Lösungsvorschlag zu Blatt 10
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Lösungsvorschlag zu Blatt 10
KARLSRUHER INSTITUT FÜR TECHNOLOGIE INSTITUT FÜR ANALYSIS Dr. Christoph Schmoeger Heiko Hoffmann WS 2013/14 Höhere Mathematik I für die Fachrichtung Informatik Lösungsvorschläge zum 10. Übungsblatt Aufgabe 37 Beweisen Sie die nachfolgenden Aussagen. a) Es gilt tan(x) < 2x für alle x ∈ (0, π4 ). √ b) Man hat log(t) − t + √1t < 0 für alle t > 1. c) Ist t ∈ (0, ∞) \ {1}, so gilt log(t) < t − 1. d) Für alle x ∈ (−1, 1) gilt | arcsin(x)| ≤ |x| . 1−|x| Lösungsvorschlag : zu a): Sie x ∈ (0, π4 ) beliebig. Nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung (angewendet auf tan) existiert ein ξ ∈ (0, x) ⊆ (0, π4 ) mit tan(x) tan(x) − tan(0) = = tan0 (ξ) = 1 + tan2 (ξ). x x−0 Da tan auf (0, π2 ) streng monoton wächst und strikt positiv ist und zudem tan( π4 ) = 1 gilt, hat man 1 + tan2 (ξ) < 1 + tan2 ( π4 ) = 2. Also erhalten wir tan(x) < 2 bzw. (wegen x > 0) x tan(x) < 2x. zu b): Wir betrachten die differenzierbare Funktion f : [1, ∞) → R; t 7→ log(t) − √ 1 t+ √ t 1 mit f 0 (t) = 1t − 2√ − 13 . Es sei t > 1. Dann existiert nach dem Mittelwertsatz der t 2t 2 Differentialrechnung ein s ∈ (1, t) mit √ √ f (t) − f (1) 1 1 1 f (t) 2 s−s−1 ( s − 1)2 0 = = f (s) = − √ − 3 = =− < 0, 3 3 t−1 t−1 s 2 s 2s 2 2s 2 2s 2 woraus wegen t − 1 > 0 die Ungleichung f (t) < 0 folgt, was präzise die Behauptung ist. zu c): Es sei t ∈ (0, ∞) \ {1}. Dann sichert der Mittelwertsatz der Differentialrechnung (angewendet auf log) die Existenz einer Zahl s, die echt zwischen t und 1 liegt, d.h. mit s ∈ (min{1, t}, max{1, t}), sodass log(t) log(t) − log(1) 1 = = log0 (s) = t−1 t−1 s gilt. Ist t > 1, so gilt 1s < 1 und wir erhalten t − 1 > 0). Gilt hingegen t < 1, so erhalten wir (beachte: t − 1 < 0) impliziert. log(t) < 1 bzw. t−1 1 > 1, was log(t) s t−1 log(t) < t − 1 (beachte: > 1 bzw. log(t) < t − 1 zu d): Für x = 0 ist nichts zu zeigen. Sei darum x ∈ (−1, 1)\{0}. Gemäß dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung existiert ein ξ zwischen 0 und x mit arcsin(x) − arcsin(0) 1 arcsin(x) = = arcsin0 (ξ) = p . x x−0 1 − ξ2 Da ξ zwischen 0 und x liegt, gilt in jedem Falle |ξ| < |x| und daher auch ξ 2 < x2 , woraus √ 1 < √ 1 2 folgt. Damit erhalten wir 2 1−x 1−ξ arcsin(x) |x| · |x| = p |x| | arcsin(x)| = . ≤√ x 1 − x2 1 − ξ2 Des Weiteren gilt wegen |x| < 1 die Äquivalenz √ 1 − x2 ≥ 1 − |x| ⇐⇒ 1 − x2 ≥ 1 + |x|2 − 2|x| ⇐⇒ 2|x|2 − 2|x| ≤ 0 ⇐⇒ |x|(|x| − 1) ≤ 0 und die letzte Ungleichung ist korrekt. Damit folgt insgesamt |x| |x| | arcsin(x)| ≤ √ ≤ 2 1 − |x| 1−x wie behauptet. Aufgabe 38 Beweisen Sie die nachfolgenden Aussagen. a) Es seien a < b reelle Zahlen und f : [a, b] → R eine differenzierbare Funktion mit beschränkter Ableitung. Dann ist f Lipschitz-stetig. b) Es seien α, β ∈ R und n ∈ N. Zeigen Sie, dass das Polynom P (x) = xn + αx + β höchstens zwei Nullstellen besitzt, falls n gerade ist, und höchstens drei Nullstellen, falls n ungerade ist. (Hinweis: Mittelwertsatz der Differentialrechnung.) Lösungsvorschlag : zu a): Es sei M eine Schranke für |f 0 |. Ferner seien x < y aus [a, b]. Der Mittelwertsatz der Differentialrechnung liefert ein ξ ∈ (x, y) mit f (x) − f (y) = (x − y)f 0 (ξ). Damit folgt jedoch |f (x) − f (y)| = |x − y| · |f 0 (ξ)| ≤ M |x − y|. Folglich ist f Lipschitz-stetig. zu b): Wir behandeln zunächst den Fall, dass n gerade ist, und machen die Annahme, dass P mindestens drei Nullstellen, sagen wir x1 < x2 < x3 , habe. Der Mittelwertsatz der Differentialrechung garantiert dann für j ∈ {1, 2} die Existenz einer Zahl ξj ∈ (xj , xj+1 ) mit 0 = P (xj ) − P (xj+1 ) = P 0 (ξj )(xj − xj+1 ) also mit P 0 (ξj ) = 0. Wegen ξ1 < x2 < ξ2 muss also P 0 mindestens zwei Nullstellen besitzen. Da jedoch n − 1 ungerade ist, folgt aus 1 P 0 (x) = nxn−1 + α, dass P 0 nur die Nullstelle − αn n−1 besitzt. Folglich war unsere Annahme falsch und P besitzt höchstens zwei Nullstellen. Jetzt sei n ungerade. Wir treffen nun die Annahme, dass P mindestens vier Nullstellen, sagen wir x1 < x2 < x3 < x4 , habe. Der Mittelwertsatz der Differentialrechung garantiert dann für j ∈ {1, 2, 3} die Existenz einer Zahl ξj ∈ (xj , xj+1 ) mit 0 = P (xj )−P (xj+1 ) = P 0 (ξj )(xj −xj+1 ) also mit P 0 (ξj ) = 0. Wegen ξ1 < x2 < ξ2 < x3 < ξ3 muss also P 0 mindestens drei Nullstellen α besitzen. Aus P 0 (x) = nxn−1 + α = n xn−1 + 0 · x + n folgt, dass jede dieser besagten drei Nullstellen auch eine Nullstelle des Polynoms xn−1 + 0 · x + αn ist. Dieses Polynom hat aber, da n − 1 gerade ist, nach dem bereits Gezeigten allenfalls zwei Nullstellen. Also war unsere Annahme falsch und wir erhalten, dass P höchstens drei Nullstellen besitzen kann. Aufgabe 39 Bestimmen Sie die folgenden Grenzwerte: a) limx→0 x+1−cos(x) , sin(x) b) limx→0 e(−x ) −1 , sin(x) 2 c) limx→∞ x log 1 + 1 x , d) limx→0 log(1+x+x2 )−x , x2 e) limx→0 2 cos(x)+ex +e−x −4 . x3 Lösungsvorschlag : zu a): Wegen (x + 1 − cos(x))0 1 + sin(x) = −−→ 1 0 sin (x) cos(x) x→0 liefert der Satz von de l’Hospital limx→0 x+1−cos(x) sin(x) = 1. zu b): Aus 0 2 e(−x ) − 1 sin0 (x) 2 e(−x ) (−2x) = −−→ 0 x→0 cos(x) 2 folgt mit Hilfe des Satzes von de l’Hospital limx→0 e(−x ) −1 sin(x) = 0. zu c): Wegen log 1 + 1 0 1 x 0 = 1 1+ x1 x · − x12 = − x12 liefert der Satz von de l’Hospital limx→∞ x log 1 + 1 x 1 1+ 1 x −−−→ 1 x→∞ = limx→∞ log(1+ x1 ) 1 x = 1. zu d): Aus 0 1 1+x+x2 · (2x + 1) − 1 2x + 1 − 1 − x − x2 = 2x 2x(1 + x + x2 ) x − x2 1−x 1 = = − − → 2x(1 + x + x2 ) 2(1 + x + x2 ) x→0 2 (log(1 + x + x2 ) − x) = (x2 )0 folgt mit Hilfe des Satzes von de l’Hospital limx→0 log(1+x+x2 )−x x2 = 12 . zu e): Wegen 0 (2 cos(x) + ex + e−x − 4) −2 sin(x) + ex − e−x = 3x2 (x3 )0 und wegen 0 (−2 sin(x) + ex − e−x ) −2 cos(x) + ex + e−x = 6x (3x2 )0 und wegen 0 (−2 cos(x) + ex + e−x ) 2 sin(x) + ex − e−x = −−→ 0 x→0 6 (6x)0 liefert ein dreimaliges Anwenden der Regel von de l’Hospital, dass limx→0 gilt. 2 cos(x)+ex +e−x −4 x3 =0 Aufgabe 40 Beweisen Sie die folgenden Aussagen. a) Es gilt limx→± π ∓ tan(x) = ±∞ sowie tan((− π2 , π2 )) = R. 2 b) Die Funktion arctan : R → (− π2 , π2 ) ist differenzierbar mit arctan0 (x) = x ∈ R. P n x2n+1 c) Die Reihe f (x) := ∞ n=0 (−1) 2n+1 konvergiert genau für x ∈ [−1, 1]. d) Für alle x ∈ (−1, 1) ist f aus Teil a) differenzierbar mit f 0 (x) = e) Es gilt arctan(x) = P∞ n x2n+1 n=0 (−1) 2n+1 1 1+x2 für alle 1 . 1+x2 für alle x ∈ [−1, 1]. Lösungsvorschlag : zu a): Wegen sin( π2 ) = 1 gilt sin(x) > 12 für x ∈ (0, π2 ) nahe bei π2 . Hieraus folgt wegen sin(x) 1 cos(x) > 0 für x ∈ (0, π2 ), dass tan(x) = cos(x) > 2 cos(x) > 0 für x ∈ (0, π2 ) nahe bei π2 gilt. Dies impliziert limx→ π − tan(x) = ∞. 2 Analog erhält man auch limx→− π + tan(x) = −∞: Wegen sin(− π2 ) = −1 gilt sin(x) < − 21 für 2 x ∈ (− π2 , 0) nahe bei − π2 . Hieraus folgt wegen cos(x) > 0 für x ∈ (− π2 , 0), dass tan(x) = sin(x) 1 < −2 cos(x) < 0 für x ∈ (− π2 , 0) nahe bei − π2 gilt. Dies impliziert limx→− π + tan(x) = −∞. cos(x) 2 Mit Hilfe des Zwischenwertsatzes und der beiden berechneten Grenzwerte folgt (wegen der Stetigkeit von tan) sofort tan((− π2 , π2 )) = R. zu b): Aus der Vorlesung ist bereits bekannt, dass tan differenzierbar ist mit tan0 (x) = 1 + tan2 (x) > 0 für x ∈ (− π2 , π2 ). Nach dem Satz über die Differenzierbarkeit der Umkehrfunktion ist arctan daher in jedem Punkt y ∈ R differenzierbar und mit x := arctan(y) gilt arctan0 (y) = arctan0 (tan(x)) = 1 1 1 1 = = = 0 2 2 tan (x) 1 + tan (x) 1 + tan (arctan(y)) 1 + y2 für alle y ∈ R. zu c): Wegen s r x2n+1 |x| n n 2 n −−→ |x|2 (−1) 2n + 1 = 2n + 1 · |x| − n→∞ liefert das Wurzelkriterium, dass die Potenzreihe für |x| < 1 konvergiert und für |x| > 1 divergiert. Für |x| = 1 gilt x2n+1 = x und die Reihe konvergiert dann nach dem Leibnizkriterium. zu d): Dass f auf (−1, 1) differenzierbar ist, ist klar nach dem Satz über die Differenzierbarkeit von Potenzreihen und eben dieser Satz liefert zudem ∞ ∞ X X x2n 1 1 n f (x) = (−1) (2n + 1) = (−x2 )n = = 2 2n + 1 n=0 1 − (−x ) 1 + x2 n=0 0 für alle x ∈ (−1, 1). zu e): Nach Teil b) und d) existiert eine Konstante c ∈ R derart, dass arctan(x) = ∞ X (−1)n n=0 x2n+1 + c = f (x) + c 2n + 1 für alle x ∈ (−1, arctan(0) = 0 = f (0) folgt c = 0;P es gilt mithin in der Tat P∞ 1) gilt.n xWegen 2n+1 n x2n+1 arctan(x) = n=0 (−1) 2n+1 für alle x ∈ (−1, 1). Da die Reihe ∞ n=0 (−1) 2n+1 auch für |x| = 1 konvergiert, liefern der Abel’sche Grenzwertsatz und das bereits Gezeigte ∞ X n=0 ∞ X x2n+1 = lim ∓ (−1)n = lim arctan(x) = arctan(±1). x→±1 2n + 1 2n + 1 x→±1∓ n=0 2n+1 n (±1) (−1) Folglich gilt arctan(x) = P∞ n x2n+1 n=0 (−1) 2n+1 für alle x ∈ [−1, 1].