Wie primed Angelina Jolie ihren Brad?

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Wie primed Angelina Jolie ihren Brad?
1. Jenaer Empiriepraktikumskongress
Wie primed Angelina Jolie ihren Brad?
Assoziatives und kategoriales Priming von Personen
Sophie Karger-Lerchl, Annelie Klinger, Heike Kupfernagel,
Paula Petzold, Nina Schade
Leitung: Holger Wiese
Einleitung
Nach dem IAC-Modell der Personenwahrnehmung (Burton, Bruce &
Johnston, 1990) basiert semantisches Priming auf der Mitaktivierung aller
mit dem Prime (Hinweisreiz) semantisch verbundenen Informationen und
somit einer schnelleren Reaktion auf das bereits voraktivierte Target
(Zielreiz). Bei der Personenwahrnehmung wird beim kategorialen Effekt das
Target schneller erkannt, wenn der Prime der gleichen Kategorie (z.B.
derselben Berufsgruppe) angehört. Sind Prime und Target hoch miteinander
assoziiert, so ist nach dem IAC-Modell davon auszugehen, dass das Target
schnell erkannt wird, auch wenn es nicht der gleichen Kategorie angehört,
da Prime und Target semantische Information teilen (siehe Abb. 1).
In der Literatur finden sich bisher divergierende Befunde: Carson und Burton
(2001) fanden Hinweise auf einen kategorialen Primingeffekt. Barry et al
(1998) dagegen berichteten ausschließlich einen assoziativen Primingeffekt.
Laut des Burton-Modells ist sowohl ein kategorialer, als auch ein
assoziativer Effekt zu erwarten. Allerdings sollte die Reaktionszeit bei
assoziativen Paaren kürzer sein, da diese mehr semantische
Informationseinheiten teilen.
Basierend auf den Ergebnissen des Wintersemesters sowie den oben
genannten Studien wollen wir untersuchen, ob es einen Unterschied in der
Reaktionszeit zwischen assoziativem und kategorialem Priming gibt. Um
sicherzustellen, dass ein semantischer Effekt vorliegt, werden wir in zwei
aufeinander folgenden Experimenten Priming sowohl innerhalb einer
Modalität als auch zwischen verschiedenen Modalitäten untersuchen.
Abb. 1
SIU
IAC Model nach Burton et al (1990):
Shiloh Nouvel
Prime
Prime PIN
PIN
Angelina Jolie
Target
PIN
Target
Brad
Pitt
PIN
Schauspieler
Voraktivierung des Targets durch
Aktivierung gemeinsamer
semantischer Information
(Semantic Information Unit/ SIU)
(Person Identity Nodes/ PIN)
Target
Prime
Abb. 2
Präsentationszeit
1000 ms
Selbe
Kategorie
Unterschiedliche
Kategorie
neutral
Assoziationspaar
Fixationskreuz
200 ms
Matt
Damon
+
Günther
Jauch
+
Helen
Jacobs
+
David
Beckham
+
Entscheidung per Mausklick:
Bekannt / Unbekannt
Vor- und Nachnamen wurden untereinander gezeigt, Schriftgröße ???, Hintergrund weiß; Schriftfarbe schwarz
Ergebnisse
Experiment 1 (siehe Abb. 3a, b): Die Variable Primebedingung (assoziierte
Paare, gleiche Kategorie, verschiedene Kategorie, neutral) wurde in einer
einfaktoriellen ANOVA getestet. Der Faktor Primebedingung erreichte
Signifikanz und wurde daher in gepaarten T-Tests auf Mittelwertsunterschiede
überprüft. Dabei ergab sich ein signifikanter Primingeffekt, das heißt sowohl
unter der Bedingung der assoziierten Paare als auch bei Paaren der gleichen
Kategorie waren die Reaktionszeiten signifikant schneller als in der neutralen
Bedingung. Außerdem unterschieden sich die beiden Bedingungen signifikant
voneinander dahingehend, dass die Reaktionszeiten für die assoziierten
Paare schneller waren, als in der „gleiche-Kategorie“-Bedingung. Schließlich
wurden signifikant schnellere Reaktionszeiten für die Bedingung
„verschiedene Kategorie“ im Vergleich zu den neutralen Paaren gefunden.
Experiment 2 (siehe Abb. 4a, b): Es zeigten sich ähnliche Effekte wie in
Experiment 1. In den durchgeführten ANOVAs sowie post-hoc T-Tests
wurden erneut sowohl ein assoziativer als auch ein kategorialer Primingeffekt
gefunden. Allerdings gab es keinen signifikanten, aber in der Tendenz
vorhandenen Unterschied zwischen den Reaktionszeiten der assoziierten
Paare und Paaren der gleichen Kategorie.
SIU
Methoden
Vorstudie: Assoziationspaare mittels 10 ausgeteilter
Fragebögen erhoben; Versuchspersonen sollten
Assoziationspaare anhand vorgegebener berühmter Namen
bilden, durch Auswertung der Fragebögen Zusammenstellung
des Stimulusmaterials
Experiment 1: Priming innerhalb einer Modalität
Stichprobe:
35 Studenten (28 w, 7 m) zwischen 19 und 27 Jahren
Stimuli:
Einteilung in folgende Kategorien: Sportler, Politiker, TVCelebrities, Filmschauspieler, Sänger, unbekannte Namen,
Stimulusdarbietung mittels Prime-Target-Experiment
Design:
4 verschiedene Primebedingungen (Faktor Primetyp): gleiche
Kategorie (z. B. Politiker Æ Politiker), andere Kategorie (z. B.
Schauspieler Æ Politiker), assoziiert (z.B.: Schauspieler Æ
Ehefrau) und neutral (z. B. unbekannter Name Æ Politiker)
3 Blöcke mit jeweils 80 Durchgängen Æ Targets entsprachen
einer der o. g. Kategorien
alle Primes wurden auch mit unbekannten Targets gezeigt
Procedere:
Proband musste sich in jedem einzelnen Trial durch einen
bestimmten Mausklick entscheiden, ob es sich bei dem Target
um eine bekannte oder unbekannte Person handelte
Æ bei dieser Entscheidung wurde die Reaktionszeit
gemessen
das Target erschien so lange auf dem Bildschirm, bis der
Proband mit einem Mausklick reagierte (max. 2s), kam keine
Reaktion des Probanden, erschien auf dem Bildschirm „keine
Reaktion“
pro Proband 1 Probe- und 3 relevante Blöcke
Dauer Experiment: ca. 35 Minuten
Programme: Experimentdesign: e-Prime
Auswertung: SPSS
Experiment 2: Priming zwischen verschiedenen Modalitäten (siehe Abb. 2)
Stichprobe:
27 Studenten (22 w, 5 m) zwischen 18 und 26 Jahren
Stimuli:
äquivalent zu Target-Namen aus Experiment 1 Verwendung
standardisierter Fotos
Prime-Target-Kombination entsprach exakt denen aus Exp. 1
Dargestellt sind die Reaktionszeiten
entsprechend der jeweiligen Kategorie
Ergebnisse der ANOVA und des T-Tests
Abb. 3b
df
F
p
1-faktorielle ANOVA
2.79
49.44
<0.05
680
HE Primebedingung
94.72
660
T-Test
640
assoziiert-gleich
34
-4.39
<0.05
assoziiertunterschiedlich
34
-8.16
<0.05
580
assoziiert-neutral
34
-10.63
<0.05
560
gleich-neutral
34
-7.01
<0.05
gleich-unterschiedlich
34
-4.68
<0.05
unterschiedlich-neutral
34
-3.24
<0.05
Abb. 3a
Experiment 1 (Priming innerhalb einer Modalität)
700
R T [m s]
Mr und Mrs Smith
Namen
620
600
540
Assoziationspaare
Abb. 4a
gleiche Kategorie
unterschiedliche
Kategorie
neutral
Abb. 4b
Experiment 2 (Priming zw ischen Modalitäten)
800
780
760
R T [m s ]
SIU
T
df
F
p
1-faktorielle ANOVA
2.40
7.15
<0.05
HE Primebedingung
62.30
T-Test
740
T
assoziiert-gleich
26
-1.84
n.s.
700
assoziiert-unterschiedlich
26
-4.39
<0.05
680
assoziiert-neutral
26
-3.91
<0.05
gleich-neutral
26
-2.10
<0.05
gleich-unterschiedlich
26
-1.61
n.s.
unterschiedlich-neutral
26
0.23
n.s.
Gesichter
720
660
640
A ssoziationspaare
gleiche Kategorie
unterschiedliche
Kategorie
neutral
Durch die Unterschiede der Reaktionszeiten zwischen den verschiedenen Kategorien ist sowohl
ein kategorialer als auch ein assoziativer Primingeffekt deutlich erkennbar
Diskussion
Sowohl innerhalb einer Modalität als auch zwischen verschiedenen
Modalitäten wurden die erwarteten assoziativen und kategorialen
Primingeffekte gefunden. In Experiment 1 wurde darüber hinaus beobachtet,
dass der assoziative Effekt deutlicher ausgeprägt war als der kategoriale.
Tendenziell zeigte sich dieser Unterschied auch in Experiment 2.
Unsere Ergebnisse lassen sich durch das IAC-Modell (Burton et al., 1990)
erklären. Demnach sind assoziierte Paare im Vergleich zu Paaren der
gleichen Kategorie durch eine höhere Anzahl gemeinsamer semantischer
Informationen miteinander verbunden. Bei Darbietung des Primes erfolgt
somit eine stärkere Voraktivierung des Targets, was schließlich eine
schnellere Reaktion ermöglicht.
Die Ergebnisse tragen zur Diskussion über semantisches Priming von
Personen bei. Weitere Studien zur genaueren Untersuchung, unter welchen
Bedingungen ein kategorialer Effekt auftritt, sind erforderlich.
Literatur
Barry, C., Johnston, R.A., Scanlan, L.C. (1998). Are faces “special” objects? Associative and semantic priming of face and object recognition and naming. The Quarterly Journal of Experimental Psychology, 51A, 853-882.
Burton, A.M., Bruce, V., Johnston, R.A. (1990). Understanding face recognition with an interactive activation model. British Journal of Psychology, 81, 361-380.
Carson, D.R., Burton, A.M. (2001). Semantic priming of person recognition: Categorial priming may be weaker form of the associative priming effect. The Quarterly Journal of Experimental Psychology, 54A, 1155-1179.