Auf Kosten der Armen? - BUKO Pharma

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Auf Kosten der Armen? - BUKO Pharma
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Nr. 3 | 2012
ISSN 1618-4580
Auf Kosten der Armen?
Untersuchung des Geschäftsverhaltens
von Boehringer Ingelheim, Bayer und
Baxter in Brasilien
Pharma-Kampagne
Inhalt
I Brasilien: Land der Kontraste..................................................................................1-13
1. Das brasilianische Gesundheitssystem.......................................................1-8
2. Der Arzneimittelmarkt in Brasilien............................................................8-10
3. Die untersuchten Firmen............................................................................... 11-13
II Die Studien-Methodik..............................................................................................14-19
III Die Studien-Ergebnisse..........................................................................................20-42
1. Das Arzneimittelsortiment der Firmen.................................................20-28
2. Zugang zu den Arzneimitteln.................................................................... 29-35
3. Zugang zu innovativen Medikamenten...................................................... 36
4. Klinische Studien in Brasilien..................................................................... 36-37
5. Patentpolitik.......................................................................................................37-39
6. Produktwerbung............................................................................................ 40-42
7. Partnerschaften und Spendenprogramme........................................ 43-44
8. Kommunikationsverhalten...............................................................................44
IV Auf den Punkt gebracht – Fazit und Ausblick................................................... 45
V Anhang: Liste der untersuchten Medikamente mit Bewertungen..46-55
Impressum
Herausgeberin: BUKO Pharma-Kampagne/Gesundheit und Dritte Welt e.V..
August-Bebel-Str. 62, 33602 Bielefeld, Deutschland.
Fon +49-(0)521-60550
Telefax +49-(0)521-63789 .
e-mail: [email protected] .
Homepage: www.bukopharma.de
Verleger:
Gesundheit und Dritte Welt e.V..
August-Bebel-Str. 62, 33602 Bielefeld, Deutschland
Studienleitung: Dr. Christiane Fischer
Datenerhebung:Dr. Rogério Hoefler (CFF, Brasilien)
Diese Studie entstand in Kooperation mit dem
Conselho Federal de Farmácia (CFF)
Texte: Dr. Christiane Fischer, Claudia Jenkes
Redaktion: Claudia Jenkes
Titelfotos:
© Dimitri Surkov, Fotolia.com | Baiana, Wikimedia Commons | .
Fábio Rodrigues Pozzebom/ABr, Wikimedia Commons
Design/Layout: Heinrich Dunstheimer
com,ma Werbeberatung GmbH Bielefeld
Druck: AJZ Druck & Verlag GmbH, Bielefeld
Für die mühevolle Arbeit der Arzneimittelbewertung bedanken wir uns bei Albert .
Petersen (Pharmazeut, DIFÄM) und Jana Böhme (Pharmazeutin, VDPP). Für aufwändige Recherchen danken wir Alexander Wächter und Ricarda Hofmeister und Carolin
Bindzus. Ganz besonders gilt unser Dank Isabel Cristina Reinheimer (Pharmaziestudentin, Brasilien), Marta Nascimento Hoefler (Apotheker, Brasilien), Rafael Mota .
Pinheiro (Pharmakologe und Professor an der Universidade de Brasília) und Rebeca
Stela Hoefler Gomes (Pharmaziestudentin, Brasilien), die in Brasilien die Durchführung unserer Studie tatkräftig unterstützt haben.
Mit freundlicher Unterstützung der
Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW
© BUKO Pharma-Kampagne 2012
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Ochsenkarren in einer schmucken Straße von Bahia, Brasilien.
Foto: André Koehne, Wikimedia Commons
I Brasilien: Land der Kontraste
Brasilien ist ein Land voller Kontraste – schon
hinsichtlich der Landschaft und des Klimas seiner fünf Landesteile. Der riesige, bevölkerungsreichste Staat Südamerikas vereint aber auch
krasse soziale und wirtschaftliche Gegensätze.
Während sich fürstlich verdienende Firmenbosse von den Plattformen der Wolkenkratzer São
Paulos per Helikopter zum Mittagessen abholen
lassen, leben knapp 64 Millionen BrasilianerInnen nach wie vor in Armut. 1,2 In 26 Bundesstaaten wohnen über 190 Millionen Menschen. Fast
die Hälfte der Bevölkerung wohnt im Südosten.
Der Norden – überwiegend von Regenwald bedeckt – ist nur dünn besiedelt und gilt als ärmster Landesteil.3
Schon die höchst unterschiedliche Säuglingssterblichkeit der einzelnen Regionen ist ein Indiz
für die großen Versorgungsunterschiede: Sterben im Süden des Landes etwa 13 Säuglinge pro
1.000 Lebendge­burten, erleben im Norden etwa
23 Babys nicht ihren ersten Geburtstag.4
Auf Kosten der Armen?
Gut ein Viertel der brasilianischen Bevölkerung sind Kinder
Foto: Adam Jones, Wikimedia Commons
1
1. Das brasilianische Gesundheitssystem
Gesundheit in Zahlen5
Einwohnerzahl
2011
196.655.014
Davon unter 15 Jahre
2011
25%
Anteil der in Städten lebenden Bevölkerung
2010
86,5%
Lebenserwartung bei Geburt
2009
Männer
70 Jahre
Frauen
77 Jahre
Müttersterblichkeit pro 100.000 Lebendgeburten
2010
56
Sterblichkeit von Kleinkindern (unter 5 Jahren) pro 1.000 Lebendgeburten
2010
19,4
Alphabetisierungsrate der erwachsenen Bevölkerung
2008
90,0 %
Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu verbesserter Trinkwasserversorgung
2010
98,0%
Quellen: WHO und Weltbank
Seit 1988 ist Gesundheit als Grundrecht in der
brasilianischen Verfassung verankert. Auf dieser juristischen Grundlage begann 1990 der
Aufbau des brasilianischen Gesundheitssystems SUS (Sistema Unico de Saude).5 Es gewährt allen BürgerInnen uneingeschränkten
Zugang zu kostenloser, medizinischer Versorgung. Dahinter steht der Grundgedanke der sozialen Gleichberechtigung. SUS soll alle Bevöl-
kerungsschichten gleichermaßen bedienen und
wird deshalb über Steuern und nicht über Beiträge finanziert. Denn ein Großteil der Bevölkerung Brasiliens arbeitet in informellen Arbeitsverhältnissen. Diese ArbeitnehmerInnen hätten
kein Anrecht auf eine gesundheitliche Versorgung über lohngekoppelte Versicherungsbeiträge und wären damit aus der öffentlichen Gesundheitsversorgung ausgeschlossen. 6
Dezentral und bürgernah
Brasilianerinnen beim Plausch. In ihre Gesundheit investiert der Staat jährlich pro Kopf rund 1.000 US Dollar. In
Deutschland ist dieser Betrag fast fünfmal so hoch.
Foto: Adam Jones, Wikimedia Commons
2
Neben einem universellen Zugang und gerechter Teilhabe beruht das brasilianische Gesundheitssystem auch auf Dezentralisierung und
Partizipation der Bevölkerung. Gemeinden und
Bundesländer sind an der Verwaltung und Gestaltung des Gesundheitswesens beteiligt, aber
auch die Bevölkerung wird in Entscheidungsprozesse im Gesundheitswesen eingebunden. Beispielsweise gibt es auf verschiedenen Ebenen
Gesundheitsräte, in denen sich BürgerInnen zu
Gesundheitsthemen einbringen können. SUS
zielt außerdem auf eine integrale Versorgung
mit einem umfassenden Leistungskatalog, der
Maßnahmen der Gesundheitsförderung, Prävention und Krankenbehandlung ebenso umfasst wie Reha-Möglichkeiten.7
Dieses Gesundheitssystem hat einerseits beachtliche Erfolge im Kampf gegen Infektionskrankheiten und insbesondere auch gegen HIV/
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Gesundheitsposten sind erste Anlauf­stellen für PatientInnen. Foto: Paulo RS Menezes, Wikimedia Commons
Aids vorzuweisen. Andererseits weist es auch
Schwächen auf. So ist SUS deutlich unterfinanziert. Primär beruht die Finanzierung auf Sozialbeiträgen von Betrieben, die auf ihre Gewinne
und Erlöse Steuern abführen müssen. Zudem
werden auf Finanztransaktionen Steuern erhoben, die das Gesundheitssystem mitfinanzieren.8 Im Jahr 2006 erhielt der Gesundheitssektor
aber lediglich 40% der Einnahmen durch diese
Steuerabgaben. Der überwiegende Anteil der
Einnahmen wurde zur Begleichung öffentlicher
Schulden verwendet.9
Der Bund verteilt die zur Verfügung stehenden
Gelder je nach Einwohnerzahl auf die Länder.10
Diese Kopfpauschale ist nicht unproblematisch,
denn sie berücksichtigt weder das potenziell
unterschiedliche Krankheitsrisiko in einzelnen
Regionen, noch unterschiedliche demographische oder soziale Bedingungen in den einzelnen
Bundesstaaten.
Insgesamt werden in Brasilien jährlich rund 990
US Dollar pro BürgerIn für medizinische Versorgung aufgewendet, in Deutschland fast fünfmal so viel, nämlich 4.668 Dollar pro Kopf und
Auf Kosten der Armen?
Jahr. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am
Bruttoinlandsprodukt liegt bei 9% in Brasilien
und 12% in Deutschland.11
Medizinische Grundversorgung
Ein Eckpfeiler der Grundversorgung durch die
SUS ist das Familiengesundheitsprogramm
(Programa de Saúde da Família, PSF). Im Rahmen
dieses Programms wird die Bevölkerung auf
kommunaler Ebene von sogenannten Gesundheitsteams medizinisch versorgt. Die Teams
bestehen jeweils aus einer/m Arzt/in, einer/m
Krankenpfleger/in, einer/m Hilfskrankenpfleger/in, sowie 4-6 Gesundheits-SozialarbeiterInnen. 2010 waren über 33.000 solcher Teams in
Brasilien im Einsatz und versorgten über 98 Millionen Menschen.12
Die Gesundheitsteams sind erste Anlaufstelle
für PatientInnen und organisieren bei Bedarf
die weitere Behandlung durch SpezialistInnen.
Die MitarbeiterInnen arbeiten in lokalen Gesundheitszentren oder besuchen die Familien zu
Hause. Sie klären über präventive Maßnahmen
3
auf, wiegen die Kinder, kontrollieren Schutzimpfungen, begleiten Schwangere, DiabetikerInnen
und andere kranke Personen. Durch die Arbeit
der Gesundheitsteams verringerte sich u.a. die
Säuglingssterblichkeit in Brasilien, weil sich die
Todesfälle bei Durchfall und Atemwegsinfektionen infolge besserer Beratung reduziert haben.13
Arzneimittelversorgung
Es gibt in Brasilien ca. 15.000 öffentliche Volksapotheken (Farmácias Popular do Brasil und
Aqui tem Farmácia Popular) und ca. 57.000 private Apotheken. Während die Farmácias Popular komplett staatlich sind, sind im Programm
Aqui tem Farmácia Popular auch private Apotheken als Volksapotheken registriert. Der SUS
kauft die Medikamente ein und stellt sie der Bevölkerung in den zwei Programmen zur Verfügung. Allerdings führen die Farmácias Popular
in der Regel nur ein kleines Sortiment von rund
100 häufig benötigten Arzneimitteln, darunter
Mittel gegen Bluthochdruck, Diabetes oder zur
Schwangerschaftsverhütung.
Das Gesundheitsministerium hat außerdem
eine Positivliste von 95 Wirkstoffen erstellt, die
im staatlichen Gesundheitssystem verordnet
werden dürfen. In den Volksapotheken sind
diese Arzneimittel bis zu 90 Prozent günstiger
(Aqui tem Farmácia Popular) als in anderen Apotheken oder sogar kostenlos (Farmácias Popular
VIP-Raum in einem privaten Krankenhaus in São Paulo.
Foto:Hosppaulistano, Wikimedia Commons
4
do Brasil). Zuzahlungen liegen – wenn sie überhaupt anfallen – nie über drei E. Unentbehrliche
Arzneimittel sollen laut brasilianischer Verfassung allen BürgerInnen jederzeit zur Verfügung
stehen.
Doch die Realität sieht oft anders aus: Im Schnitt
sind 40% der Medikamente, die im öffentlichen
Gesundheitssystem SUS eigentlich kostenlos zur
Verfügung stehen sollten, dort nicht erhältlich
und müssen in privaten Apotheken eingekauft
werden.14 Erschwerend kommt hinzu, dass auch
viele private Versicherungen keine Arzneimittelkosten übernehmen.15 Den Löwenanteil der
Kosten für Medikamente zahlen BrasilianerInnen somit aus eigener Tasche.
Situation der ÄrztInnen
Fast die Hälfte der brasilianischen ÄrztInnen hat
einen Zweitjob, denn insbesondere im öffentlichen Sektor sind die Löhne niedrig. Teilweise
arbeiten MedizinerInnen darum gleichzeitig im
öffentlichen und privaten Sektor, um ihr Einkommen abzusichern. Während fast die Hälfte
der ÄrztInnen ihr Geld nur aus dem privaten
Sektor bezieht, erhalten lediglich 30% ihr Gehalt
ausschließlich aus öffentlicher Quelle. 16
ÄrztInnen, die über einen Zweitjob verfügen,
verdienen deutlich mehr: Rund 4.600 R$ pro
Monat (umgerechnet 1.765 E). Brasilianische
MedizinerInnen mit nur einem Job verdienen
Arm und Reich liegen in Brasilien oft nah beieinander. An
die Favela do Moinho im Zentrum von São Paulo grenzen
moderne Hochhausbauten.
Foto: Milton Jung, Wikimedia Commons
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hingegen maximal 2.700 R$ (1.036 E). Wer ausschließlich privat bezahlt wird, bringt es monatlich sogar auf rund 4.935 R$ (1.893 E). Vor diesem
Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass im
öffentlichen Sektor ein Ärztemangel besteht,
der zu langen Wartezeiten führt.
Sekundärversorgung fest in privater Hand
Die Sekundärversorgung im SUS umfasst alle
Krankenhausleistungen sowie die Behandlung
durch FachärztInnen. Allerdings liegt die stationäre Versorgung in Brasilien fest in der Hand
privater Anbieter. Rund 70 Prozent der Kliniken
sind staatlich . Die SUS ist also auf Verträge mit
privaten Dienstleistern angewiesen, um die
stationäre, therapeutische und diagnostische
Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.
Knapp 40% der privaten Betten stehen damit
auch für das öffentliche Gesundheitssystem zur
Verfügung.17 Je nach Bundesland ist die Zahl der
öffentlich genutzten Klinikbetten aber sehr unterschiedlich. Während im nördlichen Amazonas 1,6 Betten pro 1.000 Menschen vorhanden
sind, verzeichnet das südlichere Rio de Janeiro
mehr als doppelt so viele Betten.18
Das weitgehend private Klinikwesen Brasiliens
hat seinen Preis: Fast die Hälfte der Gesundheitsausgaben, die in Brasilien jährlich vom
Staat, von privaten Versicherungen oder Direktzahlern getätigt werden, fließen in private
Häuser.19 Denn nicht nur hinsichtlich der KranKabel-Wirrwarr in einer Favela. Der verbesserte Zugang zu
sauberem Wasser und Strom hat Infektionskrankheiten in
Brasilien stark zurückgedrängt.
Foto: Alicia Nijdam, Wikimedia Commons
Auf Kosten der Armen?
kenhausbetten, sondern auch in Bezug auf Diagnosemöglichkeiten ist die SUS abhängig vom
privaten Sektor. Nur ein relativ kleiner Anteil der
teuren Geräte für CTs und MRTs ist beispielsweise öffentliches Eigentum.20
Ungleichheiten im Gesundheitssystem
Mängel der Sekundärversorgung im SUS sind
lange Wartezeiten und zum Teil eine schlechte
Behandlungsqualität.21 Eine andere Schwäche
des öffentlichen Gesundheitssystems ist der
Mangel an ÄrztInnen und die prekäre Ausstattung der Gesundheitseinrichtungen.
Ein wachsender Teil der wohlhabenderen brasilianischen Bevölkerung schließt deshalb zusätzlich zur öffentlichen Versorgung eine private
Krankenversicherung ab. 2008 besaßen immerhin 26% der BrasilianerInnen eine private Versicherung.22 Die Gesundheitsversorgung wird
dadurch zunehmend privatisiert – gefördert
vom Staat: Wer eine private Krankenversicherung abschließt, kann nämlich Steuervorteile
geltend machen.23 Ungleichheiten im Zugang
zur Gesundheitsversorgung werden dadurch
verstärkt. PrivatpatientInnen haben z.B. besseren Zugang zu Präventions-Angeboten, erhalten
mehr Impfungen und komplexere Behandlungen. Außerdem nutzen sie häufiger Angebote
zur Gesundheitsvorsorge24 und werden im Krankenhaus in besser ausgestatteten Abteilungen
untergebracht.
Röteln Impfung in einer öffentlichen Einrichtung in
Brasilien.
Foto: Sandra Rugio, Wikimedia Commons
5
Auch die regionalen Unterschiede in der öffentlichen Versorgung sind gravierend. So ist
die medizinische Infrastruktur im Norden und
Nordosten schwächer, der Anteil untergewichtiger Kleinkinder ist dort besonders hoch und
auch die Lebenserwartung ist um einige Jahre
niedriger als im Rest des Landes. Im Gegensatz
zum Süden und Südosten existieren weniger
Krankenhausbetten und ÄrztInnen pro 1.000
EinwohnerInnen. Es mag daher nicht verwundern, dass private Versicherungen häufiger im
Süden abgeschlossen werden.25
Dengue-Kontrolle in Brasilien: Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes setzen in einem künstlichen Gewässer GuppyFische aus, die Mückenlarven fressen und so die Verbreitung des Erregers vermindern sollen.
Foto: Fábio Rodrigues Pozzebom/AB (Agência Brasil)
Wikimedia Commons
Erfolgreich bekämpft:
Infektionskrankheiten
Mit Erfolg wurden Infektionskrankheiten in Brasilien zurückgedrängt. Nur noch knapp 5% aller
Todesfälle gehen auf Infektionen zurück. Insbesondere Fälle von Tuberkulose, Kinderlähmung,
Masern, Mumps und Diphterie wurden deutlich reduziert. Grund dafür ist der verbesserte
Zugang zu sauberem Wasser und Strom sowie
die Einführung kostenloser, staatlicher Impfprogramme. 2002 wurden rund 70% der Impfstoffe
von staatlichen Produzenten (Butantan Institute und BioManguinhos) hergestellt. Die Kosten
sanken dadurch erheblich.26
6
HIV / AIDS und Tuberkulose
Rund 600.000 Menschen sind in Brasilien HIVpositiv.27 Seit fünf Jahren ist die Zahl der Neuerkrankungen jedoch stabil, die Sterblichkeit
durch AIDS sank um 40% und die Lebenserwartung der Erkrankten verlängerte sich deutlich.28
Solche positiven Veränderungen sind vor allem
auf die Einführung eines staatlichen Gesundheitsprogramms mit kostenloser antiretroviraler Therapie zurückzuführen.29 Das sorgfältig
strukturierte Behandlungsprogramm bietet ein
umfassendes Portfolio von Medikamenten, die
überwiegend lokal und kostengünstig produziert werden. Präventions-Kampagnen thematisierten zudem die Relevanz von „Safer Sex“ und
eines frühen Behandlungsbeginns. Handlungsbedarf besteht jedoch weiterhin in kleineren
Kommunen. Dort reichen die Ressourcen zur
Diagnose und Behandlung häufig nicht aus.30
Mit Einführung der kostenlosen HIV-Therapie
sank auch die Zahl der Tuberkulose-Neuerkrankungen. Denn TB ist eine häufige Begleiterkrankung bei AIDS-PatientInnen. Sämtliche Tuberkulose-Behandlungen werden in Brasilien in einer
Datenbank dokumentiert, um den adäquaten
Einsatz von Antibiotika zu kontrollieren. Insgesamt 63% der PatientInnen durchliefen die
mehrmonatige Therapie vollständig, 8% brachen die Behandlung vorzeitig ab. Solche Therapieabbrüche leisten Antibiotika-Resistenzen
massiv Vorschub.31
Weiterhin problematisch:
Dengue-Fieber, Leishmaniose, Malaria
Ein großes Gesundheitsproblem ist auch das
Dengue Fieber, eine Virusinfektion die durch
Stechmücken übertragen wird. Obwohl die brasilianische Regierung viel Geld für die Bekämpfung der Krankheit ausgibt, steigt die Zahl der
Infektionen seit 1986 an.32 Eine wirksame Therapie oder ein Impfstoff existieren nicht.
Die viszerale Leishmaniose ist eine weitere weit
verbreitete Infektionskrankheit. Fast 70% aller
Leishmaniose-Fälle in Südamerika treten in Brasilien auf und die Neuerkrankungen nehmen
dort seit den 80er Jahren zu. Der gefährliche
Erreger wird durch Sandmücken auf den Men-
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schen übertragen. Sämtliche Strategien und
Technologien zur Beseitigung der Sandmücken
zeigen bisher kaum einen Effekt. Außerdem ist
die Behandlung der Krankheit teuer und aufwändig.
Die Malaria konnte seit den 50er Jahren zwar
stark zurückgedrängt werden, doch die rund
300.000 Neuerkrankungen jährlich sind eine
große Herausforderung für das brasilianische
Gesundheitssystem. 99% der Malaria Fälle werden in der Amazonas-Region gemeldet, denn
dort ist die Anopheles-Mücke weit verbreitet, die
den Malaria-Erreger auf den Menschen überträgt.33
Neue Herausforderung:
Nicht übertragbare Krankheiten
Auch nicht-übertragbare Krankheiten wie HerzKreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Diabetes
sind in Brasilien ein wachsendes Gesundheitsproblem. 2007 waren in Brasilien 72% aller Todesfälle durch diese sogenannten Zivilisationskrankheiten verursacht. Herzerkrankungen
stehen dabei an der Spitze und verursachen
hohe Kosten durch teure medikamentöse Therapien und Behandlungen. 2006 gab es 1,5 Millionen Krankenhauseinweisungen aufgrund
von Herzerkrankungen. Über vier Millionen
Menschen mit Diabetes und Bluthochdruck
sind im nationalen Behandlungsprogramm Hi-
Ein harmloser Mückenstich kann schlimme Folgen
haben. Malaria wird vom Weibchen der AnophelesStech­mücke übertragen. Foto: Fotolia
perdia registriert.34 Die Erkrankungs- und Sterblichkeitsrate ist vor allem in ärmeren Bevölkerungsschichten hoch.
Ursache für den Anstieg sogenannter Zivilisationskrankheiten sind demographische, soziale,
aber auch ökonomische Veränderungen. Gut die
Hälfte der BrasilianerInnen sind inzwischen laut
WHO übergewichtig, 18,8% sogar fettleibig.35
Dadurch treten auch Diabetes und Bluthochdruck häufiger auf. 2010 starben in Brasilien
rund 45.000 Menschen an Diabetes. Rio de Janeiro hat mit gut sechs Prozent eine der höchsten
Diabetes-Raten des Landes.
Der brasilianische Staat hat inzwischen ei-
TOTAL
Região
Norte
Região
Nordeste
Região
Sudeste
Região
Sul
Região
CentroOeste
191.481.045
15.359.645
53.591.299
80.915.637
27.718.997
13.895.467
Lebenserwartung
73,3
72,1
70,5
74,7
75,3
74,2
AnalphabetInnen in %
9,70
10,57
18,69
5,68
5,46
7,99
631,39
439,45
395,56
758,98
778,29
755,14
20,5
27,4
25,2
16,4
14,8
19,8
17,6
23,1
21,7
14,2
12,7
17,0
2711
407
739
513
5
1047
1,9
3,3
2,0
1,4
1,9
1,6
2,26
1,84
2,02
2,35
2,65
2,32
1,84
1,00
1,12
2,37
2,10
1,96
Bevölkerung
Einkommen pro Kopf R$
Kindersterblichkeit,
< 5 Jahre in %
Säuglingssterblichkeit/1000
Lebendgeburten
Dengue-Fieber (Fälle)
Untergewichtete Kinder <5 Jahre /100
Kinder (2006)
Krankenhausbetten/pro 1000
EinwohnerInnen
Medizinisches Personal/1000
EinwohnerInnen
Quelle: http://tabnet.datasus.gov.br/cgi/idb2010/matriz.htm [Ministério da Saúde] 2010
Auf Kosten der Armen?
7
Drogaria in Rio de Janeiro; Foto: Eduardo P, Wikimedia Commons
nen umfassenden Aktionsplan zur Prävention
aufgelegt. 2006 wurden auf allen Ebenen des
Bundes Programme zur Gesundheitsaufklärung, zum Krankheits-Monitoring sowie zur
gesunden Ernährung geschaffen. Kostenlose
Sportkurse sollen die allgemeine Fitness der
Bevölkerung verbessern.36 Seit 2009 ist gesetzlich vorgeschrieben, dass frische Lebensmittel
mindestens 30% des Essens-Budgets in Schulkantinen ausmachen müssen. Werbung für
Tabak-Produkte ist seit 2000 verboten und ein
weitreichendes nationales Programm zur Prävention des Alkohol-Missbrauches wurde 2007
gestartet.37
Nicht übertragbare Krankheiten stellen die SUS
schon jetzt vor große finanzielle Herausforderungen. Denn deren Behandlung ist teuer und
wird vom Staat bezahlt.
2. Der Arzneimittelmarkt in Brasilien
Brasilien ist weltweit nach den USA, Deutschland und Frankreich der viertgrößte Markt für
8
Arzneimittel. Die Wachstumsrate ist seit 2005
deutlich zweistellig, 2011 waren es sogar 19 Prozent.38 2,3 Milliarden Arzneimittelpackungen im
Wert von 26 Milliarden US-Dollar wurden verkauft. Das macht Brasilien zu einem interessanten Markt für internationale Pharmafirmen.39
Viele Apotheken, schlechte Kontrolle
Mit über 60.000 Drogarias ist Brasilien das Land
mit den meisten Apotheken der Welt. Eine Apotheke versorgt dort rund 3.000 EinwohnerInnen,
in Deutschland sind es etwa 3.800.40 Doch die
Überwachung des Handels mit Arzneimitteln
ist mangelhaft, gravierende Lücken zeigt vor allem die Kontrolle der privaten Drogarias. Zwar
ist eindeutig festgelegt, welche Arzneimittel
freiverkäuflich sind und für welche ein Rezept
nötig ist, doch diese Vorschriften werden häufig nicht beachtet. So können VerbraucherInnen
selbst Antibiotika, Mittel gegen Bluthochdruck
oder Diabetes ohne Verschreibung einkaufen.
Außerdem ist in den privaten Drogarias häufig
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
keinE ApothekerIn anwesend, obwohl auch dies
gesetzlich vorgeschrieben ist.41
Zuständig für die Überwachung des brasilianischen Arzneimittelmarktes ist ANVISA42, die Nationale Behörde für Gesundheitsüberwachung
(Agência Nacional de Vigilância Sanitária). Sie
existiert seit 1999 und ist über einen Managementvertrag an das brasilianische Gesundheitsministerium (Ministério da Saúde) angebunden,
ist aber administrativ und finanziell unabhängig.43 Die Regulierungsbehörde ist zuständig für
die Kontrolle aller Wirtschaftssektoren, Produkte und Dienstleistungen, die Auswirkungen auf
die Gesundheit der Bevölkerung haben können.
Dazu zählt unter anderem die Überwachung der
Produktion, des Marketings und Vertriebs von
Arzneimitteln sowie von Arzneimittelpreisen.
ANVISA ist außerdem für die Zulassung von Arzneimitteln zuständig, koordiniert verschiedene
nationale Programme (etwa das Programm zu
Blut- und Blutprodukten) und prüft Patentanträge. Interessanter Weise benötigt das Brasilianisches Institut für gewerbliches Eigentum
(INPI) laut Gesetz die Zustimmung von ANVISA,
wenn es pharmazeutische Produkte patentieren
will.44,45 Die Behörde verfügt über rund 5.600 regionale Büros auf Ebene der Bundesstaaten und
Gemeinden. Zum MitarbeiterInnenstab in der
Hauptverwaltung gehören rund 2.100 Beschäftigte, davon sind etwa 130 ExpertInnen im Arzneimittelbereich.46 SpezialistInnen sind knapp,
aber eine noch größere Herausforderung für die
brasilianische Gesundheitsüberwachung sind
vorherrschende Interessenkonflikte. So sind in
manchen Gemeinden leitende Angestellte des
öffentlichen Gesundheitswesens zugleich Besitzer privater Kliniken oder Apotheken.
Patentrecht mit Schutzklauseln
Im Mai 1997 führte Brasilien eine Patentgesetzgebung ein, die internationale Mindeststandards zum Schutz geistigen Eigentums
berücksichtigt. Solche Standards schreibt das
TRIPS-Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums (Agreement on Trade Related Issues of
Intellectual Property Rights) der Welthandelsorganisation (WTO) vor. Brasilien muss seither
Auf Kosten der Armen?
echte Innovationen patentieren und darf patentgeschützte Medikamente nicht mehr günstig kopieren und lokal produzieren. Bestimmte Schutzklauseln sollen aber den Zugang der
Armen zu diesen Medikamenten weiterhin
gewährleisten. In den Artikeln 68 bis 74 des
brasilianischen Patentrechts47 sind z.B. Zwangslizenzen vorgesehen, wenn Firmen ihre wirtschaftliche Macht missbrauchen oder wenn
ein nationaler Gesundheitsnotstand besteht.48
Unter einer Zwangslizenz kann ein patentiertes Arzneimittel günstig generisch produziert
werden. Der Patentinhaber erhält zwar eine Lizenzgebühr, kann seinen Patentanspruch aber
nicht durchsetzen. Ende der 90er Jahre hatte
Brasiliens Regierung mehrfach internationalen
Firmen mit Zwangslizenzen gedroht und dann
in Verhandlungen große Preisnachlässe erwirkt.
Doch das Schwert wurde mit der Zeit stumpf,
die Preisnachlässe lagen zuletzt nur noch im unteren einstelligen Bereich. 2007 machte Brasilien ernst und vergab erstmals eine Zwangslizenz
auf das Aids-Medikament Efavirenz – der Preis
fiel daraufhin um knapp die Hälfte.
Patentierbarkeit eingeschränkt
Artikel 8 des brasilianischen Patentrechts gesteht einem Produkt nur dann ein Patent zu,
wenn es neu und industriell herstellbar ist und
einen innovativen Schritt enthält.49 Diese Formulierung – die übrigens auch TRIPS vorgibt
– lässt viel Spielraum für Interpretation und
führte immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Daher gab es seit 2006 verschiedene Gesetzesinitiativen, um die Patentierbarkeit weiter einzuschränken.50 Als Vorlage diente
dabei Section 3(d) des indischen Patentrechts.
Dort sind „Entdeckungen einer neuen Form einer bekannten Substanz“ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, wenn kein therapeutischer
Fortschritt („enhancement of the known efficacy“) nachgewiesen werden kann.51 Die Folge
sind weniger Patente, eine stärkere Generikakonkurrenz und damit in der Regel günstigere
Preise.52
Brasilianische BürgerInnen können außerdem
sowohl vor der Patenterteilung als auch danach
Widerspruch einlegen.53 Im Falle von Lopinavir/
9
Beliebter Forschungsmarkt
Brasilien ist für die Pharmaunternehmen nicht
nur als Absatzmarkt interessant, sondern auch
als boomender Forschungsmarkt. 2011 wurden dort gut 139 Millionen US Dollar in die Forschung investiert.57 Dabei handelt es sich laut
Angabe von Interfarma, dem brasilianischen
Pharmaindustrieverband, vor allem um Studien
zu Krebs, Herzkreislauf-Erkrankungen, Diabetes
oder Alzheimer.58 Grund für die zahlreichen Forschungsprojekte ist eine gute Infrastruktur an
medizinischen Forschungsstätten und gut qualifiziertem Personal bei vergleichsweise niedrigen Kosten. Entscheidend sind außerdem die
große und schnell wachsende Bevölkerung, kurze Genehmigungszeiten sowie ein hoher Anteil
an PatientInnen mit Zivilisationskrankheiten.
HIV-positive Prostituierte in Rio de Janeiro. Sie profitiert
von Aids-Therapien, die Brasilien unter Zwangslizenz produziert und im staatlichen Gesundheitssystem kostenlos
zur Verfügung stellt.
Foto: By Daniel Seiffert, Wikimedia Commonse
Ritonavir, eines wichtigen Aids-Medikaments
der zweiten Therapielinie war der Widerstand
zivilgesellschaftlicher Gruppen besonders erfolgreich.54 Das Patent wurde 2012 für ungültig
erklärt55 – eine weitreichende Entscheidung,
denn das Medikament der Firma Abbott verschlang bis dahin 30% des Gesundheitsetats
für HIV/Aids und Geschlechtskrankheiten. Zuvor
hatte Brasilien bereits das Patent auf Tenofovir
für ungültig erklärt, und das Aidsmittel als nicht
innovativ genug eingestuft, um sich für ein Patent zu qualifizieren.56
10
Nationale Ethikkomitees überwachen die
Durchführung klinischer Studien. Die nationale Gesundheitsbehörde ANVISA legt dafür die
Bewertungskriterien fest. Unter anderem muss
die Firma nachweisen, dass die klinische Studie
auf der International Clinical Trials Registration
Platform, der Plattform der World Health Organization (ICTRP / WHO) oder bei der International Commit of Medical Journals Editors (ICMJE)
registriert wurde.59 Nach der Resolution 196/96
des nationalen Gesundheitsrates muss jede klinische Studie von dem lokalen (CEP) und nationalen (CONEP) Ethikkomitee genehmigt werden
und dem Komitee für Ethik und Forschung (CER)
des nationalen Gesundheitsrates von Brasilien
vorgelegt werden.60 Seit dem 15.1.2012 muss jede
neue Studie auch bei CEP/CONEP „Plataforma
Brasil“ registriert werden.61
Zusätzlich können Firmen ihre Studien freiwillig beim Brasilianischen Register für klinische
Studien (ReBEC) melden.62 Tatsächlich sind dort
aber nur wenige Studien registriert.
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
3. Die untersuchten Firmen
Boehringer Ingelheim
„Werte schaffen durch Innovationen“ lautet
der Leitspruch der Firma Boehringer Ingelheim. Das deutsche Familienunternehmen
erforscht und produziert Arzneimittel und
ist weltweit an 20 Standorten in 13 Ländern
präsent. Der Schwerpunkt des Unternehmens liegt auf Atemwegs- und Herz-KreislaufErkrankungen, Onkologie, neurologischen
Beschwerden, Immunologie und Infektionskrankheiten.63
2011 erzielte Boehringer Ingelheim einen Umsatzerlös von 13 Milliarden E. Knapp die Hälfte davon wurde in Nord- und Südamerika
erwirtschaftet. Im selben Jahr investierte die
Firma nach eigenen Angaben 2,5 Milliarden E
in die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente. 64
In Brasilien ist Boehringer Ingelheim seit über
55 Jahren präsent. In der brasilianischen Tochterfirma in Itapecerica da Serra, unweit von
São Paulo arbeiten 350 MitarbeiterInnen. Jährlich werden dort rund 84 Millionen Packungseinheiten produziert.65
2011 erwirtschaftete das Unternehmen in
Brasilien einen Umsatz von 557 Millionen.
US-$. Die meist verkauften Produkte Boehringer Ingelheims sind dort die Schmerzmittel
Anador® und Buscopan® Composto.
Baxter
Baxter International Inc. entwickelt, produziert und vermarktet biotechnologisch hergestellte und aus Blutplasma gewonnene
Arzneimittel und Impfstoffe. Im Sortiment
der Firma finden sich insbesondere Medikamente zur Behandlung von Blutgerinnungsstörungen (Hämophilie), Immundefekten,
Infektionskrankheiten, Krebs und Nierenerkrankungen. Die Firma ist weltweit der größte
Hersteller von Infusionslösungen und Systemen zur intravenösen Verabreichung.
Produkte zur künstlichen Ernährung und Infusionssysteme wurden in dieser Studie jedoch
Auf Kosten der Armen?
nicht berücksichtigt. Baxter produziert in 27
Ländern und beschäftigt weltweit ca. 48.500
MitarbeiterInnen.66
2011 erwirtschaftete Baxter einen Jahresumsatz von 13,9 Milliarden US-Dollar. 946 Millionen US-Dollar wurden nach eigenen Angaben
in Forschung und Entwicklung investiert.67
1977 eröffnete Baxter seine erste Fabrik in São
Paulo, Brasilien. Inzwischen beschäftigt die
Firma dort über 1.000 MitarbeiterInnen. Der
Jahresumsatz in Lateinamerika lag im Jahr
2009 bei rund einer Milliarde Dollar.68 Umsatzstärkstes Baxter-Produkt ist Advate®, ein
Blutersatzstoff zur Behandlung der Hämophilie, den die Firma auch in Brasilien anbietet.
Bayer HealthCare
Science for a better Life – Forschung für ein
besseres Leben – lautet der Leitspruch der Bayer AG mit Hauptsitz in Leverkusen. Mit ihrer
Unternehmensgruppe Bayer HealthCare zählt
sie zu den Großen im Pharmageschäft (Rang
10). 2011 machte diese Unternehmenssparte
weltweit einen Umsatz von rund 17 Milliarden
E und beschäftigte 55.700 MitarbeiterInnen
in 100 Ländern. Im selben Jahr wurden knapp
zwei Milliarden E in die Forschung und Entwicklung investiert.69
Zu den umsatzstärksten Medikamenten gehörten 2011 Betaferon zur Behandlung der
Multiplen Sklerose, Kogenate als Lösung mit
Blutgerinnungsfaktoren und die Verhütungspillen Yasmin / Yaz und Yasminelle.70
Lediglich Bataferon, Yasmin und Yaz fanden
sich zum Zeitpunkt unserer Studie auch auf
dem brasilianischen Markt. Kogenate besitzt
in Brasilien keine Zulassung.
Seit 114 Jahren ist die Firma Bayer in Brasilien
aktiv und beschäftigt dort rund 4.000 MitarbeiterInnen in zwei Produktionsstätten in
São Paulo und in Belford Roxo.71 Brasilien ist
für Bayer der wichtigste Markt in Südamerika
und ist dort für knapp 40% des Gesamtumsatzes verantwortlich.72
11
Endnoten
1 Laut Definition der brasilianischen Regierung gelten Familien als arm,
deren pro Kopf Einkommen 140.- R$ (56,50 €) unterschreitet. Diese
Haushalte werden durch das staatliche Wohlfahrtsprogramm “Bolsa
Família” unterstützt.
Ministério do Desenvolvimento Social e Combate à Fome. Relatórios de
Informações Sociais. RI Bolsa Família CadÚnico. http://aplicacoes.mds.
gov.br/sagi/RIv3/geral/index.php. [Zugriff 13.11 2012]
2 Informationen zum Regierungsprogramm Bolsa Familia: http://www.
mds.gov.br/bolsafamilia
3 http://search.worldbank.org/data?qterm=brazil&_topic_
exact[]=Population [Zugriff 15.10.12]
4 Informationen des Brasilianisches Gesundheitsministeriums (Ministério da Saúde) http://tabnet.datasus.gov.br/cgi/idb2010/matriz.htm
5 Giovanella L, de Souza Porto M F (2004). Gesundheitswesen und
Gesundheitspolitik in Brasilien. Arbeitspapier Nr. 25. Frankfurt a. M.:
Klinikum der Johan Wolfgang Goethe-Universität.
Mauro Silveira de Castro, Cassyano Januário Correr (2007) Pharmaceutical Care in Community Pharmacies: Practice and Research in Brasil.
The Annals of Pharmacotherapy, Sept. 2007, Vol. 41.
6 Giovanella L, de Souza Porto M F (2004). Gesundheitswesen und
Gesundheitspolitik in Brasilien. Arbeitspapier Nr. 25. Frankfurt a. M.:
Klinikum der Johan Wolfgang Goethe-Universität.
7 Ebda
8 Ebda
9 Paim J, Travassos C, Almeida C, Bahia L, Macinko J (2011). Health in
Brazil 1. The Brazilian health system: history, advances, and challenges.
In: The Lancet, 377, 1778 – 1797.
10 Giovanella L, de Souza Porto M F (2004). Gesundheitswesen und
Gesundheitspolitik in Brasilien. Arbeitspapier Nr. 25. Frankfurt a. M.:
Klinikum der Johan Wolfgang Goethe-Universität.
11 http://search.worldbank.org/data?qterm=brazil&_topic_
exact[]=Health&os=40 [Zugriff 15.10.12]
12 Paim J, Travassos C, Almeida C, Bahia L, Macinko J (2011). Health in
Brazil 1. The Brazilian health system: history, advances, and challenges.
In: The Lancet, 377, 1778 – 1797.
13 Ebda
14 Bertoldi AD et al. (2010) Medicine prices, availability and affordability
in Southern Brazil: a study of public and private facilities. Working Paper No. 18/2010, The London School of Economics and Political Science,
p 5-6
15 Quellen: WHO und Weltbank [Zugriff 15.10.12]
http://search.worldbank.org/data?qterm=brazil&_type_
exact=Indicators&_topic_exact[]=Population‘http://search.worldbank.org/data?qterm=brazil+urban+development&language=&for
mat=&os=10
http://www.who.int/countries/bra/en/
http://search.worldbank.org/data?qterm=brazil&_topic_
exact[]=Health&os=20
http://search.worldbank.org/data?qterm=brazil&_topic_
exact[]=Health
16 Raggio Luiz R, Bahia L (2009). Income and vocational
integration of Brazilian physicians since the establishment of the National Health System. In: Rev Saúde Pública;43(4).
17 Paim J, Travassos C, Almeida C, Bahia L, Macinko J (2011). Health in
Brazil 1. The Brazilian health system: history, advances, and challenges.
In: The Lancet, 377, 1778 – 1797.
18 Giovanella L, de Souza Porto M F (2004). Gesundheitswesen und
Gesundheitspolitik in Brasilien. Arbeitspapier Nr. 25. Frankfurt a. M.:
Klinikum der Johan Wolfgang Goethe-Universität.
19 Mauro Silveira de Castro, Cassyano Januário Correr (2007) Pharmaceutical Care in Community Pharmacies: Practice and Research in Brasil.
The Annals of Pharmacotherapy, Sept. 2007, Vol. 41
20 Paim J, Travassos C, Almeida C, Bahia L, Macinko J (2011). Health in
Brazil 1. The Brazilian health system: history, advances, and challenges.
In: The Lancet, 377, 1778 – 1797.
21 Alves D, Timmins C (2001). Social Exclusion and the Two-Tiered Healthcare System of Brazil. Washington: Inter-American Development Bank.
22 Paim J, Travassos C, Almeida C, Bahia L, Macinko J (2011). Health in
Brazil 1. The Brazilian health system: history, advances, and challenges.
In: The Lancet, 377, 1778 – 1797.
23 Giovanella L, de Souza Porto M F (2004). Gesundheitswesen und
Gesundheitspolitik in Brasilien. Arbeitspapier Nr. 25. Frankfurt a. M.:
Klinikum der Johan Wolfgang Goethe-Universität.
24 J, Travassos C, Almeida C, Bahia L, Macinko J (2011). Health in Brazil 1.
The Brazilian health system: history, advances, and challenges. In: The
Lancet, 377, 1778 – 1797.
25 Paim J, Travassos C, Almeida C, Bahia L, Macinko J (2011). Health in
Brazil 1. The Brazilian health system: history, advances, and challenges.
In: The Lancet, 377, 1778 – 1797.
26 Barreto, M L, Teixeira M G, Bastos F L, Ximenes R A A, Barata R B, Rodrigues L C (2011).
12
Health in Brazil 3. Successes and failures in the control of infectious
diseases in Brazil: social and environmental context, policies, interventions, and research needs. In: The Lancet, 377, 1877-1889.
27 Datenbank der WHO zu Brasilien (2010) http://www.who.int/countries/bra/en/ [Zugriff 5.11.12]
28 Mauricio el Barreto, M Gloria Teixeira, Francisco I Bastos u.a. (2011)
Health in Brazil 3. Successes and failures in infectious diseases in Brazil:
Social and environmental context, policies, interventions and research
needs. The Lancet, 9.5.2011, S. 5
29 Pan American Health Organization, USAID (2008) Health Systems
and Service Profile. Brazil. Monitoring and Analysis of Health Systems
Change/Reform. S. 17.
30 Mauricio el Barreto, M Gloria Teixeira, Francisco I Bastos u.a. (2011)
Health in Brazil 3. Successes and failures in infectious diseases in Brazil:
Social and environmental context, policies, interventions and research
needs. The Lancet, 9.5.2011, S. 5
31 Mauricio el Barreto, M Gloria Teixeira, Francisco I Bastos u.a. (2011)
Health in Brazil 3. Successes and failures in infectious diseases in Brazil:
Social and environmental context, policies, interventions and research
needs. The Lancet, 9.5.2011, S. 7
32 Robert Koch-Institut (2008). Epidemiologisches Bulletin. Aktuelle Daten
zu Infektionskrankheiten und Public Health. Berlin: Robert Koch-Institut, Nr. 10
33 Barreto, M L, Teixeira M G, Bastos F L, Ximenes R A A, Barata R B, Rodrigues L C (2011). Health in Brazil 3. Successes and failures in the control
of infectious diseases in Brazil: social and environmental context, policies, interventions, and research needs. In: The Lancet, 377, 1877-1889.
34 Mauro Silveira de Castro, Cassyano Januário Correr (2007) Pharmaceutical Care in Community Pharmacies: Practice and Research in Brasil.
The Annals of Pharmacotherapy, Sept. 2007, Vol. 41
35 http://www.who.int/countries/bra/en/ [Zugriff 13.10.2012]
36 Schmidt M I, Duncan B B, e Silva G A, Menezes A M, Monteiro C A,
Barreto S M, Chor D, Menezes P R (2011). Health in Brazil 4. Chronic noncommunicable diseases in Brazil: burden and current challenges. In:
The Lancet, 322, 1949 – 1961.
37 Schmidt M I, Duncan B B, e Silva G A, Menezes A M, u.a. (2011). Health
in Brazil 4. Chronic non-communicable diseases in Brazil: burden and
current challenges. In: The Lancet, 322, S. 54-55
38 Information des brasilianischen Pharmaindustrieverbands Interfarma
http://www.interfarma.org.br/site2/index.php/informacoes-do-setor/
indicadores
39 http://www.boehringer-ingelheim.de/unternehmensprofil/global_activities/americas/brazil/arzneimittelmarkt.html [Zugriff 25.9.12]
40FEBRAFAR (2012) Auskunft auf der Website der Federação Brasileira das
Redes Associativistas de Farmácias.
http://www.febrafar.com.br/index.php?cat_id=1 [Zugriff 26.10.12]
41 A. Dâmaso Bertoldi,A. P. Helfer, A. L. Camargo u.a. (2010) Medicine prices, availability, and affordability in Southern Brazil. A study of public
and private facilities, S.6
42 Website von ANVISA:
http://portal.anvisa.gov.br/wps/portal/anvisa/anvisa/agencia
43 USAID, Pan American Health Organization (2008) Health Systems and
Service Profile. Brazil, S. 29
44 Gesetz nº 10.196, von 2001
45 http://www.anvisa.gov.br/
46 Angaben stammen von unserem brasilianischen Partner.
47 Brasilien (1996) Gesetz zum Schutz des gewerblichen Eigentums. N°
9279/96 vom 14. Mai 1996 (veröffentlicht am 15. Mai 1996)
48 Reis R et al (2007) Intellectual Property Rights and Access to ARV Medicines: Civil Society Resistance in the Global South. Brazilian Interdisciplinary AIDS Association – ABIA, p 9-54
49 World Trade Organization (1994) Marrakesh Agreement Establishing
the World Trade Organization Annex 1C. Agreement on Trade-Related
Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS). Marrakesh
Grover A (2009) Promotion and Protection of All Human Rights. Civil,
Political, Economic, Social and Cultural Rights, Including the Right to
Development. Report of the Special Rapporteur on the right of everyone
to the enjoyment of the highest attainable standard of physical and
mental health. UN Human Rights Council Eleventh session Agenda item
3 A/HRC/11/12
Wonderling D et al (2005) Introduction to Health Economics. Berkshire,
New York: Open University Press
50 Reis R et al (2007) Intellectual Property Rights and Access to ARV Medicines: Civil Society Resistance in the Global South. Brazilian Interdisciplinary AIDS Association – ABIA, p 9-54
51 Ministry ofLaw and Justice (2005) The Patents Amendment Act No.15.
New Delhi
52 James T C (2009) Patent Protection and Innovation Section 3(d) of
the Patents Act and Indian Pharmaceutical Industry. Mumbai: Indian
Pharmaceutical Alliance
t’Hoen E (2009) The Global Politics of Pharmaceutical Monopoly Power.
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Den Löwenanteil der Arzneimittelkosten zahlen BrasilianerInnen aus eigener Tasche.
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Park C (2006) Taking the fight to their realm. The role of patent oppositions in the struggle for access to medicines. HIV AIDS Policy Law Rev;
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Grace C (2005) Update on China and India and access to medicines.
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53 Brasilien (1996) Gesetz zum Schutz des gewerblichen Eigentums,
N° 9279/96 vom 14. Mai 1996 (veröffentlicht am 15. Mai 1996)
54 Palmedo M (2011) Brazil Fast Tracks Follow-On Kaletra Patent; GTPI Files
Pre-Grant Opposition. Infojustice.org http://infojustice.org/archives/6669 [Zugriff: 26.3.2012]
55 Intellectual Property watch (2012) Brazil HIV Drug Patent Ruling Allows
Generics, Sends Pipeline Process Into Doubt
56 Reis R et al (2007) Intellectual Property Rights and Access to ARV Medicines: Civil Society Resistance in the Global South. Brazilian Interdisciplinary AIDS Association – ABIA, p 9-54
57 Auskunft auf der Website des brasilianischen Pharmaindustrieverbandes INTERFARMA http://www.interfarma.org.br/site2/index.php/
informacoes-do-setor/indicadores [Zugriff: 5.11.12]
58 www.interfarma.org.br/site2/index.php/informacoes-do-setor/indicadores [Zugriff: 9.10.12]
59 Anvisa (2008) Rules for the Conduct of Clinical Research RDC. 39 www.
anvisa.gov.br/medicamentos/pesquisa/legis/rdc39_08.pdf [Zugriff
21.2.2012]
60National Health Council from Brazil (1987), Resolution N° 196/96 On
Research Involving Human Subjects, 14.1. 1987, Items IV and VII
Auf Kosten der Armen?
61 Ministério da Saúde (2012) Comissão Nacional de Ética em Pesquisa CONEP http://conselho.saude.gov.br/web_comissoes/conep/index.html
[Zugriff 30.1.2012]
62 Ministério da Saúde (2012) Brazilian Registry of Clinical Trials www.
ensaiosclinicos.gov.br/ [Zugriff 1.2.2012]
63 http://www.boehringer-ingelheim.de/forschung_entwicklung.html
64http://www.boehringer-ingelheim.de/unternehmensprofil/zahlen_
fakten.html [Zugriff 13.8.2012]
65 http://www.boehringer-ingelheim.de/unternehmensprofil/global_activities/americas/brazil/bi_in_brasilien.html [Zugriff 13.8.2012]
66http://www.baxter.de/ueber_baxter/baxter_international.html
67 Baxter Jahresbericht 2011, S.35 http://www.baxter.com/downloads/
investors/reports_and_ financials/annual_report/2011/baxter_annual_report_2011.pdf
68http://www.latinoamerica.baxter.com/brasil/sobre-a-baxter/perfilda-empresa/baxter-no-brasil.html [Zugriff 1.11.2012]
69http://healthcare.bayer.de/scripts/pages/de/unternehmen/unternehmensprofil/index.php [Zugriff 5.11.2012]
70 http://healthcare.bayer.de/scripts/pages/de/unternehmen/produkte/
index.php
71 Bayer Website, Rubrik Konzern. http://www.bayer.de/de/lateinamerika-afrika-nahost.aspx [Zugriff 13.8.2012]
72 http://translate.google.com/translate?hl=de&sl=pt&u=http://www.
bayerpharma.com.br/&prev=/search%3Fq%3Dbayer%2Bhealthcare%2
Bbrasilien%26hl%3Dde%26prmd%3Dimvns&sa=X&ei=kF9hUNzCIcfOs
wbrjoH4Ag&ved=0CDsQ7gEwAw [Zugriff 5.11.2012]
13
Der Einfluss des Geschäftsverhaltens von Bayer HealthCare, Baxter und Boehringer Ingelheim
auf den Zugang und die Verfügbarkeit unentbehrlicher Arzneimittel
II Die Studienmethodik
Diese Studie untersucht das Geschäftsverhalten von Boehringer Ingelheim, Bayer HealthCare
und Baxter in den brasilianischen Bundesstaaten Goiás und Distrito Federal. Damit ergänzen
wir ein 2010 bereits in Indien durchgeführtes
Forschungsprojekt zu denselben Firmen. Arzneimittelangebot, Preispolitik und Marketing
der drei Unternehmen waren damals in zwei
indischen Bundesstaaten untersucht worden.1
Die aktuelle Datenerhebung aus Brasilien verwendet die gleiche Studienmethodik, um eine
Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Da in Brasilien jedoch fast keine Gesundheitseinrichtungen existieren, die von Nichtregierungsorganisationen geführt werden oder
in kirchlicher Trägerschaft sind, wird der nichtkommerzielle Sektor in dieser Erhebung nicht
berücksichtigt.
Wie schon in der indischen Untersuchung erfolgte die ethische Bewertung der Geschäftspraktiken auf Grundlage der Menschenrechtserklärungen der Vereinten Nationen, der
Helsinki-Erklärung des Weltärztebundes sowie
firmeneigenen Corporate Social Responsibility
Codices. Sämtliche Daten wurden 2011-12 von
Dr. Rogério Hoefler vom brasilianischen Apothekerverband Conselho Federal de Farmácia (CFF),
erhoben.2 Die Organisation ist gleichberechtigter Projekt-Partner und war in die Entwicklung
des Studiendesigns ebenso mit einbezogen wie
in die Aufbereitung und Verbreitung der Ergebnisse. Die zuständigen Ethikkommissionen haben der Datenerhebung zugestimmt.
Warum Brasilien?
Brasilien ist als aufstrebendes Schwellenland
durch seine wachsende Ober- und Mittelschicht
ein lukrativer Markt für internationale Pharmafirmen. Führende internationale Unterneh-
14
men forschen und produzieren in Brasilien und
planen ihre Aktivitäten dort auszuweiten. Daneben stellen zahlreiche nationale Hersteller kostengünstige Medikamente für den heimischen
Markt und für den Export her. Viele dieser Firmen sind in staatlicher Hand und produzieren
hauptsächlich für das öffentliche Gesundheitssystem SUS. Diese Untersuchung will prüfen,
welche Folgen der Globalisierungsprozess für
brasilianische PatientInnen hat. Denn nach wie
vor leben 44 Millionen BrasilianerInnen in Armut3 und sind auf kostengünstige Versorgungsleistungen und preiswerte Medikamente angewiesen. Wie also wirken sich Werbestrategien,
Forschungsanstrengungen und Geschäftspolitik internationaler Pharmafirmen auf den Zugang zu und die Verfügbarkeit von unentbehrlichen Arzneimitteln aus? Welche Rolle spielen
Patentpolitik und Produktpalette der Hersteller
für die öffentliche Gesundheit?
Quantitative Methoden
Die vorliegende Untersuchung nutzt sowohl
quantitative als auch qualitative Methoden (Semi-strukturierte Interviews). Sie kombiniert die
Ergebnisse und erhöht dadurch deren Validität
und Reliabilität. Die quantitativen Erhebungen
und Literaturrecherchen liefern Zahlen und Fakten zur Menge der verfügbaren Markenmedikamente, zum Anteil unentbehrlicher, rationaler
und irrationaler Arzneimittel im Firmensortiment, zum Preis und der Verfügbarkeit der angebotenen Medikamente, sowie zu klinischen
Studien der drei Hersteller. Der Patentstatus
konnte zum Zeitpunkt der Erhebung nur bei
wenigen Medikamenten ermittelt werden, weil
Firmen und Behörden den Zugang zu dieser Information verwehrten.
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Die Daten wurden vorrangig in Brasilien erhoben und mit Firmenangaben sowie Informationen aus der Literaturrecherche abgeglichen
- etwa mit Daten von Anvisa (Agência Nacional
de Vigilância Sanitária) 4, der nationalen Behörde, die auch für die Zulassung von Medikamenten zuständig ist. Ergänzend wurden InternetDatenbanken oder auch die offiziellen US- und
WHO-Register zu klinischen Studien genutzt.5
Alle drei Firmen wurden im Vorfeld über die
Studie informiert. Während der Datenerhebung
erbaten wir mehrfach Stellungnahmen und Informationen zu spezifischen Fragestellungen.
Qualitative Methoden
Semistrukturierte Interviews wurden als qualitative Methode genutzt. Sie sollen deutlich
machen, welche persönlichen Konsequenzen
sich aus dem Geschäftsverhalten der Firmen
für ÄrztInnen, PharmazeutInnen und PatientInnen ergeben. Weil nur aus dem Distrito Federal
(DF) rechtzeitig eine ethische Zulassung (Ethical
Approval) vorlag, wurden alle 22 Interviews im
Bundesdistrikt durchgeführt. Ein offener Fragebogen diente dabei als Gesprächsleitfaden. Die
Interviews bieten ein tieferes Verständnis der
Materie jenseits von Zahlen und Fakten. Befragt
wurden 7 ÄrztInnen, 10 PharmazeutInnen und
5 PatientInnen aus dem staatlichen und privaten Gesundheitssektor. Nur ein Mitarbeiter von
Boehringer Ingelheim stellte sich für ein Interview zur Verfügung, die beiden anderen FirmenvertreterInnen konnten trotz mehrfacher
Nachfragen nicht gewonnen werden, ebenso
wenig GesprächspartnerInnen aus staatlichen
Gesundheitsbehörden.
Die Gespräche wurden auf portugiesisch geführt und auf Audio-Datenträgern gespeichert.
Zusätzlich wurde direkt nach dem Interview ein
Gedächtnisprotokoll erstellt, um relevante Informationen in kondensierter Form festzuhalten.
Die PatientInnen wurden zu Hause befragt, weil
die Wohnverhältnisse auch über die wirtschaftliche Situation der Betroffenen Auskunft geben.
Die kondensierten Interview-Aussagen wurden
mithilfe einer thematischen Textanalyse interpretiert. Wichtige Themen wurden dabei herausgearbeitet und flossen in die Diskussion der
quantitativen Studienergebnisse ein.
Auf Kosten der Armen?
Die Datenerhebung
Die Datenerhebung bezieht sich nur auf
Medikamente, die in Brasilien verfügbar sind, und auf Arzneimittelstudien, die
Bayer, Baxter oder Boehringer Ingelheim in
Brasilien durchführen bzw. zum Zeitpunkt der
Datenerhebung durchgeführt haben und die
in frei zugänglichen Datenbanken und/oder
in Firmeninformationen erwähnt sind. Die
Datenerhebung fand von Januar 2011 bis Juni
2012 statt. Sämtliches Datenmaterial zur Studie,
Audiodateien, Gedächtnisprotokolle sowie
Fragebögen und Interview-Leitfaden können
bei der BUKO Pharma-Kampagne eingesehen
werden. 6 Im Folgenden benennen wir wichtige
Quellen, die genutzt wurden, um Antworten
auf die Fragestellungen der Untersuchung zu
finden.
1. Welche Medikamente waren im April 2011 auf dem brasilianischen Markt?
In Brasilien existiert kein Standardwerk, das alle
verfügbaren Medikamente auflistet, wie z.B. in
Deutschland die Rote Liste. Daher wurden verschiedene Datenquellen genutzt, um die Firmensortimente zu identifizieren:
Die Datenbank der nationalen Gesundheitsüberwachungsbehörde Anvisa.7
Die I-Helps Datenbank8 , die alle relevanten
Informationen zu Arzneimitteln erfasst, das
Datum der ersten Registrierung in Brasilien,
den Hersteller, Inhaltsstoffe und Dosierungsform.
Die Datenbank der in Brasilien registrierten
Medikamente.9
Medikamentendatenbank des Gesundheits­
ministeriums zu Beipackzetteln.10
Liste der Medikamente, die im staatlichen
Sektor kostenlos abgegeben werden.11
Farmácia Popular do Brasil: Liste sehr kostengünstiger Medikamente, die in staatlichen Apotheken verkauft werden.12
Saúde Não Tem Preço: Liste von Medikamenten, die in privaten Apotheken kostenlos erhältlich sind, weil sie vom Gesundheitsministerium erstattet werden.13
Liste von Medikamente, die vom Staat subventioniert werden.14
15
Firmenangaben (Websites, Packungsbeilagen, Fachinformation).15
Zusätzlich sind Medikamente auf dem Markt,
die in keiner dieser Datenbanken aufgelistet
sind. Diese Mittel versuchten wir durch Recherchen in brasilianischen Apotheken (Krankenhausapotheken und privaten Apotheken) zu erfassen. Außerdem wurden alle Firmen gebeten,
die von uns erstellten Produktlisten zu überprüfen. Baxter verweigerte die Mitarbeit, die beiden
anderen Firmen bestätigten unsere Angaben.
Folgende Informationen wurden erfasst:
Name des Herstellers
Dosierung, Anwendungsform, Packungsgröße, generischer Name, Markenname
Ist das Arzneimittel unentbehrlich?
Ist das Arzneimittel rational oder irrational?
Preis in Reais (R$)
Verfügbarkeit über das staatliche Gesundheitssystem in Distrito Federal (DF) und
Goiás.
Handelt es sich um eine Innovation?
Ist das innovative Medikament zugleich
unentbehrlich?
2.Welche Mittel sind unentbehrlich?
Unentbehrliche Arzneimittel wurden mithilfe
der Modellliste unentbehrlicher Arzneimittel der
WHO von 2011 identifiziert.16 Diese Liste enthält
über 350 Wirkstoffe, die für die Gesundheitsversorgung essentiell sind. Die dort aufgeführten
Arzneimittel sind unverzichtbar, um weltweit
vorherrschende Erkrankungen zu heilen oder
zumindest sinnvoll therapieren zu können.17
Weil Brasilien ebenfalls über eine gute nationale Liste unentbehrlicher Arzneimittel verfügt,18
wurde auch diese Liste berücksichtigt. Als unentbehrlich (u) wurde ein Arzneimittel eingestuft, das auf einer der beiden Listen oder sogar
auf beiden zu finden ist.
3.Wie gut ist das Sortiment der Firmen?
Auch Medikamente, die entbehrlich sind, können durchaus sicher, unbedenklich und von
medizinischem Nutzen sein. Um das jeweilige
Firmensortiment in seiner Qualität, das heißt
16
hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit sowie des medizinischen Nutzens beurteilen zu
können, wurde jedes Arzneimittel von einem
Pharmazeuten und einer Pharmazeutin bewertet. Alle Medikamente wurden dabei einem
einheitlichen Bewertungsverfahren unterzogen
und anhand klinisch-pharmakologischer Kriterien überprüft. Arzneimittel, die nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand wirksam und
unbedenklich sind und dabei mindestens ebenso gut wirken wie die Standardtherapie, gelten
als rational (r). Alle anderen wurden als irrational (i) eingestuft. Unsere Bewertung wendet die
wissenschaftlichen Kriterien für eine rationale
Arzneimitteltherapie an, die auf klinischer Evidenz beruhen.
Im Bewertungsprozess wurden die Medikamente in zwei Haupt- und mehrere Untergruppen
eingeteilt. Die beiden Hauptgruppen scheiden
positive (r - rationale) von negativen (i - irrationale) Arzneimitteln. Die jeweiligen Untergruppen geben den wichtigsten Grund für die Einordnung an (siehe Abbildung rechts).
Wir haben versucht, jede Entscheidung auf Basis der anerkannten internationalen Fachliteratur zu treffen, die verlässliche Informationen
über den aktuellen Stand der internationalen
wissenschaftlichen Diskussion wiedergibt. Wir
sind uns bewusst, dass sowohl objektive Fakten als auch subjektive Werte in die Beurteilung
eingehen. Dennoch kann mit den klar definierten Auswertungskriterien der Studie ein guter
Einblick in die Qualität der untersuchten Medikamente gewonnen werden.
Den Beurteilungsprozess, der letztlich zur Einteilung in positive und negative Arzneimittel
führt, dokumentiert das folgende „Entscheidungsdiagramm“ (Abbildung rechts). Die einzelnen Bewertungsfragen, die an jedes Arzneimittel zu stellen sind, wurden jeweils der Reihe
nach überprüft. Sobald die Überprüfung eines
Kriteriums zu einer negativen Bewertung führte, wurde das Medikament der entsprechenden
Bewertungsgruppe zugeordnet und nicht mehr
auf weitere Kriterien hin untersucht.
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Die Einteilung der Arzneimittel nach Bewertungsgründen
Positiv
Negativ
Mittel der
ersten Wahl
Arzneimittel mit nachgewiesener Wirksamkeit und einem angemessenen
Nutzen-Risiko-Verhältnis, die die beste Behandlung für die meisten PatientInnen in einem bestimmten Anwendungsgebiet darstellen.
Mittel der
ferneren Wahl
Produkte für eine geringere Anzahl PatientInnen, die nicht von einem Medikament erster Wahl profitieren. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis ist häufig
ungünstiger als beim Mittel der ersten Wahl.
Medikamente
für SpezialistInnen
Mittel, für deren Anwendung es besonderer Voraussetzungen bedarf, z.B.
einer speziellen Diagnostik, Geräten oder besonderer therapeutischer
Erfahrung. Werden sie unkontrolliert angewendet, bergen sie ein hohes
potenzielles Risiko (z.B. Krebsmittel).
irrationale
Kombination
Kombinationen verschiedener Wirkstoffe sind prinzipiell pro­blematisch,
da sowohl die Wechselwirkung der einzelnen Stoffe miteinander als auch
erwünschte und unerwünschte Wirkungen nicht kalkulierbar sind. Unterschiedliche Substanzen haben zudem ein unterschiedliches Profil bezüglich
Bioverfügbarkeit und Pharmakokinetik: Häufig wird eine Substanz schneller resorbiert oder abgebaut als eine andere. Zudem kann die Dosis eines
einzelnen Inhaltsstoffes nicht individuell angepasst werden, ohne die Dosis
aller anderen Substanzen ebenfalls zu verändern. Nicht nur die erwünschten Wirkungen der Arzneistoffe werden kombiniert, sondern auch ihre
Nebenwirkungen und Risiken. Kombinationspräparate werden als irrational
gewertet, wenn sie mehr als drei Wirkstoffe enthalten, wenn sie einen unwirksamen oder falsch dosierten Wirkstoff enthalten oder wenn Wirkstoffe
ein sich gegenseitig ausschließendes Wirkungsprofil haben.
unwirksame
Mittel
In diese Kategorie fallen Arzneimittel, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen werden konnte, obwohl mehrere Studien durchgeführt wurden.
umstrittene
Wirksamkeit
Dies sind Arzneimittel, zu deren Wirksamkeit widersprüch­liche Angaben
gemacht werden. Solange es keine eindeutigen Daten gibt, sollten diese
Mittel nicht verwendet, sondern durch ein bewährtes Medikament ersetzt
werden.
ungenügende
Erprobung
Diese Arzneimittel sind unzureichend erprobt und sollten durch besser
getestete Mittel ersetzt werden.
risikoärmere
Alternative
erhältlich
Diese Medikamente sind zwar wirksam, haben jedoch ein höheres Risiko als
andere und damit ein schlechteres Nutzen-Risiko-Verhältnis als Alternativprodukte.
wirksamere
Alternative
erhältlich
Es ist ungerechtfertigt, Mittel einzusetzen, die weniger wirksam sind als
Alternativprodukte. PatientInnen haben das Recht, die wirksamste Medizin
zu erhalten.
falsche Wirkstoffmenge
Diese Medikamente enthalten wirksame Substanzen in zu großer oder zu
kleiner Menge. Sie sollten daher nicht verwendet werden.
falsche Dar­
reichungsform
Arzneistoffe müssen in geeigneter Darreichungsform angewandt werden,
um wirksam und ungefährlich zu sein. Es gibt Substanzen, die als Injektion
gefährlicher sind als in Tablettenform. Muss ein Mittel z.B. unregelmäßig
über den Tag verteilt eingenommen werden, dann ist eine Retardkapsel
eine ungeeignete Darreichungsform.
4. Preis und Verfügbarkeit
Dieser Untersuchungsteil überprüft, ob unentbehrliche Arzneimittel real verfügbar sind und
ob ihr Preis für arme Menschen erschwinglich
ist. Zur Datenerhebung wurde die bewährte
WHO/HAI-Methodologie19 genutzt. Da in Bra-
Auf Kosten der Armen?
silien kaum NGO-Kliniken existieren, wurden
stattdessen private Apotheken in die Untersuchung einbezogen. Somit wurde eine Auswahl
von 113 bzw. 111 Medikamenten in jeweils 5 öffentlichen und 5 privaten Kliniken sowie in 5 privaten Apotheken beider Bundesstaaten Goiás
und Distrito Federal untersucht (zusammen 30
17
Einrichtungen). (Die Unterschiede in der Anzahl
der untersuchten Medikamente erklären sich
durch unterschiedliche Dosierungs- und Formulierungsformen.) Die Arzneimittelpreise wurden in Reais (R$) erfasst.
5. Welche firmeneigenen Innovationen
sind auf dem Markt?
Der Begriff Innovation macht keine Aussage
darüber, ob ein neues Medikament besser als
existierende Alternative ist. Er besagt lediglich,
dass es nach brasilianischem Recht patentfähig
ist. Da jedoch in Brasilien Informationen zum
Patentstatus nicht zugänglich sind, konnten wir
zum Zeitpunkt der Datenerhebung nur bei wenigen Medikamenten zweifelsfrei klären, ob sie
in Brasilien patentiert sind. Baxter machte trotz
mehrmaliger Rückfragen keine Angaben hierzu,
Boehringer Ingelheim und Bayer taten dies erst
kurz vor Drucklegung dieser Broschüre. Deshalb
musste ein Proxy-Parameter gewählt werden.
Als neu definieren wir demnach ein Medikament, das nach dem 15.5.1996 auf den brasilianischen Markt kam und zu dem keine generische
Alternative verfügbar ist. Zwar trat das brasilianische Patentgesetz erst am 14. Mai 1997 in
Kraft, Patentanträge konnten jedoch gemäß Artikel 230 des Patentgesetzes bereits ab Mai 1996
gestellt werden.20
TB, Malaria, Chagas, Gelbfieber und Lepra oder
auch andere in Brasilien häufige Erkrankungen
wie Pneumonie, Bronchitis, Diarrhö und HIV im
Forschungsportfolio der Firmen sind. Wir haben
die Forschungsaktivitäten der Firmen zum Teil
durch Korrespondenz mit den Firmen, Firmenwebsites und Schriftwechsel mit dem brasilianischen Forschungsministerium ermittelt. Vor
allem aber mit Hilfe öffentlich zugänglicher Datenbanken der WHO22 und der nationalen USGesundheitsbehörde NIH.23
Nach der Resolution 196/96 des nationalen brasilianischen Gesundheitsrates muss jede klinische Studie von einem lokalen (CEP) und nationalen (CONEP) Ethikkomitee genehmigt werden
und dem Komitee für Ethik und Forschung (CER)
des nationalen Gesundheitsrates von Brasilien
vorgelegt werden.24 Außerdem muss eine Firma nachweisen, dass ihre Studie auf öffentlich
zugänglichen Datenbanken wie der Plattform
der World Health Organization (ICTRP25 /WHO)
oder bei dem International Commitee of Medi-
6. Wie gut ist die Versorgung der Armen?
Interviews mit ÄrztInnen (öffentliche und private Kliniken) und PatientInnen geben Aufschluss
darüber, inwieweit mittellose Kranke Zugang zu
notwendigen Therapien haben. Sind die ärztlichen Verschreibungsmuster bei armen und reichen PatientInnen unterschiedlich? Als arm galt
einE PatientIn, wenn er oder sie in das staatliche
Wohlfahrtsprogramm „Bolsa Família“ aufgenommen war.21 Dieses Programm unterstützt
arme Familien, deren Pro-Kopf Einkommen 140,R$ (56,50 €) unterschreitet.
7. Welche Forschungsprojekte betreiben
die Firmen in Brasilien?
Besonderes Interesse galt der Frage, ob Arzneimittel gegen vernachlässigte Krankheiten wie
18
Favela in Salvador. Hohe Arzneimittelkosten versperren
den Armen den Zugang zu neueren Therapien.
Foto: AlmostBrazilian, Wikimedia Commons
cal Journals Editors (ICMJE) registriert ist.26 Seit
dem 15.1.2012 muss jede neue Studie auch bei
CEP/CONEP „Plataforma Brasil“ registriert werden.27
8. Bewertung des Geschäftsverhaltens
Das Marketingverhalten von Bayer, Baxter
und Boehringer Ingelheim wurde in drei
Teilbereichen erfasst:
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Werbung:
Werbepraktiken wurden durch Sammlung konkreter Beispiele von Produktwerbung ermittelt.
Informationsquellen waren dabei Bildungs-, Informations- und Werbematerialien der Firmen
für ÄrztInnen und StudentInnen, außerdem
Presseartikel sowie Korrespondenz und Interviews mit Firmen, ÄrztInnen und Ministerien.
Partnerschaften:
Weiterhin wurden sogenannte Partnerschaftsprojekte der Firmen (z.B. mit der brasilianischen Regierung oder brasilianischen
PatientInnengruppen) sowie Spenden- und
Gesundheitsprogramme untersucht. Als Datenquellen dienten Korrespondenz und Interviews
mit Firmen, ÄrztInnen und staatlichen Stellen,
die für solche Programme zuständig sind, außerdem Firmenwebsites und Literaturrecherchen.
Disease Awareness und Sponsoring:
Wichtige Marketing-Strategien wie sogenannte
Disease Awareness-Kampagnen (die die Bevölkerung über bestimmte Erkrankungen aufklären sollen) oder das Sponsoring von öffentlichen
Veranstaltungen und PatientInnengruppen
wurden ebenfalls unter die Lupe genommen.
Als Datenquellen standen uns in Brasilien
durchgeführte semistrukturierte Interviews
mit ÄrztInnen (staatlicher und privater Sektor)
und PharmazeutInnen zur Verfügung sowie die
Firmen-Websites29 und -Korrespondenz.
Endnoten
1 Fischer C et al (2011) Um jeden Preis? Untersuchung des Geschäftsverhaltens von Boehringer Ingelheim, Bayer und Baxter in Indien. PharmaBrief Spezial 1/2011
2 http://www.cff.org.br/
3 N24 (2011) Mittelschicht in Brasilien wächst um 40 Millionen. www.n24.
de/news/newsitem_7011201.html [Zugriff 14.1.2012]
4 Agência Nacional de Vigilância Sanitária (2012) Nationale Behörde für
Gesundheitsüberwachung Anvisa. http://portal.anvisa.gov.br [Zugriff
14.1.2012]
5 WHO (2012) International Clinical Trials Registry Platform (ICTRP).
http://apps.who.int/trialsearch/Default.aspx und www.who.int/ictrp/
en/ [Zugriff 14.1.2012]
US National Institutes of Health (2012) ClinicalTrials.gov. www.clinicaltrials.gov/ [Zugriff 14.1.2012]
6 Unter Wahrung des Schutzes personenbezogener Daten.
7 Ministério da Saúde (2012) National Health Surveillance Agency. http://
anvisa.gov.br/eng/index.htm [Zugriff 23.1.2012]
8 Portal de Assuntos Regulatórios (2012) www.optionline.com/Home/
Portal_iHelps [Zugriff 20.1.2012]
9 National Health Surveillance Agency (2012) Produkt-Anfrage Arzneimittel. www.anvisa.gov.br/datavisa/consulta_produto/Medicamentos/frmConsultaMedicamentos.asp [Zugriff 20.1.2012]
10 National Health Surveillance Agency (2008) Bulario Eletronico www.
anvisa.gov.br/BularioEletronico/ [Zugriff 20.1.2012]
11 Das Ministério da Saúde bietet auf seiner Website eine Liste über
Methoden, Medikamente, Orthesen, Prothesen und spezielle Materialien des SUS http://portal.saude.gov.br/portal/arquivos/pdf/
medicamento_x_cid_ceaf _nov_2010.pdf [Zugriff 20.1.2012]
Ministério da Saúde (2012) Liste der kostenlosen Medikamente des SUS
http://portal.saude.gov.br/portal/saude/profissional/visualizar_texto.
cfm?idtxt=31432&janela=1 [Zugriff 20.1.2012]
12 Ministério da Saúde (2012) Offizielle Produktliste der „FARMÁCIA POPULAR“ („Volks-Apotheke“) http://portal.saude.gov.br/portal/arquivos/
pdf/Elenco_Medicamentos_FPB_.pdf [Zugriff 20.1.2012]
Ministério da Saúde (2012) Offizielle Verkaufsliste des Programms
„FARMÁCIA POPULAR“ („Volks-Apotheke“) http://portal.saude.gov.br/
portal/arquivos/pdf/rol_medicamentos180311.pdf [Zugriff 20.1.2012]
13 Ministério da Saúde (2012) Offizielle Liste von Produkten des Programms „“SAÚDE NÃO TEM PREÇO” („Gesundheit hat keinen Preis“)
http://portal.saude.gov.br/portal/arquivos/pdf/elenco_sntp.pdf
[Zugriff 20.1.2012]
Auf Kosten der Armen?
14 Ministério da Saúde (2010) Regeln für die Finanzierung und Umsetzung
der „Pharmazeutischen Hilfe“ Pharmaceutical Care http://portal.
saude.gov.br/portal/arquivos/pdf/Portaria_MS_ 4217 _28_12_2010.pdf
[Zugriff 23.1.2012]
15 Baxter Brasilien (2012) www.latinoamerica.baxter.com/brasil/ [Zugriff
20.1.2012]
Bayer Brasilien (2012) www.bayer.com.br/scripts/pages/pt/index.php
[Zugriff 20.1.2012]
Boehringer Ingelheim (2012) www.boehringer.com.br/principal.asp
[Zugriff 20.1.2012]
16 WHO (2012) WHO Model Lists of Essential Medicines. Geneva
17 Informationen der WHO zur Essential Medicines List (2010) [Zugriff
30.10.2012]
http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs325/en/index.html
18 Ministério da Saúde (2010) Relacao Nacional de Medicamentos Essenciais. Rename
19 WHO/HAI (2008) Measuring medicine prices, availability, affordability
and price components. www.haiweb.org/medicineprices/manual/documents.html [Zugriff 1.3.2012]
20 Government of Brazil (1997) Intellectual Property Law. www.araripe.
com.br/law9279eng.htm [Zugriff 30.1.2012]
21 Ministério do Desenvolvimento Social e Combate à Fome (2012) Bolsafamilia. www.mds.gov.br/bolsafamilia [Zugriff 20.1.2012]
22 WHO (2012) International Clinical Trials Registry Platform (ICTRP).
http://apps.who.int/trialsearch/Default.aspx und www.who.int/
ictrp/en/ [Zugriff 14.1.2012]
23 US National Institutes of Health (2012) ClinicalTrials.gov. www.clinicaltrials.gov [Zugriff 14.1.2012]
24 National Health Council from Brazil (1987), Resolution N° 196/96 On
Research Involving Human Subjects, 14.1. 1987, Items IV and VII
25 International Clinical Trials Registration Platform
26 Anvisa (2008) Rules for the Conduct of Clinical Research RDC. 39 www.
anvisa.gov.br/medicamentos/pesquisa/legis/rdc39_08.pdf [Zugriff
21.2.2012]
27 Ministério da Saúde (2012) Comissão Nacional de Ética em Pesquisa CONEP http://conselho.saude.gov.br/web_comissoes/conep/index.html
[Zugriff 30.1.2012]
28 Baxter Brasilien (2012) www.latinoamerica.baxter.com/brasil/ [Zugriff
20.1.2012]
Bayer Brasilien (2012) www.bayer.com.br/scripts/pages/pt/index.php
[Zugriff 20.1.2012]
Boehringer Ingelheim (2012) www.boehringer.com.br/principal.asp
[Zugriff 20.1.2012]
19
III Die Studien-Ergebnisse
1. Das Arzneimittelsortiment
der Firmen
Die untersuchten Firmen Bayer HealthCare,
Boehringer Ingelheim und Baxter verkaufen in
Brasilien insgesamt 324 verschiedene Medikamente.1 209 dieser Präparate bieten die Firmen
auch auf dem deutschen Markt an. Insgesamt
sind allerdings 255 dieser Mittel in Deutschland
verfügbar, sei es als Generikum oder als Produkt
eines anderen Herstellers.
Boehringer Ingelheim
Erfolgreiche Marken ohne Potential
Boehringer Ingelheim bietet in Brasilien 104
Arzneien an. 49 (47,1%) Medikamente sind rational und davon wiederum 10 (9,6%) sogar
unentbehrlich. Weitere 55 (52,9%) werteten wir
als irrational. Nur 84 der in Brasilien vertriebenen Mittel sind auch in Deutschland erhältlich.2
Vier Produkte von Boehringer Ingelheim waren
hochpreisig, zwei davon irrational. Als innovativ
gelten 32 Produkte der Firma,3 davon mussten
allerdings knapp zwei Drittel (20) als irrational
bewertet werden.
Als unentbehrliche Innovation sehen wir das
Aids-Medikament Elodius® (Tipranavir) an. Das
unentbehrliche Aids-Mittel Viramune® (Nevirapin) ist in Brasilien als Tablette generisch verfügbar und kann daher nicht als Innovation gelten. Lediglich die Formulierung für Kinder wird
seit 2008 ausschließlich von Boehringer Ingelheim angeboten. Bis dahin war das Arzneimittel
ebenfalls als Generikum auf dem Markt.4
Metalyse®, das bei akutem Herzinfarkt verwendet wird, bewerten wir als Pseudoinnovation.
Das Mittel ist rational, bietet jedoch gegenüber
dem in Brasilien als unentbehrlich eingestuften
Actilyse® (Alteplase) keinen Wirksamkeitsvorteil. Allerdings ist es deutlich teurer und kostet
umgerechnet rund 2.000 €.5
Boehringer Ingelheim wirbt für Metalyse® mit
dem Argument der besseren Praktikabilität, weil
20
Metalyse nicht nur als Infusion verabreicht, sondern auch als Bolus injiziert werden kann. Das
heißt, in relativ kurzer Zeit kann einem Patienten oder einer Patientin eine genau bemessene
Menge des Arzneistoffes gespritzt werden. Diesem möglichen Vorteil steht jedoch ein größeres
Risiko von Hirnblutungen gegenüber.6
Unentbehrliches gegen Aids und Herzinfarkt
Neben den Aids-Medikamenten Viramune® (Nevirapin) und Elodius® (Tipranavir) ist auch das
Harnwegsantibiotikum Infectrin® (Sulfamethoxazol und Trimethoprim) unentbehrlich, ebenso die Asthmamittel Atrovent® und Atrovent
N® (Ipratropium) sowie Actilyse® (Alteplase),
das bei akutem Herzinfarkt angewendet wird.
Letzteres ist allerdings sehr teuer und daher im
staatlichen Gesundheitssektor kaum verfügbar
(s. Zugang und Verfügbarkeit).
Positiv bewertete Produkte
Rationale Boehringer-Produkte sind etwa das
Abführmittel Dulcolax® (Bisacodyl), das in
Deutschland seit über 50 Jahren auf dem Markt
ist oder auch das Bluthochdruckmittel Atensina® (Clonidin). Daneben wurden das Herzmedikament Cardizem® (Diltiazem) und das
Kreislaufmedikament Efortil® (Etilefrin) als rational bewertet, ebenso der Fiebersenker und
Entzündungshemmer Buscofem® (Ibuprofen),
das Asthmamittel Combivent® (Ipratropium
und Salbutamol), das Arthrosemittel Movatec®
(Meloxicam) in Tablettenform und Secotex®
(Tamsulosin), ein Medikament gegen die gutartige Vergrößerung der Prostata.
Zweifelhafte Pille gegen unruhige Beine
Ambivalent ist der Nutzen des Arzneimittels
Sifrol® (Pramipexol). Das Medikament ist Mittel
der Wahl und damit rational zur Behandlung
von Parkinson. Allerdings klagten in Zulassungsstudien 3% der PatientInnen unter diesem Me-
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Arme Menschen – nicht im Fokus des Arzneimittelangebots von Boehringer, Baxter und Bayer
Foto: Cauan Kaizen, Wikimedia Commons
dikament über gestörtes Sehen, unter Plazebo waren es nur 0,4%.7 Sehr häufig sind auch
Schwindel und unkalkulierbare Schlafattacken
mit plötzlichem Einschlafen während Alltagsaktivitäten wie Autofahren. Häufig treten außerdem Ödeme auf, Brechreiz, Denk-, Bewegungsund Verhaltensstörungen. Dass der Hersteller
das Mittel in Brasilien (wie übrigens auch in
Deutschland) zusätzlich zur Behandlung des
Restless-Legs-Syndrom anbietet, halten wir für
problematisch.8 Denn es gibt nur schwache Belege für die Wirksamkeit bei diesem Krankheitsbild: Pramipexol bot in 12-wöchigen Studien im
Vergleich zu Plazebo nur einen geringen Zusatznutzen bei unruhigen Beinen. Langzeitdaten
und Vergleichsstudien mit anderen Wirkstoffen fehlen. Eine wesentliche Komplikation kann
sogar eine Verstärkung der Beschwerden unter
Pramipexol sein.9
In Deutschland verboten – in Brasilien
Marktrenner
Das Schmerzmittel Busopan® (Butylscopolaminbromid) ist nur als intravenöse Ampulle bzw.
als Kurzinfusion rational. In Form von Tabletten
oder als Zäpfchen ist das Arzneimittel schlecht
wirksam. In dieser Darreichungsform muss Bu-
Auf Kosten der Armen?
scopan® daher als irrational gewertet werden.
Irrational ist ebenfalls die Kombination von Butylscopolaminbromid mit Paracetamol: Buscoduo® oder – noch schlimmer – die Kombination
mit dem gefährlichen Metamizol in Buscopan®
composto. Der schmerzstillende und fiebersenkende Wirkstoff Metamizol kann schwere allergische Schocks auslösen und zu einer sogenannten Agranulozytose führen. Darunter versteht
man die drastische Abnahme weißer Blutkörperchen, die für die Krankheitsabwehr wichtig
sind. Unbehandelt stirbt daran die Hälfte der
PatientInnen, und selbst unter intensivmedizinischer Behandlung liegt die Sterblichkeit bei
rund 20 Prozent. Wahrscheinlich erleidet eineR
von 1.000 bis 3.000 PatientInnen, die Metamizol einnehmen, eine Agranulozytose.10 Das Mittel ist daher in etlichen Ländern, darunter USA,
Großbritannien, Australien, Kanada und Schweden verboten.11
Um den Einsatz von Metamizol zu begrenzen
und die Risiken zu minimieren wurden 1987 alle
Metamizol-Kombinationen in Deutschland vom
Markt genommen. 1990 wurde diesen Mitteln
endgültig die Zulassung entzogen. Auch die Anwendungsbereiche für die Einzelsubstanz wurden drastisch eingeschränkt.12 Schon damals
21
Sinnvoller als jede Vitaminmischung: Frisches Obst und Gemüse Foto: © guentermanaus - Fotolia.com
forderte die BUKO Pharma-Kampagne deutsche
Firmen auf, den Vertrieb dieser Mittel auch in
der sogenannten Dritten Welt einzustellen. Die
Firma Boehringer Ingelheim teilte uns daraufhin mit, dass sie ihr Metamizol-Kombipräparat
da weiter vermarkte, wo „deren zuständige Arzneimittelbehörde dies nach vollumfänglicher
Information wünscht“.13 An dieser unverantwortlichen Einstellung scheint sich seit damals
nichts geändert zu haben.
Warum Boehringer Ingelheim die gefährliche
Kombination Buscopan® composto nicht auch
vom brasilianischen Markt nimmt, ist nur mit
wirtschaftlichen Interessen zu erklären. Das Arzneimittel ist in Brasilien (als Tropfen und Tablette) rezeptfrei und zählt zu den Kassenschlagern
des Unternehmens. Boehringer selbst bezeichnet es auf seiner Firmenwebsite als „starke Marke“. Buscopan® composto ist das neuntmeistverkaufte Medikament Brasiliens und die Firma
erzielte 2011 mit diesem Präparat 11,1 Prozent ihres Umsatzes in dem südamerikanischen Land.14
Doch auch die Vermarktung des Monopräparates Anador® mit dem Wirkstoff Metamizol ist
hochproblematisch. Während das Medikament
in Deutschland nur zur Behandlung besonders
starker Schmerzen – etwa nach Operationen
oder bei Tumoren – zugelassen ist oder bei Fieber, das anders nicht behandelbar ist, können es
22
BrasilianerInnen sogar rezeptfrei erwerben. Das
Schmerz- und Fiebermittel wird intensiv für alle
möglichen Wehwehchen beworben und findet
sich in Brasilien in vielen Hausapotheken.
Unsinnige Vitaminmischung
Pharmaton® für Kinder (Kiddi®) ist ebenso wie
die gleichnamige Kapsel für Erwachsene eine irrationale Vitaminmischung. Der Kindersaft mit
Orangengeschmack soll angeblich das gesunde
Wachstum fördern. Bei Erwachsenen soll das
Mittel das körperliche Wohlbefinden, die mentale Gesundheit und kognitive Leistungsfähigkeit verbessern. Pharmaton® – so die brasilianische Produktwebsite – enthält eine einzigartige
und synergistische Mischung aus Vitaminen,
Mineralstoffen und Spurenelementen und effektivem standardisierten Ginseng-Extrakt.15
Die Belege für die Wirksamkeit des Produkts
sind dürftig, u.a. wird eine klinische Studie mit
Krankenschwestern angeführt, die jeweils nach
drei aufeinander folgenden Nachtschichten
einen Fragebogen ausfüllten. Nach zwölf Behandlungswochen mit Pharmaton® seien die
Krankenschwestern nach ihrem Nachtdienst
deutlich weniger müde gewesen.16 In der deutschen roten Liste heißt es zu Pharmaton® lapidar: „Traditionell angewendet zur Besserung des
Allgemeinbefindens“.17 Das heißt, der Hersteller
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Foto: Dr. Rogério Hoefler
hat in Deutschland eine behördliche Prüfung
der Wirksamkeit gescheut.
Für Vitaminmischungen wie Pharmaton® gibt
es keinen sinnvollen Anwendungsbereich. Menschen in armen Ländern verschwenden mit dem
Kauf solcher Arzneimittel ihr knappes Geld. Besonders tragisch ist dabei, dass Symptome wie
Müdigkeit und Konzentrationsschwäche in armen Ländern oft auf Mangelernährung zurückzuführen sind. Pillen können eine ausgewogene
und ausreichende Ernährung aber nicht ersetzen. Ebenso wenig können gravierende VitaminMangelerscheinungen mit Pharmaton® und
ähnlichen Präparaten sinnvoll behandelt werden. Trotzdem macht die Werbung ahnungslose
Menschen glauben, sie täten durch Einnahme
solcher Chemie-Cocktails etwas Gutes für Ihre
Gesundheit.
Risiko Herzinfarkt
Persantin® (Dipyridamol) hat Boehringer in
Deutschland bereits 2001 als Monopräparat
vom Markt genommen. Denn der Wirkstoff
kann die Durchblutung des Herzens verschlechtern und bei herzkranken PatientInnen zu Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen führen.
Seit 2005 ist der Wirkstoff bei uns als Monopräparat außer Handel und wird nur noch in der
Kombination mit ASS vertrieben (Aggrenox®).18
In Brasilien ist das Mittel weiter als Monopräparat erhältlich.
Auf Kosten der Armen?
Keinen relevanten therapeutischen Nutzen hat
außerdem das Bluthochdruckmittel Micardis®
(Telmisartan).19 Trotz Blutdrucksenkung verhindert es kardiovaskuläre Ereignisse nicht besser
als Plazebo.20
Pradaxa® (Dabigatran) soll vor Thromboembolien nach Hüft- und Knieoperationen schützen.
Laut der Fachzeitschrift arznei-telegramm bestehen allerdings Bedenken der Sicherheit. Ob
es gleich gut wirkt wie die Standardtherapie ist
auch nicht vollständig geklärt.21
Der Hustensaft Bisolvon® (Bromhexin) wird
zwar günstig verkauft, ist aber wirkungslos.
Hinreichende Belege für einen relevanten klinischen Nutzen sind nicht auffindbar.22 Gleiches
gilt für den Schleimlöser Mucosolvan® (Ambroxol). Ebenso zweifelhaft ist die Wirksamkeit der
Lutschtablette Mucoangin® (Ambroxol) gegen
Halsschmerzen.
Schlechte Wahl bei Asthma und Rheuma
Berotec® (Fenoterol) und Duovent® (Fenoterol
und Ipratropium) sind alte Asthmamittel, die in
Deutschland seltener verordnet werden. Bereits
seit 1990 besteht der nie ausgeräumte Verdacht,
dass AsthmatikerInnen, die Fenoterol inhalieren,
ein erhöhtes Risiko haben, an ihrer Krankheit zu
sterben.23
Das Antirheumatikum Movatec® (Meloxicam)
wurde ebenfalls als Ampulle abgewertet, weil
es bei höherem Risikopotential keinen Vorteil
gegenüber anderen Rheumamitteln bietet. Als
angeblich erster Cox-2-Hemmer sollte das 1996
eingeführte Meloxicam besonders magenverträglich sein. Nur wenige Monate nach der
Markteinführung musste die Boehringer-Tochter Thomae allerdings vor schwerwiegenden
Magen-Darm-Schäden einschließlich Blutungen oder Perforationen warnen.24 Die in Brasilien von Boehringer angebotene Injektion ist in
Deutschland seit 2007 außer Handel, als Tablette ist das Medikament auch bei uns erhältlich.
Ähnlich problematisch ist das überholte Antirheumatikum Butazona Cálcica® (Phenylbutazon und Calcium), das Boehringer in Brasilien
als Tablette anbietet. Wegen des negativen Nutzen-Schaden-Verhältnisses kommt das arzneitelegramm zu dem Schluss: „Auf die Anwen-
23
dung von Phenylbutazon sollte ganz verzichtet
werden, zumal gut wirksame Alternativen wie
Naproxen zur Verfügung stehen.“25 In Deutschland bietet Boehringer das Mittel folgerichtig
gar nicht erst an.
Fazit:
Unter den von uns untersuchten Firmen hat
Boehringer Ingelheim in Brasilien das schlechteste Arzneimittelangebot. Das Sortiment hat
zwar – bei einer deutlich höheren Anzahl von
Produkten – einen größeren Anteil rationaler
Produkte als in Indien. Das brasilianische Sortiment enthält aber auch einige hochproblematische Präparate, die sofort vom Markt verschwinden sollten.
Bayer HealthCare:
Von sinnvoll bis Life-Style
2011 bot die Firma Bayer 167 Medikamente in
Brasilien an. Die meisten Präparate (103) verkauft die Firma auch in Deutschland,26 weitere
19 sind bei uns von anderen Herstellern oder
generisch erhältlich. Die restlichen 45 Arzneien
sind in Deutschland nicht auf dem Markt. 62,9%
der brasilianischen Produkt-Palette sind rational (105 Arzneien). Darunter finden sich 34 unentbehrliche Arzneimittel (20,4%). Weitere 62
Medikamente (37,1%) werteten wir als irrational.
46 Medikamente waren innovativ, von diesen
wurden allerdings 15 als irrational eingestuft.
Unentbehrliche Bayer-Produkte
Sowohl das hochpreisige Betaferon® (Interferon
Beta) zur Behandlung von Multipler Sklerose als
auch zwei Antibiotika mit dem Wirkstoff Moxifloxacin, namentlich Avalox® und Promira® werteten wir als unentbehrliche Innovationen. Der
Wirkstoff Moxifloxacin wird momentan auch
für die Anwendung bei Tuberkulose getestet.
Bisher müssen TB-PatientInnen für sechs Monate eine Kombination aus drei Antibiotika einnehmen. Von Moxifloxacin erhoffen sich ExpertInnen eine Verkürzung der Therapiedauer auf
zwei Monate. Das würde auch die Gefahr der
24
Resistenzbildung reduzieren. Bayer wirbt zwar
damit, dass das Medikament gemeinsam mit
der TB-Alliance in einer großen Phase III Studie
untersucht wird, beteiligt sich jedoch nur in geringem Umfang an den Forschungskosten.27
Andere unentbehrliche Medikamente sind alte
Präparate wie Adalat® (Nifedipin), das allerdings
in der Behandlung des Bluthochdrucks nur noch
bedingt eingesetzt wird. Aber auch Verhütungsmittel der zweiten Generation wie Mesigyna®
(Estradiolvalerat + Norethisteronenantat) sind
essentiell, ebenso Cipro® (Ciprofloxacin), ein
wichtiges Antibiotikum.
Krebs- und Leukämiemittel nur für Reiche
Einige der als rational bewerteten Produkte sind
hochpreisig und kommen selten zum Einsatz,
da sie selbst für die Mittelklasse unerschwinglich sind: Nexavar® (Sorafenib) ist laut arzneitelegramm das Mittel der Wahl gegen Leberkrebs, aber mit 6.952,– R$ (2.934,– €) je Monat
und PatientIn auch für die Mittelklasse zu teuer. Gleiches gilt für das Arzneimittel Campath®
(Alemtuzumab) zur Behandlung einer spezifischen Form der Leukämie (B-CLL). Das Präparat
kostete zum Zeitpunkt unserer Datenerhebung unerschwingliche 6.305,–R$ (2.386,– €) für drei
Infusionen. Seit dem 1. Oktober 2012 ist es aber
in Brasilien überhaupt nicht mehr verfügbar,
weil Bayer dort die Zulassung für das Medikament zurückgezogen hat. Schon 2009 hatte
der Hersteller die Vermarktungslizenz für sein
gesamtes Blutkrebs-Portfolio an die US-Firma
Genzyme verkauft (inzwischen Teil der SanofiGruppe).28 Die hat nun auch in Europa den Verkauf von Alemtuzumab eingestellt. 29 Aus rein
kommerziellen Gründen, sagen KritikerInnen.
Denn Bayer und Genzyme wollen sich jetzt gemeinsam auf die Erforschung des Wirkstoffes
zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS)
konzentrieren – eine viel gewinnträchtigere
Krankheit als die sehr seltene B-CLL-Leukämie.30
Die Behandlung Leukämiekranker wird dadurch
deutlich erschwert, denn für einen Teil der Erkrankten gibt es zu Alemtuzumab keine Behandlungsalternative.31
Ebenfalls zu teuer sind die Röntgenkontrastmittel Ultravist® (Iopromid) und Magnevistan® (Ga-
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Junge Frauen in Salvador. Mit Bayers Verhütungspillen Yaz und Yasmin sind sie schlecht bedient.
Foto: Adam Jones, Ph.D. Wikimedia Commonse
dopentetat Dimeglumin), sowie das Leukämiemittel Fludara® (Fludarabinphosphat 50 mg).
Gefährliche Verhütungspillen
Kritikwürdig ist insbesondere die Vermarktung
der umstrittenen und irrationalen Drospirenon-haltigen Kontrazeptiva aus dem Hause
Bayer. Der Wirkstoff Drospirenon gehört zu den
neueren Pillen der dritten Generation. Gegenüber älteren Verhütungsmitteln der zweiten
Generation mit dem Inhaltsstoff Levonorgestrel
ist das Thromboserisiko für Anwenderinnen
doppelt so hoch.32 Der Hersteller Bayer versucht
jedoch, die Risiken herunterzuspielen. ScheringJenapharm, heute Bayer, hatte für seine Drospirenon-haltigen Verhütungspillen Aida® und
Yasminelle® schon bei Markteinführung 2006
mit einem Beauty-Effekt und Gewichtsabnahme geworben und dabei in Deutschland gegen
das Werbeverbot für verschreibungspflichtige
Arzneimittel bei Laien verstoßen. Yasmin® ist
auch hierzulande bei jungen Frauen beliebt.
Das arznei-telegramm rät aber eindeutig vom
Gebrauch ab. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA lehnte außerdem eine von Bayer
beantragte Indikationsausweitung zur Behandlung mittelschwerer Akne bei Frauen, die auch
verhüten wollen, ab. Da Akne bei jungen Frauen
Auf Kosten der Armen?
verbreitet ist, befürchtet das Arzneimittelkomitee der EMA, dass auch Frauen, die nicht hormonell verhüten wollen, mit dem Medikament behandelt werden, obwohl andere Aknemittel zur
Verfügung stehen.33 Yasmin stand 2010 in Brasilien an Platz 15 in der Liste der meistverkauften
Medikamente.34
Das ebenfalls Drospirenon-haltige Präparat Angeliq®, bewirbt der Konzern gemäß der Zulassung nur zur Hormonsubstitution in der Menopause. Auch dieses Arzneimittel sollte laut
arznei-telegramm kaum Verwendung finden:
„Wegen schwerwiegender Risiken wie der erhöhten Gefährdung durch Brustkrebs, Herzinfarkt und Thromboembolien sind Hormone bei
Beschwerden der Wechseljahre möglichst zu
meiden.“35
Bayer hält sich in Brasilien an die Gesetzeslage
und bewirbt Diane 35® (Cyproteronacetat und
Ethinylestradiol) – anders als in Indien – gemäß
der Indikation nur für schwere Akne und Vermännlichungserscheinungen der Frau und nicht
als Anti-Baby-Pille. Diane 35® ist in Deutschland
seit den 90er Jahren nicht mehr als Verhütungspille zugelassen, nachdem 1994 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
der Verdacht auf Lebertumore entstand. Seit
dieser Zeit ist die Anwendung beschränkt auf
Androgenisierungserscheinungen der Frau und
25
schwere Akne.36 Diane 35® birgt zusätzlich ein
hohes Thromboserisiko.37
Die Verhütungspille Qlaira® (Estradiolvalerat + Dienogest) wird in Brasilien, wie auch in
Deutschland als „erste Antibabypille mit natürlichen Hormonen“ beworben.38 Doch auch, was
als natürlich daherkommt, muss nicht unbedenklich sein. Weil Wirksamkeit und Sicherheit
des Präparates nur unzureichend belegt sind,
rät das arznei-telegramm dringend von der Anwendung ab.39 Private Apotheken sind in Brasilien der Hauptumsatzplatz für solche umstrittenen Produkte.
Irrationales für den Mann
Aber auch für den Mann hat Bayer Irrationales
zu bieten: Das Arzneimittel Proviron® (Mesterolon) preist die Firma in Brasilien zur Behandlung
von Blutbildungsstörungen und Leistungsminderung bei Männern an. Die Behandlung mit
dem Sexualhormon Mesterolon gilt in Deutschland jedoch als überholtes Therapieprinzip. Der
Nutzen des Medikaments ist nicht erwiesen
und schon seit 2003 wird es hier nicht mehr verkauft. Mesterolon wurde von Schering in den
1960er Jahren unter anderem als „Wirkstoffkomplex für den Mann“ in Kombination mit Vitamin E, Yohimbin und Strychnin in den Handel
gebracht. 40 Mit Übernahme des Unternehmens
Schering hat Bayer diesen irrationalen Wirkstoff
in Brasilien in sein Firmensortiment übernommen.
Levitra® (Vardenafil) ist einer der Umsatzschlager gegen die erektile Dysfunktion beim Mann
und muss als Life-Style-Medikament gewertet
werden. Das Medikament hat ein hohes Risikopotential und sollte nur nach strenger Abwägung von Nutzen und Risiko eingesetzt werden.41 Zwar darf Levitra® auch in Brasilien nur
gegen Rezept abgegeben werden, doch viele
Drogarias verkaufen es nach Auskunft unserer
brasilianischen PartnerInnen ohne Rezept. Je
weiter weg von der Hauptstadt, desto schlechter sei die Kontrolle der Apotheken. Die Firma
Bayer und andere Hersteller profitieren davon.
12% des Umsatzes mit Mitteln gegen die erektile
Dysfunktion entfallen in Brasilien auf Bayers Levitra®, den größten Marktanteil haben Pfizer mit
26
Viagra® (Sildenafil, 36,2%) und Elli Lily mit Cialis
(Tadalafil, 41,6%).4 2 Bis vor wenigen Jahren bewarb Bayer das Medikament öffentlich in Brasilien, obwohl die Gesundheitsbehörde Anvisa
schon 2003 ein Werbeverbot erteilte.43
Dubiose Mixturen und Vitamin-Cocktails
Neben irrationalen Kombinationen wie Cafaspirina® (ASS, Coffein), Alka-Seltzer® (ASS, Citronensäure, Natriumhydrogencarbonat) oder
Redoxon® (Vitamin C und Zink) bietet Bayer in
Brasilien zahlreiche unsinnige Vitaminmischungen an, darunter Beneroc®, Beroccal®, Elevit®,
Ephynal®, Natele®, Protovit Plus®, Supradyn®.
Das Präparat Supradyn Pré Natal® bringt es sogar auf 25 verschiedene Wirkstoffe. In Deutschland gelten Kombinationen von Arzneimitteln,
die mehr als drei Wirkstoffe in einem Medikament vereinen schon seit 1991 als unsinnig und
werden daher von den Krankenkassen nicht
mehr erstattet.44 Problematisch sind solche
Wirkstoff-Cocktails vor allem deshalb, weil die
Wechselwirkungen der einzelnen Bestandteile im Körper nicht vorhersehbar sind. Die unerwünschten Wirkungen einzelner Wirkstoffe
addieren sich und können sich sogar potenzieren. Gravierende Mangelerscheinungen können
außerdem nur mit Monopräparaten gezielt therapiert werden. Zielgruppe der Bayer-Cocktails
sind vor allem Kinder und Schwangere. Die
zweifelhaften Mixturen werden als „Stärkungsmittel“ vor dem Sport angepriesen oder um die
schulischen Leistungen zu verbessern. Sie füllen
die Kassen der Hersteller, bescheren den AnwenderInnen jedoch keinen gesundheitlichen
Gewinn.
Nichts Gutes für DiabetikerInnen
Auch das irrationale Diabetespräparat Glucobay® (Acarbose) von Bayer halten wir für bedenklich. Bayer versuchte mit der groß angelegten
STOP-NIDDM-Studie den Nutzen von Arcabose
zu belegen. Dies gelang nicht. Bei der Studie
waren Bayer-MitarbeiterInnen an der Studiendurchführung beteiligt. Das arznei-telegramm
kommt zu dem Schluss: „Ein Nutzen von Acarbose (Glucobay®) zur Senkung des Risikos kar-
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
diovaskulärer Erkrankungen bei PatientInnen
mit erhöhtem Blutzucker ist nicht belegt. Der
angebliche Nutzen-Nachweis durch die STOPNIDDM-Studie beruht auf Daten-Manipulation
zu Gunsten von Acarbose.“45
Fazit:
Das Sortiment von Bayer ist mit 105 (62,9%) rationalen Arzneimitteln besser als das von Boehringer Ingelheim. 18% des Angebots zählen sogar
zu den unentbehrlichen Medikamenten. Doch
auch Bayer bietet in Brasilien viele problematische Arzneimittel an, darunter Altlasten der Firma Schering, die 2006 vom Bayer-Konzern übernommen wurde.
Baxter:
Qualität zum stolzen Preis
Baxter bot 2011 mit 53 Medikamenten ein relativ
kleines Sortiment in Brasilien an und verkaufte
dort noch weniger Arzneimittel als in Indien (77).
Fast alle Produkte (49) sind auch in Deutschland
verfügbar, allerdings ist das Firmensortiment
hierzulande fast doppelt so groß (Deutschland:
94). Alle in Brasilien verkauften Baxter-Produkte
sind rational, 39 (73,6%) sogar unentbehrlich.
Sechs Medikamente werteten wir darüber hinaus als innovativ. Das in der Krebstherapie eingesetzte Mitexan® (Mesna) wurde als unentbehrliche Innovation eingestuft.
Vieles sinnvoll und unentbehrlich
Wie auch in anderen Ländern konzentriert sich
Baxter in Brasilien vorrangig auf Infusionslösungen (Glucose, Ringer). Außerdem bietet die
Firma in Brasilien Blutersatzprodukte, ein Narkosemittel und zwei Impfstoffe gegen Influenza
A und Meningokokken an, sowie einige Krebsmedikamente (Baxter Oncology). Antibiotika
sind in Brasilien nicht im Sortiment. Nur neun
Präparate bietet der Hersteller im mittleren
Preisspektrum an. Immerhin 15 Baxter-Produkte, also rund ein Viertel, sind dagegen hochpreisig: Das Blutersatzprodukt Immumine® (Gerinnungsfaktor IX), der Influenza A Impfstoff und
Auf Kosten der Armen?
Viele Infusionslösungen von Baxter sind teuer.
Foto: U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist
1st Class David G. Crawford, Wikimedia Commons
die Blutersatzprodukte Prothromplex-T® (Gerinnungsfaktoren, II, VII, IX und X) und Advate®
bzw. Feiba® (Gerinnungsfaktor VIII), Endobulin
KIOVIG® und Endobulin S/D® (Immunoglobulin
G) sowie das Krebsmittel Holoxane® (Ifosfamid)
und auch das Narkosemittel Isothane® (Isofluran). Diese Mittel gelten zwar auch in Brasilien
als unentbehrlich und sollten eigentlich vom
staatlichen Gesundheitssystem SUS bezahlt
werden. Doch in den Volksapotheken sind Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen nicht
immer verfügbar. Und privat kann sich diese
Medikamente kaum jemand leisten. EinE ArbeiterIn verdient zum Beispiel in Brasilien rund
1.400,– R$ im Monat. Ist er oder sie BluterIn, wird
mehrmals wöchentlich eine Dosis des Blutgerinnungsfaktors Advate® für 4.115,25 R$ benötigt.
Für PatientInnen, die nicht gerade in der Hauptstadt mit zahlreichen gut zugänglichen und
recht gut ausgestatteten Gesundheitseinrichtungen leben, bedeutet das den sicheren Tod.
27
Viele wichtige, aber teure Arzneimittel sind somit schlecht zugänglich für die Armen. Das ist
umso bedenklicher, als die meisten (11) zugleich
unentbehrlich sind, etwa die Krebsmedikamente oder die Blutersatzprodukte.
Fazit:
Das Sortiment ist insgesamt gut, orientiert sich
aber kaum an den in Brasilien vorherrschenden
Erkrankungen. Die Preisgestaltung und die Auswahl der Produkte lassen den Schluss zu, dass
Baxter (wie auch Bayer und Boehringer Ingelheim) den privaten Sektor und somit die brasilianische Mittel- und Oberklasse fokussiert.
Hohe Herstellerpreise schließen die Armen vom
Zugang zu wichtigen Medikamenten aus.
Endnoten
1 Jede unterschiedliche Darreichungsform oder Dosierung wird als
eigenes Medikament gezählt. So handhabt das auch die deutsche
Zulassungsbehörde.
2 Rote Liste (2011) Rote Liste Februar 2011. Frankfurt: Rote Liste® Service
GmbH – Da sich die brasilianischen Daten auf das Jahr 2011 beziehen,
wurden die Vergleichsdaten auch aus Deutschland aus dem Jahr 2011
verwendet.
3 Medikamente, die seit 15. Mai 1996 auf dem brasilianischen Markt sind
und keine generische Alternative haben. Cave: innovativ beinhaltet
nach dieser Definition nicht zwingend, dass ein Medikament rational
ist, s. Methodik.
4 In der Kinderformulierung existiert Nevirapine in Deutschland nicht,
da es bei uns nur sehr wenige HIV-infizierte Kinder gibt.
5 Umrechnungskurs vom 23.10.2012
6 arznei-telegramm (2012), Arzneimitteldatenbank, Bewertung Tenecteplase. Stand: [Zugriff 15.9.12]
7 Arznei-telegramm (2005) Sehstörungen unter Parkinsonmitteln wie
Pramipexol (SIFROL). 36, S. 14
8 Rote Liste (2011) Frankfurt: Rote Liste® Service GmbH, Februar 2011
9 arznei-telegramm (2012), Arzneimitteldatenbank, Bewertung Pramipexol. [Zugriff 15.9.12]
10 (2012) 90 Jahre und kein Ende. Warum Metamizol so problematisch ist.
Pharma-Brief Spezial 1/2012, S.7
11 arznei-telegramm (2012), Arzneimitteldatenbank, Bewertung Metamizol-Natrium [Zugriff 15.9.12]
12 Mit einem Schreiben vom November 1986 teilte das Bundesgesundheitsamt pharmazeutischen Herstellern seine Absicht mit, metamizolhaltigen Kombinationspräparaten die Zulassung zu entziehen. Auch
die Anwendung von Monopräparaten wurde stark eingeschränkt und
rezeptpflichtig. Im April 1987 wurde das Verbot für Metamizol-Kombinationen ausgesprochen. (Pharma-Brief 4/1987, S. 3-4 und Deutsches
Ärzteblatt 19.11.1986, 83. Jg, H. 47, S. 3267)
13 Pharma-Brief 4/1987, S. 4
14 Website Boehringer-Ingelheim, Rubrik 55 Jahre in Brasilien –
Erfolgreiche Marken und viel Potenzial.
http://www.boehringer-ingelheim.de/unternehmensprofil/global_activities/americas/brazil/bi_in_brasilien.html [Zugriff 14.8.2012]
15 Youtube (2011) www.youtube.com/watch?v=Xe28Nuw39zQ [Zugriff
15.03.2012]
16 Brasilianische Pharmaton-Website, Rubrik Klinische Studien www.pharmaton.com.br/estudios_clinicos/adultos/diminui_os_sintomas_ fadiga.html [Zugriff am 16.8.12]
17 Rote Liste (2011) Frankfurt: Rote Liste® Service GmbH, Februar 2011
18 arznei-telegramm (2012), Arzneimitteldatenbank, Eintrag zu Dipyridamol [Zugriff 15.9.12]
19 arznei-telegramm (2008) Sekundärprävention nach Insult. a-t 2008;
39, S. 94-95
20 arznei-telegramm (2010), Arzneimitteldatenbank, Eintrag zu Telmisartan. Stand 23.4.2010
21 arznei-telegramm (2008) Oraler Thrombinhemmer Dabigatranetexilat. a-t 2008; 32, S. 51
22 arznei-telegramm (2012), Arzneimitteldatenbank, Eintrag zu Bisolvon
Hustensaft [Zugriff 15.9.12]
23 arznei-telegramm (1991) Asthma. Fenoterol (Berotec)-Dosieraerol als
Todesursache. a-t 1991; 12, S. 106-107
24 arznei-telegramm (1996) Antirheumatikum Meloxicam (Mobec). Pseudoinnovation mit brüchigem Konzept. a-t 1996; 8, S. 77-78
25 arznei-telegramm (2012), Arzneimitteldatenbank, Eintrag zu Phenylbutazon [Zugriff 15.9.12]
26 Die Firma Bayer besteht aus mehreren Teilen, durch den Zusammenschluss mit Schering-Jenapharm aus Bayer Schering, Bayer HealthCare
28
und Bayer Vital. Der Übersichtlichkeit halber wird die Gesamtfirma hier
als Bayer bezeichnet.
27 TB Alliance (2012) ENROLLMENT COMPLETE FOR REMOX TB – GLOBAL
PHASE III CLINICAL TRIAL www.tballiance.org/newscenter/view-brief.
php?id=1018 [Zugriff 12.2.2012]
Firmen E-Mails an die BUKO Pharma-Kampagne vom 25.4.2012 und
16.5.2012
28 Bayers Vertrag mit Genzyme genehmigt (2009). Bayer Austria-Website,
Rubrik Presse http://www.bayer.at/scripts/pages/de/presse/bayergenzyme-genehmigt.php [Zugriff 8.10.2012]
29 Paul-Ehrlich-Institut (2012) Information des Paul-Ehrlich-Instituts zur
Marktrücknahme von MabCampath® (Alemtuzumab). Sicherheitsinformation, 15. August 2012
30 Vom Leukämiemittel zum MS Präparat (2012) Pharmazeutische Zeitung
online http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=43143
[Zugriff 8.10.2012]
31 Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (2012) Information
und Stellungnahme der AkdÄ zur Marktrücknahme von MabCampath®
(Alemtuzumab)
32 arznei-telegramm (2012) Arzneimitteldatenbank, Bewertung Ethinylestradiol + Drospirenon [Zugriff 28.10.2012]
33 arznei-telegramm (2009) THROMBOEMBOLIERISIKO DROSPIRENONHALTIGER KONTRAZEPTIVA YASMIN U.A. a-t 2009; 40, S. 100
arznei-telegramm (2006) Thrombosen unter Drospirenon-haltigen
Antibabypillen. a-t 2006; 37, S. 94
34 Information des brasilianischen Arzneimittelindustrieverbandes Interfarma:
www.interfarma.org.br/site2/index.php/informacoes-do-setor/indicadores
35 arznei-telegramm (2004) ANGELIQ ZUR „HORMONSUBSTITUTION“. a-t
2004; 35, S. 101-102
36 arznei-telegramm (1994) DIE GESCHICHTE DES WIRKSTOFFS CYPROTERONAZETAT (IN DIANE U. A.): ... Von der „Pille für den Mann“ zum
„Hautpflegemittel mit Empfängnisschutz“. a-t 1994, 9, S. 84-86
Rote Liste (2011) Frankfurt: Rote Liste® Service GmbH, Februar 2011
37 arznei-telegramm (2002) HÖHERE THROMBOGENITÄT VON DIANE. a-t
2002; 33; S. 130
38 Paceiro da Saude (2011) Anticonceptional-Brasil ganha pilula com estrogrenio natural. Qlaira, da Bayer HealthCare. www.parceirodasaude.
com.br/?p=2027 [Zugriff: 15.3.12]
39 arznei-telegramm (2009) Neu auf dem Markt. a-t 2009; 40, S. 62
40arznei-telegramm (2012), Arzneimitteldatenbank, Bewertung Mesterolon [Zugriff 15.9.12]
41 arznei-telegramm (2003) PHOSPHODIESTERASE-HEMMER NR. 3: VARDENAFIL (LEVITRA). a-t 2003; 34: 35
42 Cuminale N (2010) Mais 10 milhões de consumidores de Viagra.
[http://veja.abril.com.br/noticia/saude/mais-10-milhoes-consumidores-viagra [Zugriff: 1.9.2012]
43 Anvisa (2003) Resolução RE nº 1.157, de 17 de julho de 2003, D.O.U
de 28/7/2003. http://portal.anvisa.gov.br/wps/wcm/connect/
ae06130047458b92955cd53fbc4c6735/Lista_Propagandas_Suspensas_2010_2001_15042011.pdf?MOD=AJPERES [Zugriff 1.9.2012]
44 Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (2002) Ergänzung und
Aktualisierung der Arzneimittelübersicht zu der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung.
BGBl; I, S. 4554 www.kbv.de/rechtsquellen/2577.html [letzter Zugriff
10.9.12]
45 arznei-telegramm (2003) STOP-NIDDM-STUDIE MIT ACARBOSE. Schlamperei, Manipulation, Irreführung. a-t 2003; 34, S. 73-74
46 World Health Organisation (2011) Essential Medicines. www.who.int/
medicines/services/essmedicines_def/en/index.html [Zugriff 16.2.2012]
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Ein Schuhputzer in Curitiba, Brasilien, wartet auf Kundschaft. Das steuerfinanzierte
Gesundheitssystem garantiert ihm kostenl­­ose medizinische Versorgung.
Foto: Adam Jones, Wikimedia Commons
2. Zugang zu den Arzneimitteln
Preis und Verfügbarkeit
In staatlichen Gesundheitseinrichtungen Brasiliens ist die Versorgung für alle BürgerInnen
kostenlos. Viele BrasilianerInnen suchen jedoch
private Einrichtungen auf, obwohl sie die anfallenden Kosten dann aus eigener Tasche zahlen
müssen. Grund dafür sind zum Teil lange Wartezeiten im öffentlichen Sektor, wie PatientInnen in Interviews berichteten. So klagte der Angehörige einer Patientin: „Meine Schwester war
30 Tage in einer staatlichen Klinik, bevor ihr ein
einfacher Nierenstein entfernt wurde. Sie hat
daher einen ganzen Monat Gehalt verloren. Das
nächste Mal gehen wir in eine private Klinik.“
Insbesondere für die Gesundheitsversorgung
der Ober- und Mittelschicht spielt der private
Sektor eine große Rolle.
Jedes Krankenhaus des privaten wie auch des
öffentlichen Sektors verfügt über eine Liste von
Arzneimitteln, die in der jeweiligen Einrichtung
verwendet werden und dort auch vorrätig sein
sollen. Die sogenannten Positivlisten werden
von einem pharmazeutischen ExpertInnenkomitee zusammengestellt.
Wir haben die Verfügbarkeit von 111 (Distrito Federal DF) bzw. 113 (Goiás) Medikamenten
aller drei Firmen in beiden Bundesstaaten in
jeweils fünf öffentlichen sowie fünf privaten
Krankenhäusern und fünf privaten Apotheken
(Drogarias) untersucht (insgesamt 30 Einrichtungen). Weil im Distrito Federal und Goiás z.T.
unterschiedliche Dosierungsformen vorlagen,
unterscheidet sich die Auswahl der Medikamen-
Auf Kosten der Armen?
29
Goiâna ist die Hauptstadt von Goiás. Die medizinische Versorgung ist in diesem Bundesstaat schlechter als
im Bundesdistrikt. Foto: Aoaassis, Wikimedia Commons
te in den Bundesstaaten geringfügig. Es wurde
überprüft, welche Arzneimittel in den verschiedenen Sektoren verwendet werden und ob die
Firmen den Höchstpreis über- oder auch unterschreiten. Ein Medikament – das Human Albumin von Baxter – wurde nur in Goiás überprüft,
dort aber in keinem Krankenhaus verwendet. Es
war auch in keiner privaten Apotheke (Drogaria)
vorrätig.
Staatlicher Sektor
Im staatlichen Sektor behandeln ÄrztInnen vor
allem mit brasilianischen generischen Produkten. Die Medikamente sind für die PatientInnen
kostenlos und werden meist mit generischem
Namen vom Gesundheitsministerium zur Verfügung gestellt. Dementsprechend empfangen
die ÄrztInnen in der Regel keine PharmavertreterInnen und sie verordnen Medikamente unter
ihrem Wirkstoffnamen, nicht unter dem Markennamen. Die PatientInnen bekommen das
entsprechende Präparat dann in der Krankenhausapotheke ausgehändigt. Allerdings kann
es vorkommen, dass ein gelistetes Mittel nicht
verfügbar ist und PatientInnen es dann doch in
einer privaten Apotheke kaufen müssen. Eine
Patientin erzählte, dass ihr achtjähriger Sohn
wegen eines akuten Asthmaanfalls in einer
staatlichen Klinik behandelt wurde. Ein einfaches Asthmaspray war dort nicht vorrätig. Die
Mutter solle es in einer privaten Apotheke einkaufen, so der Rat des Arztes.
Auffällig war, dass vier (von sieben) ÄrztInnen
zugleich im privaten und im öffentlichen Sektor
tätig waren, weil im privaten Bereich mehr zu
verdienen ist. Alle interviewten MedizinerInnen
hatten außerdem ein ähnliches Spektrum von
Krankheitsfällen gesehen: Häufig waren hoher Blutdruck, Malaria, Lungenentzündungen,
30
Die Hauptstadt Brasilia im Bundesdistrikt hat moderne
Architektur, aber auch gute medizinische Versorgung zu
bieten.
Foto: Heitor C. Jorge, Wikimedia Commons
Harnwegsinfekte. Gelegentlich kamen DengueFieber, Chagas, HIV, Krebs und Lepra vor.
In sechs von zehn untersuchten staatlichen
Krankenhäusern waren insgesamt nur sechs
Medikamente in sechs Dosierungs- und Formulierungsformen der untersuchten Firmen vorhanden. Die Preise der wenigen im staatlichen
Sektor verwendeten Originalmedikamente lagen alle unter dem offiziellen Firmenpreis.
Eine staatliche Einrichtung in Goiás verwendete zwei Medikamente der untersuchten Firmen:
eine Kochsalzinfusionslösung der Firma Baxter
sowie das irrationale und gefährliche Buscopan
composto® (Butylscopolamin und Metamizol).
In einer staatlichen Universitätsklinik im selben
Bundesstaat war das hochpreisige Actilyse® (Alteplase) für 1.532,– R$ (580,– €) pro Kurzinfusion
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
verfügbar. Das Medikament steigert die Überlebenswahrscheinlichkeit bei einem akuten Herzinfarkt und gilt in Brasilien als unentbehrliches
Arzneimittel. Trotzdem werden InfarktpatientInnen in anderen staatlichen Kliniken in Goiás
weder mit Alteplase noch mit anderen Fibrinolytika behandelt – so die Aussage unserer brasilianischen PartnerInnen, weil diese Mittel schlicht
nicht verfügbar sind. Die PatientInnen müssen
darum meist in den Distrito Federal (DF) verlegt
werden, ein nicht selten tödlicher Zeitverlust.
Obwohl kein Patentschutz besteht, ist Alteplase
in Brasilien (wie auch in Indien und Deutschland) nur als Originalprodukt erhältlich. Denn
Alteplase ist ein biopharmazeutisch hergestelltes Medikament, also ein Arzneimittel, das mit
Hilfe von gentechnisch veränderten (Mikro-) Organismen hergestellt wird. Nachahmerpräparate dieser hochkomplexen Proteine bezeichnet
man als Biosimilar, nicht als Generikum, denn
eine identische Kopie des Arzneistoffes ist nicht
möglich. Die Herstellung eines Biosimilars ist
aufwändig und in der Regel mit zusätzlichen klinischen Studien verbunden. Daher bleibt für Alteplase auch nach Ablauf der Patentlaufzeit das
Monopol bestehen und das Mittel ist nach wie
vor hochpreisig. Die staatliche Uniklinik zahlt jedoch gut 300,– R$ weniger als die Firma offiziell
als Produktpreis fordert.
Im Distrito Federal verwendeten zwei Krankenhäuser eine Glukose-Lösung von Baxter und
eine Klinik eine Nifedipin-Beißkapsel, die gegen
akuten hohen Blutdruck eingesetzt wird. Erstaunlich ist, dass gleich vier (!) von fünf untersuchten staatlichen Kliniken im Distrito Federal
die überteuerte Pseudoinnovation Metalyse®
(Tenecteplase) von Boehringer Ingelheim für
4.418,– R$ (1.867,– €) je Kurzinfusion in ihrem
Sortiment hatten, das unentbehrliche, immer
noch teure, aber deutlich günstigere Medikament Actilyse® (Alteplase) dagegen nicht. Dabei
bietet Metalyse® (Tenecteplase) gegenüber Alteplase keinen Vorteil.1 So ist es nur ein schwacher Trost, dass der Klinikpreis um mehr als
1.000,– R$ unter dem offiziellen Herstellerpreis
liegt. Auch Tenecteplase ist ein Biopharmazeutikum und in Brasilien nicht als Generikum verfügbar.
Auf Kosten der Armen?
Das private Albert Einstein Hospital in São Paulo gilt als
eines der besten Krankenhäuser der Stadt.
Foto: Lukaaz - Marcelo, Wikimedia Commons
Privater Sektor
In privaten Kliniken und Praxen empfangen
ÄrztInnen PharmavertreterInnen und verordnen neben Generika auch Originalpräparate.
Privatpraxen werden schlecht, teils gar nicht
kontrolliert. PharmareferentInnen werden laut
der Interviewaussagen vor allem wegen ihrer
Musterpackungen und Geschenke vorgelassen.
Fachtagungen für ÄrztInnen sind in der Regel
von Pharmaunternehmen stark gesponsert. Ein
Praxisarzt berichtete: „Auf Konferenzen werden
zahlreiche Satellitensymposien angeboten, wo
es neben Werbung zur Mittags- oder Abendbrotzeit besonders gutes Essen gibt. Werbung
ist sehr wichtig für viele KollegInnen, viele bekommen ihre Informationen nur durch Werbeanzeigen.“ Das hat durchaus Auswirkungen
auf die Verschreibungspraxis, auch wenn sich
der interviewte Arzt selbst von jeglichem Industrieeinfluss frei glaubte. Anstatt das rationale
Paracetamol oder Ibuprofen gegen Fieber und
Schmerzen einzusetzen, verordnete er Kindern
das gefährliche Metamizol. Die kleinen PatientInnen erhielten von ihm auch das veraltete und
nebenwirkungsreiche Asthmamittel Berotec®
(Fenoterol) der Firma Boehringer Ingelheim. Vie-
31
le ÄrztInnen nehmen gerne Arzneimittelmuster
an und geben sie an ihr wohlhabendes Klientel
weiter. Rezepte von Privatpraxen können nur in
privaten Apotheken eingelöst und müssen privat bezahlt werden.
Auch Life-Style-Mittel wie das Potenzmittel Levitra® (Vardenafil) müssen aus eigener Tasche
bezahlt werden. Ein brasilianischer Urologe
schilderte, dass er häufig kostenlose Probepackungen erhalte, das Mittel aber auch sehr häufig verschreibe. Von dem Bayer-Vertreter, der
mindestens einmal monatlich seine Praxis aufsuche, erhalte er Infomaterial, Zeitschriften, Einladungen zu Konferenzen und kleine Geschenke
- etwa ein Mousepad mit einer Dosierungstabelle für Testosteron. „Bayer ist sehr präsent im
Fachbereich Urologie, besonders wegen Vardenafil und der Hormontherapie mit Testosteron.“
In den untersuchten privaten Kliniken fanden
sich deutlich mehr Präparate von Originalherstellern. Sowohl ÄrztInnen als auch PatientInnen aus der Mittel- und Oberschicht kannten
entsprechende Markennamen. Die Markenpräparate werden von den PatientInnen bzw. deren
privater Krankenversicherung bezahlt. Auch im
privaten Sektor erstellt ein PharmazeutischTechnisches Komitee in jeder Klinik eine eigene Positivliste der verfügbaren Medikamente.
ÄrztInnen verordnen Medikamente teils unter dem Markennamen, teils unter dem Wirkstoffnamen. Die Krankenhaus-ApothekerInnen
dürfen ein verordnetes Originalpräparat aber
durch ein (wirkstoffgleiches) Generikum ersetzen.2
Recht häufig wird im privaten Bereich das veraltete Asthmamittel Berotec® (Fenoterol) verordnet. ApothekerInnen berichten außerdem, dass
viele PatientInnen z.B. Mittel zur Absenkung der
Blutfette haben wollen, weil sie denken, dass
körperliche Übungen weniger wirkungsvoll seien. Ebenso ziehen einige PatientInnen die Markenarzneimittel von Bayer, Boehringer und Co.
vor, weil sie diese für qualitativ hochwertiger
halten als brasilianische Nachahmer-Präparate.
Die Firmen fördern dieses Kaufverhalten, indem
sie den privaten Apotheken Rabatte bis zu 50%
einräumen! 3 Das gilt auch für Bayers riskante
Verhütungsmittel, wie ein Apotheker berichtete:
32
„Bayer gibt auf Yasmin® einen Rabatt, während
das sinnvollere Kontrazeptivum Mesigyna®
umsonst in jeder Volksapotheke erhältlich ist.“
Die Auswahl der im privaten Sektor verwendeten Medikamente ist eine bunte Mischung
aus rationalen, irrationalen und unentbehrlichen Produkten. Die privaten Krankenhäuser
im Distrito Federal verwendeten 7 bis 18 der
untersuchten Medikamente. In Goiás waren es
2 bis 19. Die irrationalen Produkte Buscoduo®
(Butylscopolamin und Paracetamol) und Binotal® (Ampillicin) waren nur in Goiás verfügbar.
Beachtlich war, dass kein privates Krankenhaus
in Goiás das wichtige Arzneimittel Actilyse®
(Alteplase) zur Behandlung eines akuten Herzinfarktes vorrätig hatte. Auch andere Therapien
wie Metalyse® (Tenecteplase) oder vergleichbare Präparate wie Streptokinase oder Urokinase
waren nicht vorhanden. Offensichtlich sind die
Krankenhäuser in Goiás schlechter für Notfälle
wie einen akuten Herzinfarkt ausgestattet als
jene im Distrito Federal, in dem auch die Hauptstadt des Landes liegt. Grund dafür dürfte u.a.
der hohe Preis von Alteplase sein.
Im Distrito Federal verwendeten drei private
Häuser Metalyse® (Tenecteplase) zur Behandlung eines akuten Herzinfarkts. Die teure Pseudoinnovation kostet 4.418,– R$ (1.867,– €) bzw.
5.460,– R$ (2.279,– €) je Kurzinfusion. Alle fünf
privaten Häuser im Distrito Federal verwendeten ebenfalls Actilyse® (Alteplase) für 1.847,– R$
(784,– €) pro Injektion.
Das Kreislaufmittel Efortil® (Etilefrin) sowie das
in der Krebstherapie verwendete Medikament
Mitexan® (Mesna) waren nur im Distrito Federal verfügbar. Bei anderen Medikamenten wurde
kein Unterschied zwischen den Bundesstaaten
beobachtet: Gleich sieben private Kliniken verwendeten das gefährliche Metamizol-Mischmittel Buscopan composto® (Butylscopolamin
und Metamizol) und in zwei Krankenhäusern
war das Bluthochdruckpräparat Micardis® (Telmisartan) verfügbar. Es bietet keinen Vorteil gegenüber anderen vergleichbaren Substanzen, 4
ist aber deutlich teurer.
Erfreulicherweise fanden wir in keiner der Kliniken das umstrittene Aknemittel Diane 35® von
Bayer-Schering (das häufig auch zur Verhütung
eingenommen wird) sowie die irrationale Vit-
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Auch sie hat´s erwischt! Kranke Kuh vor einer brasilianischen Drogaria. Die privaten Apotheken bieten ein breites Sortiment an Markenpräparaten an und sind Hauptabsatzmarkt für die untersuchten Firmen.
Foto: Andrevruas, Wikimedia Commons
aminmischung Kiddi-Pharmaton®. In einem der
privaten Krankenhäuser kostete eine Großpackung Aspirin® (ASS) 500 mg mit 100 Tabletten
94,16 R$ (36,– €). PatientInnen, die das Medikament einkaufen, zahlen fast das Doppelte des
offiziellen Firmenpreises in Brasilien, der sogar
noch etwas über dem Preis in Deutschland liegt
(16,48 €). Ansonsten hielten sich die privaten
Krankenhäuser an den offiziellen Preis.
Private Apotheken (Drogarias)
Die meisten Apotheken in Brasilien sind in privater Hand. Die Medikamente müssen dort aus
dem eigenen Geldbeutel bezahlt werden. Neben
den Farmácias de Manipulação, in denen vor allem selbst hergestellte Medikamente wie z. B.
Salben verkauft werden, existieren zahlreiche
private Drogarias. Viele gehören zu einer Ladenkette, z. B. Drogafuji5 oder Drogaria Rosário6 .
Auf Kosten der Armen?
Wie der Name vermuten lässt, ähneln die Drogarias eher Drogeriemärkten als Apotheken. Neben Fertigarzneimitteln werden hier Kosmetika
und Hygieneartikel verkauft. Zwar muss einE
ApothekerIn anwesend sein, doch das übrige
Personal hat in der Regel keine pharmazeutische
Ausbildung. De facto werden häufig verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Antibiotika,
Verhütungspillen, Potenzmittel, Medikamente
gegen hohen Blutdruck oder Diabetes ohne Rezept abgegeben.7
Nicht selten sind wichtige Arzneimittel in staatlichen Krankenhäusern nicht verfügbar und die
PatientInnen müssen diese Mittel in privaten
Apotheken einkaufen. In staatlichen Apotheken
sieht es nicht viel anders aus, wie ein von uns
interviewter Arzt berichtete: „Manchmal müssen die PatientInnen die Medikamente in privaten Apotheken kaufen, weil sie in öffentlichen
Apotheken nicht zu bekommen sind.“ Theore-
33
ter Apotheker. Die problematischen Arzneimittel Diane 35® und Yaz® werden hier ebenso feil
geboten wie die irrationale Vitaminmischung
Pharmaton Kiddi® oder das gefährliche Metamizol-Mischpräparat Buscopan® composto.
Eine staatliche Kontrolle der privaten Drogarias
findet kaum statt.
Zusammenfassende Bewertung
Herzinfarkt-PatientInnen haben in Goiás kaum Chancen
auf eine angemessene Therapie.
Foto: AlexSP, Wikimedia Commons
tisch können Medikamente, die zwar auf der
Positivliste stehen, jedoch in staatlichen Kliniken oder Volksapotheken nicht verfügbar sind,
privat gekauft und dann nachträglich erstattet
werden. Diese Rückerstattung sei jedoch kaum
praktikabel und die PatientInnen bleiben – laut
Auskunft unserer brasilianischen Partnerorganisation – oft auf den Kosten sitzen.
In den untersuchten Drogarias fanden wir jeweils 12 bis 32 der überprüften Medikamente.
Das Arzneimittelsortiment ist in beiden Bundesstaaten nahezu identisch. Fast alle im ambulanten Bereich verwendbaren Produkte waren
vorhanden. Beim Verkaufspreis wurde fast immer der offizielle Firmenpreis eingehalten, teils
lag er leicht darunter.
Private Drogarias sind der Hauptabsatzmarkt
für die Medikamente der untersuchten Firmen.
Entsprechend häufig werden sie von VertreterInnen der Firmen aufgesucht: „Die PharmareferentInnen kommen regelmäßig – mindestens
zweimal im Monat in die Straße der Apotheken
(die Apotheken befinden sich häufig in einer
Straße) und besuchen uns“, so ein interview-
34
Das Arzneimittelsortiment und Vermarktungsstrategien der Firmen lassen den Schluss zu,
dass Boehringer, Bayer und Baxter den privaten
Sektor, vor allem private Arztpraxen und Drogarias im Blick haben, weniger die Krankenhäuser.
Im staatlichen Sektor finden die Medikamente
der untersuchten Firmen bis auf wenige Ausnahmen kaum Anwendung. Die für unsere Untersuchung ausgewählten Markenpräparate
werden hauptsächlich im Bundesdistrikt Distrito Federal und in privaten Krankenhäusern
angeboten. Eine rationale Verordnungspraxis
scheint bei der Auswahl der Medikamente nicht
im Vordergrund zu stehen. Weil im Distrito Federal die Hauptstadt mit vielen reichen EinwohnerInnen liegt, bemühen sich vor allem die Privatkliniken, den Erwartungen der PatientInnen
nach teuren Markenprodukten, aber auch dem
nicht zuletzt durch Werbung geprägten „Geschmack“ der ÄrztInnen zu entsprechen. Vier
private Kliniken im DF und eine in Goiás hatten
über zehn Präparate der untersuchten Firmen
im Angebot. Die Preise wichen kaum vom offiziell empfohlenen Firmenpreis ab.
Besonders beachtenswert ist die relativ große Verfügbarkeit der irrationalen und teuren
Pseudoinnovation Metalyse® (Tenecteplase),
während das sinnvolle und etwas günstigere
Arzneimittel Actilyse® (Alteplase) – sowohl im
staatlichen wie im privaten Sektor – überraschend wenig Anwendung findet. In Goiás war
Actilyse® nur in einem staatlichen Universitätskrankenhaus und in keiner privaten Klinik
verfügbar. Dabei steht Actilyse in Brasilien auf
der Liste unentbehrlicher Medikamente und
sollte im öffentlichen Sektor zu 100% verfügbar
sein. 8 Die große Verfügbarkeit der Pseudoinnovation Metalyse® (Tenecteplase) gerade auch in
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
staatlichen Einrichtungen des Distrito Federal
weist auf geschicktes Marketing der Firma hin.
Vermutlich wirbt Boehringer in den für die Auswahl der Medikamente zuständigen pharmazeutisch-technischen Komitees massiv für die
Pseudoinnovation Metalyse® (Tenecteplase).
Die Medikamentenauswahl der privaten Drogarias enthält alles, was ambulant verwendbar
ist und in privaten Sprechzimmern verschrieben
wird. Der Schwerpunkt liegt auf mittelpreisigen
Präparaten, darunter viele irrationale Produkte
wie Pharmaton® Kiddi oder Buscopan® (Butylscopolamin) in Tablettenform oder das Metamizol-Mischmittel Buscopan® compositum. Da der
Apotheken-Verkauf kaum reguliert wird und
viele Medikamente ohne Rezept frei verkäuflich
sind, ist dieser Zustand äußerst bedenklich. Private Apotheken hatten auch das problematische
Aknepräparat Diane 35® und das ebenso problematische Drospirenon-haltige Kontrazeptivum
Yaz® im Sortiment. Die Firmen fördern den Kauf
solcher irrationaler Produkte, indem sie hohe
Rabatte auf diese Mittel gewähren.
Theoretisch haben in Brasilien alle BürgerInnen laut Verfassung das Recht auf kostenlose
Behandlung und Therapie.9 Aber in der Realität kann es Wochen dauern, bis jemand tatsächlich die Behandlung bekommt, die er oder
sie braucht. In den Interviews schilderte eine
Patientin, dass sie vier Mal in einer staatlichen
Klinik aufgenommen wurde, bis ein gutartiger
Tumor entfernt wurde. Lange Wartezeiten können nicht nur äußerst schmerzhaft und gesundheitsbedrohlich sein, sie bedeuten zusätzlich
herbe Einkommensverluste für die Betroffenen.
Krankheit kann daher auch in Brasilien leicht zu
einer Überschuldung der Familie führen.
PatientInnen ziehen wegen dieser Mängel oft
das private System dem staatlichen SUS vor. Einige PatientInnen sind privat versichert, gehen
aber zum SUS, um ihre Medikamente zu bekommen, weil sie diese sonst privat bezahlen müssten. Ein Patient berichtete: „Obwohl ich eine
private Krankenversicherung habe, beziehe ich
meist meine Medikamente über den SUS, weil
ich sie mir privat nicht leisten kann. Ich denke, es
ist absurd, wenn wir für unsere Medikamente
selbst zahlen müssen, obwohl wir krankenversichert sind.“
Auf Kosten der Armen?
Aufwändige Untersuchungen müssen meist in privaten
Kliniken durchgeführt werden, weil die technischen Geräte
in öffentlichen Einrichtungen nicht vorhanden sind.
Foto: Hosppaulistano, Wikimedia Commons
PatientInnen sind häufig sehr auf Medikamente
fixiert wie ÄrztInnen berichteten:„PatientInnen
wollen fast immer Medikamente.” Sie beschwere sich, wenn sie nur Ratschläge bekommen. Ich
habe einen Patienten gehabt, der die Therapie
verweigerte, weil er kein Medikament bekam.“
Nur ein Arzt sah die PatientInnenbeziehung und
das Gespräch für den Heilungsprozess als wichtiger an als Medikamente: „Heute wollen PatientInnen sich ausdrücken und gehört werden.
Die Medikamententherapie kommt dann auf
Platz zwei.“ Im Gegensatz zu Indien stehen BrasilianerInnen Spritzen eher kritisch gegenüber
und meiden darum Injektionen: „Ich habe PatientInnen gesehen, die Insulinspritzen abgelehnt
haben, weil sie schmerzhaft sind. Vor invasiven
Methoden fürchten sich viele“, so ein Arzt. Diese
Beobachtungen werden auch von PatientInnen
bestätigt. Insgesamt ist in Brasilien das Vertrauen in die Fähigkeiten von ÄrztInnen hoch, wenn
auch nicht so bedingungslos wie in Indien. Verschreibungen werden in der Regel kaum hinterfragt.
35
3. Zugang zu innovativen
Medikamenten
Sechs Baxter-Medikamente, 45 von Bayer und
32 von Boehringer Ingelheim kamen nach dem
14 Mai 1996 auf den brasilianischen Markt. Zu
diesen Mitteln existieren keine generischen Alternativen, weshalb wir sie als innovativ einstufen. 16 der innovativen Bayer-Medikamente und
24 der innovativen Boehringer-Medikamente
wurden aber als irrational bewertet, sie stellen
also keine sinnvolle Therapie dar.
Das innovative Krebsmedikament Nexavar® (Sorafenib) von Bayer steht auf der brasilianischen
Liste unentbehrlicher Arzneimittel, weil es das
Leben von PatientInnen mit Leberkrebs um einige Monate verlängern kann.10 Interessanterweise wurde der Patentantrag für dieses Medikament im August 2010 vom brasilianischen
Patentamt abgelehnt.11 Dagegen hat der Hersteller Widerspruch eingelegt, das Verfahren ist
jedoch noch nicht entschieden. Sorafenib gibt es
darum in Brasilien bisher nicht als Generikum
(Nachahmerpräparat).
Bayer irrational: Fludara 10 mg® .
(Fludarabine),
Bayer rational: Fludara 50 mg® .
(Fludarabin), Campath® (Alemtuzumab),
Magnevistan® (Gadopentetat-Dimeglumin),
Utravist® (Iopromide )
Bayer rational und unentbehrlich:
Nexavar® (Sorafenib)
Boehringer Ingelheim rational: Metalyse®
(Tenecteplase)
Boehringer Ingelheim rational und unentbehrlich: Elodius® (Tipranavir), Actilyse®
(Alteplase)
Nur Metalyse® (Tenecteplase) und Actilyse®
(Alteplase) waren in den von uns untersuchten
Krankenhäusern verfügbar. Spezialisierte HIV
Kliniken, in denen Elodius® (Tipranavir) verfügbar sein könnte, wurden allerdings nicht untersucht. Die hochpreisigen Medikamente wurden
auch nicht in den Drogarias angeboten. Dabei
ist es in Brasilien durchaus keine Seltenheit, dass
PatientInnen, die in staatlichen Krankenhäusern
behandelt werden, eine private Apotheke aufsu-
36
chen müssen, um die benötigten Medikamente
zu erhalten. Das bestätigten auch unsere Interviews mit brasilianischen PatientInnen. Die
Kranken selbst oder ihre Angehörigen mussten
Bluthochdruck- und Krebsmedikamente aus
Drogarias besorgen, weil die behandelnde Klinik
diese Mittel nicht vorrätig hatte.
Zusammenfassende Bewertung
Rationale Innovationen von Bayer, Baxter und
Boehringer Ingelheim sind schlecht verfügbar
für die Armen und im staatlichen Gesundheitssektor oft nicht zu haben. Die innovativen Medikamente der untersuchten Firmen zielen außerdem nicht auf die in Brasilien vorherrschenden
Erkrankungen.
4. Klinische Studien
Boehringer Ingelheim: 41 klinische Studien der
Firma liefen 2011 in Brasilien12,13, darunter laut
Firmenangaben 37 in den Phasen II-IV. 14 Sieben
der Forschungsprojekte bezogen sich auf HIV/
Aids und auf das Medikament Tipranavir. Sechs
Studien werden zu Diabetes durchgeführt. Außerdem gibt es Studien zu chronischen Lungenerkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt,
Krebs und zur Blutverdünnung.
Ein Medikament, das in Brasilien getestet wird,
muss laut nationalem Recht auch für die Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Dass es der
brasilianischen Regierung mit diesem Grundsatz ernst ist, bekam die Firma Boehringer Ingelheim zu spüren: Sie wollte ihr Aids-Medikament
Elodius® (Tipranavir) in Brasilien nicht registrieren lassen, obwohl es im Land getestet wurde.
Die Regierung drohte daraufhin mit einer Klage und Boehringer lenkte ein. HIV-PatientInnen
erhalten das Reservemittel bei Bedarf in Spezialkliniken.15
Bayer: Bayer führte zum Studienzeitpunkt 39
Studien in verschiedenen Phasen durch.16 Darunter sind vier Studien zu Moxifloxacin, einem
Antibiotikum, das für den Einsatz bei Infektionen im Bauchraum und für den Einsatz bei chronischer Bronchitis getestet wird. Beides sind
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
sicherlich gravierende Erkrankungen, aber der
Einsatz des nicht besonders gut verträglichen
Antibiotikums Moxifloxacin ist hier eher fragwürdig. Die Firma wirbt außerdem damit, Moxifloxacin gemeinsam mit der Global Alliance for
TB Drug Development (TB Alliance) bei Tuberkulose zu testen. Bayers Beteiligung beschränkt
sich allerdings darauf, das Medikament zu Studienzwecken zur Verfügung zu stellen und im
Falle positiver Ergebnisse die Kosten für die Zulassung zu übernehmen. Auf Nachfrage, wie das
Medikament für die Armen zugänglich gemacht
werden soll, blieb der Konzern schwammig und
ließ sich weder auf einen Fixpreis noch auf einen Patentverzicht festlegen. Bayer gab lediglich an, das Medikament solle armen Menschen
günstiger zur Verfügung gestellt werden. Zum
Einsatz des Medikaments bei multiresistenter
TB war Bayer auf Nachfrage nur zu entlocken,
dass sie damit die Stop TB Partnership (Global
Drug Facility) unterstützen. Der ausgehandelte
Preis unterliege der Vertraulichkeit. Bayer habe
2011 in China 620.000 Tabletten zur Verfügung
gestellt und sich dabei an den vertraglich festgelegten Preis gehalten.17 Die Vertragspapiere
waren allerdings nicht öffentlich zugänglich.
Die Bayer-Studien beziehen sich vorrangig auf
„lukrative“ Erkrankungen: elf auf Venenthrombosen, Embolien und Blutverdünnung, acht auf
die Krebstherapie mit Sorafenib, drei auf Röntgenkontrastmittel.
Baxter führte 2011 bei Datenerhebung in Brasilien fünf Studien zu Hämophilie A und B durch.16
Wie auch Boehringer Ingelheim und Bayer konzentriert sich der Konzern auf Bereiche, in denen Geld zu verdienen ist.
Zusammenfassende Bewertung
Die Forschung der Firmen konzentriert sich
stark auf lukrative Bereiche. Im Vordergrund
stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und
Diabetes, wobei diese Krankheiten allerdings
auch in Brasilien sehr weit verbreitet sind. Allein
die Firma Boehringer Ingelheim führt Studien
zu HIV/Aids durch. Ansonsten investiert nur
Bayer ein wenig in die Erforschung vernachlässigter Krankheiten. Die Tuberkulose-Studie wird
Auf Kosten der Armen?
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Brasilien auf dem
Vormarsch. Fast jeder zweite Brasilianer ist übergewichtig.
Foto: Marcello Casal Jr/ABr, Wikimedia Commons
allerdings zum größten Teil von der TB Alliance
finanziert, der Firma dient sie mehr zur Imagepflege.
Die Hersteller nutzen den Markt für zahlreiche
Forschungsprojekte zu ihren Blockbustern. Neben einem großen Reservoir an Testpersonen
und qualifiziertem Fachpersonal bietet Brasilien eine gute Infrastruktur bei vergleichsweise
niedrigen Kosten. Verstöße gegen die Vorgaben
der Helsinki-Erklärung, die ethische Standards
für klinische Studien regelt, wurden nicht gefunden.
5. Patentpolitik
Da in Brasilien der Zugang zu Informationen
zum Patentstatus der Medikamente von Firmen
und Behörden behindert wurde, konnten wir
zunächst nur den Status weniger Medikamente eindeutig feststellen. Anders war das bei den
beiden Aids-Medikamenten, da der UNITAID
Patentpool alle Patente für Aids-Medikamente
37
Favela und Hochhäuser; Foto: Adam Jones, Ph.D. Wikimedia Commons
veröffentlicht.18 Erst kurz vor Drucklegung dieser Broschüre schickten uns die Firmen Bayer
und Boehringer Ingelheim eine Liste aller Patente und Patentanträge zu den in Brasilien verkauften Medikamenten. Es besteht ein Patent
der Firma Boehringer Ingelheim auf Pradaxa®
(Dabigatranetexilat). Bayer hält Patente auf das
unentbehrliche Medikament Avalox® (Moxifloxacin), das meist als Lifestylemittel eingesetzte
Levitra® (Vardenafil), das rationale Kontrazeptivum Mirena® (Levonorgestrel) sowie auf die
irrationalen Drospirenon-haltigen Kontrazeptiva Yaz® und Yasmin®. Außerdem ist ein Patentantrag für das Krebsmittel Nexavar® (Sorafenib)
gestellt.19 In Brasilien wurde der Patentantrag
zunächst abgelehnt. Bayer hat dagegen allerdings Widerspruch eingelegt, eine endgültige
Gerichtsentscheidung liegt noch nicht vor.20
Den überhöhten Preis des Krebsmittels rechtfertigt der Hersteller mit den hohen Forschungskosten. Doch der Wirkstoff Sorafenib wurde
gar nicht von Bayer selbst, sondern von einem
kleineren Unternehmen als Auftragsforschung
entwickelt. Der Entwicklung folgte 2005 eine
vereinfachte Zulassung als Orphan drug (Medikament zur Behandlung seltener Erkrankungen)
gegen das Nierenzellkarzinom. Die Auftragsfirma Onyx erhielt von Bayer 26,1 Millionen US$.
Weitere öffentliche Gelder flossen vom NIH (US
National Institute of Health), es fanden 53 Studi-
38
en statt, 35 davon wurden aus öffentlichen Mitteln finanziert, nur 15 wurden von der Industrie
bezahlt, drei hatten eine Mischfinanzierung.21
Diese Studien führten zu einer Indikationsausweitung des Medikaments für Leberkrebs.
Bereits 2008 hatte Bayer aber mit Sorafenib 1,2
Milliarden US$ Umsatz gemacht, die äußerst geringen Forschungsausgaben also längst wieder
eingespielt.22 Mit jährlich über 700 Millionen €
steht das Mittel auf Platz vier der Bayer Umsatzrenner.23 Falls Bayers Widerspruch gegen die Ablehnung des Patentantrags scheitern sollte, ist
ein massiver Preiseinbruch zu erwarten.
Viele Medikamente, die nach 1996 auf den brasilianischen Markt kamen und dort ohne generische Alternative sind, stehen vermutlich unter
Patentschutz. Eine Ausnahme bilden Biopharmazeutika wie Alteplase. Identische Kopien dieser hochkomplexen Substanzen sind nicht möglich, ähnliche Biopharmazeutika (Biosimilars)
sind nur mit großem Aufwand herzustellen. So
bleibt auch nach Ablauf der Patentlaufzeit das
Monopol und der damit verbundene hohe Preis
erhalten.
Zusammenfassende Bewertung
Medikamente, die mit öffentlichem Geld erforscht wurden, sollten überall zu erschwingli-
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
chen Preisen zur Verfügung stehen. Das Beispiel
Sorafenib zeigt aber, wie Firmen – in diesem Fall
Bayer – von öffentlich finanzierter Forschung
profitieren, dann aber den Gewinn für sich und
ihre AktionärInnen einstreichen. Die Bayer-Klage
gegen die Ablehnung des Sorafenib-Patents hat
zur Folge, dass in Brasilien keine generische und
günstige Version des Arzneimittels existiert –
zum Schaden der KrebspatientInnen.
Boehringer Ingelheim dringt ebenfalls auf die
Durchsetzung seiner Patentrechte, öffnete sich
aber im Fall von Aids mit einer Non Assert Declaration den Forderungen nach einem gerechteren Arzneimittelzugang.24 Die beiden HIV-Medikamente Nevirapin und Tipranavir sind dadurch
in sehr armen Regionen weitgehend verfügbar.
In ganz Afrika und Indien dürfen diese wichtigen Medikamente generisch produziert und
vertrieben werden, ohne dass die Firma auf die
Durchsetzung ihrer Patentrechte dringt25 – ein
wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Brasilien ist als Land mittleren Einkommens zwar
nicht in diese Vereinbarung eingeschlossen, die
Mittel sind in Brasilien allerdings nicht patentiert. Der Preis für das unentbehrliche Tipranavir
ist dennoch mit rund 460,– E für eine Monatspackung sehr hoch, da kein Generikum vorhanden ist. Nevirapin wird als Tablette preisgünstig
generisch hergestellt.26 Der Access to Medicine
Index platziert Boehringers Patentpolitik daher
an zweiter Stelle von 20 untersuchten Pharmafirmen, während Bayer Platz 16 belegt. Baxter
wurde nicht untersucht.27
Baxter produziert zahlreiche rationale Arzneimittel für seltene Anwendungsbereiche, die oft
ohne Behandlungsalternative sind. Die Firma
kann den Preis bei vielen Produkten daher konkurrenzlos bestimmen. Ein Rückschluss auf den
Patentstatus dieser Arzneimittel ist nur bedingt
möglich.
Keine der Firmen zieht Alternativen zum bestehenden Patentsystem in Erwägung oder ist
bereit, auf sogenannte TRIPS-plus Regelungen
zu verzichten. Dazu gehören z.B. der Verzicht
auf Zwangslizenzen oder die Gewährung von
Daten­exklusivität, die für eine verlängerte Monopoldauer sorgen kann.
Auf Kosten der Armen?
Endnoten
1 arznei-telegramm (2001) BOLUS-FIBRINOLYTIKUM TENECTEPLASE (METALYSE). a-t 2001; 32, S. 51-52
2 Neben Generika sieht das brasilianische Arzneimittelrecht auch „similar
drugs“ vor: In einem zugelassenen Generikum muss die Bioäquivalenz
nachgewiesen werden, in einer „similar drug“ nicht, beide enthalten
den identischen Inhaltsstoff wie das Originalpräparat. Siehe www.
anvisa.gov.br/eng/generic/faq.htm#02 [Zugriff 22.5.2012)
3 Uns liegt ein solches Rabattangebot an die Apotheken vor.
4 arznei-telegramm (1999), Telmisartan (Micardis) im Vergleich. Nr. 2, S.22
5 www.drogafuji.com.br/ [Zugriff 1.9.2012]
6 www.drogariarosario.com.br/ [Zugriff 1.9.2012]
7 Rohrer B (2011) Gratis Medikamente aus Volksapotheken. Apotheke
adhoc 10.2.2011
8 Andréa Dâmaso Bertoldi, Anna Paula Helfer, Aline L Camargo u.a.
(2010) Medicine Prices, availability and affordability in Southern Brazil:
a study of public and private Facilities. S.4-5
9 Abia (2011) Intellectual Property Rights and Access to ARV Medicines:
Civil Society Resistance in the Global South, Brazilian Interdisciplinary
AIDS Association
10 arznei-telegramm (2010), Arzneimitteldatenbank, Bewertung Sorafenib. Stand: 31.5.
11 Patentantragsnummer: PI0007487-0 (Title: DIFENIL-URÉIAS SUBSTITUÍDAS COM W-CARBÓXI-ARILAS COMO INIBIDORES DE RAF CINASE)
12 Viele Studien sind multizentrisch und werden mit PatientInnen in
mehreren Ländern durchgeführt.
13 World Health Organisation (2011) International Clinical Trials Registry
Platform (ICTRP). http://.apps.who.int/trialsearch/Default.aspx [Zugriff: 24.5.2012] und World Health Organisation (2012). http://www.who.
int/ictrp/en/ [Zugriff 24.10.2011]
National Institutes of Health (2008) Clinical Trials registries. www.
clinicaltrials.gov/ [Zugriff 24.10.2011]
www.boehringer-ingelheim.com/microsites0/focus_on_clinicalresearch2011.html www.clinicaltrials.gov/ [Zugriff 4.6.2012]
14 Klinische Studien an Menschen werden in vier Phasen eingeteilt. Phase I:
Testung der Verträglichkeit des neuen Wirkstoffs an Gesunden, Phase II:
Dosisfindung an Kranken, Phase III: Studien zur Wirksamkeit gegen die
Erkrankung, Phase IV: Studien nach der Zulassung (Sicherheitsfragen,
neue Anwendungsgebiete oder schlicht fürs Marketing)
15 Reis R et al. (2007) Intellectual Property Rights and Access to ARV Medicines: Civil Society Resistance in the Global South. Brazilian Interdisciplinary AIDS Association – ABIA, p 9-54
16 World Health Organisation (2011) International Clinical Trials Registry
Platform (ICTRP). http://apps.who.int/trialsearch/Default.aspx [Zugriff
14.10.2011]
17 TB Alliance (2012) Enrollment complete for Remox TB – global phase III
clinical trial www.tballiance.org/newscenter/view-brief.php?id=1018
[Zugriff 22.2.2012] und Firmen E-Mails 25.4.2012 und 26.5.2012
18 Medicines Patent Pool (2012) Patent Status Database for Selected HIV
Medicines. http://www.medicinespatentpool.org/patent-data/patentstatus-of-arvs/ [Zugriff: 14.2.2012]
PI0007487-0 (Title: DIFENIL-URÉIAS SUBSTITUÍDAS COM W-CARBÓXIARILAS COMO INIBIDORES DE RAF CINASE) http://pesquisa.inpi.gov.br/
MarcaPatente/servlet/PatenteServletController?Action=detail&Cod
Pedido=582715&PesquisaPorTitulo=&PesquisaPorResumo=&Pesquis
aPorDepositante=&PesquisaPorInventor=&PesquisaPorProcurador=
[Zugriff 24.4.2012]
19 Stand April 2011; Die Liste ist der Pharma-Kampagne verfügbar. Weitere
patentierte Medikamente kamen nach April 2011 auf den Markt.
20 PI0007487-0 (Title: DIFENIL-URÉIAS SUBSTITUÍDAS COM W-CARBÓXIARILAS COMO INIBIDORES DE RAF CINASE)http://pesquisa.inpi.gov.br/
MarcaPatente/servlet/PatenteServletController?Action=detail&Cod
Pedido=582715&PesquisaPorTitulo=&PesquisaPorResumo=&Pesquis
aPorDepositante=&PesquisaPorInventor=&PesquisaPorProcurador=
[Zugriff 24.4.2012]
21 Love J (2012) Affedavit Nacto Pharma versus Bayer Corporation. http://
keionline.org/sites/default/files/aff-jameslove_13Feb2012_as_Filed_
natco_cl.pdf [Zugriff: 17.2.2012]
22 Love J (2012) Affedavit Nacto Pharma versus Bayer Corporation. http://
keionline.org/sites/default/files/aff-jameslove_13Feb2012_as_Filed_
natco_cl.pdf [Zugriff: 17.2.2012]
23 Bayer (2012) Annual Report 201, p 70
24 Dies ist ein schriftlicher Verzicht auf die Durchsetzung der Patentrechte
auf die Aids-Medikamente in ganz Afrika und Indien.
25 Boehringer Ingelheim (2007) Boehringer Ingelheim further intensifies
fight against AIDS,m. press relaease 15.5.2007. www.boehringer-ingelheim.com/news/news_releases/press_releases/2007/15_may_2007.
html [Zugriff:11.2.2012]
26 Medicines Patent Pool (2012) The Patent Status Database for Selected
HIV Medicines. www.medicinespatentpool.org/LICENSING/PatentStatus-of-ARVs [Zugriff: 24.2.2012]
27 Access to medicine Index (2010). www.accesstomedicineindex.org, S.142
und S. 64 [Zugriff: 24.5.2012]
39
Bauchschmerzen nach zu viel Pizza? In einem Fernsehspot
empfiehlt Boehringer Ingelheim bei solchen Beschwerden
Buscopan® Composto.
24 Stunden lang kardiovaskulärer Schutz mit Micardis®,
behaupten die Handpuppen. Werbematerial zum Benefizprogramm „Programa Saudé Fácil“ von Boehringer.
6. Produktwerbung
brasilianischen PatientInnen. In einer Informationsschrift der Firma werden VerbraucherInnen satte Preisnachlässe auf das Medikament
angeboten, wenn sie ihre persönlichen Daten
an die Firma weitergeben (Name, Adresse, Telefonnummer, Name des verschreibenden Arztes
und dessen Registriernummer). PatientInnen
Die brasilianische Gesundheitsbehörde Anvisa
kontrolliert auf der Grundlage der Resolution
RDC nº 102/2000 das Arzneimittelmarketing in
Brasilien.1 Wie in Deutschland, darf nur in Fachkreisen für rezeptpflichtige Mittel geworben
werden. Laienwerbung für rezeptfreie Arzneimittel ist erlaubt, muss aber ebenfalls bestimmten Anforderungen genügen. Wegen unlauterer
Werbepraktiken wurden u.a. Bayer und Boehringer Ingelheim mehrfach abgestraft.2 2001 monierte Anvisa Bayer-Anzeigen zu Lipobay®, 2003
eine Werbekampagne, die sexuelles Leistungsvermögen thematisierte. 2009 stoppte Anvisa Bayers Kampagne “Um mundo com menos
dor”, (eine Welt mit weniger Schmerz), die das
Schmerzmittel Aspirin® bewarb. Im selben Jahr
verbot die Behörde auch die Kampagne “Leve a
Vida sem Dor”, (Lebe dein Leben ohne Schmerz)
zu Boehringers Schmerzmittel Anador®.
Kritikwürdig ist insbesondere die massive Produktwerbung für das bei uns verbotene Buscopan® Composto durch die Firma Boehringer
Ingelheim. Das riskante Schmerzmittel helfe
auch bei Magenzwicken nach zu viel Pizza, legte ein brasilianischer Fernsehspot nahe. Solche
verantwortungslosen Werbepraktiken fördern
den sorglosen Umgang mit metamizolhaltigen Präparaten sowie deren Fehlgebrauch..
Mit fragwürdigen Methoden bewirbt Boehringer Ingelheim den verschreibungspflichtigen
Blutdrucksenker Micardis® (Telmisartan) bei
40
Foto: Pharmaton für die Frau
können Telmisartan dann in Apotheken mit 3050 Prozent Preisabschlag einkaufen. Diese Werbetaktik wenden übrigens auch andere Markenhersteller in Brasilien an – darunter die Firma
Bayer. Das Benefizprogramm von Bayer trägt
den schönen Namen „Bayer Para Você“ (Bay-
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Stärkere Knochen mit Lysin und Kiddi Pharmaton®? Eine
Studie von 1962 soll das beweisen.
Pharmaton mit Ginseng:
Bessere Lebensqualität mit Pharmaton®? Das suggeriert
die brasilianische Pharmaton-Website.
er für dich).3 Abgesehen davon, dass es höchst
fragwürdig ist, finanzielle Anreize für den Einkauf rezeptpflichtiger Markenpräparate zu
schaffen, werfen solche Praktiken auch datenschutzrechtliche Probleme auf. Zudem sind die
Angaben Boehringers zu Micardis® kritikwürdig. Das Mittel biete kardiovaskulären Schutz, so
der Werbetext im Info-Flyer. Laut der deutschen
Fachzeitschrift arznei-telegramm ist jedoch für
Sartane gerade diese Wirkung nicht hinreichend
belegt.4 Die Halbwertszeit von über 20 Stunden
sei außerdem länger als für eine 24-StundenWirkung erforderlich. Im Fall von Unverträglichkeiten wirke sich die zu lange Halbwertszeit sogar ungünstig aus.
das Immunsystem und vermindere Alterungssymptome.7 Die Stiftung Warentest warnt dagegen, dass Menschen mit hohem Blutdruck
oder Diabetes Ginseng-haltige Mittel nur nach
Rücksprache mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin
einnehmen sollten. Diese Präparate könnten
außerdem die Wirkung gerinnungshemmender
Medikamente abschwächen.8 Um solche Informationen zu erhalten, müssen sich NutzerInnen
der Pharmaton-Website erst zum Kleingedruckten unter der Rubrik „häufig gestellte Fragen“
(FAQ) vorarbeiten.
Zweifelhafte klinische Studien führt die brasilianische Pharmaton-Website an, um den Stärkungssaft aus dem Hause Boehringer für alle
Lebenslagen zu bewerben. Bei Kindern soll Kiddi
Pharmaton® angeblich die Knochendichte erhöhen. Zitiert wird zum Beweis eine Untersuchung
an 84 Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren,
die über ein knappes halbes Jahr Lysin erhielten.
Auch zur Steigerung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit wird das Mittel beworben: Ein brasilianischer Fernsehspot von 2009
zeigt eine Frau, die mit ihrem PKW geschickt einem auf die Straße rollenden Fußball ausweicht
oder einen Mann, der – dank Pharmaton – in
letzter Minute die U-Bahn erwischt.6
Der Ginseng-Extrakt, der in der Vitaminmischung für Erwachsene enthalten ist, minimiere außerdem Stress sowie körperliche und psychische Anspannung. Darüber hinaus stärke er
Auf Kosten der Armen?
Auch die Firma Bayer wirbt vehement für ihre
unsinnigen Vitaminmischungen. Ein brasilianischer Fernsehspot präsentiert eine energiegeladene Mutter, die ihren Sohn als Laserschwert-Kämpferin entzückt. Energiequelle der
Power-Frau sind die Supradyn®-Tabletten, die
zum Hamburger Menu eingenommen werden.
Foto Werbespot für Bayers Vitaminmischung
Werbespot für Bayers Vitaminmischung Supradyn. Zum
Mittagessen gibt es Hamburger für Mutter und Sohn und
dazu eine Vitamintablette.
41
Supradyn. Zum Mittagessen gibt es Hamburger
für Mutter und Sohn und dazu eine Vitamintablette.
Werbung für Bayers Potenzmittel Levitra.
Originalquelle: www.brainstorm9.com.br
Ihr Potenzmittel Levitra® bewirbt die Firma Bayer in Brasilien massiv – vor allem in Fachkreisen,
aber mitunter auch bei Laien. Noch vor wenigen
Jahren fand sich Levitra®-Werbung an Aufzügen und Autoschranken von Parkhäusern. Solche Werbung für rezeptpflichtige Mittel ist in
Brasilien illegal. Auch ÄrztInnen werden aber
intensiv umworben: Nach eigenen Angaben beschäftigt die Firma in Brasilien über 600 PharmavertreterInnen, die die MedizinerInnen mit
verschreibungspflichtigen Bayer-Produkten wie
Verhütungspillen oder Hormonpräparaten für
Männer vertraut machen sollen. Arztpraxen
werden einmal monatlich aufgesucht.9
Auf der brasilianischen Website Gineco gibt Bayer Tipps zu
den Themen Frauengesundheit und Schönheit. Regelmäßig wird dabei auch auf den Nutzen von Verhütungspillen
verwiesen.
klärte die Dermatologin Dr. Maria Fernanda
Gavazzoni noch im Februar 2012 den Nutzen
drospirenonhaltiger Verhütungspillen wie Yaz®
und Yasmin® für eine schönere Haut. Solche
Werbepraktiken sind mehr als fragwürdig. Denn
Bayer bedient mit Aussagen zum Beauty-Effekt,
Feel-good-Faktor oder Figur-Bonus seiner Pillen
gezielt den Lifestylebereich. Die AnwenderInnen
wären zudem mit anderen, risikoärmeren Verhütungspillen besser bedient.
Endnoten
Bayer bietet auf seinen Webseiten ein kostenloses App mit
Menstruationskalender.
Auf der Firmenwebsite lockt Bayer junge Frauen mit kostenlosen Apps für einen Menstruationskalender oder einen Terminkalender zur
termingerechten Einnahme der Pille. Zusätzlich
gibt die Bayer-Website Gineco Tipps rund um
die Themen Frauengesundheit und Schönheit.
Interessanterweise kommen hier immer wieder
ExpertInnen zu Wort, die einen Bezug zwischen
gutem Aussehen und der Wahl des richtigen
Verhütungsmittels herstellen. Zum Beispiel er-
42
1 Brasil. Agência Nacional de Vigilância Sanitária. Diagnóstico Situacional da Promoção de Medicamentos em Unidades de Saúde do Sistema
Único de Saúde (SUS). Brasília: Anvisa, 2010. http://portal.anvisa.gov.
br/wps/wcm/connect/6567a80047457a738711d73fbc4c6735/Relatorio_UBS_ final_ jan2011.pdf?MOD=AJPERES [Access 16.11.2012]
2 Agência Nacional de Vigilância Sanitária (Anvisa). <http://portal.anvisa.gov.br/wps/wcm/connect/ae06130047458b92955cd53fbc4c6735/Lista_Propagandas_Suspensas_2010_2001_15042011.pdf?MOD=AJPERES>.
[Access 16.11.2012]
3 http://www.bayerparavoce.com.br/index.asp [Zugriff 8.11.12]
4 Arzneimitteldatenbank arznei-telegramm (2012) Eintrag zu Telmisartan. [Zugriff 1.11.12]
5 Der Literaturhinweis auf der Website lautet: Nachdruck aus: American
Journal of Clinical Nutrition 11 (10) Mack PB, Vose GP, CL Kinard, HB
Campbell. Effects of lysine-supplemented diets on growth and skeletal
density of preadolescent children. Effekte von Lysin ergänzt Diäten auf
Wachstum und Skelett Dichte von vorpubertären Kindern. 1962; 255-262
http://translate.google.de/translate?hl=de&sl=pt&u=http://www.
pharmaton.com.br/&prev=/search%3Fq%3Dwww.pharmaton.com.
br%26hl%3Dde%26client%3Dfirefox-a%26hs%3Dvht%26rls%3Dorg.mo
zilla:de:official%26biw%3D1264%26bih%3D759%26prmd%3Dimvns&
sa=X&ei=7gZ0UNKEGYvotQbo4IDYBQ&ved=0CCUQ7gEwAA [Zugriff
8.10.12]
6 http://www.youtube.com/watch?v=ff66V2UP1jw [Zugriff 8.10.12]
7 http://www.pharmaton.com.br/produtos/adultos/capsulas.html
[Zugriff 8.10.12]
8 Stiftung Warentest (2008) Altersbeschwerden: Welche Mittel helfen
http://www.test.de/Altersbeschwerden-Welche-Mittel-helfen- 17250022725002/ [Zugriff 8.10.12]
9 Antwortschreiben der Fima vom Oktober 2012
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
7. Partnerschaften und
Spendenprogramme
Boehringer Ingelheim
Boehringer Ingelheim ist in Brasilien Partner
der deutschen GIZ, aber auch der Umweltorganisation WWF sowie verschiedener sozialer
Projekte und Gesundheitsinitiativen. Die Firma
unterstützt unter anderem eine Einrichtung,
die Aids-PatientInnen in São Paulo betreut. Daneben werden PatientInnen-Organisationen finanziell unterstützt, so das Instituto Oncoguia
und das Instituto Espaço de Vida. Diese beiden
Organisationen wollen KrebspatientInnen mit
Informationen zu Erkrankungen und Therapien
unterstützen. Ob PatientInnen hier jedoch unabhängige Informationen finden, sei dahingestellt. Das Instituto Oncoguia wartet auf seiner
Website nicht nur mit dem Logo von Boehringer, sondern auch dem von Bayer HealthCare,
Novartis, Sanofi, Astra Zeneca, Merck, BristolMyers Squibb, Roche und anderen auf.
Seit 2011 besteht außerdem eine Partnerschaft
zwischen Boehringer Ingelheim und der brasilianischen Regierung, um auf lange Sicht den
Zugang zu dem Parkinsonmittel Sifrol® zu verbessern. Innerhalb von fünf Jahren sollen Wissen und Technologie zur Herstellung des Medikaments an eine staatliche Produktionsfirma
weitergegeben werden. Bis dahin bleibt Boehringer Ingelheim allerdings alleiniger Anbieter
des Medikaments im staatlichen Gesundheitssystem. Zuvor hatte die brasilianische Patentbehörde eine Verlängerung der Patentlaufzeit für
Sifrol® abgelehnt. 220.000 BrasilianerInnen leiden unter Parkinson und könnten von der teuren Behandlung profitieren.1
Bayer
Die Firma Bayer erneuerte 2011 ihre Vereinbarung mit der Weltgesundheitsorganisation
WHO, das wichtige Medikament Nifurtimox zur
Behandlung der in Südamerika weit verbreiteten Chagas-Krankheit bis 2017 zur Verfügung zu
stellen. Eine Million Tabletten will der Hersteller
pro Jahr kostenlos bereitstellen und die WHO
außerdem bei Logistik und Verteilung finanziell
unterstützen. Bayer erforsche derzeit außerdem
Auf Kosten der Armen?
eine spezielle Kinderdosierung, teilte das Unternehmen der BUKO Pharma-Kampagne mit.2
Im Rahmen einer Bayer-Partnerschaft mit dem
Umweltprogramm der Vereinten Nationen
(UNEP) fand in Brasilien 2011 z.B. ein Malwettbewerb für Kinder oder ein Wettbewerb für junge
Umweltschützer statt. Auf der Webseite zur UNEP-Bayer Partnerschaft fanden sich aber auch
News zu Bayers Diabetes-Produkten.3 Daneben
trat Bayer Brazil als Partnerin des Welttages
zur Prävention von Teenager-Schwangerschaften (World Contraception Day 2012) 4 auf. Die
Veranstaltung stand unter dem Motto „Deine
Zukunft. Deine Wahl. Deine Empfängnisverhütung.“ Zu den Aktionen zählten u.a. Sensibilisierungs-Maßnahmen an verkehrsreichen Orten
in São Paulo, so wurden Unterrichtsmaterialien
verteilt und Luftballons steigen gelassen. Anders als in Indien hatte Bayer in Brasilien keine
Produktnamen auf der Website zum Weltverhütungstag platziert. Allerdings werden dort
die kostenlosen Bayer Apps beworben.
43
Spruchband mit
Bayer Logo bei
einer Aktion zum
Weltverhütungstag. Foto: http://
www.vivasu
avida.com.br/pt/
home/
Über 100.000
Frauen lasen
sich von Bayer
daran erinnern,
ihre Verhütungspillen
pünktlich einzunehmen.
Baxter
Baxter übernimmt nach eigener Aussage gesellschaftliche Verantwortung durch die Baxter
International Foundation. Das grundlegende
Ziel der Stiftung sei die „positive und nachhaltige Auswirkung auf das Gesundheitswesen und
die Gesundheit von Gemeinschaften“. Rund
270.000 US-Dollar sind als Fördermittel und
Stipendien und rund vier Millionen US-Dollar als Produktspenden nach Lateinamerika geflossen.5
Auf ihren Webseiten rühmt die Firma insbesondere das Engagement ihrer MitarbeiterInnen:
Weltweit lag das Volumen des ehrenamtlichen
Einsatzes im Baxter Global Service Project 2009
bei 159.000 Stunden. Dazu hatten die Beschäftigten in Lateinamerika rund 4.400 Arbeitsstunden beigetragen, die unterschiedlichen kommunalen, sozialen und ökologischen Initiativen zu
Gute kamen.6 In der Region São Paulo unterstützt Baxter außerdem das Projekt Arrastão,
das die Zahngesundheit von Kindern fördert.7
Zum Welt-Hämophilie-Tag am 17. April finanzierte die Firma wie schon in den Jahren zuvor
weltweit Aktionen der World Federation of Hemophilia. In Brasilien war die Firma 2012 Sponsor von Diskussionsveranstaltungen, die VertreterInnen von PatientInnenorganisationen,
MedizinerInnen und RegierungsvertreterInnen
zusammenbringen sollten. Ziel war es, die medizinische Versorgung von Hämophilie-PatientInnen unter die Lupe zu nehmen und zu erörtern,
wie der Therapiezugang in Brasilien verbessert
werden könne.8
Anfang November 2012 verkündete Baxter International eine auf 20 Jahre angelegte Partnerschaft mit dem staatlichen brasilianischen
Unternehmen Hemobrás (Empresa Brasileira de
Hemoderivados e Biotechnologia). Die Vereinbarung soll auf lange Sicht einen Technologietransfer ermöglichen, um die rekombinante Faktor
VIII (rFVIII) Therapie zur Hämophilie-Behandlung lokal produzieren zu können. Hemobrás
bezahlt Baxter für diesen Service und soll später
gebührenpflichtige Lizenznehmerin werden. In
den nächsten 10 Jahren bleibt Baxter allerdings
alleiniger Anbieter des kostspieligen Markenpräparats. Viele der rund 10.000 Hämophilie-
44
PatientInnen in Brasilien sind auf diese Therapie
angewiesen.9
8. Kommunikationsverhalten
Alle Firmen wurden zu Beginn der Untersuchung angeschrieben. Außerdem wurden Zwischenergebnisse zur Validierung vorgelegt
sowie Einzelfragen gestellt. Das Kommunikationsverhalten der drei Firmen unterscheidet sich
erheblich. Im Fall von Bayer hat es sich im Vergleich zur Indienstudie deutlich verbessert.
Boehringer lngelheim praktizierte ein besonders offenes Kommunikationsverhalten, beantwortete Anfragen prompt und inhaltlich auf hohem Niveau. Die Firma signalisierte außerdem
große Gesprächsbereitschaft. Allerdings war
Boehringer Ingelheim – ebenso wie Bayer – zunächst nicht bereit, uns den Patentstatus aller
Medikamente in Brasilien offen zu legen. Erst
kurz vor Drucklegung dieser Broschüre erhielten
wir von beiden Firmen entsprechende Informationen. Bayer beantwortete die meisten Fragen
ebenfalls nach kurzer Zeit und deutlich schneller als bei der Indienstudie. Die Firma stellte uns
ebenfalls eine Ansprechpartnerin zur Verfügung. Gesprächsbereitschaft wurde signalisiert.
Baxter verweigerte fast jede Kommunikation,
beantwortete weder Briefe noch e-mails und
erklärte Anfang 2012, man sei nicht bereit zu einem Gespräch über die Studie.
Endnoten
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Information der Firma unter http://www.boehringer-ingelheim.com/
global_activities/americas/brazil/medicine_market.html
Firmenschreiben vom Oktober 2012
http://www.unep.bayer.com/en/News-Detail.
aspx%3Fid%3D8535&usg=ALkJrhh7L_l17TMowXoihPAiSisqKELGYQ
[Zugriff 8.10.12]
Brasilianische Website zum World Contraception Day am 26. September [Zugriff 8.10.12] http:// www.vivasuavida.com.br.
http://translate.googleusercontent.com/
translate_c?depth=1&hl=de&prev=/search%3Fq%3Dbaxter%2Bb
rasilien%26hl%3Dde%26prmd%3Dimvns&rurl=translate.google.
com&sl=pt&u=http://www.latinoamerica.baxter.com/brasil/sobre-abaxter/sustentabilidade/missoes-e-prioridades.html&usg=ALkJrhgrK7j
51ZgzlgZJ4AQgx9RdYODuhQ [Zugriff 8.10.12]
http://www.careers.baxter.com/de/about_us/latin_america.html
Baxter Jahresbericht 2011, S.12 http://www.baxter.com/downloads/
investors/reports_and_ financials/annual_report/2011/baxter_annual_report_2011.pdf [Zugriff 8.11.12]
Pressetext Baxter zum World Hemophilia Day 2012, http://www.
baxter.com/press_room/features/2012/world_hemophilia_day.html
[Zugriff 2.11.12]
http://www.factorfacts.com/en/news/hemophilia-news/1909-baxters-partnership-in-brazil-zacks-com.html [Zugriff 15.11.12]
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
IV Auf den Punkt gebracht –
Fazit und Ausblick
Bayer und Boehringer Ingelheim bieten in Brasilien einige Medikamente an, die in Deutschland aus gutem Grund nicht (mehr) auf dem
Markt sind. Beide Firmen vertreiben unsinnige
Vitamin­mischungen sowie eine Reihe neuerer
und teurer Arzneimittel, mit denen PatientInnen schlecht bedient sind.
Den Zugang zu vielen wichtigen unentbehrlichen Arzneimitteln sichern staatliche brasilianische Generikafirmen besser als deutsche Markenfirmen. Im staatlichen Gesundheitssystem
SUS ist kaum ein Arzneimittel der untersuchten
Firmen verfügbar. Selbst unentbehrliche Mittel
wie das Herzmedikament Actilyse® von Boehringer Ingelheim waren zum Zeitpunkt unserer
Untersuchung in den meisten staatlichen Kliniken nicht zu haben. Grund dafür ist wohl vor
allem der hohe Preis des Medikaments. Die kostenlose Gesundheitsversorgung Brasiliens, die
auch Medikamente umfasst, scheitert hier an
der Preispolitik der Firmen. Denn zur Behandlung sogenannter Zivilisationskrankheiten stehen meist ausschließlich teure Markenpräparate zur Verfügung. Diese Erkrankungen werden
in den kommenden Jahren eine wachsende He­
rausforderung für die SUS sein und gewaltige
Investitionen erfordern.
Das Arzneimittelsortiment von Bayer, Boehringer Ingelheim und Baxter zielt derweil auf die
wohlhabende brasilianische Mittel- und Oberschicht ab. Das Angebot bedient vorrangig private Kliniken und private Apotheken.
Die untersuchten Firmen führen in Brasilien
zahlreiche Forschungsprojekte durch. Sie konzentrieren sich dabei auf lukrative medizinische
Bereiche und neue Einsatzgebiete ihrer Blockbuster. Studien zu vernachlässigten Krankheiten
finanzieren die Firmen nicht. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs und Diabetes – Krankheiten, die allerdings in Brasilien weit verbreitet und auf dem
Vormarsch sind.
In Sachen Marketing sind insbesondere Boehringer Ingelheims Werbepraktiken für riskante
Auf Kosten der Armen?
Mit seiner Politik des kostenlosen Zugangs zu Aidsmitteln
war das brasilianische Gesundheitssystem jahrelang auf
der Erfolgsspur. Jetzt droht es an explodierenden Kosten
für Herz-Kreislauf-, Krebs- und Diabetes-Medikamente zu
scheitern. Foto: Loggan11, Wikimedia Commons
metamizolhaltige Schmerzmittel zu kritisieren.
Buscopan® Composto sollte der Hersteller auch
in Brasilien endlich vom Markt nehmen. Ebenso bedenklich ist das geschickte Marketing der
Firma Bayer für ihre Verkaufsschlager Yaz® und
Yasmin®. Die beiden Verhütungsmittel der dritten Generation sind riskanter als die älteren Mittel der zweiten Generation, die genauso gut wirken. Doch der Hersteller wirbt gezielt mit einem
Beauty-Effekt. Bayer präsentiert sich in Brasilien
geschickt als Spezialist in Sachen Verhütung.
Junge Frauen werden durch Schönheitstipps
im Internet und kostenlose Handy-Apps mit der
Marke Bayer vertraut gemacht.
45
V. Anhang: Liste der untersuchten Medikamente m
Medikamente Boehringer Ingelheim 2011
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
(150 + 10) mg/mL;
1 mL
1
13,07
50 mg; 50 mL
1
1.846,90
20 mg
12
12,23
i
i
Handelsname
Boehringer
Ingelheim
Anwendungsform
Dosierungsform
Algeston Acetophenon +
Estradiol Enanthate
Perlutan
Ampulle
Alteplase
Actilyse
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
Ambroxol
Mucoangin
Lutschtabletten
Generischer Name
Klassifikation
i
r+u
Ambroxol
Mucosolvan
Saft
3 mg/mL; 120 mL
1
16,53
Ambroxol
Mucosolvan
Saft
6 mg/mL; 120 mL
1
23,80
i
Ambroxol
Mucosolvan
Lösung
7,5 mg/mL; 50 mL
1
12,36
i
Ambroxol
Mucosolvan 24 HRS
Retardtablette
75 mg
10
21,67
i
Bisacodyl
Dulcolax
magensaftresistente
überzogene Tablette
5 mg
20
5,13
r
Bromhexin
Bisolvon
Lösung
2 mg/mL; 50 mL
1
9,62
i
Bromhexin
Bisolvon
Saft
1,6 mg/mL; 120 mL
1
15,27
i
Bromhexin
Bisolvon
Saft
0,8 mg/mL; 120 mL
1
12,79
i
Calcium + Thiamin +
Riboflavin + Pyridoxin
+ Colecalciferol + Tocopherol + Nicotinamid +
Dexpanthenol + Lysin
Pharmaton Kiddi
Saft
200 mL
1
29,19
i
Clonidin
Atensina
Tablette
0,1 mg
30
4,90
r
Clonidin
Atensina
Tablette
0,15 mg
30
6,09
r
Clonidin
Atensina
Tablette
0,2 mg
30
7,58
r
Dabigatranetexilat
Pradaxa
Kapsel
75 mg
10
137,10
i
Dabigatranetexilat
Pradaxa
Kapsel
75 mg
30
411,34
i
Dabigatranetexilat
Pradaxa
Kapsel
110 mg
10
137,10
i
Dabigatranetexilat
Pradaxa
Kapsel
110 mg
30
411,34
i
Diltiazem
Cardizem
Tablette
30 mg
20
6,84
r
Diltiazem
Cardizem
Tablette
30 mg
50
17,86
r
Diltiazem
Cardizem
Tablette
60 mg
20
13,87
r
Diltiazem
Cardizem
Tablette
60 mg
50
33,97
r
Diltiazem
Cardizem CD
Retardtablette
180 mg
16
40,54
r
Diltiazem
Cardizem CD
Retardtablette
240 mg
16
48,14
r
Diltiazem
Cardizem SR
Retardtablette
90 mg
20
26,47
r
120 mg
20
34,42
r
5 mg/mL; 2 mL
5
4,74
i
Diltiazem
Cardizem SR
Retardtablette
Dipyridamol
Persantin
Ampulle
Dipyridamol
Persantin
Filmtablette
75 mg
40
7,40
i
Dipyridamol
Persantin
Filmtablette
75 mg
200
35,01
i
Dipyridamol
Persantin
Filmtablette
100 mg
50
19,28
i
Etilefrin
Efortil
Ampulle
10 mg/mL; 1 mL
5
5,98
r
Etilefrin
Efortil
Tablette
5 mg
20
3,21
r
Etilefrin
Efortil
Tropfen
7,5 mg/mL; 20 mL
1
4,67
r
Fenoterol
Berotec
Aerosol
2 mg/mL; 10 mL
1
18,98
i
Fenoterol
Berotec
Aerosol
5 mg/mL; 20 mL
1
5,37
i
Fenoterol
Berotec
Saft
0,25 mg/mL; 120 mL
1
4,23
i
Fenoterol
Berotec
Saft
0,5 mg/mL; 120 mL
1
4,65
i
Ibuprofen
Buscofem
Filmtablette
400 mg
2
2,85
r
Ibuprofen
Buscofem
Filmtablette
400 mg
10
13,59
r
Ibuprofen
Buscofem
Filmtablette
400 mg
50
71,20
r
Ipratropiumbromid
Atrovent
Aerosol
0,25 mg/mL; 20 mL
1
15,62
r+u
Ipratropiumbromid
Atrovent N
Aerosol
20 mcg/dose; 10 mL
1
20,93
r+u
Ipratropiumbromid +
Fenoterol Hydrobromid
Duovent
Aerosol
(40 + 100) mcg/dose;
15 mL
1
35,78
i
46
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
mit Bewertungen
Generischer Name
Ipratropiumbromid +
Salbutamol
Handelsname
Boehringer
Ingelheim
Anwendungsform
Dosierungsform
Combivent
Aerosol
(20 + 120) mcg/50
mcL; 10 mL
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
1
34,46
Klassifikation
r
Meloxicam
Movatec
Tablette
7,5 mg
10
23,50
r
Meloxicam
Movatec
Tablette
15 mg
10
43,65
r
Meloxicam
Movatec
Ampulle
10 mg/mL; 1,5 mL
5
40,42
i
Metamizol
Anador
Tablette
500 mg
4
2,29
i
Metamizol
Anador
Tablette
500 mg
8
4,58
i
Metamizol
Anador
Tablette
500 mg
24
13,08
i
Metamizol
Anador
Tablette
500 mg
120
68,70
i
Metamizol
Anador
Tablette
500 mg
512
293,24
i
Metamizol
Anador
Tropfen
500 mg/mL; 10 mL
1
6,68
i
Metamizol
Anador
Tropfen
500 mg/mL; 20 mL
1
12,14
Nevirapin
Viramune
Filmtablette
200 mg
60
150,66
r+u
Nevirapin
Viramune
Orale Suspension
Phenylbutazon
Butazona Cálcica
Filmtablette
Pramipexol
Sifrol
Pramipexol
Sifrol
Pramipexol
Sifrol
i
10 mg/mL; 240 mL
1
62,19
r+u
200 mg
100
39,90
i
Tablette
0,125 mg
30
37,42
r
Tablette
0,25 mg
30
85,44
r
Tablette
1 mg
30
257,43
r
Pramipexol
Sifrol ER
Retardtablette
0,375 mg
30
96,54
r
Pramipexol
Sifrol ER
Retardtablette
0,75 mg
10
64,36
r
Pramipexol
Sifrol ER
Retardtablette
0,75 mg
30
193,07
r
Pramipexol
Sifrol ER
Retardtablette
1,5 mg
10
128,71
r
Pramipexol
Sifrol ER
Retardtablette
1,5 mg
30
386,14
r
Pramipexol
Sifrol ER
Retardtablette
3 mg
30
772,28
r
Retinol + Colecalciferol
+ Thiamin + Riboflavin
+ Pyridoxin + Cyanocobalamin + Biotin +
Nicotinamid + Ascorbinsäure + Kupfer + Mangan
+ Magnesium + Eisen +
Zink + Calcium + Selen+
Sojalezithin + Tocopherol
+ Folsäure + Ginsengextrakt GI15
Pharmaton
Kapsel
30
57,10
i
Retinol + Colecalciferol
+ Thiamin + Riboflavin
+ Pyridoxin + Cyanocobalamin + Biotin +
Nicotinamid + Ascorbinsäure + Kupfer + Mangan
+ Magnesium + Eisen +
Zink + Calcium + Selen+
Sojalezithin + Tocopherol
+ Folsäure + Ginsengextrakt GI15
Pharmaton
Kapsel
60
103,49
i
Retinol Palmitat +
Colecalciferol + Thiamine
Nitrate + Riboflavin +
Pyridoxin Hydrochloride
+ Cyanocobalamin +
Biotin + Nicotinamid +
Ascorbinsäure + Kupfer
+ Mangan + Magnesium
+ Eisen + Zink + Calcium
+ Selen + Sojalezithin +
Tocopherol + Folsäure +
Ginsengextrakt GI15
Pharmaton
Kapsel
100
161,17
i
10 mg
20
10,40
i
10 mg/mL; 20 mL
1
11,23
i
Butylscopolamin
Buscopan
Filmtablette
Butylscopolamin
Buscopan
Lösung
Auf Kosten der Armen?
47
Generischer Name
Handelsname
Boehringer
Ingelheim
Anwendungsform
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
Klassifikation
Butylscopolamin
Buscopan
Ampulle
20 mg/mL; 1 mL
5
8,20
r
Butylscopolamin +
Metamizol
Buscopan Composto
Ampulle
(4 + 500) mg/mL;
5 mL
3
11,89
i
Butylscopolamin +
Metamizol
Buscopan Composto
Tropfen
(6,67 + 333,4) mg/mL;
20 mL
1
10,65
i
Butylscopolamin +
Metamizol
Buscopan Composto
Filmtablette
(10 + 250) mg
20
11,17
i
Butylscopolamin +
Paracetamol
Buscoduo
Filmtablette
(10 + 500) mg
4
3,41
i
Butylscopolamin +
Paracetamol
Buscoduo
Filmtablette
(10 + 500) mg
20
17,06
i
Butylscopolamin +
Paracetamol
Buscoduo
Filmtablette
(10 + 500) mg
120
102,34
i
Natriumsulfat
Guttalax
Kapsel
Natriumsulfat
Guttalax
Lösung
Sulfamethoxazol +
Trimethoprim
Infectrin
Tablette
Sulfamethoxazol +
Trimethoprim
Infectrin
Sulfamethoxazol +
Trimethoprim
2,5 mg
50
21,96
r
7,5 mg/mL; 20 mL
1
9,02
r
(400 + 80) mg
20
13,05
r+u
Suspension
(40 + 8) mg/mL;
50 mL
1
5,94
r+u
Infectrin
Suspension
(40 + 8) mg/mL;
120 mL
1
12,69
r+u
Sulfamethoxazol +
Trimethoprim
Infectrin F
Tablette
(800 + 160) mg
10
14,41
r
Tamsulosin
Secotex
Retardtablette
0,4 mg
20
128,89
r
Tamsulosin
Secotex
Retardtablette
0,4 mg
30
189,86
r
Telmisartan
Micardis
Tablette
40 mg
14
50,98
i
Telmisartan
Micardis
Tablette
40 mg
28
92,57
i
i
Telmisartan
Micardis
Tablette
80 mg
14
56,88
Telmisartan
Micardis
Tablette
80 mg
28
103,29
i
Telmisartan + Hydrochlorothiazid
Micardis HCT
Tablette
(40 + 12,5) mg
14
56,93
i
Telmisartan + Hydrochlorothiazid
Micardis HCT
Tablette
(40 + 12,5) mg
28
104,00
i
Telmisartan + Hydrochlorothiazid
Micardis HCT
Tablette
(80 + 12,5) mg
14
65,63
i
Telmisartan + Hydrochlorothiazid
Micardis HCT
Tablette
(80 + 12,5) mg
28
116,09
i
Telmisartan + Hydrochlorothiazid
Micardis HCT
Tablette
(80 + 25) mg
14
65,63
i
Telmisartan + Hydrochlorothiazid
Micardis HCT
Tablette
(80 + 25) mg
28
116,09
i
Tenecteplase
Metalyse
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
40 mg; 8 mL
1
4.418,04
r
Tenecteplase
Metalyse
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
50 mg; 10 mL
1
5.460,15
r
Tiotropiumbromid
Spiriva Respimat
Kapsel mit Inhalationspulver
2,5 mcg/Einheiten;
4 mL (60 Einheiten)
1
255,56
r
Tipranavir
Elodius
Kapsel
Tipranavir
Elodius
Lösung
Vitis vinifera L
Antistax
Vitis vinifera L
Antistax
48
250 mg
120
1.588,66
r+u
100 mg/mL; 95 mL
1
738,61
r+u
Filmtablette
360 mg
18
34,51
i
Filmtablette
360 mg
30
55,60
i
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Medikamente Baxter 2011
Generischer Name
Handelsname
Baxter
Anwendungsform
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
Klassifikation
Humanalbumin
Albumina Sérica
Humana Normal
Infusionslösung
20%; 50 mL
1
229,69
r+u
Humanalbumin
Albumina Sérica
Humana Normal
Infusionslösung
20%; 100 mL
1
459,37
r+u
Anti-D-Immunglobulin
Partogama SDF
Fertigspritze
250 mcg/mL; 1,0 mL
1
176,87
r+u
Anti-D-Immunglobulin
Partogama SDF
Fertigspritze
250 mcg/mL; 1,32 mL
(330 mcg)
1
233,52
r
Antithrombin III
AT III Baxter
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
500 IU
1
888,02
r
Antithrombin III
AT III Baxter
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.000 IU
1
1.701,69
r
Blutgerinnungsfaktor IX
Immunine
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
200 IU
1
644,63
r
Blutgerinnungsfaktor IX
Immunine
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
600 IU
1
1.749,72
r
Blutgerinnungsfaktor IX
Immunine
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.200 IU
1
3.324,55
r
Blutgerinnungsfaktoren
IX, II, VII und X in Kombination
Prothromplex-T
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
600 IU
1
1.279,02
r+u
r+u
Cyclophosphamid
Genuxal
Retartdtablette
50 mg
50
-
Cyclophosphamid
Genuxal
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
200 mg
10
106,70
r
Cyclophosphamid
Genuxal
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.000 mg
10
395,91
r+u
Humanplasmaproteinfraktion mit: Fibrinogen
+ Aprotinin + Thrombin
Tissucol
Durchstechflasche
mit auflösbarem
Pulver, für topischen
Gebrauch (Kleberproteinlösung)
3
473,96
r
Gelatine + Thrombin
Floseal
Durchstechflasche
mit auflösbarem
Pulver, für topischen
Gebrauch (Kleberproteinlösung)
1
682,81
r
5 ml
Glucose
Baxter Glicose
Infusionslösung
50 mg/mL; 100 mL
1
4,26
r+u
Glucose
Baxter Glicose
Infusionslösung
100 mg/mL; 500 mL
1
5,99
r+u
Glucose
Baxter Glicose
Infusionslösung
500 mg/mL; 1000 mL
1
18,70
r+u
Glucose + Natriumchlorid
Solução Glicofisiológica
Infusionslösung
(50 + 9) mg/mL;
500 mL
1
4,86
r+u
Glucose + Natriumchlorid
Solução Glicofisiológica
Infusionslösung
(50 + 9) mg/mL; 1000
mL
1
7,40
r+u
Blutgerinnungsfaktor
(rDNA); Octocog alfa
Advate
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
250 IU
1
721,45
r+u
Blutgerinnungsfaktor
(rDNA); Octocog alfa
Advate
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
500 IU
1
1.370,73
r+u
Blutgerinnungsfaktor
(rDNA); Octocog alfa
Advate
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.000 IU
1
2.604,47
r+u
Blutgerinnungsfaktor
(rDNA); Octocog alfa
Advate
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.500 IU
1
4.114,25
r+u
Blutgerinnungsfaktor
(rDNA); Octocog alfa
Feiba
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
500 IU
1
1.429,83
r+u
Blutgerinnungsfaktor
(rDNA); Octocog alfa
Feiba
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.000 IU
1
2.716,70
r+u
Ifosfamid
Holoxane
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
500 mg
10
589,53
r+u
Ifosfamid
Holoxane
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.000 mg
10
1.124,29
r+u
Ifosfamid
Holoxane
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
2.000 mg
10
2.017,86
r+u
Auf Kosten der Armen?
49
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
Generischer Name
Handelsname
Baxter
Immunglobulin G
Endobulin S/D
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
500 mg
1
148,30
r+u
Immunglobulin G
Endobulin S/D
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
1.000 mg
1
296,60
r+u
Immunglobulin G
Endobulin S/D
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
2.500 mg
1
704,45
r+u
Immunglobulin G
Endobulin S/D
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
5.000 mg
1
1.338,46
r+u
Immunglobulin G
Endobulin S/D
Durchstechflasche mit
auflösbarem Pulver
10.000 mg
1
2.365,96
r+u
Anwendungsform
Immunglobulin G
Endobulin KIOVIG
Durchstechflasche
Influenza A H1N1 SpaltImpfstoff (inaktiviert)
Vacina influenza A
(inativada)
Injektionssuspension
Isofluran
Isothane
Flüssigkeit zur Herstellung eines Dampfes
zur Inhalation
Mannitol
Manitol Baxter
Infusionslösung
Meningokokken C, gereinigtes Polysaccharid-Antigen + Tetanus Toxoid
Vacina Meningocócica C (conjugada)
Fertigspritze
Mesna
Mitexan (Mesna)
Ampulle
Mesna
Mitexan (Mesna)
Filmtablette
Klassifikation
100 mg/mL; 10 mL
1
296,60
r+u
15 mcg/mL; 5 mL
20
5.744,17
r
100%; 100 mL
6
2.735,95
r+u
200 mg/mL; 250 mL
1
8,42
r+u
0,5 mL
1
156,32
r+u
100 mg/mL; 4 mL
10
122,99
r+u
400 mg
20
133,74
r+u
Mesna
Mitexan (Mesna)
Filmtablette
600 mg
20
188,17
r+u
Metronidazol
Metroniflex
Infusionslösung
5 mg/mL; 100 mL
1
7,04
r+u
Natriumchlorid
Cloreto de sódio
Baxter
Infusionslösung
9 mg/mL; 100 mL
1
4,10
r+u
Natriumchlorid
Cloreto de sódio
Baxter
Infusionslösung
9 mg/mL; 110 mL
1
4,10
r+u
Natriumchlorid
Cloreto de sódio
Baxter
Infusionslösung
9 mg/mL; 500 mL
1
4,24
r+u
Natriumchlorid
Cloreto de sódio
Baxter
Infusionslösung
9 mg/mL; 1.000 mL
1
5,77
r+u
Natriumchlorid +
Natriumgluconsäure +
Natriumacetat + Kaliumchlorid + Magnesiumchlorid
Plasma Lyte
Infusionslösung
500 mL
24
98,27
r
Natriumchlorid + Kaliumchlorid + Calciumchlorid
Solução de Ringer
Baxter
Infusionslösung
500 mL
1
4,64
r
Natriumchlorid + Kaliumchlorid + Calciumchlorid + Natriumlactat
Solução de Ringer
com lactato Baxter
Infusionslösung
(6 + 0,3 + 0,2 + 3,1)
mg/mL; 500 mL
1
4,91
r+u
Natriumchlorid + Kaliumchlorid + Calciumchlorid + Natriumlactat
Solução de Ringer
com lactato Baxter
Infusionslösung
(6 + 0,3 + 0,2 + 3,1)
mg/mL; 1.000 mL
1
7,38
r+u
Monobasisches und
dibasisches Natriumphosphat
Travad
Beutel zur oralen
Anwendung
(16 + 6) g/100 mL;
133 mL
1
12,88
r
Sorbitol
Baxter Sorbitol
Beutel zur urologischen Anwendung
3 mg/mL; 3.000 mL
1
19,99
r
50
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Medikamente Bayer 2011
Generischer Name
Handelsname
Bayer
Anwendungsform
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
Klassifikation
Acarbose
Glucobay
Tablette
50 mg
30
38,12
i
Acarbose
Glucobay
Tablette
100 mg
30
56,86
i
ASS
Aspirina
Tablette
500 mg
4
1,95
r+u
ASS
Aspirina
Tablette
500 mg
10
4,87
r+u
ASS
Aspirina
Tablette
500 mg
20
9,87
r+u
ASS
Aspirina
Tablette
500 mg
96
46,77
r+u
ASS
Aspirina
Tablette
500 mg
100
48,72
r+u
ASS
Aspirina
Tablette
500 mg
240
116,93
r+u
ASS
Aspirina Prevent
Fimtablette
300 mg
30
34,45
r+u
ASS
Aspirina Prevent
Fimtablette
100 mg
10
3,41
r+u
ASS
Aspirina Prevent
Fimtablette
100 mg
20
7,22
r+u
ASS
Aspirina Prevent
Fimtablette
100 mg
30
11,70
r+u
100 mg
100
34,13
r+u
650 mg + 65 mg
4
3,05
i
ASS
Aspirina Prevent
Fimtablette
ASS + Coffein
Cafiaspirina
Tablette
ASS + Coffein
Cafiaspirina
Tablette
650 mg + 65 mg
20
17,27
i
ASS + Coffein
Cafiaspirina
Tablette
650 mg + 65 mg
100
76,16
i
ASS + Natriumbicarbonat + Zironensäure
Alka-Seltzer
Brausetablette
324 mg + 965 mg
+ 1625 mg
2
1,08
i
ASS + Natriumbicarbonat + Zironensäure
Alka-Seltzer
Brausetablette
324 mg + 965 mg
+ 1625 mg
10
5,92
i
ASS + Natriumbicarbonat + Zironensäure
Alka-Seltzer
Brausetablette
324 mg + 965 mg
+ 1625 mg
100
54,13
i
Alemtuzumab
Campath
Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
30 mg/mL; 1 mL
3
6.305,07
r
Ampicillin
Binotal
Tablette
500 mg
12
25,22
i
Ampicillin
Binotal
Tablette
500 mg
18
37,92
i
Ampicillin
Binotal
Tablette
1.000 mg
12
45,19
i
Ampicillin
Binotal
Tablette
1.000 mg
18
67,75
i
Vitamin C
Redoxon
Brausetablette
1.000 mg
10
10,66
i
Vitamin C
Redoxon
Brausetablette
2.000 mg
10
15,68
i
Vitamin C
Redoxon
Lösung zum Einnehmen
200 mg/mL; 20 mL
1
7,95
r
Vitamin C + Zink
Redoxon
Brausetablette
1000 mg + 10 mg
10
13,57
i
1000 mg + 10 mg
30
32,56
i
150 mg/g ; 15 g
1
24,34
r
200 mg/g; 30 g
1
48,67
r
Vitamin C + Zink
Redoxon
Brausetablette
Azelainsäure
Azelan
Gel
Azelainsäure
Azelan
Creme
Bifonazol
Mycospor
Lokale Sprühlösung
Bifonazol
Mycospor
Creme
10 mg/mL; 15 mL
1
27,62
i
10 mg/g; 15 g
1
26,29
i
Ciprofloxacin
Cipro
Filmtablette
250 mg
6
57,71
r+u
Ciprofloxacin
Cipro
Filmtablette
250 mg
14
130,50
r+u
Ciprofloxacin
Cipro
Filmtablette
500 mg
6
100,90
r+u
Ciprofloxacin
Cipro
Filmtablette
500 mg
14
206,10
r+u
Ciprofloxacin
Cipro
Filmtablette
500 mg
50
560,35
r+u
Ciprofloxacin
Cipro
Infusionslösung
2 mg/mL; 100 mL
1
125,02
r+u
r+u
Ciprofloxacin
Cipro
Infusionslösung
2 mg/mL; 200 mL
1
215,11
Ciprofloxacin
Cipro XR
Retardtablette
500 mg
3
57,61
r
Ciprofloxacin
Cipro XR
Retardtablette
500 mg
7
134,42
r
Ciprofloxacin
Cipro XR
Retardtablette
1.000 mg
3
88,20
r
Ciprofloxacin
Cipro XR
Retardtablette
1.000 mg
7
205,78
r
Clotrimazol
Canesten
Creme
10 mg/g; 20 g
1
11,46
r
Clotrimazol
Canesten
Spray
10 mg/mL; 30 mL
1
25,48
r
Clotrimazol
Canesten
Oberflächliche Lösung
10 mg/mL; 30 mL
1
16,93
r
Auf Kosten der Armen?
51
Generischer Name
Handelsname
Bayer
Anwendungsform
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
Klassifikation
Clotrimazol
Gino-Canesten
Creme (vaginal)
10 mg/g; 35 g
1
42,73
Clotrimazol
Gino-Canesten
Creme (vaginal)
20 mg/g; 20 g
1
41,14
r+u
r
Clotrimazol
Gino-Canesten
Vaginaltabletten
500 mg
1
44,69
r+u
Clotrimazol +
Dexamethasonacetat
Baycuten N
Creme
1%; 40 g
1
23,96
i
Cyproteronacetat
Androcur
Tablette
50 mg
20
115,22
i
Cyproteronacetat
Androcur
Tablette
100 mg
20
216,96
i
Cyproteronacetat +
Ethinylestradiol
Diane 35
Tablette
2 mg + 0,035 mg
21
20,09
i
Dexpanthenol
Bepantol
Salbe
Dexpanthenol
Bepantol
Oberflächliche Lösung
Diflucortolonvalerat
Nerisona
Creme
Diflucortolonvalerat
Nerisona
Salbe
Diflucortolonvalerat +
Chlorquinaldol
Bi-Nerisona
Creme
GadopentetatDimeglumin
Magnevistan
GadopentetatDimeglumin
50 mg/g; 30 g
1
12,14
i
50 mg/mL; 50 mL
1
8,95
i
1 mg/g; 15 g
1
17,00
r
1 mg/g; 15 g
1
17,00
r
(1 mg + 10 mg)/g; 15 g
1
18,90
i
Infusionslösung
469 mg/mL; 10 mL
10
1.485,39
r
Magnevistan
Infusionslösung
469 mg/mL; 15 mL
10
2.218,46
r
GadopentetatDimeglumin
Magnevistan
Infusionslösung
469 mg/mL; 30 mL
10
4.186,94
r
GadopentetatDimeglumin
Magnevistan
Infusionslösung
469 mg/mL; 100 mL
10
13.615,60
r
Estradiol / Estradiol +
Gestoden
Avaden
Filmtablette
1 mg / 1 mg + 0,025 mg
28
47,56
i
Estradiol + Drospirenon
Angeliq
Filmtablette
1 mg + 2 mg
28
77,69
i
Estradiol + Norethisteronacetat
Cliane
Filmtablette
2 mg + 1 mg
28
42,74
r
Estradiolvalerat
Primogyna
Filmtablette
1 mg
28
28,37
r
Estradiolvalerat +
Cyproteronacetat
Climene
Filmtablette
2 mg; 2 mg + 1 mg
21
23,09
i
Estradiolvalerat +
Dienogest
Qlaira
Dragée
tablet A + tablet B +
tablet C + tablet D
3 x (26 + 2
placebo)
40,85
i
Estradiolvalerat +
Levonorgestrel
Cicloprimogyna
Dragée
2 mg; 2 mg + 0,25 mg
21
8,22
i
Estradiolvalerat +
Norethisteronenantat
Mesigyna
Ampulle
(5 + 50) mg/mL; 1 mL
1
23,78
r+u
Ethinylestradiol +
Drospirenon
Yasmin
Filmtablette
0,03 mg + 3 mg
21
58,35
i
Ethinylestradiol +
Drospirenon
Yaz
Filmtablette
0,02 mg + 3 mg
24
58,35
i
Ethinylestradiol +
Gestoden
Gynera
Filmtablette
0,03 mg + 0,075 mg
21
27,89
i
Ethinylestradiol +
Gestoden
Mirelle
Filmtablette
0,015 mg + 0,06 mg
24
35,79
i
Ethinylestradiol +
Levonorgestrel
Microvlar
Filmtablette
0,03 mg + 0,15 mg
21
5,90
r+u
Ethinylestradiol +
Levonorgestrel
Miranova
Filmtablette
0,02 mg + 0,1 mg
21
15,26
r
Ethinylestradiol +
Levonorgestrel
Neovlar
Filmtablette
0,05 mg + 0,25 mg
21
5,30
r
Ethinylestradiol +
Levonorgestrel
Triquilar
Filmtablette
0,03 mg + 0,05 mg (A)
0,04 mg + 0,075 mg (B)
0,03 mg + 0,125 mg (C)
21
7,25
r
Estradiol +
Norethisteronacetat
Primosiston
Tablette
0,01 mg + 2 mg
30
8,03
r
Fludarabinphosphat
Fludara
Filmtablette
10 mg
15
2.675,63
i
Fludarabinphosphat
Fludara
Trockensubstrat zur
Herstellung einer
Infusionslösung
50 mg
5
4.619,82
r
52
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Handelsname
Bayer
Anwendungsform
Fluocortolonpivalat +
Lidocain
Ultraproct LDO
Creme (rektal)
Fluocortolonpivalat +
Lidocain
Ultraproct LDO
Zäpfchen (rektal)
Gadobutrol
Gadovist
Infusionslösung
Generischer Name
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
1 mg /g + 20 mg/g; 30 g
1
25,93
i
1 mg + 40 mg
10
16,14
i
604,72 mg/mL; 15 mL
1
400,48
r
Klassifikation
Hydrocortisonacetat
Berlison
Creme
10 mg/g; 15 g
1
10,14
r+u
Hydrocortisonacetat
Berlison
Creme
10 mg/g; 30 g
1
18,22
r+u
Hydrocortisonacetat
Berlison
Salbe
10 mg/g; 15 g
1
10,14
r+u
Hydrocortisonacetat
Berlison
Salbe
10 mg/g; 30 g
1
18,22
r+u
50 mg/g ; 0,25 g
12
711,85
r
9,6 MU
15
6.097,85
r
623,4 mg/mL; 20 mL
10
579,59
r
Imiquimod
Aldara
Creme
Interferon beta-1b Betaferon
Trockensubstrat zur
Herstellung einer Infusionslösung
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
623,4 mg/mL; 50 mL
10
1.448,98
r
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
623,4 mg/mL; 100 mL
10
2.897,99
r
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
623,4 mg/mL; 200 mL
10
5.795,97
r
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
623,4 mg/mL; 500 mL
1
1.445,93
r
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
768,86 mg/mL; 50 mL
10
1.787,10
r
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
768,86 mg/mL; 100 mL
10
3.574,19
r
Iopromid
Ultravist
Infusionslösung
768,86 mg/mL; 200 mL
10
7.147,87
r
10 mg/g; 40 g
1
43,31
i
600 mg
1
49,13
i
Isoconazolnitrat
Gyno-Icaden
Creme (vaginal)
Isoconazolnitrat
Gyno-Icaden
Zäpfchen (vaginal)
Isoconazolnitrat
Icaden
Creme
10 mg/g; 20 g
1
21,84
i
Isoconazolnitrat
Icaden
Oberflächliche Lösung
10 mg/mL; 30 mL
1
30,70
i
10 mg/mL; 60 mL
1
57,14
i
52 mg
1
828,18
r
Isoconazolnitrat
Icaden
Lokale Sprühlösung
Levonorgestrel
Mirena
Intrauterinpessar
Meglumin-Amidotrizoat
+ Natriumamidotrizoate
Urografina
Infusionslösung
600 mg/mL; 50 mL
1
40,21
r
Meglumin-Amidotrizoat
+ Natriumamidotrizoate
Urografina
Infusionslösung
600 mg/mL; 100 mL
1
76,85
r
Mesterolon
Proviron
Dragée
25 mg
20
21,67
i
Methylprednisolonaceponat
Advantan
Creme
1 mg/g; 15 g
1
36,47
r
Methylprednisolonaceponat
Advantan
Lotion
1 mg/g; 20 g
1
46,73
r
Methylprednisolonaceponat
Advantan
Oberflächliche Lösung
1 mg/mL; 20 mL
1
49,97
r
Moxifloxacin
Avalox
Filmtablette
400 mg
5
120,17
r+u
Moxifloxacin
Avalox
Filmtablette
400 mg
7
152,05
r+u
Moxifloxacin
Promira
Filmtablette
400 mg
5
120,17
r+u
Moxifloxacin
Promira
Filmtablette
400 mg
7
152,05
r+u
Moxifloxacin
Avalox
Infusionslösung
1,6 mg/mL; 250 mL
1
167,37
r
Naproxen
Naprosyn
Tablette
250 mg
15
10,18
r
Naproxen
Naprosyn
Tablette
500 mg
20
23,15
r
Naproxen-Natrium
Flanax
Filmtablette
275 mg
20
22,87
r
Naproxen-Natrium
Flanax
Filmtablette
Naproxen-Natrium
Flanax Junior
Pulver zur Herstellung
einer Suspension
550 mg
10
21,78
r
25 mg/mL; 100 mL
1
18,08
r
r+u
Nifedipin
Adalat
Kapsel
10 mg
60
25,89
Nifedipin
Adalat Oros
Filmtablette
20 mg
15
51,18
r
Nifedipin
Adalat Oros
Filmtablette
20 mg
30
102,36
r
Nifedipin
Adalat Oros
Filmtablette
30 mg
15
62,53
r
Auf Kosten der Armen?
53
Generischer Name
Handelsname
Bayer
Anwendungsform
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
Klassifikation
Nifedipin
Adalat Oros
Filmtablette
30 mg
30
125,05
r
Nifedipin
Adalat Oros
Filmtablette
60 mg
15
92,10
r
Nifedipin
Adalat Oros
Filmtablette
60 mg
30
184,20
r
Nifedipin
Adalat Retard
Retardtablette
10 mg
30
17,98
r
Nifedipin
Adalat Retard
Retardtablette
20 mg
30
26,64
r
Nimodipin
Nimotop
Filmtablette
30 mg
30
98,06
i
Norethisteronacetat
Primolut-Nor
Tablette
10 mg
30
15,55
i
Oxiconazolnitrat
Oceral
Creme
Oxiconazolnitrat
Oceral
Oberflächliche Lösung
10 mg/g; 20 g
1
18,65
i
10 mg/mL; 20 mL
1
19,40
i
Paracetamol + Propyphenazon + Coffein
Saridon
Tablette
250 mg + 150 mg +
50 mg
20
12,38
i
Paracetamol + Propyphenazon + Coffein
Saridon
Tablette
250 mg + 150 mg +
50 mg
100
63,70
i
Paracetamol + Propyphenazon + Coffein
Saridon
Tablette
250 mg + 150 mg +
50 mg
400
254,81
i
Retinol
Arovit
Tablette
50.000 IU
30
6,04
r+u
Retinol
Arovit
Ampulle
300.000 IU/mL; 1 mL
25
34,08
r
Retinol
Arovit
Lösung zum Einnehmen
150.000 IU/mL; 20 mL
1
6,62
r+u
Retinol + Colecalciferol
+ Tocopherolacetat +
Vitamin C + Thiamin +
Riboflavin + Nicotinamid
+ Pyridoxin-HCl + Folsäure + Cyanocobalamin +
Eisen + Zink + Calcium
Natele
Kapsel
28
36,80
i
Retinolpalmitate + Thiamin-HCl + Riboflavinphosphat + Nicotinamid
+ Dexpanthenol +
Pyridoxin-HCl + Biotin +
Vitamin C + Ergocalciferol + Tocopherolacetat
Protovit Plus
Lösung zum Einnehmen
1
5,90
i
Retinolpalmitate +
Thiamin + Riboflavin + Nicotinamid +
Calciumpantothenae +
Pyridoxin-HCl + D-Biotin
+ Folsäure + Cyanocobalamin + Vitamin C +
Colecalciferol + Alphatocopherolacetat + Phytomenadion + Calcium +
Chrom + Kupfer + Fluor +
Iod + Eisen + Magnesium
+ Mangan + Molybdenum + Phosphor+ Selen
+ Zink
Supradyn
Brausetablette
10
27,50
i
Retinolpalmitate +
Thiamin + Riboflavin + Nicotinamid +
Calciumpantothenae +
Pyridoxin-HCl + D-Biotin
+ Folsäure + Cyanocobalamin + Vitamin C
+ Colecalciferol +
Alphatocopherolacetat
+ Phytomenadion +
Nicotinamid + Calcium +
Pyridoxin-HCl + D-Biotin
+ Folsäure + Cyanocobalamin + Vitamin C
+ Colecalciferol +
Alphatocopherolacetat
+ Phytomenadion + Calcium + Chrom + Kupfer
+ Fluor + Iod +Eisen +
Magnesium + Mangan +
Molybdenum + Phosphor
+ Selen + Zink
Supradyn
Dragée
30
39,35
i
54
20 mL
PHARMA-BRIEF SPEZIAL
Generischer Name
Retinolpalmitate +
Thiamin + Riboflavin +
Nicotinamid + Calcium +
Pyridoxin-HCL + D-Biotin
+ Folsäure+ Cyanocobalamin + Vitamin
C + Colecalciferol +
Alphatocopherolacetat
+ Phytomenadion + Calcium + Chrom + Kupfer
+ Fluor + Iod + Eisen +
Magnesium + Mangan +
Molybdenum + Phosphor
+ Selen + Zink
Handelsname
Bayer
Anwendungsform
Supradyn Pré Natal
Dragée
Dosierungsform
Packungsgröße
Preis in R$
(für EndverbraucherInnen,
außer bei Infusionslösungen)
30
52,14
Klassifikation
i
Rivaroxaban
Xarelto
Filmtablette
10 mg
10
235,41
r
Rivaroxaban
Xarelto
Filmtablette
10 mg
30
706,25
r
Natriumclodronat
Bonefós
Kapsel
400 mg
30
401,89
r
Natriumclodronat
Bonefós
Ampulle
60 mg/mL; 5 mL
5
517,70
r
60 mg/mL; 25 mL
1
517,70
r
200 mg
60
6.952,20
r
250 mg/mL; 4 mL
1
460,44
r
300 mg
Natriumclodronat
Bonefós
Ampulle
Sorafenib Tosylate
Nexavar
Filmtablette
Testosterone Undecylensäure
Nebido
Ampulle
Thiamin
Benerva
Filmtablette
30
19,18
r+u
Thiamin-HCl + Riboflavin
+ Nicotinamide + Pantothensäure + PyridoxinHCl + Biotin +Folsäure
+ Cyanocobalamine +
Vitamin C + Calcium +
Magnesium + Zink
Beroccal Cálcio
Magnésio e Zinco
Brausetablette
10
20,63
i
Thiamin-HCl + Riboflavin
+ Nicotinamide + Pantothensäure + PyridoxinHCl + Biotin +Folsäure
+ Cyanocobalamine +
Vitamin C + Calcium +
Magnesium + Zink
Beroccal Cálcio
Magnésio e Zinco
Filmtablette
30
34,57
i
Thiamin-HCl + Riboflavin
+ Nicotinamide + Pantothensäure + Calciumpantothenat
Beneroc
Filmtablette
100
13,58
i
Thiaminmononitrat +
Riboflavin + Nicotinamid
+ Pyridoxin-HCl +
Calciumpantothenat +
Cyanocobalamin
Beneroc Complex
Filmtablette
30
10,47
i
Thiaminmononitrat +
Riboflavin + Nicotinamid
+ Pyridoxin-HCl + Calciumpantothenat
Beneroc Junior
Lösung zum Einnehmen
1
6,56
i
Thiaminmononitrat +
Riboflavin + Nicotinamid
+ Pyridoxin-HCl +
Calciumpantothenat +
Cyanocobalamin +Vitamin C + Retinolpalmitat
+ Tocopherolacetat +
Calcium + Eisenfumarat
+ dibasiches Magnesium
Phosphat + Mangan +
Colecalciferol
Elevit
Filmtablette
30
21,53
i
Tocopherol
Ephynal
Kapsel
Vardenafil
Levitra
Filmtablette
20 mL
400 mg
30
28,83
i
5 mg
4
124,37
r
Vardenafil
Levitra
Filmtablette
10 mg
1
40,48
r
Vardenafil
Levitra
Filmtablette
10 mg
2
72,90
r
Vardenafil
Levitra
Filmtablette
10 mg
4
138,38
r
Vardenafil
Levitra
Filmtablette
20 mg
2
81,81
r
Vardenafil
Levitra
Filmtablette
20 mg
4
163,59
r
Vardenafil
Levitra
Filmtablette
20 mg
8
324,95
r
Auf Kosten der Armen?
55
Die BUKO Pharma-Kampagne hat das Geschäftsverhalten von Bayer HealthCare, Boehringer Ingelheim
und Baxter in Brasilien unter die Lupe genommen.
Unser Fazit: Während das Baxter-Sortiment ausschließlich sinnvolle Arzneimittel umfasst, vertreiben
die Hersteller Bayer und Boehringer Ingelheim eine
ganze Reihe unsinniger Präparate. Selbst die Mehrzahl der als innovativ deklarierten Blockbuster bieten
keinen Behandlungsvorteil für PatientInnen. Dafür
sind sie unerschwinglich teuer und verschwenden
knappe Ressourcen. Die untersuchten Firmen führen in Brasilien zahlreiche Forschungsprojekte durch.
Sie konzentrieren sich dabei auf lukrative Bereiche
wie Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs und Diabetes – Krankheiten, die auch in Brasilien zunehmend
verbreitet sind. Für vernachlässigte Krankheiten wie
Chagas, die in Brasilien ebenfalls noch immer häufig
sind, zeigen die Firmen kaum Engagement.
Das Familienunternehmen Boehringer Ingelheim
hat mit knapp 53% irrationalen Mitteln und rund
10% unentbehrlichen Präparaten ein erschreckend
schlechtes Sortiment in Brasilien. Die Firma verzichtet allerdings auf strikte Patentdurchsetzung im Fall
ihrer Aidsmedikamente. Das wichtige Mittel Nevirapin® ist somit in Brasilien als preiswertes Generikum
verfügbar. Bayer führt 63% rationale Produkte im
Sortiment, darunter 20% unentbehrliche Mittel. Die
aggressive Patentpolitik der Firma blockiert jedoch
den Zugang zu dem Krebsmittel Nexavar®. Die Firma
Baxter hat mit ausschließlich rationalen Produkten
und davon 74% unentbehrlichen Mitteln das qualitativ beste Arzneimittelangebot. Einige der Mittel sind
allerdings ohne generische Alternative. Ihr Preis ist
hoch und die Medikamente sind meist im öffentlichen
Sektor nicht zu haben – ein hartes Los für die Betroffenen.
BUKO Pharma-Kampagne
August-Bebel-Straße 62
33602 Bielefeld, Deutschland
Fon: +49 (0)521 60550
Fax: +49 (0)521 63789
Mail: [email protected]
Web: www.bukopharma.de
www.twitter.com/BUKOPharma
ISSN 1618-4580
Spenden: Gesundheit und Dritte Welt e.V.
Sparkasse Bielefeld
Spendenkonto: 105 627
BLZ: 480 501 61
IBAN: DE97 4805 0161 0000 1056 27
BIC: SPBIDE3BXXX