Bodenbewegung für den JadeWeserPort Wilhelmshaven

Transcrição

Bodenbewegung für den JadeWeserPort Wilhelmshaven
BauP_U_05_11_BauPortal 26.04.11 17:17 Seite 1
ISSN 1866-0207
6693
Mai 2011
5
Bodenbewegung für den
JadeWeserPort Wilhelmshaven
Straßenbau – Prozesssicherer Automatisierter Straßenbau (PAST)
– Arbeiten bei der Straßenerhaltung
– Dynamische Modellierung von Betondecken
– Asphaltieren nach REACH-Registrierung von Bitumen
Persönliche Schutzausrüstung – Warnkleidung
Erdbau/Verdichtung – Infrastrukturbau + Baugrundverbesserung
Bau des JadeWeserPort Wilhelmshaven
(Foto: Josef Möbius Bau-AG)
BauP_Inh05_11_BauPortal26.04.1117:21Seite1
Heft 5 • 123. Jahrgang • Mai 2011
Fachzeitschrift der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft Prävention
www.bgbau.de
Verlag: Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG
Süddeutsche Zweigstelle, Paosostraße 7, 81243 München
Telefon (0 89) 82 99 60-0, Fax (0 89) 82 99 60-10
[email protected]
www.ESV.info
Verantwortlicher Schriftleiter: Klaus-Richard Bergmann,
Geschäftsführer der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft
Redaktion: Dipl.-Ing. Bernhard Arenz,
Leiter der Prävention der BG BAU
Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Blaasch,
Dipl.-Ing. Ramona Bischof,
Postanschrift: 81237 München, Ortsanschrift: Landsberger Straße 309, 80687 München,
Telefon (0 89) 88 97-02 (App. 818), Fax (0 89) 88 97-819 oder -829
[email protected]
Die mit Namen oder Initialen gezeichneten Beiträge entsprechen nicht in jedem Fall der Meinung der
BG BAU Prävention. Für sie trägt die BG BAU Prävention lediglich die allgemeine pressegesetzliche
Verantwortung.
Vertrieb: Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Süddeutsche Zweigstelle,
Paosostraße 7, 81243 München, Telefon (0 89) 82 99 60-0, Fax (0 89) 82 99 60-10
Konto: Berliner Bank AG, Kto.-Nr. 512 203 101 (BLZ 100 708 48)
IBAN: DE 31 1007 0848 0512 2031 01
BIC(SWIFT): DEUTDEDB110
Bezugsbedingungen: Bezugsgebühren im Jahresabonnement € 42,–/sfr 60,–;
für in Ausbildung befindliche Bezieher jährlich € 21,–/sfr 24,– (gegen Vorlage einer Studien- bzw.
Ausbildungsbescheinigung); Einzelbezug je Heft € 4,–/sfr 6,– (jeweils einschließlich 7 % Mehrwertsteuer und zzgl. Versandkosten). Die Bezugsgebühr wird jährlich im Voraus erhoben.
Abbestellungen sind mit einer Frist von 2 Monaten zum 1.1. jeden Jahres möglich.
Preise für gebundene Ausgaben früherer Jahrgänge auf Anfrage.
Die Zeitschrift ist auch als eJournal erhältlich, weitere Informationen unter www.BauPortal-digital.de
Bei den Mitgliedsbetrieben der BG BAU ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Anzeigen: Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Süddeutsche Zweigstelle,
Paosostraße 7, 81243 München, Telefon (0 89) 82 99 60-0, Fax (0 89) 82 99 60-10
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 46, die auf Wunsch zugesandt wird.
Der Anzeigenteil ist außer Verantwortung der Schriftleitung.
ISSN: 1866-0207
Inhalt
Bodenbewegung für den
JadeWeserPort Wilhelmshaven . . . . . . . . . . . . . 2
Qualitätsverbesserungen
beim Asphaltstraßenbau –
vom Mischwerk zum Fertiger (Teil 1) . . . . . . . 7
Vorbereitende Arbeiten
bei der Straßenerhaltung –
Fräsen und Reinigen der Unterlage . . . . . . . . . 12
Neuer Ansatz zur
dynamischen Modellierung von
Betondecken unter realen Bedingungen . . . . 18
Punktuelle und vollflächige Oberflächenbehandlungen in der Straßenerhaltung . . . . 22
Weiter asphaltieren auch nach
der REACH-Registrierung von Bitumen . . . . . 27
Warnkleidung –
Überarbeitete BGI/GUV-I 8591 . . . . . . . . . . . . . 30
Einsatz von Geokunststoffen
bei technischen Sicherungsmaßnahmen
zum Boden- und Grundwasserschutz
bei Infrastrukturbaumaßnahmen . . . . . . . . . . 33
Dynamische Baugrundverbesserung
durch den Einsatz schwerer Polygonwalzen 38
Fachbereich Bauwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Verkehrssicherheitstag –
Familien-Event mit Tipps für den Alltag . . . . 49
Gesamtherstellung: PC-Print GmbH, Infanteriestraße 11a, Haus A1, 80797 München
Stichwort Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Fachausschüsse Bau und Tiefbau
Prüf- und Zertifizierungsstelle
im DGUV Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Mitteilungen aus der Industrie . . . . . . . . . . . . 53
IVWgeprüfte
Auflage
Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
Buchbesprechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
01 JadeWeserPort_BauPortal 26.04.11 17:23 Seite 2
Bodenbewegung für den
JadeWeserPort Wilhelmshaven
Dr.-Ing. Volker Herwig, Hamburg
In Wilhelmshaven wird einer der größten Tiefseewasserhäfen Deutschlands gebaut. Die ca. 290 ha große Hafenfläche,
die in einer Bauzeit von etwa 3 Jahren entsteht, ragt im Schutz von Dämmen ca. 1,8 km weit in die Jade hinein und
schließt mit der Kaje am Fahrwasser ab. Der Geländesprung von über 27 m wird hier mit einer kombinierten Spundwand
abgefangen. Bereits nach einer Bauzeit von nur 2 Jahren wurden 90 % des benötigten Füllmaterials in die Fläche
eingespült und die Kajenwand hergestellt. Anforderungen an die Lagerungsdichten der Flächenaufhöhung konnten
allein durch den Einspülprozess für die bereits übergebene erste Teilfläche erreicht werden.
Die Bundesländer Niedersachsen und Bremen beauftragten im Jahr 2008 die Arbeitsgemeinschaft der Firmen Johann Bunte
GmbH (techn. Geschäftsführung), Josef
Möbius Bau-AG (kfm. Geschäftsführung),
Heinrich Hecker GmbH sowie Ludwig Voss
GmbH mit dem Bau des JadeWeserPorts.
Die Bauleistung umfasst ein Volumen von
480 Mio. € und stellt zusammen mit der
Straßen- und Schienenanbindung eines der
größten Infrastrukturmaßnahmen der letzten 50 Jahre in Norddeutschland dar.
Der JadeWeserPort wird der erste deutsche
Tiefseewasserhafen sein, an dem an 4 Liegeplätzen gleichzeitig künftige Containerschiffsgenerationen von mehr als 10.000 TEU
(Standardcontainer) bei einem Tiefgang von
16,5 m tideunabhängig abgefertigt werden
können. Im Herbst 2011 soll bereits der erste
Kilometer der insgesamt 1,725 km langen
Kaje für den Betrieb freigegeben werden.
Terminrahmen
Die Dauer von der Planung bis zum Bau und
dem Abschluss der Baumaßnahme unterlag
einem starken Zeitdruck. Mit der Planung
des JadeWeserPorts wurde im Herbst 2001
begonnen. Der Submissionstermin erfolgte
daraufhin bereits am 4.5.2006. Die 2 Monate
später vorgesehene Vergabe fand auf Grund
eines eingeleiteten Vergabeverfahrens endgültig am 26.9.2007, also 1 1/3 Jahre später,
statt.
• südliche Terminalfläche (1.000 m2)
12.1.2010,
• restliche Terminalfläche 12.1.2010,
• Übergabe 500 m Kaje 12.7.2010,
• Übergabe restliche Kaje 12.11.2010,
• Fertigstellung Nassbaggerung 12.2.2011,
• Fertigstellung Restarbeiten 12.12.2011.
Projektdaten
Der JadeWeserPort stellt mit seiner Lage
direkt am Jadebusen einen geeigneten
Standort für den Bau eines Tiefseewasserhafens dar. Die Herstellung der zukünftigen
Hafenfläche erfolgt durch eine Sandaufspülung im Schutz von Nord- und Süddamm
ca. 2 km weit in die Jade hinein und schließt
mit der Kaje in unmittelbarer Nähe zum
Fahrwasser ab.
Die zukünftige Hafenfläche unterteilt sich
in den 120 ha großen Terminalbereich und
in eine hafennahen Logistikzone, die eine
Größe von 170 ha aufweist. Umfasst wird die
Fläche von dem ca. 1,95 km langen Nordund dem 1,1 km langen Süddamm sowie von
der 1,725 km langen Kaje. Im Süden der
Fläche erfolgt eine direkte Autobahnanbindung, während über den nördlichen Bereich
der Schienentransport geregelt wird.
Der Norddamm wird auf Grund seiner exponierten Lage im Wellenbereich der Nordsee
bis zu einer Höhe von + 8,5 mNN hergestellt
und gemäß der Deichbaurichtlinien mit entsprechenden Deckwerkssteinen gesichert.
Durch seine geschützte Lage im Wellenschatten des Hafens reicht für den Süddamm eine
Höhe von + 7,5 mNN aus. Eine Sicherung des
Dammes erfolgt auch hier mit Deckwerkssteinen.
Die Hafenfläche wird im Osten zum Jadefahrwasser von der Kaje eingegrenzt. Die Sollhöhe des Kajenbereichs beträgt + 7,5 mNN.
Die Sohltiefe des Zufahrtsbereichs wird auf
– 20,1 mNN ausgebaggert.
Ein exemplarischer Regelquerschnitt der Kaje
ist in der Abbildung 2 dargestellt. Zum
Abfangen des Geländesprungs von 27,6 m
kommt eine kombinierte Spundwand zum
Einsatz, deren Tragbohlen eine Länge von bis
zu 43,0 m aufweisen. Die zwischen den Tragbohlen angeordneten Füllbohlen wurden mit
Abb. 1: Gesamtübersicht des Projekts
Mit den Bauarbeiten zum JadeWeserPort
konnte nach der uneingeschränkten Ausführungsfreigabe im Frühjahr 2008 begonnen werden. Trotz der terminlichen Verschiebung des Baubeginns blieben die Fertigstellungstermine erhalten. Durch die zusätzliche
Beauftragung einer Beschleunigungsmaßnahme konnte der Bauablauf entsprechend
der im Folgenden aufgeführten Fertigstellungstermine eingehalten werden:
Vortrag auf der Erd- und Grundbautagung 2010
der Forschungsgesellschaft für Straßenund Verkehrswesen (FGSV), 9./10.3.2010 in Köln
2
www.baumaschine.de/Wasserbau + Erdbau – BauPortal 5/2011
01 JadeWeserPort_BauPortal 26.04.11 17:23 Seite 3
Hafenfläche (inkl. Dämme)
Sand zur Flächenaufhöhung
48 Mio. m3
Dammschüttmaterial
(0–200 mm)
700.000 t
Wasserbausteine
174.000 t
Kleiabdeckung
151.000 m3
Kaje
Tragbohlen
32.000 t
Füllbohlen
10.000 t
Ankerpfähle
8.000 t
Dalben- und Fenderrohre
30.000 t
Betonstahl
12.000 t
Beton
85.000 m3
Tabelle 1: Mengen- und Massenzusammenstellung
der verwendeten Baustoffe
Abb. 2: Kajenquerschnitt (Station K 0–065 bis K 0+150)
einer Länge von bis zu 30,5 m in den Lauenburger Ton abgesetzt.
Sandgewinnung
und Aufspülarbeiten
Der Bedarf zur Aufhöhung der Hafenfläche
beträgt ca. 48 Mio. m3 Füllmaterial und wird
überwiegend aus den folgenden Entnahmestellen in der Jade und dem Wangerooger
Fahrwasser gewonnen:
• Sandentnahme Nord 11,7 Mio. m3,
• Sandentnahme Süd 23,2 Mio. m3,
• Entnahme Fahrrinne 7,5 Mio. m3,
• Entnahme Zufahrtsbereich 5,2 Mio. m3,
• Entnahme
Wangerooger Fahrwasser 0,4 Mio. m3.
Die endgültig benötigte Menge kann nur
nach dem Abschluss der Nassbaggerarbeiten
bestimmt werden, da erst dann die eingetretenen Setzungen (Primär- und Sekundärsetzungen) auf Grund der entsprechenden
Messungen bekannt sind. Diese erfolgen mit
Hilfe von Setzungsplatten, die vor Baubeginn
lagegenau auf der Gewässersohle in einem
Raster von 100 m verlegt wurden und deren
Lage während und nach der Flächenaufhöhung durch Drucksondierungen detektiert
wird.
Die Sandgewinnung erfolgt mit 6 Nassbaggergeräten, von denen die Fa. Josef Möbius
Bau-AG 5 und die Fa. Johann Bunte GmbH
1 Gerät bereitstellt. Den größten Anteil der
Nassbaggergeräte bilden die Schneidkopfsaugbagger (Pirat 10, M 30 und M 28). Hier
wird der Boden mit einem Schneidkopf, der
sich am Ende eines Saugrohrs befindet, ge löst. Die Lage des Schneidkopfs wird über
Geber gemessen und an Hand von GPS-Empfängern genau bestimmt sowie protokolliert.
Das Saugrohr wird vom Bug der schwimmenden Einheit mit Winden auf eine vorgegebene Tiefe abgelassen. Durch einen am
Heck abgesenkten Pfahl und über 2 steuerbare Ankerwinden am Bug des Baggers können halbrunde Schnitte geführt werden. Ein
zweiter Pfahl am Heck, der sich auf einer
beweglichen Schiene befindet, dient allein
der Vorwärtsbewegung dieser Einheit. Mit
Pumpen wird der gelöste Boden zusammen
mit Wasser in einem Gemisch von ca. 1:4
angesaugt und über Spülrohrleitungen zur
Hafenfläche transportiert.
Des Weiteren kommt auf der Baustelle auch
ein reiner Saugbagger (M 8) zum Einsatz. Die
Verfahrensweise der Sandgewinnung ähnelt
dem der Schneidkopfsaugbagger. Bei locker
bis mitteldicht gelagertem Sand, der unter
Wasser zum Fließen neigt, kann hier der
Boden direkt ohne Lösevorgang angesaugt
werden. Das Material wird anschließend
über Spülrohrleitungen oder mit Transportschiffen, die eine eigenständige Entladung
und daher auch als selbstfahrende Klappschuten bezeichnet werden, transportiert.
Die zuvor beschriebenen Schneidkopfsaugbagger sind bei geeigneten Böden durch
Umbaumaßnahmen auch als Saugkopfbagger einsetzbar.
Weiterer Sand wird durch 2 selbstfahrende
Laderaumsaugbaggerschiffe (Keto und Josef
Möbius), die auch als Hopper oder Hopperbagger bezeichnet werden, gewonnen und
transportiert. Bei diesen Geräten wird an der
Schiffsseite die Saugleiter mit den am Ende
befindlichen Schleppköpfen zum Lösen von
Boden auf die Gewässersohle abgelassen.
Die Bestimmung der Schlepptiefe erfolgt
hier mit Hilfe von Gebern, die mit einer GPSAnlage verbunden sind. Eine kontinuierliche
Protokollierung dieser Daten ist gewährleistet. Bei geringer Fahrt wird das über die
Abb. 3:
Lageplan der Sandentnahmestellen
in der Jade
BauPortal 5/2011 – www.baumaschine.de/Wasserbau + Erdbau
3
01 JadeWeserPort_BauPortal 26.04.11 17:23 Seite 4
Abb. 5:
Laderaumsaugbaggerschiff
(Hopper)
Abb. 4:
Schneidkopfsaugbagger
auf dem Grund gezogenen Schleppköpfe gelöste Baggergut über Kreiselpumpen in den
zwischen 2.300 und 5.500 m3 fassenden
Laderaum befördert.
Überschüssiges Spülwasser wird hier unmittelbar durch Überläufe abgelassen. Die Entleerung der Hopper erfolgt auf der Baustelle
überwiegend an stationär angeordneten
Spülrohrleitungen, die an das Schiff angekoppelt werden und den Sand in das Spülfeld
transportieren.
Der Einsatz der Nassbaggergeräte richtet
sich nach der Entfernung zum Spülfeld und
nach der Bodenbeschaffenheit. Leicht lösbare Sedimente, wie z.B. Sand, werden ausschließlich mit dem Saug- oder den beiden
Hopperbaggern gefördert, während die
Schneidkopfsaugbagger auch in der Lage
sind, schlecht lösbare Böden wie Beckenschluff zu gewinnen. Der Lauenburger Ton
(ca. 4 Mio. m3), der teilweise im Zufahrtsund Fahrrinnenbereich vorliegt, wird mit
einem Stelzenbagger (M 40) gelöst. Dieses
Gerät besitzt eine Baggerschaufel von bis zu
14,5 m3 Fassungsvermögen und ist in der
Lage, den Boden bis zu einer Tiefe von 28 m
zu lösen. Der gebaggerte Lauenburger Ton
wird mit selbstfahrenden Schuten zur Verklappstelle gebracht.
Die Spülleistung der Nassbaggergeräte ist
in der Abbildung 7 dargestellt. Entsprechend
der Jahreszeit und dem anfallenden Boden
sowie der durchgeführten Gerätewartungen
fallen die Leistungen unterschiedlich aus. So
konnte im Sommer 2009 für einen längeren Zeitraum über 1 Mio. m3 Füllboden pro
Woche in die Hafenfläche eingespült werden. Im Winter 2009/2010 wurde die Spülleistung auf Grund von Eisgang und Dauer-
Abb. 6:
Stelzenbagger
4
frost drastisch behindert. Die in einem Zeitraum von 2 Jahren geförderte Leistung beträgt bereits jetzt ~ 90 % des Gesamtbedarfs.
Anforderungen
Die Hafenfläche wird aus Boden aufgespült,
der überwiegend aus Sand mit unterschiedlichen Schluff- und Tonbeimengungen in den
Entnahmestellen ansteht. Im Zufahrts- und
Fahrrinnenbereich kommen zudem Beckenschluffe und Lauenburger Ton vor.
Der in den Hafenbereich eingebrachte Sand
unterliegt hinsichtlich des Schluffgehaltes
unterschiedlichen Anforderungen. So darf in
einem 60 m breiten Streifen hinter der Kaje
lediglich Sand mit einem geringen Schluffgehalt von weniger als 5 % eingebaut werden (Abb. 8). Dieser Umstand ist der Kajendimensionierung geschuldet. Für den übrigen Bereich des Container Terminals ist ein
Spülsand mit weniger als 10 % Feinstkornanteil vorgesehen. Böden mit einem höheren
Gehalt an Schluff und Ton können hingegen
in den Bereich der Logistikzone verbracht
werden. Gänzlich ungeeigneter Boden, wie
z.B. Lauenburger Ton, wird entweder als
Deichabdeckmaterial eingesetzt oder in
Unterwasser-Deponien verbracht.
Die geforderte Sandqualität setzt eine zeitnahe Erfassung der Bodenbestandteile voraus. Daher werden mehrmals täglich von
den Nassbaggergeräten und im Spülfeld Proben genommen, um anschließend deren
Kornverteilung im eigens auf der Baustelle
Tabelle 2:
Vergleich von Lagerungsdichte D und
Schlagzahl N10 (DPH-15)
bis 4,0 unter GOK
eingerichteten Labor zu bestimmen. Die Er gebnisse dieser Eigenüberwachung erlauben
eine gezielte Steuerung des Spülstroms.
Der in die Fläche eingespülte Sand wird von
Raupen gleichmäßig und kontinuierlich verteilt, so dass eine zusätzliche Nachverdichtung des Materials von der ARGE lediglich
optional vorgesehen ist. Hinsichtlich der
Lagerungsdichten im Terminalbereich gilt
die in der Abbildung 9 zusammengefassten
Anforderungen einzuhalten. Die Grundlage
der Überprüfung stellt die Tabelle 7 der ZTV
E-StB 94 dar.
Die ARGE sah vor, den Nachweis der Lagerungsdichte mit Rammsondierungen (DPH15) durchzuführen. Da mit dieser Methode
jedoch weder die oberflächennahe noch die
Verdichtung in größeren Tiefen (> 6,5 m)
erfasst wird, wurde das Messprogramm ergänzt. Die Lagerungsdichte der Oberfläche
wurde an allen Punkten mit Hilfe einer Troxlersonde nachgewiesen, während die Ermittlung der Dichte in größeren Tiefen in Abstimmung mit dem Bauherren stichpunktartig
mittels Drucksondierungen erfolgte.
Alle Nachweisverfahren wurden in verschiedenen Prüffeldern an mehreren Punkten und
in unterschiedlichen Tiefen mit Hilfe von
Ergebnissen der Lagerungsdichte gemäß
DIN 18125-2 (Ausstechzylinderverfahren)
kalibriert. Die Kalibrierungsergebnisse sind in
der Tabelle 2 für die oberen 4 m der Flächenaufhöhung zusammengestellt.
Die in der Tabelle 2 dargestellten Ergebnisse
zeigen, dass die mittels Ausstechzylinder
Anforderung D ≥ 0,7
Lagerungsdichte D
Schlagzahl N10
arithmetisches Mittel
0,97
10
Standardabweichung
0,23
3
10 %-Mindestquantil
0,77
8
10 %-Höchstquantil
1,18
13
Anforderung D > 0,5
Lagerungsdichte D
Schlagzahl N10
arithmetisches Mittel
0,91
11
Standardabweichung
0,25
8
10 %-Mindestquantil
0,68
4
10 %-Höchstquantil
1,13
18
www.baumaschine.de/Wasserbau + Erdbau – BauPortal 5/2011
01 JadeWeserPort_BauPortal 26.04.11 17:23 Seite 5
Abb. 8: Korngrößenbereich der eingespülten Sande im Terminalbereich
ermittelten Lagerungsdichten deutlich über
den geforderten Werten liegen. Teilweise
wurden Lagerungsdichten von D > 1,0 erreicht, ohne dass zuvor eine zusätzliche Verdichtung des eingespülten Sandes erfolgte.
Für den Nachweis der hohen Lagerungsdichte D ≥ 0,7 wurden mit der Rammsonde
weniger als 8 Schläge benötigt. Bereits
3 Schläge reichten für den aufgespülten
Sand aus, um eine Lagerungsdichte von
D > 0,5 nachzuweisen.
Die erste Teilfläche wurde bereits Ende 2009
an den Bauherren übergeben. Der Nachweis
der Lagerungsdichte wurde hier mit den
zuvor beschriebenen Verfahren durchgeführt. Sehr geringe Schlagzahlen (N10 < 5)
bei hohen Lagerungsdichten stellten die
Nachweisführung mit der schweren Rammsonde für den am JadeWeserPort eingespülten Sand jedoch in Frage, so dass ergänzende Drucksondierungen vorgenommen
wurden.
Abb. 7:
Spülleistung der
Nassbaggergeräte
(Aufzeichnung der
Dichtemessanlage DMA)
Abb. 10:
Gegenüberstellung
von Ramm- und
Drucksondierung
Die Abbildung 10 zeigt, dass mit der Rammsonde im Bereich der zu erbringenden Lagerungsdichte von D ≥ 7 lediglich geringe
Schlagzahlen anfielen, obwohl die Dichte an
einem Ausstechzylinder bei –5,5 m NN bereits eine Lagerungsdichte von D = 0,97 aufwies. An gleicher Stelle wurde mit der Drucksonde ein Spitzendruck von ca. 10 MN/m2
erzielt. Auf Vorschlag des Baugrundgutach-
Abb. 9: Anforderung an die Lagerungsdichte
des in die Terminalfläche
eingespülten Sandes
BauPortal 5/2011 – www.baumaschine.de/Wasserbau + Erdbau
5
01 JadeWeserPort_BauPortal 26.04.11 17:23 Seite 6
ters einigte man sich darauf, künftig alle weiteren Nachweise mittels Drucksondierungen
durchzuführen. Die Lagerungsdichte wird
hier durch eine spannungsabhängige Auswertung des Spitzendrucks nach Lune (et al.
1997) nachgewiesen. Zum jetzigen Zeitpunkt
wurden bereits weitere Flächen überprüft,
bei denen mit der gewählten Auswertung
des Spitzendrucks die geforderte Lagerungsdichte erreicht wird.
Zusammenfassung
Bereits 2 Jahre nach Baubeginn des JadeWeserPorts wurden ca. 43,4 Mio. m3 Boden in
die Hafenfläche eingespült. Dies entspricht
ca. 90 % der zu erbringenden Leistung. Die
Träger und Spundwände (ca. 50.000 t Stahl)
der Kaje wurden bereits komplett gerammt,
so dass nur noch die Gründungs- und Betonarbeiten der Kajenkonstruktion ausgeführt
werden.
Abb. 11: Baustelle JadeWeserPort 5/2008
Der Süddamm ist auf der gesamten Länge
hergestellt, und am Norddamm fehlt lediglich der Polderschluss. Im April 2010 werden
auch diese Arbeiten abgeschlossen sein, so
dass dann die Hafenfläche endgültig von der
Nordsee abgetrennt ist. An Hand der Luftbildaufnahmen ist der Baufortschritt in
einem Zeitraum von weniger als 2 Jahren
dokumentiert.
Literaturverzeichnis
Lune, T.; Robertson, P. K.; Powell and J. J. M.
(1997): Cone Penetration Testing in Geotechnical Practice. Spon Press, Taylor & Francis
Group, London and New York, 1997, Reprinted 2001
Autor:
Dr.-Ing. Volker Herwig,
Josef Möbius Bau-AG
Abb. 12: Baustelle JadeWeserPort 2/2011
Mit Fachinformationen
3-fach gut versorgt!
NEU!
6
Das Original:
Im Internet:
International:
BauPortal (bisher TIEFBAU)
informiert Sie monatlich auf über
60 Seiten zu Themen, wie Baubetrieb und Bauorganisation, Baumaschinentechnik, Bauverfahrenstechnik, Sicherheitstechnik und
Arbeits- und Gesundheitsschutz.
Unter www.baumaschine.de
stehen Ihnen über
1.500 Fachartikel von
1996 bis 2009 sortiert
nach über 100 Stichworten
zum kostenlosen PDF-Download
zur Verfügung.
Unter www.buildingconstruction-machinery.net
steht Ihnen eine Auswahl von
Fachartikeln aus dem
BauPortal (bisher TIEFBAU)
in Englisch zum PDF-Download
zur Verfügung.
www.baumaschine.de/Wasserbau + Erdbau – BauPortal 5/2011
02 PAST_BauPortal 26.04.11 17:25 Seite 1
Qualitätsverbesserungen
beim Asphaltstraßenbau –
vom Mischwerk zum Fertiger (Teil 1)
Dipl.-Ing. Alfons Horn, Limburg
Dipl.-Ing. (FH) Hanno Hameister, Dipl.-Ing. (FH) Daniel Pitzler und Dipl.-Ing. (FH) Manuel Cremer, Köln
Eine intakte Verkehrsinfrastruktur ist für ein hochtechnisiertes Land von enormer Bedeutung. Durch einen stetig
steigenden Personen- und Warenverkehr, können Weiterentwicklungen im Bau und Erhalt von Verkehrswegen das
wirtschaftliche Wachstum maßgeblich beeinflussen. In Zeiten von Just-in-time-Lieferungen ist der Einfluss von Verkehrsengpässen wie Baustellen und den damit verbundenen Staus besonders groß. Nicht nur aus volkswirtschaftlicher Sicht
sollte daher die Lebensdauer von Straßenbelägen erhöht werden. Durch die Privatisierung von Straßenabschnitten
haben zunehmend auch Bauunternehmen ein großes Interesse an einer langfristigen Funktionserhaltung von Straßenbelägen, da dann das Konsortium für die Straßenerhaltung über einen längeren Zeitraum zuständig ist. Dieser Anforderung kann der Straßenbau auf Dauer nur gerecht werden, wenn die Bauweise, die Mischgutzusammensetzung, die
Maschinentechnik und die Organisationsstruktur konsequent weiterentwickelt werden und auf der Baustelle prozesssicher zur Anwendung kommen.
Prozessfehler, welche die Funktionen der
Straße beeinflussen, gilt es zu erkennen und
zu vermeiden. Der Maschinenbediener muss
beim Einbauprozess jederzeit eine Vielzahl
an Einflüssen beachten und die Maschine
daraufhin abstimmen. In der gesamten Prozesskette muss der Maschinenbediener bei
der Entscheidungsfindung durch wichtige
Prozessinformationen unterstützt und der
Arbeitsprozess durch gezielte Automatisierung prozesssicher gestaltet werden. Notwendig wird dies v.A. durch die Forderung
einer größeren Einbauleistung in verkürzter
Zeit, um Verkehrsbehinderungen durch Baustellen so gering wie möglich zu halten. Um
die größtmögliche Einbauqualität von Belagschichten aus Asphalt zu erreichen, ist es
wichtig, den kompletten Einbauprozess vom
Mischwerk bis zur Walze zu untersuchen,
Fehler zu identifizieren und durch gesicherte
wissenschaftliche Ansätze abzustellen.
An diesem Punkt setzt das Forschungsprojekt „Prozesssicherer Automatisierter Straßenbau (PAST)“ an, indem die Funktionseigenschaften der Verkehrswege wie lärmarm, verkehrssicher und v.A. die Gebrauchsdauer dieser Bauwerke mit neuen Ansätzen der Automatisierungs-, Informationsund Maschinentechnik für den Bauprozess
wesentlich verbessert werden sollen. Die
Liegezeit von Verkehrswegen in der Asphalt-
bauweise soll durch eine wirtschaftliche und
ganzheitliche Prozessbetrachtung auf 15–
20 Jahre erhöht werden. Die Besonderheit
des Forschungskonsortiums besteht in der
prozessübergreifenden Zusammenstellung,
wobei nicht nur 5 Firmen die Prozesskette
des Asphaltstraßenbaus vom Mischwerk bis
zur Verdichtung durch die Walze abdecken,
Nr.
1
2
3
4
Benennung
Mischgutabgabeeinheit für Mischanlagen
zur Vermeidung der Entmischungen
während des Ladevorgangs des Mischgutfahrzeuges
Neuartige Lkw-Lademulden für Mischgut
mit Thermospeichereffekt, integrierter
Temperaturmess- und Kommunikationseinheit und mit einer entmischungsreduzierten Übergabeeinheit
es tragen auch 3 Forschungseinrichtungen
zum Gelingen des Projektes bei. Jeder Projektpartner blickt dabei auf jahrelange Erfahrungen in seinem Gebiet zurück. Insgesamt
werden während des Forschungsvorhabens
15 Demonstratoren entwickelt (Tabelle 1),
die maßgeblich zur Prozesssicherheit im
Asphaltstraßenbau beitragen werden.
7
Neuartige modellgestützte intelligente
Prozessregeleinrichtung der gesamten
Mischgutlogistik eines Straßenfertigers
8
Thermoisolierte Mischgutförder- und
Verteilereinrichtung für Straßenfertiger
9
Mess- und Kommunikationseinrichtung
zur Tendenzbestimmung der Verdichtung
am Straßenfertiger während der Arbeit
10
Mess- und Kommunikationseinrichtung
für die Prozesskette der Baustofflogistik
(Mischanlage – Lkw – Fertiger)
Mess- und Kommunikationseinrichtung
zur Schichtdickenbestimmung am
Straßenfertiger während der Arbeit
11
Mess- und Kommunikationseinrichtung
für den Straßenfertiger zur Mischgutaufnahme
Neuartige Nivelliereinrichtung mit integrierter Schichtdickeneinstellung und
-regelung für Straßenbaumaschinen
12
Anfahrautomatik zur Vermeidung von
Anfahrunebenheiten
13
Temperaturmesssystem für die komplette
Mischgutlogistik im Straßenfertiger
14
Ablegeautomat zur Ablage und Positionierung von metallischen Gegenpolen und
geeignet als Trägermaterial für zukünftige
intelligente Sensoren
15
Mess- und Kommunikationseinrichtung
zur Belagsdicke und Mischguttemperatur
an Walzen
5
Automatische elektro-hydraulische
Andockeinrichtung mit integriertem Stoßabsorber zur Mischgutaufnahme
6
Neuartiger thermoisolierter Mischgutaufnahmebunker zur Reduzierung der
Entmischung und Abkühlung des
Mischgutes
Tabelle 1:
Zu entwickelnde Demonstratoren
Abb. 1: Mischguttransport im Asphaltstraßenbau [1]
BauPortal 5/2011 – www.baumaschine.de/Straßenbau
7
02 PAST_BauPortal 26.04.11 17:25 Seite 2
Untersuchungen und
Verbesserungen
am Einbauprozess
Abb. 2:
Entmischung
durch Perkolation
im vertikal
geschüttelten
Behälter [4]
(links)
Entmischung auf
der Böschung
durch den Siebeffekt [4] (rechts)
Lkw-Beladung am Mischwerk
Setzt man eine normgerechte Asphaltproduktion voraus, beginnt die Prozesskette mit
der Beladung des Lkw durch eine stationäre
oder mobile Mischanlage. Außer der Produktionsqualität des Mischguts spiegelt sich
auch die Art der Beladung später in der
Qualität der Straße wider. Entmischungsfreies Beladen setzt voraus, dass über den
gesamten Lkw-Querschnitt Asphalt mit konstanter Mischgutzusammensetzung eingefüllt wird. Ansatzweise wird dies durch das
Schütten von mehreren Haufwerken erreicht.
Durch dieses Vorgehen reduziert sich der
Abstand vom Austrittkegel zur Lkw-Wand
bzw. zum benachbarten Materialhaufen.
Weiterhin wird der Vorgang durch die Reduzierung der Fallhöhe sowie durch eine gleichmäßig dosierte Verteilung auf der Ladefläche begünstigt. Das dynamische Trennen
von Kornfraktionen einer Mischung wird
als Entmischung bezeichnet und tritt auch
beim Verladen von Asphalt auf die LkwMulde auf (Abb. 2). Bei einer Schüttkegelbildung neigen die großen Partikel dazu, an
den Schüttflanken nach unten zu rollen und
tragen somit zur Inhomogenität des Mischgutes bei.
Mit einer schwenkbaren Schurre an der unteren Öffnung des Verladesilos (Abb. 3) am
Mischwerk soll das Mischgut mit geringerer
Schüttkegelbildung verladen werden. Diese
Schurre schwenkt abhängig vom Füllungsgrad der Halbschalen- oder Kastenmulde um
die Fahrzeuglängsachse und kann besonders
in den Außenbereichen die Entmischungszonen verringern.
Transportfahrt zur Baustelle
Die Transportfahrt mit dem Lkw stellt im
Straßenbau einen Qualitätseinflussfaktor
dar. Besonders die Mischguttemperatur und
die Materialentmischung zwischen der Abfahrt an der Mischanlage und der Ankunft an
der Baustelle, können sich abhängig von
Transportdauer und Witterungseinflüssen
nachteilig auf die Mischgutqualität auswirken. Infolgedessen wurden vom Forschungskonsortium umfangreiche Thermographieund Mischgutuntersuchungen vor und nach
Abb 3: Schwenkbare Mischgutabgabeschurre – CAD Modell (links), beim Verladen von Asphalt (rechts)
der Transportfahrt durchgeführt. Hier zeigte
sich, dass besonders während der Transportfahrt eine Materialabdeckung von großer
Wichtigkeit ist. Tests haben gezeigt, dass ein
für nur 3 Minuten nicht abgedeckter Lkw
einen Oberflächentemperaturverlust von
10° C verursacht. Die Abkühlung im Wandbereich und an der Oberfläche lässt sich durch
eine Isolationsschicht von z.B. 10 cm Mineralwolle deutlich herabsetzen. Zusätzlich ist die
Mulde mit polierten Blechen verkleidet.
Diese Verkleidung ist notwendig, um die Isolationsschicht vor der Witterung zu schützen
und Wärmestrahlung zu verringern. Das
zusätzliche Gewicht von rd. 800 kg rechnet
sich v.A. durch eine gleichbleibende Mischgutqualität, auch bei schwierigen Witterungsbedingungen.
Mischgutübergabe
Zielführend für eine direkte Kontrolle der
Mischguttemperatur ist die Anbringung von
bis zu 3 Temperatursensoren an der LkwMulde, um noch vor dem Abladen den
Zustand des Mischgutes zu kontrollieren.
Bei der Übergabe des Mischgutes vom Lkw
zum Fertiger kommt es immer wieder zu
Problemen. Diese liegen zum Einen in der
Geometrie der Mulde und des Fertigers
und zum Anderen in einer fehlerhaften Übergabetechnik begründet.
Um einer Materialentmischung bei der
Transportfahrt vorzubeugen wird derzeit
untersucht, das Schwingungsverhalten der
Mulde durch eine elastische Abstützung im
Bereich der vorderen Muldenauflage zu verbessern (Abb. 4). Das Prinzip dieses Schwingungstilgers lässt sich grundsätzlich als
Es gibt auf dem deutschen, aber v.A. auf dem
internationalen Markt, eine Vielfalt an LkwHinterkippern mit verschiedensten geometrischen Abmessungen. Um auf diese Spannbreite reagieren zu können, lässt sich die
Kontaktstelle zwischen Lkw und Fertiger in
einem gewissen Maße verstellen. Diese Ein-
Abb. 4: Thermographieaufnahme (links), Schwingungstilger zwischen Mulde und Chassis (rechts)
8
Schwingungsreduzierung durch Energieumlagerung mit Hilfe gefederter Zusatzmassen beschreiben. Die Mulde schwingt dabei
nicht in Resonanz, da das 2-Massen-System
andere Eigenfrequenzen als die jeweiligen
Teilsysteme hat. Weil nur ein Tilgungspunkt
möglich ist, wird der Tilger in der Praxis mit
Dämpfung ausgeführt. Man erhält dadurch
an Stelle der Tilgung bei einer Frequenz
eine Schwingungsreduzierung innerhalb
eines Frequenzbandes. Es ist derzeit noch
offen, ob der Hubzylinder in Kombination mit
einem hydraulisch/pneumatischen System
oder separate Federelemente verwendet
werden müssen.
Abb. 5: Übergabefehler durch
falsche Einstellung des Abdruckbalkens [1]
www.baumaschine.de/Straßenbau – BauPortal 5/2011
02 PAST_BauPortal 26.04.11 17:25 Seite 3
stellmöglichkeit bieten die meisten Fertigerhersteller an, allerdings sind sie nur manuell
zu bedienen. Das führt auf Grund des hohen
Gewichtes des Balkens dazu, dass er in der
Praxis nicht exakt auf den jeweiligen Lkw
angepasst wird. Im Extremfall kann das zum
Abkippen des Mischgutes vor den Fertiger
oder zu einer nahen Positionierung am Fertiger und damit zu einer eingeschränkten
Mischgutübergabe führen.
Zur Prozessverbesserung wurde ein System
entwickelt, welches sich hydraulisch auf den
notwendigen Abstand einstellen lässt. Da
der Balken automatisch verstellt wird, entlastet eine fahrzeugspezifische Justierung die
Bedienmannschaft, allerdings sind dafür die
geometrischen Informationen des jeweiligen
Lkws notwendig.
Aktuell findet der Informationsfluss auf der
Baustelle ohne unterstützende Technik statt.
Mit digitaler Übertragungstechnik lassen
sich verschiedene Fehlerquellen vermeiden
und die Mitarbeiter entlasten. So kann z.B.
mit der Erkennung des Lkw und zusätzlich
hinterlegten Parametern wie beschrieben
der Abdruckbalken selbstständig auf die
benötigte Länge eingestellt werden. Die
Übertragung der Daten ist auf verschiedene
Art und Weise möglich, beispielhaft seien
Bluetooth oder WLAN genannt.
Ergänzt werden muss diese Übertragung
durch eine Fahrzeugerkennung, da sich mehrere Lkw in unmittelbarer Nähe des Fertigers
befinden können und das System ansonsten
gestört werden würde. Ist ein solches Datenübertragungssystem erst einmal eingerichtet, lassen sich weitere prozessrelevante
Informationen damit übertragen.
So sind die mischgutspezifischen Daten wie
Zusammensetzung, Gewicht, Temperatur ab
Mischwerk sowie die aktuelle Temperatur für
den Einbau und zur Qualitätskontrolle wichtige Größen. Die aufbereiteten Daten werden dann jeweils allen prozessbeteiligten
Maschinen und Personen zur Verfügung
gestellt. Der Straßenfertiger als zentraler
Aspekt in der Herstellung von Straßen stellt
Abb. 6:
Kommunikationsstruktur im
Fertigungsprozess von Asphaltbelägen [2]
dabei die Schnittstelle der Daten vom Mischwerk bis zum letzten Walzübergang.
Ein weiteres Problem, welches bei der Beschickung eines Fertigers auftreten kann, ist
ein Kraftstoß zwischen Lkw und Fertiger.
Durch diesen Impuls wird das Kräftegleichgewicht der Bohle verändert, so dass Einbaufehler auftreten können, welche auf Grund
ihrer Intensität nicht mehr durch Walzen
reversierbar sind. Dieser Effekt wurde auf
Grund seiner Bedeutung gesondert untersucht. Dazu wurde mittels eines Scherkraftbolzens in der Lagerung des Abdruckbalkens
eine Kraftmessung installiert, um den Effekt
des Lkw-Kraftstoßes quantifizieren zu können.
Hierbei ließen sich trotz moderatem Andocken des Lkws erhebliche Krafteinwirkungen auf den Fertiger erkennen. So ist der
erste Impuls mit etwa 40 kN auf diesen Vorgang zurückzuführen. Der zweite Impuls hingegen ist der Beschleunigung des Lkws mittels des Fertigers geschuldet. Dieser Impuls
ist nicht zu verhindern und hat mit über
80 kN einen Einfluss auf das Kräftegleichgewicht der Einbaubohle. Um die Problematik zu beseitigen, ist ein Feder-Dämpfersystem notwendig, um den Beschleunigungsprozess des Lkws zu verlängern und
Abb. 7: Kraftmessung am Abdruckbalken [3]
damit den Impuls zu reduzieren. In der Abbildung 8 ist die verstellbare umgesetzte
hydraulische Dämpfereinheit dargestellt.
Neben der beschriebenen Problematik neigt
das Mischgut bei der Übergabe dazu, sich zu
entmischen. Das liegt an der Geometrie und
Kinematik des Fertigerbunkers, da dieser sich
nicht an die Muldenbreite anpassen lässt.
Daher entstehen an den Flanken der Mischgutablage Schüttkegel, welche zu den verschiedenen im vorigen Abschnitt beschriebenen Entmischungsphänomenen führen. Verstärkt wird der Entmischungseffekt durch die
Kinematik des Bunkers, da beim Zusammenklappen der Bunkerwände das Mischgut je
nach Partikelform und Größe unterschiedlich schnell auf dem Kratzkettenförderer gelangt. Zusätzlich kommt es in der Praxis häufig vor, dass die Mulde nicht nach jedem Lkw
zusammengeklappt wird, sondern bereits
der nächste Lkw seine Ladung abgibt bevor
sämtliches Material aus dem Bunker gefördert wurde. Das führt dazu, dass abgekühltes
Material in den Randbereichen des Bunkers
verbleibt und erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Bohle gefördert wird, was zu späteren Problemen bei der Verdichtung führt.
Um diese Effekte zu vermeiden, wurde eine
Mulde entwickelt, welche diesen Problema-
Abb. 8: Verstellbarer hydraulischer Abdruckbalken
Anordnung über
2 doppelwirkende Hydraulikzylinder
(100 mm Verfahrweg, ± 3° Pendelwinkel)
BauPortal 5/2011 – www.baumaschine.de/Straßenbau
9
02 PAST_BauPortal 26.04.11 17:25 Seite 4
ben der Transportkette geschoben werden.
Die Transportrinne wird von einer Blechkonstruktion und durch das Schüttgut selbst
gebildet. Der sich einstellende Massenstrom
ist von der Kettengeschwindigkeit, den geometrischen Randbedingungen, dem Füllungsgrad des Bunkers und von den Mischguteigenschaften abhängig. Letztere werden
beeinflusst durch:
Abb. 9: Straßenfertiger mit
translatorischer Bunkerkinematik
tiken entgegenwirken soll. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Mulde nicht
mehr rotatorisch, sondern translatorisch
bewegt wird. Die veränderte Kinematik hat
den Vorteil, dass sich die Bunkerwand optimal an die Lkw-Mulde anpassen lässt, wobei
der Abstand zwischen Bunkerwand und der
Lkw-Mulde dabei über eine berührungslose
Abstandsmessung geregelt wird, so dass die
gewünschten Funktionen erreicht werden.
Dadurch kann die Bildung eines Schüttkegels
an den Flanken vermieden werden. Zusätzlich lässt sich durch die translatorische Bewegung das Mischgut kontrolliert vom Boden
des Bunkers räumen und es verbleibt kein
Mischgut in den Randbereichen des Bunkers.
die Baustelle geliefert wird. Je nach Ausmaß
der Entmischung ist dieses Material für die
Weiterverarbeitung nicht geeignet. Für eine
Weiterverarbeitung ist es notwendig, das
Material wieder zu homogenisieren. Die
geeignete Stelle dafür ist unmittelbar am
Fertiger, damit gewährleistet werden kann,
dass es im anschließenden Transport nicht
erneut zu einer Entmischung kommt. Um
einen solchen Homogenisierer zu entwickeln
wurden Vorversuche unternommen, um ein
ökonomisches Remixen am Fertiger zu erreichen.
Die entwickelte Geometrie und Kinematik
wurde auf ihre Tauglichkeit mittels der „Diskreten-Elemente-Methode“ untersucht. Die
„Diskrete-Elemente-Methode“ ist eine Partikelsimulation, die es ermöglicht, nahezu
alle gebundenen und ungebundenen Schüttgüter in ihren Funktionseigenschaften abzubilden. In einer DEM-Simulation wird für
jeden Zeitschritt das Kräftegleichgewicht
eines jeden Partikels aufgestellt und über
das Verformungsgesetz eine Relativbewegung zum nächsten Zeitschritt berechnet.
Bei den Voruntersuchungen wurde das
Mischverhalten bei Nutzung einer Mischschnecke untersucht. Dafür wurde der Demonstrator derart gestaltet, dass verschiedene Parameter verändert werden können,
um ein effizientes Mischen zu ermöglichen.
Die Untersuchungen ergaben, dass die
Mischergebnisse stark von den verwendeten
Maschineneinstellungen abhängen und da mit ein ordnungsgemäßes Homogenisieren
nur unter exakter Abstimmung der Maschinen- und Materialparameter möglich ist.
Diese Analyse ergab eine deutliche Verbesserung der neuen Bunkerwände in Hinsicht
auf die Entmischungstendenzen des Mischgutes – daher wird die Konstruktion aktuell
für einen Versuchsfertiger gebaut. Da die
Entmischung nicht erst bei der Übergabe in
den Fertiger, sondern auch in den vorherigen
Prozessschritten entsteht, kann es vorkommen, dass bereits entmischtes Material an
Abb. 10: Voruntersuchung zur Homogenisierung
des Mischgutes (links), Mischergebnisse (rechts)
10
• Innere Reibung des Materials
Wichtige Einflussfaktoren sind Partikelgeometrie, Reibungswinkel, Schüttdichte,
und Viskosität. Je kleiner die innere
Reibung des Mischgutes ist, desto
schlechter wird es von der tragenden
Schicht mitgenommen.
• Äußere Reibung
Abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit der Bleche und des Fördermaterials verändert sich die äußere Reibung.
Die Geschwindigkeiten des Mischgutes sind
über den Querschnitt unterschiedlich. In
den Randzonen ist die Geschwindigkeit am
Kleinsten, im Kern in der Nähe der Querstreben am Größten. Die Höhe des Mischgutstroms wird von Paddeln, die auf dem Mischgut aufliegen, oder über Ultraschallsensoren
erfasst und zur Regelung der Schütthöhe im
Schneckenraum verwendet. Die Kettengeschwindigkeit stellt dabei die Stellgröße dar.
Mischgutlängstransport im Fertiger
Auch zur Optimierung des Mischgutlängstransports im Fertiger wurde ein Simulationsmodell des Kratzkettenförderers, sowie
des einzubauenden Mischgutes, durch den
Einsatz der „Diskreten-Elemente-Methode“
erstellt. Mit diesem Modell wird die Interaktion zwischen der Maschine und dem
Asphalt abgebildet, um damit Systemparameter zu erfassen und zukünftig fördertechnische Parameter, wie z.B. Stegabstand, Steggeometrie oder Fördergeschwindigkeit hinsichtlich Effizienz und Einbauqualität zu optimieren.
Über 2 i.d.R. unabhängig voneinander regelbare Kratzkettenförderer wird das Mischgut
zur Schnecke transportiert, wobei mehrere
am Kettenstrang befestigte Mitnehmer die
Teilmengen zur Verteilerschnecke transportieren. Das Fördergut wird von einer Materialschicht getragen, die durch die Querstre-
Durch die Geschwindigkeitsverteilung (Abb.
11) des simulierten Einbaumischgutes während dem Längstransport zum Schneckenraum kann die Bewegung des Asphalts analysiert werden und durch Parametervariation
eine verbesserte Materialförderung gewährleistet werden.
Abb. 11:
Simulation der Partikelgeschwindigkeit
im Kratzkettenförderer mittels der
„Diskreten-Elemente-Methode“
www.baumaschine.de/Straßenbau – BauPortal 5/2011
02 PAST_BauPortal 26.04.11 17:25 Seite 5
Mischgutquerverteilung
vor der Einbaubohle
Die Materialquerverteilung wird bei allen
auf dem Markt befindlichen Straßenfertigern mit waagerecht angeordneten Förderschnecken realisiert. Ihre Aufgabe ist es, das
Material gleichmäßig vor der Bohle zu verteilen und die Materialvorlage konstant zu
halten. Vor Allem an den Randzonen kommt
es hierbei zu einer Schüttkegelbildung, die
eine Materialentmischung zur Folge hat.
Innerhalb des Schneckenraums befinden
sich tote Zonen, in denen kein bzw. ein stark
inhomogener Transport stattfindet und das
Material abkühlt.
Um das Materialverhalten vor der Bohle zu
analysieren, wurde ein Simulationsmodell
des Schneckenraums erstellt, welches in
den geometrischen Abmaßen einem marktüblichen Fertiger entspricht. Die Mischguteigenschaften wie Reibung, Elastizität oder
Adhäsion wurden an Hand von gemessenen Prozessgrößen wie Bohlenzugkraft und
Schneckenleistung verifiziert. Die Untersuchungsschwerpunkte sind hier die qualitätsbeeinflussenden Schwachstellen wie Entmischung und Unebenheit beim Einbau.
Zur Verdeutlichung des Materialflussverhaltens wurden in der Abbildung 12 die Partikel als Vektoren dargestellt. Die Partikelgeschwindigkeit ist dabei farblich gekennzeichnet. Erkennbar sind der unterbrochene Materialfluss bzw. die Materialanstauungen unter
den Lagerstellen. In diesen Bereichen besteht
auf Grund der geringen Geschwindigkeit die
Gefahr von lokaler Temperaturabkühlung.
Ein wesentlicher Bestandteil dieser Partikelsimulation ist die Erprobung einer der 15
Demonstratoren. Zur Reduzierung von Entmischung zwischen Partikeln unterschiedlicher Größe wird die Förderschnecke mit
einer Halbschale ummantelt. Die Halbschale
soll einen homogeneren Materialfluss bewirken und die Zonen, in denen sich das
Material längere Zeit nicht bewegt, reduzieren.
Abb. 12: Darstellung der Geschwindigkeitsvektoren in Vorder- und Seitenansicht des Schneckenkastens
In der Simulation lässt sich die Entmischung
durch eine Häufigkeitsverteilung der einzelnen Partikelgrößen darstellen. Als Referenz
wurde zunächst die Massenverteilung der
gesamten, im Schneckenraum befindlichen
Partikeln erzeugt und mit denen aus Erfahrung bekannten kritischen Entmischungsbereichen verglichen. Zur Veranschaulichung
der Entmischung werden 2 „virtuelle Proben“
mit und ohne Halbschale im äußersten
Bereich des Schneckenraumes ausgewertet
und gegenübergestellt. Hier zeigen sich eine
deutlich geringere Entmischung sowie ein
kontinuierlicherer Materialtransport mit der
neuartigen Halbschale.
Ausblick
Die Mischgutlogistik beim Asphaltstraßenbau beeinflusst die Mischgutqualität in
einem großen Maße und hat somit direkten Einfluss auf die Straßenqualität. Neben
einer kontinuierlichen Versorgung mit homogenem Mischgut sind die informations- und
maschinentechnischen Parameter von besonderer Bedeutung. Es geht hierbei v.A. um
die Aufrechterhaltung der Mischguteigenschaften vom Mischwerk bis vor die Einbaubohle und um die Überwachung und
Bereitstellung dieser Parameter. Erste Untersuchungen haben den wesentlichen Nutzen
der entwickelten Demonstratoren bei der
Mischgutübergabe und am Lkw bereits bestätigt. Nun gilt es diese Ergebnisse auch bei
widrigen Witterungsverhältnissen reproduzierbar darzulegen. Wiederkehrend auftretende Prozessfehler sowie Lösungsansätze
beim Asphaltstraßenbau, besonders bei Einbau und Verdichtung, werden im Teil 2 dieses Artikels in BauPortal 8/2011 ausführlich
beschrieben.
Quellenverzeichnis
[1] Ulrich, A.: Prozesssicherer automatisierter
Straßenbau, Vortrag auf den Aachener
Straßenbau- und Verkehrstagen, 2010
[2] Horn, A.: Qualitätsverbesserung beim Einbau von Asphaltdecken, 40. VDBUM-Seminar, Braunlage 2011
[3] Pitzler, D.; Cremer, M.: Prozesssicherer automatisierter Straßenbau – Versuche und
Funktionen. Fachtagung Baumaschinentechnik, Dresden 2009
[4] Schulze, D.: Pulver und Schüttgüter – Fließeigenschaften und Handhabung, VDI Springer Verlag, Berlin 2009
Autoren:
Dipl.-Ing. Alfons Horn,
Moba Mobile Automation AG
Dipl.-Ing. (FH) Hanno Hameister,
Dipl.-Ing. (FH) Daniel Pitzler und
Dipl.-Ing. (FH) Manuel Cremer,
Fachhochschule Köln, Fakultät für Anlagen,
Energie- und Maschinensysteme, Kölner Labor für
Baumaschinen (Prof. Dr. Alfred Ulrich)
Abb. 13:
Virtuelle und
experimentelle
Funktionsüberprüfung
der optimierten
Förderschnecke
BauPortal 5/2011 – www.baumaschine.de/Straßenbau
11
4-0
06 REACH_BauPortal 26.04.11 17:36 Seite 3
Weiter asphaltieren auch nach
der REACH-Registrierung von Bitumen
Gesprächskreis BITUMEN und BG BAU machen den Weg frei
Dr. Reinhold Rühl, Frankfurt/Main
Raimund Kraume, Oberhausen
Produziert ein Hersteller von einem Stoff mehr als 1.000 t/Jahr, muss er entsprechend der REACH-Verordnung seit dem
1. Dezember 2010 Grenzwerte für Arbeits- und Umweltschutz angeben. Die Hersteller von Bitumen haben einen Grenzwert von 2 mg/m3 für Dämpfe und Aerosole aus Bitumen angegeben, der aber bei Asphaltarbeiten nicht eingehalten
werden kann. Der Gesprächskreis BITUMEN und die BG BAU haben Voraussetzungen geschaffen, die den Einbau von
Walz- und Gussasphalt weiterhin möglich machen, auch bei Konzentrationen über 2 mg/m3.
DNEL nach REACH
Die europäische REACH-Verordnung hat zum
Ziel, dass mehr über die Eigenschaften der
Chemikalien bekannt wird, mit denen täglich
umgegangen wird. Stoffe dürfen nur noch
auf den Markt gebracht werden, wenn je
nach Produktionsmenge entweder alle notwendigen toxikologischen Daten (bei 1.000-tStoffen) oder zumindest ein Grunddatensatz
bekannt ist. Vor REACH waren zu lediglich
etwa 120 Stoffen alle Daten bekannt, umgegangen wird mit etwa 30.000 Stoffen.
Bitumen gehört zu den 1.000-t-Stoffen, d.h.,
mindestens ein Hersteller produziert mehr
als 1.000 t/Jahr. Für Bitumen mussten daher
bis 1. Dezember 2010 die entsprechenden
Studien durchgeführt werden, um mögliche
gefährliche Eigenschaften von Dämpfen und
Aerosolen aus Bitumen zu erkennen.
Viele dieser Studien wurden vom Gesprächskreis BITUMEN begleitet und von den Mitgliedern des Gesprächskreises mit finanziert,
u.A. vom Deutschen Asphalt Verband (DAV)
und der BG BAU. Sie haben v.A. gezeigt, dass
Dämpfe und Aerosole aus Bitumen nicht
krebserzeugend sind. Sie haben aber auch
ergeben, dass bei hohen Konzentrationen im
Tierversuch und beim Menschen (bei den
beim früheren Einbau von Gussasphalt üblichen Expositionen bis 60 mg/m3) Reizungen
der Atemwege verursacht werden. Auch
wenn noch nicht bekannt ist, ob diese Effekte
wirklich relevant sind, also zu Gesundheitsschäden führen, haben die Hersteller den
Grenzwert an den Konzentrationen abgeleitet, bei denen bei der Tierstudie erstmals
solche Effekte auftreten. Dies hat zu einem
DNEL von 2 mg/m3 für Dämpfe und Aerosole
aus Bitumen geführt. DNEL steht für Derived
No Effect Level und ist der Name für den
Grenzwert nach REACH.
Die Hersteller geben derzeit in ihren
Sicherheitsdatenblättern einen DNEL von
2,9 mg/m3 an (Tabelle 1). Leider sind diese
Sicherheitsdatenblätter noch nicht an die
deutschen Verhältnisse angepasst. Die
REACH-Verordnung fordert Sicherheitsdatenblätter in der Sprache des Landes, in dem das
entsprechende Produkt, hier Bitumen, verkauft wird. Dass die Anpassung fehlt wird an
der englischen Bezeichnung für Bitumen
„Asphalt“ deutlich. Zudem bezieht sich der
Wert von 2,9 mg/m3 auf einen anderen Analysenstandard als er in Deutschland üblich
ist. Daher muss dieser Wert durch 1,47 geteilt werden, was zu einem mit den deutschen Messwerten (Tabelle 2) vergleichbaren
Wert von 2 mg/m3 führt.
3
Asphaltieren unter 2 mg/m ?
Bei fast allen Asphaltarbeiten liegen die
Expositionen über 2 mg/m3 (Tabelle 2). Schon
frühzeitig hatte sich der Gesprächskreis
BITUMEN daher mit den Herstellern in Verbindung gesetzt, um gemeinsam eine
Lösung zu erarbeiten. Leider sind die Hersteller auf dieses Angebot nicht eingegangen.
Damit sich nicht jedes Asphaltunternehmen
Gedanken machen muss, wie es mit dem
Tabelle 1: Ausschnitt aus einem Sicherheitsdatenblatt zu Bitumen –
bei dem Stoffnamen „Asphalt“ handelt es sich um den englischen Begriff für Bitumen,
der Wert von 2,9 ist durch 1,47 zu teilen, um mit den deutschen Messdaten vergleichbar zu sein
Walzasphalt (konventionell),
Kolonnen-, Bohlenführer
9,8
Händischer Gussasphalt,
Glätten in Räumen
9,52)
Maschineller Gussasphalt,
Bohlenführer
9,0
Walzasphalt (konventionell),
Fertigerfahrer
8,9
Händischer Gussasphalt,
Abfüllen in Räumen
8,62)
Maschineller Gussasphalt, Zapfer
7,7
Herstellen Bitumendämpfungsfolien
5,4
Herstellen Bitumenbahnen
4,4
Walzasphalt (abgesenkte Temperaturen),
Kolonnen-, Bohlenführer
4,1
Walzasphalt (abgesenkte Temperaturen),
Fertigerfahrer
3,1
Walzasphalt im Tunnel, temperaturabgesenkt, Fertigerfahrer
< 3,01)
Walzasphalt im Tunnel, temperaturabgesenkt, Kolonnen-, Bohlenführer
< 3,01)
Walzasphalt im Tunnel, temperaturabgesenkt, Walzenfahrer
< 3,01)
Maschineller Gussasphalt,
Nacharbeiten
2,9
Dachdeckerarbeiten,
Verschweißen Bitumenbahnen
2,8
Herstellen und Transport von Bitumen
2,6
Walzasphalt (konventionell),
Walzenfahrer
2,5
Walzasphalt (abgesenkte Temperaturen), Walzenfahrer
2,3
Transport von Asphalt
1,8
1)
2)
Name des Produkts/
Inhaltsstoffs
Typ
Exposition
Asphalt
DNEL
Langfristig
Einatmen
DNEL
Langfristig
Einatmen
8 Stunden
Zeitlich gemittelter
Grenzwert
24 Stunden
Zeitlich gemittelter
Grenzwert
BauPortal 5/2011 – www.baumaschine.de/Straßenbau - Bitumen
Wert
Population
2,9 mg/m3
Arbeiter
0,6 mg/m3
Verbraucher
12,4
Dachdeckerarbeiten, Gießverfahren,
im Freien
die bisherigen Messungen zeigen, dass
Expositionen unter 3 mg/m3 zu erwarten sind
nur wenige Messungen, Maximalwert;
ein gewisses Vertrauen in diesen Wert besteht
auf Grund weiterer Daten bei ähnlichen Bedingungen (Gussasphalt mit Additiven 230–256° C)
Tabelle 2: Expositionen gegenüber Dämpfen und
Aerosolen aus Bitumen (mg/m3 – 95 %-Werte der
entsprechenden Expositionsbeschreibungen unter
www.gisbau.de/bitumen.html,
Link „Expositionsbeschreibungen“)
27
06 REACH_BauPortal 26.04.11 17:36 Seite 4
DNEL, dem neuen Grenzwert nach REACH,
umgeht, wurde im Gesprächskreis BITUMEN
auf Vorschlag der BG BAU die nachstehende Vorgehensweise beschlossen. Grundlage für die Vorgehensweise ist, dass ein
DNEL kein staatlicher Arbeitsplatz-Grenzwert
ist und daher nicht eingehalten, sondern bei
der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt
werden muss. Damit wird den Betrieben
auch weiterhin ermöglicht, Asphaltarbeiten
durchzuführen.
Bereits 2001 hatte der Gesprächskreis
BITUMEN im Zusammenhang mit der Neufestlegung des Luftgrenzwertes für Dämpfe
und Aerosole auf 10 mg/m3 ausführlich dargelegt, dass hier der Einsatz von Absaugungen, Lüftungen oder persönlichen Schutzmaßnahmen (Atemschutz) nicht sinnvoll ist.
Dies hatte letztlich dazu geführt, dass Gussasphaltarbeiten noch 7 Jahre konventionell
durchgeführt werden konnten, obwohl die
Expositionen deutlich über dem damaligen
staatlichen Luftgrenzwert von 10 mg/m3
lagen. An dieser Argumentation hat sich
nichts geändert, auch wenn jetzt Gussasphalt generell und Walzasphalt in Tunneln
ausschließlich temperaturabgesenkt eingebaut wird. Absaugungen, Lüftungen oder
Atemschutz sind bei Asphaltarbeiten zumindest auf Dauer nicht sinnvoll.
Wie aus der Tabelle 2 hervorgeht, wäre vermutlich der Einbau von temperaturabgesenktem Walzasphalt zumindest für einige
Arbeitsplätze eine Lösung. Allerdings ist ein
flächendeckender Einbau von temperaturabgesenktem Walzasphalt aus vielerlei Gründen derzeit nicht möglich (die Additive sind
in solchen Mengen nicht verfügbar; die Auftraggeber sind nicht bereit, die Mehrkosten
zu tragen und sie schreiben keinen temperaturabgesenkten Walzasphalt aus, …).
Daher wurde im Gesprächskreis BITUMEN
vereinbart, dass Asphalt weiterhin wie üblich
eingebaut und dies durch Untersuchungen
der Beschäftigten begleitet wird. Wie schon
erwähnt, wurden bei der Ratteninhalationsstudie und der Humanstudie Reizungen der
Atemwege festgestellt. Allerdings ist offen,
ob diese Effekte auch zu Gesundheitsschäden führen. Alle Erfahrungen bei der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung in den
letzten Jahrzehnten sprechen jedenfalls da für, dass die Beschäftigten, die bei den Expositionen in Tabelle 2 arbeiten, keine gesundheitlichen Schäden erleiden.
Die beschlossenen Untersuchungen der
Asphaltarbeiter haben somit das Ziel, ein
Weiterarbeiten unter den derzeitigen Bedingungen trotz des von den Herstellern vorgegebenen DNEL von 2 mg/m3 zu ermöglichen
und zu überprüfen, ob die bisherigen Erfahrungen belegt werden können.
Untersuchungen der Asphaltarbeiter
Alle Asphaltarbeiter sind über 2 mg/m3 exponiert. Den Asphaltbetrieben wird daher eine
regelmäßige spezielle arbeitsmedizinische
Untersuchung im 2-Jahres-Rhythmus empfohlen, um möglichen gesundheitlichen
Effekten, insbesondere auf die Atemwege,
entgegenzuwirken bzw. diese frühzeitig zu
erkennen. Die Untersuchung umfasst eine
Befragung der Beschäftigten über ihre Tätigkeiten, eine körperliche Untersuchung sowie
eine Lungenfunktionsprüfung. Die Untersuchungen sollen dienstags, mittwochs oder
donnerstags während der Arbeitsperiode
erfolgen, d.h. nicht in der Winterpause. Die
Untersuchungsergebnisse werden erfasst
und ausgewertet, um die möglichen gesundheitlichen Folgen bei Arbeiten mit Bitumen
besser beurteilen zu können.
Höhere Untersuchungsfrequenzen (etwa alle
12 Monate) erscheinen nicht sinnvoll. Bei
einem möglichen negativen Einfluss von
Dämpfen und Aerosolen i.S. einer chronischen Atemwegsobstruktion ist eine signifikante Befundänderung bereits nach Jahresfrist auf Grund des üblicherweise langsamen
Krankheitsverlaufs chronisch-obstruktiver
Atemwegserkrankungen nicht zu erwarten.
Zudem gilt es in der Beurteilung die auch mitarbeitsabhängige individuelle Schwankungsbreite der jeweiligen Lungenfunktionsdaten
von einer tatsächlichen substanzbedingten
negativen Entwicklung abzugrenzen.
Die Asphaltbetriebe werden daher aufgefordert, ihre Beschäftigten zu diesen Untersuchungen in den Arbeitsmedizinischen
Sicherheitstechnischen Dienst der BG BAU
zu schicken und sich die Durchführung der
Untersuchung bestätigen zu lassen. Nur
unter dieser Voraussetzung darf unter den
bisherigen Arbeitsbedingungen weiter gearbeitet werden.
Weiteres Vorgehen
Zunächst wird für 6 Jahre wie beschrieben
vorgegangen. Ob dann die Ergebnisse dieser
Untersuchungen zeigen können, dass auch
bei den Expositionen, die üblicherweise bei
Asphaltarbeiten vorliegen, keine Gesundheitsschäden zu erwarten sind, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich sollten die Betriebe
aber versuchen, die Expositionen möglichst
niedrig zu halten. Dazu gehört:
• Im Tunnelbau darf nur temperaturabgesenkter Walzasphalt eingebaut
werden. Nach den bisher vorliegenden
Messergebnissen könnte damit sogar
eine Exposition von 2 mg/m3 unterschritten werden.
• Sowohl beim Walzasphalt als auch beim
temperaturabgesenkten Gussasphalt
sollte immer die niedrigste mögliche
Einbautemperatur gewählt werden.
• Die Auftraggeber sollten immer
aufgefordert werden, den Einbau von
temperaturabgesenktem Walzasphalt
auszuschreiben.
Ausblick
Der Gesprächskreis BITUMEN wird weiterhin
versuchen, mit den Herstellern von Bitumen
ins Gespräch zu kommen, damit die Hersteller die beschriebene Vorgehensweise in
ihre Informationen aufnehmen. Ansonsten
könnte es sein, dass in anderen EU-Ländern
der DNEL von 2 mg/m3 als staatlicher Grenzwert festgesetzt wird, der dann einzuhalten
ist. Sollten mehrere EU-Länder die 2 mg/m3
als staatlichen Grenzwert übernehmen, ist es
nicht unwahrscheinlich, dass die EU diesen
Grenzwert für ganz Europa beschließt. Dann
müsste dieser europäische Grenzwert eingehalten werden und die hier dargestellte
pragmatische Vorgehensweise wäre auch in
Deutschland nicht mehr möglich.
Daher wird der Gesprächskreis BITUMEN die
Hersteller von Bitumen bitten, in ihren Unterlagen nicht nur einen DNEL von 2 mg/m3 zu
verkünden, sondern auch darzustellen, wie
damit umgegangen werden kann. REACH
sieht eine solche Rückmeldung an die Hersteller durch die Nutzer eines Stoffes ausdrücklich vor.
Autoren:
Dr. Reinhold Rühl,
BG BAU Prävention, Zentralreferat „Gefahrstoffe“
Raimund Kraume,
BG BAU,
Arbeitsmedizinischer Sicherheitstechnischer Dienst
28
www.baumaschine.de/Straßenbau - Bitumen – BauPortal 5/2011
07 Warnkleidung_BauPortal 26.04.11 17:38 Seite 2
Warnkleidung – Überarbeitete BGI/GUV-I 8591
Dr. Claudia Waldinger, Wuppertal
Die BGI/GUV-I 8591 „Warnkleidung“, in der die Regelungen für den Einsatz von Warnkleidung am Arbeitsplatz erklärt
sind, wurde aus der bisherigen GUV-I 8591 und der Broschüre „Warnkleidung“ des FA PSA weiterentwickelt und durch
einige Anhänge mit Checklisten zur Auswahl und zum Einkauf, sowie Ablaufdiagrammen zur Gefährdungsermittlung
ergänzt. An der Erarbeitung beteiligt waren die Fachausschüsse „Persönliche Schutzausrüstungen“, „Bauwesen“,
„Bahnen“ und die Fachgruppen „Bundeseisenbahnen“ sowie „Verkehr“. Die Broschüre enthält Hinweise und
Empfehlungen, die die praktische Anwendung der Rechtsvorschriften erleichtern sollen. Mit dieser Informationsbroschüre soll eine Handlungshilfe gegeben werden, um bei Entscheidungen auf der sicheren Seite zu stehen.
Wenn die Gefährdungsbeuteilung die Gefahr
des „Übersehenwerdens“ ergibt, muss Warnkleidung getragen werden. Gefährdungen
von Personen durch den Verkehr von Straßen- und Schienenfahrzeugen können bei
Tätigkeiten außerhalb von Absperrungen
oder neben dem Verkehrsbereich entstehen.
Besonders offensichtlich ist eine Gefährdung
bei Instandsetzungs-, Abschlepp- und Bergungsarbeiten an Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen im Gefahrbereich des fließenden Verkehrs, während bei Instandsetzungsarbeiten an Fahrzeugen auf einem
Werksgelände, wo der Verkehr i.d.R. ruhiger
abläuft, weniger direkt an die Gefährdung
des „Übersehenwerdens“ gedacht wird.
Im Gefahrbereich des fließenden Verkehrs
ist es heute hingegen schon geläufig bei diesen Tätigkeiten Warnkleidung zu tragen. Oft
wird diese Kleidung speziell auf die Unternehmen zugeschnitten und mit spezifischen
Beschriftungen versehen, so dass von Weitem erkennbar ist, zu welchem Arbeitsteam
eine Person gehört oder wer ein Aufsichtführender ist.
Die Informationen der BGI/GUV-I 8591 werden auch für Arbeiten empfohlen, bei denen
ein unbeabsichtigtes Hineingeraten in den
Gefahrbereich des fließenden Verkehrs bzw.
in den Gleisbereich oder innerbetrieblichen
Werksverkehr nicht ausgeschlossen werden
kann.
Anforderungen und
Ausführungen
von Warnkleidung
Materialien sind festgelegt und teilen die
Warnkleidung in 3 Klassen (DIN EN 471).
Warnkleidung muss ein Etikett u.A. mit CEKennzeichen aufweisen. Darüber hinaus legt
die Norm DIN EN 471 „Warnkleidung – Prüfverfahren und Anforderungen“ die Anforderungen an Schutzkleidung fest, um den Träger bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen
am Tage sowie beim Anstrahlen durch Fahrzeugscheinwerfer in der Dunkelheit visuell
auffällig zu machen. Die Leistungsanforderungen an das farbige Hintergrundmaterial,
das retroreflektierende Material sowie an die
Mindestflächen und die Anordnung dieser
Für das Hintergrundmaterial sieht die DIN
EN 471 die Farben fluoreszierend gelb, fluoreszierend orange-rot und fluoreszierend rot
vor. In Deutschland sind nach Verwaltungsvorschrift zu § 35 Abs. 6 StVO die Farben fluoreszierend gelb und fluoreszierend orangerot zulässig. Die Unfallversicherungsträger
legen in der jeweils erlassenen Unfallverhütungsvorschrift Fahrzeuge (BGV/GUV-V D 29)
die Hintergrundfarben für Arbeiten ihrer
Versicherten im Straßenverkehrsbereich fest.
Für den Geltungsbereich der BGV D 29 „Fahrzeuge“ der BG BAU ist ausschließlich fluoreszierend orange-rot zugelassen. Bei der Aus-
Tabelle 1: Mindestflächen des sichtbaren Materials in m2 (DIN EN 471)
Material
Kleidung
Klasse 3
Kleidung
Klasse 2
Kleidung
Klasse 1
Fluoreszierendes Hintergrundmaterial
0,80
0,50
0,14
Retroreflektierendes Material
0,20
0,13
0,10
Material mit kombinierten Eigenschaften
–
–
0,20
Gefährdungsermittlung
und -beurteilung
Vor der Auswahl und dem Einsatz von
Warnkleidung hat der Unternehmer eine
Gefährdungsbeurteilung durchzuführen (§ 5
Arbeitsschutzgesetz). Dabei sind neben Art
und Umfang der Gefährdungen für die Versicherten auch Arbeitsbedingungen und die
persönliche Konstitution der Versicherten
zu berücksichtigen. In der Broschüre wurde
als Ermittlungs- und Entscheidungshilfe ein
Muster einer Gefährdungsermittlung für das
Tragen von Warnkleidung angefügt. Sie fasst
die wesentlichen Bewertungskriterien und
Informationen für die Beschaffung von
Warnkleidung zusammen.
30
Abb. 1a–c:
Verkehrssituation auf
einer kurvenreichen
Nebenstraße mit
Geschwindigkeitsbegrenzung auf
50 km/h und
Überholverbot –
Warnkleidung
und verschiedene
Hintergründe
www.baumaschine.de/PSA - Körperschutz – BauPortal 5/2011
07 Warnkleidung_BauPortal 26.04.11 17:38 Seite 3
Notfallsituation
(z.B. Panne)
Warnkleidung
Klasse 2
Einfache
oder weitere
Gefährdung
Fließgeschwindigkeit
des Verkehrs
weniger als 60 km/h
Fließgeschwindigkeit
des Verkehrs
mehr als 60 km/h
Ja, aber
Hohe Verkehrsdichte
von mehr als
600 Fahrzeugen/h
Ja, dann
Warnkleidung
Klasse 3
Ja, dann
Warnkleidung
Klasse 3
Ja, dann
Warnkleidung
Klasse 3
Ja, dann
Warnkleidung
Klasse 3
Ja, und
außerdem
Geringe Verkehrsdichte
von weniger als
600 Fahrzeugen/h
Abb. 2: Gebückte Arbeitshaltung und
dabei sichtbare Schulterstreifen
(Quelle: Paul H. Kübler Bekleidungswerk GmbH, Plüderhausen)
wahl ist zu beachten, dass eine Person
mit einer Warnweste in fluoreszierend gelb
in bewaldeten Umgebungen oder z.B. vor
einem Rapsfeld weniger gut erkennbar ist,
als eine Person mit Warnweste in fluoreszierend rot-orange.
Nach der DIN EN 471 sind sowohl die fluoreszierenden als auch die retroreflektierenden Materialien so auf dem Kleidungsstück
verteilt, dass die Körperkontur betont wird
und eine Rundumsichtbarkeit der Person in
möglichst allen Körperhaltungen und Positionen erreicht wird. Die Kombination von
waagerechten und senkrechten Reflexstreifen auf Westen und Jacken erhöht die Erkennbarkeit. Sind die waagerechten Reflexstreifen beispielsweise bei gebückter Haltung verdeckt, wäre die Person ohne zusätzliche vertikal angeordnete Reflexstreifen
(sog. Schulterbänder) bei Dunkelheit nicht
mehr sichtbar.
Auswahl von
Warnkleidung
für den Straßenverkehr
Für Personen, die z.B. beim Bau, der Unterhaltung oder Reinigung der Straßen und Anlagen im Straßenraum eingesetzt sind oder
in deren Raum befindliche Anlagen zu beaufsichtigen haben, wird gefordert, dass bei
der Arbeit außerhalb von Gehwegen und
Absperrungen auffällige Warnkleidung zu
tragen ist. Gemäß der Richtlinien für die
Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen
(RSA) trifft das auch auf Personen zu, die bei
den vorgenannten Arbeiten neben dem Verkehrsbereich tätig werden und nicht durch
eine geschlossene Absperrung (z.B. Absperrschranken oder Bauzäune) von diesem getrennt sind. Weiterhin weist die RSA auf die
Ja, aber
Schlechte Sicht
(Übersicht, Nebel,
parkende Autos etc.)
Ja, und
außerdem
Ausreichende Sicht
(Wetterverhältnisse,
etc.)
Ja, aber
Weitere
Gefährdungen
Ja, und
außerdem
• wenn Teile der Warnkleidung häufig
tätigkeitsbedingt verdeckt werden,
Keine weiteren
Gefährdungen
• wenn häufig zwischen abgesperrten
und ungesicherten Arbeitsbereichen
gewechselt wird,
dann
Warnkleidung
Klasse 2
Abb. 3:
Auswahldiagramm
für Warnkleidung
• wenn Arbeiten ohne Schutz
einer Baustellensicherung
oder zum Aufbau derselben
durchgeführt werden.
Einfache Gefährdung bedeutet:
Notwendigkeit vertikaler Reflexstreifen in
Körperkontur bei Warnkleidung hin, die auf
Nachtbaustellen eingesetzt wird (Lit. Verkehrsblatt).
Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ist Warnkleidung so auszuwählen, dass insgesamt die Klasse 2 oder
3 erreicht wird. Bei erhöhter Gefährdung ist
Warnkleidung der Klasse 3 einzusetzen, bei
einfacher Gefährdung oder in Notsituationen (z.B. Fahrzeugpanne) ist mindestens
Warnkleidung der Klasse 2 einzusetzen. Je
größer die Gefährdung desto auffälliger, das
heißt desto großflächiger muss die Warnkleidung sein (Abb. 3).
Erhöhte Gefährdung ist gegeben, wenn eines
der nachfolgenden Kriterien erfüllt ist:
• schlechte Sichtverhältnisse,
• Straßenverkehr mit einer durchschnittlichen Verkehrsgeschwindigkeit
von mehr als 60 km/h,
• große Verkehrsbelastung
mit mehr als 600 Kfz/Std.,
• beim Überqueren
mehrspuriger Fahrbahnen,
• Arbeiten in der Dunkelheit,
BauPortal 5/2011 – www.baumaschine.de/PSA - Körperschutz
• ausreichende Sichtverhältnisse und
• geringe Verkehrsbelastung
von weniger als 600 Kfz/Std. und
• durchschnittliche Verkehrsgeschwindigkeit von unter 60 km/h oder
• wenn Arbeiten innerhalb einer
nach RSA gesicherten Baustelle
durchgeführt werden.
Die Warnwirkung der Warnkleidung ist bei
den geplanten typischen Arbeitshaltungen
zu gewährleisten. Es ist darauf zu achten,
dass die relevanten retroreflektierenden
Streifen und das fluoreszierende Hintergrundmaterial durch ein Arbeitsgerät nicht
verdeckt werden und die Warnwirkung auch
bei allen Sicht- und Witterungsverhältnissen
gewährleistet bleibt. Das bedeutet auch,
dass Warnkleidung geschlossen zu tragen ist
und nicht durch weitere Kleidungsstücke verdeckt werden darf. Die Entscheidung, welche
Ausführungsform der Warnkleidung zum
Einsatz kommt, kann nur im Einzelfall auf
der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung
und der Beurteilung der Art und Größe der
Risiken sowie der betrieblichen Beanspruchung (Tätigkeit, Einsatzbereich, Tragedauer)
getroffen werden. Auswahlbeispiele für
31
07 Warnkleidung_BauPortal 26.04.11 17:38 Seite 4
Eine Rundbundhose (C) bietet nur dann ausreichende Sicherheit, wenn
sie in Verbindung mit Warnkleidung für den Oberkörper getragen wird,
da die Bestreifung bei der Rundbundhose am unteren Hosenbein
durch Tätigkeiten schnell verdeckt werden kann.
A Latzhose
B Weste oder T-Shirt
C Rundbundhose
(Klasse 2)
(Klasse 2)
(Klasse 1)
D Jacke
(Klasse 3)
Außentemperatur
warm
(sommerliche Temperaturen)
kalt
(winterliche Temperaturen)
Einfache Gefährdung
mindestens A oder B
mindestens D (mit A oder C)
Erhöhte Gefährdung
mindestens B mit C
mindestens D (mit A oder C)
Mitarbeiter, die ganztägig in Gleisanlagen
durch Schienenfahrzeuge gefährdet werden,
wie z.B. Rangierer, Lokrangierführer und
Wagenmeister, tragen Jacke und Hose als
Warnkleidung (Klasse 3). Diese Warnkleidung
muss gleichzeitig die Anforderungen einer
Schutzkleidung gegen Regen erfüllen. Bei
Gefährdung durch feuerflüssiges Gut (z.B.
Roheisen, Schlacke) muss schwerentflammbare Warnkleidung getragen werden.
Es hat sich bewährt, dass Versicherte, die
Arbeiten im Gleisbereich ausführen und Personen, die Sicherungsaufgaben im Gleisbereich durchführen, durch unterschiedliche
Warnkleidungsfarben unterschieden werden
können. Daher fordert die DB AG für Sicherungsaufsichten, Sicherungsposten und Absperrposten enganliegende Warnkleidung
der Klasse 2 nach DIN EN 471 mindestens als
Weste in der Farbe fluoreszierend gelb.
Tabelle 2: Kombinationsmöglichkeiten für Bekleidungsstücke je nach Temperatur und ermittelter Gefährdung
Ergänzende Ausführungen
die Kombinationsmöglichkeiten von Bekleidungsstücken, die sich in der Praxis bewährt
haben, können aus den Kleidungsstücken
Latzhose, Weste, T-Shirt, Rundbundhose und
Jacke mit der Maßgabe, dass die richtige
Bekleidungsklasse entsprechend der Gefährdung erreicht wird, zusammengestellt werden.
Auswahl von
Warnkleidung für
Arbeiten in Gleisanlagen
Das Tragen von Warnkleidung ersetzt nicht
die für Arbeiten im Gleisbereich erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, die auf der
Basis einer Gefährdungsbeurteilung vor
Beginn der Arbeiten vom Unternehmer zu
veranlassen sind. Oberste Priorität haben die
Sicherungsmaßnahmen gegen die Gefahren
aus dem Bahnbetrieb, die von der „Für den
Bahnbetrieb zuständigen Stelle“ festgelegt
sind.
Im Gleisbereich ist Warnkleidung nach DIN
EN 471 zu tragen, wenn Versicherte durch
bewegte Schienenfahrzeuge gefährdet werden können. Warnkleidung ist auch für Arbeiten außerhalb des Gleisbereichs erforderlich,
wenn die Gefahr besteht, unbeabsichtigt in
diesen zu gelangen. Das betrifft Mitarbeiter
im Bahnbetrieb, Versicherte die Arbeiten an
oder in der Nähe von Bahnanlagen ausführen oder diese Arbeiten sichern, aber auch
Betriebsfremde Personen, die im Gleisbereich
durch bewegte Schienenfahrzeuge gefährdet werden. Die einzusetzende Warnkleidung
Klasse 2 muss eng anliegend und mindestens eine Weste in der Farbe fluoreszierend
orange-rot sein.
Darüber hinaus umfasst die BGI/GUV-I 8591
„Warnkleidung“ Kapitel zur Schutzkleidung
gegen Regen, das bestimmungsgemäße Tragen von Warnkleidung, die Pflege und Wartung von Warnkleidung und zu Herstellerinformationen.
Im Anhang sind Checklisten für die Auswahl
und die Beschaffung von Warnkleidung angefügt.
Autorin:
Dr. Claudia Waldinger
BG BAU Prävention,
Fachbereich II „Persönliche Schutzausrüstung (PSA)“,
Obfrau Sachgebiet Schutzkleidung
im Fachausschuss PSA bei der DGUV
heber 2000
Die zuverlässige und
wirtschaftliche Wasserüberleitung
im Wasser-, Kanal- und
Kläranlagenbau.
Für den Anwender
bedienungs- und wartungsfrei!
heber & pumpen
Bernhard Schmidt
32
Marienstraße 62
Tel.: 02242 83883
D-53773 Hennef
02242 869912
Weitere Information: www.heber2000.de
Fax:
www.baumaschine.de/PSA - Körperschutz – BauPortal 5/2011
13 PTA5_11_BauPortal 26.04.11 17:49 Seite 2
Fachausschüsse Bau und Tiefbau
Prüf- und Zertifizierungsstelle im DGUV Test
Europäisch notifizierte Stelle, Kenn-Nummer 0515
Zertifizierung von Maschinen, Geräten und Sicherheitsbauteilen sowie QM-Zertifizierung
Von der Prüf- und
Zertifizierungsstelle
wurden folgende
Maschinen bzw.
Geräte hinsichtlich
der Arbeitssicherheit
geprüft und auf
Grundlage berufsgenossenschaftlicher
Grundsätze zertifiziert.
Baumaschinen, Maschinen
und Einrichtungen zum
Verarbeiten von Baustoffen
Grün GmbH Spezialmaschinenfabrik
57228 Wilnsdorf-Niederdielfen
Schuttrutsche, Schuttrohre
Schuttstar 120
Von der
Prüf- und
Zertifizierungsstelle wurden
folgende Maschinen
bzw. Geräte hinsichtlich der Arbeitssicherheit geprüft
und auf Grundlage des GPSG zertifiziert.
Von der Prüf- und
Zertifizierungsstelle
wurden folgende
Maschinen hinsichtlich der Arbeitssicherheit geprüft und
auf Grundlage der
EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG bzw.
des GPSG zertifiziert.
Grabenverbaugeräte
Datenbank für geprüfte Produkte:
www.dguv.de/dguv-test/produkte
LTW Tiefbauvertriebs GmbH
41386 Hückelhoven
Grabenverbaugerät aus Stahl, randgestützt
Verbaubox VB 120
SBH Tiefbautechnik GmbH
52525 Heinsberg
SBH Tiefbautechnik GmbH
52525 Heinsberg
Rollenschlitten & Zwischenstücke Serie 780
Rollenschlitten & Zwischenstücke Serie 780
Von der Prüf- und Zertifizierungsstelle wurde das Qualitätsmanagementsystem
folgender Firmen nach DIN EN ISO 9001:2008 oder über Konformitätsbewertungsverfahren
nach EG-Richtlinie 2000/14/EG,
Anhang VIII (Schall) bzw.
nach EG-Richtlinie 2006/42/EG,
Anhang X (Sicherheitsbauteile)
auditiert und zertifiziert.
Firma
Qualitätsmanagementsystem nach
Wacker Neuson Linz GmbH
A-4060 Leonding
DIN EN ISO 9001: 2008
Die BG BAU aktuell, Heft 1-2011 ist erschienen und kann
unter www.bgbau.de (Aktuelles) kostenlos heruntergeladen werden. Das Heft enthält folgende Themen:
• Experten für Prävention – die DGUV-Vorschrift 2
• Präzisionsarbeit – Dresdner Waldschlößchenbrücke
• Planet Solar – mit der Kraft der Sonne um die Welt
• Hier wackelt nichts – die ausziehbare Podestleiter
• Tritt- und stichfest – Sicherheitsschuhe
• Arbeitsmedizin: Umgang mit Panikattacken /
Chronischen Erkrankungen des Knies vorbeugen
• REHA – Was macht eigentlich ein D-Arzt?
• Fusionen – Lohnnachweis – Unternehmerversicherung
• Eignung für Aufträge der öffentlichen Hand
• Verkehr – EU-Neuregelung „Immer mit Licht“
• „Aus Unfällen lernen“
• Interview mit Minister Dr. Peter Ramsauer
52
Grabenverbaugeräte
Von der Prüf- und Zertifizierungsstelle
wurden folgende Maschinen bzw.
Sicherheitsbauteile gemäß Anhang IV
der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG
geprüft und zertifiziert.
Erdbaumaschinen
Liebherr-Werk Bischofshofen GmbH
A-5500 Bischofshofen
ROPS, Kabine, Bauteil-Nr. 9065094
für Liebherr-Radlader
L506, L507, L507 Speeder, L508,
L509 Speeder, L510, L514
für John Deere-Radlader 244J, 304J, 344J
FOPS, Kat. II, Kabine, Bauteil-Nr. 9065094,
für Liebherr-Radlader
L506, L507, L507 Speeder, L508,
L509 Speeder, L510, L514
für John Deere-Radlader 244J, 304J, 344J
FOPS, Kat. II, Kabine, Bauteil-Nr. 9777431,
9777328, 9777469, 9777319
für Liebherr-Radlader
L524, L528, L538, L542, L550, L556, L566,
L576, L580, L566-Tunnel, L586
Lugstein Gesellschaft m.b.H.
Sicherheitskabinen
A-5211 Friedburg
TOPS, Canopy LK 90, Bauteil-Nr. 90000AR20
für Wacker Neuson-Minibagger
1403, 1503, 1903, 2203
TOPS, Kabine LK 90, Bauteil-Nr. 9000AR70,
9000AR75 für Wacker Neuson-Minibagger
1403, 1503, 1903, 2203
BauPortal 5/2011