Untitled - Stephan Guber
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Untitled - Stephan Guber
Stephan Guber Skulpturen Installationen Erfahrungsräume 2000 bis 2010 Texte Anette Naumann Einzelfiguren o.T. (Kopf/Torso) Kirsche geschliffen Höhe 45 cm (2009) Massive, überlebensgroße Holzstämme, noch von Rinde bedeckt, werden an einem Platz zwischen zwei Stadtteilen aufgestellt und binnen acht Wochen in eine Skulpturengruppe verwandelt. Dem Prozess des langsamen Freilegens der Formen können die Bewohner der Stadt Eschborn zusehen, bemerken, wann sich Gubers zumeist lebens- und überlebensgroße Holzskulpturen sind gekennzeichnet durch eine starke Ernsthaftigkeit, die sich vor allem durch Haltung und Mimik ausdrückt. Besonderes Augenmerk verlangt stets das Haupt, das durch Größe, Ausarbeitung und teils haubenartige Aufsätze betont ist. Die Gestalten aus dem Unbestimmten des Materials die besondere Gestalt der menschlichen Figur herausschält. Für den Bildhauer Stephan Guber, der dem Eichenholz mit einer Kettensäge und großer Sicherheit zu Leibe rückt, wird dieser Moment jedesmal zu einem Erlebnis, wo sich die spezifische Eigenart der Figur, an der er arbeitet, zu erkennen gibt. »Annähern«, der Titel dieses Kataloges, beinhaltet für ihn verschiedene Bewegungsrichtungen – die Hinwendung des Künstlers zu seinem sich zeigenden Werk sowie das innere und äußere Näherkommen der Betrachtenden an die vollendeten Skulpturen. Vor allem aber ist es die Annäherung an das Thema, das sowohl der Gestaltende als auch der Schauende bewegt: der Mensch, in seiner Leiblichkeit und seiner Bestimmung. Nachdem das menschliche Antlitz zunächst in seiner Malerei auftauchte und Stephan Guber später Köpfe, Büsten und Ganzfiguren auch in Wachs und Holz schuf, wurde die Beschäftigung mit der Genese des Menschen immer zentraler in seiner bildhauerischen Arbeit. Die Anfänge des Menschenseins, die Geschlechterteilung und die Bildung des menschlichen Bewusstseins sind Fragen, die er in seinem Schaffen umkreist. Während des letzten Jahrzehnts kann man einen Entwicklungsweg nachzeichnen, der ihn von der Einzelfigur zur Gestaltung von Paaren hin zu Gruppen von Menschenfiguren und letztlich zu den Beziehungsräumen zwischen individuellen Charakteren geführt hat, wovon in der Folge die Rede sein wird. sind nicht in Handlung oder mit expressiver Gestik gezeigt – ihre Tätigkeit ist im Wesentlichen das Stehen, das Dastehen. Mit ihren eng am Körper anliegenden Gliedmaßen und dem in die Ferne oder ins Innere schauenden Blick sind sie ein Inbegriff von Sammlung und ihre Präsenz wirkt sehr stark. 1 1 »Einmal kam ich bedrückt und mit Kummer zu Besuch ins Atelier. Der Künstler hatte noch einmal den Raum verlassen, so dass ich einen Moment allein war. Und da standen sie nun, die Figuren, rohe und polierte, helle und schwarzgebrannte. Sie schauten mich nicht an, sondern waren einfach anwesend. Aber mehr als nur anwesend. Wie anteilnehmend. Eine hohe Emotionalität erfüllte den Raum, dicht und singend. Ich spürte: Diese Figuren wussten von menschlichem Leid, sie verstanden, aber gleichzeitig standen sie auch und würden weiter stehen. Sie waren durch etwas hindurchgegangen. Nicht mehr selbst Ausdruck heftigster Innerlichkeit wie die Skulpturen des Expressionismus, nicht Schmerz gewordene Plastik wie bei Kollwitz oder gegossene Emotion wie bei Barlach, sie standen darüber. Darüber, und doch nicht jenseits wie die abgeklärten Figuren auf den Säulenportalen gotischer Dome, sondern in tröstlich-wissendem Mitgefühl.« Jens Heisterkamp in einem Brief vom 18.11.2010 an Stephan Guber. 4 Einzelfiguren gegenüber o.T., Eiche gebrannt, Höhe 65 cm (2009) »Der Alchimist«, Pappel, Höhe 187 cm (2005) 6 Einzelfiguren »Die Schwester«, Kirsche, Höhe 189 cm (2008) »Erstling«, Eiche, Höhe 40 cm (2000-2008) 7 Zweierfiguren »Das Geheimnis«, Lärche, ortsbezogene Installation auf dem Kunst- und Literaturpfad Loreley, Höhe 230 cm (Sommer 2010) So wertvoll der einzelne Mensch auch ist, er verlangt nach einem Gegenüber – diese Grundbedingung des Daseins, die in der Schöpfungsgeschichte durch die Erschaffung Evas aus der Rippe des Adam verbildlicht wird, hat Stephan Guber auch in seiner Arbeit als Notwendigkeit erlebt. In dem Herauslösungsprozess des Bildhauens entstehen Figuren, die sich, noch demselben Holz entstammend, in zwei Teile aufgliedern – ein Antlitz erblickt ein zweites und ein von Aktivität erfüllter Zwischenraum entsteht. In »Ich mit mir« ist besonders eindrucksvoll zu sehen, wie sich eine weibliche Figur aus einer anderen, eher männlichen herausentwickelt: Im Rumpfbereich noch miteinander verbunden, lösen sich Schultern und Köpfe in zwei einander zugeneigte Elemente. Das Werk legt nahe, sich mit der mythischen Zweigeschlechtlichkeit des ursprünglichen Menschen (oder der zunächst androgyn angelegten embryonalen Entwicklung des Kindes) zu beschäftigen; zum anderen ist es ein Sinnbild für die Begegnung des Menschen mit sich selbst, wie er sich fragend seinem Ebenbild zuwendet und seiner selbst gewahr wird. Detail aus »Das Geheimnis«, Lärche, Höhe 230 cm Dieser Moment des einander Anblickens, der den Beziehungsraum zwischen zwei Menschen eröffnet, ist immer mehr in den Focus von Stephan Gubers Arbeiten gerückt. »Das Geheimnis«, die Installation auf der Loreley, welche zusammen mit den in ihrem Umkreis aufgestellten Klangelementen von Saskia Kaiser den Nassauer Kulturpreis 2010 gewann, ist dafür ein bezeichnendes Beispiel. Die beiden überlebensgroßen, unterschiedlich geschwärzten Männerfiguren stehen einander in einem genau überlegten Abstand gegenüber, und der gefühlte Bannkreis, den sie um sich herum verbreiten, wird durch zwei im Boden verankerte Stahlplatten markiert. Im Annähern an das Spannungsfeld, das zwischen ihnen aufgebaut wird, im Durchschreiten dieser unsichtbaren Schranke und im sich davon Entfernen werden zeitliche Grunderfahrungen des Vorher, des Jetzt und des Nachher erlebbar. Auch die Art ihres stummen Austausches gilt es zu entschlüsseln – sind es Figuren, die für sich selbst stehen oder sind es Repräsentanten verschiedener Gruppierungen? Um ein Duell wird es wohl nicht gehen, wohl aber um eine Art Kräftemessen. Die Haltung ihrer vor dem Körper hängenden Arme hat etwas Pazifistisches an sich, dennoch wird in dieser Gegenüberstellung ein potenzieller Konflikt anschaulich. Solcherart Ambivalenzen sind der Freiraum in Gubers Gestaltungen, die die Betrachtenden dazu auffordern, sich aktiv mit den Werken auseinanderzusetzen. Andere Skulpturen wie »Leaving Paradise« lassen zwei verbundene Figuren als Paar auftreten, deren Zweiheit noch nicht in invididuelle Handlungsfreiheit mündet. Was ihnen geschieht, widerfährt ihnen zusammen. Erst die Beiordnung der Schlange, die zu Füßen der einen und am Kopf der anderen Figur mit beiden verbunden ist, setzt den Prozess der Veränderung in Gang – im Bereich der willensmäßigen Tat und des Denkens. Vom Haupt her führt sie sie hinaus aus dem Bereich der Einheit, wohin sie zurückblicken. Gleichzeitig schauen sie einander an, wie um zu verstehen, was vorgegangen ist. 8 Zweierfiguren dazwischen »Ich mit mir«, Apfelbaum, Höhe 178 cm (2008) 10 Zweierfiguren »Leaving paradise«, Kiefer gebrannt, Höhe 168 cm (2009), Standort: Kemijärvi, Finnland o.T., Pappel, Höhe 190 cm (2008) 11 Teile eines Ganzen »Solve et coagula«, Eiche Standort: Skulpturenpark Bad Salzhausen Höhe 560 cm (2007) im Verhältnis des goldenen Schnitts aufragen. Die Anzahl zwölf entspricht den grundlegenden Lebensrhythmen und Strukturierungen des Weltkreises, den zwei mal zwölf Stunden des Tages, der Monate, der Tierkreiszeichen u.v.m. Die Idee der ursprünglichen All-Einheit von Makro- und Mikrokosmos, die im Bild des Holzes in Einzelteile aufgespalten und wieder bewusst zusammengefügt wird, kommt hier zur Anschauung. »Löse und verbinde« ist sowohl eine dem Arbeitsprozess nachempfundene Benennung, als auch ein Hinweis auf den Salz- und Sole-Ort Bad Salzhausen, an dem die Arbeit entstanden ist. In dem Durchschreiten der hohen Zacken, die sich am oberen Ende durch ihre Abschrägung zur Mitte hin kelchartig öffnen, werden die maßgeblichen Koordinaten Himmel und Erde, drinnen und draußen zu erlebten Grundbedingungen des menschlichen Lebens. Diese Aufgliederung in Teile, die verschiedene Aspekte eines Ganzen bedeuten, findet sich auf andere Weise in Installationen Stephan Gubers wieder, deren Elemente stärker mit Gegensätzen arbeiten. Unter den Figurenensembles, die Stephan Guber geschaffen hat, gibt es eine Sonderform von Skulpturengruppen, die weniger mehrdeutigen Ausdruckscharakter haben, da sie alle aus einem Stamm geschnitten sind und schon deswegen größere Ähnlichkeit miteinander besitzen. Beispiele dafür sind »Die Schwestern«, die aus zehn Baumteilen herausgearbeit worden sind, sowie »fenestris aeternitatis«, gebrannte, 3 Meter hohe Figuren, deren Gliedmaßen in ihrer Vertikalität fast verschwinden. Sie wirken wie Mitglieder eines Clans, deren gemeinsames Auftreten keinen Widerspruch einzelner duldet. Die Betrachtenden finden sich mitten unter ihnen, können sich ihnen zugehörig empfinden oder auch nicht – in jedem Fall bilden sie geschlossene Zirkel, die durch Größe und Anzahl Macht erhalten und Fragen nach kollektiven Gesellschaften aufwerfen. Die 2007 entstandene, nicht-figürliche Skulpturengruppe »solve et coagula« (löse und verbinde) öffnet hingegen andere Bedeutungsfelder. Hier handelt es sich um 12 aus einem Stamm geschnittene Keile, die mit ihren fünfeinhalb Metern steil aus dem Boden ragen und beim Näherkommen den Eindruck erwecken, als würden sie noch wachsen, da ihre oberen Enden außerhalb des Blickfelds geraten. Sie bilden eine himmelsbezogene Raumsäule, deren innerer Raum das uralte Symbol des Kreises beschreibt – ein sakral anmutendes Zentrum ähnlich den Steinkreisen der Druidenkultur. In der Mitte liegt nun kein »Opferstein«, aber ein mit leichter Wölbung nach oben versehener Basaltstein, der dem darauf Stehenden das Gleichgewichtsuchen abverlangt. Der Durchmesser des Kreises entspricht einer durchschnittlichen menschlichen Körperhöhe, zu der die Stelen 12 Teile eines Ganzen inmitten Ein weiterer Kreis schließt sich damit: Als Eingang zum Skulpturenpark der Skulpturenachse Eschborn nimmt der Figurenkreis die Kreise vergangener Zeiten wieder auf: Nimmt Bezug zu den Steinkreisen rund um den Altkönig. Zu den keltischen Gräberfeldern in der Umgebung und schlägt Brücken bis hin zu »Die Schwestern« (3 von 10), Eiche, patiniert, Höhe 210 cm (2007) 14 Teile eines Ganzen »Fenestris aeternitatis«, Fichte gebrannt, Höhe 300 cm (2006) 15 Teil eines Ganzen Skulpturengruppen »For those who like to see«, vielteilige Skulptureninstallation / Performance / Musik im alten Druckwasserwerk in Frankfurt a.M. (Sept. 2007) und Weiblichem. Die vereinigende Überbrückung dieser Polaritäten, so erkennt man in der Anschauung, leisten wir selbst. In welcher Weise Gegenläufiges zusammengehört, hat beispielsweise die temporäre Installation im ehemaligen Druckwasserwerk in Frankfurt a.M. gezeigt, bei der sich Stephan Guber mit der Schauspielerin Andrea Wolf und dem Gitarristen Olaf Thurau zusammentat. Innerhalb der Ausstellung fand eine Performance mit Texten von Peter Handke zum Thema Dauer und experimenteller, improvisierter Musik statt. Die Rauminstallation stellt eine helle Gruppe von gewandeten, haubenbesetzten Frauengestalten einer Gruppierung feuergeschwärzter unbekleideter Männerfiguren gegenüber. In einer dazu kreuzförmigen Anordnung ist eine Einzelfigur gegenüber einer kleinen Königskopfbüste positioniert, die am Ende des Raumes auf einer altarähnlichen Kiste steht. Ein auf den Boden gesetzter, halsloser Frauenkopf mit Hörnern bildet dazu eine weitere Blickachse, die in scharfem Kontrast zu den emporstrebenden schwarzen Gestalten steht. Die Höhe wird noch unterstrichen durch den an Ketten hängenden Kranhaken, an dem zu einem bestimmten Moment die Schauspielerin sich durch den Raum schwingt, hin und her zwischen den sich scheinbar aufeinander zu bewegenden Skulpturengruppen. Die den Eintretenden den Rücken zuwendende Einzelfigur nimmt die Funktion eines Repoussoirs wahr – einer Figur im Vordergrund eines Bildes, die in das dargestellte Geschehen einführt und den Tiefenraum umso deutlicher werden lässt. Als Stellvertreterin der Menschen, die der Installation nähertreten, schaut sie (mit geschlossenen Augen) auf die Gegensätze von Hell und Dunkel, Verhüllung und Entblößung, Individuum und Gemeinschaft, Erhöhung und Erniedrigung, Mondhaftem und Sonnenhaftem, Männlichem Wie sich der Mensch von einem mehr träumenden zu einem mehr intellektuellen Bewusstsein entwickelt hat, zeichnet Stephan Guber in seinem beeindruckenden Werkzyklus »Das Paradies« nach. In diesen vierundvierzig Skulpturen, die um die Festspielburg Bad Vilbel herum nun dauerhaft installiert sind, entfaltet der Künstler einen Kosmos von Figuren, die von bildhaften Imaginationen und traumwandlerischer Sicherheit sowie scharfkantigem Denken und leidvoller Selbsterkenntnis erzählen. Maßgeblicher Ausdrucksträger ist jeweils das Haupt, das unterschiedlich charakterisiert ist: manche tragen Tiere auf dem Kopf wie die Götterfiguren früher Hochkulturen, andere Kappen, Hauben und Kronen, die an verschiedene Ämter und Funktionen in der menschlichen Gesellschaft denken lassen. Sind in der Anfangszeit eher Einzelfiguren und Gruppen gleichartiger Geschöpfe entstanden, legt Stephan Guber seit längerer Zeit vermehrtes Augenmerk auf den Raum, der zwischen den Figuren entsteht. Ihn interessiert das Interaktionsfeld zwischen individualisierten Gestalten, die in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, und die Betrachtenden dazu auffordert, Teil der Aufstellung zu werden und zu erspüren, um was für eine Konstellation es sich handelt. 16 Skulpturengruppen eingebunden 18 Skulpturengruppen »Das Paradies«, Eiche, 44-teilig, Höhen 170-230 cm, Standort (jeweils während der Festspielzeit von Mai bis Okt.): Wasserburg Bad Vilbel (seit 2007) 19 Skulpturengruppen »Auszug aus dem Paradies«, Eiche, 4-teilig, Höhe bis 265 cm (2008) Unterschiedliche Wachheitszustände scheinen den Skulpturen dieser Gruppe eigen zu sein: vom bewusstlosen Ruhen über das Träumen und das langsame Orientieren hin zum unterscheidenden Bewusstsein in der aufrechten Haltung. 20 Skulpturengruppen Skulpturengruppen »Nur für Dich«, Eiche, 5-teilig, Höhe bis 220 cm, Standort: Skulpturenpark Bad Salzhausen (2009) Hier klingt das Thema der 2010 entstehenden Eschborner Skulpturengruppe erstmalig an: das Rätsel aufgebende Verhältnis zwischen einem Kreis von Figuren zueinander sowie gegenüber einem andersartigen, Erwartungen weckenden Objekt. 22 Skulpturengruppen 23 Skulpturengruppe: Das Versprechen »Das Versprechen«, Eiche, 8-teilig, vor Ort erstellt Steinbacher Straße / Skulpturenpark als Teil der Skulpturenachse Eschborn, Höhe bis 240 cm deutigen Aspekten einer Skulptur, die nicht konkrete Einzelheiten abbildet, sondern in ihrer Vielschichtigkeit einen umfassenderen Sinngehalt erschließt. Um was für eine Zusammenkunft es sich bei den sieben um eine Eiform gruppierten Gestalten wohl handelt – das mögen sich die Bewohner von Eschborn gefragt haben, als sie den Entstehungsprozess vor Ort mitverfolgten, dem Künstler bei der Arbeit zuschauten und sich zu gemeinsamen Gesprächen inmitten des Figurenrunds trafen. »Das Versprechen« ist ein weiterer Meilenstein, den die Stadt Eschborn ihrem Anfang der 90er Jahre begonnenen Projekt, eine Skulpturenachse innerhalb der Stadt zu schaffen, hinzugefügt hat. Als mittlerweile zehntes Kunstwerk für die »Stadt der Skulpturen« residiert Stephan Gubers Auftragsarbeit auf dem Platz, der Eschborn mit Niederhöchstadt verbindet. Dabei bestand das Konzept, einen kommunikationsträchtigen Ort zu wählen, an dem der Künstler arbeiten und die Bewohner an der bildhauerischen Entwicklung teilnehmen lassen konnte. Gelegenheiten gab und gibt es also genug, um anhand der Figuren in einen Gedankenaustausch zu kommen und das kommunale Leben zu bereichern: durch die sich entspinnenden Diskussionen darüber, was für eine Art Menschen dargestellt ist und in welcher Relation sie zueinander stehen. Es haben sich schon Gruppen von Schulkindern auf die verschiedenen Standpunkte der Einzelfiguren verteilt, um deren Eigenheit nachzuvollziehen und diesen Beziehungsraum, der zwischen ihnen entsteht, zu erleben. Ob »Das Versprechen« nun eine Versammlung von lauter Männern sei oder eine Gruppe verschleierter Frauen, ob die Kopfbedeckungen Trachtenhauben einer bestimmten Epoche zeigen oder es sich um ein politisches Treffen von Amtsträgern handelt – dem Wunsch nach Festlegung auf der Seite der Betrachtenden stellt Stephan Guber eine bewusste Offenheit gegenüber. Offenheit bezüglich den viel- 24 Die ernsten und würdevollen Figuren stehen mit zurückgeneigten Oberkörpern in einer Haltung des Wartens da, nur teilweise dem Objekt allgemeinen Interesses in der Mitte zugewendet. Betrachten sie es überhaupt oder geht deren Blick darüber hinweg? Unser Blick zielt unwillkürlich auf das Zentrum der Figurengruppe und schafft eine diagonale Blickachse, bildet den Bezug zum Boden und eröffnet die Möglichkeit der Identifikation; ohne dieses Element würden die überlebensgroßen Körper eine Spezies für sich bilden. Welchen Charakter hat ihr Warten – freudige Erwartung scheint es weniger zu sein als vielmehr ein verstohlenes bis misstrauisches Beäugen. Was wird aus dem übergroßen Ei – ist es taub oder birgt es neues Leben? Es ist unklar, ob es sich so entwickeln wird wie erwartet. Wer von ihnen hat das Ganze überhaupt initiiert? Fragen nach dem Ursprung in der Vergangenheit, nach dem jetzigen Augenblick und der zukunftsorientierten Hoffnung tauchen auf und Geschichten entzünden sich ganz unwillkürlich an den Eindrücken. Diesen offenen Erlebnisraum zu schaffen ist ein Anliegen des Künstlers, der die Aktivität der Betrachtenden hoch schätzt. In der Annäherung an die menschliche Gestalt, die Stephan Guber in seinem bildhauerischen Werk realisiert, gelingt dem Betrachter eine Wahrnehmung des Menschen in seinem geschichtlichen Gewordensein, seinen sozialen Beziehungen und seinen bewusstseinsmäßigen Dimensionen – und erfährt dadurch das Wesentliche seiner selbst. Skulpturengruppen: Das Versprechen das Versprechen 26 Skulpturengruppen: Das Versprechen 27 Skulpturengruppen: Das Versprechen 28 Skulpturengruppen: Das Versprechen Im Verlauf seiner bildhauerischen Arbeit ist Stephan Guber zunächst von unbekleideten Menschenfiguren ausgegangen. Allmählich treten durch bloße Schnitte im hölzernen Corpus Andeutungen von Verhüllungen auf, bis schließlich in »Das Versprechen« durch die gekerbte Stofflichkeit auch die Frage nach der Viel-Schichtigkeit der menschlichen Natur im übertragenen Sinne aufgeworfen wird. 29 Skulpturengruppen: Das Versprechen 31 Skulpturengruppen: Das Versprechen Entstehung der Gruppe »Das Versprechen« vor Ort in ca. acht Wochen Positionierung der Eichenstämme, Durchmesser bis zu 1 m, Gewicht ca. 2 t pro Stück Abendliche Kunstgespräche (24.8. + 10.9. + 23.9.2010) Eröffnung 8.10.2010 mit Performance: Ausdruckstanz Andrea Du Bois, Musik Andreas Müller 34 Skulpturengruppen: Das Versprechen Vita 1965 geboren in Bad Nauheim, wohnt in Nidda 1987 – 1989 Studium an der FH Wiesbaden Seit 1987 Studienreisen durch Skandinavien, Färoer, Island, Grönland 1998 – 2004 4 x Künstlersymposium Herrnhaag 2006 - 2010 3 x Künstlersymposium Laubach 2 x Int. Bildhauersymposium Davos, Schweiz 2007 + 2009 Bildhauersymposium Bad Salzhausen 2009 Arbeitsreise durch Skandinavien International Woodsculpting Symposium in Kemijärvi, Finnland 2010 Arbeitsreise Ungarn / Schweiz Einzelausstellungen (Auswahl) 1990 Galerie »Weisse Stadt«, Köln 1991 Deutsche Terminbörse, Frankfurt a.M. 1992 Foyer-Galerie, Staatstheater Darmstadt 1993 Galerie Inny Slask, Tarnowskie Göry, Polen 1995 Museum Lorch am Rhein Klostergalerie Rambin, Rügen 1996 »DOMUS DEI«, Quedlinburg 1998 »Sal terrae«, Bad Nauheim 2001 SEB-Bank, Hanau 2003 »Sonnensaiten«, Niddatal 2004 »König / -innen-«, Schloss Freudenberg, Wiesbaden 2005 »stella maris«, Kunstverein Friedberg 2009 Rathaus Eschborn 2010 Rathaus Friedrichsdorf Gemeinschaftsausstellungen (Auswahl) 1992 Kalvaria Galerie, Szeged, Ungarn 1993 Kunsthalle Darmstadt »Tierstücke«, Kunsthaus Wiesbaden Junge Deutsche Künstler, Plock, Polen 1999 Grafik der Gegenwart, Rheinisches Landesmuseum Bonn 2006 »Plastische Perspektiven«, Bad Salzhausen 2009 Roermond Galerie DZD ART, Niederlande Literatur 1992 Katalog Galerie »Weisse Stadt« 1994 »Erde Zeichen Erde« Int. Ges. d. Bildenden Künste / BRD 1996 Katalog »Erdungen«; Wisperverlag 1997 Katalog »Dichtugen« 1998 Katalog »Sal terrae / Salz der Erde« 1999 Katalog »Ikarus« 2000 Katalog »Ecce homo« 2003 Katalog »Sonnensaiten« 2004 Katalog »König/-innen-« 2005 Katalog »stella maris« 2007 Katalog »drinnen wie draußen, draußen wie drinnen« Katalog 1. Künstlersymposium Bad Salzhausen 2008 Katalog »das Paradies« 2009 Katalog 2. Künstlersymposium Bad Salzhausen Arbeiten im öffentlichen Raum (Auswahl) Kreishaus Friedberg OVAG – Friedberg Stadt Bad Nauheim Schloß Freudenberg Wiesbaden Gemeindezentrum Niddatal Skulpturenpark Bad Salzhausen Davos / Schweiz Skulpturenpark Bad Vilbel (ab 2008) Skulpturenpark Eschborn (ab 2010) Kemijärvi, Finnland Vertreten mit vielen Arbeiten in privaten Sammlungen Preise / Auszeichnungen 2007 Nassauer Kulturpreis - Malerei 2010 1. Preis Skulpturenpark Mörfelden / Walldorf Nassauer Kulturpreis - Kunst im freien Raum Impressum Herausgeber Magistrat der Stadt Eschborn Rathausplatz 36 65760 Eschborn www.eschborn.de Konzeption Johanna Kiesel Dipl. Kulturwissenschaftlerin Kulturreferentin Texte Dr. Anette Naumann Kunsthistorikerin Gestaltung Ottmar Schnee Dipl. Designer AGD Visuelle Kommunikation Fotos Edgar Defayay Horst Eller Stephan Guber Johanna Kiesel Ottmar Schnee Eugen Sommer Bjanka Tivanovac Robert Wohlgemuth Herstellung GrafikAtelierDeutscher GAD Offenbach © 2011 Magistrat der Stadt Eschborn Printed in Germany ISBN 978-3-00-033760-4 www.stephan-guber.de