumenischen Glaubensbekenntnis der Kirche (NC
381) zum Ausdruck kommt. Mit diesem Credo besteht die unerlässliche Aufgabe für die Christen
und Christinnen, diese Einheit als Gottes Gabe
sichtbar werden zu lassen. „Noch verhindern wesentliche Unterschiede im Glauben die sichtbare
Einheit. Es gibt verschiedene Auffassungen, vor allem von der Kirche und ihrer Einheit, von den Sakramenten und den Ämtern. Damit dürfen wir uns
nicht abfinden.“ (ChOe 1)
42
Anfragen:
– Was meinen Christen, wenn sie vom dreifaltigen Gott sprechen?
– Wer oder was wird an Pfingsten gefeiert?
– Was ist das für ein Geist? Was sind die Gaben
des Heiligen Geistes?
– Geht es um den Geist Gottes oder um die Kirche?
– Wie ist überhaupt das Verhältnis von beiden?
– Wirkt der Geist Gottes nicht auch außerhalb
der Kirche?
– Wie wirkt Gottes Geist in den verschiedenen
Menschen, Traditionen, Gemeinschaften?
Feststellungen – Brainstorming –
einführendes Gespräch:
Zwischen Heiligem Geist und Kirche besteht eine
unmittelbare Verbindung.
– Viele Menschen klagen darüber, dass in den
Kirchen so wenig von diesem „guten Geist“ zu
spüren sei.
– Viele vermissen auch den Mangel an Wahrheit,
Wahrhaftigkeit, Hilfsbereitschaft, Liebe, von
den guten, gemeinschaftsfördernden Kräften,
von den besonderen Gaben (Geist der Weisheit, der Einsicht, des Rates, der Stärke, der Erkenntnis, der Gottesfurcht und der Frömmigkeit), die nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift
mit diesem Geist verbunden sind.
– Menschen fragen nach dem Geist und der
Gabe der Prophetie und des Zungenredens,
nach wunderbaren Heilungen und anderen Zeichen seiner Gegenwart, wie sie z. B. von den
Pfingstkirchen und den charismatischen Gemeinschaften bezeugt werden.
– Weht nicht der Geist Gottes in jedem Menschen? Wie offen muss man dafür sein?
– Wie steht es mit dem Ungeist in dieser Welt,
der Gemeinschaft zerstört: der Hass, die Feindschaft, die Lüge, die Überheblichkeit, der Egoismus?
– Wie steht es mit der Unterscheidung der Geister und der „Sünde gegen den Heiligen Geist“,
die nicht vergeben wird (Mt 12,31)?
– Und wie steht das mit dem Geist Gottes in der
Ökumene? Müsste er nicht hier deutlicher erfahrbar sein?
Christen und Christinnen verbinden mit „Koinonia“ den Reichtum, der sich in unserem gemeinsamen Leben in Christus ausdrückt: Communio, Anteilhaben, Anteilgeben, Gemeinschaft, Gemeinde,
Kirche, Miteinanderteilen, Teilhabe, Solidarität,
Subsidiarität, u. a., aber besonders in den zwi-
schenmenschlichen Verhaltensweisen: in der Liebe,
durch Vertrauen, in Gerechtigkeit, im Frieden, in
der Versöhnung, in Barmherzigkeit, im Angenommensein, in der Ehrlichkeit, u. a..
– Gott will Einheit für die Kirche, für die gesamte
Menschheit und für die Schöpfung.
– Gott ist eine Koinonia der Liebe, die Einheit von
Vater, Sohn und Heiligem Geist,
– Koinonia ist ein Geschenk.
– Unsere Koinonia ist im Heiligen Geist begründet, der uns zum Handeln bewegt.
– Koinonia drängt uns, nach der sichtbaren Einheit zu streben.
– Unsere Koinonia umfasst die Gemeinschaft mit
Gott und untereinander.
Der Heilige Geist, der die Koinonia schafft (2. Kor
13,13) erfüllt die, die immer noch getrennt sind,
mit Hunger nach Gemeinschaft. Es ist die Herausforderung für alle Christen und Christinnen, wenn
wir auf dem Weg zur 3. EÖV „für die Einheit beten,
arbeiten, kämpfen. Der Heilige Geist tröstet uns in
unserem Schmerz, fordert uns heraus, wenn wir
uns mit unserer Trennung abfinden, führt uns zur
Buße und erfüllt uns mit Freude, wenn unsere Gemeinschaft wächst.“ (ORK, Canberra 1991)
Mit Gemeinschaft verbinden wir in unserem alltäglichen Sprachgebrauch unser konkretes Leben:
Die Familie, Ehe, Freunde, Zusammenleben, Gastfreundschaft, Arbeit, Kommunikation, Urlaub, Freizeit, Sprache, Gruß, Zusammenhalt, Verbundenheit,
Vertrauen, Glauben, Versöhnung, Zurechtweisung,
Trost, Orden, Kommunitäten, Fanclubs, Vereine,
Feste feiern, Gottesdienst, Brauchtum, Streit, Trennung, u.v.a.
Der 1. Korintherbrief des Apostels Paulus enthält
einige Grundsatzüberlegungen zum Thema
„Christliche Gemeinschaft aus der Erfahrung des
Geistes“. Paulus hat dieses „Programm“ in der
Auseinandersetzung mit Konflikten entwickelt, die
die Gemeinde schwer erschüttert haben.
1. Er deckt die Grundlagen echter christlicher Gemeinschaft/Zusammengehörigkeit auf;
2. er hilft der Gemeinde, die Gegenwart des Heiligen Geistes zu erkennen, und
3. er formuliert Leitlinien zur Integration der vielfältigen Geistesgaben, ohne der Gefahr einer
Vereinheitlichung zu erliegen.
Die Praxis des Miteinanders ist in vielen biblischen
Stellen hinreichend gekennzeichnet, z. B.:
– gegenseitig in vorkommender Weise ehren
(Röm 12,10)
– Einmütigkeit/Einigkeit untereinander suchen
(Röm 12,16)
– einander annehmen (Röm 15,7)
– einander zurechtweisen (Röm 15,14)
– gegenseitig mit dem Friedenskuss grüßen
(Röm 16,16)
– aufeinander warten (1 Kor 11,33)
– einträchtig füreinander sorgen (1 Kor 12,25)
– einander in Liebe dienen (Gal 5,13)
– einander die Lasten tragen (Gal 6,2)
– einander trösten (1 Thess 5,11)
– einander erbauen (1 Thess 5,11)
– in Frieden miteinander leben (1 Thess 5,13)
– einander Gutes tun (1 Thess 5,15)
– einander in Liebe ertragen (Eph 4,2)
– gütig und barmherzig zueinander sein (Eph
4,32)
– sich einander unterordnen (Eph 5,21)
– einander verzeihen (Kol 3,13)
– einander die Sünden bekennen (Jak 5,16)
– füreinander beten (Jak 5,16)
– einander von Herzen lieben (1 Petr 1,22)
– gastfreundlich zueinander sein (1 Petr 4,9)
– einander in Demut begegnen (1 Petr 5,5)
– miteinander Gemeinschaft haben (1 Joh 1,7)
Die Bibel geht mit dem Thema sehr realistisch um,
d. h. ohne Schönfärberei und mit Nüchternheit.
Schwierigkeiten kennzeichnen von Anfang an das
Miteinander in den christlichen Gemeinden. Trotzdem macht die Bibel auch keinerlei Abstriche an
der Verheißung eines geistgewirkten Miteinanders.
Die Gemeinschaft der Glaubenden lebt aus der Erfahrung der Gegenwart Gottes. Nichts erscheint
notwendiger und problematischer im Blick auf die
Situation von Kirche/Koinonia und Welt.
1. So kann Gemeinschaft als Bereicherung und
Mehrwert für alle gesehen werden, die sich mit
Sympathie/Antipathie, mit Liebe/Gegenliebe auf
eine „verschworene Christus-Gemeinschaft“ einlassen, in der Geist immer wieder neu entflammt.
2. Gemeinschaft ist als Kommunikation zu verstehen, die durch gemeinsame Bemühungen im Dialog/Gespräch in ihrem Wert und ihrer Qualität zunimmt.
3. Gemeinschaft hat mit Mit-/Verantwortung zu
tun, wie sie im Beschluss „Verantwortung des ganzen Gottesvolkes für die Sendung der Kirche“ der
Gemeinsamen Synode der Bistümer der Bundesrepublik Deutschland (3. Kap.) formuliert ist.
4. Gemeinschaft ist Bereitschaft zur Auseinandersetzung, die in unserer modernen Kommunikationsgesellschaft mit Aktionen/Events/Werbespots etc. eine geistig-geistliche Entscheidungskultur herausfordert und nach neuen Formen von
Mitwirkung und Mitentscheidung sucht. So könnte
sich in der Gemeinschaft ein ökumenischer Lernprozess in Verantwortung vor Gott und den Geschwistern in Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit entwickeln.
5. Gemeinschaft hat mit Versöhnung zu tun, denn
Gott hat sich mit uns versöhnt. Die Bibel gebraucht
die Erfahrungswirklichkeit „Licht“ als Metapher.
Gott schafft das Licht (Gen 1,3). Wer Christus annimmt und ihm nachfolgt, wandelt im Licht. Der
Mensch kann die Kraft zum Annehmen nicht selbst
erzeugen. Er braucht die von Gott zugesprochene
Versöhnung. Dieses „Licht des Glaubens“ in uns ist
ein vom Licht des Heiligen Geistes ausgehender
Strahl. In der Pfingstsequenz beten wir. „Komm, o
du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring
bis auf der Seele Grund.“
6. Gemeinschaft bedeutet, auf Zukunft hin leben.
Kirche/Gemeinschaft ist immer im Aufbruch, eine
Kirche der Erneuerung, eine auf Transzendenz hin
lebende Gemeinschaft, zu derem Wesen die eucharistische Gemeinschaft gehört; ebenso gehört zum
Wesen der Eucharistie/des Abendmahls die Gemeinde.
7. Gemeinschaft ist Zulassung zur Individualität
und Zulassung der Vielfalt: Die sichtbare Einheit
der Kirche ist in ihrem innersten Kern eine Gemeinschaft im Bekenntnis des apostolischen Glaubens,
d. h. der schenkende und verpflichtende Wille
Christi bildet den tragenden Grund und das bleibende Motiv für jeden Christen wie für die gesamte ökumenische Bewegung. – Die Kirche ist dann
gleichsam die Vorwegnahme dieser Gemeinschaft
mit Gott und miteinander, wobei die Gnade und
die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen
Geistes die eine Kirche befähigen, als Zeichen der
Herrschaft Gottes und Dienerin der Versöhnung mit
Gott zu leben. Die Kirche ist berufen, Menschen mit
Christus in der Kraft des Heiligen Geistes zu vereinen, die Gemeinschaft im Gebet und im Handeln
sichtbar zu machen (vgl. Ökumenische Texte aus
Canberra 1991 und Santiago de Compostela 1993).
Das ökumenische Gespräch kann zeigen, dass das
Bekenntnis zur Trinität in den verschiedenen kirchlichen Traditionen und ihren Gemeinschaften unterschiedliches Gewicht hat und auch unterschiedlich interpretiert wird. Auf dem Weg nach Sibiu
sind die Kirchen/Gemeinden eingeladen, das Geschenk der „dreifaltigen Gemeinschaft“ wieder
stärker bewusst zu machen und den Heiligen Geist
als die wirkmächtige Kraft, als den Gestalter der
Kirche wieder als Geschenk neu anzunehmen.
Dies könnte als generelle Handlungsempfehlung in
verschiedenen Elementen in den Kirchen/Gemeinden wieder sichtbar gemacht werden:
– in dem gesamten liturgischen Geschehen, z. B.
im Kreuzzeichen, im Feiern des Kirchenjahres,
im Bekenntnis des einen Glaubens, wie er im
Ökumenischen Glaubensbekenntnis von 381
zum Ausdruck kommt,
– in der gegenseitigen Anerkennung der Taufe
durch offizielle Vereinbarungen,
– in geeigneten Zwischenschritten auf dem Weg
zur vollen eucharistischen Gemeinschaft,
– bei der Suche nach Wegen zur Überwindung
der noch trennenden Fragen im Amts-, Kirchen- und Sakramentsverständnis,
– mit den Evangelischen Räten (Armut, Keuschheit, Gehorsam) als Früchte des Geistes (als ein
im Heiligen Geist geeintes Leben) in den Orden, in der Familie/Gemeinde …,
– mit charismatischen Elementen, d. h. sie erkennen, sie transparent machen und ins Spiel
bringen (z. B. im Kontext der Konfirmation/
Firmvorbereitung),
– im Feiern von Festen und Begegnungen zwischen den Gemeinden,
– mit Pfingsten, das sich als das Fest des Heiligen
Geistes und des „Geburtstages“ der Kirche anbietet, bes. der Pfingstmontag für ökumenische Gottesdienste,
– in der Wiederentdeckung der Anwesenheit und
Wirksamkeit des Heiligen Geistes, der Gaben
des Heiligen Geistes in den Gemeinschaften, in
Familien, Kommunitäten, Institutionen,…
– in den sozialen Diensten der Caritas, der Diakonie u. a. in den Gemeinden,
– bei Kontakten mit den geistlichen, charismatischen Gemeinschaften,
– bei Glaubensseminaren/Veranstaltungen zu Hl.
Geist, Kirche, Gemeinschaft, Taufe
43
– Informationstage zur Unterscheidung der Geister, zu pseudoreligiösen Gemeinschaften etc.
– mit dem Heiligen Geist, der als Motor der Neuevangelisierung zu entdecken ist, z. B. in Projekten wie die Gemeindeerneuerung, „neu anfangen“ u. a.
„Der Geist ist auch eine Kraft, die das Herz der
kirchlichen Gemeinschaft verwandelt, damit sie in
der Welt ein Zeugnis für die Liebe des Vaters ist,
der die Menschheit in seinem Sohn zu einer einzigen Familie machen will“ (Papst Benedikt XVI., Enzyklika „Deus Caritas est“, 28 f).
DDr. J. Georg Schütz
Gebet aus der Sammlung
des Weltgebetstages
Heiliger Geist
öffne mich für dich
öffne mich für dich
fülle mich
erfülle mich
wärme mich mit deinen Liebesflammen
schenke Weisheit und Erkenntnis
Du heilige Kraft Gottes
verbinde, was trennt
heile, was verletzt
ermutige, die niedergeschlagen
belebe, die tot
Geist des Lebendigen Gottes
wirke in mir
wirke durch mich
Annerose Stober
44
DIE DREIFALTIGKEITSIKONE VON ANDREJ RUBLJOW
BILDBETRACHTUNG
Die Ikone ist ein Geschenk der Orthodoxie an die
gesamte Christenheit. Der Versammlungsort der
EÖV 3, Sibiu, ist bewusst in einem orthodoxen
Land gewählt worden, um die orthodoxe Tradition
tiefer kennen zu lernen. Dazu dient auch die folgende Betrachtung.
Die Dreifaltigkeitsikone
(russisch mpouˆa, troica)
Andrej Rubljow
Gastgeber in Sibiu sind die rumänischen Kirchen,
Gäste sind die Kirchen Europas. Aber wer Gastgeber und wer Gast ist, kann von der biblischen
Botschaft (Gen 18), wie sie in der Ikone von
Rubljow dargestellt ist, neu gefragt werden: Wer
ist der eigentliche Gastgeber und wer sind die Beschenkten? In der Hoffnung, dass Gott seiner Kirche und den Christinnen und Christen in Europa
begegnet, werden die Kirchen zu Gästen Gottes.
Der Glaube erlaubt es uns, darauf zu warten, dass
Gott selbst Gastgeber ist und die Kirchen überrascht. Sein Tisch ist reich gedeckt. Er lädt sich bei
uns ein, damit Neues geschehen kann.
Einführung
Bibeltext
Die Ikone der „Heiligen Trias“ gilt als eines der
größten Meisterwerke der russischen Malerei und
ist vielleicht die schönste, jedenfalls aber die bekannteste und berühmteste unter den russischen
Ikonen. Sie nimmt auch insofern eine Sonderstellung ein, als wir die Zeit und den Ort ihrer Entstehung und sogar den Namen des Malers kennen.
Sie ist in der Zeit zwischen 1411 und 1425 entstanden. Das gleiche Motiv findet sich auch auf zahllosen weiteren Ikonen in der ganzen Orthodoxie.
Dieses Meisterwerk der Ikonenmalerei ist sozusagen Theologie in Gold und Farbe. Die Darstellung
der Dreifaltigkeit durch Rubljow wurde 1551 von
einer Moskauer Synode als dogmatisch vorbildlich
bezeichnet. Heute ist die Ikone in der TretjakowGalerie in Moskau ausgestellt.
Gott zu Gast bei Abraham Genesis 18, 1 – 15
Der Herr erschien Abraham bei den Eichen von
Mamre. Abraham saß zur Zeit der Mittagshitze am
Zelteingang. Er blickte auf und sah vor sich drei
Männer stehen. Als er sie sah, lief er ihnen vom
Zelteingang aus entgegen, warf sich zur Erde nieder und sagte: Mein Herr, wenn ich dein Wohlwollen gefunden habe, geh doch an deinem
Knecht nicht vorbei! Man wird etwas Wasser holen; dann könnt ihr euch die Füße waschen und
euch unter dem Baum ausruhen. Ich will einen Bissen Brot holen und ihr könnt dann nach einer kleinen Stärkung weitergehen; denn deshalb seid ihr
doch bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie erwiderten: Tu, wie du gesagt hast. Da lief Abraham
eiligst ins Zelt zu Sara und rief: Schnell drei Sea
feines Mehl! Rühr es an und backe Brotfladen! Er
lief weiter zum Vieh, nahm ein zartes, prächtiges
Kalb und übergab es dem Jungknecht, der es
schnell zubereitete. Dann nahm Abraham Butter,
Milch und das Kalb, das er hatte zubereiten lassen,
und setzte es ihnen vor. Er wartete ihnen unter
dem Baum auf, während sie aßen. Sie fragten ihn:
Wo ist deine Frau Sara? Dort im Zelt, sagte er. Da
sprach der Herr: In einem Jahr komme ich wieder
zu dir, dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben. Sara hörte am Zelteingang hinter seinem Rücken zu. Abraham und Sara waren schon alt; sie
waren in die Jahre gekommen. Sara erging es
längst nicht mehr, wie es Frauen zu ergehen pflegt.
Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich
bin doch schon alt und verbraucht und soll noch
das Glück der Liebe erfahren? Auch ist mein Herr
doch schon ein alter Mann! Da sprach der Herr zu
Schon seit der Mitte des ersten Jahrtausends haben christliche Theologen die Meinung vertreten,
dass in den drei Engeln der dreifaltige Gott selbst
dem Abraham und der Sara erschienen sei. Besonders in der Ostkirche fand diese Auffassung weite
Verbreitung. Nicht nur die Dreizahl der „Männer“
oder Engel, die Abraham besuchen und nicht nur
der Wechsel zwischen „Du“ und „Ihr“ in der Anrede Abrahams an die Männer, der bisweilen durch
Quellenscheidung zu erklären versucht wird, gibt
dem in Genesis 18 berichteten Geschehen seine
theologische Bedeutung. Die Geburt des „Sohnes
der Verheißung“, die Abraham und Sara hier angekündigt wird, weist über Isaak hinaus auf den
einen fernen Nachkommen Abrahams, Christus
(Gal 3,16).
BIBELARBEITEN –
MEDITATIONEN
Abraham: Warum lacht Sara und sagt: Soll ich
wirklich noch Kinder bekommen, obwohl ich so alt
bin? Ist beim Herrn etwas unmöglich? Nächstes
Jahr um diese Zeit werde ich wieder zu dir kommen; dann wird Sara einen Sohn haben. Sara leugnete: Ich habe nicht gelacht. Sie hatte nämlich
Angst. Er aber sagte: Doch, du hast gelacht.
Die drei Engel auf der Ikone bilden mit ihren Körpern einen Kreis, die Körper und Häupter wiederum gleichschenklige Dreiecke. Der Kreis ist der Inbegriff der Einheit und Ewigkeit und auch das
Symbol Gottes. Das Dreieck ist das altchristliche
Symbol der Dreifaltigkeit. Inmitten dieses Kreises
und Dreieckes steht ein Kelch. Mit der Darstellung
dieser Szene ist etwas vom Wesen der göttlichen
Trinität mitgeteilt, was auf das Wesen der Gottheit, auf die Einheit der drei Gestalten hinweist.
Darum fehlen auf der Ikone Abraham und Sara.
Aus den „Männern“, die das leibliche Auge Abrahams gesehen hat, sind auf dem Bild Engel geworden, die nur das Auge des Glaubens sieht. Die
Ikone bildet daher die Dreifaltigkeit nicht direkt
und unmittelbar ab. Denn direkte bildliche Darstellungen von Gott, dem Vater, sind in der Orthodoxie unüblich. Vielmehr symbolisiert sie anhand
der Szene aus dem Alten Testament, in der die
„drei Männer“, also drei Engelsboten, Abraham
und Sara bei den Eichen von Mamre besuchen,
das Geheimnis der Dreifaltigkeit Gottes. Es handelt sich also um ein Bild, das ein alttestamentliches Geschehen trinitätstheologisch füllt, aber
auch die theologischen Inhalte des Bekenntnisses
vom dreieinen Gott aus der Heiligen Schrift begründet sieht.
45
Auf der Ikone ist dargestellt, wie drei Engel um einen Tisch sitzen. Der Tisch ist aber nicht für ein
wirkliches Gastmahl gedeckt, wie aus dem Text der
Genesis zu vermuten wäre. Auch unterhalten sich
die Engel nicht mit Abraham, wie in der Bibel erzählt wird. Sondern sie reden miteinander im stummen Gespräch der Augen und der Hände. Die drei
Figuren bilden zusammen einen Kreis als Zeichen
der Einheit, gleichzeitig ist ein Kreuz dargestellt,
gebildet aus den drei Köpfen in der Waagrechten
und dem Vater, dem Kelch und der Welt in der
Senkrechten.
Die Ewigkeit der dreieinigen Gottheit findet Ausdruck in der geometrischen Figur des Kreises, die
auf der Ikone vielfach abgewandelt vorhanden ist:
in den wie mit dem Zirkel gezogenen Heiligenscheinen der Engel, in der halbkreisförmigen Öffnung der Flügel nach oben hin und vor allem in
dem unsichtbaren Kreis, in den alle drei Engel eingeschrieben sind.
Die drei Gestalten sind sich sehr ähnlich, aber nicht
gleich. Es sind keine Rang- oder Altersunterschiede
zu erkennen. Dennoch sind die drei Engel aber voneinander unterschieden: durch ihr Gewand, durch
die Bewegung der Köpfe und der Augen, durch die
Haltung und Bewegung der Hände und der Finger,
durch die Anordnung der Sitze und durch die Gegenstände, die hinter und über den Gestalten gezeichnet sind. Diese Unterscheidungsmerkmale
sind bewusst gewählt, ohne Zweifel soll das, was
die Engel voneinander unterscheidet, dargestellt
oder mindestens angedeutet werden, um die Besonderheit der entsprechenden Gestalt der Gottheit ausmachen zu können.
Jede der drei Personen hält einen Stab, das Sinnbild des Schutzes und der Autorität, allen dreien
eignet demnach die gleiche göttliche Autorität.
Der Vater, in der Mitte, deutet mit zwei Fingern auf
den Tisch mit dem Kelch; ein Altar und die Gaben
der Eucharistie. Durch die Gaben, aber auch durch
die Haltung der zwei Finger weist er auf die gött46
liche und menschliche Natur des Opferlamms
Christus hin. Dass der mittlere Engel Gott-Vater
symbolisiert, geht für den unbefangenen Betrachter schon aus der Anordnung der Sitzenden hervor.
Immer wird auf dreigliedrigen Ikonen der Höchstgeehrte in die Mitte gesetzt. Und dass Gott-Vater
unter den drei Gestalten der Trinität – bei aller Betonung ihrer Gleichheit – der Höchstgeehrte ist,
das wird in der Ostkirche sehr betont. Der mittlere
Engel ist die Quelle der inneren Bewegung, die
– bei aller Ruhe, die über der Szene liegt – spürbar
durch das Bild hindurchgeht: Von ihm geht der
Blick zu dem rechts von ihm sitzenden Engel, dessen Blick geht weiter zu dem ihm gegenüber sitzenden und der schaut auf den Tisch mit dem Kelch
und weist mit der rechten Hand an den Fuß des
Tisches.
Der Engel auf der linken Seite stellt Gott den Sohn
dar. Vom Betrachter eben links vom Vater (der
Sohn sitzt zur Rechten des Vaters). Er hat die Hand
in einer Segensgeste erhoben und zeigt damit, dass
er die Sendung, die ihm bestimmt ist, annimmt. Er
ist der Pantokrator, wie er in der Ikonographie
immer dargestellt ist. Der Christus, mit der zum Segen erhobenen rechten Hand. Auch ist er in Rot
gekleidet. Die Farbe der Liebe, die Farbe des Opfers. Das rote Gewand des Leides in und für die
Welt, die durch die Häuser hinter der Engelsgestalt
angedeutet ist. Auch sind Vater und Sohn durch
Blickkontakt und Berührung der Flügel mit einander verbunden. „Der Vater und ich sind eins“
(Joh 10,30).
Der Heilige Geist, rechts vom Vater, zeigt auf eine
rechteckige Öffnung im Tisch, die die Welt symbolisiert und weist dadurch darauf hin, dass die
Sendung des Sohnes in die Welt und zur Errettung
der Welt geschieht. Auch wird deutlich, dass der
Vater sich wohl mit seinem Blick dem Sohn zuwendet, seine Brust und somit sein Herz der Person zu
seiner Linken zugewandt ist. Der Heilige Geist ist
die Gabe Gottes an die Menschen, durch welchen
sie erkennen können, was sie von Gott in Christus
empfangen haben (1. Kor 2,12). Der Blick des En-
gels, der den Heiligen Geist darstellen soll, blickt
auf den Kelch – die Eucharistie. Dort, in Brot und
Wein, wird für die Menschen sichtbar, was die
Gabe Gottes ist, in dem Mahl, zu dem er einlädt.
Auf dem Tisch steht lediglich ein Kelch. Kein Festmahl, wie es die Genesis berichtet. Der Tisch ist das
Symbol für den Altar, der Kelch ist das Symbol für
das göttliche Opferlamm der Eucharistie, und jede
der drei Personen zeigt mit einer Handbewegung
ihre Beziehung zu ihm an. Der Vater, der Schöpfer,
bereitet es und gibt es. Der Sohn zeigt durch die Segensgeste die erneuernde Kraft des Mahles und der
Heilige Geist weist auf die Empfänger: die Welt.
Was mag der Inhalt des stummen Gesprächs sein,
das die drei Engel miteinander führen? Wir hörten
ja schon, dass es in der Erscheinung der drei Männer bei Abraham in Mamre im Grunde um den Beginn der Inkarnation, um die Sendung des ewigen
Sohnes in die Welt geht. Der Betrachter ist stiller
Beobachter der Szene. Wie Abraham sitzt er oder
sie nicht sichtbar auf dem Bild mit an dem Tisch.
Der einladende Abraham und seine Frau Sara
werden zu den Eingeladenen. Die Gastgebenden werden zu den wahrhaft Beschenkten. Die
Gäste erweisen sich als die eigentlichen Gastgeber.
Gastgeber des Lebens.
Im Hebräerbrief lesen wir:
Bleibt in brüderlicher Liebe fest miteinander
verbunden. Vergesst nicht, Gastfreundschaft
zu üben; denn ohne es zu wissen, haben manche auf diese Weise Engel bei sich aufgenommen. Und vergesst nicht, Gutes zu tun und
allen zu helfen, die in Not sind. An solchen
Opfern hat Gott Freude (Hebr 13, 1-3).
Fremde aufzunehmen und zu beherbergen gehört
zu den „Werken der Barmherzigkeit“ (Mt 25,35).
Neben den Hungrigen, den Durstigen, den Nackten, den Kranken und den Gefangenen sind die
Fremden in dieser Rede Jesu die, welche uns Gottes Bild in dieser Welt vor Augen halten. Ihre Not
zu lindern, heißt Gott zu begegnen.
Auf der Ikone und in der Erzählung aus der Genesis
wird aber sehr deutlich, dass die Begegnung von
Gott selbst ausgeht. Er ist es, der die Not Abrahams
und Saras lindert. Saras Herzensnot, keinen eigenen Sohn zu haben. Die Herzensnot, auf die Erfüllung der Verheißung noch immer warten zu müssen. Die Herzensnot, fern der Heimat ohne eigenen
Nachkommen sterben zu sollen. Die Herzensnot,
kein Vater und keine Mutter zu sein. Gott begegnet
beiden und verheißt ihnen diesen Sohn. Auch
durch allen Unglauben hindurch und allen berechtigten Zweifel. Er will die Not lindern.
Das gilt auch für heute. Abraham und Sara stellen
sich ihrer Not. Sie warten. Sie warten geduldig auf
Gottes überraschendes Handeln. Die Kirche hat
sich ebenfalls ihrer Not zu stellen – sie ist gespalten, sie ist innerlich wie äußerlich zerrissen und sie
ist nicht von sich aus fähig, Berge und Schluchten
aus Geschichte und Vorbehalten zu überwinden.
Ihre Not verweist sie an Gott. Er will auch ihre Not
lindern. Es ist nicht aussichtslos. Auch wenn manch
einer still in sich hinein lachen mag, wenn von der
Sehnsucht nach der sichtbaren Erfüllung des Gebets Jesu her, um die Einheit aller Jüngerinnen und
Jünger Jesu gerungen wird. Mag manch eine leicht
mitleidig lächeln, wenn die Notwendigkeit einer
gemeinsamen Zeit der Buße in Stille und Demut vor
Gott gefordert wird, um seine Worte zu hören. Mag
mancher dem Schmerz und dem Skandal einer getrennten Kirche durch das Bemühen theologischer
Winkelzüge oder schlicht durch institutionelle
Selbstgenügsamkeit den Stachel ziehen. Wie auch
immer: die Einheit wird von Gott her beginnen. Gegen allen Unglauben und gegen alle menschliche
Unwahrscheinlichkeit, ja gegen alle künstliche
Verweigerung. „Ist denn beim Herrn etwas unmöglich?“ (Gen 18,15)
Warten
Wie Sara wartet –
90 Jahre auf einen Sohn,
der Gottes Verheißung erfüllte,
so warten auch wir, hoffend auf die Dinge,
von denen wir glauben, dass Gott sie uns zugesagt
hat.
Wie Mose wartete –
40 Jahre in der Wüste,
mit unvergesslicher Gewissheit: Er befreit;
so warten auch wir auf Stille und auf Demut.
Wie die Propheten warteten –
1 000 Jahre auf die Verheißung der Erlösung,
so warten auch wir auf Anzeichen seiner Gegenwart.
Pfarrer
Norbert Roth,
Frankfurt am Main
Wie Johannes der Täufer wartete –
und die Menschenmenge absuchte nach wissenden Augen,
und fragte: bist du der, der kommen soll?
so sehnen auch wir uns nach einer göttlichen
Begegnung.
Wie Christus wartete –
30 Jahre dahin schleichende Zeit,
40 Tage gepeinigt von Versuchung,
3 Jahre eingetaucht in Missverstehen,
3 Tage in den Tiefen der Hölle.
Und nun –
warten wir.
Nun sind wir an der Reihe, dafür zu sorgen,
dass die Berge eben und die Wege begradigt
werden.
Es ist unsere Aufgabe, den Horizont der Zeit im
Auge zu behalten.
Wir müssen die Hoffnung hochhalten,
dass der, der die Verheißung gegeben hat,
treu ist und zurückkehren wird.
Wenn er betet:
Auf dass sie alle eins seien…
47
BIBELARBEITEN –
MEDITATIONEN
ES STRÖME ABER RECHT WIE WASSER
BIBELMEDITATION FÜR DIE FRAUENARBEIT
Bibelarbeit zu Amos 5,24
Die Bibelarbeit zu Amos 5,24 soll zeigen, dass
Glaube/Spiritualität oder Frömmigkeit und Einsatz
für Menschenrechte nicht zwei voneinander unabhängige Bereiche sind, sondern zusammen gehören und schon in der Bibel aufeinander bezogen
sind.
schen zu Objekten des wirtschaftlichen Aufschwungs degradiert werden und nicht wahrhaft
Menschen sein können, wird dieser Staat zum Untergang verurteilt sein. Noch besteht jedoch die
Chance umzukehren: „Suchet mich, so werdet ihr
leben“, heißt es in Amos 5,4, „Hasset das Böse und
liebet das Gute, richtet das Recht auf im Tor“ in
Amos 5,15 oder „Es ströme aber Recht wie Wasser
und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach“
in Amos 5,24. Amos Eintreten für die Menschenrechte und seine soziale Anklage bedeuten gleichzeitig Engagement für Gott und sein Recht. Das
eine ist vom anderen nicht zu trennen.
Vorüberlegungen zur Vorbereitung
„Es ströme aber Recht wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ Diese berühmte Aufforderung stammt aus dem Buch des Propheten Amos, des ältesten der uns bekannten
Schriftpropheten.
Amos lebte im achten Jahrhundert vor Christus in
Tekoa – das liegt auf einem Berg, 8 km südlich von
Bethlehem – als Viehbesitzer und Maulbeerfeigenzüchter. Amos wird von Gott als Prophet in das
Nordreich Israel gesendet, das unter König Jerobeam II. (782-747 v.Chr.) eine wirtschaftliche Blütezeit erlebt. Der Wohlstand ist jedoch zustande
gekommen durch die Ausbeutung von Menschen
und die Verletzung ihrer Rechte: „Sie treten den
Kopf der Armen in den Staub und drängen die Elenden vom Wege. Sohn und Vater gehen zu demselben Mädchen, um meinen heiligen Namen zu entweihen. Und bei allen Altären schlemmen sie auf
den gepfändeten Kleidern und trinken Wein vom
Gelde der Bestraften im Hause ihres Gottes.“ (Amos
2, 7-8). Als Missstände werden benannt Rechtsbeugung, Korruption, Bereicherung auf Kosten anderer. Das widerspricht dem Gottes-Recht in Israel.
So ist die Botschaft, die Amos der Oberschicht auszurichten hat, wenig erfreulich: Weil in Israel Men48
Recht und Gerechtigkeit
Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei,
lautet ein Sprichwort. Ich vermute, dass mit Recht
„Recht haben“ gemeint ist und mit Gerechtigkeit
„Recht bekommen“.
Was sagt das hebräische Wörterbuch? Das Wort
Recht heißt im Hebräischen Mischpat. Es ist abgeleitet vom Verb schafat – richten, Recht schaffen
und kann übersetzt werden: 1. Recht im Sinne von
gesetzlich geregelt, 2. Handlung des Richtens,
3. Gerichtsverhandlung oder Rechtssache.
Das Wort Gerechtigkeit heißt im Hebräischen Sedaka. Es ist abgeleitet vom Verb sadak – gerecht sein,
vollkommen sein und kann übersetzt werden:
1. Gerechtigkeit, 2. das Richtige, das Gebührende,
3. das Recht, das jemandem zukommt, 4. das rechte Verhalten von Menschen, das von Gott anerkannt wird, 5. das Richtigstellen eines Verhältnisses (Genugtuung, Rechtfertigung).
Gerechtigkeit gibt es nicht abstrakt, sondern ereignet sich zwischen Personen: Gerechtigkeit ist also
immer ein Beziehungsgeschehen. Recht und Gerechtigkeit sind aufeinander bezogen. Recht ist das
konkrete Gesetz, und Gerechtigkeit meint die Umsetzung eines Gesetzes: wie Menschen zu ihrem
Recht kommen.
Recht und Gerechtigkeit begegnen als Paar mehrfach im Amosbuch: „Die ihr das Recht in Wermut
verkehrt und die Gerechtigkeit zu Boden stoßt“
(Amos 5,7). Es geht hier nicht um die beglückende
Erfahrung, wie unter Recht und Gerechtigkeit alles
gedeiht. Vielmehr ist der Text eine Forderung, entsprungen der bedrückenden Erkenntnis, dass Recht
und Gerechtigkeit abwesend sind.
Was meint Amos mit Recht und Gerechtigkeit? Zunächst denke ich an die Thora, an die Gebote, die
den Willen Gottes bekunden und eine gute Lebensordnung für die Menschen sind. Aber hier ist noch
mehr gemeint: „Recht und Gerechtigkeit gehören
so sehr zu Gott, wie das Gesetz vom Sinai Gottes
Gesetz ist. Recht und Gerechtigkeit stehen jedoch
nicht allein für Gottes Anspruch an Israel, sondern
für Gottes Anspruch an die ganze Welt ... Deshalb
zieht Gott Israels Nachbarvölker, die gar nicht an
den Gott Israels glauben, ebenso für ihre Untaten
zur Rechenschaft wie Israel selbst. Gott lässt sich
die Geltung von Recht und Gerechtigkeit nicht
klein machen. Sie sind sein Grundgesetz für die
Welt. Dazu muss man nicht das Gesetz vom Sinai
kennen. Im Alten Testament erhebt Gott durch
Recht und Gerechtigkeit Anspruch auf die ganze
Welt – um der Welt willen, zum Wohle der Menschen.“1
Bilder vom strömenden Wasser (Jesaja 44,3;
48,18.21; Psalm 78,20) und nie versiegenden Bach
deuten darauf hin, dass Recht und Gerechtigkeit
nicht nur vom Menschen herzustellende Leistungen und Gemeinschaftsgüter sind, sondern göttliche und damit gültige Gaben. Wer in einem orientalischen Land das Recht mit Wasser vergleicht,
stellt sich vielleicht Wüstenland vor. Mittendrin
eine grüne Zone: Da muss Wasser sein. Es ist nicht
anders möglich. Wo Wasser ist, kann sich Leben
entfalten: das Recht ist eine Gabe Gottes für das
Leben. So wurde die Thora auch gefeiert als ein guter Lebensraum.
Beten und Tun des Gerechten
Der Kontext Amos 5,21-24 ist eine schroffe Kultkritik. „Ich bin euren Feiertagen gram und verachte
sie und mag eure Versammlungen nicht riechen.
Und wenn ihr mir auch Brandopfer und Speisopfer
opfert, so habe ich keinen Gefallen daran und mag
auch eure fetten Dankopfer nicht ansehen. Tu weg
von mir das Geplärr deiner Lippen.“
Hier redet Gott unmittelbar. Beklemmend ist die
Botschaft. „Ich hasse.“ „Ich verwerfe.“ Gerade da,
wo Israel Gottes Nähe sucht und hofft – im Gottesdienst – weist Gott zurück. Gott will sich in den
Gottesdiensten nicht dienen lassen und nicht dienen, wenn wir Gebet und Gebot auseinanderfallen
lassen.
Das bedeutet nicht, dass Gott in diesem Text den
Kult, also den Gottesdienst an sich ablehnt. Abgelehnt aber wird die Trennung von Gebet und Ge1 Hermann Spiekermann, in: Bittgottesdienst für den Frieden
in der Welt 2004, Materialien zur Vorbereitung, Hannover
(Kirchenamt der EKD) 2004, S. 25f.
bot. Anders gesagt: Wenn Menschenrechte verletzt
werden und das nicht zur Sprache kommt im Gottesdienst oder diejenigen nicht bekümmert, die
Gottesdienst feiern, dann ist dieser Gottesdienst,
der die Menschenrechte ausblendet, Gott ein Ärgernis. Recht und Gerechtigkeit sind Gottes ureigene Sache. Wenn Menschen sich zu Gott bekennen,
dann gehört untrennbar das Engagement für die
Menschenrechte dazu. Im Gottesdienst suchen
Menschen Gemeinschaft, Trost, Ermutigung. Es ist
jedoch ein Irrtum zu meinen, der Gottesdienst habe
mit der Welt, in der wir leben, nichts zu tun. Gott
will Recht. Gott will, dass wir Recht schaffen. Gott
liebt Gerechtigkeit, und das soll sich zeigen in den
Gottesdiensten, die wir feiern.
Glaube meint nie individualistisch das Verhältnis
der Seele zu Gott, sondern Glaube geschieht in der
Welt und fragt danach, ob die Welt dem Willen
Gottes entspricht. Frömmigkeit und Ethik sind zwei
Seiten einer Medaille. Dietrich Bonhoeffer hat es in
seiner berühmten Formulierung auf den Gottesdienst zugespitzt: „Nur wer für die Juden schreit,
darf auch gregorianisch singen.“ 1944 schreibt er
aus dem Gefängnis an sein Patenkind: “... unser
Christsein wird heute nur in zweierlei bestehen: im
Beten und im Tun des Gerechten unter den Menschen.“2
Amos 5,24 in der Menschenrechts-Tradition
Amos meint, wenn er von Recht und Gerechtigkeit
spricht, nicht nur das Gesetz vom Sinai, sondern so
etwas wie allgemeine Menschenrechte, auch wenn
dieser Begriff in der Antike nicht vorkommt. In der
Menschheitsgeschichte werden erst seit ca. 50 Jahren Menschenrechte anerkannt. Sie formulieren
Rechtsansprüche jeder und jedes Einzelnen, die
durch staatliches Recht nicht geleugnet werden
dürfen. Diese Rechte kommen den Einzelnen nicht
kraft der Zugehörigkeit zu einem Staat, einer
Volksgruppe, einem Geschlecht, einer Religion
oder Kultur zu, sondern allein aufgrund des
Menschseins. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 stellt den Grundstein für den
2 Widerstand und Ergebung, Gütersloh, 12. Auflage 1983, S. 152.
internationalen Menschenrechtsschutz dar, auch
für die Frauenrechtskonvention von 1979. Frauen
besitzen ein Recht auf Nicht-Diskriminierung, das
nunmehr auch einklagbar ist. Ein wichtiger Schritt
in dieser Entwicklung war auch die Weltfrauenkonferenz in Peking 1995.
Auch die Kirchen haben ihre Verantwortung für die
Menschenrechte erkannt. „Die Mitverantwortung
der Christen für die Verwirklichung der Menschenrechte hat ihre Grundlage darin, dass Gott den
Menschen bedingungslos annimmt, und im Gebot
der Liebe. Aus dieser Erkenntnis ergibt sich der besondere Auftrag der Kirche zum Einsatz für die
Menschenrechte“, so der damalige Ratsvorsitzende der EKD, Manfred Kock, 1997.3
Berühmt geworden ist Amos 5,24 im Kampf gegen
den Rassismus: Martin Luther King hat Amos 5,24
aufgegriffen in seiner Ansprache am 5. Dezember
1955 zum Auftakt des Busboykotts in Montgomery. Vier Tage zuvor hatte sich die schwarze
Näherin Rosa Parks geweigert, ihren Sitzplatz
für einen Weißen freizumachen. Ihre Festnahme
wurde zur Initialzündung für den ein Jahr dauernden Busboykott. Pfarrer King sagte angesichts des
Kampfes gegen die Rassendiskriminierung: „Sind
wir im Unrecht, war Jesus von Nazareth nur ein
utopischer Träumer und ist nie zur Erde gekommen? Sind wir im Unrecht? Ist Gerechtigkeit eine
Farce? Wir sind entschlossen, hier in Montgomery
zu arbeiten und zu kämpfen, bis das Recht strömt
wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein
mächtiger Strom!“ („until justice rolls down like
waters and righteousness like a mighty stream!“)4
Martin Luther King hat Amos ausgelegt für seine
Zeit. Ebenso wie Korruption und Rechtsbeugung
hätte Amos Rassismus oder Sexismus angeprangert. So könnte Amos 5,24 neu entdeckt werden
von Frauen, denen der Einsatz für die Menschen3 Materialien für die Vorbereitung der Friedensdekade 2004,
S. 13.
4 Materialien für die Friedensdekade 2004, dort Bittgottesdienst für den Frieden in der Welt 2004, S. 36 f.
rechte – also auch für die Geschlechtergerechtigkeit – eine Glaubensangelegenheit ist. In der
Grundordnung der Evangelischen Kirche BerlinBrandenburg-schlesische Oberlausitz zum Beispiel
steht die Geschlechtergerechtigkeit im Vorspruch,
also bei den Sätzen, die Bekenntnisrang haben. Damit ist festgestellt, dass die Geschlechtergerechtigkeit keine Erscheinung des Zeitgeistes ist, sondern
eine theologische Frage.
Für die Arbeit in der Gruppe
Je nach Größe der Gruppe 60-80 Minuten (bei 10
bis ca. 25 Teilnehmerinnen)
Stuhlkreis mit zu gestaltender Mitte; eine Kerze;
gut lesbar für alle die Begriffe „Recht“ und „Gerechtigkeit“; zweimal der Text Amos 5,24 für alle
gut lesbar; zwei leere A3-Bögen (wo A3 nicht zur
Hand ist, zwei A4-Blätter zusammenkleben); ein
Stift; der Text Amos 5,21-24 für alle (entweder in
der Bibel oder als Kopie); Artikel 1 und 2a der Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte und § 18
aus der Erklärung der Wiener Menschenrechtskonferenz 1993.
Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an
Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander
im Geist der Brüderlichkeit (Geschwisterlichkeit) begegnen.
Artikel 2a: Jeder hat Anspruch auf die in dieser
Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten,
ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion,
politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt
oder sonstigem Stand.
§ 18: Die Menschenrechte der Frauen und der
minderjährigen Mädchen sind ein unveräußerlicher, integraler und unabtrennbarer Bestandteil
der allgemeinen Menschenrechte.
Entzünden der Kerze in der Mitte; Begrüßung
Wir wollen uns auf die Bibelarbeit zu Amos
5,24 einstimmen mit dem Lied „Sonne der Gerechtigkeit“ (EG 262) oder „Lass uns den Weg
der Gerechtigkeit gehen“.
(3 Minuten)
Amos 5,24 wird von der Leiterin einmal vorgelesen.
Danach werden in die Mitte die Begriffe Recht und
Gerechtigkeit gelegt sowie die beiden leeren A3Bögen.
Ich habe Ihnen die beiden zentralen Begriffe
aus Amos 5,24 aufgeschrieben. Wir wollen
nun zunächst sammeln, was uns zu diesen
beiden Begriffen in den Sinn kommt. Wir beginnen mit dem Begriff Recht. Bitte sagen Sie,
was Ihnen dazu einfällt: welche Assoziationen, welche Fragen, welche Sprüche, welche
Bilder – das, was bei Ihnen obenauf liegt.
Die Teilnehmerinnen sagen, was ihnen einfällt. Die
Leiterin schreibt alles mit auf einem A3-Bogen.
Zum Begriff Gerechtigkeit wird gesammelt auf dem
anderen A3-Bogen. Vermutlich kommt bei dieser
Sammlung heraus, dass Recht so etwas wie Gesetz
ist und Gerechtigkeit die Umsetzung von guten Gesetzen, also die Beziehung zwischen Menschen
meint. Wenn die Sammlung nicht so recht in Gang
kommen sollte, kann die Leiterin mit dem Sprichwort „Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei“ einen Impuls setzen. Zu erwarten sind dann
allerlei Geschichten von erfahrener Ungerechtigkeit und unsinniger Bürokratie.
Beide Sammlungen werden am Ende von der Leiterin noch einmal vorgelesen und in die Mitte gelegt
neben den jeweiligen Begriff – sozusagen als Ergebnissicherung.
(8 Minuten)
Auf dem entstandenen „Begriffsteppich“ wird nun
noch einmal der Text Amos 5,24 vorgelesen und in
die Mitte gelegt.
„Es ströme aber Recht wie Wasser und Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach“:
49
Welche Vorstellung lösen die Bilder vom Wasser und vom nie versiegenden Bach bei Ihnen
aus – verbunden mit Recht und Gerechtigkeit?
Kurzer Austausch darüber, eventuell mit dem Hinweis auf die Bedeutung vom Wasser in der Wüste,
in einem orientalischen Land. Wer von den Frauen
schon einmal in Israel gewesen ist, kennt die Bilder
von den grünen Flecken in der Wüste, die dort entstehen, wo Wasser ist: Recht und Gerechtigkeit
sind die Bedingungen für gutes Leben.
(5 Minuten)
Informationsblock über Amos und seine Zeit:
Amos ist der älteste der uns bekannten
Schriftpropheten. Seine Worte klingen schroff
und schonungslos. Er lebte im achten Jahrhundert vor Christus in Tekoa – das liegt auf einem Berg, 8 km südlich von Bethlehem. Er war
Viehbesitzer und Maulbeerfeigenzüchter. Israel ist in dieser Zeit geteilt in ein Südreich und
ein Nordreich. Amos aus dem Süden wird von
Gott als Prophet in das Nordreich Israel gesendet. Hier regiert König Jerobeam II. (782-747
v. Chr.). Das Land erlebt eine wirtschaftliche
Blütezeit. Den Reichen geht es so gut wie nie.
Ihr Wohlstand ist jedoch zustande gekommen
durch die Ausbeutung von Menschen. Die
Rechte der Armen, Witwen und Waisen sind
außer Kraft gesetzt. In Amos 2,7-8 lesen wir:
„Sie treten den Kopf der Armen in den Staub
und drängen die Elenden vom Wege ... Und
bei allen Altären schlemmen sie auf den gepfändeten Kleidern und trinken Wein vom Gelde der Bestraften im Hause ihres Gottes.“
Amos sieht Rechtsbeugung, Korruption, Bereicherung auf Kosten anderer. Das widerspricht
dem Gottes-Recht in Israel. So ist die Botschaft, die Amos der Oberschicht auszurichten
hat, wenig erfreulich: Dieser Staat wird unter-
50
gehen, weil die Reichen auf Kosten der Armen
leben, weil Menschen zu Objekten des wirtschaftlichen Aufschwungs degradiert werden.
Noch besteht jedoch die Chance, umzukehren:
„Suchet mich, so werdet ihr leben“, heißt es in
Amos 5,4.
Amos wird sich mit seiner schonungslosen Anklage kaum Freunde im Nordreich gemacht
haben. Seine Spur verliert sich im Dunkeln;
möglicherweise ist er umgebracht worden wie
viele Propheten nach ihm.
(5 Minuten – eventuell Rückfragen, dann 8 Minuten)
Die Teilnehmerinnen werden gebeten, den Bibeltext Amos 5,21-24 aufzuschlagen bzw. sie bekommen eine Kopie des Textes.
Wir wollen nun sehen, in welchen Kontext
Amos sein Wort von Recht und Gerechtigkeit
stellt. Bitte lesen Sie den Text jede für sich allein. Danach wollen wir den Text noch einmal
hören.
Alle lesen den Text still für sich. Danach wird eine
Teilnehmerin gebeten, den Text Amos 5,21-24 vorzulesen bzw. vier lesen je einen Vers.
(5 Minuten)
Gespräch über den Text:
„Tu weg von mir das Geplärr deiner Lippen.“
Was Gott hier sagt, ist kaum zu ertragen. Was
meint Gott damit?
Gespräch: Kultkritik – aber nicht Kultkritik an sich,
sondern Kritik an der Auflösung des Zusammenhangs von Gebet und Gebot. Mögliche Fragen:
1. Inwiefern lehnt Gott die Gottesdienste ab?
2. Welche Bedingungen nennt Amos für angemessene Gottesdienste?
3. Was geht uns Amos an? Was könnte Amos
heute bei uns kritisieren?
4. Wie beurteilen Sie den Satz: Die Politik soll aus
dem Gottesdienst herausgehalten werden?
5. Wie beurteilen Sie den Satz: Handeln ist wichtiger als Beten?
6. Was meint Dietrich Bonhoeffer 1944 mit dem
Satz: Nur wer für die Juden schreit, darf auch
gregorianisch singen?
7. Wo zeigt sich bei uns der Zusammenhang von
Spiritualität und politischem Handeln? (Beispiele: Weltgebetstag: informiertes Beten, betendes Handeln; Südfrüchteboykott EFD: Kauft
keine Früchte der Apartheid; Friedensbewegung in der DDR: Schwerter zu Pflugscharen;
Politisches Nachtgebet)
(20 Minuten)
Amos redet schon über Menschenrechte, auch
wenn der Begriff damals nicht vorkam.
Geistliches und politisches Engagement gehören
zusammen: Information über Amos 5,24 in der Antirassismusbewegung (Martin Luther King), Information über die Frauenrechtsbewegung;
In die Mitte wird Artikel 1 und 2a der Erklärung der
Menschenrechte und § 18 (gekürzt) der Erklärung
der Wiener Menschenrechtskonferenz gelegt5 (s.
Seite 49).
Fragen:
1. Wo werden heute Frauenrechte eingeschränkt?
5 Der Paragraph fährt fort: „Die volle und gleichberechtigte
Teilnahme der Frau am politischen, bürgerlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben auf nationaler, regionaler
und internationaler Ebene und die Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sind vorrangige Zielsetzung der internationalen Gemeinschaft. Geschlechtsspezifische Gewalt und alle Formen sexueller Belästigung und Ausbeutung, einschließlich solcher, die auf kulturelle Vorurteile und
den internationalen Menschenhandel zurückzuführen sind, sind
mit der Würde und dem Wert der menschlichen Person unvereinbar und müssen beseitigt werden. ...“
2. Wo ist unsere Solidarität als Christinnen gefordert?
3. Welche Aktionen wollen wir unterstützen?
(15 Minuten)
Der Text Amos 5,24 wird noch einmal vorgelesen.
Die Bibelarbeit wird beendet mit dem Lied zu Amos
5,24 „Recht ströme wie Wasser“.
(5 Minuten)
Dr. Christiane Markert-Wizisla,
Berlin,
Geschäftsführende Pfarrerin
der Ev. Frauen- und Familienarbeit
Berlin-Brandenburg
Aus: Arbeitshilfe zum Weitergeben (ahzw) der Evangelischen
Frauenhilfe 2/2005.
Literaturhinweise:
Marie Theres Wacker, Das Buch Amos, in: Kompendium Feministische Bibelauslegung, Gütersloh 1998, S. 320-326
Alfons Deissler, Zwölf Propheten. Hosea, Joel, Amos, Leipzig
1985 (Lizenzausgabe DDR)
Bittgottesdienst für den Frieden in der Welt 2004, Materialien zur Vorbereitung, Kirchenamt der EKD, Hannover 2004
Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, Gütersloh,
12. Auflage 1983
LICHT – WASSER – GEIST
EINE MEDITATION ÜBER MÄNNER UND IHRE SPIRITUALITÄT
„Das Licht Christi scheint auf alle!“
Das macht Mut –
das schließt ein, nicht aus –
das nimmt mit und lässt nicht stehen!
Eine wunderbar ermutigende Botschaft, die sich
die 3. Ökumenische Versammlung als Leitmotiv für
ihren Weg nach Sibiu erwählt hat. Das Licht Christi
scheint auf uns alle. Der helle Schein seiner Gnade
dringt in das Leben selbst derer, denen die Sonne
nicht so häufig scheint oder die blind geworden
sind für die Strahlen der Liebe. Dieses Licht des lebendigen Gottes ist stärker als die Dunkelheit der
in Orientierungslosigkeit, Unsicherheit, Verzweiflung, Not oder Angst gefangenen Seele – es ist ein
Licht, das Leben verheißt.
Mir als jemandem, der mit vielen Männern innerhalb und außerhalb unserer Kirche zu tun hat,
scheint es fast so, als sei eben diese Botschaft auch
in besonderer Weise uns Männern zugesagt. Das
Licht Christi scheint auch auf uns!
Licht Christi
Nun stehen Männer allerdings oft gerade im Schatten unseres kirchlichen Lebens, vielleicht weil sie
das Scheinwerferlicht des bekennenden und aktiven Christentums eher scheuen – vielleicht aber
auch, weil sie sich von einer Kirche, die in ihren
alltäglichen Kommunikationsformen zunehmend
weiblich geprägt ist, nicht mehr wahrgenommen
fühlen. Frauen sind auf allen Ebenen aktiv, sie geben der Kirche in vielen verschiedenen Erscheinungsformen das lebendige Antlitz. Männer sind
noch in den Entscheidungsgremien vorhanden, in
den Bereichen, in denen Menschen der Kirche die-
nen und in denen Menschen Kirche leben und Kirche in Anspruch nehmen, werden sie immer häufiger gesucht.
Wenn man in der kirchlichen Arbeit mit Männern
steht, stößt man oft auf die Schwierigkeiten der
Männer, über Transzendenz, Gott und Glaube
sprechen zu können. Doch diese Schwierigkeit sollte nicht allzu schnell bewertet werden. Sie ist zunächst einmal nicht mehr und nicht weniger als der
Beleg für die Tatsache, dass sich männliche und
weibliche Lebenswelten unterscheiden. Der Unterschied in den Erfahrungen von Männern und Frauen bestimmt auch ihr Verhältnis zu Glaube, Spiritualität und Transzendenz. Für die Distanz der
Männer gibt es vielschichtige Gründe. Religiöse
Praxis, wie sie durch Kirche, Eltern, Religionsunterricht oder Jugendgruppe vermittelt wird, ist in ihrer
Wirkung auf Frauen und Männer unterschiedlich.
Männer scheinen schneller geneigt, negative Lebenserfahrungen und religiöse Prägung in einen
unmittelbaren Zusammenhang zu setzen. Die Folge ist zumeist der Bruch mit der traditionellen Religion oder zumindest eine radikale Veränderung
ihrer bisherigen religiösen Lebenswelt. Frauen erweisen sich an dieser Stelle als weitaus „leidensfähiger“. Männer mögen, einfach ausgedrückt, im
herkömmlichen kirchlichen Verständnis weniger
religiös erscheinen als Frauen.
Doch wir sollten das Schweigen der Männer in Fragen des Religiösen nicht gleichsetzen mit spiritueller Armut oder Unfähigkeit zur Transzendenz. Viele Gespräche mit Männern haben uns gezeigt, von
welch tiefer Sehnsucht auch Männer beseelt sind,
Sinn und Orientierung für ihr Leben spirituell zu be-
stimmen. Es gibt viele und gute Gründe dafür, warum die europäische ökumenische Bewegung der
letzten Jahre auch in hohem Maße eine Frauenbewegung ist. Die besondere Spiritualität der Frauen
hat ökumenisches Leben an der Basis in Ritus, Liturgie, Tanz oder Gesang geprägt und bereichert.
Auch Männer sind spirituell kompetent – doch sie
legen hohen Wert darauf, ihre religiösen Erfahrungen selbst bestimmt zu gestalten und ihnen ihre
eigene männliche Stimme zu geben. Wer solche
Männer-Stimmen hören will, muss ihrer Suche
nach dem Heil ihrer Seele Raum geben – vor allem
aber muss er wirklich hören wollen … Es wäre sehr
schön, wenn wir den Weg nach Sibiu und darüber
hinaus gemeinsam gehen würden, als Frauen und
Männer in Achtung und Respekt vor dem/der jeweils „anderen“. Solche Gemeinschaft in der Verschiedenheit entspricht dem Gebot der Gerechtigkeit und der Partnerschaft unter denen, auf die das
Licht dessen fällt, der da sagt: „Ich bin das Licht
der Welt“ und die, wie Johannes, zeugen wollen
von diesem Licht!
Lebendiges Wasser
Im vergangenen Jahr beging die Männerarbeit der
Ev. Kirche in Deutschland ihren 60. Jahrestag. Das
Bemühen um die Selbstvergewisserung in Verantwortung vor der Tradition und im Bewusstsein der
Notwendigkeit des Aufbruches stand unter dem
Bibelwort eben dieses Johannes, bei dem es im
7. Kapitel, Vers 37-39 heißt:
„Aber am letzten Tag des Festes, der der höchste
war, trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der
BIBELARBEITEN –
MEDITATIONEN
komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie
die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von
dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn
glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn
Jesus war noch nicht verherrlicht.“ (Joh 7,37-39)
Dieser Text steht in thematischem Zusammenhang
mit dem jüdischen Laubhüttenfest, in dessen Mittelpunkt eine Wasserprozession der Priester steht
und das ein Fest der Lebensfreude ist. In Anknüpfung an die Tradition dieses Festes ruft Jesus alle
die auf, denen es nach Leben dürstet, sie mögen
kommen und diesen Durst stillen. Der Geist des
bejahenden Lebens wird in der Metapher des lebendigen Wassers zum Bild für die Sehnsucht nach
gelingendem Leben in der Gemeinschaft mit und
im Glauben an die Quelle des Lebens selbst: Jesus
Christus.
Mit den „Strömen lebendigen Wassers“ beschreibt
Jesus in diesem Wort von Johannes die Wirkung
des Geistes Gottes in Menschen, die sich vom
Glauben an Jesus Christus anstecken lassen. Er tut
dies mit einem sehr starken Bild, das uns sofort an
die Natur, an Flüsse und Wasserfälle denken lässt.
Aber entspricht das auch der Realität? Erfahren
Menschen in der Begegnung mit uns Christen und
unserem Glauben denn tatsächlich etwas von dem
Geschmack frischen Wassers und erleben sie seine
Wirkung als die Energie eines lebendigen Stromes?
Männer sind von diesem Bild zunächst einmal sehr
angetan. Das entspricht ihrem starken Bezug zwischen Spiritualität und Natur, Kontemplation und
Kampf. Ich habe zum Männersonntag 2006 mit
51
Männern einen Gottesdienst zu dieser Bibelstelle
gestaltet. Die Männer, die diesen Gottesdienst
vorbereitet haben, schauten sich einige Wochen
vorher dazu einen Film an, in dem dieses Bild von
den Strömen des lebendigen Wassers sehr anschaulich und erfahrungsnah umgesetzt wird. Es
handelt sich um den oscarprämierten Film „The
Mission“ aus den 80er Jahren mit Robert de Niro
und Jeremy Irons in den Hauptrollen. Der Film führt
in entlegene Gebiete des Lebens: im äußeren Sinne
in das Grenzgebiet Brasilien, Argentinien, Paraguay und an die gewaltigen Wasserfälle von Iguassu; im inneren Sinne führt er in die entlegenen Regionen der Seele, er stellt die Frage nach befreitem
Leben, das aus der Lösung von falschen Bindungen
und der Last unverarbeiteter Vergangenheit erwächst:
„Der Film erzählt die Geschichte eines Sklavenjägers und Brudermörders; er hat die Ureinwohner
oberhalb des Wasserfalles gejagt und nach Europa
verkauft, und er hat in einem Anfall von rasender
Eifersucht seinen eigenen Bruder erstochen. Zuerst
sucht er für sein böses Tun selbst eine angemessene Strafe, er hungert, er schweigt, er will sterben.
Aber wie immer im Leben, wenn wir zugleich Richter und Angeklagte zu sein versuchen, misslingt
diese Bußübung; Selbsterlösung ist auch in strafender Gestalt nicht möglich.
Schließlich findet endlich ein Jesuitenpater Zugang
zu seiner Seele; und er legt ihm eine andere Buße
auf: Der Brudermörder muss ein riesiges Netz hinter sich herziehen, die Wasserfälle des Iguassu hinauf, bis zu den Indianern, die er einst jagte; die
Ströme des lebendigen Wassers sind hier zu gewaltigen Kräften geworden. In dem großen Netz ist
sein altes Leben: er zieht alle Insignien seines vergangenen Lebens hinter sich her, seine Rüstung,
seinen Panzer, sein Schwert, seine Pistole und sein
Helm zerren und ziehen an ihm, wollen ihn zurückreißen und festhalten am Boden unterhalb der
Wasserfälle. Und niemand darf ihm helfen, keiner
aus dem Kreis der Jesuiten darf anfassen, keiner
darf das Gewicht erleichtern.
52
Dann, oben auf dem Hochplateau angekommen,
begegnet er den Indianern, die ihn als den ehemaligen Sklavenjäger wieder erkennen. Einer von ihnen zieht ein Messer, rennt auf den ehemaligen
Sklavenjäger zu und – befreit ihn von dem Netz seines alten Lebens. Es sind die Opfer, die ihm ein
neues, befreites Leben schenken.“ 6
Das Bild des lebendigen Wassers symbolisiert Gottes Geist, „der die Menschen durchströmt – den
Geist Jesu Christi, den Geist der Auferstehung, des
Anbruchs eines neuen Lebens. Das Wasser ist reinigend und klärend, aber auch mitreißend und begeisternd.“7 Es steht für eine Bejahung des Lebens
und somit für das Abenteuer Glaube und das Projekt Gemeinschaft. Christus selbst ist die Quelle
dieser Lebensenergie, die auf die Menschen übergeht, sie erlöst und sie von dieser Erlösung zeugen
lässt. Die Energie des lebendigen Wassers setzt
Menschen in Bewegung – in Bewegung aufeinander zu! Wenn Menschen – vor allem die skeptischen Männer – bei Christen, denen sie begegnen,
diese Energie spüren, wenn sie die Bereitschaft zu
offenem Gespräch und respektvollem Austausch
der gegenseitigen Erfahrungen erleben, dann werden sie etwas schmecken können von dem lebendigen Wasser dieser Quelle und ihrer heilenden Wirkung.
Geist des Heiligen
Die Zeit zwischen Ostern und Weihnachten wird
vielfach in unserer Gesellschaft als eine Zeit des
kirchlichen Alltags wahrgenommen, die rituellen
Höhepunkte des Weihnachts- und Osterfestes sind
vorbei – Pfingsten? Ein Frühsommerfest für Fami-
6 Vgl. Thies Gundlach, „Ströme lebendigen Wassers – wo
Glaube und Freiheit wachsen…“, Predigt zum Männersonntag 2006, in: Arbeitsgemeinschaft der Männerarbeit der EKD,
Werkheft zum Männersonntag, Kassel 2006.
7 Zur Exegese des Johannestextes vgl. auch Klaus Schäfer,
„Schmeckt wie köstlich und erquickend…“, Textmeditation
zu Joh 7,38b, ebd.
lien … Der Heilige Geist – eine vergessene Seite
Gottes?8
Jenes Bild vom lebendigen Wasser beschreibt eine
neue Qualität des Geistbegriffes – es führt weg von
der Vorstellung eines lauen Lüftchens, oder beschaulicher Pietät. Der Geist wird zur verändernden
Kraft. In der Pfingstgeschichte geht diese Kraft auf
die Menschen über, sie werden „begabt“ mit einer
Dynamik, die nach Frei- und Umsetzung drängt.
Eine Kraft, die gerade in den Phasen des Alltages
motivieren kann und zu neuer Energie gelangen
lässt.
Nun wissen wir aus unseren Studien allerdings,
dass Männer in der säkularen Welt längst begonnen haben, die Präsenz dieser Kraft in ihrem persönlichen Glauben, in der Religion und vor allem in
der Institution Kirche zu hinterfragen. Auf ihrer
Suche nach Sinn und Orientierung in ihrem Leben
räumen sie der Kirche kaum noch Kompetenz ein.
Als moralische und sinngebende Instanz hat sie
ihre Bedeutung eingebüßt. Und doch suchen die
Männer nach Freiräumen und Orientierungen, in
denen sie ihr Leben mündig gestalten können. Ihre
Suche richtet sich dabei sowohl auf die Antworten
hinsichtlich ihrer Lebensfragen wie zugleich auf
Begleitung und spirituelle Heimat.
Gerade hier ist die Kraft des neuen Geistes gefragt.
Eines Geistes, der sich im Leben Christi offenbart
und in seiner Heiligkeit Orientierung gibt für das
Leben. Ein solcher Geist lässt in dem Menschen
Jesu Gottes Macht offenbar werden – in ihm, dem
Zweifel, Angst, Not und Leid selbst nicht fremd waren. Doch zugleich eröffnet sich in dieser Menschwerdung Gottes der Blick auf das Leben, auf Gerechtigkeit, auf Liebe und Barmherzigkeit. Unser
Glaube ist von solchem Geist beseelt und deshalb
hält er Antworten bereit auf die Fragen, die das Leben stellt – auch die Fragen der Männer an ihn
8 Vgl. Martin Hochholzers Meditationen zu Himmelfahrt und
Pfingsten, in: T. Kugler/M. Hochholzer (Hg.), Werkbuch Männerspiritualität. Impulse, Bausteine, Gottesdienste im Kirchenjahr, Freiburg 2007.
selbst. Es ist ein Geist des Diskurses, der Reflexion
und des Respekts. Im Hören des Evangeliums Jesu
Christi und in der Auseinandersetzung mit ihr erschließen sich der Freiraum und Halt, den auch
Männer für ihr Leben brauchen:
„Jesu Leben bringt das Heil, das von Gott kommt
zu den Menschen in die Welt, damit sie heil wird
und mit ihr alle Menschen Heilung erfahren. Jesus
macht den Menschen deutlich: Gott begleitet euch,
er ist bei euch. Das ist der Anfang der einzigartigen
Geschichte der Begegnung von Glaube und Freiheit, oder vom Suchen und Finden und von Freiraum und Halt. Die Suche geschieht nicht ohne Ziel
und Orientierung. Sie folgt den Spuren, die aus der
Bibel zu uns führen. Die Spuren stehen dabei nicht
für ein Dogma, sondern für einen lebendigen Menschen.“9
Für diese Geschichte Gottes mit den Menschen gilt
eben gerade, dass wir nicht an sie glauben müssen,
sondern dass sie selbst den Glauben weckt – dass
ihr Geist wirksam wird! Gott hat von Beginn an
den Dialog mit den Menschen gesucht. Diesen besonderen Charakter unseres Glaubens müssen wir
die Männer spüren lassen, indem wir selbst den
Dialog mit ihnen führen. Wenn wir im Wissen um
unsere jeweils eigene Unvollkommenheit und in
Anerkennung der Erfahrungen des anderen vom
Glauben reden und ihn leben, dann werden wir
auch von den Männern verstanden und ernst genommen. Was als gemeinsame Suche nach den
Antworten auf die Fragen nach der Wahrheit beginnt, wird sich so im Gegenüber vollenden.10
Der Ursprung des Dialoges Gottes mit den Menschen ist seine Liebe. Wir sollten uns vom Geist dieser heiligen Liebe anrühren lassen und sie zur
Grundlage des Umganges mit unseren spirituellen
Erfahrungen und Bedürfnissen machen: in strittigem Diskurs aber auch in notwendiger Achtsam9 Gerd Kiefer, Wie missionarisch kann und darf Männerarbeit
sein? in: Werkheft zum Männersonntag, a. a. O.
10 Ebd.
keit! Denn das Licht Christi leuchtet auf uns alle. Es
ist das Licht Gottes für die Welt, in dessen Schein
sich Freiheit und Verantwortung als Strahlen seiner
Liebe brechen.
Material
In mir ist es finster
Gott, zu dir rufe ich in der Frühe des Tages.
Hilf mir beten
Und meine Gedanken sammeln zu dir;
Ich kann es nicht allein.
In mir ist es finster,
aber bei dir ist das Licht;
ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht;
ich bin kleinmütig, aber bei dir ist die Hilfe;
ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede;
in mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist die Geduld;
ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den Weg für mich.
Amen
Ich bin nichts …
Eine Einbildung bin ich…
Was will ich denn überhaupt von mir und von den
Dingen
auf dieser Welt?
„Und hätte der Liebe nicht“ …
Das erhabene Licht entsendet, von der Höhe der
Zeiten,
die große Botschaft, die der Seele die Freiheit
schenkt …
„Und hätte der Liebe nicht“ …
O Gott, und ich habe die Liebe nicht! …
Fernando Pessoa
(zitiert nach: M. Rosowski/A. Ruffing (Hg.),
Krafträume. Gedanken und Gebete für Männer,
Kevelaer 2006)
Körperübung
•
Dietrich Bonhoeffer
(aus: Widerstand und Ergebung)
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Dort hatten sie kein elektrisches Licht
So las ich im Licht einer matten Kerze,
ins Bett verkrochen,
was zum Lesen zur Hand war –
die Bibel auf Portugiesisch (wie seltsam!), für Protestanten bestimmt.
Und wieder las ich den „Ersten Brief an die Korinther“.
Die übergroße Stille dieser Nacht auf dem Lande
wirkte widersprüchlicher Weise laut,
brachte mich an den Rand der Tränen vor Trostlosigkeit.
Der „Erste Brief an die Korinther“.
Ich las ihn erneut im Licht einer Kerze, die plötzlich
uralt schien,
und ein großes Gefühlmeer rauschte in mir …
•
Martin Rosowski,
Kassel,
Geschäftsführer der Männerarbeit der EKD
und Generalsekretär des
Europäischen Forums Christlicher Männer
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Ich stehe. Hole vor mein geistiges Auge Bilder vom Kommen. Wer ruft mich? Wer will mich? Kann ich gehen? Was hält mich immer wieder fest? Sicherheitswahn? Erfolg im Beruf? Mutlosigkeit?
Ich straffe meinen Körper: Stehe fest auf beiden Füßen. Belaste abwechselnd den rechten und linken Fuß.
Spüre in meinen Rücken hinein. Meditiere wieder, was mich festhält zu gehen.
Stricke ziehen mich nach hinten. Ich benenne still diese. Gehe ins Hohlkreuz im Wechsel mit dem Katzenbuckel. Ziehen und entlasten, immer im Wechsel. Bis ich weich bin.
Ich bewege meinen Kopf, nach rechts und links. Vorsichtig. Schaue über meine Schultern. Was hält mich
dort? Wen oder was sehe ich da. Ich benenne auch das still.
Wer schaut alles auf mich. Ich benenne Traditionen, Erziehung, Eltern, Karrieredruck...
Meine Stimme bekommt Nachdruck. Wenn ich will, rufe ich das, was mich hält, immer lauter aus. So laut
wie ich es will.
Endlich, wenn ich freier bin, in Stimme und Haltung, wage ich einen Schritt nach vorne – ich meditiere dabei Menschen, Situationen, denen ich vertraue und die mich bitten zu kommen.
Ich setze – so wie ich kann – entschlossen oder vorsichtig – entschlossen – einen Schritt nach vorne oder
zwei....
Die Stricke im Rücken, die kontrollierenden Blicke links und rechts zerreißen. Ich straffe mich, bin frei und
mache weitere klare Schritte nach vorne.
Meine Sinne gehen zu dem hin, dem ich vertraue.
Weiter mache ich erhobenen Hauptes klare Schritte nach vorne.
Habe ein klares Ziel vor Augen. Benenne es stumm oder auch laut, wenn ich es will.
Ich bleibe stehen, wo es mir gefällt. Genieße die Freiheit.
Und schaue nicht zurück.
Eckhard Käßmann (aus: Werkheft zum Männersonntag 2006)
53
BIBELARBEITEN –
MEDITATIONEN
PILGERWEGE – GLAUBENSWEGE
Eine Gemeindeveranstaltung
Biblische Zugänge
Dieser Entwurf kann in der Gemeinde für eine Veranstaltung etwa im Rahmen der Frauenhilfe, des
Kirchenvorstandes, des Gemeinderates, des Presbyteriums, des Seniorenkreises, der Erwachsenenbildung, eines Hauskreises oder auch der Jugendarbeit verwendet werden. Die Texte sind als Impuls gedacht, Themen des eigenen individuellen
Glaubensweges, der Gemeinde und der Ökumene
unter dem Aspekt „Verwirklichung“ anzuschauen.
Das Wort Verwirklichung ist hier verstanden wie in
Hebräer 11,1. Dort wird der Glaube als eine „Verwirklichung“ dessen beschrieben, was Christen
und Christinnen erhoffen. Die Hoffnung des christlichen Glaubens richtet sich einerseits auf das, was
dem glaubenden Menschen verheißen ist: Ewiges
Leben, Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit. Andererseits richtet sich aber die Hoffnung des christlichen Glaubens auch auf eine lebendige Person:
Jesus Christus. Daher ist das Glaubensleben in die
Dynamik der Liebe zwischen Gott und Mensch gestellt. Das ist nichts Statisches. Gerade deshalb
wird die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung auch als Pilgerweg beschrieben.
Glaubende Menschen erleben den Verlauf ihres
Weges mit Gott, ähnlich wie die Menschen der
Bibel als Wanderung durch Berg und Tal. Im Nachdenken über diesen Weg sollen die angegebenen und abgedruckten Texte behilflich sein, der
Verwirklichung sowohl der persönlich individuellen
aber auch der gemeindlich-kirchlichen und der
ökumenischen Glaubenshoffnungen nachzugehen.
54
Psalm 121
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen.
Woher kommt mir Hilfe?
Meine Hilfe kommt vom Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat.
Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen,
und der dich behütet, schläft nicht.
Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert
nicht.
Der Herr behütet dich;
der Herr ist dein Schatten über deiner rechten
Hand,
dass dich des Tages die Sonne nicht steche
noch der Mond des Nachts.
Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte
deine Seele.
Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang
von nun an bis in Ewigkeit!
Weitere Texte zur Lektüre, die das Bild von Berg
und Tal aufnehmen:
Mose auf dem Sinai: Exodus (2. Mose)
19,1 – 20,26
Elija am Horeb: 1. Könige 19, 1 – 15
Das finstere Tal: Psalm 23
Der kommende Trost: Jesaja 40, 1 – 5
Die Gnadenzeit Gottes: Jeaja 54, 5 – 10
Die Verklärung Jesu: Markus 9, 2 – 13
Die Kreuzigung Jesu: Matthäus 27, 31 – 66
Die Himmelfahrt: Apostelgeschichte 1,1 – 14
Anregungen für das Gespräch
Wählen Sie sich einen Text aus!
Wie wird Berg bzw. Tal in dem Text beschrieben?
Wofür stehen Berg und Tal?
Welche Aussagen erhalten wir über die Menschen
auf dem Berg/im Tal?
Welche Aussagen für den Glauben – zum Glauben
werden in dem Text gemacht?
Welchem Text fühlen Sie sich besonders verbunden? Und warum?
Das Phasen-Modell von James Fowler
Das Leben des Christen verläuft nicht linear gradlinig, sondern ist einer Dynamik unterworfen, wie
sie sich nur in einer Beziehung ausweiten kann.
Die Bibel spricht in vielen Bildern davon. Die Apostel und die Jüngerinnen und Jünger Jesu haben
dieses Auf und Ab erlebt. Aber nicht nur die. Auch
von den Menschen aus dem Alten Testament sind
die Höhen und Tiefen eines Glaubenslebens bekannt.
Der englische Schriftsteller, James Fowler, beschreibt in seinem Buch „Stufen des Glaubens“
aus seiner Sicht, wie Menschen, aber auch die
Gesellschaften, die sie bilden, sich verändern. In
seinem Buch spricht J. Fowler von 6 Stadien, in denen das Leben eines Christen und auch einer Gemeinde (bzw. einer Kirche) verlaufen kann. Es ist
klar, dass es dabei um erwachsene Menschen geht,
auch wenn die ersten beiden Stadien als durch ein
eher kindliches Verständnis von Gott geprägt, beschrieben werden.
Es beginnt im Tal. Für den Menschen in der Phase 1
nach Fowlers Stadien, ist Gott nicht fassbar. Er ist
ein „Etwas“, was man nicht wirklich benennen
kann, und doch beschreibt man es irgendwie. Das
geschieht aber eher unbeholfen an Hand von Wörtern oder Sätzen, die man aus dem Fernsehen, aus
der Schule, aus der Zeitung oder wo auch immer
her aufgeschnappt hat.
In der Phase 2 geht man aber schon etwas weiter.
Nach Fowler fangen Menschen in der Phase 2 an,
die Geschichten und den Glauben der Gemeinschaft, in der sie aufgewachsen sind oder zu der
sie gehören, anzunehmen. Man ist in der Lage, den
Glauben in Geschichten zu verstehen aber auch
zu erzählen. Es ergibt sich etwas wie eine eigene
Identifikation mit dem Erleben der eigenen Geschichte. Nun geht es hinauf auf den Berg – zu
Phase 3.
Die Phase 3 ist die, in der viele Christen und Gemeinden (auch Kirchen) ein erstes lokales Maximum – einen ersten Gipfel – erreicht haben. Sie
fühlen sich auf dem Berg – sie sind für sich auf dem
Zenit der Erkenntnis. Deswegen ist für viele Erwachsene genau das der permanente Ort eines
inneren Gleichgewichts. „Hier ist gut Hütten bauen“ (Markus 9). Doch genau dort kann der Einzelne aber dem Trugschluss erliegen, dass von nun an
jede Veränderung im Glauben unnötig sei. An diesem Punkt finden es Menschen sehr wichtig, Teil
einer Gemeinschaft oder einer festen Gruppe zu
sein. Menschen, die sich hier verankern, beschreibt
Fowler als Menschen, die mitunter dazu neigen
können, auf externe Autoritäten zu verweisen, und
sie sind oft nicht in der Lage zu erklären, woher sie
wissen, dass das wahr ist, was sie glauben. Man
hört oft: „Das steht so in der Bibel“ oder „Der Pfarrer sagt das so“.
Viele Christen, vor allem in der Großkirche, haben
sich aus dieser Phase 3 verabschiedet und fortbewegt und sind in Phase 4 angekommen. Runter
von der Höhe, wieder hinab in das Tal. Hier hinterfragen Menschen die Glaubensüberzeugungen,
Lehren und Praktiken ihrer Gemeinde und Kirche.
Ein Verlust von Unschuld setzt ein, und es wächst
die Erkenntnis, dass die Wahrheit komplexer ist, als
bisher angenommen. Es geht darum, unter den Inhalten des althergebrachten Glaubens die wirkliche Vielschichtigkeit Gottes zu erahnen. Menschen
in dieser Phase können sich und anderen in bestimmten Gruppen das Leben sehr schwer machen.
Nicht zuletzt, weil sie auch unter der Einsamkeit
leiden, die mit der Phase 4 einhergehen kann.
Denn sie wollen nicht – im Gegensatz zum Stadium 3 – ein Teil der „Clique“ sein. Daher sind
Menschen in Phase 4 für Kirchen und Gemeinden,
die in Phase 3 stehen geblieben sind, oftmals untragbar. Aber auch eine Kirche oder Gemeinde, die
sich nicht ändert, wird für diese Menschen untragbar, und nicht selten verlassen sie sie daher ganz.
Phase 4 kann man mit dem unumgänglichen Abstieg vom Gipfel der Phase 3 deuten. Es geht hinunter in das Tal. Einsamkeit, die Identitätsfrage
und die Frage nach der Wahrheit werden existenziell. Johannes vom Kreuz nennt diesen Abstieg
„Die dunkle Nacht der Seele“. Das beschreibt einen harten und schmalen Weg. Doch alle Großen
im Glauben – sind es die biblischen Zeugen oder
die heiligen Männer und Frauen der Kirche – beschreiben genau diesen Abstieg einstimmig als wesentlichen Teil des Weges, der zu einem reifen
Glauben führt. Nur wer die Dunkelheit und die
Schwierigkeiten durchlebt hat, hat überhaupt die
Chance die Phase 5 zu erreichen. Doch Vorsicht:
Die Phase 4 kann auch zu einer überkritischen Phase 3 erstarren. Das Ziel ist nicht die Kritik, das Ziel
ist Christus.
Fowler spricht nun davon, dass die Phase 5 die
Phase der Demut ist. Das scheint sich zunächst mit
dem zu widersprechen, dass Phase 5 wiederum
eine Höhe ist. Ein neues lokales Maximum. Doch
die vorlaute Überheblichkeit aus Stadium 3 ist
nicht mehr zu hören. Es ist die Zeit, in der zwar
noch nicht die Fragen und die Kritik aus Phase 4
völlig verschwunden sind, aber der Mensch ist in
der Lage, Spannungen auszuhalten und Gottes Geheimnisse stehen zu lassen, sodass sie geheimnisvoll bleiben. Während die Höhe des Berges in Phase 3 recht eindimensional und manchmal plump
daher kommt, so ist der Berg der Phase 5 der Ort,
wo der Glaube schon eine zweite Naivität erlangt,
aber auch die Wahrheit in ihrem Reichtum nicht als
Gefahr, sondern als Geschenk verstanden wird. In
diesem Stadium wächst eine neue Bereitschaft,
sich zu beteiligen und Gemeinde mit zu bauen.
Wenn das – die Phase 5 – auch noch nicht der
höchste aller Berge ist, sozusagen der Berg der
Himmelfahrt, so ist zumindest der Anfang eines
neuen Anfangs getan, der diesmal aber die Einsicht
beinhaltet, dass noch einige Täler und Berge zu bewältigen sind.
Die Phase nach der 5., so stellt Fowler klar, wird
wohl eher selten, wenn überhaupt, vor dem mittleren Lebensalter erreicht. Denn schließlich sind
dieser Phase 6 Menschen wie Nikolaus Graf von
Zinzendorf, Dietrich Bonhoeffer, Martin Luther
King, Mutter Teresa, Frère Roger von Taizé, Patriarch Athanagoras oder Papst Johannes Paul II. zuzuordnen. Diese Menschen sind nicht vollkommen
gewesen, das behauptet niemand. Aber sie stellten
eine Bedrohung für die festgelegten Standards von
Gerechtigkeit, Klugheit, politischer und ökumenischer Korrektheit dar. So ist die Phase 6 auch eine
der menschlichen Einsamkeit, des Unverstandenseins – und der Verlassenheit. Aber die Menschen
in dieser Phase haben die zwanghafte Fixierung
auf das Überleben, die Sicherheit und die Anerkennung anderer durchbrochen. Sie leben in alleiniger
Anhängigkeit zu Christus. Und es sollte deutlich
gesagt werden: Nicht viele schaffen es, bis in dieses Stadium zu kommen.
e) Welche Phase würden Sie für eine ökumenische Gemeinde erhoffen?
Soweit die Gedanken des Pädagogen aus England.
2) Kirchlich-global
a) In welcher Phase erleben Sie die Kirche, zu
der Sie gehören?
b) Ist diese Sicht eindeutig, oder gibt es andere Deutungsmöglichkeiten?
c) Erleben Sie zwischen sich und Ihrer Kirche
schmerzliche Spannungen oder wohltuende Übereinstimmungen?
d) Was wünschen Sie sich für Ihre Kirche?
e) Hat die Ökumene ihre eigenen Phasen?
Wie beurteilen Sie sie?
Für das folgende Gespräch sind verschiedene Möglichkeiten gegeben. Dass die vorgestellten Phasen
leicht auf das individuelle Leben schon beim ersten
Hören angelegt werden, ist verständlich. Bei den
durchaus persönlich gelagerten Gesprächen ist es
wichtig, darauf zu achten, dass die Gesprächsatmosphäre nicht in ein urteilendes oder gar verurteilendes Polemisieren abrutscht. Diese Gefahr besteht! Vielmehr sollte das Gespräch so geführt
werden, dass die eigene Glaubenshaltung und die
Situation in der Gemeinde in den Blick genommen
werden.
Es wäre möglich, einen Dreiklang des Nachdenkens zu vollziehen.
1) Persönlich-individuell
a) Leuchtet Ihnen das Modell der beschriebenen Phasen ein?
b) In welcher Phase befinden Sie sich wohl
gerade?
c) Welche Phase weckt bei Ihnen die meisten
Fragen?
d) Wie würden Sie Ihren Weg mit Bergen und
Tälern beschreiben?
e) Kennen Sie Bilder – ja Vorbilder im Glauben? Was beeindruckt Sie an den Vorbildern?
f) Was verstehen Sie für sich unter „Verwirklichung“ im Glauben?
2) Gemeindlich-lokal
a) In welcher Phase würden Sie Ihre Gemeinde sehen?
b) Wo sehen Sie Stärken in Ihrer Gemeinde,
was gefällt Ihnen besonders?
c) Wo sehen Sie Entwicklungspotenzial für
Ihre Gemeinde?
d) Erleben Sie Ihre Gemeinde offen für Veränderung?
Das sind Vorschläge, die Gemeindesituation etwas
analytisch anzugehen. Es ist natürlich ein Wagnis,
das System, das Fowler für das Individuum entwickelt hat, auf Gruppen und Gemeinden anzulegen.
Dieses Identifizieren hinkt. Aber es ist nicht unmöglich. Selbst diese Fragestellung könnte Gegenstand des Gespräches sein, ob denn solche „Kategorisierungen“ hilfreich sind.
Pfarrer
Norbert Roth,
Frankfurt am Main
55
THEMATISCHE
VERTIEFUNGEN
DAS LICHT CHRISTI UND DIE KIRCHE
3 x 3 Foren wird es in Sibiu während der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung geben,
aufgeteilt in 3 übergeordnete Themenbereiche:
„Das Licht Christi und die Kirche“, „Das Licht
Christi und Europa“, „Das Licht Christi und die
Welt“. Zu den 3 Themenbereichen sind im Folgenden Weiterführungen zu finden, die Bezug zu Ereignissen in Deutschland haben.
bzw. als eine fundamentale Zeichenhandlung. Vielfach wird sie als ein unstrittiges „Band der Einheit“
betrachtet. Gelegentlich wird gesagt: Die Taufe
eint die Kirchen, im Unterschied zu anderem, was
sie noch trennt (Eucharistie/Abendmahl und Amt).
Eine solche, immer wieder anzutreffende Feststellung entspricht jedoch (noch) nicht der ökumenischen Wirklichkeit. Auch wenn für viele Kirchen
eine weitgehende Übereinstimmung vorausgesetzt
werden kann, gibt es bis heute zwischen einigen
Kirchen tief greifende und noch nicht überwundene
Unterschiede im Verständnis und in der Praxis der
Taufe. Dies betrifft insbesondere die Kirchen, die
vornehmlich die Säuglings- bzw. Kindertaufe und
die, die ausschließlich die Glaubens- bzw. Bekenntnistaufe vollziehen11.
Die ersten drei Foren sind im Themenbereich „Das
Licht Christi und die Kirche“ zu den Stichworten
1. Einheit, 2.Spiritualität, 3. Mission.
Zum ersten großen Themenbereich ist hier ein Gesprächsvorschlag zur „Taufe“ ausgewählt. Anlass
ist die wechselseitige Taufanerkennung von insgesamt 11 Kirchen in Deutschland (Magdeburg, 29.
April 2007).
Kirchen der täuferischen Tradition haben sich nicht
der Taufanerkennung angeschlossen, nichtsdestotrotz sind sie fest eingebunden in das ökumenische
Gespräch, wie es im nachfolgenden Entwurf deutlich wird.
Das Licht Christi und die Kirche
„Mit einem Geist getauft…“
Bausteine und Anregungen für einen ökumenischen Gesprächsabend zum Thema Taufe
In fast allen christlichen Kirchen hat die Taufe einen konstitutiven Platz. Sie gilt als ein für die
christliche Identität grundlegendes Sakrament
56
Die vorhandenen Differenzen verhindern bis heute
eine allgemein gültige Taufanerkennung und bewirken, dass ökumenische Taufgedächtnisgottesdienste meist ohne Einbeziehung und Beteiligung
der so genannten „täuferischen“ Kirchen stattfinden. Damit fällt aber eine wichtige Tradition aus,
was ein ökumenisches Defizit darstellt.
Ohne die bisher noch nicht überwundenen theologischen Differenzen leugnen und schmälern zu
wollen, ist zu fragen und zu prüfen, ob die bestehenden Divergenzen zwangsläufig dazu führen
müssen, auf gemeinsame Taufgedächtnisformen
zu verzichten oder ob nicht Modelle denkbar sind,
11 Eine kompakte Übersicht über die unterschiedlichen Praxisformen und die dafür leitenden Taufverständnisse in den
Kirchen vermittelt: Michael Kappes/Eberhard Spiecker (Hg.),
Christliche Kirchen feiern die Taufe. Eine vergleichende Darstellung. Kevelaer 2003.
die trotz der Unterschiede eine gemeinsame Feier
möglich machen.
ACK-Satzungen klammern die Taufthematik meist
aus. Nur wenige versuchen, „Konvergenzen in den
Divergenzen“ zu formulieren. Als prägnantes Beispiel dafür sind die Richtlinien der AcK in Bayern zu
nennen. Zur Taufe heißt es dort in der Theologischen
Grundlegung: „Durch ihren Glauben und ihre Taufe
auf den Dreieinen Gott wissen sich die Glieder der
christlichen Kirchen mit Christus verbunden und zur
persönlichen Nachfolge und zum gemeinsamen
Zeugnis verpflichtet. Dies gilt unbeschadet bestehender Unterschiede im Verständnis der Taufe.“12
Könnte hier eine Perspektive angelegt sein, die
Brücken baut und auf ein jetzt schon mögliches gemeinsames gottesdienstliches Handeln verweist?
Der folgende Gesprächsentwurf ist als Wegstation
für die Vorbereitung eines ökumenischen Taufgedächtnisgottesdienstes von Christinnen und Christen
aus unterschiedlichen Tauftraditionen konzipiert.13
1. Einstieg (Varianten)
• Die Teilnehmer/innen bringen Bilder von einem
Taufgottesdienst in ihrer Kirche oder bestimm12 Richtlinien der AcK Bayern. In: Was hat Platz unter dem Dach
der ACK? Hg. von der AcK Bayern. 2. erw. Aufl. München
2001. S. 43.
13 Der Entwurf basiert auf einem Vorschlag aus der Arbeitshilfe
„Taufgedächtnis und Glaubenserneuerung. Anregungen für
gemeinsame Gottesdienste von Christinnen und Christen aus
unterschiedlichen Tauftraditionen“ (Texte aus der Ökumenischen Centrale Nr. 8). Frankfurt/Tauberbischofsheim 2005. Dort
findet sich auch ein Modell eines ökumenischen Taufgedächtnisgottesdienstes, gestaltet als Feier der Glaubenserneuerung.
te Symbolgegenstände (Kerze, Taufurkunde
mit Taufspruch etc.) mit, die an die Taufe erinnern. Anhand der Bilder und Symbole berichten
sie über ihre Taufe bzw. die Taufpraxis in ihrer
Kirche.
• Falls vorher ein Besuch von Taufgottesdiensten
in den verschiedenen Kirchen vereinbart wurde, tauschen sich die Teilnehmer/innen über
ihre Eindrücke, Beobachtungen und Erfahrungen aus.
Die Teilnehmer/innen überlegen anhand der Mitgliederliste der ACK (s. Anhang dieses Materialheftes), welche Taufpraxis in den jeweiligen Kirchen
vorherrscht und welche Mitglieds- und Gastkirchen
sich (mit welchen Gründen) an der im Jahr 2007
von einigen Kirchen unterzeichneten Vereinbarung
zur wechselseitigen Taufanerkennung beteiligt haben und welche nicht.14
14 Der Taufanerkennung zugestimmt haben: Äthiopisch-Orthodoxe Kirche, Arbeitsgemeinschaft Anglikanisch-Episkopaler
Gemeinden, Armenisch-Apostolische Orthodoxe Kirche,
Evangelisch-altreformierte Kirche, Evangelische Brüder-Unität – Herrnhuter Brüdergemeine, Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD), Evangelisch-methodistische Kirche, Katholisches Bistum der Alt-Katholiken, Orthodoxe Kirche in
Deutschland (OKiD), Römisch-katholische Kirche, Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche. Nicht zugestimmt haben:
Apostelamt Jesu Christi (im Entscheidungsprozess), Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden, Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Bund Freier evangelischer
Gemeinden, Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten,
Heilsarmee, Koptisch-Orthodoxe Kirche, Mülheimer Verband
Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden, Syrisch-Orthodoxe
Kirche von Antiochien.
2.
Vertiefung
2.1 Vergleich von typischen Taufliedern aus
den unterschiedlichen Traditionen
Einzelne Lieder werden vorgestellt und gemeinsam
gesungen.
Gesprächsimpulse:
Welchen Platz haben die Lieder im Taufgottesdienst?
Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede gibt es?
Welche Aussagen und Motive stehen im Vordergrund?
Was sagen die Lieder über das Taufverständnis aus?
15 Textauszüge aus neueren Dialogen mit den so genannten
täuferischen Kirchen sind in der Arbeitshilfe der Ökumenischen
Centrale zu finden. Ebd., S. 41ff.
2.2 Taufe im Dialog der Kirchen
Variante 2
3.
Variante 1
Gemeinsame Betrachtung und Erschließung eines
zentralen Bibeltextes zur Taufe (z. B. Röm 6,1-11).
Der Text sollte möglichst in verschiedenen Übersetzungen vorliegen und gelesen werden (Arbeitsblatt
mit Textsynopse).
Sammlung von Voten auf einer Wandzeitung (Flipchart) als Material und Anregungen für die Gestaltung eines möglichen gemeinsamen Taufgedächtnisgottesdienstes.
Kurze Einführung zum gegenwärtigen Stand der
ökumenischen Taufdiskussion, Erläuterung der Gemeinsamkeiten und Differenzen anhand eines Arbeitsblattes mit zentralen Stichworten und einigen
markanten Kernaussagen aus jüngeren Dialogdokumenten.15
Gesprächsimpulse:
Wo sehen wir die Stärken und die Schwächen
der jeweiligen Tauftraditionen?
Welche Annäherungen gibt es? Welche Unterschiede bleiben?
Wie gehen wir mit den Unterschieden um?
Welche Akzente in einer anderen Tradition haben mein eigenes Verständnis erweitert und
vertieft?
Wie können Brücken zueinander gebaut werden?
Was trägt zu einer Erneuerung der Taufe in
den Kirchen bei?
Abschluss/Resümee
Gesprächsimpulse:
Gesprächsimpulse:
Was ist für mich die zentrale Aussage? Was
überlese ich leicht?
Was wird mir auf dem Hintergrund der zwischenkirchlichen Gespräche und in der Begegnung mit anderen Traditionen neu bewusst?
Inwieweit verändert und vertieft dies mein eigenes Verständnis der Taufe?
Welche Aspekte und Elemente könnten bzw.
sollten bei der Gestaltung eines gemeinsamen
ökumenischen Taufgedächtnisgottesdienstes
im Vordergrund stehen?
Pastor
Dr. Klaus Peter Voß,
Frankfurt am Main
57
THEMATISCHE
VERTIEFUNGEN
DAS LICHT CHRISTI UND EUROPA
Der zweite Themenbereich in Sibiu: „Das Licht
Christi und Europa“, hat 3 Foren zu den Themen
1. Beitrag der Kirchen für den Aufbau Europas,
2. Religionen, 3. Migration. Die EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands im 1. Halbjahr 2007 gibt den
Kirchen Anlass zur Rechenschaft über ihr politisches Engagement in Europa. Darum ist aus dem
Themenbereich dieser Schwerpunkt gewählt.
So heißt es im 3. Kapitel der Charta Oecumenica.
Damit wird sowohl das jahrzehntelange Engagement der Kirchen in Europa für den europäischen
Einigungsprozess zusammengefasst wie auch die
Selbstverpflichtung formuliert, der sie sich weiterhin gemeinsam stellen wollen.
Der Beitrag der Kirchen für den Europäischen
Einigungsprozess
I. Die Selbstverpflichtung
„Die Kirchen in Europa fördern eine Einigung des europäischen Kontinents. Ohne gemeinsame Werte ist
die Einheit dauerhaft nicht zu erreichen. Wir sind
überzeugt, dass das spirituelle Erbe des Christentums eine inspirierende Kraft zur Bereicherung Europas darstellt. Aufgrund unseres christlichen Glaubens setzen wir uns für ein humanes und soziales
Europa ein, in dem die Menschenrechte und Grundwerte des Friedens, der Gerechtigkeit, der Freiheit,
der Toleranz, der Partizipation und der Solidarität
zur Geltung kommen. Wir betonen die Ehrfurcht vor
dem Leben, den Wert von Ehe und Familie, den vorrangigen Einsatz für die Armen, die Bereitschaft zur
Vergebung und in allem die Barmherzigkeit. Als Kirchen und als internationale Gemeinschaften müssen
wir der Gefahr entgegentreten, dass Europa sich zu
einem integrierten Westen und einem desintegrierten Osten entwickelt. Auch das Nord-Süd-Gefälle ist
zu beachten. Zugleich ist jeder Eurozentrismus zu
vermeiden und die Verantwortung Europas für die
ganze Menschheit zu stärken, besonders für die Armen in der ganzen Welt.“
58
Dies geschieht in Brüssel und Straßburg gemeinsam: durch die Büros der Mitgliedskirchen der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und des Rates
der Europäischen Bischofskonferenzen in der EU
(COMECE) in enger Zusammenarbeit mit dem Brüsseler Büro des Bevollmächtigten der EKD bei der
Bundesregierung und der EU und Vertretungen
orthodoxer Kirchen.
Dies geschieht in den einzelnen Mitgliedsländern
der EU durch die dortigen Kirchen, oft in guter
ökumenischer Gemeinsamkeit, indem sie den Menschen in ihren Ländern die Chancen der Versöhnung und des Zusammenwachsens deutlich machen, sie mitnehmen auf ihrem ökumenischen und
europäischen Weg.
Und dies geschieht vor allem zwischen den Menschen über die Grenzen hinweg. Jede Gemeindepartnerschaft, jede Städtepartnerschaft, jeder Austausch war und ist ein Baustein, der die tiefen
Gräben der Vergangenheit – die Gräben durch den
Zweiten Weltkrieg, die Gräben durch den OstWest-Konflikt – überbrückt und zum Zusammenwachsen Europas beiträgt. Ohne dieses einander
kennen lernen, einander verstehen lernen und miteinander Wege suchen, um die Wunden der Vergangenheit zu heilen, wäre der europäische Einigungsprozess der letzten 50 Jahre nicht möglich
gewesen.
II. Die Kirchen und der Verfassungsvertrag
Zeitgleich dazu, dass die Kirchen sich daran machten, in Aufnahme der Beschlüsse der 2. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz die
Charta Oecumenica zu erarbeiten, entstand die
Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
Beide Dokumente belegen, dass „gemeinsame
Werte“ eine grundlegende Bedeutung für den europäischen Einigungsprozess haben. Das Gespräch
darüber, woher diese Werte abgeleitet sind, wie sie
zu beschreiben und wieweit sie festzuschreiben
sind, ist innerhalb der Kirchen, unter ihnen, wie
auch im Gespräch mit den Partnerinnen und Partnern in den europäischen Institutionen ein zentrales Thema.
Am 18. Juni 2004 haben sich die Regierungschefs
der damals 25 Länder der Europäischen Union auf
einen Verfassungsvertrag geeinigt und ihn am 29.
Oktober unterzeichnet. Die Mehrheit in Frankreich
und in den Niederlanden hat dagegen gestimmt,
während 17 Staaten ihn inzwischen ratifiziert haben. Während der deutschen Ratspräsidentschaft
soll zumindest das weitere Verfahren geklärt werden, um die notwendige Rechtsgrundlage für die
erweiterte Union zu schaffen.
KEK und COMECE und ihre Mitgliedskirchen haben
den Verfassungsprozess intensiv begleitet. Warum
interessiert die Kirchen der Verfassungsvertrag so
sehr?
Basis Europas. Und dazu gehört die Frage nach
dem Stellenwert der religiösen Wurzeln Europas.
Religion kommt im Europäischen Verfassungsvertrag an drei Stellen vor: in der Präambel, im so genannten „Kirchenartikel“, dem Art. 52, und im
Art. 10 der Charta der Grundrechte, die als Teil II in
den Verfassungsvertrag aufgenommen wurde.
a.) Der so genannte „Kirchenartikel“, Artikel 52
Die europäische Verfassung enthält den sog. „Kirchenartikel“, den Artikel 52. Die ersten beiden
Absätze dieses Artikels lauten:
(1) Die Union achtet den Status, den Kirchen und
religiöse Vereinigungen und Gemeinschaften in
den Mitgliedsstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und lässt ihn unangetastet.
(2) Die Union achtet den Status von weltanschaulichen Gemeinschaften in gleicher Weise.
Diese Absätze gewährleisten, dass durch europäisches Gesetz nicht in die nationale Gestaltung
des Verhältnisses Staat – Kirche eingegriffen wird,
solange die individuelle und kollektive Religionsfreiheit aller Menschen in einem Mitgliedsstaat
respektiert wird. In allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist die Religionsfreiheit in den
Rechtsordnungen garantiert. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften ist ein wesentliches Merkmal der Freiheit
im Verhältnis zum Staat.
Artikel 52 hat noch einen dritten Absatz:
Ganz sicher wäre sein Zustandekommen ein deutliches Zeichen für das Zusammenwachsen Europas –
auch in Bezug auf die ideelle Grundlegung, auf die
(3) Die Union pflegt in Anerkennung der Identität
und des besonderen Beitrags dieser Kirchen und
Gemeinschaften einen offenen, transparenten und
regelmäßigen Dialog mit ihnen.
Absatz 3 trägt dem Rechnung, dass die Europäische Union eine breitestmögliche Partizipation der
Bürgerinnen und Bürger anstrebt. Zu diesem Zweck
steht sie im Dialog mit der Gesellschaft und entwickelt diesen weiter. Kirchen und Religionsgemeinschaften bringen in diesen Dialog ihre besonderen Erfahrungen aus ihrem Wirken auf lokaler,
regionaler, nationaler und internationaler Ebene
ein, die so unterschiedliche Felder wie Sozialpolitik, Migration, Entwicklungspolitik, Erziehung und
Seelsorge betreffen. Absatz 3 erkennt die besondere Identität von Kirchen und Religionsgemeinschaften und ihre besonderen Beiträge, also ihr öffentliches Wirken, an.
Bisher gab es diesen Dialog zwischen der EU-Kommission auf der einen und KEK und COMECE auf
der anderen Seite als unverbindliche, halbjährliche
Konferenzen zu Themen der jeweiligen Ratspräsidentschaft, als Besprechungen auf Arbeitsebene
und Begegnungen mit der jeweils neuen Ratspräsidentschaft.
In dem Vertragsentwurf für einen strukturierten
Dialog besteht also eine Chance, aber auch eine
weitere Herausforderung für die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Europa. Und sie nutzen
sie. So hat im Dezember eine Konferenz mit 60 europäischen Kirchenleitenden in Brüssel zu dem
Thema ‚Europäische Werte’ und Identität formuliert, was den Kirchen gemeinsam wichtig ist und
was sie im europäischen Integrationsprozess an
Klärungen erwarten.
b.) Präambel und Gottesbezug
Ein besonders engagiert diskutiertes Thema war und
ist, ob die Präambel einen Bezug auf die Verantwortung vor Gott und einen Bezug auf die christlichen
Wurzeln Europas enthält. Die irische Ratspräsidentschaft hatte wenige Tage vor der Entscheidung für
den Vertrag einen Vorschlag für die Präambel vorgelegt. Dieser beinhaltete zwar weder einen Bezug auf
Gott noch die ausdrückliche Nennung des christlichen Erbes Europas, aber er nahm einen Argumentationsstrang auf: von Seiten der Kirchen war eingewandt worden, dass eine ausführliche Präambel, die
differenziert zurückblickt auf die Jahrhunderte, wie
bisher im ersten Abschnitt formuliert war, und bei
der Nennung des Humanismus endete, das Christentum nicht unterschlagen dürfe. Dieser erste Abschnitt wurde nun gestrichen – die Bezugnahme auf
die Europa prägenden Traditionen also sehr viel kürzer. So lautet der Beginn: Schöpfend aus den kulturellen, religiösen und humanistischen Überlieferungen Europas, deren Werte in seinem Erbe weiter
lebendig sind....“
Die KEK hat die Tatsache, dass es 2004 zu einer Einigung über den Verfassungsvertrag kam, begrüßt
und folgende Aspekte unterstrichen:
– Die Europäische Union bekennt sich zu den
Werten, wie sie in der Charta der Grundrechte
ausformuliert sind;
– diese haben rechtlich bindende Kraft, etwa im
Blick auf den Schutz der Menschenwürde und
der Menschenrechte;
– die Verfassung definiert genauer die Kompetenzen der EU-Institutionen und der Mitgliedsstaaten, stärkt die Rechte des Europaparlaments und der Zivilgesellschaft und kann so zu
mehr Partizipation der Bürgerinnen und Bürger
im europäischen Integrationsprozess führen;
– die soziale Dimension der Europäischen Union
ist gestärkt;
– die Kirchen begrüßen den Artikel I.52, in dem
die Union ihren Status und ihre besondere
Identität respektiert und sich zu einem offenen,
transparenten und regelmäßigen Dialog verpflichtet. Die KEK kündigt an, weiterhin das
Ihre dazu zu tun, dass dieser Dialog mit Leben
gefüllt wird;
– angesichts der Verpflichtung auf Frieden und
Sicherheit (Art. I.3) ist bedauerlich, dass die
Verfassung nur die Verstärkung der militärischen Kapazitäten benennt (Artikel I.41) statt
auch die Beschlüsse zu Konfliktprävention, wie
sie der Europäische Rat in Göteborg 2001 gefasst hat;
– der Ausgang der Europawahlen hat gezeigt,
dass es noch nicht gelungen ist, Europa den
Menschen näher zu bringen. Umso wichtiger
ist nun, die Annahme der Verfassung zu nutzen
– und die Kirchen bedauern, dass es in der Präambel keinen Bezug auf die christlichen Wurzeln Europas gibt.
Damit wird gewürdigt, dass der Verfassungsvertrag ein Kompromiss ist: entstanden aus dem Ringen von Menschen unterschiedlicher kultureller,
politischer und verfassungsrechtlicher Traditionen,
angreifbar, verbesserbar, weiter zu entwickeln. Ob
eine neue Öffnung des Verfahrens und damit der
erneuten Debatte um ein zukünftiges Rechtswerk
der EU eine befriedigendere Lösung ergibt, steht
noch aus.
III. Frieden durch Versöhnung
Ein Thema, an dem die europäischen Kirchen von
ihrem Auftrag her, Kirche in der Nachfolge Jesu
Christi zu sein, engagiert sind, ist die Friedens- und
Versöhnungsarbeit (s. Charta Oecumenica III.8).
Zum einen sind sie daraufhin zu befragen, was sie
selbst zu Versöhnung beitragen – aber auch, wie
sie die friedenspolitischen Entwicklungen auf europäischer Ebene mitgestalten. So soll hier beispielhaft dieses Thema im Blick auf den Verfassungsvertrag aufgegriffen werden.
Darüber hinaus ist in Art. 40.3 erstmals in einem Verfassungstext (!!) zivile Konfliktschlichtung als Handlungsalternative in Konfliktsituationen benannt.
Einen anderen Akzent setzen Tendenzen in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, die im
Zusammenhang stehen mit einem neuen, globalen
Sicherheitsverständnis, welches auf militärische
Stärke setzt. Dieses wird im Verfassungsentwurf in
Art. 40 unter der Überschrift „Besondere Bestimmungen für die Durchführung der gemeinsamen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ deutlich.
Hier gibt man militärischen Lösungsansätzen den
Vorrang gegenüber nichtmilitärischen Mitteln.
So heißt es in Art. 40.3: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Es wird eine Agentur für die
Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur) eingerichtet, deren
Aufgabe es ist, den operativen Bedarf zu ermitteln
und Maßnahmen zur Bedarfsdeckung zu fördern,
zur Ermittlung von Maßnahmen zur Stärkung der
industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors beizutragen und diese Maßnahmen
gegebenenfalls durchzuführen, sich an der Festlegung einer europäischen Politik im Bereich der Fähigkeiten und der Rüstung zu beteiligen sowie den
Rat bei der Beurteilung der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten zu unterstützen.“
a.) In Art. 3.1 des Verfassungsvertrages heißt es:
„Das Ziel der EU ist es, den Frieden (...) zu fördern.“ Aus dieser Aussage geht eine eindeutige
Positionierung für den Frieden hervor, Frieden wird
als vorrangiger Wert angesehen.
Auf vielen Ebenen ist dieser Artikel heftig kritisiert
worden, u. a. weil ein entsprechendes Instrument
zur Bündelung der nichtmilitärischen Kompetenzen
auf europäischer Ebene nicht im Verfassungsvertrag
enthalten ist. Friedenskonsultationen, Synoden, die
Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)
forderten eine umgekehrte Schwerpunktsetzung.
In Art. 3.4 ist die Unterstützung und Umsetzung
der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen
verankert. Damit wird implizit der Vorrang von ziviler Konfliktschlichtung vor militärischen Maßnahmen (UN-Charta Kap. 7) anerkannt.
Die Kommission Kirche und Gesellschaft der KEK
beriet im Mai 2006 in Sigtuna über die Kirchen und
die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die EKD-Synode nahm das Anliegen im November auf und stellte fest:
59
I. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bekräftigt ihr Engagement für die Gestaltung eines gerechten, friedlichen und solidarischen Europas. Sie wird auch weiterhin in ihrer
theologischen Arbeit wie in ihrem konkreten Engagement nach Kräften dazu beitragen.
Die Kirchen Europas haben sich 2001 in der Charta
Oecumenica verpflichtet: „Wir engagieren uns für
eine Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen.“
Die europäischen Kirchen in der Kommission Kirche
und Gesellschaft der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) haben am 3. Mai 2006 in Sigtuna/
Schweden die Einrichtung geeigneter europäischer
Instrumente gefordert, um die Forschung und aktive Einmischung in Konfliktprävention und die friedliche Lösung von Konflikten voranzutreiben. Diese
sollen im Verbund mit nationalen Instituten der
Konflikt-, Präventions- und Friedensforschung die
zivile Krisenbewältigung koordinieren, fördern und
sichtbarer machen, und so das in der EU dafür vorhandene Potential effizienter nutzen.
Dazu wollen die Kirchen ihre eigenen Erfahrungen
mit Versöhnung und Heilung von Erinnerungen
(healing of memories) in verschiedenen Regionen
Europas vernetzen, als politisches Potential einbringen und beharrlich fortsetzen.
Sie wollen von Friedenskirchen und Kommunitäten, christlichen Netzwerken und Trägerorganisationen ziviler Friedensdienste, die über lange Zeit
das christliche Friedenszeugnis konsequent leben,
die Friedensdienste entwickelt haben und Experten
in gewaltfreier Konfliktlösung sind, lernen und mit
ihnen intensiv zusammen arbeiten.
Sie haben sich ebenfalls verabredet, die ökumenische Reflexion darüber, welches Verständnis von
menschlicher Sicherheit und Verletzbarkeit aus
dem Glauben an Jesus Christus erwächst, zu vertiefen und in die öffentliche Debatte einzubringen –
60
auch und gerade angesichts der Erfahrungen mit
Terror und den Ängsten davor.
vorliegenden Machbarkeitsstudie vom November 2005 zu veranlassen.
Ebenso wurde deutlich, dass in einer Zeit, in der
Religion immer wieder als Konfliktursache wahrgenommen wird, die Kirchen ihre Erfahrungen und
Kompetenzen im Bereich Konfliktvorbeugung und
Mediation über religiöse, kulturelle und ethnische
Grenzen hinweg einbringen und ausbauen müssen.
b.) Bei der bundesweiten ökumenischen Tagung
der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in
Deutschland (ACK) zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung haben sich in der Evangelischen Akademie Loccum vom 4. bis 6. Dezember
2006 insgesamt 150 Vertreter und Vertreterinnen
der Basisgruppen und Kirchen aus Deutschland und
Gäste aus Europa getroffen und formulierten:
II. 1. Die Synode stellt fest: Aufgrund der Vielschichtigkeit heutiger Konflikte müssen alle Politikbereiche der Europäischen Union unter dem Aspekt
überprüft werden, welche Bedeutung sie für ein
integriertes Konzept der Krisenprävention und
-bewältigung haben. Die Unabhängigkeit ziviler
von militärischen Mitteln sowie zugleich eine Kohärenz der Instrumente zur Krisenbewältigung ist
sicherzustellen.
Um das in der Charta Oecumenica benannte Ziel
einer „Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen“ zu erreichen, sehen wir
die Notwendigkeit, das in der europäischen Sicherheitsstrategie verwendete Verständnis von Sicherheit kritisch zu befragen.
Handlungsempfehlung
Die Synode begrüßt, dass die EU Schritte unternommen hat, um die gemeinschaftliche Außenpolitik auf eine neue Grundlage zu stellen, darunter
erstmals eine Peace Building Partnership zwischen
der Kommission und zivilgesellschaftlichen Akteuren der Friedensarbeit. Die EU hat bisher jedoch
nicht alle Möglichkeiten der zivilen Krisenvorsorge
und -bearbeitung ausgeschöpft.
Die Synode unterstreicht die Ergebnisse von Sigtuna. Angesichts des Aufbaus einer „Europäischen
Verteidigungsagentur“ zur Koordinierung der militärischen Mittel fordert sie die Europäische Kommission auf:
• den Aufbau und die Institutionalisierung eines
effektiven Instruments zur Koordinierung der
zivilen Mittel zügig voranzutreiben. Damit
kann die EU zu einem zentralen Akteur europäischer und weltweiter Sicherheitspolitik werden und mit zivilen Mitteln und im Sinne eines
umfassenden Sicherheitsbegriffes ressortübergreifend nachhaltige Entwicklungen fördern.
• eine Pilotstudie zum Europäischen Zivilen
Friedenskorps auf der Grundlage der dafür
Wir empfehlen den Kirchen und Gemeinden,
– die ökumenische Reflexion darüber, welches
Verständnis von menschlicher Sicherheit und
Verletzbarkeit aus dem Glauben an Jesus
Christus erwächst, zu vertiefen und in die öffentliche Debatte einzubringen,
– sich bei der Europäischen Kommission für den
Aufbau und die Institutionalisierung eines effektiven Instruments zur Koordinierung ziviler
Mittel der Konfliktbearbeitung einzusetzen und
Schritte zur Kernwaffenabrüstung einzuleiten,
– sich für die Stärkung internationaler Institutionen einzusetzen, die dazu beitragen, Krisen
vorzubeugen und in Konflikten zu vermitteln,
– der europäischen Sicherheitsstrategie in Bezug
auf Bestrebungen zur Absicherung politischer
Einflussbereiche entgegen zu treten,
– es als ihre Aufgabe anzusehen, einen Beitrag
zu langfristigen Friedensprozessen im Sinne
von Armutsbekämpfung, sozialer Entwicklung
und Bewahrung der Schöpfung zu leisten.
Diese Empfehlungen sollen nach Hermannstadt/
Sibiu mitgenommen und dort eingebracht werden.
Sie basieren auf den Erfahrungen und dem Engagement der vielen Menschen, die in Friedensdiensten,
in Projekten, in Gruppen, in der politischen Arbeit
auf nationaler und europäischer Ebene zur Versöhnung konkret beitragen wie auch derer, die sich
dafür engagieren, dass die „vorrangige Option für
die Gewaltfreiheit“ endlich zur leitenden sicherheitspolitischen Maxime wird. Zum Abschluss der
ökumenischen Versammlung in Wittenberg wurde
die Phase der weltweiten Dekade zur Überwindung
von Gewalt eröffnet, in der Europa und die Verantwortung Europas für die Überwindung von Gewalt
im eigenen Kontext wie in anderen Regionen der
Erde im Zentrum steht. So greifen die ökumenischen und politischen, die europäischen und die
weltweiten Entwicklungen ineinander, sind nicht
voneinander zu isolieren und fordern uns als Christinnen und Christen heraus.
Der europäische Einigungsprozess ist als ein Friedensprojekt entstanden. Die Kirchen haben dazu
beigetragen und sie können dankbar die Errungenschaften dieses Prozesses würdigen und nutzen.
Aber daraus erwächst zugleich die Verpflichtung,
mit allen Kräften dazu beizutragen, dass Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung
dieses Europa prägen, nach Innen wie nach Außen.
Anhang:
Kirchliche Beiträge im Rahmen der deutschen
Ratspräsidentschaft
In Deutschland wie in ganz Europa haben sich seit
langem Gemeinden, Gruppen, Synoden und Kirchenleitungen engagiert, um die Wunden der Vergangenheit zu heilen und zur Versöhnung beizutragen. In Begegnungen, Partnerschaften, Dialogen,
Projekten leisten sie vielfältige Beiträge zum Zusammenwachsen Europas. Seit Jahrzehnten sind
die Landeskirchen wie die Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD) in diesen Bereichen aktiv und
zugleich eingebunden in kirchliche europäische
Netzwerke, insbesondere als Mitgliedskirche der
Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) mit ihren
Büros in Genf, Brüssel und Straßburg, wie auch der
Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa
(GEKE). In einer Zeit, in der Religion immer wieder
als Konfliktursache wahrgenommen wird, wollen
die Kirchen ihre weit gespannten Verbindungen,
ihre Erfahrungen und ihre Kompetenzen im Bereich
von Konfliktvorbeugung und Mediation über religiöse, kulturelle und ethnische Grenzen hinweg
einbringen.
In diesem Kontext stehen auch die folgenden
Aktivitäten, die im Umfeld der deutschen EURatspräsidentschaft stattfinden:
Die Synode der EKD hat bei ihrer Tagung im November 2006 einen Beschluss gefasst, der sich direkt auf die deutsche Ratspräsidentschaft bezieht
(Zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 – Die
Europäische Union als Friedens- und Versöhnungsprojekt stärken). Andere landeskirchliche Synoden
(z. B. Lippische Landeskirche, Synode der Kirchenprovinz Sachsen) sind ihr darin gefolgt.
Der Rat der EKD hat aus Anlass der Ratspräsidentschaft am 29. Dezember 2006 eine Erklärung veröffentlicht, die die Menschenwürde als Maßstab
europäischer Politik in den Mittelpunkt stellt.
Am 25. März findet anlässlich der Feierlichkeiten
zum 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge um 18.00 Uhr ein ökumenischer
Gottesdienst in der St. Marienkirche statt, an
dem der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Lehmann, und der Ratsvorsitzende
der EKD, Bischof Huber, mitwirken. Neben der Bundeskanzlerin und ihrem Kabinett und weiteren politisch relevanten Persönlichkeiten der Bundesregierung wie der EU sollen auch die in Deutschland
vertretenen Partnerkirchen aus der EU und die in
Berlin ansässigen Auslandsgemeinden eingeladen
werden. (Stand 28.2.07)
Versöhnung in Europa ist der Leitgedanke einer
Veranstaltung der EKD in Brüssel. Organisiert
durch das dortige EKD-Büro wird mit einem Dokumentarfilm und Vortrag zum Wiederaufbau der
Frauenkirche in Dresden und mit einem festlichen
Konzert in der Kathedrale von Brüssel dieses
bewegende Beispiel für Versöhnung in den Mittelpunkt gerückt. Diese Veranstaltung findet am 27.
März 2007 statt und ist Teil des kulturellen Rahmenprogramms der deutschen Ratspräsidentschaft.
Parallel zum G8-Gipfel wird am 6. und 7. Juni in
Köln als Projekt der EKD ( in Kontinuität mit entsprechenden Aktivitäten der jeweiligen Kirchen anlässlich der G8-Gipfel in Schottland und Russland
in den Vorjahren) eine Konferenz leitender Personen von Kirchen und Religionsgemeinschaften anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm
stattfinden. Dazu werden ca. 50 Repräsentanten/
-innen der G8-Länder und afrikanischer Länder verschiedener Religionen nach Köln eingeladen werden und eine gemeinsame Erklärung im Rahmen
des Kirchentages vorstellen.
Auf dem Kirchentag wird u. a. vom 6. bis 9.6.07 in
einer großen Veranstaltungshalle „Europa in der
Welt“ ein dreitägiges durchgehendes Programm zum Thema Europa angeboten. Zu den
Themen (Der europäische Traum – Visionen für
Europa, Europa einig Vaterland – was verbindet,
was trennt uns? Europa – Festung oder Forum,
Europa braucht ein Maß – Armut eine Grenze,
Europa in der Welt – Entwicklung, Sicherheit, Frieden, Globalisierung gestalten – die EU als soziales
und sicheres Modell) gibt es Bibelarbeiten, Vorträge, Foren und andere Veranstaltungen mit Vertreterinnen und Vertretern des kirchlichen, politischen
und gesellschaftlichen Lebens Europas. Gestaltet
wird die Halle als Weg der EÖV3 von Rom über
Wittenberg nach Hermannstadt/Sibiu.
Die Konferenz Europäischer Kirchen hat am 12.13. Dezember 2006 mehr als 60 kirchenleitende
Persönlichkeiten ihrer Mitgliedskirchen in Vorbereitung des 50-jährigen Jubiläums der Römischen
Verträge zu einem „Church Leaders’ Meeting“ ver-
sammelt. Ein „Offener Brief kirchenleitender
Persönlichkeiten Europas an die Politikerinnen und Politiker in Europa“ fasst die gemeinsamen Überlegungen der protestantischen, orthodoxen, anglikanischen und alt-katholischen Mitgliedskirchen zur Zukunft Europas zusammen.
Weitere Informationen: www.cec-kek.org
Im Rahmen der regelmäßigen Gespräche von Vertretern der KEK und der Kommission der katholischen Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) fand auf Vermittlung und unter
Einbeziehung der EKD und der DBK am 15. Januar
2007 ein Gespräch mit Bundesaußenminister
Frank-Walter Steinmeier statt. In dessen Mittelpunkt standen die Zukunft des Europäischen Verfassungsvertrages und die „Berliner Erklärung“,
die aus Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge bei dem Treffen am
25. März in Berlin verabschiedet werden soll. Weitere Themen des Treffens waren die Erwartungen
der Kirchen zur Friedens- und Sicherheitspolitik, zur
Energiepolitik und zum Klimaschutz sowie die europäische Migrationspolitik während der deutschen Ratspräsidentschaft.
Auch der Prozess der Dritten Europäischen Ökumenische Versammlung (EÖV3) über Wittenberg
(15. bis 18.2.07) nach Hermannstadt/Sibiu ist ein
Beitrag der Kirchen zu europarelevanten Themen:
Einheit der Kirchen, Spiritualität, gemeinsames
Zeugnis der Kirchen, Zusammenleben in einem
multireligiösen Europa, Europa im Zeichen der Migration, Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der
Schöpfung (www.oekumene3.eu).
Das Präsidium der Gemeinschaft Evangelischer
Kirchen in Europa (GEKE) verfasst eine Stellungnahme zu 50 Jahren Römische Verträge und zum
weiteren Prozess des Verfassungsvertrages. Das
Präsidium der GEKE hat sich in einer Handreichung
an die Gemeinden für eine Unterstützung des Verfassungsvertrages ausgesprochen und beabsichtigt, auf dieser Grundlage weiterhin Stellung zu
nehmen.
Weitere Informationen: http://lkg.jalb.de/lkg/
documents/lkg_doc_de_537.pdf
(aus einer Vorlage für die Kirchenkonferenz der
EKD vom 28./29. März 2007)
Während des Verfassungskonventes wurden die
Eingaben der KEK-Mitgliedskirchen über die Kommission Kirche und Gesellschaft (KKG) der KEK
koordiniert. Es ist geplant, auch im Hinblick auf die
weitere Diskussion des EU-Verfassungsvertrags so
vorzugehen.
Arbeitsschwerpunkte der KKG im 1. Halbjahr 2006
sind die Förderung ziviler Konfliktbearbeitung, die
Zukunft der sozialen und Gesundheitsdienstleistungen in der EU, Menschenrechtsfragen (vor Allem im Dialog mit den Kirchen der Russischen Föderation), die Situation in Serbien (Kosovo) und ein
Projekt zu „Werte, Identität und Religion“ in
Europa. Die KKG plant außerdem die Beteiligung
an der geplanten europäischen „Allianz für die Familie“. Am 25. 3. 2007 ist in Brüssel eine Veranstaltung, eventl. ein ökumenischer Gottesdienst
vorgesehen.
Oberkirchenrätin
Antje Heider-Rottwilm,
Hannover,
Leiterin der Europaabteilung
im Kirchenamt der EKD,
Mitglied des Präsidiums der KEK,
Co-Moderatorin der Kommission Kirche
und Gesellschaft der KEK
61
THEMATISCHE
VERTIEFUNGEN
DAS LICHT CHRISTI UND DIE WELT
Der 3. Themenbereich in Sibiu lautet: „Das Licht
Christi und die Welt“. Er umfasst 3 Foren mit den
Themen 1. Frieden, 2. Gerechtigkeit, 3. Bewahrung
der Schöpfung. Angesichts des G8-Gipfels sind in
Deutschland viele – auch kirchliche – Aktivitäten
geplant. Dazu hier ein Beitrag.
Einzelne sein, sich zu Wort zu melden für eine gerechtere Welt. Auch die Stimme der Kirchen darf da
nicht fehlen. Die Landessynode der Ev.-Luth. Landeskirche Mecklenburgs hat eine Koordinierungsgruppe berufen, die kirchliche Aktivitäten zum G8Gipfel auf lokaler und auf Bundesebene vernetzt.
Sie bekommen heute Post von der Arbeitsgruppe
„Gottesdienst und Spiritualität“.
G8-Gipfel in Heiligendamm, 6. bis 8. Juni 2007
An Kirch(en)gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern,
deutschlandweit und in Ostseeanrainerländern
Rostock, 29. Januar 2007
Geistliche Aktivitäten zum G8-Gipfel 2007
Sehr geehrte PastorInnen (PfarrerInnen), sehr geehrte Mitglieder im Kirchgemeinderat, Gemeindekirchenrat, Presbyterium oder Kirchenvorstand,
vom 6. bis 8. Juni 2007 versammeln sich in Heiligendamm die Staats- und Regierungschefs der
„G8“ zu ihrem jährlichen Treffen. Das wird wieder
Anlass für viele Nichtregierungsorganisationen und
62
Gottesdienst am 3. Juni 2007 in Bad Doberan
Diese Gruppe plant am Sonntag, den 3. Juni, einen
Gottesdienst im Münster von Bad Doberan (fünf Kilometer von Heiligendamm entfernt), der hoffentlich medial übertragen wird. In diesem Gottesdienst sollen 30.000 Kerzen entzündet werden für
die Kinder, die an diesem Tag aufgrund ihrer Armut
sterben müssen, weil sie unterernährt sind, kein
sauberes Trinkwasser haben oder an vermeidbaren
Krankheiten leiden. Wir wünschen uns, dass 100
Gemeinden um Heiligendamm herum (etwa Lübeck bis Greifswald und Ostseeanrainer) je 300
Kerzen aus diesem Gottesdienst mitnehmen und
um Heiligendamm einen „Heiligen Damm des Gebets“ für die arm gemachten Menschen der Welt
bilden.
Andachten zum Thema am 6. Juni 2007
Am Mittwoch, den 6. Juni, dem ersten Gipfeltag,
sollen dann um 18.00 Uhr in den Kirchen dieser
Gemeinden, aber auch deutschlandweit und um
die Ostsee herum, die Glocken läuten und anschließend eine Andacht zum Thema stattfinden (die bundesweite Aktion dazu nennt sich
„Acht Minuten für Gerechtigkeit“, Ansprechpartner ist hier der Evangelische Entwicklungsdienst,
[email protected], www.G8Minuten.de). Parallel
dazu erklingen auch die Glocken zu den Eröffnungsgottesdiensten des Kirchentages in Köln, die
ebenfalls dieses Thema aufgreifen.
Gebetskette vom 6. bis 8. Juni 2007
Außerdem ist in der Marienkirche in Rostock eine
„Gebetskette“ zu den Gipfeltagen geplant. Zu diesem immerwährenden Gebet (tags und nachts) suchen wir in vielen Gemeinden erarbeitete Gebete
zum Thema und viele Mitbeterinnen und Mitbeter
am Altar in Rostock!
Unsere Bitte an Sie
Beteiligen Sie sich an diesen Aktionen! Nehmen Sie
den G8- Gipfel in Deutschland zum Anlass, in Ihren
Gemeinden über die Globalisierung ins Gespräch
zu kommen. Laden Sie zum 6. Juni 2007 ein, weisen Sie die Öffentlichkeit breit darauf hin, warum
an diesem Tag die Glocken läuten! Gewinnen Sie
Ihre Partnergemeinde für eine solche Andacht.
Wenn Sie bereit sind, an dieser Stelle ein Zeichen
zu setzen, besonders aber dann, wenn Sie am
„Heiligen Damm des Gebets“ mitwirken möchten,
melden Sie sich bitte bei Ralf Göttlicher in der Koordinierungsstelle „Kirche und G8“ (s.u.). Dort gibt
es auch weitere Informationen.
Im Namen der Arbeitsgruppe grüßt Sie herzlich
gez. Tilman Jeremias, Pastor, Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
Koordinierungsstelle „Kirche und G8“ der Ev.Luth. Landeskirche Mecklenburgs
Arbeitsgruppe „Gottesdienst und Spiritualität“
Bei der Nikolaikirche 1, 18055 Rostock,
Tel.: 0381 - 37 57 093, Fax: 0381 - 37 57 137,
eMail: [email protected],
Internet: www.kircheundg8.de,
Bürozeiten (i.d.R.): Mo. & Do. 10-15.30 Uhr
DIE RUMÄNISCH-ORTHODOXE KIRCHE IN DEUTSCHLAND –
ÖKUMENISCHE IKONOGRAPHIE IN NÜRNBERG
Aus dem Gastgeberland der Dritten Europäischen
Ökumenischen Versammlung leben viele Christinnen und Christen in Deutschland. Die RumänischOrthodoxe Kirche in Deutschland hat eine besondere ökumenisch interessante Metropolitankirche.
Für den 8. September (parallel zur Versammlung in
Sibiu) lädt die Metropolie in diese Kirche ein.
Einführung: Die rumänisch-orthodoxe Metropolie in Deutschland
1993 beschloss die Heilige Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche, eine Metropolie für
Deutschland und Zentraleuropa mit Sitz in Bayern
aufzubauen. Sie erstreckt sich jetzt über Deutschland, Österreich, Luxemburg, Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland; „Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und
Nordeuropa“ ist die offizielle Bezeichnung. Rumänisch-orthodoxe Christen in Deutschland mit ihren
Zentren in München, Nürnberg und Düsseldorf
(meist Emigranten aus den Jahren des Kalten Krieges) hatten nach der Wende ausdrücklich um
Gründung eines eigenen Bistums gebeten. Die mit
Bukarest in Kircheneinheit befindlichen Emigranten unterstanden bis dahin kirchenrechtlich dem
rumänischen Erzbistum zu Paris. Es gab aber auch
rumänisch-orthodoxe Christen, die sich aus Protest
gegen den in kommunistischer Zeit zu regimefreundlichen Kurs ihrer Heimatkirche dem (griechischen) Ökumenischen Patriarchat Konstantinopel
angeschlossen hatten.
1994 entsandte das Rumänische Patriarchat Dr.
Serafim (Joantă, *1948), Vikarbischof der Metropolie Siebenbürgen/Sibiu, als Metropoliten nach
Deutschland, wo seine Hauptaufgabe der Gemeindeaufbau ist. Anfangs fand er in Deutschland neun
Gemeinden vor. Heute sind es rund 40. In den anderen Ländern seiner Metropolie ist ein ähnlicher
Aufbruch festzustellen. Das hat mit der charismatischen Art des Bischofs zu tun, der ein Anhänger
des Hesychasmus und begnadeter Prediger ist. Insgesamt zählt die Metropolie heute 52 Gemeinden.
Zunächst residierte Metropolit Serafim am katholischen Ostkirchlichen Institut des Bistums Regensburg. 1999 konnte die Metropolie von der
Ev.-Luth. Kirche in Bayern die Nürnberger Epiphanias-Kirche nebst Anwesen erwerben, die nach einem Neubau nicht mehr genutzt wurde. Die Kirche
wurde zur Kathedrale und das Anwesen zum Sitz
der Metropolie umgebaut. Dann begannen die
Ausmalungen mit Fresken im byzantinischen Stil.
Insgesamt kosteten Kauf, Umbau und Bemalung
der Kirche und des Komplexes rund 2 Mio. Euro.
2006 hatte die Metropolie doppelten Grund zu feiern: Patriarch Teoctist und Metropolit Serafim
weihten mit zahlreichen Hierarchen die Kathedrale
in Nürnberg ein; und das bayerische Kultusministerium verlieh der Metropolie den Status einer
Körperschaft des Öffentlichen Rechts (vgl. G2W
9/2006). Damit gilt die Kirche als staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft.
Die Kirche wurde nun verlängert und baulich aufgestockt (Seitenemporen entfernt, eine Kuppel neu
errichtet). Dem orthodoxen Kirchenbau entsprechende Gestaltungsmerkmale besonders im Hinblick auf die Raumaufteilung wurden einbezogen,
um die Kreuzform byzantinischer Kirchen zu erreichen. Die Kirche hat nun tatsächlich den Charakter
einer orthodoxen Kirche. Dazu kommt die Innenbemalung im Stile der orthodoxen Ikonographie. Als
Ikonenmaler verpflichtete der Metropolit den rumänischen Künstler, Professor Grigore Popescu,
aus Bukarest. Er lehrt an der dortigen Orthodoxen
Fakultät Kunstgeschichte und ist Leiter der Patriarchats-Kommission der orthodoxen Kirchenmaler.
Die 2006 fertig gestellte Bemalung entspricht zwar
orthodoxen Vorgaben, gleichzeitig aber weist die
neue Kathedrale eine Reihe von Besonderheiten
auf.
Ikonenbemalung in der Nürnberger Kathedrale
Ein Register mit großen Fresken zeigt verschiedene
Wunder aus den Evangelien. Jesus Christus tritt
hier als der Messias der Tat in Erscheinung, der
dem ganzen Menschen das Heil bringen will und
sich nicht nur an die gläubige Seele richtet. Ein
ganzheitlicher Ansatz, den die orthodoxe Spiritualität und Theologie immer vertreten hat. Die dargestellten Wunder sind die Hochzeit zu Kana, die Auferweckung des Jünglings zu Nain, die Heilung
eines Blinden, die Heilung der blutflüssigen Frau
und die Auferweckung des Jaïrus, die Heilung des
von Geburt an Blinden, die Auferweckung des Lazarus, die Heilung der Aussätzigen, das Wandeln
auf dem See und die wundersame Brotvermehrung. Die Symbolik der hier ausgewählten Wunder
Christi erschließt sich dem Betrachter als eine Art
Symbiose des Wirkens des irdischen Christus: Er
bringt Licht, Brot und Leben; er ist Herr über die
Elemente und die Krankheiten, die er heilt; und er
gibt den Menschen Freude in Fülle. Christus erscheint hier als der Heiland, der den Menschen das
Leben schenkt oder neu ermöglicht. Das letzte
Fresko dieses Registers zeigt jedoch den Undank
der Menschen: die Verhaftung und die Kreuzigung.
ÖKUMENISCHE
IMPULSE
AUS RUMÄNIEN
Die Menschen verwerfen gerade den, der das Heil
bringt und Leben schenkt.
Traditionell ist die Darstellung des Himmels und
der Himmlischen Liturgie in der Kuppel. Dort tauchen als Gruppen die Patriarchen und Propheten
des Alten Testaments, die Apostel, Jünger und
Märtyrer sowie die Hierarchen, Mönche und die
Heiligen der Kirche auf.
Ökumenischer Lebensbaum
An der Nordseite der Kathedrale sehen wir einen
„ökumenischen Lebensbaum“, der nun wirklich
die manchmal engen Grenzen der orthodoxen Ikonographie sprengt. Da begegnen sich Orthodoxie,
fränkisches Lokalkolorit und die europäische Ökumene. Hier sind die Kathedralen Notre Dame in Paris und die zu Ravenna ebenso zu sehen wie die
Hagia Sophia in Konstantinopel und ein Klosterbild
vom heiligen Berg Athos. Daneben typische rumänische orthodoxe Kirchen aus Siebenbürgen, der
Moldau und der Walachei. Aus der Verkündigung
des Evangeliums sind die verschiedenen Kirchen
erwachsen. Sie alle haben Christus zur Wurzel.
Deutlich wird dies auch daran, dass Missionare
und Heilige verschiedener Völker abgebildet sind.
Dazu zählen der Apostel und Märtyrer Andreas,
der in der Dobrudscha (Scytia Minor) auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens missioniert hat, aber
auch Gregor der Erleuchter als Missionar der Armenier (4. Jh.), Benedikt von Nursia und Franz von Assisi, der deutsche Missionar Bonifatius (8. Jh.) und
der russische Großfürst Vladimir (10. Jh.). Die Abbildung des heiligen Sebaldus als Schutzpatron
von Nürnberg und ein mittelalterliches Bild der
Stadt verorten die neue rumänische Kathedrale in
63
ihrer Stadt und Region. Das alles will dem Betrachter zeigen, dass das Wort Christi die ganze Welt erreicht hat. Das soll auch die Ökumene symbolisieren. Die Verbundenheit mit der Kirche zu allen
Zeiten zeigen Bilder europäischer Heiliger und
Hierarchen aus der Neuzeit. So sind Märtyrer und
Heilige u. a. aus Russland, Bulgarien, Polen, Serbien und Böhmen zu sehen, etwa Patriarch Tichon
von Moskau († 1925), der serbische Metropolit Nikolai (Velimirović, † 1956) oder der tschechische
Bischof Gorazd (Pavlik, † 1942), ein Opfer des Naziregimes.
Der Ökumenische Lebensbaum in der Nürnberger Kathedrale
64
An der Westseite finden sich ebenfalls ungewöhnliche Bilderkombinationen, die die Verbundenheit
der rumänischen Orthodoxie mit anderen Kirchen
zum Ausdruck bringen wollen. So gibt es eine Darstellung der „Bekenner des 20. Jahrhunderts“. Hier
sind europäische Märtyrer verschiedener Kirchen
zu sehen, unter anderem die evangelischen Pfarrer
Dietrich Bonhoeffer († 1945) und Paul Schneider (†
1939), die Katholiken Pater Maximilian Kolbe (†
1941), Schwester Edith Stein († 1942) und Franz
Jägerstetter († 1943). Daneben sind natürlich viele
rumänische Märtyrer und Opfer des Kommunismus
abgebildet. Dazu zählen in Lagern umgekommene
Theologen und Laienchristen wie Valeriu Gafencu
(† 1952), Galaction Munteanu und Ilarion Felea
(beide † 1961) oder der Einsiedlermönch Daniel
Sandu Tudor († 1962), aber auch Priester, die viele
Jahre in kommunistischer Haft verbracht haben:
Zosim Oancea († 2005): 16 Jahre, Dimitrie Bejan (†
1995): 28 Jahre – er war 1941 als Militärpriester
von der Roten Armee gefangen genommen und
sieben Jahre in sowjetischer Haft gehalten worden;
1948 wurde er zwar nach Rumänien überstellt,
blieb dort aber weiter in Haft; bis 1989 stand er in
Bukarest unter Hausarrest. Zeitgenossen wie Metropolit Serafim berichten von seiner Güte und einem strahlenden Gesicht wie bei Stephanus dem
Märtyrer. Als ihn Revolutionäre 1989 befreiten,
wollten sie seine Wächter, die ihn jahrelang drangsaliert hatten, lynchen. Doch Dimitrie Bejan schützte sie: Sie kamen mit dem Leben davon.
Auch Bischöfe, die sich offen gegen den Kommunismus und die Diktatur gewandt haben, sind zu
sehen – etwa Bischof Nicolae Popovici († 1960). Er
hatte sich 1948 der Abschaffung des Religionsunterrichts widersetzt und war deswegen amtsenthoben und in einem Kloster unter Hausarrest gestellt
worden. Oder Metropolit Visarion Puiu († 1964):
Als Metropolit von Chişinău (russ.: Kišinëv) hatte er
in einem Brief an Stalin gegen die sowjetische Annexion des rumänischen Bessarabien und gegen
die daraus resultierende Auflösung der rumänischen Metropolie protestiert. Dafür wurde er „wegen antikommunistischen Widerstands“ zum Tode
verurteilt, konnte aber nach Paris fliehen. Auch
standhafte Laienchristen, die sich dem Kommunismus widersetzten und dafür langjährige Haft oder
gar den Tod in Kauf nahmen, sind hier zu sehen:
der Bauer Silvestru Bolfea aus dem Kreis Alba Iulia/Karlsburg (1949 von den Kommunisten ermordet) und die viele Jahre inhaftierte Elisabeta Rizea
(† 2003). Stellvertretend für das Leid aller Pfarrfrauen, deren Männer oft über Jahrzehnte im kommunistischen Kerker verbringen mussten, ist Maria
Stăniloae zu sehen († 1993), Gattin des bedeutendsten rumänischen Theologen des 20. Jahrhunderts,
Dumitru Stăniloae († 1993).
Alle hier Abgebildeten sind als „Bekenner Christi“
leuchtende Beispiele des Glaubens und der Bereitschaft zum Märtyrium, wahre Heilige des 20. Jahrhunderts. Metropolit Serafim spricht in diesem Zusammenhang von der „Ökumene der Märtyrer und
des Leidens für Christus“, die angesichts der Diktaturen des 20. Jahrhunderts besondere Bedeutung
für das Zusammenleben der Christen besitze. Das
Leiden und Sterben dieser Märtyrer für Christus
eint – über die Unterschiede in Lehre sowie in
Amts- und Kirchenverständnis hinaus – Christen im
20. Jahrhundert. Diese Bildkomposition in Nürnberg führt uns das sinnbildlich vor Augen.
„Die großen geistlichen Väter“
Eine weitere Bilderfolge mit zeitgenössischem Bezug stellt schließlich die Komposition „Die großen
geistlichen Väter“ dar, die neben der BekennerDarstellung zu sehen ist. Dieses Fresko würdigt die
Zeuginnen und Zeugen in den Kirchen, Darstellung der Nürnberger Ikone der Rumänisch-Orthodoxen
Metropolie
besonders charismatischen geistlichen Väter der
Rumänischen Kirche im 20. Jahrhundert: Prediger
und Mönchsväter, die besonders als Seelsorger im
Kommunismus wirkmächtig waren und die Kirche
mit ihrer Verkündigung und ihren Gebeten durch
diese Zeit getragen haben. Dazu gehört Ilie Cleopa
vom Kloster Sihastria († 1998). Er hat rund zehn
Jahre im Untergrund gelebt und zählte vor und
nach 1989 zu den Mönchsvätern mit größter geistlicher Ausstrahlung in die rumänische Theologie
wie in Laienkreise hinein. Dieser Einfluss ist nicht
immer unproblematisch, finden sich doch im
Schrifttum von Mönchsvätern wie Cleopa ausgesprochen radikale anti-europäische, anti-ökumenische und anti-westliche Haltungen. Das sind nicht
zuletzt Reaktionen auf Säkularisierungserscheinungen in westlichen Gesellschaften und Kirchen und
auf das (in orthodoxen Augen) katholische Vordringen nach Osten seit 1989. Doch die Rolle solcher
Mönchsväter als moralische Autoritäten der Gesellschaft zu Zeiten des Kommunismus steht außer
Zweifel, zumal etliche damals inhaftiert waren –
wie die Mönchsväter Arsenie Boca († 1989, auf
dessen Grab im Kloster Prislop auch im kältesten
Winter Blumen blühen), Hilarion Argatu und Archimandrit Sofian Boghiu aus Bukarest (beide †
2003), aber auch Priester wie Constantin Galeriu (†
2003) und der große rumänische Theologe Dumitru
Stăniloae (1903-1993), der von 1958 bis 1963 im
Gefängnis war.
Die rumänische Kathedrale in Nürnberg führt dem
Betrachter also nicht nur die traditionelle ostkirchliche Ikonographie vor Augen. Sondern sie ergänzt
diese klassischen Darstellungen um Fresken mit
ganz eigener theologischer Aussage und um zeitgeschichtliche und ökumenische Bezüge und Referenzen. Es ist zu wünschen, dass die hier sichtbar
demonstrierte Offenheit im Blick auf Vergangenheitsbewältigung und Ökumene auch in anderen
Kontexten spürbar wird. Für die Kultur der Ökumene und die gemeinsame Spiritualität der Christen
ist diese Kathedrale jedenfalls ein Meilenstein.
Dr. Jürgen Henkel,
Bukarest und Sibiu/Hermannstadt,
beurlaubter Pfarrer
der Ev.-Luth. Kirche in Bayern;
Publizist.
Leiter der Evangelischen
Akademie Siebenbürgen;
betreut sieben Kirchengemeinden
im siebenbürgischen Kirchenbezirk
Mühlbach/Sebefl.
65
ÖKUMENISCHE
IMPULSE
AUS RUMÄNIEN
EINLADUNG FÜR DEN 8. SEPTEMBER NACH NÜRNBERG
Einladung
in die rumänisch-orthodoxe
Metropolitan-Kathedrale, Nürnberg
Tag der Ökumene
Samstag, 8. September 2008
Seine Eminenz, Metropolit Serafim,
lädt anlässlich der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu/Hermannstadt
(Rumänien) in die Metropolie nach Nürnberg ein.
Am Samstag, dem 8. September 2007, wird – parallel zur Versammlung in Rumänien – in der
Metropolie in Nürnberg ein „Tag der Ökumene“ stattfinden. Der Metropolit, der aus Sibiu
stammt, wird persönlich an der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung teilnehmen
und hat seinen Weihbischof Sofian beauftragt, Gastgeber der Ökumenischen Versammlung in
Nürnberg zu sein. Die 2006 geweihte Kathedrale mit einer wunderschönen, ökumenisch hoch interessanten Ausmalung bietet einen guten Rahmen für einen Tag der Begegnung, des Feierns
und Lernens. Gemeinsam mit der Kommission der Orthodoxen Kirche in Deutschland (KOKiD)
und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Bayern (AcK Bayern)
wird dieser Tag vorbereitet.
Vorläufiges Programm
9.30 – 11.30 Uhr
Göttliche Liturgie zum Fest der Geburt Marias
11.30 – 12.30 Uhr
Vortrag: Orthodoxie und europäische Visionen
12.30 – 14.00 Uhr
Mittagessen, Ausstellung und Begegnung
Orthodoxes Leben in Deutschland
14.00 – 14.45 Uhr
Ökumenischer Gottesdienst
14.45 – 15.30 Uhr
Die Ausmalung der Metropolitan-Kathedrale: eine ökumenische
Ikonographie
15.30 – 16.00 Uhr
Dritte Europäische Ökumenische Versammlung
Nachrichten, Botschaft, Weiterarbeit in Deutschland
Schlusssegen
Metropolitankirche der Rumänisch-Orthodoxen Kirche in Nürnberg
66
SIBIU/RUMÄNIEN: VERTRAUTER ÖKUMENISCHER BODEN
ERFAHRUNGEN DES WELTGEBETSTAGS DER FRAUEN
Weltgebetstagsfrauen und -männer bewegen sich
zum Abschluss der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung im rumänischen Sibiu auf vertrautem Boden, denn die Gottesdienstordnung für
den Weltgebetstag 2002 wurde von Frauen des
Ökumenischen Weltgebetstagskomitee in Rumänien geschrieben, dem zum damaligen Zeitpunkt
dreizehn Frauen aus sieben verschiedenen Konfessionen und unterschiedlichen Landesteilen angehörten. Ökumenische Vielfalt und Fülle schon
damals – wo in anderen Zusammenhängen der rumänischen Kirchenlandschaft das konfessionsübergreifende Miteinander noch längst nicht vorhanden oder gar so positiv belegt war.
Da haben die Frauen der internationalen Basisbewegung des Weltgebetstags guten Boden bereitet,
Samen gelegt und Pflänzchen gezogen, die jetzt
– herangewachsen – Frucht bringen. Gott sei Dank.
Der bezeichnende Titel der Liturgie lautete: „Zur
Versöhnung herausgefordert.“ Uns mit Gott zu
Versöhnen und untereinander – das war Hauptthema des feierlichen Gottesdienstes. Ein neues Herz
und einen neuen Geist braucht es dazu – wie Ezechiel uns zuspricht. Und mit der Geschichte der
mutigen Abigaijl (1Sam 25-35), die durch ihr kluges und zeitgenaues Handeln Mord und Totschlag
verhindert und prophetisch von David als künftigem König spricht, werden wir erinnert, dass Gott
uns alle zum Dienst an der Versöhnung ruft.
Die Schwestern aus Rumänien haben uns mit ihrem Gottesdienst ihre spirituellen Schätze geschenkt: kraftvolle Bibelworte, bewegende Lieder
und Symbolhandlungen. Mit ihrem Gottesdienst
habe ich damals noch einmal tiefer verstanden,
welches dynamische Verständnis von Ökumene
den „Geist“ der internationalen Weltgebetstagsbewegung ausmacht:
Beim Weltgebetstag gibt es eine „Ökumene der
Zumutung des gegenseitigen Reichtums“. Diese
unterscheidet sich wesentlich von dem, was ich als
die weit verbreitete „Ökumene des kleinsten gemeinsamen Nenners“ bezeichne. Hier wird – gerade im Hinblick auf die Liturgie oft nur danach gefragt, was kann gemeinsam gefeiert werden, wie
kann gemeinsam gefeiert werden, ohne dass es einem der Beteiligten weh tut. Der Weltgebetstag
verspricht und hält einen anderen Zugang zum
ökumenischen Miteinander: Wir muten uns gegenseitig den liturgischen Reichtum zu. Das heißt, ich
bekomme zum Beispiel von orthodoxen oder freikirchlichen Frauen ein Gebet in einer Gottesdienstordnung als Geschenk, das vielleicht nicht unbedingt meiner eigenen Spiritualität entspricht, aber
es ist ihnen etwas sehr Wertvolles. Ich kann es gut
mitbeten und kann an ihrer Freude teilhaben und
muss es nicht zerreden. Das ist eine wichtige Chance beim Weltgebetstag. Für die römisch-katholischen Frauen kann dies zum Beispiel bedeuten,
sich auch neugierig und unbefangen auf eine Spiritualität einzulassen, die aus den reformatorischen
Traditionen schöpft und dabei auch Frauen selbstverständlich Charismen zuspricht zur machtvollen
Mitgestaltung von Kirche, Theologie und Gottesdienst.
Überall werden wir von der Rhetorik der Verknappung der Mittel geplagt – der Weltgebetstag setzt
hier ein erfrischend anderes Signal: in der Ökumene herrscht großer Reichtum!
Sibiu setzt ebenfalls ein erfrischend anderes Signal:
Menschen verschiedener christlicher Konfessionen
und verschiedener ethnischer Gruppen, gezeichnet
von den Problemen eines sozialpolitischen und
wirtschaftlichen Transformationsprozesses, laden
ein, gemeinsam mit ihnen die Herausforderungen
der Zeit mit Glaubenskraft und Glaubensüberzeugung zu gestalten – für ein Europa, für eine Welt,
in der immer mehr Menschen in Frieden und Gerechtigkeit leben können.
Entsprechend lautete denn auch das Gebet des Zuspruchs und der Erneuerung in der Gottesdienstordnung der Frauen aus Rumänien für den Weltgebetstag 2002:
ÖKUMENISCHE
IMPULSE
AUS RUMÄNIEN
() Im Frieden lasst uns zu Gott beten:
Gott, wir danken Dir für alle guten Gaben.
Du bist derselbe – gestern, heute und morgen.
Du reißt die Mauer der Feindschaft nieder
und bringst den Menschen Frieden.
Pflanze tief in uns ein die Ehrfurcht vor Deiner
Größe.
Stärke die Liebe unter uns.
Lösche alle Feindschaft aus
und befreie uns von dem Hang, zu spalten und
auszugrenzen.
Denn Du bist unser Friede und Dich preisen wir.
Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem
Heiligen Geist,
jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.
() Amen.
Petra Heilig,
Stein (Mittelfrranken),
Geschäftsführerin und theologische Referentin,
Weltgebetstag der Frauen –
Deutsches Komitee e. V.
67
ÖKUMENISCHE
IMPULSE
AUS RUMÄNIEN
HEALING OF MEMORIES
Brücke zwischen Kirchen, Kulturen und Religionen
Prozess zur kreativen Aufarbeitung von Verletzungen zwischen Konfessionen, Kulturen/Völkern und
Religionen (vgl. www.healingofmemories.co.za).
In Europa wird in Nordirland seit mehreren Jahren
an einem Prozess „Healing through Rembering
(HTR)“ gearbeitet (vgl. „Reconciling Memories,
Alan D. Falconer and Joseph Liechty, Columba
Press Dublin 1998) und auch die drei Warschauer
Konsultationen zur Versöhnung in Nord-Mittel/OstEuropa 1996 bis 1998 sowie die „Anhörung“ im
Rahmen der Zweiten Europäischen Ökumenischen
Versammlung 1997 in Graz (vgl. „Versöhnung in
Europa – Aufgabe der Kirchen in der Ukraine, in
Belarus, Polen und Deutschland“, hrsg. v. Kontaktausschuss des Polnischen Ökumenischen Rates
und der Evangelischen Kirche in Deutschland,
Warszawa/Hannover 1998) sind als Healing of Memories-Prozesse ebenso zu nennen wie die Interkonfessionellen Versöhnungsgespräche der EKD in
Serbien.
2004 wurde in Rumänien unter dem Leitwort
„Healing of Memories“ ein Versöhnungsprojekt begonnen, das auch in die Versammlung
in Sibiu einfließt. Getragen wird es von der
Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und der Konferenz Europäischer
Kirchen (KEK) und dem Evangelischen Bund
(Bensheim).
Wir sind bereit, ... an der Heilung des Gedächtnisses mitzuwirken
Zur Balkan-Konferenz der Außenminister/innen der
Europäischen Union und der Balkan-Staaten am
10. und 11. März 2006 in Salzburg hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich den EU-Mitgliedsstaaten und den Balkanstaaten vorgeschlagen, in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien
eine Kampagne zur Heilung der Erinnerungen
durchzuführen und empfiehlt : „Um die Jahrhunderte alte Spirale von Vorurteilen, Gewalt und Gegengewalt zu durchbrechen, ist es notwendig, sich
um die Reinigung und Heilung des Gedächtnisses
zu bemühen; ohne sie ist eine Versöhnung nicht
denkbar. … Wir sind bereit, gemeinsam mit anderen Religionsgemeinschaften an der Heilung des
Gedächtnisses mitzuwirken, Dialoge vorzubereiten
und zu veranstalten“ (CPCE-EUROPA-INFO aus
BRÜSSEL Nr 1/2006, CPCE-Büro Brüssel).
Healing of Memories findet nun seine Fortführung
in Rumänien als einem Grenzland zwischen historisch-oströmischer und -weströmischer Konfessions- und Kulturgeschichte sowie südosteuropäischer christlicher, jüdischer und türkisch-islamischer Prägung.
chen aufarbeiten, die durch viele gute Erfahrungen,
aber auch durch Spaltungen (und) Verfeindungen
…geprägt ist“.
Healing of Memories in Rumänien
Mit Rumänien ist ein Land ausgewählt worden, das
in seiner Geschichte reich an Kulturen ist. Über
Jahrhunderte haben viele verschiedene Kulturen
und Ethnien eine Heimat gefunden und bilden ein
in dieser Form in Europa einmaliges Zusammenleben.
Rumänien kann so als Vielvölker-Staat ein Brückenland sein und zu einem Bild werden für Toleranz und gegenseitige Akzeptanz der Kulturen,
Religionen und Völker in einem in der Zukunft vereinten Gesamteuropa.
Jedoch bildet Rumänien als Grenzland zwischen
den alten Kulturräumen Ost- und Westeuropa
auch viele konfessionelle und kulturelle Spannungsfelder ab. Solche Spannungsfelder kulturgeschichtlich aufzudecken und als Teil der jeweils
eigenen Kirchen- und Kulturgeschichte zu analysieren und Wege zu ihrer Überwindung aufzuzeigen,
ist eine Versöhnungsaufgabe christlicher Kirchen in
Europa.
Das Projekt Healing of Memories realisiert das
kirchliche Amt der Versöhnung in der Nachfolge
Christi, wie uns der heilige Paulus sagt nach 2.
Kor. 5,18.
Dieses kann zukunfts- und richtungweisende Formen kreativen Zusammenlebens für Gesamteuropa
eröffnen.
Es wird konkretisiert als Aufgabe aller christlichen
Kirchen nach der Charta Oecumenica 3: Wir wollen
„gemeinsam die Geschichte der christlichen Kir-
Nach der Charta Oecumenica heißt dieses: „Angesichts zahlreicher Konflikte ist es Aufgabe der Kirchen, miteinander den Dienst der Versöhnung auch
Healing of Memories (HoM)
Healing of Memories (HoM) ist ein erstmalig in
Südafrika in kirchlicher Verantwortung gestalteter
68
für Völker und Kulturen wahrzunehmen. Wir wissen, dass der Friede zwischen den Kirchen dafür
eine ebenso wichtige Voraussetzung ist“ (Charta
Oecumenica 8). Seit Oktober 2005 beteiligen sich
Vertretungen verschiedener historischer Minderheitskulturen am Prozess.
Nach einer wechselvollen Geschichte ist 1856 das
Königreich Rumänien aus den beiden Fürstentümern Moldau und Walachia hervorgegangen. In
seinen heutigen Grenzen existiert es seit Ende des
Ersten Weltkrieges mit Veränderungen noch einmal 1945. Es bildet neun historische Regionen ab
(Banat, Bihor, Sathmar, Maramuresch, Siebenbürgen, Bukowina, Moldau, Walachia, Dobrogea), die
in den vergangenen Jahrhunderten ihre jeweils eigene nationale, kulturelle, religiöse Geschichte
hatten – aber auch ihre Geschichte der Kriege und
Vertreibungen.
Die Heilung der Erinnerungen setzt deshalb an bei
einer interdisziplinären Erforschung und Konsultation vergleichender Geschichtsdarstellung zwischen Kirchen, Religionen und Kulturen differenziert nach diesen einzelnen Regionen.
Dieser im Oktober 2004 begonnene erste Teilprozess A liegt in der Federführung der Gemeinschaft
Evangelischer Kirchen in Europa – Leuenberger Kirchengemeinschaft (GEKE).
HoM ist gestaltet als interdisziplinärer Prozess
theologischer, historischer, soziologischer und sozial-psychologischer Fakultäten. Daran arbeiten
seit Beginn des Prozesses mehr als 100 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an 16 theologi-
schen Fakultäten, 7 historischen und 2 soziologischen Fakultäten mit, sowie Historiker/innen von 6
wissenschaftlichen Instituten in Rumänien.
Beteiligt am Prozess sind Fakultäten aller historischen Kirchen Rumäniens mit der Zustimmung ihrer Bischöfe und Metropoliten: die orthodoxe, die
apostolisch-armenische, die römisch-katholische,
die beiden lutherischen, die reformierte und die
griechisch-katholische Kirche.
Außerdem sind beteiligt die Federatiei Comunitatii
Evreiesti din Româná, die Muftiatul Cultului Musulman din Româna sowie Vertretungen der Minderheiten Roma, Slowaken, Huzulen, Ruthenen,
Tataren, Türken, Albaner, Polen, Deutsche, Bulgaren, Griechen, Italiener.
Seit 2004 haben 8 Konferenzen in 8 historischen
Regionen stattgefunden: Mai 2005 in Cluj Napoca,
Mai 2006 in Iaşi und Suceava, Juni 2006 in
Timişoara und Oradea, November 2006 in Bukarest
und Constanţa, November 2006 in Baia Mare.
Für den 26. bis 29. Juni 2007 ist eine gesamtrumänische Konferenz in Bukarest geplant, die hinführen soll zur Dritten Europäischen Ökumenischen
Versammlung in Sibiu/Hermannstadt/Nagyszeben.
In einem Teilprozess B sind ab 2008 mit verantwortlicher seelsorgerlicher Begleitung aus den be-
teiligten Kirchen in Federführung der Konferenz
Europäischer Kirchen dann regionale interkonfessionelle Seminare geplant nach dem Vorbild des
Healing of Memories-Prozesses in Nordirland. Dafür hat die Irish School of Ecumenics in Dublin und
Belfast ihre Zusammenarbeit angeboten.
Zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung selbst ist die Eröffnung eines permanenten
kirchlichen Versöhnungszentrums europäischer
Kirchen geplant sowie zwei Hearings und eine Präsenz im Forum 9 Frieden und Versöhnung. HoM
tritt gemeinsam auf mit anderen europäischen
kirchlichen Versöhnungsprozessen in Nordirland,
Serbien, Polen und Belorussland.
Dieter Brandes,
Beauftragter der Gemeinschaft
Evangelischer Kirchen in Europa und der
Konferenz Europäischer Kirchen
69
EUROPÄISCHE
NACHBARSCHAFTEN
HEALING OF MEMORIES – VERSÖHNEN UND ÜBERWINDEN
KIRCHEN AM RHEIN
Deutschland hat mit vielen Ländern nicht nur Grenzen, sondern auch grenzüberschreitende Nachbarschaften, die auf regionaler Ebene das Zusammenwachsen Europas voranbringen. Ein Beispiel von
vielen ist die deutsch-französische Zusammenarbeit am Oberrhein. Für Kirchen und Gemeinden in
grenznahen Regionen ist die Dritte Europäische
Ökumenische Versammlung Anlass, die Kontakte
zu vertiefen.
drückung, Verfolgung und Ausbeutung. Wir denken vor allem an das Unrecht von Christen gegenüber den Juden. Wir bekennen, dass wir im
Abendland nach der Spaltung vor 1000 Jahren
unsere Geschwister im Osten vergessen haben.
Wir wollen begreifen, dass die östlichen Kirchen
Teil der Christenheit dieses Kontinents sind.
3. Wir sind dankbar für die Beziehungen und
Freundschaften zwischen vielen Menschen unserer Völker; wir wollen das gewachsene Vertrauen
weiter pflegen und die Partnerschaften zwischen
Kirchengemeinden intensiver leben. ...
[4. ...]
Etliche Passagen dieses weithin unbekannten Textes klingen wie ein Vorspiel: einerseits zu den Formulierungen der nur knapp ein Jahr später folgenden Charta Oecumenica, die ja auch in Straßburg
unterzeichnet wurde; andererseits zu den Absichtserklärungen der Vorberichte und -verlautbarungen
zur 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung
in Rumänien. Es scheinen tatsächlich verschiedene
Aspekte ökumenischer Arbeit glücklich ineinander
zu fließen und sich gegenseitig zu bereichern.
Die Organisation und Formulierung für den Pfingstmontag 2001 lag bei der deutsch-französischen
Arbeitsgruppe, die in Nacharbeit zur Charta Oecumenica und in Vorbereitung (oder jetzt auch begleitend) zur 3. Europäischen Versammlung ein
Projekt ins Leben gerufen hat, das unmittelbar vor
der konkreten Umsetzung steht, das Projekt einer
ökumenischen Kirchengeschichte des Oberrheins.
Healing of Memories –
Versöhnen und Überwinden
Unter dem Motto „Avec le Christ franchir les frontières – Mit Christus Grenzen überschreiten“ fand
am 12. Juni 2000, dem Pfingstmontag, in Straßburg
ein sog. „Ökumenisches Treffen der Kirchen“ statt,
an dem sich ca. 6500 Menschen von links und
rechts des Rheins beteiligten. In der bei der Schlusskundgebung verlesenen Botschaft heißt es (u. a.):
1. Als Angehörige verschiedener Völker und Kirchen sind wir heute in Straßburg zusammengekommen. Dafür danken wir Gott und preisen seinen Namen. ... Wir glauben, dass Christus unser
Friede ist. Durch sein Leben, Sterben und seine
Auferstehung hat er die trennenden Barrieren
zwischen den Völkern beseitigt und uns zu Botschaftern der Versöhnung gemacht. ... Gottes
Geist ermutigt uns, dass wir mit dem Ringen um
Einheit einen glaubwürdigen Beitrag zur Gemeinschaft der Völker in Europa leisten.
2. Wir blicken auf das zu Ende gehende Jahrtausend
zurück. Wir sind dankbar für das Evangelium und
seine Früchte. Wir haben aber auch Grund zur
Buße: Im Namen des Christentums gab es Unter70
Geboren wurde die Idee im Rahmen einer Fachtagung der o.g. Gruppe im Frühjahr 2005, die sich der
Umsetzung der Straßburger Erklärung und der Charta Oecumenica widmete – dies unter dem Motto:
Ökumene gestalten in einer europäischen Grenzregion. Auf der Suche nach Konkretionen grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Eine Arbeitsgruppe
dieser Tagung war dabei mit dem ökumenisch und
friedenspolitisch sicherlich anspruchsvollen Thema
„Geschichtliches Unrecht“ befasst. Zweifellos ist
das deutsch-französische Verhältnis nicht nur unter
rein historischen Hypotheken zu sehen, sondern sind
die historischen Belastungen immer auch konfessionell bestimmt (gewesen). Gerne nahm die Arbeitsgruppe deshalb auch die Anregungen Elisabeth Parmentiers, frühere Präsidentin der Gemeinschaft
Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), auf, Anregungen des Projekts „healing of memories“ konkret
auf die Region am Oberrhein zu beziehen.
Aus dieser Idee ist mittlerweile das Projekt Ökumenische Kirchengeschichte des Oberrheins erwachsen. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten der Geschichte
zu ergründen, Konfessionalismus als Faktor des
Völkerunfriedens zu erfassen und Ökumenismus
und Versöhnungswille wissenschaftlich zu erforschen und zu dokumentieren.
Am Ende des Projekts soll eine Buchveröffentlichung
stehen – d.h. jeweils ein in deutscher und französischer Sprache vorliegendes Buch, das im ureigensten Sinn des Wortes grundlegend sein soll. Historischen Grund legend und ökumenisch begründend,
warum es gut und sinnvoll ist, die Zusammenarbeit
am Oberrhein zu suchen und zu pflegen.
Ende März 2007 findet erneut ein Fachtag statt,
den die deutsch-französische Gruppe verantwortet.
Auf diesem Fachtag soll Wesentliches geschehen:
• Mit ca. 40 historischen und ökumenischen Fachgelehrten will die Gruppe, die mittlerweile eine
Art „wissenschaftlichen Beirat“ unter Leitung
von Oberkirchenrat i. R. Dr. Klaus Bümlein
(Speyer) berufen hat, das vorläufige Inhaltsverzeichnis der geplanten Publikation erarbeiten.
• Als Moderator des wissenschaftlichen Projekts
wird als „Geschäftsführer“ Dr. Albert de Lange
(Karlsruhe) vorgestellt werden, der (einstweilen
und befristet) dankenswerterweise von der Evangelischen Landeskirche in Baden finanziert wird.
• Die Gruppe wird prüfen (dürfen), inwieweit der
Prozess dieses spezifischen Projekts hilfreicher
Ansporn für andere sein kann, die sich (an ihren
jeweiligen Grenzen!) ebenfalls um ökumenische
und grenzüberschreitende Arbeit bemühen.
Delegierte und Vorbereitungsgruppen haben für die
3. Europäische Ökumenische Versammlung um Vorberichte und Ideen gebeten. Die deutsch-französische Gruppe, die bezl. der deutschen Seite von der
ACK in Baden-Württemberg und der ACK Südwest
beschickt wird, hofft, den Delegierten für Hermannstadt/Sibiu einen detaillierten Bericht über Sinn,
Zweck und Stand eines Projektes mitzugeben, das
hinsichtlich belastender Fakten, belasteter Geschichte und befreiender Erinnerungsarbeit einen
west-/mitteleuropäischen Beitrag zum healing of
memories darstellen soll.
Pfarrer
Dr. Johannes
Ehmann,
Stuttgart,
ACK BadenWürttemberg
Entwurf für eine Gemeindeveranstaltung, einen
Nachmittag in der Frauenhilfe, einen Abend im Erwachsenenkreis u. ä., auch verwendbar als Grundlage eines Singgottesdienstes
In den Gesangbüchern vieler Kirchen finden sich
Lieder und musikalische Einflüsse aus anderen europäischen Ländern. Lieder sind mit Auswanderern
in neue Länder gekommen, haben in Länder übergreifenden Kirchen sich allmählich ausgebreitet
oder waren in Text oder Melodie so tragend, dass
sie auch in andere Sprachen übersetzt wurden.
Durch die ökumenischen Versammlungen sind Lieder aus anderen Kirchen und Ländern weit über ihren Ursprungsort hinaus bekannt geworden. Ökumene lebt in den Gemeinden Deutschlands von
Liedern aus anderen Kirchen und Ländern, in ihren
Originalsprachen und in Übersetzungen. Ökumenische Versammlungen waren auch immer Anlass für
neues ökumenisches Liedgut. Für die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung in Sibiu/Hermannstadt (Rumänien) im September 2007 hat
eine liturgische Werkstatt Gebete, liturgische Texte
und Lieder verfasst, die in den Gemeinden Einzug
halten können (teilweise in diesem Materialheft
schon abgedruckt). Die folgenden Lieder sind dem
Stammteil des Evangelischen Gesangbuches entnommen. Ähnliche „Entdeckungsreisen“ lassen
sich sicher auch mit Gesang- und Gebetsbüchern
aus anderen Traditionen machen. So soll die kleine
Zusammenstellung Anregung sein, mit Gemeindegruppen und Gottesdienstgemeinden auf europäische Spurensuche zu gehen. In Jugendgruppen
können Jugendliche auch selbstständig Lieder aussuchen und zu einer Reihenfolge zusammenstellen.
MIT LIEDERN DURCH EUROPA
EUROPÄISCHE
NACHBARSCHAFTEN
dem 19. Jahrhundert. Er legte mit einem Liederzyklus das Apostolische Glaubensbekenntnis aus. Aus
England kam bei der letzten Vollversammlung der
Konferenz Europäischer Kirchen in Trondheim
(2003) die erste und bis jetzt einzige Vertreterin
einer Migrationskirche. Immer mehr Kirchen und
Gemeinden entstehen aber in Europa, die einen
Migrationshintergrund haben, viele von ihnen sind
asiatische und afrikanische unabhängige Kirchen.
Die Kirche Jesu Christi in Europa und auch in
Deutschland wird bunter und vielfältiger. Die neuen engagierten und missionarisch ausgerichteten
Migrationskirchen sind ein fester Bestandteil der
europäischen Ökumene geworden. Sie bringen
ihre eigenen Frömmigkeitsstrukturen mit, die häufig charismatisch geprägt sind, einen starken missionarischen Elan und ethische Vorstellungen, die
sich mitunter mit westlichen Vorstellungen reiben.
Nicht umsonst wird in der anglikanischen Kirchengemeinschaft die Diskussion um die Ordination
von Frauen oder auch die Akzeptanz von homosexuellen Pfarrern besonders intensiv diskutiert.
Die Frage der Migration wird in einem der 9 Foren
in Sibiu verhandelt.
Einfluss aus anderen christlichen Traditionen gering, aber viele Lieder sind auch dort durch ökumenische Gottesdienste bekannt geworden wie umgekehrt Lieder der orthodoxen Tradition in die
Gesangbücher anderer Kirchen eingewandert sind.
In Deutschland vertritt die Griechisch-Orthodoxe
Metropolie die größte Gruppe orthodoxer Christen,
mit anderen orthodoxen Kirchen (aus Rumänien,
Russland, Serbien, etc.) bilden sie eine gemeinsame Bischofskonferenz, die etwas mehr als 1 Million Orthodoxe umfasst.
EG 272 Ich lobe meinen Gott
Die Melodie dieses Liedes stammt aus Frankreich,
von dem Musiklehrer und Posaunist Claude Fraysse aus Romans (geb. 1941). Er ist ein in Frankreich
bekannter Sänger bei Jugendveranstaltungen und
Evangelisationen. Das schwungvolle Lied ist in
Deutschland weit verbreitet.
Mit diesem Lied beginnt die Europareise im Westen des Kontinents, einem der Gründungsländer
der Europäischen Union. Die Charta Oecumenica
beschreibt Europa zwischen „Atlantik und Ural,
zwischen Nordkap und Mittelmeer“, also weitaus
größer als die Europäische Union. Trotzdem ist die
EU ein wichtiges Gegenüber für die Kirchen. Heute
haben die Kirchen Europas am Sitz der EU Büros,
wie z. B. die COMECE der Römisch-katholischen
Kirche und das Büro der KEK (Konferenz Europäischer Kirchen). Sie setzen sich nicht nur für Belange der Kirchen ein, sondern auch für Anliegen, die
ihnen vom Evangelium her geboten sind, wie z. B.
für gerechte Wirtschaftsformen, Menschenrechte,
Flüchtlinge u. a. Auch die Frage des Gottesbezuges
in der Europäischen Verfassung ist von den Kirchen
vorgebracht worden. Frankreich, in dem es seit der
Französischen Revolution eine strikte Trennung
von Staat und Kirche gibt (laïcité), ist ein entschiedener Gegner dieses Gottesbezuges in der Europäischen Verfassung, im Gegensatz zu den deutschen
Kirchen.
EG 264 Die Kirche steht gegründet
Aus England stammt das Lied von der Kirche als
Braut Jesu Christi. Gedichtet wurde es von Samuel
John Stone, einem anglikanischen Theologen aus
EG 185.4 Agios o Theos
Ganz im Süden Europas liegt ein Land, das fast zu
100 % durch die Orthodoxie geprägt ist: Griechenland. Aus der orthodoxen Liturgie Griechenlands
stammt das Lied, das die Heiligkeit Gottes preist.
Das reiche liturgische Leben der orthodoxen Kirche
hat es ihr möglich gemacht, die jahrhundertelange
Herrschaft des osmanischen Reiches zu überleben.
In den orthodoxen Traditionen, die durch eine über
ein Jahrtausend alte Liturgie geprägt sind, ist der
EG 332 Lobt froh den Herrn
Das Lied der jugendlichen Chöre kommt aus der
Schweiz, sein Text stammt von Georg Gessner,
geb. bei Zürich im Jahr 1765. Er war Pfarrer am
Waisenhaus, dort entstand auch das Lied, das Einzug in viele Gesangbücher genommen hat. Später
wurde er Pfarrer am Großmünster in Zürich und
Professor der Theologie. Die Schweiz ist das Kernland reformierter Theologie, dort haben Huldreich
Zwingli und Johannes Calvin gewirkt. Die Schweiz,
genauer Basel, war 1989 auch Gastgeber der Ersten Europäischen Ökumenischen Versammlung.
Die Versammlung war geprägt vom konziliaren
Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung
der Schöpfung. Ein halbes Jahr später veränderte
die Wende in der DDR das Gesicht und die politische Ordnung in Europa. Das Ende des Ost-Westgegensatzes war der Anfang des Zusammenwachsens in Europa. Dieser Prozess ist noch längst nicht
abgeschlossen. Kirchen haben dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Auf der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Österreich
(Graz 1997) wurde deutlich, dass mit dem Ende
71
des Ost-Westkonflikts neue Konflikte zu bewältigen sind. Darum wurde beschlossen, in einer Charta Oecumenica die Leitlinien für ein Zusammenwachsen der Kirchen in Europa zu entwerfen. Sie
wurde 2001 in Straßburg feierlich unterzeichnet
und 2003 auf dem Ökumenischen Kirchentag in
Berlin von den deutschen Kirchen angenommen.
EG 382 Ich steh vor dir mit leeren Händen,
Herr
Huub Oosterhuis, der Verfasser dieses Liedes, ist
1933 in Amsterdam geboren. Als katholischer
Geistlicher, Jesuit und Studentenpfarrer hat er für
viele moderne Lieder Texte verfasst. Das kleine
Land der Niederlande hat für das Zusammenwachsen der Kirchen eine entscheidende Rolle gespielt:
hier trafen sich nach dem Wüten des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1948 Vertreter und Vertreterinnen
aus der weltweiten Christenheit und gründeten
den Ökumenischen Rat der Kirchen. Auch sein erster Generalsekretär Visser’t van Hooft kam aus den
Niederlanden. Die Frage der Einheit bewegt die Kirchen auch heute. Die römisch-katholische Kirche
ist darum in der vom ÖRK eingerichteten Kommission für Glauben und Kirchenverfassung Vollmitglied. Dort werden die Fragen der Einheit der
Kirchen verhandelt. In der Dritten Europäischen
Ökumenischen Versammlung ist die Frage der Einheit die erste, die in einem der 9 Themenforen behandelt wird. Auch die Charta Oecumenica, nach
deren Leitlinien sich die Foren in Sibiu orientieren,
stellt in der 1. Leitlinie die Kirchen unter das Motto:
„Gemeinsam zur Einheit im Glauben berufen“.
EG 515 Laudato si
Dieses schon bei Kindergartenkindern bekannte
Lied stammt aus Italien. Bei Kirchenmusikern ist es
wegen seiner musikalischen Schlichtheit mitunter
weniger beliebt. Wer es gedichtet hat, ist nicht bekannt, nachempfunden ist es dem Sonnengesang
des Franz von Assisi. Es beschreibt in seiner fröhlichen Einfachheit die Schönheit der Schöpfung, deren Bewahrung eine der wichtigsten Aufgaben der
72
Menschheit ist. Für die 3. Europäische Ökumenische Versammlung hat sich das Europäische Umweltforum damit befasst, wie die Versammlung in
Sibiu/Hermannstadt unter ökologischen Gesichtspunkten verantwortlich gestaltet werden kann.
Darüber hinaus hat es aber auch Vorschläge erarbeitet, wie die Kirchen in Europa sich für die Bewahrung der Schöpfung und Nachhaltigkeit einsetzen können. Eines der 9 Foren wird sich in Sibiu mit
der Bewahrung der Schöpfung befassen. In Italien,
aus dem das Lied „Laudato si“ stammt, begann im
Übrigen im Januar 2006 die ökumenische Pilgerreise zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung. In Rom, gemeinsam mit Papst Benedikt
XVI., wurde sie während der Gebetswoche für die
Einheit der Christen eröffnet. Über eine weitere
Station in der reformatorischen Lutherstadt Wittenberg im Februar 2007, an dem auch Bundespräsident Horst Köhler teilnahm, erreicht die Pilgerreise
im September im überwiegend orthodoxen Sibiu
ihren Höhepunkt.
EG 383 Herr, du hast mich angerührt
nach der Melodie: Meinen Jesus lass ich nicht
(EG 402)
Der Dichter und Maler Svein Ellingsen wurde 1929
in Kongsberg in Norwegen geboren. Mit diesem
wunderschönen Lied eines Menschen, der aus der
Finsternis heraus den neuen Tag der Hoffnung besingt, kommen wir in den Norden Europas. Der
Norden ist in dieser Welt fast schon ein Synonym
für reich geworden, und für Norwegen mit seinen
reichen Ölquellen trifft das sicherlich zu. Gerade
aus diesem Land kommen von jungen Leuten, die
sich mit der Aufteilung der Welt in Nord und Süd, in
reich und arm nicht abfinden wollen, Impulse zur
wirtschaftlichen Gerechtigkeit. In Sibiu/Hermannstadt wird sich eines der 9 Foren mit den Fragen
der wirtschaftlichen Gerechtigkeit auseinandersetzen. Was unter dem Schlagwort „Globalisierung“
an Fragestellungen aufgeworfen wird, kann in
einem Land wie Rumänien nicht in einfachen
Schwarz-Weiß-Schablonen diskutiert werden: viele
neue Arbeitsplätze, die zum Teil aus dem Westen
verlagert worden sind, entstehen vor den Toren Sibius, auf der anderen Seite verarmen Menschen
und fallen unter das Existenzminimum. Das norwegische Lied mit dem Text der 2. Strophe: „Du hörst
auch den stummen Schrei“ ermutigt, dieses schwere Thema weiter zu verfolgen und nach verantwortlichen Schritten zu suchen.
EG 178.9 Kyrie eleison
Aus der orthodoxen Liturgie Russlands stammt dieser Kyrieruf, der in vielen Gottesdiensten in
Deutschland inzwischen einen festen Platz hat.
Weniger bekannt als dieses Lied ist die Situation
der russisch-orthodoxen Kirche, die sich nach dem
Zusammenbruch der Sowjetunion und nach 70 Jahren der Unterdrückung nur mühsam erholt. Mehrere Generationen haben keine Gelegenheit gehabt,
den christlichen Glauben unbefangen zu leben. Mit
den Vorzügen der Freiheit und dem Wiedererstarken der Kirchen sind auch die Nachteile der Freiheit
nach Russland gekommen: wirtschaftlicher Liberalismus mit extremem Reichtum und extremer Armut, Verlust traditioneller Werte, Drogenkonsum
und große Verunsicherung. Mitunter kann man
schon wieder den Trend der Abschottung und Abgrenzung gegenüber Einflüssen von außen wahrnehmen. Wie sehr Europa noch zusammen wachsen, wie groß das gegenseitige Vertrauen der
Kirchen noch werden muss, kann man in Begegnungen von Menschen aus West und Ost erkennen.
Nicht umsonst ist die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung in einem Land, das bis 1989
– aus der Perspektive Westdeutschlands – jenseits
des Eisernen Vorhanges gewesen ist, um genau
diesen Vertrauensprozess zu stärken und zu fördern.
EG 284 Das ist köstlich, dir zu sagen
Das weniger bekannte Lied zum Psalm 92 stammt
von Mihaly Sztarai aus Ungarn. Ursprünglich war
er Franziskanermönch in Padua, trat dann der reformatorischen Bewegung bei und gründete viele
Gemeinden im südlichen Ungarn. Dieser Landstrich
gehört heute zu Rumänien, genauer Siebenbürgen,
in dem die Gastgeberstadt der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung liegt: Sibiu
(auf der ersten Silbe betont), wie die Ungarn sagen, oder Sibiu (auf der zweiten Silbe betont), wie
die ansässigen Rumänen es aussprechen. Die
Deutschen, die in Siebenbürgen bis heute leben,
sagen Hermannstadt und beide Namen stehen
auch am Ortseingang der Europäischen Kulturhauptstadt 2007. Sibiu/Hermannstadt ist seit Jahrhunderten eine kulturell, national und konfessionell gemischte und im Zusammenleben geübte
Stadt. Reformierte Ungarn, lutherische Deutsche,
orthodoxe und griechisch-katholische Rumänen leben in einer kleinen Stadt zusammen. Trotz aller
Schwierigkeiten und mitunter Probleme hat sich
ein lebendiges ökumenisches Miteinander entwickelt, wie nun auch die Einladung zur Ökumenischen Versammlung im September 2007 zeigt. Unter dem Leitwort: „Das Licht Christi scheint auf
alle“ werden sich Delegierte aus allen europäischen Ländern, aus über 100 Kirchen der Konferenz
Europäischer Kirchen und über 20 Bischofskonferenzen der katholischen Kirche für 5 Tage vom
4.-9. September versammeln.
EG 268 Strahlen brechen viele aus einem Licht
Fast könnte man das Lied von Anders Frostenson
aus Schweden einen Ökumene-Schlager nennen,
so oft wird es bei ökumenischen Gelegenheiten gesungen. Der Journalist und spätere Pfarrer wurde
1906 in Südschweden geboren und ist Dichter und
Übersetzer vieler Lieder. „Das Licht Christi scheint
auf alle“ ist das Motto der Dritten Europäischen
Ökumenischen Versammlung. Es ist in Anlehnung
an einen Satz aus der orthodoxen Liturgie von Metropolit Daniel aus Rumänien vorgeschlagen worden und lädt ein, die vielfältigen Brechungen des
Lichtes Christi in den christlichen Traditionen gemeinsam zu entdecken. Allein in Deutschland gehören 20 Kirchen zur Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, die auf ihre je eigene Art Zeugnis vom
Licht Christi ablegen und es in ökumenischer Verbundenheit miteinander tun. Darüber hinaus ver-
weist das kleine Wort „alle“ auf die Menschen, die
keiner Kirche angehören. In Europa, dem säkularisiertesten Kontinent der Welt, steht das gemeinsame Zeugnis aller Christinnen und Christen vor neuen Herausforderungen.
der Christen und Christinnen im eigenen Land.
„Das Licht Christi scheint auf alle“, zu Beginn des
dritten Jahrtausend ist diese Botschaft Trost und
Herausforderung zugleich: „Er ist dein Licht, Seele,
vergiss es ja nicht. Lob ihn in Ewigkeit. Amen.“
EG 316 Lobe den Herrn
(in verschiedenen Sprachen)
Mit diesem Lied sind wir in Deutschland angekommen. Der Choral von Joachim Neander, geb. 1650
in Bremen, ist nicht nur in Deutschland eines der
bekanntesten Kirchenlieder, sondern auch in viele
Sprachen weltweit übersetzt. Neander lebte zur
Zeit des Pietismus und war bekannt mit Philipp Jakob Spener, dem Gründervater des Pietismus, in
Frankfurt am Main. 1674 wurde er Rektor an der
Lateinschule der reformierten Gemeinde in Düsseldorf. In dem nach ihm benannten Tal bei Düsseldorf sind viele Lieder entstanden und gesungen
worden. Mit diesem vielsprachigen Lobpreis endet
die Reise durch Europa und kommt da an, worauf
die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung
hinzielt: an den Ort, in die Gemeinde, in das Leben
Pfarrerin
Barbara Rudolph,
Frankfurt am Main,
Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen in Deutschland
Gebet aus der Sammlung
des Weltgebetstages
Deine Strahlen sind es, die mich durchdringen
sie sind so leicht und so zart
sie erfüllen mich mit Weisheit und Einsicht.
Ich tanze in Deinem Feuer
mein Körper bewegt sich im Rhythmus der
Flammen
ich bin stark durch Deinen Rat.
Du bringst den Duft der Zeder mit
die Du auf Deinem Weg zu mir liebevoll gestreift hast
Du lässt mich empfangen und weitergeben.
Du drängst Dich nicht auf
Du überschüttest mich nicht
Du lässt mich leben, Heiliger Geist.
Katharina Wehr
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EUROPÄISCHE
NACHBARSCHAFTEN
MIT DEM KOCHLÖFFEL DURCH EUROPA
Ein europäisches Menü
Aus dem Kohlblatt den Strunk herausschneiden.
Auf die Mitte des Blattes ca. 1,5 Essl. der Hackfleischmasse legen. Das Blatt zusammenrollen und
an den Enden in Richtung der Rolle eindrücken, so
dass das Hackfleisch nicht herausfallen kann.
Einzelne Kohlblätter in einen Topf auf den Boden
legen. Darauf die Sarmale legen und wiederum mit
Kohlblättern abdecken. Mit Wasser auffüllen, so
dass alles bedeckt ist. Das Ganze muss nun bei
mittlerer Hitze ca. 60 Minuten leicht köcheln.
Ein Löffel Crème fraîche auf die fertigen Sarmale
verfeinert die Note.
Aus Rumänien:
Sarmale: Krautwickel auf rumänische Art
Zutaten für 4 Portionen
500 gr. Hackfleisch
200 gr. Reis
2 Möhren
5 Zwiebeln
1 Kohlkopf (weiß)
3 TL Tomatenmark
2 TL Fett zum Anbraten
2 TL Salz
1 Pr. Pfeffer
1 Pkg. Crème fraîche
Die Möhren fein raspeln, die Zwiebeln klein schneiden. Die Zwiebeln in einer Pfanne goldgelb mit ein
wenig Bratfett andünsten, die Möhren hinzugeben
und mit Tomatenmark verrühren. Das Ganze ca.
5-7 Minuten dünsten.
Inzwischen aus dem Kohlkopf den Strunk herausschneiden. Die Blätter vorsichtig lösen, so dass sie
nicht einreißen. Die einzelnen Blätter in kochendes
(mit einer Prise Salz) Wasser legen. Wenn die Blätter einigermaßen weich sind, aus dem Wasser
holen.
Die etwas abgekühlte Zwiebel-Karottenmasse zu
dem Hackfleisch geben, gemeinsam alles mit dem
Reis vermengen und nach Belieben mit Salz und
Pfeffer würzen.
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Aus Ungarn:
Aus Schweden:
Székely Gulyas: Szegediner Gulasch
Sillpudding: Schwedischer Heringsauflauf
500 gr. Rindergulasch
250 gr. Zwiebeln
100 gr. Schmalz
1 TL Paprika
etwas Kümmel gem.
1 Knoblauchzehe
500 gr. Sauerkraut
1
/4 l saure Sahne oder Schmand
1 EL Mehl
3 Salzheringe
8 gekochte, große Kartoffeln
3 Eier
1 1/2 Tassen Milch
1 EL geschmolzene Butter
1 Salzgurke
Schnittlauf, Butter und Brösel für die Form
Das Fett erhitzen, die fein gehackten Zwiebeln darin hellgelb rösten. Paprika darüber streuen und sofort etwas Wasser aufgießen. Das Fleisch, Salz und
Kümmel dazugeben, ebenso die fein gehackte
Knoblauchzehe. Das Sauerkraut fein schneiden und
unter das Fleisch mischen. Soviel Wasser aufgießen, dass das Kraut gerade bedeckt ist. Kartoffeln,
klein geschnitten, können schon in das Kraut gegeben werden, etwa 30 Minuten kochen lassen. Dann
die Sahne mit dem Mehl verquirlen und über das
Ganze geben, wenn die Kartoffeln zu zerfallen beginnen.
Die Heringe werden gut gewässert, gehäutet, entgrätet und filetiert. In eine gefettete Auflaufform
kommt eine Schicht Kartoffeln, dann Heringsstreifen, Gurkenwürfel und Schnittlauf. Die unterste
und die oberste Schicht müssen Kartoffeln sein. Die
Eier werden mit der Milch verquirlt und einem EL
geschmolzener, abgekühlter Butter, das Ganze
kommt über den Auflauf, der dann noch mit Bröseln und kleinen Butterflöckchen bestreut wird. Der
Auflauf wird bei etwa 180 Grad 30 Minuten gebacken.
Aus Schottland:
Aus der Italienischen Schweiz:
Aus Russland:
Aus Frankreich:
Shortbread
Tessiner Risotto mit Steinpilzen
Soljanka
Potage Bonne Femme
Kartoffel-Karottensuppe
250 gr. Butter
170 gr. Zucker
260 gr. Mehl
1
/2 Becher Reismehl
1 TL grober Zucker
400 gr. ital. Risotto-Reis (Arborio oder Vialone)
50 gr. getr. oder 500 gr. frische Steinpilze
(getrocknete Pilze müssen vorher eingelegt
werden)
1
/2 – 1 dl Weißwein
ca, 1 1/2 heiße Bouillon
1 Zwiebel
Safran
geriebenen Parmesankäse
500 gr. Schweinekamm
200 gr. Jagdwurst
200 gr. Mettwurst
4 Zwiebeln
4 Gurken
1
/4 l Gurkensaft
1 große Flasche Tomatenketchup
1 1/2 Glas Weißwein
4 Kapern
Die Zwiebel fein hacken, in ein wenig heißem Öl
andünsten, den Reis beigeben und noch kurz etwas
weiterrühren. Dann werden die Pilze beigegeben
und mit dem Weißwein abgelöscht. Den Reis auf
mittlerem Feuer weiterkochen, dabei aber nach
und nach immer wieder Bouillon zugießen. Das
Ganze muss ständig mit einer Holz- oder Plastikkelle gut umgerührt werden. Nach Belieben kann
noch eine Msp. Safran beigefügt werden. Das Gericht wird serviert, wenn der Reis noch leicht körnig
ist und es soll noch ganz wenig Flüssigkeit vorhanden sein. Am Tisch wird geriebener Parmesan
reichlich darüber gegeben.
Schweinekamm mit Zwiebeln anbraten, Wurststückchen dazugeben und miteinander verrühren,
Ketchup und Kapern dazugeben und aufkochen
lassen. Zuletzt die Gurken, den Gurkensaft und
Wein hinein geben und aufkochen lassen. Zum
Schluss wird das Ganze noch einmal mit 3/4 l Wasser aufgekocht.
Den Ofen auf 160 Grad vorheizen. Ein rundes
Pizzablech von 28 cm Durchmesser mit zerlassener
Butter oder Öl bestreichen. Mit Backpapier auslegen. Butter und Zucker schaumig rühren.
Dazu kommen das gesiebte Mehl und das Reismehl. Mit einem stumpfen Messer zu einem weichen Teig vermischen und auf eine bemehlte Arbeitsfläche geben. 30 Sekunden glatt kneten.
Den Teig auf das vorbereitete Backblech legen, zu
einem Kreis von 25 cm Durchmessern flachdrücken. Den Rand mit dem Finger dekorativ einkerben und zuspitzen. Die Oberfläche leicht mit einer
Gabel einstechen und den Teig tortenförmig in 16
Stücke einteilen (die Linie nur einritzen). Das Ganze mit Zucker bestreuen, auf der mittleren Schiene
35 Minuten fest und goldfarben backen. Abkühlen
lassen.
500 gr. Kartoffeln
5 Karotten
2 Stangen Porree
50 gr. Butter
1 1/2 l Hühnerbrühe oder Wasser
1 TL Zucker
Salz, Pfeffer
200 gr. Sahne
frischer Kerbel
Das Gemüse putzen und in Würfel schneiden. Zunächst Karotten und Porree in Butter anbraten, bis
sie gar sind, dann die Kartoffeln dazugeben. Das
Ganze mit der Brühe auffüllen, salzen und pfeffern,
und so lange köcheln lassen, bis das Gemüse gar
ist. Die Gemüsemischung pürieren, wieder in den
Topf geben und die Sahne unterrühren. Mit dem
frischen Kerbel oder Petersilie garnieren.
Rezepte entstammen der Sammlung des Weltgebetstages der Frauen
75
DOKUMENTATION
SÄKULARISATION ALS EINE HERAUSFORDERUNG FÜR EUROPA
Vortrag in Wittenberg am 15. Februar 2007
ist die Frage geboten: Was hat uns die Säkularisierung zu sagen?
In ihrer Verneinung aller Autoritäten und sogar in
einer atheistisch (euphemistisch genannt agnostisch) orientierten Weltanschauung, im ethischen
Liberalismus kann die Säkularisation als ein extremer Ruf nach Autonomie und Freiheit des Menschen verstanden werden. Dieser Ruf hat sich
– vielleicht – als notwendig erwiesen.
Man muss die Frage zulassen, ob die herkömmliche
Auslegung des christlichen Glaubens den Menschen um die Würde und die Autonomie in solchem
Maß beraubt hat, dass eine Rebellion gegen den
von Christen gepredigten Gott unausweichlich wurde. Wenn es so sein sollte, dann wäre die Erforschung des theologischen (im Sinne des Redens von Gott) und anthropologischen Ansatzes der
Säkularisierungsvorgänge unserer Zeit notwendig.
Die Antwort auf diese Fragen hat entsprechende
Konsequenzen für die Ethik, denn von ihr hängt ab,
inwieweit modernes menschliches Handeln dem
Evangelium gerecht bzw. nicht gerecht wird.
1. Einleitende Bemerkungen
Die Beurteilung der Säkularisierung hat eine lange
Geschichte. Entsprechend gibt es Literatur zu diesem Thema. Die Bewertung der Säkularisation ist
nicht eindeutig. Die Meinungen gehen weit auseinander. Es gibt Ansichten, die auf die positive Seite
dieser Erscheinung des geistlichen Lebens hinweisen, und es gibt auch Meinungen, die in dieser Erscheinung die größte Gefahr für den christlichen
Glauben sehen. Beide Standpunkte haben viel für
sich. Beiden müsste man volles Recht einräumen.
Von der phänomenologischen Seite her gesehen, ist
die Säkularisation mit ihrer weitgehend liberal orientierten Kritik an jeder Religion zu einer Erscheinung
des modernen Lebens geworden, die oft mit der
Gottlosigkeit des Menschen und einer moralischen
Haltung identifiziert wird, die – so meinen viele – direkt dem christlichen Glauben widerspricht.
Gleich am Anfang sei hier die Hauptthese formuliert: die Säkularisation als geistige Bewegung der
Moderne ist eine vielschichtige und vielseitige Erscheinung, die vom Standpunkt der orthodoxen
Theologie sowohl positive als auch negative Elemente enthält. Die Säkularisation darf als eine Herausforderung verstanden werden, die dem christlichen Glauben einen guten Dienst erweisen kann.
2. Ausgangspunkte der Erörterung
a) Die Botschaft der Säkularisation
Als eine Tatsache der Gegenwart musste die Säkularisation vor allem erst zur Kenntnis genommen
werden. Vom christlichen Gehorsam ausgehend,
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b) Das historisch-theologische Problem
Eines der Probleme unserer Zeit ist, dass sowohl
bei den säkularisierten Menschen wie bei weiten
Kreisen nicht säkularisierter Christen, so auch bei
Agnostikern das Bewusstsein fehlt, dass es eine
enge Verbindung zwischen den Vorstellungen von
Gott und den Prinzipien des menschlichen Handelns gibt.
Heutige Ethik wird vor allem durch die von den früheren Generationen ererbte Vorstellung von Gut
und Böse bestimmt. Es gibt eine Tendenz, das enge
Verhältnis von Gottesvorstellungen (Theologie)
und Weltvorstellungen (Kosmologie) für die Be-
stimmung von Werten und Kriterien des menschlichen Handelns zu negieren. Oft gewinnt man den
Eindruck, dass die „Idee Gott“ eher störend ist als
hilfreich.
Weit verbreitet ist die Überzeugung, dass in der
Vergangenheit wegen theologischer Differenzen
Gewalt angewandt und sogar viel Blut vergossen
wurde. Das hat die Theologie faktisch kompromittiert. Außerdem sei niemand an theologischen
Spitzfindigkeiten interessiert. Die Trinitätslehre, homousios, Zweinaturenlehre, Monotheletismus seien
Themen, die heute keinen Wirklichkeitsbezug mehr
haben. Der heutige Europäer könne ohne Kenntnis
dieser Themen leben. Das seien Themen, die längst
nichts mehr dem Menschen sagen, und würde man
versuchen, sie zu beleben, würde man die Menschheit wieder in sinnlose Konflikte stürzen.
Ohne auf die Polemik dieser Meinungen einzugehen, sei hier bemerkt, dass der durch die Theologie
verlassene Platz im Bewusstsein des Menschen von
Ideologien besetzt worden ist, die sehr oft eine
Neigung zum Totalitarismus aufweisen. Der atheistische Kommunismus und der atheisierende Nationalsozialismus sollten auch in Zukunft als Warnsignale nicht vergessen werden.
Es ist aber einseitig, nur auf die Erfahrung dieser
beiden Ideologien hinzuweisen. Diese Ideologien
waren Folgen einer langen Entwicklung, die sowohl mit dem Kolonialismus der Europäer wie auch
mit den prägenden Ideen der so genannten „konstantinischen Wende“ eng verbunden sind.
Der Versuch, einen christlichen Staat aufzubauen,
war sehr verlockend und dauerte für Byzanz über
tausend Jahre, im Fall der westeuropäischen Staaten waren es Jahrhunderte, in anderen Fällen waren es auch wesentlich kürzere Zeitabschnitte.
Die anziehende Kraft dieses Unternehmens bestand
im edlen Versuch, den christlichen Glauben im Alltag und in allen Bereichen des menschlichen Lebens
zu verwirklichen. Heute wird aber kaum mehr erinnert, dass im christlichen Denken der ersten drei
Jahrhunderte und noch am Anfang des vierten Jahrhunderts dieses Thema viel komplizierter bedacht
wurde. Der Staat mit seinen Strukturen wurde nur
für eine begrenzte Zeit als existierende Institution
angesehen. Wenn der Kaiser Christ werden sollte,
hörte er auf, Kaiser zu sein. So haben die Christen in
den ersten Jahrhunderten gedacht. Der Staat würde
bzw. müsste absterben. Die Überlieferung über die
Installation des Königs in Israel als Ausdruck des Unglaubens der Israeliten gemäß dem Ersten Samuelbuch (Kap. 8) war für diese Ansicht maßgebend.
Die Freude an der Bekehrung des Staates in Person
des Kaisers war so groß, dass diese nüchterne Sicht
bald vergessen wurde. Die Christen im Osten wie im
Westen konnten dieser Versuchung nicht widerstehen. In den theologischen Streitigkeiten des vierten
Jahrhunderts haben beide Seiten gerne die Hilfe der
staatlichen Macht in Anspruch genommen.
Im Namen des christlichen Glaubens und des Staates waren Folter und manchmal sogar Völkermord
erlaubt. Nationale Staaten Europas funktionierten
in diesem Sinne bis zu der großen Erschütterung
des Ersten Weltkrieges.
Heute sollten wir Christen viel weniger Angst vor der
Säkularisation haben und stattdessen viel mehr Kraft
zur Umkehr und Reue, zur Metanoia, einsetzen.
Letztendlich entsteht hier die große Frage nach dem
konkreten Ausdruck dieser Metanoia im Bereich des
sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens.
Sind die Europäische Union und andere Staaten, die
sich gerne für christlich halten möchten, bereit, den
anderen, darunter vielen noch vor kurzer Zeit ausgebeuteten Völkern und Staaten helfen zu wollen und
zwar so, dass sie auf eigene Gewinne verzichten?
Die Wahrnehmung und Erfüllung dieser Aufgabe,
ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen,
braucht eine Rückkehr zur biblischen und patristischen Gotteslehre. Wenn es nicht gelingt, im theologischen Denken die universale Bedeutung der
Trinitätslehre als wichtig und lebendig darzustellen
und dementsprechend das Leben zu gestalten,
wird Europa diese Zeit verpassen.
Für uns Christen lautet die Frage noch dringlicher:
Inwieweit sind wir fähig, mit unserem Leben zu bezeugen, dass wir an Einen Gott glauben, der Vater
aller Menschen ist, dass Er wegen der Sünde der
Menschen leidet und dass Er uns alles gibt, was
zum Aufbau der Gemeinschaft aller Menschen und
Gemeinschaft mit der ganzen Schöpfung nötig ist.
Dieses Leben beginnt mit der metanoia (Umkehr),
d.h eine Verklärung, „theosis“, des Menschen ist
erforderlich. Veränderung heißt, fähig zu sein, die
eigenen leiblichen Bedürfnisse zu kontrollieren und
zu begrenzen; Egoismus zu überwinden, sich von
der Selbstsicherheit und vom Hochmut zu befreien.
c) Das Bild des Menschen
Mit dem Gesagten wird die Frage nach dem Menschen gestellt. Die Säkularisation stellt diese Frage
ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Sie geschieht eigentlich im Namen der Befreiung des Menschen.
Nicht nur das Christentum, auch andere Religionen
werden der Unterdrückung oder der Versklavung
des Menschen angeklagt. Menschenrechte in der
modernen Zeit wurden mehrheitlich von den Bewegungen formuliert, die sich oft ohne Beteiligung
der etablierten Kirchen durchgesetzt haben.
Erstaunlich lange herrschte in kirchlichen Kreisen
des Mittelalters und der Neuzeit eine Vorstellung
vom Menschen, die mit der biblisch-christlichen
Anthropologie nicht übereinstimmte.
Die Aufklärung und die französische Revolution haben trotz ihres gewaltvollen Verlaufes paradoxerweise den biblischen Begriffen von Freiheit und
Gleichheit aller Menschen neu Geltung verschafft.
Die Anthropologie, die von Freiheit und Verantwor-
tung des Menschen spricht, ist zu einem großen
Teil in Opposition zu den damals herrschenden
„christlichen“ Vorstellungen entwickelt worden.
Nicht nur in der römisch-katholischen Kirche hat
die Anthropologie unter dem Druck einer pyramidalen Ekklesiologie gelitten.
Diese Tatsache muss in Betracht gezogen werden.
Auf der anderen Seite ist jedoch auch deutlich,
dass rein säkulare oder offen atheistische Vorstellungen vom Menschen noch viel stärker als entstellte christliche Vorstellungen zur Versklavung
des Menschen geführt haben.
Ohne auf die primitive Vorstellung vom Menschen
als konsumorientiertem Wesen einzugehen, muss
meines Erachtens klar gesehen werden, dass säkulare Vorstellungen den Aufbau der Gemeinschaft
der Menschheit verhindern, weil sie letzten Endes
die Partnerschaft der Menschen unterwandern und
dem Ethos des Existenzkampfes unterliegen.
Die Leidenschaften des Menschen werden nicht
durch das Nachgeben überwunden. Die Gleichheit
kann zur Uniformität ausarten. Die Freiheit kann als
Menschen bedrohende Anarchie praktiziert werden.
Der Mensch kann ohne Gott nicht existieren. Die
Partnerschaft zwischen Mensch und Mensch ist auf
die Partnerschaft Gottes mit dem Menschen gegründet. Die Erniedrigung (kenosis) des Sohnes
Gottes, seine Fleischwerdung und sein Sterben am
Kreuz, d.h. die volle Hingabe dem Partner gegenüber ist der unerschütterliche Grund jeder Gemeinschaft. Die Menschheit ist schon verschiedene
Wege gegangen. Sie kann auch noch andere gehen. Die Geschichte lehrt uns, dass ohne Liebe, die
opferbereit ist, alle Wege zur Zerstörung des Menschen und der ganzen Schöpfung führen.
d) Der Umgang mit der Heiligen Schrift.
Die Geschichte lehrt uns auch, dass jede Generation Wissen braucht, wie man die Irrwege vermeidet. Die Bibel ist für Christen das wichtigste
Orientierungssystem. Für die Bücher des Alten Testaments gilt das sowohl für Juden wie für die
Christen.
Die Rolle der Bibel als eines Wegweisers wurde im
Laufe der Geschichte von zwei Seiten äußerst be-
droht, manchmal fast zunichte gemacht. Diese Gefahr könnte man mit einigem Vorbehalt als sturen
Verbalismus, die andere als äußersten Liberalismus
bezeichnen.
Die erste betrachtet die Heilige Schrift als ein mit
Angst und Strafe operierendes Gesetzbuch, das zusätzlich mit vielen Widersprüchen belastet ist. Gott
wird als ein Tyrann konzipiert und der Mensch als
ein widerstrebender Diener. Die materiell existierende Welt gilt als böser Feind Gottes und des
Menschen, belastet mit der Sünde, die deshalb
letzten Endes zerstört werden müsste.
Der konsequente Liberalismus im Verständnis der
Heiligen Schrift bewegt sich in die Richtung, das
Dasein Gottes faktisch zu ignorieren und die Freiheit des Menschen mit einer faktischen Verwerfung eines Lebens in Christus gleichzusetzen. Die
Vorstellung über die Welt neigt dazu, das materielle Dasein an Gottes Stelle zu rücken.
Beide Standpunkte können verschiedene Formen
annehmen. Es gibt eine ganze Reihe von Vorstellungen, die sich zwischen diesen beiden extremen
Haltungen bewegen.
Es scheint, dass die Wurzel von beiden Standpunkten in einer Unfähigkeit liegt, das Prinzip – oder
besser gesagt – die Wirklichkeit der Gottmenschlichkeit für die Ausbildung von Theologie und Anthropologie anzuwenden. Der Dreieinige Gott als
Partner des Menschen und der Mensch als Partner
Gottes – so könnte man in aller Einfachheit die
These formulieren, die der biblischen Sicht Gottes
und des Menschen gerecht wird.
Die Gottmenschlichkeit, angewandt auf alle Bereiche des menschlichen Denkens und des Handelns,
kann vor Wiederholung der alten Fehler schützen.
Es ist kein theoretischer Begriff, sondern Beschreibung dessen, was das Leben eines Menschen vor
Gott bestimmt.
3. Säkularisation als eine Chance auf Umkehr
(metanoia)
Gottes, das zweite ist Ausdruck des Kleinglaubens.
Das darf auf die Bewertung der Säkularisation
übertragen werden.
Die Säkularisierungsvorgänge sollten vielmehr als
Folge des Versagens der Christen verstanden werden. Dieses Versagen darf weder als absolut noch
als bedeutungslos betrachtet werden. Die Geschichte von Europa und der ganzen Menschheit
führt auch genügend Beispiele vor, wie tief der
Glaube vieler unserer Vorfahren war und wie viel
Mut, Treue, selbstlose Liebe, Weisheit sie gezeigt
haben. Die heutige Generation ist nicht weiter von
Gott entfernt als die uns vorangegangene.
Der Mensch ist von Gott, dem Schöpfer, zum Herrn
über die Erde gestellt. Das heißt aber nicht, dass
Gott ins Abseits gerückt ist. Der gekreuzigte Gott
bleibt allmächtig. Der Mensch als Herr über die
Erde, als Partner Gottes ist ein Mensch, der seine
Verantwortung kennt. Der Apostel Paulus ruft die
Korinther auf, ihn nachzuahmen wie er Christus
nachahmt (1. Korinther 4,16; vgl. auch Galater
2,20; 6,14). Das wäre die Antwort eines Christen
auf die Säkularisation.
Wenn dies gelingt, dann wäre jede geistige Epoche, auch die der Säkularisierung, ein schöpferischer Ruf nach Korrektur des Lebens, eine Chance
zur Umkehr, sowohl im Leben des einzelnen Menschen wie in allen Bereichen der Schöpfung.
Erzbischof Dr. Jeremiasz,
Orthodoxe Kirche in Polen
Weder der Geist des Triumphes noch das ängstliche Zittern dürfen das Handeln eines Christen bestimmen. Das erste ist Zeichen der Verwerfung
77
DOKUMENTATION
DER BEITRAG DER RÖMISCH-KATHOLISCHEN
THEOLOGIE ZUR ÖKUMENISCHEN BEWEGUNG
Vortrag in Wittenberg am 16. Februar 2007
aufbaut. Trotzdem ist dieser Begriff Herzstück des
konziliaren Gedankens. 1985, zwanzig Jahre nach
dem Ende des Konzils, hält die außerordentliche Bischofssynode in Rom, die zusammengekommen
war, um die Konzilstexte und ihre Umsetzung in
der Kirche neu zu reflektieren, in ihrem Abschlussdokument fest: „Die communio-Ekklesiologie ist
der zentrale und grundlegende Gedanke der Konzilsdokumente.“ (II, C, 1)
Ich wurde gebeten, Ihnen heute Abend etwas über
den Beitrag der „römisch-katholischen“ Theologie
zur ökumenischen Bewegung zu erzählen. Natürlich ist es nicht möglich, im Rahmen einer Viertelstunde einen ausführlichen und präzisen Vortrag
zu halten. Ich möchte mich deshalb dem Thema
von einer Seite her nähern, die mir grundlegend
scheint und die ich hier kurz skizzieren möchte: die
Reflexion der Kirche als Gemeinschaft. Gleich zu
Anfang können wir festhalten, dass auch andere
christliche Kirchen diese theologischen Gedanken
kennen (ich denke dabei insbesondere an Zizioulas
und Moltmann). Im Hinblick auf die katholische
Kirche ist allerdings erstaunlich, welche Wirkung
diese theologische Reflexion auf die Gemeinschaft
hatte: in der Erneuerung ihrer eigenen Ekklesiologie und ihrem ökumenischen Engagement.
Die Bedeutung des communio-Gedankens in der
römisch-katholischen Kirche
Die Reflexion über die Kirche als Gemeinschaft
wurde von zahlreichen Theologen verfolgt. Es seien hier nur die bekanntesten unter ihnen genannt:
de Lubac, Congar, Hamer, Tillard, Kasper und – in
der einen oder anderen seiner Schriften – selbst
Kardinal Ratzinger, der heutige Papst Benedikt
XVI. Auch in den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils ist dieser Gedanke oft anzutreffen.
Das Konzil zitiert den Begriff „Gemeinschaft“ rund
achtzig Mal, das ist selbstverständlich kein klares
Indiz für eine Theologie, die auf der Gemeinschaft
78
Dieses Konzept bietet also einen Interpretationsschlüssel für die konziliaren Texte, insbesondere
für die Konstitution über die Kirche „Lumen Gentium“ und das Dekret über den Ökumenismus
„Unitatis Redintegratio“.
Vor dem Konzil war die Lehre der Kirche vor allem
durch einen juristischen und institutionellen Ansatz
geprägt, der die hierarchische Struktur und die
Ausübung ihrer Autorität betonte. Der Begriff der
Gemeinschaft lässt einen anderen Zugang zu – einen Zugang, der verstärkt biblisch, theologisch,
spirituell, missionarisch ist. Kurz: Communio steht
für eine dynamische, sich in Bewegung befindende
Wirklichkeit.
Die verschiedenen Schwingungen einer Kirche als
Gemeinschaft
Was möchten wir ausdrücken, wenn wir in der Betrachtung von Gottes Plänen bekräftigen, dass die
Kirche Gemeinschaft ist? Welche Veränderungen,
welche Haltung hat dies zur Folge? Und welches
sind die Auswirkungen auf die Ökumene?
Folgende vier grundlegende Punkte gibt es:
1) dass die Kirche ihren Ursprung in der dreifaltigen
Gemeinschaft selbst hat.
Der Vater, durch seinen Sohn und im Geist, möchte
sein Leben den Menschen mitteilen. Er lädt sie ein,
in die Gemeinschaft der Liebe einzutreten, an seinem Tisch Platz zu nehmen, an der Hochzeit des
Lammes teilzunehmen. Das dreifaltige Leben ist ihrem Wesen gemäß Gemeinschaft (communio) und
Austausch (Kommunikation): Gemeinschaft der
drei göttlichen Personen, die die Einheit in der
göttlichen Natur und die Verschiedenheit zwischen
den Personen vereint; und Austausch mit den Menschen dieser Gemeinschaft. Oder wie Johannes in
seinem ersten Brief schreibt: „Was wir gesehen
und gehört haben, das verkündigen wir auch euch,
damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.“ (1. Johannes 1, 3)
Die Gemeinschaft aller Menschen mit Gott und in
Gott entspricht der tiefen Natur des Menschen, der
nicht dafür geschaffen ist, alleine zu leben. Dieser menschlichen Natur entsprechend wird das Heil
in der Gemeinschaft weitergegeben. Das Zweite
Vatikanische Konzil schreibt: „Gott hat es aber gefallen, die Menschen nicht einzeln, unabhängig
von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen
und zu retten, sondern sie zu einem Volke zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in
Heiligkeit dienen soll. (…) Gott hat die Versammlung derer, die zu Christus als dem Urheber des
Heils und dem Ursprung der Einheit und des Friedens glaubend aufschauen, als seine Kirche zusam-
mengerufen und gestiftet, damit sie allen und jedem das sichtbare Sakrament dieser heilbringenden Einheit sei.“ (Lumen Gentium, Nr. 9)
Die Kirche ist also der Ort, wo das Leben als Söhne
und Töchter, dieses Geschenk Gottes, für all jene,
die bereit sind, es aufzunehmen, Gestalt annimmt.
Selbstverständlich kann man die Kirche unter
menschlichen, sozialen, historischen und kulturellen Gesichtspunkten analysieren, aber man erfasst
sie nicht in ihrer ganzen Wirklichkeit (in ihrem
„Mysterium“), wenn man sich auf diese Kriterien
beschränkt. Die Kirche hat auch eine spirituelle und
sakramentale Wirklichkeit. Das Zweite Vatikanische Konzil drückt es so aus: „(…) Die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte
Kirche sind nicht als zwei verschiedene Größen zu
betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe
Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem
Element zusammenwächst“ (Lumen Gentium,
Nr. 8). Es ist wichtig, diesen Aspekt des Glaubens
immer auf die kirchliche Wirklichkeit zu übertragen.
2) dass diese Gemeinschaft eine Gabe Gottes ist,
die es anzunehmen gilt, und eine Aufgabe, die erfüllt werden will.
Wenn also das göttliche Leben der kirchlichen Gemeinschaft zugrunde liegt, dann ist die Kirche nicht
ein Werk der Menschen, das steht und fällt mit guter Disziplin, qualitativ hoch stehenden Veranstaltungen, klug ausgehandelten Kompromissen; die
Kirche ist eine Gnade, die wir von Gott erflehen,
ein Akt und eine Frucht des Geistes, den wir in unseren Gebeten inständig bitten, im aufmerksamen
Hören auf die Schrift, in der Feier der Sakramente
und insbesondere der Eucharistie. In der Eucharistie kommt Christus zu uns, sammelt uns, spricht zu
uns, er lädt uns ein, unser Leben wie er und in ihm
hinzugeben. Und in dem Maße, wie wir mit ihm,
mit seinem eucharistischen Leib, eins werden,
macht er uns zu Gliedern seines Leibs, seiner Kirche. Es ist bemerkenswert, dass die eucharistische
Gemeinschaft und die kirchliche Gemeinschaft bei
Paulus eng zusammen gehören: „Der gesegnete
Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes
Christi? Denn ein Brot ist’s: So sind wir viele ein
Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben“ (1. Korinther 10, 16-17). Und Augustinus sagt zu den
Neugetauften: „Wenn ihr also Leib und Glieder
Christi seid, dann liegt euer Geheimnis auf dem
Tisch des Herrn: Euer Geheimnis empfangt ihr. Zu
dem, was ihr seid, antwortet ihr Amen. Diese Antwort ist eure Unterschrift. Du hörst: Leib Christi,
und antwortest: Amen. Sei ein Glied am Leib Christi, damit dein Amen wahr sei! (…) Seid, was ihr
seht, und empfangt, was ihr seid“ (Sermon 272).
Diese Gemeinschaft müssen wir uns jedoch zueigen machen. Sie muss in uns wohnen, uns verwandeln, uns jene Geschwisterlichkeit in Christus leben
lassen, die uns offen und unvoreingenommen auf
die anderen zugehen lässt, die uns wissbegierig
und versöhnlich macht, die in uns den Wunsch
weckt, die Angst vor dem Fremden zu überwinden.
Die Gemeinschaft bringt uns dazu, uns gegenseitig
zu entdecken, miteinander im Gespräch zu bleiben,
zu reflektieren, Wunden in uns zu heilen, zu verzeihen. Die Gemeinschaft ist eine Aufgabe, die erfüllt
werden will, ein Stoff, der immer weiter gewoben
wird. Wenn wir diese Gabe annehmen und die Gemeinschaft verwirklichen, können wir uns vorstellen, welche Auswirkungen dies auf den geistigen
Ökumenismus haben kann.
Schließlich ist es der Herr der Meister der Gemeinschaft, wir sind nur Diener. Wir sollten uns nicht
von Zweifeln oder Mutlosigkeit heimsuchen lassen,
wenn die Aussicht auf die vollkommene Einheit
hinter dem Horizont zu verschwinden droht. Als
Diener haben wir nur die Aufgabe, den Weg mitzugehen, den wir heute gemeinsam zu gehen gerufen
sind.
3) dass die Kirche dazu gerufen ist, diese Dynamik
der Gemeinschaft niemals auf sich selbst zu beschränken.
Die Gemeinschaft, die von Gott kommt, ist offen
für alle. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes „katholisch“, offen für das Universelle. Sie muss die
Einheit in der Vielfalt verwirklichen, indem sie sich
für alle öffnet. Diese Gemeinschaft wird im Schoß
der lokalen Kirche gelebt – mit unterschiedlichen
Aufgaben, Charismen, menschlichen, sozialen,
wirtschaftlichen und kulturellen Unterschieden, die
diese Kirche ausmachen. Diese Arbeit für die Einheit ist ohne Unterhalt und immer wieder aufs
Neue zu tun – und zwar mit Blick auf die Menschen, die dieser Kirche an die Seite gestellt wurden. Eine lokale Gemeinde sollte sich niemals in
sich selbst zurückziehen, sie soll vielmehr offen
bleiben für andere Kirchen vor Ort, für die ganze
Welt. In der katholischen Theologie ist es das Bischofskollegium – an der Spitze der Bischof von
Rom, das die Anliegen dieser Gemeinschaft, dieser
weltumspannenden Geschwisterlichkeit, dieser
grenzenlos solidarischen Gemeinde, mit sich tragen oder besser: das darauf achtet, dass diese Anliegen von allen lokalen Kirchen getragen werden.
Jede Kirche wird durch den Glauben und das Zeugnis der anderen Kirchen bereichert.
Diese Dynamik der Gemeinschaft drängt die katholische Kirche, die volle Gemeinschaft mit den anderen Kirchen zu suchen. Selbst wenn sie denkt, dass
sie in sich alle Mittel der Gnade trägt, die sie die
Gemeinschaft in Christus wahrhaftig erfahren lassen, ist sie sich doch bewusst, dass ihre Wahrnehmung der Wahrheit durch andere bereichert
werden kann; durch Schwestern und Brüder im
Glauben, die aus derselben Taufe leben, in denen
derselbe Geist wohnt, durch die anderen christli-
chen Kirchen, die manchmal besser als sie selbst
den einen oder anderen Aspekt der Offenbarung
oder der christlichen Erfahrung in ihren Glauben integriert haben. Wenn die Schwester oder der Bruder mir im Dialog nichts geben kann, besteht die
Gefahr eines verdeckten Proselytentums.
Wir befinden uns in einer Zeit, in der unsere Gesellschaften und unsere Kirchen die Notwendigkeit
spüren, ihre eigene Identität neu zu definieren. In
welchem Klima sollte diese Neuorientierung stattfinden? In einem Klima des Vertrauens oder des
Misstrauens? Im Rahmen der Vollversammlung des
Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der
Christen im November 2006 sprach Kardinal Kasper die Frage an, was unter Identität zu verstehen
ist. Er sagte: „(Ist sie) eine ängstlich in sich verschlossene, defensive, auf Abgrenzung bedachte
Einstellung oder eine offene Identität, die sich bewusst ist, dass man Identität grundsätzlich nur in
Kommunikation, Begegnung, Austausch und d. h.
im Dialog mit anderen haben kann. Dialog heißt ja
nicht, die eigene Position aufzugeben, sich auf dem
niedrigsten gemeinsamen Nenner zu treffen und so
ärmer zu werden, sondern die eigene Identität im
Austausch mit anderen bereichern, wachsen und
reifen zu lassen. (…) Dialog will also nicht verarmen, er kann und will bereichern.“
4) dass die Kirche grundsätzlich eine missionarische Gemeinschaft ist.
wir auf das Gebet Jesu antworten können: „Wie du
mich gesandt hast in die Welt, so sende ich sie
auch in die Welt. Ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie geheiligt seien in der Wahrheit.“
(Johannes 17, 21)
In einer Welt, in der oft wenig Grund zur Hoffnung
besteht, wo sich Gewalt durchzusetzen scheint, wo
der europäische Prozess zu stagnieren droht, wo
unzählige Jugendliche Orientierung suchen, sind
die Christen und die europäischen Kirchen gerufen,
durch ihr Wort und ihre Taten, durch ihre Arbeit für
Versöhnung und Einheit, zu bezeugen, dass Christus Licht, friedvolle Macht und Kraft der Erneuerung für alle Menschen ist. Möge unser nächstes
ökumenisches Treffen in Sibiu wirkungsvoll dazu
beitragen.
Kardinal Jean-Pierre Bernard Ricard,
Bordeaux
Die Kirche, die diese universelle Gemeinschaft Gottes mit den Menschen verkündet und die – weil wir
alle Kinder des selben Vaters sind – zur Geschwisterlichkeit einlädt, muss etwas von dieser Gemeinschaft, die von Gott kommt, sichtbar und erlebbar machen. Ist sie nicht das Zeichen und das
Sakrament dieser Einheit der Menschen? Ich denke, dass die ökumenische Geschwisterlichkeit im
Streben nach der Wahrheit, im gemeinsamen
Zeugnis des Evangeliums, im konkreten Engagement und Dienst am Mitmenschen, das Zeichen ist,
das wir heute mehr denn je brauchen – das Zeichen, dass Gott in unserer Welt am Werk ist. Damit
79
DOKUMENTATION
DIE BEDEUTUNG DES PROTESTANTISMUS FÜR EUROPA
Vortrag in Wittenberg am 16. Februar 2007
2. Bedeutung des Protestantismus für Europa?
Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung
in Sibiu/Rumänien soll nach den beiden ökumenischen Versammlungen in Basel und Graz ein weiterer Schritt der Versöhnung sein. Es wird darum gehen: „unsere bereits bestehende Gemeinschaft zu
feiern und zu bezeugen, die Kenntnis und Wertschätzung unserer verschiedenen religiösen Traditionen zu vertiefen und das europäische ökumenische Netzwerk zu stärken und auszuweiten.“
Anlässlich einer ökumenischen Versammlung
könnte dieser Titel irritieren: Geht es heute nicht
darum, dass die christlichen Kirchen gemeinsam einen Auftrag für Europa haben?
Wenn ich über die Bedeutung des Protestantismus
für Europa spreche, so ist die Perspektive keine
konfessionalistisch abgrenzende, sondern eine zutiefst ökumenische. Ökumenisch aber so, wie wir in
der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen echte
Ökumene eben verstehen: Wir glauben die Eine,
Heilige, Katholische und Apostolische Kirche in der
geschichtlichen Gestalt unterschiedlicher Kirchen.
Jede dieser unterschiedlichen Kirchen mit ihrem eigenen Profil – sofern sie auf Gottes Wort hört und
die Sakramente schriftgemäß feiert – ist im Vollsinn Kirche, ist eigenständige creatura verbi.
„Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ ist das
Ökumenemodell der evangelischen Kirchen. In gegenseitiger Anerkennung stehen wir gemeinsam
im Auftrag der Verkündigung des Evangeliums und
streben nach der Einheit, die vor uns liegt und allein in Christus uneingeschränkte Wirklichkeit ist.
Volle sichtbare Einheit ist und bleibt auch für uns
der Auftrag. Volle sichtbare Einheit kann aber für
uns um des Evangeliums willen nicht Uniformität
bedeuten. Die Frage, die wir deshalb in die Ökumene einbringen, lautet: Könnte es nicht sein, dass
das, was wir gemeinhin als konfessionelle Spaltung beklagen, auch als gute göttliche Vorsehung
verstanden und gelebt werden könnte? Könnte es
nicht sein, dass die Vielfalt das christliche Zeugnis
nicht schwächt, sondern – im Gegenteil – stärkt?
Das Evangelium ist das Geschenk Gottes an die Gemeinschaft der Kirchen, das uns alle zu einer Ge-
Dazu haben wir uns mit den „Leitlinien für die
wachsende Zusammenarbeit unter den Kirchen in
Europa“, der Charta Oecumenica, verpflichtet, und
diesen Weg wollen wir miteinander weiter gehen.
1. Einleitung
Auf dem Stationenweg nach Sibiu sind wir nun in
Wittenberg angelangt, dem Geburtsort der Reformation. Hier hat der Mönch und akademische Lehrer Martin Luther vor allem eine Dimension des
Evangeliums neu entdeckt: die Freiheit des Christenmenschen. Der Mensch ist gerecht vor Gott allein aus Glauben und allein aus Gnade. Jesus Christus ist der alleinige Mittler des Heils.
Diese Dimension der Freiheit in Christus hat die
Geschichte Europas zutiefst geprägt: nicht nur die
Geschichte unserer Kirchen, sondern auch die Geschichte unserer Kulturen, Gesellschaften und
Staaten. „Europa“ ist nicht denkbar ohne die reformatorische Botschaft von der Freiheit.
Vor diesem Hintergrund habe ich meine Überlegungen überschrieben mit dem Titel: Die Bedeutung des Protestantismus für Europa.
80
meinschaft der Beschenkten verbindet. Die evangelischen Kirchen aber sind und bleiben diesem
Evangelium in besonderer Weise verpflichtet. In
dieser Perspektive spreche ich in unserer ökumenischen Begegnung von der Bedeutung des Protestantismus für Europa.
3. Europa braucht das Evangelium – als Botschaft
der Versöhnung
Gleichzeitig ökumenisch und evangelisch würde
ich formulieren:
Europa braucht nicht Religion, Europa braucht
auch nicht das Christentum oder die Kirchen.
Europa braucht das Evangelium. Denn Europa
braucht Versöhnung. Und Hoffnung.
„Europa ist aus dem Schmerz geboren“, so formulierte es der ehemalige deutsche Außenminister
Joschka Fischer vor einigen Jahren bei seinem Besuch in der Schweiz. Europa hat in der Geschichte
seine Probleme sehr oft mit Kriegen, mit Spaltungen, mit der Errichtung von Mauern gelöst. Daran
waren auch die Kirchen nicht unbeteiligt. Wenn
Europa nun versucht, gemeinsam in die Zukunft zu
gehen, so können wir Kirchen nicht abseits stehen.
Was aus dem Schmerz geboren ist, braucht in erster Linie die Hoffnung auf Versöhnung. Ich betrachte deshalb die Verkündigung des Evangeliums in
Wort und Tat als die wichtigste Aufgabe der Kirchen in Europa. Europa braucht die Hoffnung des
Evangeliums. Europa braucht Zeichen einer in
Christus versöhnten Menschheit. Die Kernaufgabe
der Kirchen im neuen Europa ist also zuallererst
eine ökumenische. Gemeinsam sind wir Europa
das Evangelium als Botschaft der Versöhnung
schuldig.
4. Die Bedeutung des Protestantismus für Europa!
Europa braucht das Evangelium. Diese Aussage ergänze ich durch eine zweite: Europa braucht das
evangelische Zeugnis des Evangeliums.
Ich bin davon überzeugt, dass der Protestantismus
– als Teil des gesamtchristlichen Zeugnisses und
Dienstes – für Europa eine ganz spezifische Bedeutung hat. Man könnte hier verschiedene wichtige
Aspekte entfalten: Der Protestantismus als Konfession der Freiheit, der Protestantismus als Konfession der Individualität und der Bildung, der Protestantismus als Konfession der Partizipation und der
Demokratie, der Protestantismus als Konfession
der die Weltlichkeit der Welt bejahenden Weltverantwortung.
Mit Blick auf Europa und seine Herausforderungen
will ich mich auf drei Aspekte beschränken. Die Bedeutung des Protestantismus für die Einheit (4.1),
die Säkularität (4.2) und die Demokratie (4.3)
Europas.
4.1 Die Bedeutung des Protestantismus für die
Einheit Europas
Europa ist mehr als die Europäische Union. Darin
sind wir uns einig. Allerdings befinden wir uns zurzeit in einer fast paradoxen Situation: Durch die
kontinuierliche Erweiterung der Europäischen
Union wird das politische Europa immer größer.
Andererseits – emotional – scheint Europa seit
dem 11. September 2001 kleiner werden zu wollen. Es gibt Stimmen, auch in unseren Kirchen, die
Europa auf einen Kreis von „geistig-kulturell“ verwandten Ländern zu beschränken vorschlagen. Dahinter steht die berechtigte Vorstellung, dass das
jüdisch-christliche Erbe die Werte Europas entscheidend mitgeprägt hat.
Der Ruf nach einer Besinnungspause in der europäischen Erweiterung ist nur zu gut nachvollziehbar. Insbesondere für uns Schweizerinnen und
Schweizer, die wir mit dem Europa der Union nach
dem Willen des Souveräns erst mit Verträgen verbunden sind. Nach mehr als 700 Jahren empfinden
wir das Zusammenleben zwischen vier Sprachen
und Kulturen nach wie vor als dauernde Herausforderung. Nicht zu Unrecht spricht man von der
Schweiz als einer Willensnation.
Um wie viel größer ist die Herausforderung, wenn
die Gemeinschaft 27 Staaten, 23 Amtssprachen
und eine Vielzahl von Kulturen und Mentalitäten
umfasst. Dazu kommen – und das ist noch viel entscheidender – schmerzvolle Erfahrungen und tiefe
Wunden, die im kollektiven Bewusstsein der Völker
dieser Gemeinschaft teilweise tief verankert sind.
Die Frage, ob die Integrationskraft der Europäischen Union nicht ihre Grenze erreicht hat, ist vor
diesem Hintergrund verständlich.
Eberhard Jüngel hat in einem programmatischen
Vortrag anlässlich der Europäischen Evangelischen
Versammlung in Budapest 1992 auf einen entscheidenden Punkt hingewiesen: „Verheißung hat
eine evangelische europäische Versammlung …
nur, wenn sie zu einem Aufbruch führt, bei dem
nicht irgendeine respektable Vergangenheit leitend
ist, sondern allein die uns zuvorkommende Gnade
Gottes.“
Müsste man dasselbe nicht auch für Europa sagen?
Verheißung hat Europa nur, wenn es zu einem Aufbruch führt, bei dem nicht irgendeine respektable
Vergangenheit leitend ist. Verheißung hat Europa
nur, wenn es nicht geleitet ist von Heimweh zu
dem, was scheinbar einmal gewesen ist.
Mit der Leuenberger Konkordie haben die evangelischen Kirchen in Europa vor dreißig Jahren ihre
seit der Reformation bestehenden konfessionellen
Trennungen überwunden. Ich könnte mir vorstellen, dass die Leuenberger Konkordie auch für das
Zusammenwachsen der Völker und Kulturen
Europas ein Modell sein, einen Impuls geben könnte: Einheit in versöhnter Verschiedenheit. So wie
die Einheit der Kirchen vor uns liegt, weil Christus
auf uns zukommt und deshalb die Rückkehrökumene keine Option sein kann, so zukunftsoffen
müsste auch die Suche nach der Einheit Europas
sein.
Die Einheit Europas wird nicht in der Wiederherstellung des christlichen Abendlandes liegen. Die
Einheit Europas liegt vor uns, in einer Form, die wir
zu suchen und Schritt für Schritt gemeinsam zu gestalten haben. Dabei wird das christliche Europa
seine Werte und seinen geistig-kulturellen Reichtum zweifellos einbringen. Das christliche Europa
wird auch auf Errungenschaften hinweisen, die
nicht zur Disposition stehen dürfen, wie die unverlierbare Würde des Einzelnen vor Gott, die Menschenrechte, die Demokratie oder die Rechtsstaatlichkeit.
Aber wir müssen auch dafür offen sein, dass Andere ihre Werte und ihren geistig-kulturellen Reichtum einbringen und Europa gestärkt aus diesem
Austausch hervorgeht. Die Menschen anderer Religionen und Kulturen: Sie leben ja nicht nur im „europäischen Gürtel befreundeter Staaten“; sie sind
schon da, als Migrantinnen und Migranten, mitten
in Europa, sie leben unter uns.
Die Suche nach der Einheit Europas muss gleichzeitig vergangenheitsbewusst und zukunftsoffen sein.
Diese Zukunftsoffenheit auszuhalten und unter
Einbeziehung der Vergangenheit in Freiheit zu gestalten, dazu können die evangelischen Kirchen
beitragen.
4.2 Die Bedeutung des Protestantismus für die
Säkularität Europas
„Wir müssen Europa eine Seele geben“, hatte
Jacques Delors einprägsam gefordert. Dahinter
steht die Frage, was Europa im Innersten zusammenhält.
Das Bild der Seele Europas: es hat etwas Bestechendes, Faszinierendes. Aber wir sollten dieses
Bild hinterfragen. Ist es wirklich hilfreich, wenn wir
unsere Vorstellungen von Europa leiten lassen von
einem Bild, das unmittelbar Assoziationen wie
Unsterblichkeit und Göttlichkeit weckt?
Ich erinnere an dieser Stelle an ein Wort von Wolfgang Huber, wonach uns der Glaube an Gott bewahrt vor der Versuchung, die Dinge des Diesseits
jenseitig aufzuladen. Europa ist auch aus dem
Schmerz geboren, weil Politik und Religion in der
Vergangenheit auf unheilvolle Weise vermischt
wurden.
Ein wichtiges Kennzeichen reformatorischen Glaubens ist die Unterscheidung zwischen dem göttlichen und weltlichen Regiment Gottes. Oder wie
Zwingli es formuliert hat: zwischen menschlicher
und göttlicher Gerechtigkeit. Christinnen und
Christen sind als im Christusgeschehen Befreite
verwiesen auf die Weltlichkeit der Welt. Dies gilt
auch für die Gestaltung von Kirche. Der Protestantismus unterscheidet klar zwischen der Kirche und
dem Herrn der Kirche. Die Kirche ist nicht die Wahrheit, sie dient der Wahrheit. Heilig ist nicht die Kirche, heilig ist allein Jesus Christus als Ursprung und
Grund der Kirche.
Unser Kontinent ist ein Lebensraum, in dem Menschen unterschiedlichster Identitäten, Kulturen,
Konfessionen und Religionen zusammenleben.
Diesen Lebensraum weder religiös noch ideologisch zu überhöhen, sondern als gemeinsamen
Raum der Freiheit, Gerechtigkeit und des Friedens
zu gestalten, ist eine große Herausforderung.
Die Säkularität Europas ist vor diesem Hintergrund
kein Defizit, das überwunden werden müsste, sondern im Gegenteil: Voraussetzung für das Gelingen
des Projekts.
Europa hat starke christliche Wurzeln. Deshalb
werden wir uns als Kirchen in diesen Gestaltungsprozess eingeben. Aber wir sollten es nicht tun mit
dem – auch nur versteckten – Ziel, dieses Europa
zu einem christlichen Europa zu machen. Es sollte
uns um den Aufbau eines menschlichen, eines gerechten und eines friedlichen Europa gehen. Sonst
steht zu befürchten, dass wir entgegen unseren
Beteuerungen dennoch das Bild einer Festung
Europa in uns tragen. Nicht einer wirtschaftlichen
oder militärischen, aber einer geistig-kulturellen
Festung.
Evangelische Freiheit misst sich letztlich immer
daran, ob die Freiheit als Raum zur Liebe verstan-
den wird. Johannes Calvin formulierte es in der
Institutio sinngemäß so: Ein frommer Mensch ist
ein Mensch, der sich in den äußeren Dingen von
der Freiheit und in den inneren Dingen von der Liebe leiten lässt (Institutio III / 19,12).
Müssen wir Europa eine Seele geben? Das war
unsere Frage. Wir sollten pragmatisch denken.
Europa muss weder unsterblich noch göttlich sein.
Europa muss menschlich sein. Deshalb würde ich
sagen: Wir müssen Europa ein Herz geben. Denn
nur wenn unser Europa getragen ist in den Herzen
der Menschen, wird es auch leben.
4.3 Die Bedeutung des Protestantismus für die
Demokratie Europas
Ein menschliches Europa muss von den Menschen
getragen und gestaltet sein. Eine der großen Herausforderungen besteht deshalb darin, dass das
Europa der Regierungen zu einem Europa der Bürgerinnen und Bürger wird.
Wenn Europa ein säkulares, ein weltliches und
menschliches Projekt ist, dann gehört doch wohl
auch das dazu, was wir in der evangelischen Kirche
als semper reformanda bezeichnen. Zur Säkularität
gehört die Reformoffenheit Europas. Zur Reformoffenheit gehört die Demokratie.
Wir haben dem Europa der Regierungen viel zu verdanken: 60 Jahre Frieden und Stabilität, seit 1990
auch die gemeinsame Erfahrung der Freiheit. Aber
Friede ist ja bekanntlich mehr als die Abwesenheit
von Krieg, Stabilität mehr als das Gleichgewicht
der Kräfte und Freiheit mehr als offene Grenzen.
Und so muss Europa – wenn es denn getragen sein
soll in den Herzen der Menschen – mehr sein als
das Europa Brüssels und Straßburgs.
Ich darf das so offen ansprechen, weil wir zurzeit in
der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa
Analoges erfahren. Mit der Unterzeichnung der
Leuenberger Konkordie im Jahr 1973 haben die
evangelischen Kirchen untereinander Kirchengemeinschaft erklärt. Diese Erklärung der Kirchengemeinschaft war eine Erklärung von Kirchenleitungen. Wie die Europäische Union hat sich auch die
Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa lau81
fend erweitert. Ursprünglich zählte die Leuenberger Kirchengemeinschaft 69 Signatarkirchen
(1976), heute sind es 105 (2007). Diese Gemeinschaft wird nur dann wirklich eine Bedeutung und
eine Kraft entfalten, wenn die erklärte Gemeinschaft zwischen den Konfessionen bis zu den
Kirchen vor Ort, den Kirchgemeinden und den
Menschen vordringt. Bei der Konzeption ihrer konfessionellen Zusammenschlüsse müssen sich die
evangelischen Kirchen also selbst auf eines der
wichtigsten Elemente ihres Selbstverständnisses
zurückbesinnen: die Partizipation des Einzelnen,
das synodale und presbyteriale Prinzip. Wenn die
Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa
nicht von den Kirchgemeinden und von den Menschen mitgetragen wird, wird sie nicht die Zukunft
82
haben, die wir uns erhoffen. Kirche ist nicht die Gemeinschaft der Kirchenleitungen. Kirche ist die Gemeinschaft der Glaubenden.
Gemeinschaft zwischen Institutionen zu erklären,
ist die Sache von Regierungen oder Kirchenleitungen. Die Gemeinschaft zwischen den Institutionen
verwirklichen, kann man nur mit den Menschen zusammen.
Auch Europa muss von einer Gemeinschaft der Regierungen zu einer Gemeinschaft der Bürgerinnen
und Bürger werden. Da liegt noch ein gutes Stück
Weg vor uns. Die europäischen Kirchen als Gemeinschaften nahe bei den Menschen wollen zur
Einigung des europäischen Kontinents beitragen.
Dazu haben sie sich in der Charta Oecumenica
selbst verpflichtet.
Die evangelischen Kirchen in Europa können auf
diesem Weg einen besonderen Impuls geben. Die
Aufwertung der Individualität ist ein wesentliches
Merkmal des Protestantismus. Der einzelne
Mensch ist unmittelbar zu Gott, coram Deo. Deshalb ist der Protestantismus zutiefst geprägt von
der Skepsis gegenüber allem, was sich zwischen
den einzelnen Menschen und Gott stellt. Die Europaskepsis: Könnte sie mit der konkreten Europa-Erfahrung der Menschen zusammenhängen? Könnte
sie damit zu tun haben, dass – obwohl der Protestantismus in Europa nur 13 Prozent der Bevölkerung ausmacht – doch sehr viele Menschen an dieser Stelle protestantisch denken?
Das Volk hat vermutlich nicht immer recht. Aber
was Recht ist und Recht wird, das muss vom Volk
getragen sein.
Pfarrer Thomas Wipf,
Bern,
Präsident der Gemeinschaft
Evangelischer Kirchen in Europa
(GEKE)
LISTE DER DELEGIERTEN AUS DEUTSCHLAND
FÜR DIE 3. EUROPÄISCHE ÖKUMENISCHE VERSAMMLUNG
IN SIBIU/HERMANNSTADT
ANHANG
(GEORDNET NACH POSTLEITZAHLEN)
Nr.
Anrede
Name
Vorname
PLZ
Ort
Email
1
2
3
4
5
6
Müller
Oehme
Dittrich
Weber
Mildner
Asmus
Annemarie
Friedemann
Bernhard
Randi
Roswitha
Heilgard
01069
01069
01309
01445
01471
03044
Dresden
Dresden
Dresden
Radebeul
Radeburg
Cottbus
EKD/Ökumenisches Informationszentrum Dresden e. V./Sachsen
EKD/Evangelisch Lutherische Landeskirche Sachsens
DBK/Bischöfliches Ordinariat Dresden
Evangelische Brüder-Unität Herrnhuter Brüdergemeine
EKD/Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens
EKD/Ev.Kirche Berlin-Brandenburg u. Schlesische Oberlausitz
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
7
8
9
10
11
Frau
Herr Pfarrer
Herr Domkapitular Dr.
Frau Dr.
Frau
Frau Generalsuperintendentin
Frau
Herr
Frau
Herrn Akademiedirektor
Herr Propst
Busch
Otto
Ashim-Ulrich
Marchio
Kasparick
Anna-Maria
Christoph
Barbara
Hans-Joachim
Siegfried
04107
04109
04660
06108
06886
Leipzig
Leipzig
Altenburg
Halle a.d. Saale
Wittenberg
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
Frau
Herr Prof. Dr.
Herr
Herr Prälat
Herr P. Dr.
Herr Pastor
Herr
Frau
Frau
Herr Dr.
Frau
Frau Dr.
Herr Oberst Dr.
Frau Generalsekretärin
Herr Präsident
Herr Pfarrer
Herr Diakon
Frau Vikarin
Herr
Herr Weihbischof Dr.
Herr Prof. Dr.
Hoffmeier
Meyer
Streich
Wakenhut
Eggensperger OP
Assmann
Löffler
Reinl
Mensink
Wazlawik
Kind
Thunig-Nittner
Heinemann
Claas
Großmann
Tuve
Markmann
Freudenberg
Möhring
Jaschke
Beestermöller
Andrea
Hans-Joachim
Bernd
Walter
Thomas
Reinhard
P. Hans-Georg
Britta
Dagmar
Klaus
Ulrike
Gerburg
Winfried
Regina
Siegfried
Matthias
Axel
Anne
Heiner
Hans-Jochen
Gerhard
10115
10115
10117
10117
10119
10409
10719
10827
10963
12555
13189
14163
14411
14641
14641
17326
18437
18439
19065
20099
20459
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Berlin
Potsdam
Wustermark
Wustermark
Brüssow
Stralsund
Stralsund
Pinnow
Hamburg
Hamburg
EKD/Evangelische Jugend/ Sachsen
EKD/Ev. Kirche Berlin-Brandenburg u. Schlesische Oberlausitz
Evangelisch-methodistische Kirche
DBK/Katholische Akademie des Bistums Magdeburg
EKD/Ev.-luth.Kirche in Thüringen u. Ev. Kirche der Kirchenprovinz
Sachsen (EKM)
DBK/BDKJ
DBK/ZdK
DBK/Diözesanrat im Erzbistum Berlin
DBK/Katholisches Militärbischofsamt
DBK/Institut M. Dominique Chenu - Espaces
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten)
DBK/Katholische Kirchengemeinde St. Ludwig
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten)
DBK/Parteivorstand der SPD, Willi-Brandt-Haus
EKD/Köpenicker Initiativgruppe Eine Welt (KIGEW)
EKD/More Ecumenical Empowerment Together (MEET) und ESG
DBK/Ackermann-Gemeinde
DBK/Militärgeschichtliches Forschungsamt
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten)
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten)
EKD/Pommersche Evangelische Kirche
EKD/Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt/ Pommern
EKD/Sassnitz-Initiative
EKD/Evangelische-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs
DBK/Weihbischof in Hamburg
DBK/Institut für Theologie und Frieden
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
83
84
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
Herr PD Dr.
Herr Pfarrer
Herr
Herr Prof. Dr.
Frau Dr.
Herr OKR
Frau Pastorin
Frau
Herr
Frau Pastorin
Herr
Herr Pastor
Herr Weihbischof Dr.
Justenhoven
Anders
Israel
Hoppe
Sahm
Vogelmann
Weiß
Kleinhuis
Ihssen
Kortjohann
Thesenvitz
Stelter
Schwerdtfeger
Heinz-Gerhard
Christoph
Klaus
Thomas
Astrid
Wolfgang
Jutta
Jana-Trixi
Uwe
Marina
Dirk
Dirk
Nikolaus
20459
20537
21335
22043
22166
24103
25821
26725
28215
28832
30159
30169
30880
Hamburg
Hamburg
Lüneburg
Hamburg
"Minsk Belarus"
Kiel
Breklum
Emden
Bremen
Achim
Hannover
Hannover
Laatzen
DBK/Institut für Theologie und Frieden
Evangelisches Missionswerk, assoziiert mit KEK
EKD/AG Konziliarer Prozess
DBK/Helmut-Schmidt-Universität
EKD/Leiterin der Internationalen Bildungs- u. Begegnungsstätte Minsk
EKD/Nordelbische Evang.-Lutherische Kirche
EKD/Nordelbische Evang.-Lutherische Kirche
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten)
EKD/Bremische Evangelische Kirche
EKD/Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers
EKD/Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Jugend (aej)
EKD/Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers
DBK/Weihbischof in Hildesheim
46
47
48
49
Herr Bischof em. Dr.
Frau
Herr Dr.
Herr Landesbischof
Homeyer
Meyer
Anhelm
Johannesdotter
Josef
Margareta
Fritz Erich
Jürgen
31134
31177
31545
31675
Hildesheim
Harsum-Hönnersum
Rehburg-Loccum
Bückeburg
DBK
DBK/Diözesanrat der Katholiken im Bistum Hildesheim
Evangelische Akademien/assoziiert bei KEK
EKD/Evangelisch-lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe
50
51
52
53
54
Herr Pfarrer
Herr Dr.
Herr
Herr Dr.
Herr OKR Dr.
Balke
Oeldemann
Hunstig
Möller
Rosowski
Bendix
Johannes
Hans-Georg
Ulrich
Martin
32805
33098
33104
33602
34117
Horn-Bad Meinberg
Paderborn
Paderborn
Bielefeld
Kassel
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
Herr OKR Dr.
Herr Propst
Frau
Frau Studienleiterin Dr.
Frau
Frau
Herr OLKR
Frau
Herr Bischof Dr.
Herr
Herr
Herr Erzbischof
Frau Landespfarrerin
Herr Pfarrer
Herr
Frau
Herr
Herr
Frau
Frau
Richebächer
Eibach
von der Recke
Lechner
Borgers
Göpel
Kollmar
Böcher
Feige
Stolze
Wallenhorst
Longin
Busch
Mauritz
Tänzler
Bogner
Holz
Plobner
Lüders
Brunotte
Wilhelm
Klaus
Marie-Noelle
Silke
Lena
Ute
Peter
Mechthild
Gerhard
Jürgen
Thomas
34131
35390
35641
36037
37124
37293
38300
38304
39104
39104
40213
40227
40476
40477
40477
41477
42030
44145
44359
47279
Kassel
Gießen
Schöffengrund
Fulda
Rosdorf
Herleshausen
Wolfenbüttel
Wolfenbüttel
Magdeburg
Magdeburg
Düsseldorf
Düsseldorf
Düsseldorf
Düsseldorf
Düsseldorf
Düsseldorf
Wuppertal
Dortmund
Dortmund
Duisburg
EKD/Lippische Landeskirche
DBK/Johann-Adam-Möhler-Institut
DBK/Diözesanrat Erzbistum Paderborn
EKD/Konferenz Europäischer Kirchen, Haushaltsausschuss
Europäisches Forum Christlicher Männer/Männerarbeit der EKD
(assoziiert mit KEK)
EKD/Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
EKD/Evang. Kirche in Hessen und Nassau
EKD/Church and Peace
EKD/Deutscher Evangelische Kirchentag (DEKT)
EKD/Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers
EKD/Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
EKD/Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig
EKD/Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig
DBK/Bischof von Magdeburg
Evangelisch-methodistische Kirche
DBK/NRW-Ministerium für Familie
Orthodoxe Kirche von Rußland, Patriarchat von Moskau
EKD/Evangelische Kirche im Rheinland
DBK/BDKJ
DBK/BDKJ
DBK/Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands
DBK/Sachausschuss MEF im Erzbistum Köln
EKD/Evangelische Kirche von Westfalen
EKD/Evangelische Kirche von Westfalen
EKD/Evangelische Kirche im Rheinland
Christine
Andreas
Dirk
Magdalena
Manfred
Gerd
Stephanie
Renate
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
75
76
77
78
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108
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110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
Frau Sr. Dr.
Herr Weihbischof Dr.
Frau Prof. Dr.
Herr Prof. Dr.
Frau
Herr Prof. Dr.
Herr Pastor
Frau
Herr
Frau
Herr
Frau
Herr Dr.
Frau
Frau Dr.
Frau
Herr
Herr P. Dr.
Herr Msgr.
Frau Dr.
Herr Militärdekan
Frau Sr.
Herr
Herr Dr.
Frau Dr.
Herr
Herr Diakon
Herr Weihbischof em.
Herr Superintendent
Frau
Herr
Frau Dr.
Herr Geistlicher Rat
Frau
Herr Dr.
Frau
Frau Pfarrerin
Herr DDr.
Frau Bischöfin
Frau Pfarrerin
Frau Pfarrerin
Herr Dr.
Frau
Herr Weihbischof
Herr
Reemts OSB
Voß
Sattler
Schreiner
van de Loo
Stobbe
Tuschling
Heintz
Höbsch
Fischbach MdB
Dittrich
Heidemanns
Marcus
Kett
Beykirch-Angel
Casel
Gasper
Langendörfer SJ
Miehle
Rumbach-Thome
Walter
Höffmann SSpS
Kiefer SAC
Vesper
Brinkmann
Schärtl
Kandels
Schwarz
Pistorius
Franzen
Schönhöffer
Kurth
Schlenzig
Krämer
Valentin
Schnabel
Rudolph
Schütz
Wenner
Gunkel
Nauck
Voß
Hüning
Pieschl
Schmitt
Christiana
Josef
Dorothea
Peter
Stefanie
Heinz-Günther
Steffen
Ingrid
Werner
Ingrid
Norbert
Katja
Franz
Andrea
Ursula
Gertrud
Hans
Hans
Wolfgang
Heike
Jürgen
Cäcilia
P. Rüdiger
Stefan
Herta
Christian
Stefan
Leo
Christoph
Christa
Peter
Gisela
Hans-Werner
Renate
Joachim
Petra
Barbara
J. Georg
Rosemarie
Mechthild
Mechthild
Reinhard
Veronika
Gerhard
Michael
47929
48143
48149
48149
48149
48153
49076
50259
50668
50677
52064
52064
52064
52078
53113
53113
53113
53113
53113
53113
53113
53115
53115
53175
53545
53604
53757
54290
54292
55116
55218
56503
56626
58730
60311
60318
60487
60487
60487
60488
60488
61118
61118
65549
67346
Grefrath
Münster
Münster
Münster
Münster
Münster
Osnabrück
Pulheim
Köln
Köln
Aachen
Aachen
Aachen
Aachen
Bonn
Bonn
Bonn
Bonn
Bonn
Bonn
Bonn
Bonn
Bonn
Bonn
Linz
Bad Honnef
Sankt Augustin
Trier
Trier
Mainz
Ingelheim
Neuwied
Andernach
Fröndenberg
Frankfurt am Main
Frankfurt am Main
Frankfurt am Main
Frankfurt am Main
Frankfurt am Main
Frankfurt am Main
Frankfurt am Main
Bad Vilbel
Bad Vilbel
Limburg
Speyer
DBK/Abtei Mariendonk
DBK/Weihbischof in Münster
DBK/Universität Münster
Intereuropean Commission on Church and School/assoziiert bei KEK)
DBK/Universität Münster/Abteilung II: Ökumenik und Friedensforschung
DBK
EKD/Evangelisch-Reformierte Kirche
Evangelisch-methodistische Kirche
DBK/Referat für den Interreligiösen Dialog Erzbistum Köln
DBK/Katholischer Deutscher Frauenbund
DBK/Bischöfliches Hilfswerk Misereor
DBK/Missio Aachen
DBK/Päpstliches Missionswerk der Kinder
DBK/Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands
DBK/Bereichsleiterin Glaube und Bildung Sekretariat DBK
DBK/Geschäftsführerin der Deutschen Kommission Justitia et Pax
DBK/Bereich Glaube und Bildung Sekretariat DBK
DBK/Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz
DBK/Nationaldirektor für die Ausländerseelsorge
DBK/Bereich Weltkirche und Migration im Sekretariat der DBK
EKD/Seelsorge in der Bundeswehr
DBK/DOK Haus der Orden
DBK/Haus der Orden
DBK/Zentralkomitee der deutschen Katholiken
DBK/Katholikenrat Trier
DBK/KLJB
Katholisches Bistum der Alt-Katholiken
DBK/Präsident der Europäischen Justitia et Pax-Konferenzen
EKD/Evangelische Kirche im Rheinland
DBK/Arbeitsgemeinschaft der Säkularinstitute
Kairos Europa (assoziiert mit KEK)
EKD/Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF)
Katholisches Bistum der Alt-Katholiken
EKD/Evangelische Kirche von Westfalen
DBK/Katholisches Zentrum „Haus am Dom“
EKD/Ecumenical Youth Council in Europa (EYCE) / Bayern
ACK (assoziiert mit KEK)
DBK/Ökumenische Centrale ACK
Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland
EKD/Offenes Forum Dekade Gewalt überwinden
EKD/Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
DBK/Pax Christi
DBK/Pax Christi
DBK/Weihbischof in Limburg
DBK/Bistum Speyer
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
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137
Frau
Herr Dr.
Herr Dr.
Frau
Herr
Herr Dr.
Frau Pfarrerin Dr.
Herr Dr.
Herr Kirchenrat
Herr Pfarrer
Herr
Frau
Frau Dr.
Herr Pfarrer
Frau Diakonin
Herr Vizepräsid.Dekan
Herr
Herr
Schäfer
Oelschläger
Diefenbacher
Covolo
Heidel
Böhm
Eichrodt-Kessel
Kustermann
Penzoldt
Strauß
Göbel
Girlich
Mayer
Reichel
Dieter
Ehrmantraut
Alborino
Gerstner
Bärbel
Ulrich
Hans
Catharina
Klaus
Hans-Hermann
Hélène
Abraham Peter
Martin
Volker
Thorsten
Renate
Annemarie
Christoph
Sylvia
Rudolf
Roberto
Wolfgang
67454
67547
69118
69123
69124
70174
70184
70184
70184
70192
71088
71522
72074
73087
74348
76829
79104
79104
Haßloch
Worms
Heidelberg
Heidelberg
Heidelberg
Stuttgart
Stuttgart
Stuttgart
Stuttgart
Stuttgart
Holzgerlingen
Backnang
Tübingen
Bad Boll
Lauffen/N
Landau
Freiburg
Freiburg
EKD/Evangelische Kirche der Pfalz
EKD/Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
EKD/Beauftragter des Rates der EKD für Umweltfragen
EKD/Evangelische Jugend/ Oldenburg
EKD/Werkstatt Ökonomie e. V., Mitglied der 10. Synode der EKD
EKD/Europäisches Christliches Umweltnetzwerk (ECEN)
EKD/Evangelische Landeskirche in Württemberg
DBK/Akademie Stuttgart-Hohenheim
EKD/Evangelische Landeskirche in Württemberg
Gustav-Adolf-Werk Leipzig (assoziiert bei KEK)
Evangelisch-methodistische Kirche
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten)
DBK/Universität Tübingen
Evangelische Brüder-Unität Herrnhuter Brüdergemeine
EKD/Ökumenisches Netz Württemberg
EKD/Evangelische Kirche der Pfalz
DBK/DCV
DBK/Maximilian-Kolbe-Werk
138
139
140
141
Herr Dr.
Herr
Herr Pastor
Frau Dr.
Ruh
Traut
Renno
Bücking
Ulrich
Tobias
Hans-Martin
Elisabeth
79104
79104
79107
79294
Freiburg
Freiburg
Freiburg
Sölden
142
143
144
145
146
147
148
149
150
151
152
Herr Pfarrer
Frau Pfarrerin
Frau Dr.
Herr Dr.
Herr Kirchenrat
Frau Präsidentin
Herr P.
Herr Prof. DDr.
Frau
Herr Erzpriester Dr.
Herr Apostolischen
Exarchen
Herr Pfarrer
Frau
Herr Prof. Dr.
Herr Bischof
Frau
Herr Dr.
Frau Dr.
Herr Dr.
Widdess
Fuhrmann
Dieckmann
Renz
Huber
Schülke
Englert OSA
Wallacher
Willemsen
Basarab
Kryk
Peter
Bettina
Elisabeth
Andreas
Ivo
Heidi
Eric
Johannes
Antonia
Mircea
Petro
79689
79771
80063
80331
80333
80333
80336
80539
81369
81375
81679
Maulburg
Klettgau
München
München
München
München
München
München
München
München
München
DBK/Herder Korrespondenz
EKD/Evangelische Landeskirche in Württemberg
Evangelisch-methodistische Kirche
EKD/ Ökumenisches Forum Christlicher Frauen in Europa (ÖFCFE)
u. Christinnenrat
EKD/Evangelische Landeskirche in Baden
EKD/Evangelische Landeskirche in Baden
DBK/Diözesanrat im Erzbistum München und Freising
DBK/Erzbischöfliches Ordinariat
EKD/Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
EKD/Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
DBK/Missio München
DBK/Hochschule für Philosophie
DBK/Kirche in Not/ Ostpriesterhilfe Deutschland e. V.
Rumänisch-Orthodoxe Kirche
DBK/Apostolische Exarchie
Machuzhak
Steineck
Vogt
Hanke OSB
Breher
Albert
Ballweg
Pfeiffer
Ivan
Gudrun
Markus
Gregor Maria
Barbara
Gerhard
Gabi
Gerhard
81679
82418
83671
85072
85276
85354
86316
86399
München
Hofheim/Murnau
Benediktbeuern
Eichstätt
Pfaffenhofen/Ilm
Freising
Friedberg
Bobingen
DBK/Apostolische Exarchie für kath. Ukrainer
Arbeitsgemeinschaft ökumenischer Kreise in Deutschland e. V. (AÖK)
DBK/Clearingstelle Kirche/Umwelt
DBK/Bischof von Eichstätt
DBK/Vorsitzende des Kolpingwerkes Europa
DBK/Renovabis Kardinal-Döpfner-Haus
DBK/Fokolar-Bewegung
International Association for Christian Education (assoziiert mit KEK)
153
154
155
156
157
158
159
160
86
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
161 Herr Metropolit Dr.
Serafim
Joanta
90429 Nürnberg
162 Frau
163 Frau Dr.
164 Herr
Stanullo
Friedrich
Schoenauer
Irmgard
Andrea M.
Hermann
90449 Nürnberg
91320 Ebermannstadt
91564 Neuendettelsau
Rumänisch orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und
Nordeuropa
Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland (Baptisten)
DBK/Katholisches Pfarramt St. Nikolaus
Leiter der Diakonie Neuendettelsau
165 Herr Bischof Dr.
166 Herr Prof. Dr.
Müller
Dirscherl
Gerhard Ludwig
Erwin
93043 Regensburg
93053 Regensburg
DBK/Bischof des Bistums Regensburg
DBK/Universität Regensburg
167
168
169
170
171
172
Rottenaicher
Bieber OSB
Bühl
Scheele
Schmidt
Geffe
Joseph
Marianus
Susanne
Paul-Werner
Christian
Wolfgang
94032
94557
97070
97070
97320
99096
173 Frau
Treu
Ulrike
99096 Erfurt
174 Frau Kirchenrätin
175 Frau
Skriewe
Köhler
Katrin
Ulrike
99817 Eisenach
99998 Volkenroda
DBK/Umweltbeauftragter der Diözese Passau
DBK/Abtei Niederaltaich
DBK/Gemeinschaft Sant`Egidio
DBK/Diözese Würzburg
EKD/Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern
EKD/Ev.-luth.Kirche in Thüringen u.Ev.Kirche der Kirchenprovinz
Sachsen (EKM)
EKD/Ev.-luth. Kirche in Thüringen u. Ev.Kirche der Kirchenprovinz
Sachsen (EKM)
EKD/Ökumenischer Vorbereitungskreis EÖV3 / Thüringen
EKD/Ev.-luth. Kirche in Thüringen u. Ev. Kirche der Kirchenprovinz
Sachsen (EKM)
Frau Landesbsichöfin Dr. Käßmann
Margot
30169 Hannover
[email protected]
Frau OKRin
Herr OKR Dr.
Herr Pastor
Herr
Herr Pfarrer
Frau OKRin
Frau Prof. Dr.
Frau
Antje
Martin
Michael
Ulrich
Norbert
Cordelia
Friederike
Almut
30419
30419
30419
53113
60487
64285
69177
99867
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
Herr
Herr P. Dr.
Frau
Herr Bischof em. Dr.
Herr Pfarrer
Herr
Passau
Niederaltaich
Würzburg
Würzburg
Albertshofen
Erfurt
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
zusätzlich
Heider-Rottwilm
Affolderbach
Riedel-Schneider
Pöner
Roth
Kopsch
Nüssel
BretschneiderFelzmann
EKD/Mitglied im Zentralausschuss der KEK und im Planungskomitee
von KEK/CCEE
Hannover
EKD/Mitglied im Zentralausschuss und Präsidium der KEK
Hannover
EKD/AG Islam in Europa, gemeinsames Komitee von KEK/CCEE
Hannover
EKD
Bonn
DBK
Frankfurt am Main ACK (assoziiert mit KEK)
Darmstadt
EKD/Mitglied im Zentralausschuss der KEK
Heidelberg
Kommission ´Kirchen im Dialog` der KEK
Gotha
EKD/Jugenddelegierte im Zentralausschuss der KEK
(Stand 30. April 2007. Die Liste ist nicht vollständig und kann möglicherweise Fehler enthalten.)
87
ANHANG
EUROPÄISCHE ÖKUMENISCHE VERSAMMLUNG
IN SIBIU – ZEITRASTER
Die Europäische Ökumenische Versammlung
behandelt an drei Tagen jeweils einen Themenbereich, vormittags im Plenum mit 2100
Delegierten, und nachmittags in 3 Foren mit
jeweils 700 Delegierten.
2. Forum: Beziehungen zu den Religionen
3. Forum: Versöhnung von Völkern und Kulturen,
Migration
Mittwoch, 5. 9.
Das Licht Christi und die Kirchen
1. Forum: Dialog, Einheit der Kirchen
2. Forum: Spiritualität, Gemeinsames Beten
3. Forum: Gemeinsames Zeugnis, Mission
Donnerstag, 6. 9.
Das Licht Christi und Europa
1. Forum: Beitrag der Kirchen zum Aufbau der Zukunft Europas
88
Freitag, 7. 9.
Das Licht Christi und die Welt
1. Forum: Frieden
2. Forum: Gerechtigkeit
3. Forum: Bewahrung der Schöpfung
Der erste Tag, Dienstag, 4. 9., ist der Anreise und
Begrüßung vorbehalten, der Samstag, 8. 9., einer
Feier zur Geburt Mariens, dem Abschlussplenum
und einer Lichtfeier. Am Sonntag, 9. 9., wird nach
konfessionellen Gottesdiensten die Versammlung
mit einer Sendungsfeier schließen.
BOTSCHAFT AUS LOCCUM FÜR DIE DRITTE
EUROPÄISCHE ÖKUMENISCHE VERSAMMLUNG
Auf der bundesweiten Tagung zur Vorbereitung
der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung trafen sich im Dezember 2006 ca. 160 Personen aus fast allen Kirchen Deutschlands. Sie erarbeiteten zu den 9 thematischen Foren in Sibiu die
nachfolgenden Thesen und Handlungsempfehlungen (1. Dialog/Einheit, 2. Spiritualität/Gemeinsames Beten, 3. Gemeinsames Zeugnis/Mission,
4. Beitrag der Kirchen zum Aufbau Europas, Zukunft Europas, 5. Religionen, 6. Versöhnung und
Migration, 7. Frieden, 8. Gerechtigkeit, 9. Bewahrung der Schöpfung).
Am Ende der Versammlung bekam jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer 3 Glassteine und konnte sie in Glasröhren, die den 9 Themenforen zugeordnet waren, füllen. Wie er oder sie die Steine
verteilte, war dem eigenen Ermessen frei gestellt.
So entstand ein ökumenisches Barometer, an dem
abzulesen war, wo gerade das „ökumenische
Herz“ in Deutschland besonders schlägt. Eine solche „Abstimmung“ lässt sich auch in einer ökumenischen Gruppe oder einem Gemeindekreis wiederholen. Die 160 Personen hoben besonders die
Themen Einheit und Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung hervor.
Anregungen für ein Gespräch zur Loccumer
Botschaft
ANHANG
In vielen Gemeinden und ökumenischen Gruppen
sind die Themen, die in Loccum diskutiert worden
sind und in Sibiu diskutiert werden, schon lange im
Gespräch.
Frage: Zu welchen Themen haben wir uns in den
letzten 10 Jahren besonders engagiert? Welche
(Weiter-)Entwicklung haben wir erlebt?
Welche Themenbereiche sind kaum oder gar nicht
beachtet worden? Welche Erklärung haben Sie dafür?
Viele erhoffen sich von der Dritten Europäischen
Ökumenischen Versammlung starke ökumenische
Impulse.
Frage: Welche 3 Handlungsempfehlungen sind für
Sie die wichtigsten?
Kommen Sie darüber mit anderen aus der Gruppe
ins Gespräch! Wenn möglich tauschen Sie Ihre Ergebnisse mit anderen ökumenischen Partnern aus.
In Sibiu werden Christinnen und Christen aus allen
Ländern Europas sein.
Frage: Zu welchem Themenbereich können Delegierte aus Deutschland einen besonderen Beitrag
leisten?
Zu welchem Themenbereich sind Delegierte aus
Deutschland besonders auf Impulse aus anderen
Ländern angewiesen?
Frage: Welche Handlungsempfehlung ist Ihnen
derzeit besonders wichtig?
89
Impulse für die Delegierten in Sibiu/Hermannstadt, Gemeinden und ökumenischen Gruppen
in Deutschland
Loccum, 6. Dezember 2006
Auf der bundesweiten ökumenischen Tagung der
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in
Deutschland (ACK) zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung haben sich in der Evangelischen Akademie Loccum vom 4. bis 6. Dezember 2006 insgesamt 150 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer aus Deutschland und Gäste aus Europa
getroffen. Ihr Treffen stand unter der Zusage des
Themas der Dritten Europäischen Ökumenischen
Versammlung: Das Licht Christi scheint auf alle.
Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa.
Die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der
Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE)
haben die Kirchen in Europa aufgerufen, die Dritte
Europäische Ökumenische Versammlung als Pilgerweg zu gestalten. Diesem Aufruf sind in Deutschland alle Kirchen gefolgt, die in der ACK ökumenisch verbunden sind. Grundlage der Dritten
Europäischen Ökumenischen Versammlung ist die
Charta Oecumenica. Ihr haben sich die Kirchen der
ACK verpflichtet.
Dankbar blicken die Versammelten auf den gemeinsamen Weg der Kirchen in Europa zurück:
– von der Aufnahme des in Vancouver (1983) beschlossenen „Konziliaren Prozesses“ für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung,
der in Deutschland auch in der politischen Wende 1989 wirksam wurde und weiter geführt wird,
– über die Erste Europäische Ökumenische Versammlung in Basel (1989),
– hin zum Ruf zur Versöhnung auf der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz
(1997),
– bis zur Charta Oecumenica (2001), die zu wachsender ökumenischer Gemeinschaft an vielen
Orten und europaweit geführt hat.
Die Versammelten in Loccum haben auf Stimmen
aus katholischer, reformatorischer (landeskirchli90
cher und freikirchlicher) und orthodoxer Tradition
gehört, wie sie auch in den Stationen der Europäischen Ökumenischen Versammlung sichtbar werden (Rom, Januar 2006, Wittenberg, Februar 2007,
Sibiu/Hermannstadt September 2007). Aus dem
europäischen Vorbereitungsprozess von KEK und
CCEE berichtete im Namen beider Organisationen
der Generalsekretär der KEK, Colin Williams.
In Andachten unterschiedlicher Traditionen feierten sie Christus, das Licht der Welt. In Vorträgen
fragten sie nach der Bedeutung des Evangeliums
angesichts der Säkularisierung in Europa. In Arbeitsgruppen zu den neun Forenthemen und Diskussionen haben sich Delegierte für die Versammlung in Sibiu/Hermannstadt und Nicht-Delegierte,
Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchenleitungen,
Basisgruppen, ökumenischen Gemeinschaften, Gemeinden und Verbänden auf Themen und Handlungsempfehlungen verständigt.
Sie bitten KEK und CCEE, diese Botschaft bei der
Tagung in Wittenberg (Februar 2007) aufzunehmen. Sie bitten die Delegierten aus Deutschland,
die ihre Kirchen in Sibiu/Hermannstadt vertreten
werden, die Anliegen dieser Botschaft einzubringen. Vor allem bitten sie die Kirchen in Deutschland, Gemeinden, ökumenische Basisgruppen und
Netze, Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen
auf regionaler und lokaler Ebene, diese Botschaft
zu diskutieren, in konkrete Schritte umzusetzen
und mit Partnerinnen und Partnern in anderen europäischen Ländern weiter zu verfolgen.
Das Licht Christi und die Kirche
1. Forum: Dialog, Einheit
Als Kirchen wollen wir Zeichen des Reiches Gottes
in der Welt sein.
Handlungsempfehlung:
Wir bitten Kirchen und Gemeinden, auf die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi hinzuwirken,
indem sie
– den einen Glauben, wie er im Ökumenischen
Glaubensbekenntnis von 381 zum Ausdruck
kommt, in den Kirchen liturgisch beheimaten,
– die gegenseitige Anerkennung der Taufe durch
offizielle Vereinbarungen zwischen den Kirchen
anstreben und bestätigen,
– auf dem Weg zur vollen eucharistischen Gemeinschaft geeignete Zwischenschritte gehen,
– nach Wegen zur Überwindung der unsere Kirchen trennenden Fragen des Amtes und Kirchenverständnisses suchen.
Wir bitten die Mitgliedskirchen von KEK und CCEE
dringend, sich die in der Charta Oecumenica eingegangene Selbstverpflichtung zur sichtbaren Einheit
der Kirche (Leitlinie 1) zu eigen zu machen und umzusetzen. Menschen brauchen eindeutige Zeichen.
Europa und die Welt erwarten eine Stimme von
den Kirchen.
2. Forum: Spiritualität, Gemeinsam Beten
Wir bringen in vielfältigen Formen und gemeinsam
vor Gott, was uns in Europa bewegt.
3. Forum: Gemeinsames Zeugnis, Mission
Die gemeinsame Weitergabe des einen Glaubens
an den Dreieinigen Gott soll Menschen befähigen,
als Christinnen und Christen zu leben, das Evangelium zu bezeugen und sich für Gerechtigkeit,
Frieden und Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.
Handlungsempfehlung:
Wir bitten Kirchen und Gemeinden,
– die Leitlinie 2 der Charta Oecumenica so fortzuschreiben, dass selbstverpflichtende Formulierungen gefunden werden, die Inhalt und Form
der gemeinsamen Mission der Kirchen positiv
beschreiben,
– die Einheit von Glauben und Handeln, von Verkündigung und sozialethischem Engagement öffentlich zu betonen,
– statt gegenseitiger Abgrenzung die Bedeutung
gemeinsamer Mission als glaubwürdiges Bezeugen der Einheit zu unterstreichen.
Das Licht Christi und Europa
Handlungsempfehlung:
Wir bitten Kirchen und Gemeinden,
– neben Lobpreis und Dank gemeinsam vor Gott
zu bringen, was sie an Zerstörungen und Bedrängnissen in Europa und der Welt bewegt,
– verstärkt darauf hinzuwirken, dass die unterschiedlichen Formen geistlichen Lebens und
Gottesdienstes als Kraftquelle des Glaubens
wechselseitig kennen gelernt und wertgeschätzt
werden (Charta Oecumenica, Leitlinie 5),
– sich dafür einzusetzen, dass die traditionsübergreifenden Grundlagen christlichen Betens entdeckt werden und sie auf dieser Basis zu
gemeinsamen Andachtsformen und gottesdienstlichen Feiern finden,
– sich dabei von der Bibel, der Botschaft von Kreuz
und Auferstehung und dem Zeugnis von Jesus
Christus als dem Licht leiten zu lassen.
4. Forum: Beitrag der Kirchen zum Aufbau für
Europa, Zukunft Europas
Die Kirchen sollen aktiv zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Europa beitragen.
Handlungsempfehlung:
Wir bitten Kirchen und Gemeinden,
– als aktive Mitgestalterinnen der Zivilgesellschaft
– in Gemeinschaft mit allen europäischen Kirchen,
– in einer die Unterschiedlichkeiten der Erfahrungen und Kontexte respektierenden Haltung,
– in einem achtsamen Dialog,
ihren Beitrag zu leisten für ein gerechtes und solidarisches Europa (z. B. Intensivierung des Jugendaustausches, Verstärkung des Ost-West
Dialogs, Arbeit an einem gemeinsamen Werteverständnis und einem verbindenden Gedächtnis als Grundlage der Identität Europas),
– wahrzunehmen, dass mit der Wahl des Ortes
für die EÖV3 in der Mitte Europas und am
Rande der EU diese Herausforderung und
Selbstverpflichtung verbunden ist.
5. Forum: Religionen
Religionsfreiheit in einem demokratisch verfassten, säkularen Staat ist für Christinnen und Christen heute eine wesentliche Voraussetzung für das
friedliche Miteinander der Religionen und Kulturen.
Handlungsempfehlung:
Wir bitten Kirchen und Gemeinden,
– das Gespräch mit Menschen anderer Religionen
als Bürgerinnen und Bürger Europas und als
Glaubende zu suchen;
im Sinne der Charta Oecumenica (Leitlinien 10
und 11)
– allen Formen des Antisemitismus und Antijudaismus in Kirche und Gesellschaft entgegenzutreten,
– auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen Geschwistern zu suchen und zu intensivieren und ihn dabei vom „Missionsauftrag an
alle Völker“ zu unterscheiden,
– den Muslimen mit Wertschätzung zu begegnen
und bei gemeinsamen Anliegen mit ihnen zusammenzuarbeiten,
– für das Gespräch mit allen Menschen guten Willens offen zu sein, gemeinsame Anliegen mit ihnen zu verfolgen und ihnen den christlichen
Glauben zu bezeugen,
6. Forum: Versöhnung und Migration
Gelingende Versöhnungs- und Migrationsprozesse
basieren auf gegenseitigem Respekt, leben von
persönlichen Begegnungen und zielen auf die gemeinsame Verständigung über Grundwerte.
Handlungsempfehlung:
Wir bitten Kirchen und Gemeinden, die Charta
Oecumenica Leitlinie 8 „Völker und Kulturen versöhnen“ fortzuschreiben:
– CCEE und KEK dabei zu unterstützen, bestehende Prozesse der Versöhnung fortzuführen und
neue zu initiieren,
– in angstfreie Räume der Begegnung einzuladen,
trennende Erfahrungen und Erinnerungen aufzuarbeiten und in gegenseitiger Lernbereitschaft
ein versöhntes Miteinander zu leben,
– die Verbesserung der Lebensbedingungen in
den Herkunftsländern der Migrantinnen und Migranten durch partnerschaftliche Projekte und
politische Intervention zu unterstützen,
– sich vorurteilsfrei über das Phänomen Migration, seine Ursachen und Auswirkungen zu informieren, sich auf Begegnungen mit Migrantinnen und Migranten einzulassen und für die
Wahrung ihrer Rechte einzutreten (z. B. Raum
für Identitätspflege),
– allen rechtsradikalen Aktivitäten gegen die Migrantinnen und Migranten entgegenzutreten.
Das Licht Christi und die Welt
7. Forum: Frieden
Um das in der Charta Oecumenica benannte Ziel
einer „Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen“ zu erreichen, sehen wir
die Notwendigkeit, das in der europäischen Sicherheitsstrategie verwendete Verständnis von Sicherheit kritisch zu befragen.
Handlungsempfehlung
Wir empfehlen den Kirchen und Gemeinden,
– die ökumenische Reflexion darüber, welches
Verständnis von menschlicher Sicherheit und
Verletzbarkeit aus dem Glauben an Jesus Christus erwächst, zu vertiefen und in die öffentliche
Debatte einzubringen,
– sich bei der Europäischen Kommission für den
Aufbau und die Institutionalisierung eines effektiven Instruments zur Koordinierung ziviler Mittel der Konfliktbearbeitung einzusetzen und
Schritte zur Kernwaffenabrüstung einzuleiten,
– sich für die Stärkung internationaler Institutionen einzusetzen, die dazu beitragen, Krisen vorzubeugen und in Konflikten zu vermitteln,
– der europäischen Sicherheitsstrategie in Bezug
auf Bestrebungen zur Absicherung politischer
Einflussbereiche entgegen zu treten,
– es als ihre Aufgabe anzusehen, einen Beitrag zu
langfristigen Friedensprozessen im Sinne von
Armutsbekämpfung, sozialer Entwicklung und
Bewahrung der Schöpfung zu leisten.
8. Forum: Gerechtigkeit
Wir plädieren für eine Solidarische Ökonomie, die
dem Leben dient.
Handlungsempfehlung:
Wir empfehlen den Kirchen und Gemeinden,
– sich auf verbindliche Ziele für die Verringerung
des CO2-Ausstoßes zu verpflichten; dies bedeutet die Einführung eines kirchlichen Umwelt-Managements;
– in Kooperation mit anderen gesellschaftlichen
Akteuren auf allen Ebenen in einer Klima-Allianz
für eine wirkungsvolle Klimaschutzpolitik einzutreten,
– die Europäische Union darauf zu drängen, eine
Vorreiterrolle im Klimaschutz zu übernehmen,
– wegen ihrer besonderen Risiken die Atomenergie im Zusammenhang mit dem Klimaschutz abzulehnen,
– die Schöpfung liturgisch zu feiern.
Handlungsempfehlung
Wir empfehlen den Kirchen und Gemeinden,
– die Forderung nach einer gerechten Wirtschaftsordnung mit einer dem Konziliaren Prozess entsprechenden Spiritualität zu verbinden
– den Zusammenhang der ökonomischen Entwicklungen in Europa mit der globalisierten Entwicklung zu untersuchen und bekannt zu machen,
– Netzwerke zu unterstützen und zu bilden, die
Steuergerechtigkeit, Transparenz ökonomischer
Beziehungen und die Durchsetzung politischer
Regeln für gerechteres ökonomisches Handeln
fördern,
– sich für die Realisierung der Millenniumsziele
der UN einzusetzen und die eingegangenen Verpflichtungen der Staaten einzufordern,
– den Prozess zur Ausweitung ethischer Geldanlagen voranzutreiben und sich auf diesen Prozess
zu verpflichten.
9. Forum Bewahrung der Schöpfung
Der Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungen für die Menschheit und für das Handeln
der Kirche dar – lokal, global und in den Kirchen
selbst.
91
ANHANG
BOTSCHAFT AUS WITTENBERG FÜR DIE DRITTE
EUROPÄISCHE ÖKUMENISCHE VERSAMMLUNG
Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung
hatte 2 große Stationen: Rom (Januar 2006), Wittenberg (Februar 2007). Am Ende der Versammlung wurde jeweils ein Brief an die Christinnen und
Christen in Europa formuliert. Der römische Brief
ist im 1. Materialheft abgedruckt, hier findet sich
der Wittenberger Brief.
Nachdem wir uns zu dieser gemeinsamen Reise
verpflichtet haben, haben wir uns im Zusammenleben, -arbeiten und -beten um das Vertiefen unseres
gegenseitigen Vertrauens und Verständnisses bemüht. Wir haben auch versucht, eine in dem Evangelium wurzelnde Spiritualität zu fördern. Durch
Gebet und Handeln möchten wir erneut Begeisterung für unsere ökumenische Reise auslösen. Deshalb haben wir uns wieder der Quelle unserer Gemeinschaft und Nächstenliebe zugewandt, dem
einen Gott – Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Ein Brief an die Christen Europas
„Das Licht Christi scheint auf alle. Die Gabe des
Lichtes wahrnehmen, die das Evangelium Christi
Europa heute schenkt“
Liebe Schwestern und Brüder in Christus überall in
Europa, Gnade und Friede sei mit Euch!
Als Vertreter und Vertreterinnen von Kirchen, Bischofskonferenzen, Bewegungen und ökumenischen Organisationen sind wir aus 44 Ländern in
die Lutherstadt Wittenberg in Deutschland gereist,
den Geburtsort der Reformation, die eine wichtige
Rolle in der christlichen Tradition spielt. Vom 15. bis
18. Februar 2007 waren wir im gemeinsamen Gebet und der Reflexion vereint, um den Prozess der
Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung
(EÖV3) fortzusetzen, die im September 2007 in
Hermannstadt/Sibiu, Rumänien, stattfinden wird.
92
Indem wir gleichzeitig in den Kirchen des Ostens
und des Westens die Fastenzeit beginnen, laden
wir Sie alle, liebe Schwestern und Brüder, zu einer
Pilgerreise des Lichts ein. Wir blicken auf das Licht
Christi, das in der Dunkelheit scheint. Dieses Licht
lädt uns dazu ein, unsere dunklen Seiten des Misstrauens, des Argwohns und der Feindschaft zu
erkennen und versöhnt zu werden in der heiligen
Gegenwart des Kreuzes Christi, das unsere Dunkelheit in das Licht der Auferstehung verwandelt. Aus
dieser Erkenntnis heraus laden wir alle Christen
und Kirchen überall in Europa dazu ein, sich uns im
Gebet, in der Reflexion und in Busse anzuschließen, wenn wir uns darum bemühen, das Herz unseres Herrn Jesus Christus, der Gnade und Erneuerung schenkt, zu erkennen und danach zu leben.
Durch unser Thema „Das Licht Christi scheint
auf alle. Die Gabe des Lichtes wahrnehmen, die
das Evangelium Christi Europa heute schenkt“
werden wir zum Handeln angehalten. In Demut
und Gebet ermutigen wir alle Christen und Christinnen dazu, mit uns ihre Herzen für das wahre
Licht Jesu Christi zu öffnen und sich uns anzuschließen und darauf hinzuwirken, dass auf unserem
Kontinent Gerechtigkeit und Frieden herrschen.
Das Licht Christi wird uns alle dazu anregen, mit
unserem Einsatz Zeugnis von den Gaben des Friedens, der Versöhnung und der Einheit in unserer
gespaltenen Welt abzulegen.
Während wir in Lutherstadt Wittenberg tagten,
wurden wir auf die Ergebnisse der verschiedenen
nationalen und regionalen Veranstaltungen in
ganz Europa aufmerksam gemacht, die zur EÖV3 in
Hermannstadt/Sibiu beitragen. Wir haben Gott gedankt für die vielen Zeichen der Gemeinschaft und
des fortgesetzten Eifers so vieler Menschen, die ihrer Berufung zum aufopferungsvollen Zeugnis folgen in den schwierigen Situationen, die es auf unserem Kontinent immer noch gibt. Wir waren
ermutigt durch die ständige Bereitschaft so vieler
Menschen, sich für Freiheit und Menschenwürde
einzusetzen, um Angst und Verzweiflung in unseren Gesellschaften zu überwinden.
Wir bitten Sie, sich unserer Reflexion anzuschließen und in Christus für alle Kirchen und Christen
auf dieser Pilgerreise zu beten. Auf diese Weise
kann die ganze christliche Gemeinschaft jene begleiten, die nach Sibiu reisen werden. Das Licht
Christi kann nicht eingeschränkt oder abgeschwächt werden. Es ist unser gemeinsames Gebet, dass der nach Sibiu führende Prozess ein neuer Ansatzpunkt für die Zusammenarbeit der
Christen in Europa sein möge, während sich das
Licht Christi über ganz Europa mit neuer Stärke in
uns allen ausbreitet.
‚Heilige und vereinige uns mit deinem Heiligen
Geist, damit wir in Dir eins sind, in der Erkenntnis
und Anrufung deines Sohnes!’ (nach einem Gebet
von Phillip Melanchthon)
Wittenberg, den 18.Februar 2007
Dritte Station
der Europäischen Ökumenischen Versammlung
GEMEINDE-/
PFARRBRIEFVORLAGE
ANHANG
Dritte Europäische Ökumenische Versammlung
Aus Kirchen und ökumenischen Gruppen in 44 Ländern Europas sind vor einigen Wochen
Menschen in die Lutherstadt Wittenberg gekommen. Anfang 2006 waren sie in Rom zusammen, dort wurde mit Papst Benedikt XVI. gemeinsam gebetet. In Wittenberg ging es um die
Bedeutung des Protestantismus für die Wurzeln und die Zukunft Europas. In Gebeten, Diskussionen und Beratungen haben sie den Prozess der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV3) fortgesetzt.
In ganz Europa buchstabieren Menschen zur Zeit, was das Motto der EÖV3 für sie bedeutet:
„Das Licht Christi scheint auf alle – Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa.“ So wurde aus Bulgarien von einem Festival der Chöre verschiedener Konfessionen berichtet, in Serbien kamen Menschen aller Konfessionen zusammen, um die Umsetzung der Charta Oecumenica in ihrem Land zu beraten. In Sibiu/Hermannstadt sollen ausgeraubte Kirchenwälder
wieder aufgeforstet und Solarzellen auf Kirchengebäuden installiert werden. Dort, in der ökumenisch geprägten Stadt im orthodoxen Rumänien wird vom 4. bis 9. September 2007 die Abschlussveranstaltung der EÖV3 mit 2.500 Menschen stattfinden.
Es gibt viele Beispiele dafür, wie der Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der
Schöpfung von Basel 1989, der 1. Versammlung, über Graz 1997, der 2. Versammlung, weiter
getragen wird in Ost- und West-, Nord- und Südeuropa.
Europa braucht uns Christinnen und Christen, braucht die frohe Botschaft, die Hoffnung macht
dort, wo das Dunkel, wo Armut, Ungerechtigkeit, Hoffnungslosigkeit ist. Europa braucht unser Engagement für ein Zusammenleben in Solidarität mit den anderen Kontinenten dieser
Erde. Dazu haben sich die Kirchen in der Charta Oecumenica verpflichtet – und jede Gemeinde, die neu nachfragt, was für sie der nächste Schritt sein kann, trägt dazu bei, dass die Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa wächst.
Die insgesamt 2500 Delegierten aus allen Ländern Europas werden in Gebeten und Gottesdiensten, in theologischen und gesellschaftspolitischen Fragen miteinander nach Wegen suchen, das
Licht Christi für alle leuchten zu lassen und ihre Erfahrungen in ihre Gemeinden und Kirchen zurückzubringen.
93
ANHANG
MITGLIEDSKIRCHEN IN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT
CHRISTLICHER KIRCHEN IN DEUTSCHLAND
Mitgliedskirchen in der Arbeitsgemeinschaft
Christlicher Kirchen in Deutschland
(* KEK/CCEE Mitglied;
** KEK-Mitglied europaweit)
1) Äthiopisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland
2) Arbeitsgemeinschaft Anglikanisch-Episkopaler Gemeinden in Deutschland **
3) Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden in Deutschland
4) Armenisch-Apostolische Orthodoxe Kirche in
Deutschland **
5) Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden
in Deutschland (Baptisten) *
6) Die Heilsarmee in Deutschland **
7) Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen
8) Evangelische Brüder Unität – Herrnhuter Brüdergemeine **
9) Evangelische Kirche in Deutschland *
10) Evangelisch-methodistische Kirche *
11) Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in
Deutschland *
12) Koptisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland
13) Orthodoxe Kirche in Deutschland – Verband
der Diözesen **
14) Römisch-katholische Kirche *
15) Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche
16) Syrische Orthodoxe Kirche von Antiochien in
Deutschland
94
Gastmitglieder
1) Apostelamt Jesu Christi
2) Bund Freier evangelischer Gemeinden in
Deutschland
3) Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten
in Deutschland
4) Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer
Gemeinden
Ständige Beobachter
1) Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker)
2) Arbeitsgemeinschaft Ökumenischer Kreise
(AÖK)
3) Evangelisches Missionswerk in Deutschland
Mitglied bei KEK aber nicht in der ACK
1) Lettische Evangelisch-Lutherische Kirche im
Ausland
MATERIALIEN ZUR WEITERARBEIT
Bestelladresse
für die nachfolgenden Materialien:
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
in Deutschland, Ökumenische Centrale,
Ludolfusstraße 2-4,
60487 Frankfurt am Main, Tel. 069-24 70 27-0,
E-Mail: [email protected]
– Flyer zur EÖV3 (Bais-Information)
– Materialheft „Auf dem Weg der
Dritten Europäischen Ökumenischen
Versammlung 2006/2007“
5,00 €
– Materialheft „In deinem Licht sehen
wir das Licht.“ Gottesdienste, Predigten, thematische Vertiefungen
7,00 €
– Kerzen der EÖV3
– 30 cm:
18,00 €
– 20 cm
10,00 €
– 16 cm
8,80 €
– kleine Kerze mit Becher mit Aufdruck 0,60 €
– Charta Oecumenica
(Einführung und Text)
0,70 €
– Arbeitshilfe zur
Charta Oecumenica
5,00 €
– Postkarte und Meditation
zur Christusikone aus Rumänien
– Kloster Sambata de Sus bei Sibiu
0,30 €
– Poster zur
„Ikone der neuen Märtyrer“
3,00 €
– Postkarten der
„Ikone der neuen Märtyrer“
0,50 €
– Power-Point-Präsentation zur
„Ikone der neuen Märtyrer“
2,00 €
Zum Verleihen
– Ausstellung zur 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung (mit Rückblick auf die
1. und 2. Versammlung und die Unterzeichnung
der Charta Oecumenica)
– Große Altarkerze mit Lichtmeditation
Adresse zum Verleih:
Projektstelle der EKD
Pfarrer Michael Riedel-Schneider
Tel.: 0611-2796-129
E-Mail: [email protected]
– Christusikone aus Rumänien
Adresse zum Verleih:
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
in Deutschland
Ökumenische Centrale
Ludolfusstraße 2-4
60487 Frankfurt am Main
Tel.: 069-24 70 27-0
Fax: 069-24 70 27-30
E-Mail: [email protected]
ANHANG
Materialien zur Weiterarbeit
Material zur Respekt-Kampagne
– Jürgen Henkel, Einführung in Geschichte und
kirchliches Leben der Rumänischen Orthodoxen Kirche, Forum Orthodoxe Theologie,
Münster 2007, 19,90 €
Das Wort „Respekt“ steht
in verschiedenen Sprachen, stellvertretend für
verschiedene Kulturen, immer gleichberechtigt nebeneinander. In diesem
Plakat sind (von l.o. nach
r.u.) folgende Sprachen
vertreten:
(Respekt: Deutsch, Dänisch / respekt: Kroatisch, Norwegisch, Polnisch,
Schwedisch, Tschechisch) Griechisch / Kisuaheli /
Arabisch / Russisch / Finnisch / Tamil / Englisch,
Französisch, Niederländisch, Rumänisch / Ungarisch / Chinesisch / Spanisch / Türkisch / Hindi / Italienisch / Hebräisch / Serbisch / Kurdisch)
– Informationen zum G8-Gipfel
– Sie können sich über die Aktion informieren und Referenten einladen
• www.g8minuten.de
• wwww.kircheundg8.de
• beim Evangelischen Entwicklungsdienst:
Jürgen Reichel, Heinz Fuchs und
Werner Gebert
[email protected]
0228 – 8101-2108
• bei „Brot für die Welt“:
Carolin Callenius
[email protected]
0711 – 2159 – 741
– Sie können anfordern
• Andachtsentwurf „8 Minuten für Gerechtigkeit“
• Arbeitsmappe „global und gerecht“
– Ihre Gemeinde kann sich in die
„Liste der 1000 Glocken“ eintragen lassen
• www.g8minuten.de
Anschrift:
Evangelischer Entwicklungsdienst
Ulrich-von-Hassell-Straße 76
53123 Bonn
Das Plakat und die Respekt-Postkarten können kostenlos bestellt werden bei [email protected]
Respekt – Youth For Peace
„Eine andere Welt ist möglich!“ Mit der Jugendkampagne „Respekt!“ – Youth For Peace ruft das
Offene Forum der Dekade zur Überwindung von
Gewalt dazu auf, neue Wege zu gehen, „Respekt!“
zu wagen, „fremde“ Menschen kennen zu lernen
und gemeinsam eine gerechte und gewaltfreie Gesellschaft zu gestalten. Kreativität, Partizipation
und Empowerment ist gefragt, um die Welt zu entdecken, Grenzen zu überwinden und ein „respektables“ Zusammenleben einzuüben.
95
ANHANG
KOLLEKTENABKÜNDIGUNG
FÜRBITTGEBET
Kollektenabkündigung (Langfassung)
menarbeit und zum Zeugnis der versöhnenden
Kraft Christi verpflichten.
Europas Kirchen sind arm und reich, aber aus allen
Ländern sollen Delegierte an der Versammlung teilnehmen. Dazu sind die Menschen auf betende und
finanzielle Unterstützung angewiesen. Für eine
Gottesdienstkollekte ist hier ein Vorschlag für die
Abkündigung.
Viele kleine und große Schritte gehören dazu, um
Menschen aus allen Regionen Europas auf diesem
Weg zusammenzubringen, Versöhnungsschritte,
gegenseitige Unterstützung, gemeinsame Projekte
können helfen, dass Menschen in der erweiterten
Europäischen Union wie in den Ländern, die außen
vor sind, Grenzen überwinden und ein Zeichen des
Friedens und der Versöhnung werden.
Kollektenabkündigung (Kurzfassung)
Fürbitte für die 3. Europäische Ökumenische Versammlung in Sibiu/Hermannstadt
Liebe Gemeinde,
Anglikanische, orthodoxe, evangelische und katholische Christen Europas sind unterwegs zu einer
Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung. „Christus ist das Licht der Zukunft“ – in dieser Gewissheit sollen bis zu einer Versammlung im
Jahre 2007 auf lokaler, regionaler und europäischer Ebene Christen aller Konfessionen ihre Verantwortung für ein versöhntes Europa bedenken.
Vielleicht erinnern sich manche an die großen Europäischen Ökumenischen Versammlungen:
Die erste Europäische Ökumenische Versammlung
für „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der
Schöpfung“ fand direkt vor der Wende im Jahre
1989 in Basel statt.
Der Wille zum Aufbruch der Menschen in den Kirchen war dort eindrücklich spürbar.
Die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung in Graz im Jahre 1997 sah angesichts der Kriege im ehemaligen Jugoslawien das Thema „Versöhnung – Gabe Gottes und Quelle neuen Lebens“
als ihren Auftrag an. Sie traf die Verabredung, die
Charta Oecumenica zu schreiben, in der sich die
Christen Europas zu einer glaubwürdigen Zusam96
Die Konferenz Europäischer Kirchen und der Rat
der Europäischen Bischofskonferenzen brauchen finanzielle Hilfe, um dieses Vorhaben umzusetzen –
dafür erbitten wir Ihre Kollekte.
die Kollekte am Ausgang ist für die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung bestimmt. Vom
4.-9. September versammeln sich in Sibiu/Hermannstadt in Rumänien Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchen aller europäischen Länder, um gemeinsam unter dem Leitwort „Das Licht Christi
scheint auf alle“ nach der Einheit der Kirchen und
ihrer Verantwortung für Europa zu suchen. Damit
die Stimme aller gehört werden kann, ist die Unterstützung von Teilnehmerinnen und Teilnehmern
aus Ost- und Südeuropa nötig. Darum bitten wir
Sie von diesem Gottesdienst der ökumenischen Gemeinschaft aus um eine großzügige Spende.
Gott, Dein Licht scheine auf alle. Mit allen Christinnen und Christen in Europa beten wir für die
3. Europäische Ökumenische Versammlung in
Sibiu. Lass sie zu einer Erfahrung der Einheit in
Dir und der gegenseitigen Ermutigung für das
gemeinsame Zeugnis auf unserem Kontinent
werden. Wir bitten Dich für Erneuerung durch
Deinen Geist der Liebe und Wahrheit und Gerechtigkeit. Lass die Versammlung in Sibiu ein
Ort sein, an dem sich die Kirchen in Europa gegenseitig helfen und befähigen, Friedensstifter
und Brückenbauer sein. Das Licht Deines Evangeliums erleuchte alle und verbreite den Glanz
Deines Reiches und Deiner Gegenwart.
Amen.
WICHTIGE ADRESSEN
– Ökumenische Centrale,
Pfarrer z. A. Norbert Roth,
Ludolfusstraße 2-4,
60487 Frankfurt am Main,
E-Mail: [email protected]
– Evangelische Kirche in Deutschland (EKD),
Projektstelle EÖV3,
Pastor Michael Riedel-Schneider,
Herrenhäuser Straße 12,
30419 Hannover,
E-Mail: [email protected]
– Sekretariat der Deutschen
Bischofskonferenz (DBK),
Dr. Heike Rumbach-Thome,
Bereich Weltkirche und Migration,
Kaiserstraße 161,
53113 Bonn,
E-Mail: [email protected]
ANHANG
– Konferenz Europäischer Kirchen (KEK),
150 route de Ferney,
CH-1211 Genf 2,
E-Mail: [email protected]
– Rat der Europäischen Bischofskonferenzen
(CCEE),
Gallusstraße 24,
CH-9000 St. Gallen
E-Mail: [email protected]
– Ökumenischer Rat der Kirchen,
Dekade zur Überwindung von Gewalt,
150 route de Ferney,
CH-1211 Genf 2,
E-Mail über: www.gewaltueberwinden.org
97
ANHANG
ÖKUMENISCHE VORBEREITUNGSGRUPPE
FÜR DEN SIBIU–PROZESS DER EÖV 3 IN DEUTSCHLAND
1) Assmann, Reinhard
Pastor des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher
Gemeinden (Baptisten), Berlin
2) Basdekis, Dr. Athanasios
Kommission der Orthodoxen Kirche
in Deutschland (KOKiD), Dortmund
3) Beykirch-Angel, Dr. Ursula
Sekretariat der Deutschen
Bischofskonferenz, Bonn
Leiterin des Bereiches Glaube und Bildung
4) Bretschneider-Felzmann, Almut
Vikarin der Föderation Evangelischer Kirchen
in Mitteldeutschland, Gotha
Mitglied des Zentralausschusses der KEK
5) Gazer, Dr. Hacik Rafi
Diakon der Armenisch-Apostolischen
Orthodoxen Kirche in Deutschland, Halle
Professor an der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg
6) Gasper, Hans
Dipl.Theol. Sekretariat der Deutschen
Bischofskonferenz, Bonn
Bereich Glaube und Bildung
7) Heider-Rottwilm, Antje
Oberkirchenrätin im Kirchenamt
der EKD, Hannover
Leiterin der Abteilung „Europa“,
Mitglied im Zentralausschuss der KEK
98
8) Käßmann, Dr. Margot
Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen
Kirche Hannovers, Hannover
Mitglied im Zentralausschuss der KEK
9) Kasparick, Siegfried
Propst der Propstei Kurkreis Wittenberg,
Lutherstadt Wittenberg
10) Kopsch, Cordelia
Oberkirchenrätin, Vertreterin des Kirchenpräsidenten in der Evangelischen Kirche in
Hessen und Nassau, Darmstadt. Mitglied
im Zentralausschuss der KEK
11) Pöner, Ulrich
Sekretariat der Deutschen
Bischofskonferenz, Bonn
Leiter des Bereiches Weltkirche und
Migration
12) Renno, Hans-Martin
Pastor der Evangelisch-Methodistischen
Kirche, Freiburg i.Br.
13) Riedel-Schneider, Michael
Pastor, Projektstelle für die EÖV 3
im Kirchenamt der EKD, Hannover
14) Roth, Norbert
Pfarrer z. A., Spezialvikar,
Ökumenische Centrale,
Frankfurt am Main
15) Rudolph, Barbara
Pfarrerin, Geschäftsführerin der ACK,
Ökumenische Centrale, Frankfurt am Main
16) Rumbach-Thome, Dr. Heike
Sekretariat der Deutschen
Bischofskonferenz, Bonn
Bereich Weltkirche und Migration
17) Schlenzig, Hans-Werner
Geistlicher Rat, Katholisches Bistum der
Alt-Katholiken in Deutschland, Andernach
18) Skriewe, Kathrin
Kirchenrätin in der Föderation Evangelischer
Kirchen in Mitteldeutschland, Weimar
IMPRESSUM
Herausgeber und Bezugsadresse:
Arbeitsgemeinschaft Christlicher
Kirchen in Deutschland
Ökumenische Centrale
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60487 Frankfurt am Main
Tel.: 069 – 24 70 27-0
Fax: 069 – 24 70 27-30
E-Mail: [email protected]
www.oekumene-ack.de
ANHANG
Redaktion
Norbert Roth (V.i.S.d.P.)
Barbara Rudolph
Gisela Sahm
Bildnachweis
Fotos: Herausgeber
© Martin Gommel
@ Chipas Kairos media
www.kairos-media.de
April 2007
Graphisches Konzept
Schlütersche Druck GmbH & Co. KG, Langenhagen
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NOTIZEN
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NOTIZEN
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Komm, Heiliger Geist, Herre Gott,
erfüll mit deiner Gnaden Gut
deiner Gläub’gen Herz, Mut und Sinn,
dein brennend Lieb entzünd in ihn’.
O Herr, durch deines Lichtes Glanz
zum Glauben du versammelt hast
das Volk aus aller Welt Zungen.
Das sei dir, Herr, zu Lob gesungen.
Halleluja, Halleluja.
Ebersberg um 1480