Fachhochschule Gelsenkirchen, Abteilung Bocholt

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Fachhochschule Gelsenkirchen, Abteilung Bocholt
Bocholt
Fachhochschule Gelsenkirchen, Abteilung
Bocholt
Retailbanking im Spannungsfeld zwischen kurzfristigem
Verkaufserfolg und langfristigem Kundennutzen
Spiel,Satz,Sieg: Jede Medaille hat zwei Seiten
Betreuender Hochschullehrer:
Prof. Dr. Harald G. Kundoch
Studentische Teammitglieder:
Gamze Cagsar
Stefanie Delsing
Lea Hüllstrung
Mario Sack
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Postbank Finance Award
2009/2010
Spiel,Satz,Sieg:
Jede Medaille hat zwei Seiten
Projektarbeit
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Inhaltsangabe:
Vorwort
01
1. Voraussichtliche Entwicklung der Zielgruppen
02
1.1 Grundlegende Kriterien
02
1.2. Altersklassen (Demographische Entwicklung)
02
1.3. Bildungsstand
03
1.4. Arbeitslosenquote (Wohlstand)
04
1.5. Der Kunde mit Zukunftspotenzial
04
1.6. Anlagegeschäft im Bezug auf Kundennutzen
06
2. Analyse des Erfolgsfaktor Vertrauen
06
2.1. Vertrauensverlust
06
2.2. Gesellschaftliche und ökonomische Aspekte des Vertrauens
07
2.3. Betriebswirtschaftliche Aspekte des Vertrauens
08
2.4. Das besondere Vertrauen im Bankwesen
08
2.5. Vertrauensrückgewinnung, aber wie?
09
2.6. Fazit
11
3. TÜV oder andere Ratingsysteme als Erfolgsfaktor
12
3.1. Erfolg oder Misserfolg
12
3.2. Allgemeine Ratings vs. der Staat als Verbraucherschutzinstitution
13
4. Markets in Financial Instruments Directive (MiFID)
14
4.1. Der Kundennutzen in Bezug auf MiFID
14
4.2. Wertschöpfungskette der MiFID-Anforderungen
16
4.3. MiFID: Der Kundennutzen im Überblick
19
4.4. Mehr Sicherheit für Kunden durch Beratungsprotokoll?
20
4.5. Banksprache – Fremdsprache?
22
4.6. Hehre Ziele - und die Wirklichkeit
22
4.7. Fazit
23
I
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
5.Vertriebsstrategien
24
5.1. Beratung auf Honorarbasis
24
5.2. Fragen der Kunden und Berater
24
5.3. Entstehung des Spannungsfeldes
25
5.4. Honorarbasis  Provisionsbasis / Kundennutzen  Verkaufserfolg
25
5.5. Anreiz-Systeme für Mitarbeiter
28
5.6. Pro und contra der Beratung auf Honorarbasis im Überblick
29
5.7. Honorarmodelle
30
5.8. Fazit
33
6. Online Banking
35
6.1. Was ist Online Banking?
35
6.2. Pro und Contra – Auf einen Blick
37
6.2.1 Fazit
37
6.3. Die Zukunft des Online Banking
38
7. Die Zukunft der Bankfiliale
39
7.1. Trends im Retail-Banking
39
7.2. Zukünftige Bankformen
41
7.2.1. Erlebnisfiliale
41
7.2.2. Beratungsfiliale
42
7.2.3. Banking-Shop
42
7.2.4. Selbstbedienungsfiliale
43
7.2.5. Vollservice-Filiale
43
7.2.6. Zielgruppenfiliale
44
8. Lösungsansätze für ein erfolgreiches Vertriebskonzept
45
8.1. Erfolgspotenziale im Vertrieb
45
8.2. Erfolgsfaktor: Kundenmanagement
46
8.3. Kundenberatung als wichtiger Erfolgsfaktor für die Kundenbindung
48
8.4. Problemlösung: Honorarberatung
49
Schlusswort
49
Literaturverzeichnis
50
II
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Bevölkerungspyramide
Abbildung 2: Zahl der Studenten in Dt.
Abbildung 3: Arbeitslosenzahlen
Abbildung 4: Wertschöpfungskette MiFID
Abbildung 5: Kundennutzen durch MiFID (Eigene Darstellung)
Abbildung 6: Pro & Contra Honorarberatung
Abbildung 7: Ergebnisse einer Umfrage, Teil 1
Abbildung 8: Ergebnisse einer Umfrage, Teil 2
Abbildung 9: Sinus-Milieus nach Nielsen
Abbildung 10: Beratungsqualität
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Demographie in Dt.
Abkürzungsverzeichnis
bzw.
beziehungsweise
ggf.
gegebenenfalls
i.d.R.
in der Regel
Mtknr.
Matrikelnummer
S.
Seite(n)
Sog.
Sogenannte(n)
u. a.
unter anderem
u.Ä.
und Ähnliches
u.U.
unter Umständen
u.v.m.
und vieles mehr
z.B.
zum Beispiel
Z.
Zeile
MiFID
Markets in Financial
Instruments Directive
III
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Vorwort
Seit dem römischen Recht zieht sich das Spannungsverhältnis zwischen
Vertragsfreiheit und gesetzlichen Regelungsrahmen durch die Geschichte des
Zivilrechts. Die Frage, die diesem Spannungsverhältnis zugrunde liegt, lautet:
„Was sollen, können und dürfen die Vertragspartner des Zivilrechts untereinander
regeln und welche Rahmenbedingungen muss zwingend der Staat vorgeben?“
Auch wenn die Finanzkrise noch nicht endgültig beendet ist und die Ursachen noch
nicht geklärt sind, müssen die Strukturen im Bankgewerbe, insbesondere die
Beziehungen zu den Bankkunden, auf den Prüfstand gestellt werden. Die Rolle des
Staates kann nicht darin bestehen, alle Privatbanken zu verstaatlichen.
Der Staat sollte sich vielmehr darauf beschränken, nur die unbedingt nötigen
Aufsichtsfunktionen zu übernehmen. Denn diese Art der Bürokratie führt dazu, dass
die Individualität der unterschiedlichen Banken nicht mehr erhalten bleibt. Die jetzige
Vielfalt der Banken muss bestehen, damit jeder Kunde selbst entscheiden kann,
welche Bank seinen Vorstellungen am ehesten entspricht.
Denn jede staatliche Vorgabe stellt eine Beschränkung der Vertragsfreiheit dar.
Nur
sinnvolle
Beschränkungen
kommen
in
Frage,
auch
hier
gilt
das
Subsidiaritätsprinzip:
Subsidiarität (von lat. „subsidium“, dt. Hilfe, Reserve) ist so gesehen eine anerkannte
gesellschaftliche Maxime, die Eigenverantwortung vor staatliches Handeln stellt.
Die Folgen von einer Überregulierung könnten dann nicht ein Mehr, sondern ein
Weniger an Sicherheit bringen.
1
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
1. Voraussichtliche Entwicklung der Zielgruppen
1.1. Grundlegende Kriterien
Um sich genauer mit dem Retailbanking zu befassen, sollte man den jetzigen und
zukünftigen Kunden genau betrachten. So ist nicht nur die demographische
Entwicklung von großer Bedeutung, sondern auch der allgemeine Bildungsstand und
die Arbeitslosenquote. Aus diesen Fakten lässt sich ein passendes zukunftsweisendes Konzept erstellen, welche auf den Kunden der Zukunft zugeschnitten ist.
1.2. Altersklassen (Demographische Entwicklung)
Die Demographie befasst sich mit den Entwicklungen des Bevölkerungswachstums,
welcher ein wichtiger Faktor bei der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes ist.
Bevölkerungspyramiden geben hierbei Aufschluss über den zu erwartenden
Fortschritt oder Rücktritt der Populationszahlen und somit über eventuell spätere
potentielle Kunden.
Abb.1:
Demographie in Dt.
Bevölkerungspyramide
1
Tabelle
1:
2
Bei der Betrachtung der oberen Abbildungen zeigt sich, dass die Zahl der neuen
Kunden in Zukunft sinkt und die Interessen der schon vorhandenen Kunden sich
verändern.
Betrachtet man den Durchschnitt, so wird deutlich, dass die größte Anzahl der
Kunden sich zwischen dem 40ten und 60ten Lebensjahr befindet. Der fortschreitende
Alterungsprozess verlangt daher von den Banken gute Finanzpakete zur
1
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung
/Bevoelkerung.psml;jsessionid=45B17F4244311E3884E1EB69D401CDDB.internet
2
http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Navigation/Statistiken/Bevoelkerung
/Bevoelkerung.psml;jsessionid=45B17F4244311E3884E1EB69D401CDDB.internet
2
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Altersvorsorge, bzw. Rentenpakete. Auch eine gute Rendite mit einem geringen
Risiko ist in diesen Zeiten notwendig. Die Geburtenrate sinkt sichtlich ab, was
bedeutet, dass die Zukunft des Bankwesens nicht nur auf der Gewinnung von neuen
Kunden basiert, sondern die Wichtigkeit der Pflege von schon vorhandenen Kunden
mehr und mehr Priorität erlangt. Die Umstrukturierung der Beratung ist daher von
größter Bedeutung, um den Verkaufserfolg zu verbessern oder den Standard zu
halten. Die Produkte müssen neu gestaltet werden, um sich der alternden
Bevölkerung anzupassen. Doch neue und junge Kunden dürfen hierbei nicht außer
Acht gelassen werden.
1.3. Bildungsstand
Die Wachstumsrate befindet sich im Rückfluss und dennoch ist zu beachten, dass
die Zielgruppe der Jugendlichen ein hohes zukünftiges Ertragspotential für die
Banken hat. Durch eine gute Ausbildung und Bildung steigen die Chancen auf hohe
Einkommen. Die Zahl der Studierenden in Deutschland steigt. Somit auch die Zahl
an potentiell vermögenden Kunden.
Abb.2: Zahl der Studenten in Dt.
3
1.4. Arbeitslosenquote (Wohlstand)
3
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/221/umfrage/anzahl-der-studenten-an-deutschen-hochschulen/
3
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Die Zahl der Arbeitslosen ist in der Wirtschaftskrise gestiegen, wodurch auch die
Zahl der Investoren bzw. kreditwürdigen Kunden fällt. Somit sollte der Trend in
Richtung der Kundenhaltung gehen. D.h. eine neue Zielgruppe entsteht. Diese
bedarf intensive Beratung im Bereich rentable Altersvorsorge-Produkte im späteren
Erwerbsleben.
Abb.3: Arbeitslosenzahlen
4
1.5. Der Kunde mit Zukunftspotenzial
Ein weiterer Faktor für den Erfolg eines Bankinstitutes ist es, Kunden mit
langfristigem Potenzial als Privat- und/oder Firmenkunde zu gewinnen. Der Student
von heute in Schlabberjeans und mit Finanznot ist der vermögende Privatkunde, der
Selbstständige und Manager von morgen. Es gilt also, diese Neukunden durch
umfassende, auf die Person und den momentanen Lebensabschnitt zugeschnittene,
Beratung an sich zu binden. Denn nur sehr wenige Kunden wechseln ein einmal
eingerichtetes Girokonto. Die Beratung hier beginnt bei der Erstellung einer
individuellen Situationsanalyse, geht über Kreditvergabe und Vermögensaufbau mit
kleinen Beiträgen bis hin zu grundlegender Risikoabsicherung und Kranken- und
4
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/1319/umfrage/aktuelle-arbeitslosenzahl-in-deutschlandmonatsdurchschnittswerte/#info
4
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Pflegeversicherung. Das setzt wiederum sehr gut geschulte Berater voraus, die
Produkte und Leistungen sehr gut kennen und Sondersituationen in der Studienzeit
flexibel handhaben können. Studenten gehören schon allein deswegen zu einer TopZielgruppe, weil sie laut OECD nach dem Studium ein um rund 40 Prozent höheres
Durchschnittseinkommen erwartet als Nichtakademiker.
Einen Kunden mit langfristigem Potenzial als Privat- und Firmenkunde zu gewinnen,
bedeutet vor allem, ihm ein guter Berater zu sein, ihn durch verschiedene Phasen
des Studiums und beim Übergang zum ersten Job zu begleiten.
Es lohnt sich auf lange Sicht, dem Studenten über eine Durststrecke während der
Studienzeit mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Um das zu können, sollte man die
Bedürfnisse dieser Zielgruppe genau kennen. Bei Studentenkrediten zum Beispiel
sind vor allem folgende Punkte wichtig:
- Günstige Konditionen,
- Individuelle und flexible Kreditgestaltung,
- Karenzzeit zwischen Studienabschluss und Beginn der Rückzahlung,
- Langfristige Tilgung,
- Absicherung durch Restschuldversicherung. 5
Auch an langfristigen Vermögensaufbau und private Altersvorsorge sollte rechtzeitig
gedacht werden, denn hier steigen die Vorteile je früher damit begonnen wird.
Ehrliches Interesse für die Situation des Studierenden ist bei dieser Beratung
besonders
wichtig.
Der
Berater
sollte
vermitteln
können,
dass
er
die
Herausforderungen, denen sich Studenten stellen müssen, versteht. Damit erarbeitet
man sich Vertrauen. Nach dem Einstieg ist es wichtig, sich als kompetenter Begleiter
zu erweisen. Ein Studium dauert in der Regel zwischen 4,3 und 6 Jahren, das hat
das statistische Bundesamt aktuell errechnet. In dieser Zeit sollten die Grundlagen
für eine langfristig erfolgreiche Kundenbeziehung gelegt werden. Ein kompetenter
und verständnisvoller Berater wird den studierenden Menschen als Kunden über
viele Jahre und weit über die Studienzeit hinaus begleiten können.
1.6. Anlagegeschäft im Bezug auf Kundennutzen
5
Vgl. Bankmagazin, Thema Bankvertrieb, März 2007
5
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Viele Jahre befand sich das Retailbanking im Wachstum bis zur Wirtschaftskrise,
doch diese ist noch nicht überstanden. Sie ist zum Stillstand gekommen und das
Vertrauen in die Banken ist gesunken.
Aus der PwC-Studie 6 geht hervor, dass das Anlagevolumen zunächst sank und somit
auch das Vermögen. Viele Institute litten darunter und hatten mit den Folgen des
Rückgangs zu kämpfen. Manche gingen sogar insolvent (Bsp. Lehman Bank). Die
Investoren, die hiervon auch betroffen waren, konnten auch nur hoffen. Die Kunden
waren von ihrer Bank enttäuscht und wechselten zu anderen Anbietern, welche ihre
Interessen besser vertreten konnten.
Das
größte
Problem
ist
jedoch
nicht
der
Kundenverlust,
sondern
der
Vermögensverlust, welcher bei vielen Instituten bis zu 50% beträgt. Um die Verluste
auszugleichen oder zu minimieren, müssen neue Anleger gewonnen werden. Dazu
muss das Kundenvermögen aber erst wieder steigen.
Um neue Anleger zu gewinnen, müssen zuerst einige Punkte geklärt werden. Die
Transparenz der Produkte muss erhöht werden, das heißt der Kunde will genau
wissen, was er kauft und welche Vorteile das erworbene Finanzpaket für ihn hat.
Zusätzlich wird eine individuelle Beratung und eine hohe Qualität verlangt. Außerdem
besteht der Wunsch nach einer hohen Rendite und einem geringen Risiko. Früher
war das erste Ziel neue Kunden zu erwerben und die Beratung stand nur an zweiter
Stelle. Das ist heute anders. Die besten Ergebnisse haben Institute, welche hohen
Wert auf Kundenpflege legen. Erstes Gebot ist es Kunden zu binden. Das ist nur
erreichbar durch wahres Interesse am Kunden und ausgiebige, zeitintensive
Beratung. 7
2. Analyse des Erfolgsfaktor Vertrauen
2.1. Vertrauensverlust
Spätestens mit der Pleite der amerikanischen Bank Lehman Brothers und den
Verlusten der Anleger sind die Beratungsleistungen der Geldhäuser in die Kritik
geraten. Bessere und schlechtere Banken lassen sich in dieser Vertrauenskrise leicht
ausmachen. So haben Sparkassen, Volksbanken und Raiffeisenbanken im Vergleich
zu Privatbanken einen unerheblichen Imageverlust erlitten. 8 Verbraucherschützer
und Rechtsanwälte stellten fest: Gezielt haben die Mitarbeiter der Banken vor allem
6
http://www.pwc.de/portal/pub
Handelsblatt, Elite Report Edition, Die Elite der Vermögensverwalter 2010 S.14-16
8
Präsident Genossenschaftsverband, „Börse im Ersten“, 22.02.2010
7
6
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
ältere Menschen mit dem Verkauf von Zertifikaten bewusst falsch beraten. Sie haben
ihnen Sicherheit vorgegaukelt, wo keine war. Sie haben nicht beraten, sondern
verkauft. Provision und Bonus für erfolgreiches Verkaufen sind mehr wert als das
Wohl der Kunden.
Die Bilanz nach rund 19 Monaten Finanzkrise mit immer neuen Hiobsbotschaften
über
Bankenpleiten,
steuerfinanzierte
Rettungspläne
und
faule
Kredite
ist
erschreckend. Nur noch 23 Prozent der Bevölkerung haben großes oder sehr großes
Vertrauen in die deutschen Banken. 70 Prozent der Bundesbürger haben hingegen
wenig oder kein Vertrauen gegenüber dem Geschäftsgebaren der Kreditinstitute.
Das geht aus einer Untersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag
der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ hervor. Selbst der eigenen Hausbank
vertrauen der Umfrage zufolge nur etwas über die Hälfte der Bürger – 40 Prozent
bringen auch da kein großes Vertrauen mehr auf. 63 Prozent der Befragten
befürworten Staatseingriffe in das Bankwesen, nur jeder Vierte ist dagegen.
9
Eine tiefe Verunsicherung hat sich in der Bevölkerung breitgemacht. Durch das
Verlorengehen
der
Vertrauenswürdigkeit
der
Banken
ist
gleichzeitig
die
Vertrauensbereitschaft des Kunden verschwunden. Man zweifelt an der Kompetenz,
Integrität und Solidarität der Bankberater. Der Kunde im standardisierten
Privatkundengeschäft (Retail-Geschäft) fühlt sich „beraten und verkauft“.
2.2. Gesellschaftliche und ökonomische Aspekte des Vertrauens
Eine Gesellschaft braucht das Vertrauen auf die Einhaltung gemeinsamer Normen,
um das wirtschaftliche Gefüge zu ölen. Die ökonomische Theorie hat relativ spät
untersucht, dass das Vertrauen ein relativ wichtiger Koordinationsmechanismus der
Wirtschaft ist, der Transaktionskosten senken kann. Vertrauen ist kostengünstig und
nahezu universell einsetzbar. Es erspart viel Mühe und ist höchst effizient, wenn man
sich auf das Wort anderer Leute verlassen kann. 10
Im Schweizer Recht wird „Vertrauen“ als schützenswertes Rechtsgut behandelt, es
wird durch das Prinzip von Treu und Glaube geschützt. Jedermann hat einen
verfassungsrechtlichen Anspruch auf den Schutz des Vertrauens, sowohl seitens des
Staates wie auch unter Privaten. Derjenige, der berechtigterweise auf die
Anständigkeit seines Geschäftspartners vertraut, soll in diesem Vertrauen nicht
enttäuscht werden. Diese Anforderung gilt auch gegenüber Behörden.
9
Vgl. www.focus.de/finanzen/banken/ 18.01.2010
Vgl. Prof. Dr. Hans Geiger, Universität Zürich, Lesung 27.05.2008
10
7
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
2.3. Betriebswirtschaftliche Aspekte des Vertrauens
Vertrauen ist ein zentraler Wert zur Erreichung unternehmerischen Erfolges. Vor
allem in wissensintensiven Organisationen, dazu zählen Banken im Besonderen, ist
Vertrauen eine zentrale Voraussetzung für hohe Effizienz und Effektivität. 11
2.4. Das besondere Vertrauen im Bankwesen
Vertrauen spielt im Bankgeschäft eine überaus bedeutende Rolle. Vertrauen bildet
die zwingende Voraussetzung für das Bankgeschäft überhaupt. Der Grund dafür liegt
in der Art der wirtschaftlichen Produktionsleistung der Bank. Die Bank finanziert ihre
illiquiden Aktiven, die Kredite, mit liquiden Passiven, den Kundeneinlagen. Die Bank
produziert Liquidität und damit verbunden produziert sie auch Geld. Beispiel: Bringt
ein Anleger 10.000,-- Euro auf sein Sparbuch bei der Bank, dann „hat er dieses Geld
immer noch“. Die Bank leiht diese 10.000,-- Euro an einen Kreditnehmer aus, der
damit z.B. einen Büroeinrichtung finanziert. Der Kreditnehmer hat das Geld also
auch, und er hat es ausgegeben. Aus 10.000,-- Euro sind 20.000,-- Euro geworden.
Wenn nun alle Anleger bei einer Bank ihre Einlagen im Rahmen ihrer vertraglichen
Rechte zurückfordern würden, könnte die Bank ihren Verpflichtungen nicht mehr
nachkommen. Die Bank ist eigentlich immer illiquide. Nur das Vertrauen der Anleger
in die Bank verhindert, dass die Bank bankrott ist.
Eine Bank kann sogar, im Falle eines Bank Runs, illiquide werden, obwohl sie
solvent ist und über genügend Eigenkapital verfügt. Sie kann untergehen, obwohl die
Anleger, die die Schalter stürmen, wissen, dass die Bank gesund ist. Das kann
geschehen, wenn das Vertrauen des Anlegers in Misstrauen umschlägt. Diese
Verletzlichkeit ist die Achillesferse des Bankgeschäftes und macht den Faktor
Vertrauen umso wichtiger.
Gerade
im
normalen
Retail-Geschäft,
wozu
neben
Kontoführung
und
Zahlungsverkehr, auch Sparkonten, Tages- und Termingelder, Wertpapiergeschäft,
Ratenkredite und Baufinanzierungen gehören, wie auch der Vertrieb von
Bausparverträgen, Investmentfonds und Versicherungen ist es überaus wichtig eine
fundierte Vertrauensbasis zum Kunden zu schaffen und zu erhalten. Im Vergleich
zum Firmenkundengeschäft sind zwar die Volumina der einzelnen Geschäfte relativ
11
Vgl. Frau Prof. Osterloh, Universität Zürich, betriebswirtschaftliche Forschungsarbeit, 10/2008
8
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
gering, jedoch sind hier hohe Stückzahlen zu bearbeiten. Aus diesem Grunde
werden dem Kunden leider hoch standardisierte Produkte anstelle von individuellen
Lösungen angeboten. Der Verkauf von Standardprodukten ist bei der Vielzahl von
unterschiedlichen Kunden mit zwangsläufig auch verschiedenen Wünschen und
Erwartungen höchst fraglich und wenig zweckmäßig. Vor allem untergräbt diese
Handlungsweise das in den Bankberater gesetzte Vertrauen.
2.5. Vertrauensrückgewinnung, aber wie?
In der Beziehung zwischen Kunde und Bank geht es um mehr als um Geld – es geht
um Vertrauen. Geldanlage in einem heute schwierigen Marktumfeld erfordert viel
Sachverstand, Zeit und Einfühlungsvermögen. Herkömmliche Bankberatung bringt,
wie die Vergangenheit zeigte, nicht immer die besten Ergebnisse. Sie führt allenfalls
zu kurzfristigen Verkaufserfolgen und im schlimmsten Fall zur Zerstörung der
Vertrauensbasis zwischen Kunde und Bank.
Dem Berater kommt hierbei eine überaus wichtige Schlüsselrolle zu, denn er
repräsentiert die Bank. Er muss die Bank und deren Produkte leben, er muss zum
Botschafter werden. Alles was er sagt und tut, fällt immer auf die Bank zurück. Leider
ist es oft so, dass die Berater recht unterschiedliche Interessen verfolgen. Oftmals
fehlt die Unabhängigkeit der Berater, so ist er gezwungen, bestimmte Produkte aus
dem eigenen Hause zu verkaufen und er muss über Provisionen das eigene
Einkommen sichern. Nur wenige Bankberater können sich dem Druck der Chefetage
entziehen. Es sind die Chefs, die bestimmen, wie gut eine Beratung heute noch sein
kann. Sie legen die Umsatzziele fest, die die Bank oder sogar jeder einzelne
Mitarbeiter erreichen muss. Das führt z.B. dazu, dass Senioren trotz ihres Alters
Zertifikate mit extrem langen Laufzeiten verkauft worden sind, und das wiederum ist
einer der Gründe, weswegen wenig Vertrauen in die Beratungsqualität gesetzt wird.
Nicht zuletzt sollten auch die Räumlichkeiten Seriosität und Fachkompetenz
signalisieren und klar als Bank erkennbar sein. Die Vermischung mit anderen
angebotenen Dienstleistungen sollte als klar strukturiertes Nebeneinander konzipiert
sein, damit in den Köpfen der Kunden bezüglich kompetenter Beratung keine
Unsicherheiten entstehen. Selbst der Eingangsbereich und der Außenauftritt der
Bank setzen wichtige Impulse. Sie sollen den Kunden zum Eintreten und Stöbern
9
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
einladen und deshalb einladend und offen gestaltet sein. Schon das „Schaufenster“
sollte den Kunden emotional ansprechen. 12
Folgende Maßnahmen können dazu beitragen, das gestörte Verhältnis zwischen
Kunde und Bankberater langsam wieder herzustellen.
- Verzicht auf provisionsgetriebene Beratung, d. h. die Beratung findet,
klar vom Vertrieb getrennt, statt und wird eventuell separat als
Dienstleistung honoriert.
So kann dem Anleger eine persönliche, systemgestützte, objektive und unabhängige
Wertpapierberatung angeboten werden. Bei dieser Beratung sollten Lebensplanung
und Kenntnisse des Anlegers ebenso eine Rolle spielen, wie Risikoneigung und
Renditeerwartung. Hier sollte der Berater großen Wert auf Individualität legen. Jedes
Beratungsgespräch sollte dokumentiert und dem Kunden ausgehändigt werden. So
wird wirklich beraten, statt verkauft und der Kunde erhält ein gewisses Maß an
Sicherheit.
Auch aus Sicht der Bank ist es sinnvoll jedes Beratungsgespräch auch zeitlich
festzuhalten und zu beobachten, welchen Erfolg dieses Gespräch gebracht hat. Eine
Kontrolle in Form einer Kosten-Leistungsrechnung mit Blick auf die Rentabilität
macht durchaus Sinn.
- Transparenz in den Angeboten, d.h. keine versteckten Gebühren, keine
verwirrenden Sternchenfußnoten mit komplizierten Texten und keine
unvollständigen Informationen. Der Kunde muss die Möglichkeit haben,
Angebote ohne große Probleme miteinander vergleichen zu können.
Viele Anstrengungen sind wirkungslos, weil für den Kunden kein klares
Muster erkennbar ist.
- Verzicht auf Profit durch Verkauf falscher Produkte zu Gunsten
langfristiger Kundenzufriedenheit. Die jeweilige Bank sollte sich stark
von
kurzfristiger
Gewinnmaximierung
zu
langfristiger
Gewinnoptimierung orientieren.
- Sicherheit durch Kontrolle der Risiken, d.h. dem Laien ist es oft nicht
möglich, Risiken zu bewerten. Deshalb sollte die Risikoüberwachung in
12
Vgl.: http://ww.geldinstitute.de/data/beitrag/druck/drucklayout 3631273.html, Interview vom 09.06.2009
10
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
geregelten Abständen durch die Bank selbst erfolgen. Für den Kunden
Gewinne sichern und Verluste begrenzen, sollte zum automatischen
Service der Bank gehören. Hiermit Anlagerisiken für den Kunden
minimiert werden. (Stop-Los-Strategie)
- Geld-zurück-Garantie, d.h. wer mit der Beratung nicht zufrieden ist,
bekommt bereits gezahltes Beratungshonorar erstattet. Das stellt eine
hohe Qualität der Beratung sicher besonders aus Sicht des Kunden.
- Anlageprodukte risikomäßig klar klassifizieren (7-Anlage-Klassen)
- Den Kunden, der jeweiligen Lebenssituation angepasst, beratend
begleiten. So früh wie möglich mit der Schaffung einer vertrauensvollen
Basis beginnen und den Kunden dadurch an die Bank binden.
Vertrauensaufbau ist ein langer Prozess und bedarf absoluter
Integrität.
2.6. Fazit
Die Banken sind zwar nicht dem Gemeinwohl verpflichtet, sie sollten sich jedoch ihrer
Verantwortung gegenüber dem Kunden bewusst sein. Verantwortung bedeutet vor
allem Verpflichtung, Vertrauen und Gewissen. Das sind Ehrbegriffe, auf die sich die
heutige Finanzwelt wieder besinnen sollte. Der Missbrauch der eigenen Position
macht jedes Vertrauen zunichte. Selbst wenn es zuvor durch jahrzehntelange gute
Kundenkontakte aufgebaut wurde. „Vertrauen ist eine zarte Pflanze“, das wusste
schon Reichskanzler Bismarck. Das Vertrauen in die Banken hat erheblich gelitten.
3. TÜV oder andere Ratingsysteme als Erfolgsfaktor
3.1. Erfolg oder Misserfolg
These: Müssen Banken einer Prüfung analog dem „TÜV“ bei Autos, unterworfen
werden? Kann die Beratungsqualität für Retailkunden dadurch verbessert werden
und wie kann die Akzeptanz eines solchen Siegels herbei geführt werden im Bezug
auf Seriosität und Glaubwürdigkeit?
TÜV-Siegel und andere Ratingsysteme können das Vertrauen der Kunden in die
Bank und in Ihre Finanzprodukte stärken. Voraussetzung hierfür ist jedoch der
11
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
positive Ausfall eines solchen Ratings. Negative Bewertungen können jedoch großen
Schaden mit sich bringen. Der Kunde verliert das Vertrauen in die Bank und es
kommen Zweifel über die Seriosität der Banken auf.
Demnach sind anerkannte Zertifikate vorteilhafter für die jeweiligen Finanzprodukte,
sie
bewerten
das Finanzpaket
aus
objektiver
Sicht
und
stehen
für
die
Glaubwürdigkeit der jeweiligen Bank. Dennoch tritt hierbei folgendes Problem auf:
Die Beratung der Bank wird hierbei nicht beachtet. Bleibt also die Schwierigkeit für
den Kunden das Produkt zu verstehen, wenn eine gute Serviceleistung nicht
gewährleistet ist. Um vorab über die Beratung aufgeklärt zu sein bieten Ratings eine
gute Informationsquelle.
Die Stiftung Warentest 13 z.B. hat Anfang des Jahres ein solches Testergebnis
bekannt gegeben mit erschreckenden Bewertungen in der Anlageberatung. Ein
Drittel war nicht in der Lage, den Kunden die simple Weisheit zu vermitteln, dass
mehr Rendite auch mehr Risiko bedeutet. Viele Finanzdienstleister schnitten nur
mittelmäßig ab und nur ein Unternehmen wurde für gut befunden. Folglich sind
solche Systeme für den Kunden von großem Nutzen, doch im Gegenzug können Sie
auch sehr verlustbringend für die betroffenen Banken sein.
Fraglich ist, ob die Echtheit solcher Zertifikate vorhanden ist, doch was wird dann aus
der Glaubwürdigkeit? Bleibt diese außer Acht, denn daraus folgt, wer genügend
Zahlungsmittel besitzt, ist in der Lage sich beste Ergebnisse zu „leisten“. Hiermit
befasste sich auch das Handelsblatt. Christof Sandt schrieb hierzu: „Siepe
beanstandete, dass Banken, Versicherungen und Finanzvertriebe die Zertifikate zu
irreführender Werbung missbrauchten: „Die TÜV-Siegel sind Verkaufshilfen für die
Finanzdienstleister.“ Auftraggeber der Studie waren zwei Versicherungsberater und
ein kleinerer Konkurrent der TÜV-Unternehmen. Diese wiesen die Kritik zurück,
kündigten zum Teil aber auch Änderungen an.
Siepe listet eine Reihe von Beispielen für „fragwürdige TÜV-Siegel“ auf. So habe
etwa die zur LBBW-Gruppe gehörende BW-Bank als erste Bank vom TÜV Süd das
Siegel „TÜV-geprüfte Beratungsqualität“ erhalten, obwohl sie in einem Test über die
Anlageberatung von Banken den letzten Platz belegt habe. Und der TÜV Nord habe
einem inzwischen insolventen Spezialvertrieb für private Krankenversicherungen, der
MEG AG, das Zertifikat „TÜV-geprüfte Kundenzufriedenheit“ verliehen. Dabei seien
fragwürdige Methoden bei der Versicherungsvermittlung in der Branche bekannt
13
http://www.test.de/themen/geldanlage-banken/test/-Anlageberatung-vonBanken/1829939/1829939/1831738/
12
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
gewesen.“ 14 Letztendlich muss der Kunde selbst dafür Sorge tragen, die
bestmögliche Beratung zu erhalten.
3.2. Allgemeine Ratings vs. der Staat als Verbraucherschutzinstitution
Allgemeine Systeme sind durchaus vorteilhaft, Banken können hierdurch einen
größeren Umsatz erzielen und Kunden sind auf der sicheren Seite, was die
Glaubwürdigkeit der jeweiligen Zertifikate betrifft. Das Vertrauen in die Banken würde
sichtlich gesteigert.
Bei einer Verstaatlichung solcher Institute ist es jedoch nicht mehr möglich sich von
anderen Unternehmen abzugrenzen, da eine allgemeine Bewertung nur bei gleichen
Produkten angewendet werden kann. D.h. alle zu bewertenden Finanzpakete
müssen aneinander angeglichen werden. Das hätte zur Folge, dass die Vielfalt von
Angeboten abfällt und das Wachstum der Verstaatlichung beschleunigt würde. Der
springende Punkt ist, dass die Beratung und die Transparenz der einzelnen Pakete
verbessert werden muss und das ist nicht mit Zertifikaten zu erreichen.
4. Markets in Financial Instruments Directive (MiFID)
4.1. Kundennutzen in Bezug auf MiFID
Gerade zu der heutigen Zeit agieren die Gesetzesregler stärker als zuvor. Die bereits
bekannte und spürbare finanzwirtschaftliche Krise führte zu neuen Ausarbeitungen
der Finanzmarktrichtlinie und das zum Nachteil der einfachen Bankberatung und
somit der damit verbundenen Bank. In diesem Fall sind präziser Provisionen
gemeint, welche sich auf den Kunden negativ auswirken.
Diese Ausarbeitungen der Regelungen und Richtlinien sind ein Indiz dafür, dass der
Gesellschaft heute verdeutlicht wurde, dass viele Banken gesetzlich und vor allem
moralisch nicht korrekt beraten und informieren. Zudem wird hier deutlich, dass die
Europäische Union somit aus der Not heraus gehandelt und agiert hat. Der heutigen
Gesellschaft ist zu entnehmen, dass das Vertrauen durch viele Banken missbraucht
wurde.
Doch die Frage ist nun: Gewinnen die neuen Regelungen das Vertrauen der Kunden
zurück? Tragen diese bloß dazu bei, dass das Vertrauen zurückgewonnen werden
könnte oder sind diese keine Hilfe? Ist dies also ein Erfolgsfaktor und bessert es die
Kunde-Bank-Beziehung? In Bezug auf diese Fragestellungen müssen zunächst die
14
www.handelsblatt.com 26.01.2010
13
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Ziele der MiFID definiert, beziehungsweise analysiert, und im Anschluss die Fragen
beantwortet werden, was dem Kunden letzten Endes hilft und was nicht.
Hauptziel der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID (Markets in Financial
Instruments Directive) ist es, in ganz Europa mehr Qualität und Transparenz in der
Anlageberatung zu sichern. Dazu erweitert der Gesetzgeber die Pflichten bei
Beratung
und
Verkauf
und
zwingt
die
Banken
zur
Offenlegung
von
Provisionszahlungen. Umfasst sind Wertpapiere, Zertifikate, Hedge-Fonds und
teilweise auch Offene Fonds. Geschlossene Fonds fallen nicht darunter. Die
Regelungen gelten nur für Transaktionen, bei denen tatsächlich eine Beratung
stattfindet. Online-Broker werden daher nicht erfasst. Anlageberater sind in Zukunft
verpflichtet, ehrlich, redlich und professionell im besten Interesse des Kunden zu
handeln. Das bedeutet, sie müssen umfassend informieren, über Möglichkeiten und
Risiken aufklären und gegebenenfalls sogar warnen. Die Bank muss bei der
Ausführung aller Aufträge für das bestmögliche Ergebnis sorgen. Finanzdienstleister
sind verpflichtet, die Order an dem Handelsplatz auszuführen, an dem die
Abwicklung für den Kunden am schnellsten und kostengünstigsten erfolgt – und nicht
dort, wo den Beratern attraktivere Provisionen winken. Hierzu müssen sie eine
schriftlich verfasste Strategie entwickeln und dem Kunden vorlegen.
Der Verbraucher erhält künftig ein Recht auf umfangreiche Auskunft und Information.
Das bedeutet, dass die Banken sich mehr Zeit für die Beratungsgespräche nehmen
müssen. Demnach wird deutlich, dass MiFID vor allem den Kunden nutzen soll. Doch
ob die genannten Anforderungen auf alle Banken zutreffen und von allen Banken
ordnungsgemäß verfolgt werden, ist eine andere Frage. Seitens einiger Banken heißt
es, dass die Regelungen vom Staat allenfalls bürokratischer, aber nicht besser
werden. Politiker und Bürokraten wollen immer mehr Regeln setzten, was wiederum
zur Verstaatlichung führt. Banken sind der Meinung, dass die Bürger und nicht die
Politiker solche Regeln verlangen sollten, zumal der Staat kein Unternehmer sein
kann.
Zudem ist hinzuzufügen, dass viele Banken diese Richtlinien zwar verfolgen, jedoch
so, dass der Kunde es nicht wahrnimmt. Dies ist z.B. in Hinsicht auf die
Provisionsaufdeckung bewiesen worden. In den Verbraucherschutzinformationen,
auch bekannt als „Beipackzettel“, sind die Provisionsvergütungshinweise teilweise
unverständlich formuliert oder kleingedruckt wiederzufinden.
14
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Diese Unverständlichkeit der Bankensprache wird auch bei der Aushändigung der
Beratungsprotokolle deutlich. Gerade hier liegt die Problematik. Die meisten Kunden
verstehen weder was von MiFID noch von den Verbraucherschutzinformationen. Den
Beratern ist bewusst, dass ein zu großer Teil der Kunden diese Zusatzinformationen
nicht liest oder versteht. Das wiederum wird zum Nachteil des Kunden ausgenutzt.
Kritikern ist es unverständlich, wieso nicht bereits während des Gesprächs
Provisionen offenbart werden. Dies aber ist bei einer Beratung auf Honorarbasis der
Fall, was in den folgenden Kapiteln genauer beschrieben und präzisiert wird. Die
Unverständlichkeit und Vertuschung der Risiken in Anlageprodukten soll sich aber in
nächster Zeit ändern. Auch der Artikel der F.A.Z. „Was taugt ein Beipackzettel?“ lässt
verdeutlichen, dass insbesondere Finanzprodukte Risiken und Nebenwirkungen
haben. Darüber wollen die Banken jetzt zum Vorteil der Kunden aufklären. Eine
Garantie ist das allerdings nicht. Die Darstellung der Kosten ist die größte Schwäche
der bisherigen Beipackzettel, was den Kunden bisher nicht oder nur unverständlich
oder sogar bloß kleingedruckt aufgezeigt wurde.
Das Muster für ein solches Informationsblatt orientiert sich an Vorschlägen aus dem
Bundesverbraucherministerium und Vorgaben der EU-Kommission. 15 Auf zwei
Seiten spricht es sieben Punkte an: Um was für ein Anlageprodukt es sich handelt,
wer es verkauft, wie es funktioniert und welche Rendite bei verschiedenen
Marktszenarien zu erwarten ist. Zudem beschreibt das Informationsblatt das Risiko,
nennt die Kosten und gibt steuerliche Hinweise. 16
4.2. Wertschöpfungskette der MiFID-Anforderungen
Einige Unternehmen verfolgen bereits die Handlungsempfehlungen der MiFID.
Die Prioritäten der MiFID sind verständlich und einfach mit dieser Graphik der
Auswirkungsanalyse darzustellen. Mit Hilfe dieser Art der Value Chain nach Porter
werden die Anforderungen und Richtlinien auf den Punkt gebracht. Zudem dient es
der Hilfe bei der Umsetzung dieser Richtlinien.
15
http://www.bankenverband.de/channel/101416/art/2926/index.html
http://www.faz.net/s/Rub645F7F43865344D198A672E313F3D2C3/Doc~E72F93050555B42EBAE3104094FB6
78BF~ATpl~Ecommon~Scontent.html
16
15
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Abb.4: Wertschöpfungskette MiFID
17
Auf Basis der vorliegenden Information seitens der EU und der deutschen
Aufsichtsorgane wird eine umfassende Analyse der potenziellen Auswirkungen aus
den
MiFID-Anforderungen
entlang
der
Wertpapier-Wertschöpfungskette
durchgeführt.
Auf der Grundlage von Geschäfts- und Prozessmodellen und unter Einbeziehung der
strategischen Ausrichtung werden die entsprechenden Anforderungen beschrieben.
Zusammen mit den Entscheidungsträgern wird die fertige Aufgabenliste bewertet und
präzisiert. Anschließend erfolgt die Erstellung eines Umsetzungsplanes für die
Implementierung von strategischen, organisatorischen und technischen Änderungen
zur Erfüllung der MiFID-Anforderungen. 18
Das Ergebnis nützt nach Einhaltung dieser Punkte nicht nur dem Kunden, sondern
vor allem auch der Bank. Es erfolgt eine schnelle Transparenz in Bezug auf MiFID.
Es wird eine optimierte Beratung durch Benutzung des Fachwissens, der
Methodenkompetenz und Umsetzungsfähigkeit gewährt. Zudem erhält die Bank
durch die genaue Umsetzungsplanung mehr Sicherheit.
Hierzu müssen zudem aber die Einbindung von Best Practice und vor allem Best
Execution berücksichtigt werden. Die Best Execution verpflichtet Wertpapierdienstleister, Ausführungsplätze und -zeiten entsprechend des gleich bleibend
besten Ergebnisses für ihre Kunden zu wählen. Die "Best Execution", die
bestmögliche Ausführung von Aufträgen im Sinne des Kunden bezieht sich sowohl
auf die Kosten als auch auf die Wahrscheinlichkeit und Schnelligkeit der Ausführung.
17
18
http://www.confero.de/e3483/e3557/e3938/MiFID-Angebot-926.jpg
http://www.confero.de/e3483/e3557/e3938/MiFID-Angebot-926.jpg
16
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Die
Banken
und
Finanzdienstleister
müssen
eine
Best-Execution-Strategie
entwickeln und diese auch schriftlich festhalten.
Um dieses bestmögliche Ergebnis bei der Orderausführung für den Kunden zu
schaffen, bedarf es an Umsetzung folgender Kriterien:
1) Erstellen von Grundsätzen zur Auftragsausführung (Orderausführungspolitik)
bezogen auf…
- Preis- & Kosten-Schnelligkeit der Ausführung
- Wahrscheinlichkeit der Ausführung und Abrechnung
- Umfang (Ausführungsumfang) & Art (Auftragsart)
2) Beachtung folgender Kriterien:
- Kundenart (Kundenmerkmale)
- Auftragsmerkmale (unlimitierte, limitierte Order, etc.)
- Merkmale der Finanzinstrumente & Ausführungsplätze
3) Beurteilung aller Ausführungsplätze, an denen Wertpapierfirmen Orders
ausgeführt
werden
(Wertpapierfirmen
müssen
nicht
alle
möglichen
Ausführungsplätze berücksichtigen)
4) Bei Ausführung eines Privatkundenauftrages bezieht sich das bestmögliche
Ergebnis auf das Gesamtentgelt, d.h. dem Preis für ein Finanzinstrument und
die mit der Auftragsausführung verbundenen Kosten
5) Information der Kunden über die Grundsätze der Auftragsausführung und
Einholung der Zustimmung der Kunden zur Ausführungspolitik
6) Die Wertpapierfirma teilt den Kunden alle Handelsplätze mit, an die sie
angebunden ist, zumindest jedoch diejenigen die in der Best Execution Policy
im
Rahmen
der
Ermittlung
des
bestmöglichen
Handelsplatzes
Berücksichtigung finden
17
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
7) Wertpapierfirmen benötigen das explizite Einverständnis ihres Kunden, wenn
Aufträge auch außerhalb eines geregelten Marktes oder eines MTF ausgeführt
werden sollen
8) Mindestens einmal jährlich Überprüfung der Effizienz ihrer Vorkehrungen zur
Auftragsausführung und ihre Ausführungspolitik
9) Mindestens einmal jährlich Überprüfung, ob Handelsplätze das bestmögliche
Ergebnis für die Kunden erbringen
10) Mitteilung wesentlicher Änderungen ihrer Ausführungspolitik an die Kunden
11) Wertpapierfirmen weisen dem Kunden auf Wunsch nach, dass sie seinen
Auftrag im Einklang mit den Ausführungsgrundsätzen ausgeführt haben
12) Wertpapierfirmen dürfen ihre Preise nicht in einer Weise strukturieren, die
eine Diskriminierung zwischen den Handelsplätzen bewirkt
13) Nachvollziehbare und revisionssichere Dokumentation des Herleitens ihrer
Best Execution Policy 19
4.3. MiFID: Der Kundennutzen im Überblick
Wie zuvor erwähnt, sollen diese Richtlinien den Kunden helfen. In diesen
Regelungen wird ausführlich deklariert, dass die Kunden über Provisionsvergütungen
informiert werden müssen. Das dient zum einen dafür, dass Anleger die Preise und
Angebote
verschiedener
Banken
vergleichen
könnten.
Diese
Vergleichung
funktioniert zudem nur mit Hilfe eines verständlichen Produktinformationsblattes. Zu
bemängeln ist jedoch, dass die MiFID-Regeln nicht für Rentenprodukte gelten, was
wiederum zum Schaden des Kunden ausgenutzt werden könnte.
Laut Nicole Maisch, Sprecherin der Grünen, werden die „Verkäufer“ der Banken erst
nach Ablegung der Provision zu „echten Beratern“. 20
19
20
http://www.finanz-lexikon.de/best%20execution_1086.html
Handelsblatt, 18.12.2009: Aigner pocht auf Gesetz für mehr Anlegerschutz
18
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Abb.5: Quelle: eigene Darstellung, Kundennutzen durch MiFID
Zudem soll der Überraschungseffekt bei Geldanlagen seltener werden 21, dies erfolgt
zum einen nach Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) durch eine verständliche
Produktinformation 22
und
zum
anderen
durch
die
genaue
Analyse
des
gegenübersitzenden Kunden seitens der Berater, was wiederum die Kunde-BankBeziehung erheblich verbessert.
Desweiteren wird dem Verbraucher, durch die Einhaltung dieser Punkte, Sicherheit
gewährt. Sicherheit fängt da an, wo der Kunde das Protokoll und den Berater
versteht. Der Berater ist zur Pflege der Beziehung zwischen ihm und dem Kunden
verpflichtet, dem Kunden das Vertrauen zu geben, dass er in Sicherheit ist. Die Bank
muss sich deshalb den Kunden anpassen. Denn der Kunde versteht die
Fachsprache oftmals nicht.
4.4. Mehr Sicherheit für Kunden durch Beratungsprotokoll?
Der Fall Lehman Brothers hat die Zertifikate-Branche ordentlich durcheinander
gerüttelt. Die Bank ging pleite. Und viele Anleger weltweit, also auch in Deutschland,
haben ihr Vermögen verloren. Obwohl klar war, dass Lehman Brothers von der
Insolvenz
bedroht
war,
haben
Banken
weiter
fleißig
die
von
Lehman
herausgegebenen Zertifikate angepriesen. Der Grund: Lukrative Provisionen für die
21
22
http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Finanzen;art130,2406284
Handelsblatt, 18.12.2009: Aigner pocht auf Gesetz für mehr Anlegerschutz
19
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Banken, allen voran die Citibank. Da wurde schon mal vergessen, die Anleger auf
das Emittenten-Risiko - Totalausfall bei Pleite des Emittenten - hinzuweisen.
Falschberatung von Banken ist nach wie vor ein großes Thema. In erster Linie
zunächst für die oftmals geprellten Anleger, aber auch für die Banken, und
zunehmend für Gerichte. Zuletzt hat sich die Politik des Themas angenommen. 23
Herausgekommen ist ein Beratungsprotokoll für Bankgespräche. Von jeder Beratung
muss der Finanzdienstleister ein Protokoll anfertigen. Aus diesem Protokoll müssen
die Wünsche und die Risikoeignung des Bankkunden festgehalten werden.
Außerdem muss der Berater notieren, welche Anlageempfehlung er daraufhin
gegeben hat.
Aber werden grundsätzliche Probleme der Anlageberatung mit der Neuregelung
gelöst?
Wenn der Anleger sich falsch beraten fühlt, muss er das auch künftig beweisen. Die
Vorschriften werden nicht verhindern, dass ihm weiterhin unpassende Produkte
verkauft werden können, solange die Berater auf Provision arbeiten und in erster
Linie ans eigene Portemonnaie denken.
Hinzu kommt, dass die Sprache der Banken in den Beratungsprotokollen oder
Produktinformationen oft von verschiedenen Verbrauchersegmenten oder -klassen
nicht verstanden wird.
Veröffentlichungen der Banken für ihre Kunden enthielten häufig so viele Fachwörter,
Anglizismen und komplizierte Sätze, "dass man eigentlich einen Hochschulabschluss
benötigt, um sie richtig zu verstehen", erklärte das Kommunikationsforschungsinstitut
Communication Lab, das die Studie erstellte. Der Verein Deutsche Sprache (VDS)
kritisierte, wer seine Angebote an die Allgemeinheit richte, solle Fachsprache und
Anglizismen so selten wie möglich verwenden und lieber durch verständliche
deutsche Wörter ersetzen. 24 Eben hier liegt die Problematik. Der Berater könnte sein
Beratungsprotokoll
so
gestalten,
dass
es
dem
Kunden
im
Falle
eines
Gerichtsverfahrens nicht nutzen wird, weil er im Endeffekt unterschreibt. Aber bleibt
der Kunde hier im Nachteil?
23
http://www.gevestor.de/geldanlage/anlagestrategie/sicheregeldanlage/details/select_category/32/article/beratungsprotokoll-fuer-bankgespraeche-was-alles-neu-werdensoll/1.html
24
http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5gtlmJzNvI7Grff-YtVJF16ixfH6g
20
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Nein. Es ist zudem für einige Banken zu argumentieren, zumal nicht jede Bank,
beabsichtigt dem Kunden etwas Schlechtes zu wollen, sondern sowohl den Gewinn
als
auch
den
Kundennutzen
berücksichtigt.
Sobald
die
Kriterien
des
Wertpapierhandelsgesetztes (WpHG) beachtet werden, ist ein Beratungsprotokoll bei
Verfolgung dieser wesentlichen Inhalte gesetzlich korrekt und somit zugelassen.
Das Beratungsprotokoll muss insbesondere „vollständige Angaben“ enthalten über:
• den Anlass der Anlageberatung
• die Dauer des Beratungsgesprächs
• die Informationen über die persönliche Situation des Kunden sowie über die
erwähnten Geldanlagen
• die vom Kunden genannten wesentlichen Anliegen und deren Gewichtung
• die im Verlauf des Beratungsgesprächs erteilten Empfehlungen und die dafür
maßgeblichen Gründe 25
Zum Schluss ist zu sagen, dass eine Beratung ohne Protokoll nicht funktionieren
könnte. Das Protokoll dient der Sicherheit beider Parteien, könnte jedoch im Hinblick
auf die Sprache „kundenfreundlicher“ und einfacher gestaltet werden.
4.5. Banksprache – Fremdsprache?
Im Umgang mit dem Kunden sollte der Bankberater seine Ausdrucksweise dem
jeweiligen Intellekt des Kunden anpassen. Der sehr junge Kunde steht der in der
Bank üblichen Fachsprache ebenso ratlos gegenüber, wie der alte und der
bildungsschwache Kunde. Ein nicht Verstehen des Gesagten führt zu Unsicherheit,
und fehlende Sicherheit wiederum führt zu Misstrauen. Mangelndes Vertrauen jedoch
führt zum Verlust des Kunden. Ein Kunde, der sich verstanden fühlt und seinerseits
auch den Berater versteht, bleibt der Bank erhalten.
4.6. Hehre Ziele - und die Wirklichkeit
Hehre Ziele verfolgt MiFID, was die Beratungs- und Dokumentationspflichten der
Finanzdienstleister angeht. Die Banken müssen sich künftig für die Beratung ihrer
Kunden mehr Zeit nehmen und Anleger umfassender als bisher informieren. Denn
der Vermögensverwalter oder Anlageberater muss seinen Kunden nach Einkommen,
25
http://www.focus.de/finanzen/banken/anlageberatung-kunden-sollten-protokolle-genaupruefen_aid_461937.html
21
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Verbindlichkeiten, Beruf und Bildung befragen. Er muss seine Anlageziele und
Risikobereitschaft erkunden und ihn entsprechend beraten.
Auch
die
Dokumentationspflichten
sind
detaillierter
geworden.
Ein
Wertpapierdienstleister muss minutiös festhalten, wann und wo er welchen
Kundenauftrag ausgeführt hat, ob der Anleger alle erforderlichen Prospekte und
Unterlagen bekommen hat. Das ist im Streitfall gut. Nur ist leider umstritten, ob der
Anleger einen Anspruch darauf hat, die Unterlagen einzusehen. Dieses Recht steht
nur der Finanzaufsicht Bafin zu, und die hat sich bislang geweigert, solche
Unterlagen an die Kunden herauszureichen - mit dem Hinweis, man ermittele im
öffentlichen Interesse, nicht im Interesse eines einzelnen Anlegers.
Überhaupt ist bislang offen, ob die neuen MiFID-Vorschriften dem Anleger
zivilrechtlichen Schutz bieten oder ob sie nur das Aufsichtsrecht verbessern.
Aufsichtsrecht bedeutet lediglich: Hält sich die Bank nicht an die Regeln, klopft ihr die
Bafin auf die Finger. Hätten die Vorschriften dagegen auch zivilrechtliche Bedeutung,
könnten sich Anleger bei Schadensersatzklagen auf die Verletzung des MiFIDRegelwerks berufen.
4.7. Fazit
Es gelten nicht alle Regeln für alle Produkte und auch nicht für alle
Finanzdienstleister. Zertifikate und Hedgefonds unterliegen strengen Vorschriften,
dagegen sind geschlossene Fonds nicht an die neuen Vorschriften gebunden (Art. 4
Nr. 18 MiFID), offene Fonds nur zum Teil. Ausnahmen bestätigen auch bei der MiFID
die
Regel.
Und
nicht
jeder,
der
Anlageberatung
anbietet,
ist
auch
ein
Wertpapierdienstleister gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 MiFID. Von Einheitlichkeit kann
deswegen keine Rede sein. Es bleibt im Zweifelsfall Sache des Kunden,
herauszufinden, welche Vorschriften wann und unter welchen Umständen gelten.
Die Beweislast liegt auch weiterhin beim Anleger. Bei Falschberatung muss der
Kunde nachweisen, dass der Vermittler oder Berater seinen gesetzlichen Pflichten
nicht oder nicht ausreichend nachgekommen ist. Dies ist trotz der vorgeschriebenen
Dokumentation nicht so einfach, denn als Kunde hat man zunächst keinen Zugriff auf
die Aufzeichnungen.
Viele Änderungen wie die Offenlegungspflicht sind aus Sicht der Anleger unbedingt
begrüßenswert. Nur so haben sie eine Chance auf unabhängige Beratung
beziehungsweise die Möglichkeit, sich ein Bild über die Eigeninteressen des
22
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Finanzdienstleisters zu machen. Andererseits müssen sich beide Parteien auf eine
Fülle von zusätzlichen Informationen einstellen, die bewältigt werden wollen. Anleger
werden nicht nur lernen müssen, wann ihnen welche Informationen zustehen und wie
sie diese richtig interpretiert werden, sondern sie werden sie auch weiterhin in vielen
Fällen selbst einfordern müssen.
Ob die MiFID im Hinblick auf Markttransparenz und Wettbewerb, die Effizienz und
Liquidität der Märkte sowie den Verbraucherschutz wirklich bringt, was sie verspricht,
bleibt abzuwarten.
5. Vertriebsstrategien
5.1. Beratung auf Honorarbasis
Erst
seitdem
die
derzeitige
weltweite,
finanzwirtschaftliche
Krise
alle
Geschäftsbereiche erfasst hat, wird der Umfang der Probleme im Retail Segment
sichtbar. Die Bankmanager stehen unter einem hohen Kostendruck und müssen
Lösungen auf die Fragen finden, welche Kundenbedürfnisse in Bezug auf die
Beratung mit welchen Mitteln effizient befriedigt werden können. Aus den
Erkenntnissen
der
Untersuchungen
wird
anschließend
im
Verlauf
eine
Handlungsempfehlung für die Bank im Retail-Geschäft erstellt.
5.2. Fragen der Kunden und Berater
Im Hinblick auf die Frage, ob eine Beratung auf Honorarbasis das Spannungsfeld
zwischen dem Kunden und dem Berater einer Bank beseitigen würde, müssen
zunächst
die
zukünftig
wachsenden
Probleme
zwischen
Kunden
und
Bankenberatern erläutert und daraufhin die Vor- und Nachteile einer Beratung auf
Honorarbasis genau definiert werden.
Vordergründig ist es ein Widerspruch, eine bisher kostenlos angebotene und
ausreichende Dienstleistung in einem immer härter werdenden Wettbewerb
umzuwandeln und somit aus ihr eine Beratung auf Honorarbasis zu machen, zumal
die kostenfreie Beratung bei Banken Tradition hat.
Doch ist die Beratungsdienstleistung der Banken bisher tatsächlich kostenfrei? Bietet
die Beratung zurzeit die Qualität, die der Kunde sich wünscht? Wird der Mehrwert der
Beratungsdienstleistung durch den Kunden überhaupt wahrgenommen? 26 Diese
Fragen müssen zunächst untersucht und anschließend beantwortet werden.
26
http://www.beratungsgebuehr.de/ueberuns.htm
23
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Auch Erkenntnisse zu der Frage, ob die Honorarberatung eine Sackgasse im
Privatkundensegment ist, oder ob sie eine Möglichkeit zur Verbesserung der
Beratungsdienstleistung bei gleichzeitiger Ertragsstabilisierung darstellt, werden hier
näher erläutert und diskutiert.
5.3. Entstehung des Spannungsfeldes
Eine langfristige Partnerschaft ist die Notwendigkeit der Finanzberatung. Der Berater
muss sich in die Sicht des Kunden versetzen und ihm somit das optimale Angebot
anbieten. Eine profitable Beratung hängt also vom Bankservice ab. Der Berater muss
im Interesse des Kunden handeln und sollte nicht in erster Linie den Verkauf von
Produkten in den Vordergrund setzen, damit er durch diese Beratung profitiert.
Desweiteren sollte er nicht nur die Vorteile eines Produktes nennen und das Produkt
somit risikofrei darstellen, sondern auch die Nachteile erläutern.
Mittelständige
Privatkunden
erwarten
kostengünstige
Angebote,
da
die
Preissensibilität bei den Privatkunden höher ist als bei vermögenden Kunden. Viele
Beratungen zeigen jedoch, dass die Berater im eigenen Interesse handeln, da sie
meistens Angebote mit hohen Preisen vorstellen, um die eigene zu erhaltene
Provisionsvergütung zu steigern. Viele Kunden beschreiben deshalb eine Beratung
als eine Art der Aufdringlichkeit, zumal der Kunde selbst spürt, dass der Berater von
bestimmten Produkten und somit vom Kunden abhängig ist. Dementsprechend
entwickelt sich bereits während der Beratung ein mangelndes Vertrauen des Kunden
gegenüber dem Berater, was definitiv nicht zum Kauf eines Produktes führt. So
entsteht das zuvor angedeutete Spannungsfeld zwischen einem Kunden und einem
Berater.
5.4. Honorarbasis  Provisionsbasis / Kundennutzen  Verkaufserfolg
Nun soll die Beratung auf Honorarbasis im Hinblick auf das Retail Banking und auf
die Fragestellungen analysiert werden. Wie zuvor deklariert, kann eine langfristig
ausgerichtete Finanzberatung und kontinuierliche Anlageberatung nicht auf der Basis
einmaliger Abschlussprovisionen für „verkaufte“ Investmentprodukte entlohnt werden.
Bei der grundsätzlichen Strukturierung eines Anlagekapitals, aber auch der weiteren
langfristigen Betreuung und bei eventuell notwendiger Neustrukturierung, muss ein
Berater die Freiheit besitzen, ausschließlich die Anlagen anzubieten, die aus
objektiver Sicht für jeden einzelnen Kunden und seine Finanzziele am nützlichsten
24
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
sind.
Die
beste
Voraussetzung
hierfür
wäre
die
Emanzipation
von
Abschlussprovisionen und eine Beratung auf Honorarbasis.
Mit der Beratung auf Honorarbasis haben somit beide Parteien ein gemeinsames Ziel
vor Augen: die Steigerung des Depotwertes und eine optimale Breite der
Produktpalette. Ein Honorarberater geht demnach anders vor. Er vereinbart mit
jedem Kunden für seine Dienstleistung ein Honorar. Das Honorar wird pauschal oder
stundenweise berechnet und ist immer dann fällig, ob es zum Vertragsschluss kommt
oder nicht. Im Gegenzug zahlt der Kunde keine Provision.
Einen festen Betrag für eine Beratung zu zahlen, lehnen die meisten Kunden jedoch
entweder ab oder sie sind bloß bereit einen kleinen Betrag zu zahlen. Dies führt
dazu, dass eine solche Beratungsart nur noch eine Randerscheinung im deutschen
Finanzgewerbe ist. Es könnte sich hingegen ändern, sobald Anleger mehr über
Provisionsvergütungen erfahren, was wiederrum die Bereitschaft zur Honorarzahlung
erhöht.
Aus der Sicht des Kunden spricht die Aussicht für den Rat gegen das
Honorar auf bessere Qualität. Ein Berater, der unabhängig von Provisionen ist,
verkauft ein geeignetes Produkt und nicht das, an dem er am meisten verdient. Der
Unterschied besteht darin, dass er vom Kunden und somit nicht von dem Anbieter
bezahlt
wird.
Eine
ausführliche
Beratung
auf
Honorarbasis
hat
seinen
entsprechenden Preis, zumal der Berater die finanziellen Verhältnisse und Ziele des
Kunden analysiert und verschiedenste Angebote prüft.
Eben hier liegt der Kritikpunkt. Bisher gilt Honorarberatung als eine Dienstleistung für
vermögende Kunden, was jedoch nicht der Fall ist, zumal Produkte für jede
Zielgruppe angeboten werden. Dies bedeutet also, dass ein Berater sich auf
bestimmte
Kundengruppen
spezialisiert,
wobei
er
sich
verpflichtet,
die
unterschiedlichen Kunden individuell, verständlich und objektiv zu beraten. Natürlich
geschieht dies unter Berücksichtigung und Beobachtung der bestehenden Verträge
und vorhandenen Unterlagen.
In Bezug auf die Kundensegmentierung müssen zusätzlich die wirtschaftlichen
Verhältnisse des einzelnen Kunden beachtet werden. Denn jeder Kunde, ob
vermögend
oder
mittelständig,
verfolgt
differenzierte
Ziele
bezüglich
des
Vertragsabschlusses. Die einen sind bereit hohe Geldbeträge zu investieren und
Risiken einzugehen, doch die anderen wollen wenig investieren und dafür mehr
Sicherheitsgarantien.
25
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Um dies zu schaffen, muss der Berater, wie zuvor erklärt, jeden Kunden individuell
beraten und auf jede Kundengruppe vorbereitet sein. Sobald der Kunde merkt, dass
ein Berater nur den Kundennutzen beabsichtigt und dass er aufgrund des Honorars
unabhängig vom Verkauf - Vertragsabschluss ist, steigt das Vertrauen der Kunden.
Das Vertrauen der Kunden und das Handeln der Bank sind somit die Basis für eine
gute Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und der Bank.
Ein
Berater,
der
auf
Honorarbasis
berät,
ist
verpflichtet
die
versteckten
Provisionszahlen aufzudecken. Man müsse also alle Kunden darüber informieren,
dass jede einfache Bankberatung dazu führt, dass das Produkt, was letzten Endes
verkauft wird, das ist, worin der Berater die höchste Provision sieht. Diese Provision
wird wiederum von den Kunden finanziert.
Das Problem ist also, dass viele Kunden denken, man bezahle eine Beratung auf
Honorarbasis, jedoch nicht die einfache Bankberatung. Man bezahlt jedoch in beiden
Fällen. Jeder Kunde kann nun selbst abwägen, ob er für eine ausreichende oder
zufrieden stellende Beratung zu zahlen bereit ist.
Die Frage wäre somit: Würde ein Kombinationsmodell der beiden Beratungen das
Spannungsfeld beseitigen? Wäre es also wirklich vorteilhafter, wenn der Kunde
selbst in jeder Bank entscheiden könnte, welche Beratung er bevorzugt?
Die Antwort ist: Ja und Nein! Die Kunden könnten durch die Skepsis gegenüber einer
einfachen Beratung irritiert werden und würden dann vielleicht nur noch die Beratung
auf Honorarbasis bevorzugen. Das wiederrum würde das Vertrauen der Kunden
gegenüber der Bank schädigen. Andererseits könnte es jedoch zu großer Akzeptanz
dieses Modells führen. Dies wird jedoch in den nächsten Kapiteln anhand von
Umfrageergebnissen genauer diskutiert.
Im Hinblick auf die Fragestellung wird nun deutlich, dass für die Kunden, die sich
eine langfristig ausgerichtete und unabhängige Finanzberatung wünschen, die
Beratung auf Honorarbasis eindeutig die bessere Basis als eine Vergütung über
Abschlussprovisionen ist. Anleger sollten in zunehmendem Maße Finanzberatung auf
Honorarbasis wählen, da die Honorierung des Beraters und seiner Wertschöpfung
direkt mit der tatsächlichen Wertentwicklung des Kundendepots verknüpft ist. Doch
für preissensible Kunden wäre diese Art der Finanzberatung keine Lösung. Das
Problem: das Modell spricht nicht alle Zielgruppen an.
Ein unabhängiger Finanzberater hat aber Zugang zu den besten Marktinformationen,
zum hoch qualifizierten Research und zu modernen Investmenttools, die ihn
26
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
unterstützen, das Vermögen des Kunden sorgfältig anzulegen, die Depotstruktur
ständig zu beobachten, neu zu bewerten und im Bedarfsfall optimal zu aktualisieren.
5.5. Anreiz-Systeme für Mitarbeiter
Die heutige Provisionsbasis darf also, wie zuvor angedeutet, nicht als Anreizsystem
für die Berater gelten. Das heutige Bild der Berater hinterlässt bei den meisten
Kunden nicht das eines Beraters, sondern eines Verkäufers. 27 Es ist nötig, die
Vertriebs- und Anreizsysteme klar der kundengerechten Beratung unterzuordnen.
Die provisionsgetriebene Beratung gehört eindeutig zu den monetären Anreizen in
einer Bank. Monetäre Leistungsanreize gelten für die Mehrzahl der Führungskräfte
als
wichtigster
und
dominierender
Motivationsfaktor.
Demgegenüber
haben
verschiedene Untersuchungen belegt, dass die Entgelthöhe zwar eine wichtige
Voraussetzung ist, um eventuelle Unzufriedenheit der Mitarbeiter auszugleichen. Die
ausschließliche Anwendung finanzieller Leistungsanreize kann nach diesen Studien
den Leistungswillen der Mitarbeiter auf Dauer aber nicht mehr nennenswert steigern.
Gemäß diesen Erkenntnissen verlieren die monetären Leistungsanreize allmählich
ihre absolute Bedeutung, und man ist in den Unternehmen zunehmend bemüht, die
nicht-finanziellen Bedürfnisse und Motive der Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu
erkennen und, soweit es die betriebliche Situation erlaubt, auch zu befriedigen. Zu
diesen nicht-monetären Anreizkomponenten gehören beispielsweise:
- Arbeitsinhalt
- Aufstiegsmöglichkeiten
- Sozialer Kontakt
- Kooperative Führung
- Kommunikation
- Information
Angesichts der geringer werdenden Spielräume bei Lohn- und Gehaltssteigerungen
rücken nicht-monetäre Anreize zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses. 28
Provisionen sind laut Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) nichts
Verwerfliches, dürfen jedoch nicht das Leitmotiv für eine Anlageempfehlung sein. Die
Verbraucherschutzministerin will die heutige Bankberatung im Sinne des Kunden
verbessern. Denn die fehlerhafte Beratung wurde indes durch eine Studie der
Zeitschrift „Finanztest“ bewiesen, die in ihrer Januar-Ausgabe eklatante Mängel in
der Anlageberatung festgestellt hatten, wobei die beste vergebene Note der 21
getesteten Banken und Sparkassen die Note 3,4 war. 29 Berater müssen in erster
27
http://www.focus.de/finanzen/banken/tid-14848/banken-nur-provision-im-kopf_aid_409965.html
http://www.mkonetzny.de/aufsatz/anreiz.htm
29
FAZ, 02.02.2010, Nr. 27, S.19: Honorarberatung darf nicht viel kosten
28
27
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Linie die Unabhängigkeit und Objektivität vor Augen halten. Unabhängigkeit
bedeutet, dass ein Finanzberater nur im Interesse seiner Kunden handelt. Sobald er
Interessen anderer Parteien berücksichtigt, ist seine Entscheidungsfindung nicht
mehr neutral. 30 In Punkto Honorarberatung lautet die Devise des Anreizsystems für
Mitarbeiter: „Qualität hat seinen (festen und offenkundigen) Preis“. Das Thema
„Qualität“ ist auch die Devise der Filialbanken, welche sich durch hohe
Beratungsintensität und -qualität, Abdeckung des Kundenwunsches, sowie gute
Präsentation
auszeichnen
lassen.
Demnach
wäre
das
Anreizsystem
der
Honorarberatung mit einer Filialbank fusionierbar.
5.6. Pro und Contra der Beratung auf Honorarbasis im Überblick
Abb.6: Pro &Contra Honorarberatung 31
30
http://www.misterinfo.de/publish/auskunft-und-infos/allgemeine-tipps/wie-merken-sie-ob-einfinanzberater-unabhaengig-ist
31
http://www.beratungsgebuehr.de/
28
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Wie zu erkennen ist, sind große Unterschiede in diesem Modell deutlich.
Jeder Verbraucher könne sich eine Honorarberatung leisten, resümieren die
Fürsprecher und belegen dies mit Rechenbeispielen. Doch die Gegenseite hält mit
eigenen Berechnungen dagegen. Lohnt sich eine Honorarberatung also wirklich für
jeden Kunden? 32
Mit dem Modell der Honorarberatung lässt sich situativ begründet behaupten, dass
Stundensätze in Krisenzeiten eher abschreckender wirken, als die vermeintlichen AllInklusive Gebühren, die der Kunde in Prospekten findet und welche er nur bezahlt,
wenn er sich zum Kauf eines Finanzproduktes entscheidet. Gleichzeitig haben sich
die Rahmenbedingungen der Produktvermittlung in letzter Zeit wesentlich geändert;
zum einen durch Urteile mit unmittelbarer Wirkung auf vermehrte Transparenz und
zum anderen durch in der EU eingeführte Mindeststandards (MIFID), die
fortschrittliche Berater zu beherzigen wussten. Nun ist die Höhe und Struktur der
Bezahlung von Beratungsdienstleistungen von strategischer Bedeutung – vor allem
für die vielen Existenzgründer, die sich aus Enttäuschung oder aus Begeisterung
(der Möglichkeiten) von ihren Bankarbeitgebern jüngst getrennt haben. 33
Im Gegenzug zu den Nachteilen ist jedoch ein entscheidendes positives Merkmal zu
nennen: Das Wissen des Bankberaters, welches sein Kapital ist, nicht mehr seine
Fähigkeit, dem Kunden etwas "zu verkaufen". Somit wird die fachliche Kompetenz
des Beraters als Ertragsbestandteil der Bank wieder in den Mittelpunkt der
Personalschulungen gestellt. 34 Auch die Erstellung und Umsetzung einer soliden,
langfristigen Anlagestrategie sowie eine kontinuierliche, produktive Betreuung durch
langwierige Partnerschaften wird in diesem Modell gewährleistet.
5.7. Honorarmodelle
Der Vorsitzende und Gründer der Quirin-Bank Karl-Matthäus Schmidt berät Kunden
bei der Geldanlange für 150 Euro die Stunde. Alle Provisionen, die diese Bank von
den Fondsgesellschaften und Zertifikate-Emittenten erhalten, werden an den Kunden
ausgeschüttet.
Dieses
Vergütungssystem
garantiert
die
zuvor
erwähnte
Unabhängigkeit eines Beraters. 35 Der Kundennutzen, für dessen Steigerung der
Mitarbeiter seine Kreativität und seine Kompetenz einsetzt, steht dann im
32
http://www.procontra-online.de/2009/10/berater/procontra-honorarberatung/
http://investmentberater.ch/2009/09/09/contra-honorarberatung/
34
http://www.beratungsgebuehr.de/
35
FAZ, 02.02.2010, Nr. 27, S.19: Die provisionsgetriebene Beratung gehört verboten
33
29
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Vordergrund. Diese Bank berät nicht zum Schaden des Kunden, was der
Gewinnmaximierung der Bank dient, sondern bietet dem Kunden gleichzeitig eine
Stressentlastung, zumal der Kunde dem Berater voll und ganz vertrauen kann. Trotz
der Anpreisung der eigenen Bank, ist dem Artikel zu entnehmen, dass die Bank hohe
Verluste erlitten hatte und erst nach langer Zeit ein Vermögen von 1,5 Milliarden Euro
besitzt. Demnach ist die Honorarberatung in Deutschland noch eine Nische. Denn
bislang ist der Marktanteil der Honorarberatung im Retail-Geschäft kaum messbar viele Vermögensverwalter und Family-Offices verfahren aber schon immer so.
Andere
Unternehmen
Vergütungsmöglichkeiten
oder
an,
Banken
wie
zum
bieten
Beispiel
bereits
verschiedene
Reiseunternehmen
oder
Rechtsanwälte.
Vier Modelle der Honorarvergütung sind möglich:
 Festhonorar (Pauschalhonorar) für eine umfassende Beratung (auch
monatlich möglich)
 Stundenbasis
 Beratungshonorar (jährliche prozentuale Vergütung = Wertgröße Ihr
Vermögen)
 Einzeltarifhonorar / Einzelerfolgshonorar
Welche Vergütungsform für den Kunden am besten ist, wird bei einem persönlichen
Gespräch geklärt. Desweiteren werden die verschiedenen Preissysteme auf ihre
Stärken und Schwächen analysiert.
Die Kosten einer Honorarberatung können stark variieren und richten sich immer und
ausschließlich nach dem Umfang der in Auftrag gegebenen Arbeit.
Ein Pauschalhonorar wird bei umfangreicheren Aufträgen vereinbart, wodurch für den
Kunden
Kostensicherheit
herrscht.
Insbesondere
Finanzplanungsund
Anlageberatungsaufträge inklusive der anschließenden Umsetzung werden zumeist
über ein Pauschalhonorar abgegolten.
Die Abrechnung auf Stundenbasis erfolgt normalerweise bei kleineren Aufträgen, z.B.
einer einmaligen Beratung zur Anlage eines bestimmten Geldbetrags oder eines
einmaligen
Depotgesprächs
ohne
eine
tiefere
Integration
weiterer
Vermögensbestandteile.
In nahezu allen Fällen führt die Honorarregelung zu massiven Einsparungen auf der
Gebührenseite. Dieser Effekt ist über alle Auftragsgrößen hinweg spürbar und steigert
sich überproportional bei größeren Vermögen.
Honorarberatung ist also keineswegs billig, sondern eine transparente und fair
dargebotene Dienstleistung, deren Preisniveau natürlich durch Angebot und
30
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Nachfrage reguliert wird, was im Provisionsgeschäft der Banken nicht der Fall ist.
Denn solange dort alle Institute an einem Strang ziehen, kann es zu keiner
preisverändernden Wettbewerbssituation kommen. 36
Aus unserer Meinung sollte sich sinnvollerweise eine zielgruppengerechte
Differenzierung der Preismodelle und Beratungsmodule durchsetzen, zumal die
Beratung auf Honorarbasis nicht für jeden Kunden preisgerecht ist. 37
Um eine solche Differenzierung zu ermöglichen, benötigt es an neuen verbesserten
Modellen. Es sollten nicht bloß vier Modelle der Honorarvergütung angeboten werden,
sondern mindestens sechs, damit auch Kunden mit etwas weniger Einkommen und
hoher Preissensibilität zwischen Vergütungsmöglichkeiten wählen können und somit
mehrere Zielgruppen angesprochen werden. Denn vor allem die Ergebnisse einer
Umfrage zeigen, dass über die Hälfte der befragten Personen (54%) die Frage „Wären
Sie zur Zahlung eines Beratungshonorars bereit, wenn sich damit die Qualität der
Beratung verbessern würde?“ mit „Ja“ beantworten. Also lohnt sich eine
Zielgruppendifferenzierung.
Abb.7: Ergebnisse einer Umfrage, Teil 1
38
Auch auf die Frage „Angenommen, Ihre Bank führt eine Beratungsgebühr im
Privatkundengeschäft ein. Ist dies für Sie ein Grund, Ihre Bankverbindung zu
wechseln?“ antworteten rund 56% der befragten Personen mit „Nein“. Eben hier
könnten die Banken der Zukunft aufbauen.
36
http://www.finanzmakler.de/522063.0.html
http://investmentberater.ch/2009/09/09/contra-honorarberatung/
38
http://www.beratungsgebuehr.de/
37
31
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Abb.8: Ergebnisse einer Umfrage, Teil 2
39
Die meisten Kunden sind bereit entsprechende Kosten gegen eine gute und
transparente Beratung zu zahlen. Die Bank von morgen müsste somit die Vor- und
Nachteile der Honorarberatung abwägen, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das
beiden Parteien nützt. Dementsprechend müssten die Banken zudem die Kunden
berücksichtigen, welche gegen eine Honorarberatung sind, um alle Zielgruppen
(nach der Sinus-Milieu Studie von Nielsen) anzusprechen und auf dem Markt, nach
der Durchsetzung dieses Systems, ein Alleinstellungsmerkmal sicherzustellen.
5.7. Fazit
Sobald in der Umsetzung eines ausgeweiteten und besseren Programms der
Honorarberatung und -vergütung Fehler aufzuweisen sind oder generell ein Modell
der Honorarberatung weiterhin scheitert, könnte man zum einen auf die Aussage des
Quirin-Bank-Gründers Karl Matthäus Schmidt zurückgreifen, dass die Zeit noch nicht
reif für eine Beratung auf Honorarbasis sei (Karl Matthäus Schmidts: „Eine gute Idee
nützt nichts, wenn sie zur falschen Zeit kommt." 40) oder aber einfach die Ursachen
des
Scheiterns
auf
die
Finanzkrise
zurückführen,
welche
zu
großen
Vertrauensverlusten bei den Kunden geführt hat. Die Banken befürchteten vor
Jahren, als First Mover massive Kundenabwanderungen zu erleiden. 41 Doch dies
könnte sich in der heutigen Zeit erheblich geändert haben (Beweis: s.o. Umfragen).
Natürlich sind Kritiker anderer Meinung. Der Partner und Geschäftsführer der
39
http://www.beratungsgebuehr.de/
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/eine-lanze-fuerviertelmillionaere;1083867
41
http://www.die-bank.de/index.asp?issue=032006&art=474
40
32
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Beratungsgesellschaft BBDO Consulting Adel Gelbert zum Beispiel behauptet in der
FAZ, dass die meisten Deutschen in einer Umfrage der Innofact AG im Auftrag der
BBDO zwar zugaben, für eine neutrale Finanzberatung ein Honorar zu bezahlen,
jedoch wäre es noch ein langer Weg für die Honorarberatung, zumal die befragten
Personen nicht mehr als 50 Euro zu zahlen bereit sind. Er meint zudem, dass sich
der Eindruck der Kunden, dass die heutige Bankberatung „kostenlos“ sei, nicht so
schnell ändern wird, obwohl das Misstrauen der Kunden jetzt größer ist als noch vor
der
Finanzkrise.
Doch
dies
wird
sich
bald
durch
das
Bundesverbraucherschutzministerium ändern, welches der Gesellschaft zukünftig
deutlicher machen will, dass die heutige Bankberatung nicht kostenlos sei. 42 Wenn
alle Kunden darüber informiert sind, auch wenn diese Behauptung nicht auf alle
Banken zutrifft, vertrauen die Kunden keiner einfachen Bankberatung mehr. Hinzu
kommt, dass viele Kunden das Vertrauen in den Bankberater bereits verloren haben,
weil der am Produktverkauf verdient. 43
Fakt ist somit, dass die Bank von Morgen diesen „innovativen“ Schritt z.B. mit Hilfe
einer
Testphase
wagen
müsste,
was
viele
Banken
zuvor
aufgrund
von
unterschiedlichen Befürchtungen nicht durchgesetzt haben. Die Beratung stellt einen
sehr wichtigen Teil der Kunde-Bank-Beziehung dar. Diese birgt allerdings einen
Interessenkonflikt. Der Kunde erwartet eine objektive Beratung seitens der Bank. Im
Mengenkundengeschäft bieten viele Banken standardisierte Leistungen an.
Das Vertrauen der Kunden ist somit erst langsam wieder aufzubauen. Der Kunde
darf also, wie zuvor genau beschrieben, den Kostendruck nicht spüren. Dienstleistern
muss bewusst werden, dass sie aus langer Sicht keinen Profit erwirtschaften können,
wenn der Kunde merken wird, dass er nicht das gewünschte Angebot gekauft hat.
Das wiederum wirkt sich vor allem durch Mundpropaganda negativ auf die Bank und
den Beratern aus. Somit wäre dann zwar ein kurzfristiger Verkaufserfolg, aber nicht
der langfristige Kundennutzen gewährt. Auch die Leiter/innen sollten die Berater
nicht pushen, indem sie zunächst die Kostenfunktion einer Bankberatung in den
Vordergrund stellen, sondern zuerst die Nutzenfunktion. Das hilft der Bank, denn der
Erfolg einer Retailbank hängt stark von den angebotenen Produkten in Verbindung
mit Service und Auftreten der Bank ab. Es muss der Retailbank gelingen, den vom
Kunden nachgefragten Produkt- und Leistungsmix anzubieten. Denn wie zuvor im
vorherigen Kapitel erläutert, ist die Bedeutung des Kunden als Adressaten in der
42
43
FAZ, 02.02.2010, Nr. 27, S. 19: Honorarberatung darf nicht viel kosten
http://www.ftd.de/finanzen/geldanlage/:portfolio-kunden-wollen-fuer-leistung-zahlen/261543.html
33
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Leistungspolitik einer Bank maßlos gestiegen. Die Umfragen verdeutlichen, dass die
Kunden zu ordnungsgemäßen Geschäften bereit sind. Gerade hier müssen Banken
aufbauen.
Sobald
die
Retail-Bank die unterschiedlichen Kundenbedürfnisse
dauerhaft und aus Kundensicht wahrnehmbar besser befriedigt als die Konkurrenz,
erreicht die Bank einen Wettbewerbsvorteil. Dafür müssen die genannten Aspekte
und die verschiedenen Zielgruppen beachtet werden, um diese komparativen
Konkurrenzvorteile zu sichern.
Um das Retail-Geschäft noch ertragreicher gestalten zu können, ist die Optimierung
bei der Produktgestaltung, den Vertriebswegen und der Preissetzung zwingend
erforderlich. Die Postbank bietet bereits eine breite Produktpalette an. Mit einer
SWOT-Analyse der Honorarberatung kann dann entschieden werden, ob das
Programm weiter ausgebaut werden soll als es bereits ist. Die Ausarbeitungen der
vorherigen Kapitel ermöglichen diese Analyse.
6. Online Vertrieb
6.1. Grundlagen
Neben dem stationären gibt es zudem den Online Vertrieb, wo der Kunde selbst der
Arbeiter ist und nicht mehr der Berater, wie zuvor im Honorarmodell. Diese Art des
Vertriebs ist dementsprechend kostengünstiger, zumal der Kunde selbst seine eigne
Anlageform auswählt.
Der Begriff „Online Banking“ bezeichnet die belanglosen und in elektronischer Form
abgewickelten Bankgeschäfte. Hier nutzt der Bankkunde das Internet, um seine
Bankgeschäfte von Zuhause aus durchzuführen. Dabei kann der Benutzer über
seinen privaten PC direkt auf den Rechner seiner Hausbank zugreifen und so
zumindest einen Teil seiner finanziellen Tätigkeiten abwickeln. Das Internet-Banking
wird mittlerweile von allen Geldinstituten angeboten und dieses Angebot wird von
vielen Kunden sehr erfolgreich genutzt.
Nachdem sich in den letzten Jahren die Anzahl der Online-Konten vervielfacht hat,
sind derzeit
alle Privatbanken mit Online Konten ausgestattet. Die zweistelligen
Wachstumsraten der letzten Jahre waren ein deutliches Zeichen zur Akzeptanz in
der Bevölkerung.
Vorzüge und Chancen des Online Banking sind eindeutig:
Grundsätzlich sind damit nicht nur Konditionsvergleiche,
sondern
auch
Kontostandabfragen, Überweisungen sowie die Abwicklung von Daueraufträgen und
Lastschriftaufträgen
möglich.
Natürlich
gehört
auch
der
Kauf/Verkauf
von
34
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Wertpapieren per Online Banking zum Standardangebot im Internet. Dieser Service
ist nicht nur zu den normalen Öffnungszeiten verfügbar, sondern rund um die Uhr
und das natürlich bequem von Zuhause aus.
Die Sicherheit steht beim Online Banking natürlich an oberster Stelle. Deswegen
kommen auch nur die neuesten Systeme zur Anwendung. Die Datenverschlüsselung
ist der wichtigste Faktor für die Sicherheit. Die zwei verwendeten Verfahren sind
einmal die SSL Verschlüsselung, das mit dem PIN/TAN Verfahren und somit mit zwei
getrennten Schlüsseln arbeitet. Bei jeder Transaktion wird jeweils eine sogenannte
einmalige TAN verlangt. Diese TANs erhält der Kunde in Form einer Liste von der
Bank. Sobald diese Liste verbraucht ist, wird eine neue PIN/TAN-Liste benötigt.
Das neuere Verfahren ist das sogenannte HBCI. Dieses Verfahren gibt es bereits
einige Jahre, ist aber noch nicht so verbreitet. HBCI-Standard bietet eine sehr hohe
Sicherheit, da die Daten jeweils einzeln verschlüsselt werden. Darüber hinaus muss
der Kunde eine sogenannte digitale Unterschrift leisten. Als Technik werden dafür
eine Chipkarte und ein Lesegerät benötigt. Dieser technische Aufwand dürfte der
Grund
für
die
schleppende
Verbreitung
sein.
Auf
der
Karte
ist
der
Verschlüsselungscode gespeichert. Dieser wird durch eine PIN geschützt. Eine
weitere Eingabe von TANS ist nicht nötig. 44 Diese Methode macht das OnlineBanking sicherer. Eine uneingeschränkte Sicherheit gibt es jedoch nicht.
Die Anwendung des Internet-Banking ist sehr einfach und benutzerfreundlich. Den
einen oder anderen Benutzer wird vielleicht das Fehlen eines Bankberaters stören,
doch in der Regel wird das Online System nur für solche Zwecke verwendet, für die
keine außerordentliche Beratung benötigt wird. Eine Ausnahme bildet hier das
Aktiengeschäft. Der Kunde kann sich vom Bankberater beraten lassen, die Aktien
aber Online kaufen oder verkaufen und das gebührenfrei.
6.2. Pro und Contra – Auf einen Blick
Pro:
Einfache Bankgeschäfte (ohne nötige Beratung) können am PC durchgeführt werden
•
Zeitersparnis
•
Meist kostenlos
•
Kontostand kann sogar über das Handy geprüft werden
•
Keine Bindung an Banköffnungszeiten
44
Vgl. http://www.banking-online-infos.de/bank3.html
35
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Contra:
•
Keine oder nur telefonische Beratung möglich
•
Online Banking meist nur für Girokonten möglich
•
Unsicherheitsfaktor PIN/TAN
•
Sichereres HBCI System wird nicht von allen Banken angeboten
•
Da Aktienkäufe kostenlos sind evtl. Konkurrenz zu Aktiengeschäft durch
Bankberater. (Abhilfe: An- und Verkaufskosten für Aktien senken oder abschaffen
und auf andere Produkte verlagern.)
6.2.1. Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass das Online Banking eine sehr bequeme,
relativ sichere und einfache Art ist, seine Bankgeschäfte zu erledigen. Die meisten
Anwender können sich einen anderen Weg zum Durchführen ihrer gewöhnlichen
Finanztransaktionen gar nicht mehr vorstellen. Bei der Abwicklung von größeren
Krediten, Altersvorsorgepaketen und Geldanlagen wird jedoch der persönliche
Kontakt zum Kundenberater nach wie vor unverzichtbar sein.
6.3. Die Zukunft des Online Banking
Nach einem rasanten anwachsen von Online Konten in den letzten Jahren wird der
Markt wahrscheinlich auch weiter wachsen. Bei einer Abdeckung von inzwischen
weit über 80% wird man nicht die gleichen Zuwachsraten erwarten können wie
bisher. Trotz anfänglicher Skepsis vertrauen und nutzen inzwischen viele Menschen
das Online-Banking im täglichen Geldverkehr. Obwohl das Online Geschäft im
Internet stetig wächst, wird im normalen Tagesgeschäft immer noch mit harter Münze
bezahlt. Der Online-Handel (E-Commerce) bildet zwar einen nennenswerten
Marktanteil, wird aber den normalen Handel in absehbarer Zeit nicht verdrängen. Zu
verschieden sind die Anforderungen und das Kaufverhalten des Käufers und das
geliebte Shopping-Vergnügen kann auch eine noch so gute E-Commerce-Seite nicht
ersetzen. Auch im Bankgeschäft wird der persönliche Kontakt zum Berater in einigen
Bereichen nicht zu ersetzen sein.
Online Banking wird natürlich immer sicherer, nicht zuletzt durch das Bewusstsein
und das Wissen der Kunden. Aufgeklärte Kunden werden die neue Art des
Geldtransfers
sicher
und
bewusst
einsetzen
können.
Die
Breite
des
36
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Anwendungsbereichs wird wachsen und auch im alltäglichen Leben wird diese neue
Zahlungsart immer mehr eindringen.
Die heutige Form der Kreditkartenzahlweise im Internet wird jedoch ohne Zukunft
sein. Gerade diese Zahlungsweise hat einen sehr schlechten Ruf. Leider konnten
sich die großen Banken und Kreditkartengesellschaften trotz fast 10 Jahren Internet
immer noch nicht auf einen einheitlichen und sicheren Standard einigen. Dieses steht
dem E-Commerce immer noch entgegen und wirkt wie eine Bremse im
Internethandel. Kunden sind verunsichert und es fehlt die gerade und einheitliche
Linie im Internethandel.
Somit ist in den nächsten Jahren eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der
Systeme zu erwarten. Erst wenn man mit seinem Online-Konto automatisch die
Möglichkeit für ein E-Payment erhält, steht dem unbegrenzten E-Shopping nichts
mehr im Wege. 45
7. Die Zukunft der Bankfiliale
7.1. Trends im Retail-Banking
Kaum ein anderes Geschäftsfeld im deutschen Bankensektor hat sich in den
vergangenen Jahren so dynamisch entwickelt wie das Retail-Banking. Die Gründe für
diese Entwicklung sind vielschichtig. Auf der einen Seite werden die Wünsche der
Kunden immer differenzierter und erfordern eine individualisierte Kundenansprache.
Gleichzeitig ist die Preissensibilität der Bankkunden in den vergangenen Jahren
deutlich gestiegen, die Kundenloyalität jedoch ist rückläufig. Das spiegelt sich auch in
der
hohen
Anzahl
an
Zweitkontoverbindungen
wieder,
die
Kunden
aus
Konditionenüberlegungen bei anderen Banken als ihrer Hausbank unterhalten.
Ausländische Banken sowie Non- und Near-Banks drängen darüber hinaus
zunehmend auf den deutschen Markt und werben mit hohen Zinsen. Im Unterschied
zu den Filialbanken setzen sie auf das Internet und kommen deshalb ohne ein teures
Filialnetz aus. Aus diesem Grunde können sie bessere Konditionen als die
etablierten Filialbanken anbieten. Letztere haben auf diese Entwicklung reagiert und
setzen
nun
ihrerseits
verstärkt
auf
elektronische
Vertriebskanäle.
Der
Wettbewerbsdruck ist insbesondere im Geschäft mit klassischen Retail-Banking
Produkten wie dem Girokonto, dem Tagesgeldkonto oder dem Konsumentenkredit
sehr intensiv. Solche Produkte sind standardisierbar und können über das Internet
45
Vgl: http://www.banking-online.de/bank4.html
37
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
angeboten werden. Die Filiale drohte angesichts der hohen Kosten und des
intensiven Wettbewerbs am deutschen Retail-Banking Markt lange Zeit ein
Auslaufmodell zu werden. Mittlerweile zeichnet sich aber ein Umdenken bei den
Kunden und den Kreditinstituten ab. Die Kunden wünschen vor allem bei komplexen
Produkten wieder den Kontakt zum Berater in der Filiale.
Vor diesem Hintergrund hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung
(ZEW) im Rahmen des ZEW-Finanzmarkttests zwischen Januar und April 2008 rund
350 Experten aus Banken, Versicherungen und Finanzdienstleistungsunternehmen
zum Filialgeschäft der Zukunft befragt. Im Folgenden werden die Ergebnisse kurz
dargestellt.
Die
Ergebnisse
deuten
darauf
hin,
dass
Sparkassen
und
Genossenschaftsbanken in den kommenden Jahren weitere Zweigstellen schließen
werden. Ausländische Banken werden ihr Filialnetz jedoch weiter ausdehnen.
Insgesamt kann dadurch aber nicht der Filialabbau gestoppt werden. 46
Trotzdem bleibt die Filiale auch in Zukunft der wichtigste Vertriebskanal von Banken.
Vor allem die Beratung von Privat- und Firmenkunden wird dort erfolgen. Die Filiale
wird auch weiterhin zentraler Anlaufpunkt für die Immobilienfinanzierung und die
Vergabe von Krediten mit großem Kreditvolumen bleiben. Die Filialbank der Zukunft
muss sich auf den Vertrieb von beratungsintensiven Produkten konzentrieren. Kleine
Privatkredite sind hingegen standardisierbar und werden vorwiegend über das
Internet oder andere Vertriebskanäle angeboten. Die Verwaltung des Kontos und des
Wertpapierdepots wird ebenfalls überwiegend über elektronische Vertriebskanäle
erfolgen.
Eine Rückbesinnung auf traditionelle Erfolgsfaktoren im Retail-Banking, wie
Kundennähe, Kompetenz und Vertrauen ist notwendig. Der Kunde als Mensch mit
seinen Bedürfnissen und Erwartungen steht im Mittelpunkt. Er ist der Schlüssel für
nachhaltigen Erfolg. Das bedeutet, die Kundenbedürfnisse und Erwartungen als
Ausgangspunkt zu sehen. Damit stehen dann folgende Fragen im Vordergrund: Wie
bekomme ich Kontakt zum Kunden? Wie kann ich den Kontaktpunkt attraktiv
gestalten? Mit welchen Themen und Dienstleistungen gelingt es, den Kunden zu
begeistern? Welche Erwartungen hat der Kunde an die Bank? Wie werden diese
erfüllt? Wie wird die Filiale für den Kunden zu einem attraktiven Ort der Begegnung
und Information?
46
Vgl: M. Köhler, G. Lang, Die Bankfiliale der Zukunft-Ergebnisse einer Umfrage unter Finanzexperten, Mai 2008
38
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Darum setzen Banken in Zukunft auf die Umgestaltung bestehender Filialen nach
bestimmten Filialkonzepten. Das soll die Vertriebsorientierung stärken, da die Filialen
auf unterschiedliche Kundengruppen und Produkte ausgerichtet werden. Dies trägt
dem Trend zur Individualisierung der Kundenbedürfnisse Rechnung. 47Die Kunden,
die in der Vergangenheit bewusst auf andere Vertriebskanäle umgeleitet wurden,
sollen wieder zurück in die Filiale geholt werden. Dadurch kann die Bank
Differenzierungsmerkmale schaffen und die Loyalität des Kunden gegenüber der
Bank steigern. Damit die Umsetzung von Filialkonzepten zu höheren Erträgen führt,
muss sie von einer stärkeren Fokussierung der Filiale auf die Kundenberatung
begleitet werden. Dazu müssen die Mitarbeiter stärker als in der Vergangenheit
geschult werden, um auch anspruchsvollen Kunden eine kompetente Beratung
bieten zu können. Vor allem bei der Verkaufspsychologie besteht Nachholbedarf.
Zudem muss der Bankmitarbeiter von administrativen Aufgaben entlastet und der
Personaleinsatz vertriebsorientiert nach dem Kundenwert gesteuert werden. 48
Um den Vertrieb zu stärken setzen Banken verstärkt auf Konzepte aus dem
Einzelhandel. Ein wichtiges Element solcher Strategien ist, Bankprodukte durch
Produkt-Boxen für den Kunden fassbar zu machen. Diese werden in Laufrichtung
des
Kunden
in
Produktdisplays
Produktinformationen.
49
platziert
und
enthalten
alle
relevanten
Die Filialen der Zukunft setzen neben der klassischen
Vollservice-Filiale auch auf andere Filialkonzepte, wie die Erlebnisfiliale, die
Beratungsfiliale,
den
Banking-Shop,
die
Selbstbedienungsfiliale
oder
die
Zielgruppenfiliale. Die einzelnen Filialkonzepte unterscheiden sich hinsichtlich der
angebotenen Leistungspalette, der Öffnungszeiten und der Zielgruppe voneinander.
7.2. Zukünftige Bankformen
7.2.1. Erlebnisfiliale:
Bei der Erlebnisfiliale richtet sich das Leistungsangebot nach den lokalen
Marktpotenzialen. Neben Bankprodukten und Bankdienstleistungen werden auch
bankennahe
Produkte
von
Verbund-
oder
Kooperationspartnern
(z.B.
Versicherungen oder Immobilienprodukte), bankferne Produkte (z.B. Bürgerbüro) und
bankenfremde Leistungen (z.B. Bücher oder Markenartikel) angeboten. Darüber
hinaus sind Erlebnisfilialen mit bequemen Sitzmöglichkeiten ausgestattet. Dadurch
47
Vgl: U.C. Swoboda, Retail-Banking und Private Banking, Frankfurt School Verlag, Frankfurt 2004
Vgl.: U.C. Swoboda, Retail Banking und Private Banking-Zukunftsorientierte Strategien, Frankfurt 2004
49
Vgl. Steria Mummert (2008b), Deutsche Banken kupfern beim Einzelhandel ab, Pressemitteilung 24.01.2008
48
39
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
soll die Verweildauer in der Filiale erhöht und der Besuch der Filiale emotionalisiert
werden. 50 Zur Stärkung der Kommunikation mit dem Kunden wird ein Bank-Cafe in
die Filiale integriert, das als Ort der spontanen Begegnung dient und vom Kunden zu
entspannten Gesprächen mit dem Bankmitarbeiter genutzt werden kann.
7.2.2. Beratungsfiliale:
Die stärkere Ausrichtung der Kreditinstitute auf die Kundenberatung kommt durch die
reinen Beratungsfilialen zum Ausdruck. In solchen Filialen bekommen Kunden eine
umfangreiche Beratung durch qualifizierte Berater. Um die
Erreichbarkeit zu
erhöhen, verfügen Beratungsfilialen über längere Öffnungszeiten als VollserviceFilialen und haben auch an Wochenenden geöffnet. Die Zielgruppe der
Beratungsfilialen sind vor allem vermögende Privatpersonen. Im Unterschied zu den
anderen Filialtypen können in der Beratungsfiliale keine anderen Produkte oder
Dienstleistungen in Anspruch genommen werden.
7.2.3. Banking-Shop:
Das Gegenstück zur Beratungsfiliale ist der Banking oder Credit-Shop. Solche
Filialen werden an Standorten mit hoher Kundenfrequenz wie beispielsweise
Fußgängerzonen oder Einkaufszentren errichtet. Um für den Kunden verfügbar zu
sein, haben Banking- Shops längere Öffnungszeiten und auch an den Wochenenden
geöffnet. Hier steht der Vertrieb von Produkten im Vordergrund und nicht die
Beratung. Es werden deshalb keine beratungsintensiven Produkte angeboten. In
diesen Filialen werden auch keine hochqualifizierten Mitarbeiter eingesetzt. Die
Zielgruppe solcher Shops ist die Laufkundschaft. Um die Fixkosten gering zu halten,
verfügen Banking-Shops nur über eine geringe Fläche und wenig Berater. Da der
Fokus auf dem Vertrieb von Produkten liegt und nicht auf der Beratung, werden
Service-Points für die Kurzberatung eingesetzt. Diese sollen eine schnelle
Geschäftsabwicklung ermöglichen.
7.2.4. Selbstbedienungsfiliale:
Diese Selbstbedienungsfilialen (SB-Filialen) sind mit Selbstbedienungs-automaten
ausgestattet. Deshalb kommen sie ohne Personal aus. Die SB-Filiale wird vor allem
an Standorten mit geringer Kundenfrequenz eingesetzt. Das Leistungsprogramm
50
Vgl.: C. Zanger, K. Klaus, Erlebnisorientierte Filialgestaltung: Grundlagen, Analysen, Konzepte, 2004
40
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
einer solchen Filiale ist begrenzt und beschränkt sich überwiegend auf die
Kontoverwaltung und den Zahlungsverkehr. Um den Vertrieb zu stärken, sollten
Kunden aktiv an den SB-Geräten angesprochen werden. Nach einer Umfrage der
NCR GmbH in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut GfK kann sich jeder
vierte Deutsche gut vorstellen, auf ihn zugeschnittene Angebote seiner Bank oder
Sparkasse an einem SB-Gerät zu erhalten. Damit schlägt das SB-Banking andere
elektronische Kontaktformen wir Internet und E-Mail (13 Prozent) oder Telefon (9
Prozent). Insbesondere in der Altersgruppe von 20 – 29 Jahren besteht eine starke
Affinität zur Kontaktaufnahme am SB-Automaten. 51 Darüber hinaus kann die
Kundenbindung durch Mehrwertdienste an den Automaten, wie zum Beispiel die
Ausgabe von Eintrittskarten, erhöht werden.
7.2.5. Vollservice-Filiale:
Die Vollservice-Filiale verfügt über ein breites und tiefes Leistungsprogramm, das
vom Angebot einfacher Produkte bis zu umfassenden Beratungsdienstleistungen
reicht. Das Angebot richtet sich an alle Kunden und nicht an eine bestimmte
Kundengruppe. Damit kommt sie der klassischen Filiale am Nächsten. Durch die
Integration von SB-Geräten in den Innenraum der Filiale soll der Kontakt zu den
Kunden wiederbelebt werden. Um die Beratung zu stärken, verfügen die VollserviceFilialen außerdem über Diskretzonen für die vertiefte Beratung. Im Unterschied zur
Beratungsfiliale sind die Öffnungszeiten der Vollservice-Filiale eingeschränkt.
7.2.6. Zielgruppenfiliale:
Auch die Zielgruppenfiliale gehört zu den Konzepten, die in Zukunft umgesetzt
werden könnten. Sie verfügt nur über eine begrenzte Leistungspalette, die auf die
jeweilige Zielgruppe ausgerichtet ist. Ergänzt wird das Angebot durch die
kundenspezifische
Gestaltung
des
Filialinnenraumes
und
ausgewählte
Zusatzangebote. Ein Beispiel für eine Zielgruppenzweigstelle ist die Jugendfiliale, die
speziell auf die Bedürfnisse von Jugendlichen und jungen Menschen ausgerichtet ist.
Solche Filialen sind mit einer modisch- jugendlichen Einrichtung ausgestattet, um
eine zwanglose Atmosphäre zu schaffen. Die Beratung der Kunden erfolgt durch
jüngere Mitarbeiter. Ergänzt wird das Angebot der Jugendfiliale durch Zusatzdienste
51
Vgl.: o.V. 2004, SB-Kanal wird zum unverzichtbaren Marketing- und Kundenbindungsinstrument für Banken,
Pressemitteilung vom 23.09.2004
41
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
wie der Internetnutzung oder Infobörsen zu Themen wie Studium, Karriere oder Lehrund Praktikumsangebote, die einen Mehrwert des Filialbesuchs schaffen.
Einige der oben beschriebenen Filialkonzepte werden bereits heute von Banken
umgesetzt. Bislang werden Banking-Shops, Beratungsfilialen oder Erlebnisfilialen
jedoch nur vereinzelt von Banken als Vertriebskanal genutzt. 52 Das wird sich in
Zukunft ändern. So schätzen die Finanzmarktexperten, dass der Anteil der
Filialgeschäfte, die über Erlebnisfilialen abgewickelt werden, auf mehr als sieben
Prozent steigen wird. Ein weitaus größerer Anteil wird jedoch nach Einschätzung der
befragten Experten von den Beratungsfilialen abgewickelt werden (ca. 20
Prozent).Hier kommt die größere Nachfrage nach umfassender Beratung zum
Ausdruck. Banking-Shops werden ein Anteil von etwas mehr als 10 Prozent
prognostiziert. Der Marktanteil von SB-Filialen wird zukünftig auf rund 20 Prozent
geschätzt. Der größte Anteil der Filialgeschäfte wird zukünftig nach Ansicht der
befragten Experten jedoch in den Vollservice-Filialen abgewickelt werden (rund 40
Prozent).
Eine Aufarbeitung der Filialkonzepte, ein verstärktes Ausrichten an den Bedürfnissen
der Kunden, eine besondere Schulung der Mitarbeiter und nicht zuletzt eine stärkere
Ertragsorientierung, indem eine am Kundenwert orientierte Personalsteuerung
erfolgt, sind Faktoren, die den zukünftigen Erfolg von Bankfilialen sichern. Wenn alle
vorab genannten Maßnahmen umgesetzt werden, kann die Beziehung zwischen der
Bank und dem Kunden revitalisiert werden. Die Bankfiliale wird dann auch in Zukunft
Bestand haben.
Bei der Filiale der Zukunft steht am Anfang der Mensch mit seinen Bedürfnissen und
am Ende ein Filialkonzept, das Banken wie Kunden überzeugt.
8. Lösungsansätze für ein erfolgreiches Vertriebskonzept
8.1. Erfolgspotenziale im Vertrieb
Den vorherigen Ausarbeitungen und Analysen ist nun zu entnehmen, dass sich der
Fokus der Banken eindeutig auf die Kunde-Bank-Beziehung setzen sollte. Es
müssen verstärkt Maßnahmen und Strategien entwickelt werden, welche das
Vertrauen der Kunden zurückgewinnen oder intensivieren können. Wie zuvor
analysiert ist dies mit verschiedenen Methoden oder Vertriebswegen zu schaffen.
52
Vgl.: Studie ibi research 2008, Universität Regensburg, Thema: Filialkonzepte im Retail-Banking
42
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Zusammenfassend müssen demnach die Bedürfnisse der Kunden und gleichzeitig
der Erfolg der Banken berücksichtigt werden. Im Folgenden werden unsere Analysen
zusammengefasst. Im Anschluss ergibt sich dann das Gleichgewichtskonzept zur
Reduzierung der Differenz im Spannungsfeld zwischen kurzfristigem Verkaufserfolg
und langfristigem Kundennutzen.
Ziel
dieses
Konzepts
ist
also
das
Spannungsfeld
zwischen
kurzfristigem
Verkaufserfolg und langfristigem Kundennutzen zu minimieren und das bestmögliche
Gleichgewicht zu schaffen.
Die Vertriebsstrategie enthält die Kernkompetenzen der Bank von Morgen. Wie zuvor
detailliert
beschrieben
Produktstrategie,
muss
Preisstrategie
eine
und
Zielgruppendifferenzierung,
eine
Kanalstrategie,
Kommunikationsstrategie
erfolgen.
Nach Einhaltung der erarbeiteten Strategien werden der Retail-Bank von Morgen so
Wettbewerbsvorteile gesichert. Zudem stellt die Bank ein Alleinstellungsmerkmal
(Unique Selling Proposition) auf dem deutschen Finanzmarkt dar. Die Orientierung
am bisherigen Allfinanzkonzept ist richtig und muss nur so erweitert werden, dass die
heutige Finanzkrise einem Kunden nicht mehr anzumerken ist. 53
8.2. Erfolgsfaktor: Kundenmanagement
Ein wichtiger Erfolgsfaktor in der Wettbewerbspolitik für Finanzdienstleister ist die
Fähigkeit,
geeignete
Kundensegmentierungen
Zielgruppendifferenzierung
in
verschiedene
durchzuführen.
Segmente
wird
Durch
der
diese
Einsatz
unterschiedlicher Beratungs- und Betreuungskonzepte gefordert. In diesem Fall ist
die gezielte und aktive Kundenansprache wichtig. 54
53
54
Bartmann, Dieter: Innovationen im Retail Banking, S. 228 f.
Bartmann, Dieter: Innovationen im Retail Banking, S. 245 f.
43
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Abb.9: Sinus-Milieus nach Nielsen 55
Der Finanzdienstleister muss die Fähigkeit besitzen, die Kunden individuell zu
beraten. Hierfür ist zum einen die Segmentierung der Kunden in Sinus-Milieus, zur
Beschreibung der Wertorientierung des Kunden, wichtig. Wie der Abbildung zu
entnehmen ist, teilen die Sinus-Milieus die Gesellschaft nach Lebensstil und sozialer
Schichtung ein. Ziel ist es vor allem, die Kunden nach ihrer derzeitigen
beziehungsweise künftigen Akzeptanz und Nutzung traditioneller und elektronischer
Vertriebswege und ihres derzeitigen Lebensstils zu klassifizieren, um wiederum eine
gezielte planmäßige Gestaltung der Kundenansprache zu ermöglichen. Man sollte
sich jedoch nicht auf die Spekulation verlassen, dass Kunden mit hohem Einkommen
gleichzeitig rentabel sind. Die fehlenden Daten muss die Retail Bank sich durch den
gezielten Kundenkontakt einholen.
Die qualifizierte Kundenbewertung kann eine umfassende Steuerungsfunktion im
Rahmen des Kundenmanagements übernehmen.
Insbesondere müssen hier folgende Kriterien beachtet werden:
55
Zielgruppendifferenzierung
Quelle: http://www.kbdirect.ch/Portals/0/images/sinus-milieus/Sinus-Milieus_de.JPG
44
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
-
Ressourcenallokation (Intensitätsbetreuung)
-
Aktivitätenplanung 56
Zur Steuerung der Wertschöpfungspartnerschaft kommt es zudem insbesondere
darauf an, eine geeignete Balance zwischen Kundenwert aus Sicht der Bank und
empfundenen Nutzen der Geschäftsbeziehung aus Kundensicht zu finden.
Desweiteren soll die Retailbank von Morgen nun neue Wege einschlagen und
mussTechnik und persönliche Ansprache der Kunden in so genannten CustomerRelationship-Management Systemen (CRM) verzahnen. Der Marktanteil der
Retailbanken kann also mit der Komplexität der Dienstleistungen steigen. Auch der
Kundenstamm ist die Basis für kontinuierliche Erträge im Retail Banking.
Direktbroker waren als neue Wettbewerber im
Retail Banking tätig und hatten
klassischen Filialbanken aufgrund ihrer kostengünstigen Angebote und ihrer
ständigen
Erreichbarkeit
nur
zeitweise
signifikante
Geschäftsvolumina
abgenommen. 57 Der neue Trend geht aufgrund der gestiegenen Vertrauensmängel
seitens der Verbraucher also eindeutig in Richtung Kundenakquisition, zumal die
Kunden nun intensiveren Kontakt zu den zuständigen Beratern wünschen. Für den
Kundenkontakt und zur Erzeugung einer engen Kundenbindung kommt es also
vielmehr
auf
die
sozialen
Fähigkeiten
der Berater
an.
Dafür
sind
aber
informationstechnische Unterstützungen seitens der Bank notwendig, um mit Hilfe
der bereitgestellten Kundeninformationen eine aktive und bedürfnisgerechte
Ansprache zu sichern.
8.3. Kundenberatung als wichtiger Erfolgsfaktor für die Kundenbindung
Eine kompetente und profitable Beratung, sowie ganzheitliche Betreuung der Kunden
lautet die Unternehmensphilosophie der Vertriebsbank. Die Konzentration der
Vertriebsbank auf die Kundenbetreuung und somit Kundenbindung ermöglicht es ihr,
auch vor dem Hintergrund der immer individueller werdenden Nachfrage,
kundenbedarfsorientierte Angebote zu erstellen, welche die Kundenbindung festigen
und Neukundengewinnung ermöglich.
56
57
Bartmann, Dieter: Innovationen im Retail Banking, S. 287
Bartmann, Dieter: Innovationen im Retail Banking, S. 81
45
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Abb.10: Beratungsqualität 58
Kundenbindung
erfordert
eine
nachhaltige
Erhöhung
des
Kundennutzens. 59
Dies kann nur durch die Einhaltung der individuellen Kundenwünsche erzielt werden.
Im Rahmen einer qualitativ hochwertigen Beratung geht es darum, den Kunden mit
bedarfsgerechten Leistungsbündeln zu versorgen und ihn in seinen Prozessen zu
begleiten. Zur internen Prozessverbesserung dienen hier geeignete Schulungen des
Personals (Serviceorientierung).
Eine optimale und kundenorientierte Beratungsqualität weist die zuvor ausführlich
diskutierte Honorarberatung auf.
8.4. Problemlösung 1: Honorarberatung
Die in der obigen Abbildung enthaltenen Determinanten einer Beratungsqualität sind
nun in einem geeigneten Beratungskonzept umzusetzen.
Ein geeignetes Beratungskonzept bietet nach den präzisen Analysen die Beratung
auf Honorarbasis. Nur so kann im besten Wege Vertrauen geschafft werden. Doch
vor diesem Veränderungsprozess, müssen alle Beteiligten akzeptieren, dass der
derzeitige Zustand unbefriedigend ist. Dazu ist eine abgestimmte Problemdefinition
erforderlich, welche die Differenzen zwischen dem Ist- und Zielzustand aufzeigt. Die
58
59
Vgl. Flesch, J.R. (2005), S. 606
Vgl. Locarek-Junge, (1988), S. 325
46
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Kritikpunkte des Finanztests 3/2010 weisen bereits auf einen unbefriedigenden und
mangelhaften Beratungszustand hin. Demnach ist ein Veränderungsprozess der
Postbank
hinsichtlich
der
Beratung
zwingend
erforderlich. 60
Die Honorarberatung weist im Gegensatz zu einfachen Bankberatungen eine
signifikant hohe Qualität auf. Zudem sind die Mitarbeiter, wie in den Kapiteln zuvor
detailliert erläutert, mit Hilfe von nicht-monetären Anreizsystemen viel motivierter.
Dies führt wiederum zur Ertrags- und Leistungssteigerung im eigenen Unternehmen.
Die Retail Bank von Morgen sollte dementsprechend den Veränderungsprozess in
diesem Bereich wagen, um Wettbewerbsvorteile und hohe Erträge zu sichern.
Schlusswort
Alles befindet sich im Wandel und die Zukunft bleibt noch ungewiss. Die Folgen der
Wirtschaftskrise sind noch nicht ausgestanden und das Anpassen an die neu
entstandenen Marktsituationen besitzt oberste Priorität.
Das Vertrauen der Kunden in die Banken ist längst nicht mehr das was es einmal
war. Die einzelnen Finanzinstitute versuchen ihren guten Ruf zu wahren, doch durch
die zunehmende Anzahl von negativen Rankings und Tests im Bezug auf
Kundenberatung und Service sinkt das Ansehen der Banken. Nur durch Innovation,
Entwicklung und Fortschritt können neue Kunden gewonnen werden.
Dies ist durch neu überdachte Vetriebskonzepte zu meistern. Eine Möglichkeit bietet
die Beratung auf Honorarbasis und die Neustrukturierung der Zielgruppen. Die
Vertriebsysteme müssen flexibel bleiben, um einen Stillstand des Wachstums zu
vermeiden,
60
denn
Stillstand
bedeutet
Rückschritt.
Finanztest 3/2010: Das System Postbank
47
Beitrag zum Postbank Finance Award 2010
Literaturverzeichnis
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Retailbanking: Kundenwünsche und Rentabilität
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Retailbanking. Kundenwünsche und Rentabilität
von Wulf von Schimmelmann und Günter Franke (Gebundene Ausgabe - 1. Juni
2005)
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von Uwe. C. Swoboda (Gebundene Ausgabe - September 2001)
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Strategische Preispolitik im Retailbanking
von Jörn Stöppel (Gebundene Ausgabe - 9. April 2009)
Strategien im Retail-Banking
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Retailbanking-Märkte in Mittel- und Osteuropa
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http://www.kbdirect.ch/Portals/0/images/sinus-milieus/Sinus-Milieus_de.JPG
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2010

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