1. Physikalische Grundlagen

Transcrição

1. Physikalische Grundlagen
1
1. Physikalische Grundlagen
1.1 Schall und Mensch
Schall spielt eine wichtige Rolle in unserem Leben. Er ermöglicht unsere
Kommunikation und er hilft uns, unsere Umwelt zu beurteilen. Er vermittelt
angenehme Sinneseindrücke, wie beispielsweise Musik, aber er ist auch in Form von
Lärm Ursache dafür, dass wir akustisch in starkem Maß belästigt werden. Die
Belastungen sind zumindest in den Industrienationen groß, etwa 40% der
Bundesbürger leiden erheblich unter Lärm durch Verkehr, Industrie und Gewerbe
oder Nachbarschaft. Lärm selber ist ein psychosozialer Begriff. Tatsache ist aber,
dass oberhalb einer bestimmten objektiv messbaren Größe, unerwünschter Schall
zunächst zu Belästigungen, dann aber auch zu Stress, Schlafstörungen,
Beeinträchtigungen von Körperfunktionen und bei langjähriger Einwirkung auch zu
Gesundheitsstörungen führen kann. Bei zu hoher Schallstärke kann darüber hinaus
das Gehör physisch mit der Folge der Schwerhörigkeit geschädigt werden. Deshalb
muss Lärm vermieden oder mit Hilfe von Grenzwerten auf ein erträgliches Maß
reduziert werden, dieses sind Aufgaben des Schallschutzes und der
Geräuschminderung.
1.2 Akustik als Wissenschaft vom Schall
Akustik ist ein sehr weites Gebiet. Es findet Anwendung im Bauwesen (Raum- und
Bauakustik), in der elektroakustischen Beschallung, im Maschinen- und Fahrzeugbau
(Geräuschminderung, akustische Maschinenüberwachung), in den
Werkstoffwissenschaften (Materialuntersuchung, Ultraschallprüfung), in der Medizin
(Lärmwirkungen, Abhören verschiedener Körperfunktionen, Ultraschalldiagnose,
Nierensteinzertrümmerung), in der Ozeanographie (Sonar = Sonic detection,
navigation and ranging), in der Geologie (Lagerstättensuche), in der Meteorologie
(Sodar = Untersuchung von Schichtungen in der Atmosphäre), etc..
Der vorliegende Text befasst sich mit Raum- und Bauakustik und deren
Randgebiete. Die Raumakustik hat zum Ziel in Räumen dafür zu sorgen, dass das,
was man hören will, auch an möglichst allen Plätzen gut gehört wird, während die
Bauakustik die Aufgabe hat, dafür zu sorgen, dass möglichst wenig unerwünschter
Schall (Geräusche, Störschall) von außen in ein Gebäude eindringt oder sich
innerhalb eines Gebäudes ausbreitet. Was physikalisch betrachtet Schall ist, soll in
den nächsten Abschnitten dargelegt werden.
1.3 Schallentstehung und –ausbreitung
1.3.1 Was ist Schall
Als Schall bezeichnet man allgemein Schwingungen eines elastischen Mediums
(Gase, Flüssigkeiten, feste Körper).
Luftschall entsteht, wenn ein Gas plötzlich sein Volumen ändert (Explosion, schnelles
Öffnen einer Sektflasche, Zerplatzen eines Ballons), wenn sich in fließenden Gasen
oder an schnell bewegten Körpern Wirbel bilden (ausströmende Druckluft,
2
Windgeräusche), wenn Luftsäulen in Schwingung geraten (z. B. Orgelpfeifen oder
Flöten) oder wenn sich Schwingungen fester Körper (wie Maschinenelemente,
Glocken, Stimmgabeln, Lautsprechermembranen) auf die angrenzende Luft
übertragen.
Luftschall, das sind zeitlich und örtliche Schwankungen der Luftdichte. Man kann sich
das sehr gut klar machen an Hand einer Stimmgabel als anregende Quelle, Bild 1.1,
das könnte natürlich im Prinzip genauso gut ein sprechender Mensch, ein
haustechnisches Aggregat, ein Motor oder ein rollendes Rad sein.
Bild 1.1. Schallentstehung durch
Wechselkräfte einer
schwingenden
Stimmgabel auf die
sie umgebende Luft
und die dadurch
verursachten
Wechseldruckschwankungen
=Schall. © SUVA,
Luzern.
1.3.2 Zeitabhängigkeit
Die schwingenden Schenkel der Stimmgabel üben äußere Kräfte auf die sie
umgebende Luft aus, dadurch wird sie komprimiert und verdünnt, es entstehen Überund Unterdruckbereiche, die sich ständig miteinander abwechseln, man spricht
deshalb auch von Wechsel-Druckschwankungen, Bild 1.2 zeigt dieses Verhalten
anhand einer Zeit- Momentandarstellung der Luftmoleküle.
Bild 1.2.
Schwingende
Luftpartikel,
Ausschnitt Bild 1.1,
Momentanbild.
© SUVA, Luzern.
3
1.3.3 Ortsabhängigkeit (Schallausbreitung)
Wie gelangt der Ton der Stimmgabel nun zum Ohr? Die angeregten Luftmoleküle
werden aus ihrer Ruhe- oder Gleichgewichtslage heraus bewegt und stoßen, bevor
sie dorthin wieder zurück schwingen, benachbarte Moleküle an, bei denen das
gleiche passiert- es entsteht eine Art von Kettenreaktion, der Schall breitet sich aus
und gelangt so zum Hörer. Bei der normalen Schallausbreitung ohne Strömung durch
zum Beispiel einen Ventilator, wandern also nicht die ganzen Luftteilchen von der
Quelle zum Empfänger, sondern sie geben nur ihre Energie an ihre jeweiligen
Nachbarteilchen ab, Schallausbreitung ist also Energiefortpflanzung, übrigens das
Kennzeichen jeder Wellenausbreitung, am ersichtlichsten vielleicht noch bei
Schwingungen in Festkörpern, auch wenn dort noch andere Wellentypen, wie
Biegewellen möglich sind. Das Beispiel zeigt, dass Schallausbreitung an Materie
gebunden ist, im Vakuum gibt es keine Schallausbreitung, wie bereits R. BOYLES
(1627- 1691) experimentell nachgewiesen hat. Die Geschwindigkeit mit der sich
Schall ausbreitet, bezeichnet man als Schallgeschwindigkeit c. Die Schallausbreitung
ist nicht verlustfrei. Es entstehen Reibungsverluste (Dämpfung), wenn die
Luftmoleküle einander hin- und her schwingen und es entstehen Minderungen des
Schalls dadurch, dass mit zunehmender Entfernung von einer Quelle sich die
Schallenergie auf immer größere Gebiete verteilen muss („Energieverdünnung“).
Die genannten örtlich- zeitlichen Schwankungen des Luftdrucks (Wechsel- oder
Schalldruck) sind dem quasistatischen atmosphärischen Druck (Gleichdruck)
überlagert, aber um ein Vielfaches kleiner als dieser, Bild 1.3, Beispiel: der
atmosphärische Normal-Druck beträgt etwa 100000 Pa, das Schalldruckmaximum
von Sprache in 1 m Entfernung etwa 0.5 Pa, das bedeutet der Gesamt-Luftdruck
würde zwischen 99999.5 und 100000.5 Pa schwanken.
Formelzeichen des Schalldrucks
p Einheit 1 Pa = 1 Pascal= 1 N/m2 =10 µbar.
Bild 1.3. Schall
(=Druckschwank
ungen) ist dem
atmosphärischen
Druck überlagert. © SUVA,
Luzern.
4
1.3.4 Zeitliche Periode und Frequenz
Ein Gerät zur Messung der atmosphärischen Druckschwankungen, das heißt, ob
beispielsweise ein Tief- oder Hochdruckgebiet vorliegt, ist das Barometer. Für das
menschliche Gehör sind diese Schwankungen aber (Gott sei Dank) viel zu langsam,
als dass es sie wahrnehmen könnte (Eustachische Röhre sorgt für Druckausgleich,
siehe Abschn. 2 „Gehör und Hören“). Damit der Mensch die Druckschwankungen als
zusammenhängendes Ereignis hören kann, müssen diese mindestens 16 ... 20 mal
pro Sekunde erfolgen - ein Effekt, der vergleichbar mit der Flimmergrenze beim Film
mit 25 Bildern pro Sekunde ist. Die Länge einer kompletten WechseldruckSchwankung, das heißt, Ruhelage – maximale Verdichtung – Ruhelage – maximale
Verdünnung – Ruhelage, über die Zeit betrachtet, bezeichnet man als Periode T in
sec, Bild 1.4.
Bild 1.4. Periode
des Schalls. Der
höhere Ton a’
weist gegenüber
dem Ton a die
halbe Periode und
damit die doppelte
Frequenz auf.
© SUVA, Luzern.
Die Anzahl solcher kompletten Druckschwankungsperioden pro Sekunde nennt man
Frequenz f mit der Dimension 1 sec = Hz . Die Frequenz ist gleichzeitig der Kehrwert
der Periode
f =1T
[Hz].
Ein hoher Ton hat eine kleine Periode und eine große (hohe) Frequenz, während ein
tiefer Ton entsprechend eine große Periode hat und eine kleine (niedrige) Frequenz.
Auch gibt es eine obere Grenze für die Wahrnehmung von Druckschwankungen pro
sec, wenn nämlich die Änderungen so schnell erfolgen, dass das Gehör zu träge für
sie ist, diese obere Grenze liegt bei 16000 bis 20000 Hz. Somit kann man nun den
gesamten Frequenzbereich des für den Menschen hörbaren Schalls darstellen.
Unterhalb von 20 Hz liegt der Infraschallbereich (Erdbeben), oberhalb von 20000 Hz
fängt der Ultraschallbereich an (Fledermäuse), Bild 1.5. Darüber hinaus muss man
5
wissen, das die gezeigten Grenzen individuell streuen können und dass das Hören
der hohen Frequenzen mit zunehmendem Lebensalter stark abnimmt.
Bild 1.5. Frequenzumfang des Schalls. © Verlag Europa-Lehrmittel, Nourney
Vollmer, Haan-Gruiten.
1.3.5 Örtliche Periode und Wellenlänge
Wie bereits erwähnt breitet sich Schall mit der Schallgeschwindigkeit aus, die den
Buchstaben c und die Dimension m/s hat. Da der allgemein bekannte
Zusammenhang heißt, Geschwindigkeit ist zurückgelegter Weg pro Zeit, kann man
nun den Weg des Schall ausrechnen - die Geschwindigkeit liefert die Verknüpfung
zwischen Zeit- und Ortsbereich.
Setzt man für die Zeit die Periode T ein und multipliziert diese mit der
Schallgeschwindigkeit c kommt man auf die Periode im Ortsbereich, die sogenannte
Wellenlänge λ in m, Bild 1.6, damit kann man folgenden Zusammenhang
hinschreiben
λ = c ⋅T =
c
.
f
Ein hoher Ton hat also eine kleine (kurze) Wellenlänge, ein tiefer Ton entsprechend
eine große (lange) Wellenlänge. Die Schallausbreitungsgeschwindigkeit ist nur
abhängig vom Medium und von der Temperatur. In Luft bei Zimmertemperatur
beträgt sie 340 m/s oder 1225km/h, somit ergeben sich Wellenlängen zum Beispiel
für λ16Hz = 21.25 m und für λ16000Hz = 2.125 cm. Darüber hinaus ist die
Ausbreitungsgeschwindigkeit in Luft unabhängig von der Frequenz, dieses ist für
andere Medien, wie für Festkörper, nicht immer der Fall. Die Kenntnis der
Wellenlänge ist insofern wichtig, weil viele Effekte gerade in der Raum- und
Bauakustik von der Relation geometrische Abmessung zur Wellenlänge abhängen.
6
Bild 1.6.
Wellenlänge des
Schalls. © SUVA,
Luzern.
1.4 Ton, Klang, Geräusch
Schall mit einer einzigen Periode beziehungsweise Frequenz bezeichnet man in der
Physik als reinen Ton, Bild 1.7 oben. Dieser ließe sich, wenn man sauber anschlägt,
mit einer Stimmgabel erzeugen. Mathematisch ist ein reiner Ton durch eine Sinusoder Cosinusfunktion darstellbar.
Ein reiner Ton ist in der Praxis selten. Selbst ein Flötenton hat bereits mehrere
Frequenzanteile, die Harmonischen, das sind zum Grundton in ganzzahligem
Verhältnis stehende Obertöne, so dass der Akustiker bereits von Klang spricht, Bild
1.7 mitte. Geräusche von technischen Schallquellen zeichnen sich im allgemeinen
dadurch aus, dass sie viele Frequenzanteile enthalten, die nicht mehr in einem
ganzzahligen Verhältnis zueinander stehen müssen, Bild 1.7 unten. Ein idealisiertes
Geräusch ist Rauschen mit statistisch verteilten Anteilen über den gesamten
Frequenzbereich. Man kann mathematisch beweisen (J. B. FOURIER 1768- 1830) –
und auch experimentell zeigen – dass jeder beliebige Zeitverlauf eines Schallsignals
durch eine Summe von rein sinusförmigen Tönen herstellbar ist, so dass man zur
Beschreibung von Schallereignissen prinzipiell zwei äquivalente Möglichkeiten hat,
entweder man benutzt den Zeitbereich in Form eines Oszillogramms oder aber den
Frequenzbereich, das sogenannte Spektrum. Was geeigneter ist, zeigt die Praxis.
Wenn es sich um komplexere Zeitverläufe handelt wie in Bild 1.7 unten, ist die
Darstellung im Frequenzbereich meistens hilfreicher.
7
Bild 1.7. Zeitverlauf
(Oszillogramm) und
Frequenz (Spektrum).
Reiner Ton (oben);
Klang (mitte) und
Geräusch (unten). p
Schalldruck, L Schalldruckpegel. © SUVA,
Luzern.
1.5 Schallstärke (Lautstärke) und Dezibel
Aus der Erfahrung weiß man, dass ein Schallergebnis verschiedene quantitative
Qualitäten haben kann. Es kann sehr laut sein (Discomusik), aber es kann auch leise
sein (Blätterrascheln). Die Lautstärke als Wahrnehmungsgröße hat ihre physikalische
Entsprechung in der Wechselamplitude des Schalldrucks, Bild 1.8.
8
Bild 1.8.
Schallschwingung
und Amplitude von
einem lauten Ton
(1) und einem
leiseren Ton (2)
gleicher Periode
bzw. Frequenz.
© SUVA, Luzern.
Dabei unterscheidet man
• den Wert von Spitze Maximum zu Spitze Minimum, pss
• eine Spitze (Maximum oder Minimum), den sogenannten Scheitelwert, ps
• den Effektivwert peff (international pRMS ) als Wurzel aus dem quadratischen
Mittelwert
1
peff =
⋅ ∫ p2 (t )dt
T T
T= Beobachtungszeitraum (theoretisch T → ∞ ).
Für einen reinen Ton lautet der Effektivwert
p
peff = s .
2
Das menschliche Gehör ist sehr empfindlich. Bei einer Frequenz von 1000 Hz (Ton
zum Fernseh-Testbild) wird ein Wechseldruck von 0,00002 Pa = 2 ⋅ 10-5 Pa bereits
vom Ohr als Schall wahrgenommen, diesen Wert bezeichnet man auch als
„Hörschwelle“. Dementsprechend sind die Wechselbewegungen des Trommelfells
(und der Luft davor) extrem klein. Bei dem angegebenen Beispiel wären es etwa
10–11 m - zum Vergleich, ein Wasserstoffatom hat einen Durchmesser von ca. 10-10
m. Damit ergibt sich ein Verhältnis statischer Normaldruck zu Hörschwelle von
5 Milliarden (!). Es gibt auch eine Obergrenze für Wechseldrücke, die das Gehör
gerade noch verarbeiten kann, ohne physischen Schaden zunehmen. Sie liegt etwa
zwischen 60 und 200 Pa und wird als „Schmerzgrenze“ charakterisiert. Wenn man
nun das Verhältnis anschaut zwischen Schmerzgrenze und Hörschwelle kommt man
auf einen Zahlenwert von 10 Millionen (!). Wegen dieses großen Zahlenumfanges
wäre es höchst unpraktisch, wenn man in der Akustik mit Schalldrücken in Pa
arbeiten würde. Man hat deswegen eine andere, logarithmische Skalierung
eingeführt, das dB (Dezibel), der Schalldruck wird dann zum Schalldruckpegel Lp
9
Lp = 10 log
p2
p
= 20 log
2
p0
p0
dB
ist der international genormte Bezugswert von 2 ⋅ 10-5 Pa , so dass sich an der
p0
Hörschwelle ein Schalldruckpegel von 0 dB ergibt. Der gesamte Schallstärkebereich
lässt sich nun reduzieren auf handliche Zahlen zwischen 0 und 140 dB, Bild 1.9. Zu
erwähnen wäre noch, dass man für die Pegelbildung im allgemeinen mit
Effektivwerten des Schalldrucks arbeitet.
Bild 1.9.
Schalldruck und
dB-Skala.
© Bruel&Kjaer,
Naerum, DK.
10
1.6 Rechnen mit Pegeln
Für das Rechnen mit Pegeln sind folgende Zusammenhänge hilfreich:
1.6.1 Allgemeine Rechenregeln
log( x ⋅ y ) = log x + log y
log x y = log x − log y
log x a = a ⋅ log x
Definition: y = log x , delogarithmiert: x = 10y .
Für die Umrechnung Pegel in Schalldruck erhält man damit
p
p2
L / 20
L p / 10
= 10 p
bzw.
.
=
10
2
p0
p0
1.6.2 Addition von Schallquellen
p2 ist eine leistungsproportionale Größe, die man verwenden muss, wenn man
mehrere Schallquellen addiert (oder auch voneinander subtrahiert)
2
pges
= p12 + p22 + p32 + ......
oder in Pegelschreibweise
L p ,1 / 10
Lp,ges = 10 log(10
L p ,2 / 10
+ 10
L p ,3 / 10
+ 10
+ ....) ,
aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass zwei gleich starke Schallquellen einen
um 3 dB höheren Pegel haben, als die Einzelquellen, Bild 1.10.
Bild 1.10. Pegeladdition von
zwei Schallquellen gleichen
Schalldruckpegels. © SUVA,
Luzern.
11
1.6.3 Pegelmittelung
Die Mittelung von einzelnen Schalldruckpegeln erfolgt ähnlich der Summation, nur
das noch zusätzlich durch die Anzahl n der Einzelpegel Lp,i dividiert werden muss
n
1
L / 10
Lp = 10 log ⋅ ∑10 p ,i
n i =1
1.6.4 Pegelsubtraktion
Manchmal enthält ein gemessener Nutzpegel Lp,ges noch ein störendes
Hintergrundgeräusch Lp,stör welches man eliminieren muss, um auf den Nutzpegel
Lp,nutz allein zu kommen, sogenannte Störpegelkorrektur
L p ,ges / 10
Lp,nutz = 10 log(10
L p ,stör / 10
− 10
).
1.7 Frequenzbewertung- Dezibel (A)
Lautstärke und damit auch Lautstärkepegel sind, wie bereits kurz erwähnt,
hörpsychologische Begriffe. Auf den Zusammenhang mit dem Schalldruckpegel wird
im Abschn. 2.2 „Gehör und Hören“ näher eingegangen. Ein konstanter
Lautstärkeeindruck im Gehör, widergespiegelt in Kurven gleichen Lautstärkepegels,
erfordert höhere Schalldruckpegel bei tiefen und bei hohen Frequenzen, was
gleichbedeutend ist mit einer geringeren Empfindlichkeit in diesen Bereichen. Am
empfindlichsten ist das Gehör zwischen etwa 1000 Hz und 3000 Hz. Um diese
Eigenschaft messtechnisch einigermaßen adäquat erfassen zu können, wurde
international eine Frequenzbewertung – die sogenannte A- Bewertung – eingeführt,
in Form einer mittleren inversen Hörempfindlichkeitskurve im Frequenzbereich, Bild
1.11, vergl. auch Bild 2.5. Schalldruckpegel die mit dieser Kurve beaufschlagt
werden, bekommen zur Unterscheidung die Bezeichnung Lp,A in dB(A). Auf andere
spezifische Bewertungskurven soll hier nicht näher eingegangen werden. Als
Faustformel kann man sich merken: eine Erhöhung oder Verminderung eines
Schalldruckpegels um 10 dB(A) führt auf eine Verdopplung bzw. Halbierung des
subjektiven Lautstärkeeindrucks.
12
Bild 1.11. Frequenzbewertungskurven: A (am wichtigsten); B nur
Fluglärm; C normal für Hörfrequenzbereich. © Verlag f. Bauwesen,
Berlin.
1.8 Filterung
Um ein Spektrum von einem Schallereignis zu erzeugen, um beispielsweise den
Frequenzinhalt begutachten zu können, kann man mathematisch die Fourieranalyse
auf den Zeitverlauf ansetzen. Messtechnisch gibt es dafür digital arbeitende Geräte,
sogenannte DFFT- Analysatoren (D= Digital, F= Fast, F= Fourier, T=
Transformation). Man kann aber auch analoge Filterbänke benutzen. In der Akustik
verbreitet sind Terz- oder Oktavfilter, das sind Filter relativer Frequenz- Bandbreite,
deren Mittenfrequenzen fm in folgendem Verhältnis zueinander stehen
Oktave fm,Okt =1: 2; Terz fm,Terz = 1:1,26.
Gebräuchlich sind für Oktaven: (16, 31.5), 63, 125, 250, 500, 1000, 2000, 4000,
(8000, 16000) Hz; für Terzen: (16, 20, 25, 31.5, 40), 50, 63, 80, 100, 125, 160, 200,
250, 315, 400, 500, 630, 800, 1000, 1250, 1600, 2000, 2500, 3150, 4000, 5000,
(6300, 8000, 10000, 12500, 16000) Hz. Die in Klammer gesetzten Bereiche braucht
man in der Bauakustik seltener. Die Durchlass-Breite B der jeweiligen Filter beträgt
für die
13
Oktave BOkt = 0.71⋅ fm,Okt ; für die Terz BTerz = 0.23 ⋅ fm,Terz .
Die so ermittelten Spektren heißen dann Oktav- beziehungsweise Terzspektren. Um
nun zum Beispiel den A-bewerteten Gesamtpegel auszurechnen, muss man die
Werte in den entsprechenden Terzen den Korrekturen der A-Kurve unterwerfen und
alle Werte gemäß den Gesetzen der Pegeladdition aufsummieren. Terzspektren
genießen in der Akustik auch noch aus einem anderen Grund einen gewissen
Vorzug: das menschliche Gehör ermittelt seinen Lautstärkeeindruck zumindest
oberhalb etwa 500 Hz durch Energieaddition innerhalb bestimmter Frequenzbänder,
sogenante Frequenzgruppen, die annähernd Terzbandbreite haben.
1.9 Kurzzeitmittelung, Zeitbewertung
Um den Effektivwert richtig bestimmen zu können, muss die Integrations- bzw.
Beobachtungszeit groß gegenüber der größten im Schallsignal vorkommenden
Periodendauer sein (theoretisch ∞). In der Praxis bestimmt man den Effektivwert
deswegen nur näherungsweise, indem man einen mit der Messzeit mitlaufenden,
sog. gleitenden quadratischen Mittelwert bildet. Man erreicht dieses dadurch, dass
man das quadrierte, zeitlich schwankende Schallsignal mittels eines elektrischen
Trägheitsgliedes mit einer bestimmten Zeitkonstanten glättet (bewertet). Um auch
dem dynamischen Trägheitsverhalten des menschlichen Gehörs in Abhängigkeit von
der Art des Schallereignisses messtechnisch einigermaßen zu entsprechen, hat man,
in Ergänzung zur Frequenzbewertung, verschiedene Zeitkonstanten eingeführt. Man
unterscheidet
• S= SLOW, Zeitkonstante 1 sec
• F= FAST, Zeitkonstante 125 msec
• I= Impuls, Zeitkonstante 35 msec/ 1,5 sec.
Damit erhält der Schalldruckpegel drei weitere mögliche Kennzeichnungen
Lp,AS in dB(AS), Lp,AF in dB(AF) und Lp,AI in dB(AI).
Was dann aus einem momentan stärker schwankenden Schallsignal wird, zeigt
Bild 1.12. Je nach Größe der Zeitkonstanten bleibt eine Restwelligkeit übrig, mit der
gleitende Mittelwert (Anzeigewert) um den wahren Effektivwert schwankt.
Bild 1.12. OriginalSchalldruckverlauf und
zeitbewerteter gleitender
Effektivwert. © SUVA,
Luzern.
14
Die relativ große Zeitkonstante der SLOW- Bewertung liefert ein dem wahren
Effektivwert angenähertes Messergebnis mit geringer Restwelligkeit. Darüber hinaus
lässt sich die Schallpegelanzeige sicher ablesen. Nachteilig ist, dass die Anzeige
sehr träge ist und deshalb nur für Schallereignisse sinnvoll ist, die relativ gleichmäßig
(stationär) sind und die keine Impulse enthalten. Bei der FAST- Bewertung ist die
Anzeige weniger träge, der angezeigte Mittelwert kann stärker um den wahren
Effektivwert schwanken, die Anzeige ist dementsprechend ungenau. Diese
Zeitbewertung ermöglicht aber die richtige Anzeige und die bessere Erkennung
schnell aufeinander folgender Schallereignisse, sie ist für das sog.
Taktmaximalverfahren der TA- Lärm vorgeschrieben. Bei der Bewertung IMPULS
werden zwei verschiedene Zeitkonstanten angewendet: Schnelles Einschwingen der
Anzeige mit 35 msec und langsames Abklingen mit 1,5 sec, Bild 1.13. Plötzlich
auftretende Schallereignisse (z. B. Feuerwerk, Schüsse) werden durch die
Bild 1.13. Einfluss der
Zeitbewertungen auf die
Erfassung eines
Schallimpulses.
© SUVA. Luzern.
Trägheit des Gehörs mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa 25...75 msec
wahrgenommen. Die Anstiegszeitkonstante von 35 msec soll dieser subjektiven
Lautstärkebildung entsprechen. Die lange Zeitkonstante des Abklingens
berücksichtigt die Störwirkung kurzer Schallereignisse und ermöglicht ferner ein
besseres Ablesen von solchen Messwerten an einem Anzeigeinstrument. Geräte, die
Schallimpulse richtig messen, heißen Impulsschallpegelmesser. Man sieht ferner,
dass die Zeitbewertung SLOW zu falschen Ergebnissen führt. Mit der Zeitbewertung
FAST lassen sich Impulse nur näherungsweise richtig messen. Die Unterschiede
können bis zu 5 dB, in Ausnahmefällen bis zu 8 dB betragen. Aus diesem Grund
erhält die Messgröße Lp,AF bei impulshaltigen Geräuschen einen sog.
Impulszuschlag.
Schallpegelmesser bieten meist als weitere Messgröße auch die Anzeige des
momentanen, absoluten Spitzenpegels an (Zeitbewertung SPITZE oder PEAK),
dabei wird eine nicht genormte, sehr schnelle Zeitbewertung von 50 µsec
angewendet. Diese Anzeigeart ist im allgemeinen mit einer MesswertSpeicherschaltung zum Ablesen verbunden. Darüber hinaus sind viele
Schallpegelmesser mit einer Speicherschaltung ausgerüstet, in der der Maximalpegel
des gleitenden Mittelwertes Lp,A max während einer Messung gehalten wird. Diese
Maximalwertanzeige ist meistens für alle Zeitbewertungen (SLOW, FAST, IMPULS
oder PEAK) wählbar: Stellung "Max. Halten". Die Anzeige lässt sich entweder
manuell oder automatisch zurücksetzen. In dieser Messstellung lässt sich z. B. der
15
maximale Vorbeifahrtpegel des zeitbewerteten A-Schalldruckpegels ermitteln, der
durch ein Kraftfahrzeug oder einen Eisenbahnzug verursacht wird.
1.10 Taktmaximalpegel
Der Taktmaximalpegel kann als Näherung für den Impulsschallpegel betrachtet
werden, seine Benutzung ist in der TA-LÄRM vorgeschrieben. Bei diesem Verfahren
wird der Zeitverlauf des Schalldrucksignals laufend in gleichlange Zeitintervalle
(Takte) zerlegt (5 sec bei Nachbarschaftslärm, 3 sec bei Arbeitsplatzlärm). Der in
jedem Intervall auftretende Maximalwert des Schalldruckpegels in der
Frequenzbewertung „A“ und der Zeitbewertung FAST wird registriert. Die
entsprechende Größe heißt dann
LAFT
in dB(AFT) .
Dieses Verfahren wird hauptsächlich in Deutschland angewendet, es hat den Vorteil,
dass keine speziellen Impulsschallpegelmesser notwendig sind, wie für die Messung
von Lp,AI .
1.11 Langzeitmittelung- Mittelungspegel, Wirkpegel
DIN 45641 v. 1990: "Mittelungspegel und Beurteilungspegel zeitlich schwankender
Schallvorgänge".
Die in der Praxis auftretenden Geräusche sind über einen längeren Zeitraum
betrachtet nie so gleichmäßig und gleichgeartet, dass ihre Charakterisierung durch
den frequenz- und zeitbewerteten Schalldruckpegel alleine ausreichen würde. In
Montagehallen, im Straßenverkehr oder beim Nachbarschaftslärm können größere
Schwankungen des effektiven Schalldruckpegels von 30 dB und mehr auftreten, so
dass keine eindeutigen Einzelwerte mehr anzugeben sind. Bild 1.14 zeigt beispielhaft
den Schallpegelverlauf an einer Straße.
Bild 1.14. Verlauf des
Schalldruckpegels an
einer Strasse über
einen längeren
Zeitraum.
16
Um auch solche zeitlich und in ihrem Charakter schwankenden Schallvorgänge mit
einem repräsentativen Wert beschreiben zu können, wird nach DIN 45641 vom
gleitenden Mittelwert eine Art Langzeit-Effektivwert gebildet, der Mittelungspegel Lm
 1 Tm

L A (t) / 10
Lm = 10 log
10
dt
∫

T
 m 0

mit
LA (t ) Zeit- und A- bewerteter Schalldruckpegel als Funktion der Zeit in dB(A)
Tm Mittelungszeitraum in sec.
Für Lm gilt, dass eine halbierte Einwirkdauer und ein 3 dB höherer Schalldruckpegel
den gleichen Mittelungspegel verursacht und damit die Wirkung auf den Menschen
gleich bleibt - oder zehn Lärmereignisse mit x dB(A) Einzelpegel und einer Minute
Dauer den gleichen Mittelungspegel zur Folge haben, wie ein Einwirken eines
Einzelpegels mit x dB(A) von zehn Minuten Dauer, sog. Energieäquivalenz. Diese
Abhängigkeiten können aber auch anders festgelegt sein, beispielsweise beim
Fluglärm. Sie sind über den sog. Halbierungsparameter q bestimmt (Genaueres s.
DIN 45 641).
Bei der praktischen Berechnung des Mittelungspegels über einen längeren Zeitraum
liegen oftmals einzelne konkrete Pegelwerte vor, so dass die Integration durch eine
Summation ersetzt werden kann
1
Lm = 10 log
Tm
n
∑ti ⋅ 10L
i =1
A,i
/ 10



mit
LA,i Zeit- und A-bewerteter Schalldruckpegel in dB(A) im Zeitintervall ti in Sekunden,
Minuten oder Stunden
n Anzahl der Zeitintervalle
n
Tm = ∑ ti gesamter Mittelungszeitraum.
i =1
Diese Gleichung ist besonders dann geeignet, wenn man den Mittelungspegel über
verschiedene, relativ lange Zeitabschnitte mit jeweils annähernd konstantem
Schalldruckpegel berechnen muss.
Für den Schalldruckpegel LA (t ) können für die Mittelung die weiter oben
beschriebenen zeitbewerteten Größen eingesetzt werden, man erhält damit also
weiterhin
LASm , LAFm , LA Im, LAFTm in dB(A) .
Beim Pegel LAFTm handelt es sich um den Mittelungspegel nach dem
Taktmaximalverfahren, er heißt zur Unterscheidung nicht Mittelungspegel, sondern
Wirkpegel.
In den einzelnen Mess- und Beurteilungsvorschriften ist meistens vorgeschrieben,
welche der angegebenen Mittelungsgrößen verwendet werden sollen. Grundsätzlich
sollte man aber die folgenden Zusammenhänge kennen:
17
Für den Mittelungspegel gilt
LASm = LAFm = LAeq ,
das heißt, mittelt man den A- bewerteten Schalldruckpegel über einen ausreichend
langen und repräsentativen Zeitraum, gleichen sich die Schwankungen der Größen
Lp,AS und Lp,AF um den Effektivwert aus, man erhält annähernd den wahren
Effektivwert. Diese Größe wird dann auch als energieäquivalenter A- bewerteter
Dauerschallpegel LAeq bezeichnet und zwar deshalb, weil er angibt, um wie viel ein
schwankendes Geräusch in seiner Störwirkung einem gleich bleibenden Geräusch
äquivalent ist, dessen Pegel gleich dem Mittelungspegel des zeitlich schwankenden
Geräusches ist. Der LAeq hat den Vorteil, dass er sich für verschiedene
Schallereignisse energetisch mitteln lässt:
LAeq
 1 n L /10 
= 10 log ∑10 Aeq ,i 
 n i =1

dB(A)
mit
LAeq,i einzelne energieäquialente Mittelungspegel in dB(A)
n Anzahl solcher Pegel.
Weiterhin gilt:
Für gleichmäßige Geräusche ohne plötzliche, impulshafte Änderungen, deren
Pegelschwankungen kleiner als 5 dB/sec sind,
LASm = LAFm = LA Im ,
aber (!) für kurzzeitige Geräusche und Geräusche mit Impulsen gilt:
LASm = LAFm ≠ LA Im ,
in diesem Fall ergibt sich ein umso höherer Mittelungspegel LA Im , je impulshaltiger
das Geräusch ist. Man nennt dieses vom Effektivwert abweichende Ergebnis auch
überenergetische
M i t t e l u n g . Sie entspricht aber der subjektiven
Lautstärkewahrnehmung von impulshaltigen Geräuschen, die zwischen dem
Effektivwert und dem Spitzenwert liegt ("Quasispitzenwert"). LA Im ist somit auch ein
Maß für die Impulshaltigkeit von Geräuschen. Werden solche Geräusche nur über
die Größe LAFm ermittelt, muss ein sog. Impulszuschlag vorgesehen werden, der den
Unterschied zu LA Im praktisch ausgleicht und der bis zu 6 dB betragen kann.
Das was für LA Im gilt, gilt sinngemäß auch für den mittleren Taktmaximalpegel LAFTm ,
der ebenfalls der subjektiven Impulswahrnehmung Rechnung trägt. Näherungsweise
gilt deshalb
LA Im ≅ LAFTm .
18
Kurzzeitige Impulsspitzen unter 0,2 sec Dauer werden durch die Zeitbewertung
FAST beim Taktmaximalverfahren allerdings unterbewertet. Eine Messung mit
einer Taktdauer von 3 sec stimmt i. a. besser mit LA Im überein, als die Ermittlung mit
einer Taktdauer von 5 sec.
1.12 Beurteilungspegel
Die Wirkungen von Geräuschen auf den Menschen, wie beispielsweise Hörschäden,
Kommunikationsstörungen, Leistungsstörungen, Störungen der Erholung und der
Freizeit oder Schlafstörungen, sind nicht nur von der Höhe des Schalldruckpegels,
sondern auch von der Einwirkdauer abhängig, das heißt es gilt das Dosisprinzip.
Wie zahlreiche Untersuchungen gezeigt haben, eignet sich der Mittelungspegel Lm
recht gut zur quantitativen Erfassung und Charakterisierung zeitlich schwankender
Geräusche. Der Mittelungspegel LASm = LAFm = LAeq stellt die Basis für die Beurteilung
von Lärmwirkungen dar. Er wird unter Verwendung von Zuschlägen ("Maluspunkten")
für Töne oder Impulshaltigkeit und für die Dauer einer möglichen Einwirkung zum
Beurteilungspegel Lr umgerechnet. Er stellt somit ein Maß für die durchschnittliche
Geräuschimmission während einer bestimmten Beurteilungszeit Tr (Bezugszeit) dar.
Nach DIN 45 645 v. 1977: "Einheitliche Ermittlung des Beurteilungspegels für
Geräuschimmissionen", wird der Beurteilungspegel folgendermaßen gebildet
Lr = LAeq + Ki + KT + 10log
T
Tr
dB(A)
mit
Ki Impulszuschlag in dB
KT Tonhaltigkeitszuschlag in dB
T Zeitraum, für den der Mittelungspegel gilt (Einwirkdauer des Geräusches)
Tr Beurteilungszeitraum.
Die Zuschläge liegen je nach Auffälligkeit zwischen 3 und 6 dB. Sie werden jeweils in
den Richtlinien vorgeschrieben, zum Beispiel in VDI 2058.
Der Tonzuschlag berücksichtigt den störenden Umstand, wenn sich Einzeltöne
deutlich hörbar aus dem Geräusch hervorheben. Speziell bei der Beurteilung der
Gehörschädlichkeit wird allerdings kein Tonzuschlag angewendet.
Der Impulszuschlag ist die Differenz aus:
Ki = LA Im − LAeq .
Die Messung von LA Im schließt demnach den Impulszuschlag mit ein, so dass
folgende Vereinfachung ergibt
Lr = LA Im + KT + 10 log
T
Tr
dB(A) .
19
Nicht alle Schallpegelmesser bieten jedoch die Möglichkeit LA Im zu messen. In der
TA-Lärm wird LA Im durch die Bestimmung des Wirkpegels ( LAFTm ) nach dem
Taktmaximalverfahren ersetzt.
Das allgemeine Bildungsgesetz für den Beurteilungspegel nach DIN 45 641 lautet
1
Lr = 10 log
Tr
n
∑Ti ⋅ 10(L
Aeq ,i
i =1
+Ki ,i +KT ,i ) / 10

,

wenn während der Beurteilungszeit Geräusche mit verschiedenem Charakter, also
auch mit verschiedenen Mittelungspegeln bzw. notwendigen Zuschlägen auftreten,
darin bedeuten
LAeq,i Mittelungspegel im Teilzeitraum Ti in dB(A)
Ki,i und KT ,i sind die Impuls- bzw. Tonhaltigkeitszuschläge im Zeitintervall Ti
n Anzahl der Teilzeiträume
n
T = ∑Ti gesamter Beurteilungszeitraum.
i =1
Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lärmschutzbedürfnisse sind in den
verbindlichen Richtlinien und Vorschriften (s. DIN 45 645) folgende
Beurteilungszeiten Tr angegeben:
Am Arbeitsplatz:
Tr = 8 Std. für eine Arbeitsschicht (ist die Schicht länger als 8 Std., kann die
n
Einwirkdauer T = ∑Ti größer als Tr werden).
i =1
Für alle anderen Geräuschimmissionen gilt:
Tr1 = 12 Std. für den Tag (7 - 19 Uhr)
Tr 2 = 4 Std. für den Abend (19 - 22 Uhr) und den Morgen (6 - 7 Uhr)
Tr 3 = 8 Std. für die Nachtzeit (22 - 6 Uhr)
Tr 4 = 1 Std. für die lauteste Nachtstunde zwischen 22 und 6 Uhr (z. B. 23 bis
24 Uhr).
Als maßgebender Beurteilungspegel für einen ganzen Tag gilt damit
Lr,Tag = 10 log

1
(12 ⋅ 10Lr 1 /10 + 4 ⋅ 10(Lr 2 +6) /10 )
16

dB(A) .
Diese Regelung bedeutet, dass bei Geräuschimmissionen in den Zeiten von 6 bis 7
Uhr und 19 bis 22 Uhr das erhöhte Schutzbedürfnis durch einen Zuschlag von 6 dB
berücksichtigt wird, das gleiche kann auch für Sonn- und Feiertage gelten. Dieser
sogenannte Ruhezeitenzuschlag ist in der VDI 2058, Blatt 1 geregelt und gilt nicht für
reine Industriegebiete. Bei dieser Art von Zuschlägen müssen immer die
maßgeblichen Regelwerke beachtet werden, die TA-Lärm kennt beispielsweise
solche Zuschläge nicht.
Als maßgebender Beurteilungspegel für die Nacht gilt allgemein
Lr,Nacht = Lr 3
dB(A)
20
außer, wenn Lr 4 um 4 dB oder mehr größer ist als Lr 3 .
In solchen Fällen ist
Lr,Nacht = Lr 4
dB(A).
Manchmal werden
zusammengefasst
Lr,24h = 10 log
Lr,Tag und
Lr,Nacht zu einem 24-Std.-Beurteilungspegel

1
(12 ⋅ 10Lr 1 /10 + 4 ⋅ 10(Lr 2 +6) /10 + 8 ⋅ 10Lr 3 /10 )
 24

dB(A).
1.13 Andere Schallfeldgrößen
Die wichtigste Größe des Schalls ist der bisher besprochene Schalldruck
beziehungsweise Schalldruckpegel. Der Grund hierfür ist nicht nur die Tatsache,
dass die meisten Messmikrofone Druckempfänger sind, sondern weil der Schalldruck
für die Auslenkung des Trommelfells im Ohr und damit für die Stärke der
Schallwahrnehmung maßgebend ist. Der Schalldruck ist eine ungerichtete (skalare)
Größe. Trotzdem gibt es weitere Größen, die zur Beschreibung von
Schallereignissen gebräuchlich und manchmal auch notwendig sind und die im
folgenden erläutert werden sollen.
1.13.1 Schallschnelle
Bei der Schallausbreitung bewegen sich die Luftteilchen lokal um ihre Ruhelage hin
und her, wie bereits in Zusammenhang mit Bild 1.1 erwähnt wurde. Diese Bewegung
bezeichnet man auch als Auslenkung. Die zeitliche Ableitung dieser Bewegungen,
also die Teilchengeschwindigkeit, bezeichnet man als Schallschnelle v in m/s. Sie
darf nicht verwechselt werden mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c der Schallwelle
(!). Die Schallschnelle ist ebenfalls eine Wechselgröße, aber im Gegensatz zum
Schalldruck eine gerichtete Größe (Vektor). Die Schnelle wird auch als Pegelgröße in
dB verwendet
Lv = 20 log
v
v0
mit v0 = 5 ⋅ 10−8 m/s als Bezugswert.
21
1.13.2 Schallintensität
Bildet man das Produkt aus Druck und Schnelle, erhält man eine Leistungsgröße, die
Schallintensität I in Watt/m2. Für eine Schallwelle die keine Abhängigkeit quer zur
Ausbreitungsrichtung hat (ebene Welle) beziehungsweise, wenn man in Relation zur
Wellenlänge weit genug von einer Schallquelle entfernt ist (Fernfeld), gilt
vereinfachend (p, v Effektivwerte, Umrechnung 1 Watt = 1 Nm/s)
I = p⋅v =
p2
Z0
mit
Z0 Schallkennwiderstand des Ausbreitungsmediums = ρ ⋅ c in Ns/m3 , mit ρ Dichte
des Mediums, c Schallgeschwindigkeit im Medium, in Luft bei 20°C: Z0 etwa 400
Ns/m3.
Wie man sieht, ist in diesem Fall die Intensität proportional dem Schalldruckquadrat,
das damit als leistungsproportional bezeichnet werden kann.
Die Schallintensität wird auch in Pegeln in dB dargestellt
LI = 10 log
I
I0
mit
I0 Bezugswert = 10-12 W/m2.
Obige Zusammenhänge führen dann auf
LI = 10 log
p2
.
Z0 ⋅ I0
Erweitert man diesen Ausdruck mit
p02
kommt man auf
p02
 p2 p2 
LI = 10 log 2 ⋅ 0  ,
 p0 Z0 ⋅ I0 
der erste Teil des Terms führt auf den Schalldruckpegel. Aufgrund der definierten
Bezugswerte und des Schallkennwiderstandes von Luft führt der zweite Ausdruck
p02
gerade auf etwa 1, so dass unter diesen Bedingungen der Intensitätspegel
Z0 ⋅ I0
und der Schalldruckpegel – nicht der Schalldruck ! - annähernd gleich sind
LI ≅ Lp .
22
1.13.3 Schallleistung
Integriert man die Schallintensität über die gesamte strahlende Fläche S einer
Schallquelle auf, erhält man die Schallleistung P in Watt
P=
∫ I ⋅ dSn
S
wobei der Index n bedeutet, dass nur die senkrecht zur Fläche wirkenden Anteile zu
nehmen sind.
Im Fernfeld einer Schallquelle beziehungsweise für ein ebenes Schallfeld mit einer
konstanten Intensitätsverteilung über der Fläche gilt wieder
p2 ⋅ S
P = I ⋅S =
.
Z0
Die Schallleistung ist also auch hier eine mit dem Schalldruckquadrat proportionale
Größe
P ~ p2 .
Die Schallleistung ist eine rein quellenbezogene Größe und dient der Kennzeichnung
einer Geräuschquelle, sie ist ein E m i s s i o n s w e r t , unabhängig von den
Schallausbreitungsbedingungen, wie Hindernissen, Anordnungen von
Absorptionsmaterial im Raum, Entfernung zwischen Schallquelle und Empfänger und
ähnliches. Sie beschreibt eine Eigenschaft und ist daher vom Ort unabhängig. Ein
Haartrockner besitzt eine bestimmte Schallleistung und die behält er bei, egal ob er
im Konzertsaal, im Bad oder auf einem Campingplatz betrieben wird – solange seine
Betriebsbedingungen unverändert bleiben. Entsprechend kann man für viele Geräte
(Rasenmäher, Kopierer, Ventilatoren, Kreissägen, usw.) Angaben zu ihren
Schallleistungen (entsprechend den Betriebsbedingungen) erhalten. Die
Schallleistung darf nicht mit dem Schalldruck als Immissionskennwert verwechselt
werden, die Angabe zu einer Maschine, dass sie einen Schalldruckpegel von
beispielsweise 60 dB(A) aufweist, ist vollkommen ungenügend, solange nicht die
Schallfeldbedingungen, die Messentfernung bzw. die Messfläche angegeben wird.
Die Angabe der Schallleistung ist dagegen eindeutig.
In der Praxis benutzt man ebenso den Schallleistungspegel LW in dB, er ist
folgendermaßen definiert
LW = 10 log
P
P0
mit dem Bezugswert P0 = 10−12 Watt.
23
Beispiele für Schallleistungen sind
Schallquelle
Turboprop-Flugzeug
Grosses Orchester
Autohupe
Kompressor, gedämpft
Geige fortissimo
Laserdrucker Leerlauf
P [W]
104
102
1
10-2
10-3
10-7
LW [dB]
160
140
120
100
90
50
Hat man auf einer gedachten Hüllfläche um eine Quelle herum (in genügendem
Abstand, unter reflexionsfreien Bedingungen) den örtlich gemittelten Schalldruck p
gemessen, lässt sich der Schalleistungspegel mit obigen Formeln einfach berechnen
zu
p2 ⋅S
LW = 10 log
.
Z0 ⋅ P0
Erweitert man diesen Ausdruck mit
S0 p02
⋅ , erhält man
S0 p02
 p 2 S p2 ⋅ S 
LW = 10 log 2 ⋅ ⋅ 0 0 
 p0 S0 Z0 ⋅ P0 
dabei ist S0 eine Bezugsfläche von 1 m2 . Setzt man die Zahlen für die anderen
p02 ⋅ S0
wieder den Wert 1.
Bezugswerte ein, bekommt man für den Ausdruck
Z0 ⋅ P0
Definiert man ferner das sogenannte Messflächenmaß LS in dB (DIN 45 635)
LS = 10 log
S
,
S0
erhält man schließlich für die Schalleistung folgenden Ausdruck (Multiplikation
entspricht Pegeladdition):
LW = Lp + LS in dB.
Diese Gleichung bildet die Grundlage für die Schalleistungsmessung nach
DIN 45635, Teil1, Hüllflächenverfahren.
Ganz allgemein gilt noch, dass die Integration der Leistung über die Zeit auf die
Schallenergie mit der Dimension [Ws] führt:
E=
∫ P ⋅ dt
T
.
24
1.14 Flüssigkeitsschall, Körperschall
Bisher war nur von Luftschall die Rede, weil nur über die Luftdruckänderungen das
Trommelfell in Schwingungen versetzt werden kann. Für bauakustische Probleme ist
aber auch wichtig, dass sich Schall in Flüssigkeiten und Festkörpern ausbreiten
kann. Auch dabei handelt es sich um sehr kleine Wechselbewegungen. Sie breiten
sich meist ziemlich ungehindert aus. Die kleinen Wechselbewegungen in und auf der
Oberfläche eines Festkörpers versetzen die benachbarte Luft in kleine
Schwingungen und erzeugen so den hörbaren Luftschall, wie im Kapitel über die
Bauakustik erläutert wird.
Beispiel 1:
Im Wasserleitungshahn wird durch Kavitation und Turbulenz Flüssigkeitsschall
erzeugt. Er versetzt die Rohre in kleine Schwingungen. Der so erzeugte Körperschall
überträgt sich an Befestigungsstellen auf Wänden und Decken, die dann den
Luftschall abstrahlen.
Beispiel 2:
Es wird auf einer Zimmerdecke herum getrampelt oder eine Aufzugsanlage ist auf
einer Gebäudedecke befestigt. Die anregenden Kräfte erzeugen Körperschall,
wodurch kleine Schwingungen (meist im Bereich von Mikrometern und weniger),
erzeugt werden, die sich über das Bauwerk ausbreiten und von Decken und Wänden
an anderen Orten als hörbarer Luftschall abgestrahlt werden.
Beispiel 3:
Ein vorbeifahrender LKW (Motor, Auspuff, Reifen) macht Lärm. Dieser Luftschall
versetzt die benachbarten Fenster und in geringerem Maße auch die Wände in
Schwingungen (Körperschall). Dieser Körperschall erzeugt in den angrenzenden
Räumen Luftschall – und der kann stören.
Besonderheiten des Körperschalls sind, dass sich dieser mit einer im allgemeinen
viel höheren Geschwindigkeit ausbreitet, die, im Gegensatz zum Luftschall, auch
frequenzabhängig sein kann (Dispersion).
1.15 Zusammenfassung des Abschnitts
Schall ist eine sehr kleine Wechselbewegung bzw. Druckänderung in der Luft. Die
Tonhöhe (Bereich 16 – 16000 Hz) wird als Frequenz in Hz gemessen. Die Stärke
eines Schallsignals wird als Schalldruckpegel in dB (Bereich 0 – 140 dB) angegeben.
Häufig wird der Schalldruckpegel für einzelne Frequenzbereiche getrennt angegeben
(Spektrum, Oktav- oder Terzpegel). Die Frequenzabhängigkeit der Empfindlichkeit
und die zeitdynamischen Eigenschaften des menschlichen Ohres werden durch den
zeit- und A- bewerteten Schalldruckpegel weitgehend berücksichtigt, stärkere
Schwankungen über einen längeren Zeitraum werden durch den Mittelungspegel
erfasst. Schall kann in Flüssigkeiten und festen Stoffen als Flüssigkeits- bzw.
Körperschall weitergeleitet werden und anschließend als Luftschall wieder
abgestrahlt werden (wichtig für die Schallübertragung in Gebäuden).

Documentos relacionados