Der GCT (Gate Commutated Thyristor) – Stärken von GTO

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Der GCT (Gate Commutated Thyristor) – Stärken von GTO
ABB Industrie AG
Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
Der GCT (Gate Commutated Thyristor) –
Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
Dr. Horst Grüning, ABB Industrie AG, CH 5300 Turgi
Kurzfassung
Gate Commutated Thyristoren (GCT) bieten sich
zunehmend
für
den
Einsatz
in
Mittelspannungsumrichtern jeder Art an. Dank ihrer
engen Verwandtschaft zum GTO, ihrem neuartigen
Funktionsprinzip, dem Einsatz fortschrittlichster
Silizium-Technologie und auf die Erfordernisse der
Mittelspannungstechnik
zugeschnittener
Schaltungstechnik und Konstruktion ermöglichen sie
eine signifikante Reduktion der Verluste bei
gleichzeitig erhöhter Schaltfrequenz, eine Reduktion
der Bauvolumen sowie eine erhöhte Zuverlässigkeit.
Gleichzeitig sind Umrichter mit GCTs einfach im
Design, robust in der Fertigung, unproblematisch in
der Anwendung und einfach in der Handhabung.
Deshalb wird durch Einführung dieser Technologie
eine Kostenreduktion auf breiter Front erreicht.
1
Einleitung
Seit
Anbeginn
ist
die
Entwicklung
der
Leistungshalbleiter durch die Suche nach dem
idealen Schalter geprägt. Kleinste Durchlassverluste,
kleinste Schaltverluste, eine möglichst hohe
Schaltfrequenz und einfachste Ansteuerung – das
war und ist es, was die Anwendung benötigt.
Bedingt durch ihre nahe Verwandtschaft zum
Thyristor gehören die GTOs zu den ersten
abschaltbaren
Leistungshalbleiterbauelementen.
Wegen ihrer aufwendigen Ansteuerung, ihrer
Gehäuse- und Einspanntechnik und dem hohen
Beschaltungsaufwand konnten sie der Vorstellung
vom idealen Schalter nur in sehr begrenztem Masse
entsprechen.
Dass
sie
das
Gebiet
der
Mittelspannungsanwendungen dennoch lange Zeit
praktisch alleine beherrscht haben, kann wohl nur als
Fehlen wettbewerbsfähiger Alternativen erklärt
werden.
In den letzten Jahren nun aber hat sich der IGBT
gemausert: Aus ersten Anfängen mit ernsthaften
Problemen auf den unterschiedlichsten Gebieten –
es sei nur an die jahrelange Diskussion um das
„Latching“ erinnert – ist er zu einem namhaften
Vertreter seiner Klasse herangewachsen, der, von
niedrigen Spannungen her wachsend, inzwischen
sogar die für GTOs typische Sperrspannung von
4,5kV erreicht hat. Und auch der Strom scheint ihm
nur noch wenig zu schaffen zu machen: Inzwischen
werden durch interne Parallelschaltung zahlreicher
Chips Module für mehr als 1000A gefertigt, und
ETG Tagung
1 von 12
durch weitere Parallelschaltung solcher Module
können sogar Ströme über 3000A beherrscht werden
– eine Grösse, wie sie bis anhin bei dieser Spannung
eindeutig den GTOs vorbehalten war.
Doch was technisch machbar ist, stellt damit noch
nicht unbedingt die gesamtheitlich günstigste Lösung
dar. Zwar bieten die IGBTs eine gute Alternative.
Ihre Durchlassverluste sind jedoch für Elemente mit
4.5kV und 6kV Blockierspannung noch immer sehr
hoch. Auch die Beherrschung ihrer Gehäusetechnik,
der Anschlusstechnik mit extrem niedrigen
Induktivitäten und selbst der Ansteuerung bedürfen
einer grösseren Erfahrung, als man auf den ersten
Blick vermuten mag.
Wir haben uns bei ABB deshalb um eine Alternative
zu GTO und IGBT bemüht, die besonders auf den
Mittelspannungsbereich zugeschnitten ist. Die
ganzheitliche
Betrachtung
stand
dabei
im
Vordergrund: Nicht der ideale Schalter an sich ist
unser Ziel, sondern vielmehr ein solches Element
und Konzept, dass dem Endkunden möglichst
grossen Nutzen bringt. Reduzierte Verluste,
reduzierter Materialeinsatz, reduzierte Komplexität
und erhöhte Zuverlässigkeit sind unser Ziel, damit
Aufwand und Kosten für die Entwicklung, die
Herstellung, den Betrieb und die Wartung der
Umrichter verringert werden können.
Unsere Entwicklungen haben uns so auf den GCT
geführt. Wir haben sein Potential entdeckt und ihn
auf breiter Front entwickelt. Im folgenden erklären wir
das Geheimnis dieses Bauelementes und die
kostengünstige Realisation seiner Ansteuerung.
Sodann gehen wir auf die Weiterentwicklung des
Halbleiterbauelementes ein, eine Entwicklung, die in
dem
Masse
erst
durch
die
veränderten
Ansteuerbedingungen ermöglicht worden ist. Einige
Bemerkungen zur Integration und zum Packaging
sowie eine Zusammenfassung der bisher erreichten
Bauelementeigenschaften werden das Kapitel
abschliessen.
Das dritte Kapitel konzentriert sich sodann auf
Schaltungstechnik und Anwendung. Sie erfahren,
wie wir uns IGCT-Umrichter vorstellen und lernen
einige der bereits realisierten Projekte mit IGCTs
kennen.
Im vierten Kapitel werden wir schliesslich versuchen,
Stellung zur bisherigen und weiter zu erwartenden
Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998
ABB Industrie AG
Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
Entwicklung der IGCTs zu nehmen. Hier ist der Platz
für eine Einordnung des von uns vorgestellten
Konzeptes und für den Vergleich mit GTO- und
IGBT-Umrichtern.
2
Der IGCT – ein ganzheitliches
Bauelementkonzept
2.1
Vom GTO zum GCT – das
Funktionsprinzip
Abschalten eines 4,5 kV / 3kA GTO
IA
3
3
IK
2
2
IK >>0
und
V A >>0!
1
VA
0
-1
1
Anodenspannung [kV]
Anoden-, Kathoden-, Gatestrom [kA]
Die Forderung nach hoher Abschaltverstärkung ist
seit eh und je fest mit dem GTO verbunden. Bei
Abschaltströmen weit über 1000A ist es ja auch
verständlich, dass der Anwender für die Ansteuerung
nicht gerade Ströme in gleicher Grössenordnung
einsetzen will, denn lange Zeit war das Bereitstellen
solcher Ströme selbst bei der kleinen Gatespannung
ein ernsthaftes Problem. Der Leistungshalbleiter
aber wurde bei zu schwacher Ansteuerung leicht
einmal
instabil
–
und
deshalb
sind
Abschaltverstäkungen zwischen 3 und 5 heute
typisch für Hochleistungs-GTOs.
aber
nicht
mehr
ungehindert
leiten
(Anodenspannung!). Das aber ist gänzlich gegen die
Natur eines Schalters, der nur zwei stabile
Zuständen (ein und aus) kennt. Der GTO benötigt
deshalb in dieser Phase dringend Hilfe: Ein
Beschaltungsnetzwerk (Snubber) muss ihm den
Strom möglichst früh abnehmen, damit er schnell
wieder aus der Bedrängnis kommen kann.
Wir haben nur einen Weg gefunden, dem
Leistungshalbleiter wirkungsvoll aus dieser Klemme
zu helfen: Man muss ihm den Steuerstrom geben,
den er braucht! Was dann passiert, zeigt Figur 2:
Legt man genug Strom am Gate so schnell an, dass
das Element währenddessen auf der Anodenseite
nicht recht reagieren kann, so wird kurzfristig ein
Wert knapp oberhalb des Anodenstromes erreicht.
Dadurch kehrt der Kathodenstrom sein Vorzeichen
(IK = IA – IG), und der p-n Übergang zwischen Gate
und Kathode wird ausgeräumt. Bevor der GTO durch
Aufbau von Anodenspannung in die gefährliche Zone
geraten kann, ist sein Vierschichtbetrieb damit
bereits beendet, und er ist in den pnp
Transitorbetrieb überführt worden. Als Transistor
aber kann er stabil abschalten. Gleich wie ein IGBT
benötigt er dazu nicht einmal mehr einen Snubber!
0
IG
5
10
A
p
n
p
G
Leitender
Thyristor
Figur 1:
n
K
20
A
p
n
p
G
Instabiler
Übergang
p
n
p
G
n
K
25 µs
µ
A
Sperrender
Transitor
n
K
Typischer Abschaltvorgang eines 4,5kV 3kA GTO.
Beim Übergang vom leiten-den (Thyristor) in den
sperr-enden Zustand (Transistor) durchläuft der
GTO eine Zeit grosser Instabilität, während der
gleichzeitig Anoden-spannung und Kathodenstrom
eingeprägt sind.
Genau diese Zurückhaltung in Bezug auf die
Ansteuerung aber verstehen wir heute als Ursache
für die zentralen Schwächen des GTO. Das Element
wird dadurch nämlich gezwungen, während des
Abschaltens einen gefährlichen, instabilen Übergang
zu durchlaufen. Figur 1 erläutert diesen Befund
anhand
eines
typischen
Abschaltvorganges:
Während der kritischen Phase nimmt das Element
Anodenspannung
auf,
während
es
noch
Kathodenstrom führen muss. Die Vierschichtstruktur
ist also noch angesteuert (Kathodenstrom!), darf
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Figur 2:
Typischer Abschaltvorgang eines 4,5kV 3kA GCT.
Auf den leitenden Thyristor-modus folgt unmittelbar der
sperrende Transistormodus
2.2
Die Realisation
Ansteuerung
der
niederinduktiven
Mehr als 3000A in solch kurzer Zeit bereitzustellen
ist eine wahre Herausforderung. Denn bisher galten
die bei GTOs üblichen 50A/ µs als hoch, und nun
sollen daraus ca. 3000A/µs werden! Die
Streuinduktivitäten im Gatekreis sowie die treibende
Spannung spielen hier die Hauptrolle. Figur 3 zeigt
den Weg unserer Entwicklung.
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Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
Standard GTO Drive
Standard GTO
Coaxial
cable
Gate Drive
30nH
17V
200nH
100nH
- simple control
- reasonable supply
Figur 4a:
Gate Unit und GTO mit
4,5kV Blockierfähigkeit und
3kA Abschaltver mögen.
GTO (1) und Gate Unit (2)
werden getrennt montiert.
Sie sind durch ein niederinduktives Kabel (3) verbunden.
dIgn/dt < 50A/us
3
1
Standard Hard Drive
Standard GTO
Flat band
cable
Gate Drive
30nH
200V
2
20nH
10nH
- complex control
- high supply power
> 250mJ / pulse
dIgn/dt < 3kA/us
Coaxial GTO Hard Drive
Gate Drive
Printed
circuit board
Coaxial GTO
2nH
17V
1.5nH
1.5nH
- simple control
- small supply power
dIgn/dt < 3kA/us
Figur 3a: Die Gate-Kreisinduktivität eines 3kA GTO beträgt etwa Lges =
100nH+200nH+30nH.
Figur 3b: Durch Massnahmen ausser-halb des GTO kann sie auf Lges =
60nH reduziert werden. Zur harten Ansteuerung ist dabei
eine 200V Quelle notwendig.
Figur 3c: Eine weitere Reduktion auf etwa Lges = 5nH wird durch
Modifikation des Gatean-schlusses und direkte Ver-bindung zur
Ansteuerung möglich. Damit wird harte Ansteuerung bereits mit einer
17V-Quelle erreicht.
Figur 3: Von der Ansteuerung des GTO zum GCT.
In einem ersten Schritt haben wir dabei versucht,
den Grundaufbau des GTO beizubehalten: Ein GTO
im Standard-Gehäuse, ein Verbindungskabel und
eine separate Gateansteuerung. Mit einer solchen
Lösung (Standard Hard Drive) konnten wir die
Gatekreis-Induktivität auf etwa 60nH reduzieren –
eine 200V Quelle war somit erforderlich, um mehr als
3kA/µs zu erzeugen. Eine solch hohe Spannung
aber kann ein GTO am Gate nicht halten – es wurde
deshalb zusätzlich eine spezielle Schaltung
notwendig, die die Gatespannung nach dem
Abschalten nahtlos auf den Dauerwert von ca. 17V
zurückführen kann.
ETG Tagung
Figur 4b:
Prototyp einer Ansteuerung
zum harten Abschalten von
4,5kV / 3kA GTOs im Standardgehäuse. GTO (1) und
Gate Unit (2) werden
getrennt montiert. Sie sind
Flachband-kabel (3) verbunden.
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Figur 4c: Niederinduktive
Ansteuerung mit 4,5kV /
3kA GCT. GCT (1) und
Gate Unit (2) bilden eine
Montageeinheit. Die Verbindung zwischen GCT
und Ansteuerung wird
durch die Platine (3)
hergestellt
Figur 4d:
Typische Bestandteile eines
GCT.
Es besteht aus:
Gehäuseunterteil (1) mit
sternförmigem Anschluss des
Gateringes, K-Mo-Satz (2),
Wafer (3), A-Mo-Scheibe (4)
und Anoden-Polepiece (5).
Ein zweiter Schritt hat sodann zu einem neuen GTOGehäuse geführt. Durch entsprechendes Design von
Ansteuerung
und
Verbindung
wurde
eine
Gatekreisinduktivität etwa 5nH erreicht, und die
Spannung von 17V, die der GTO auch dauerhaft am
Gate verträgt, genügt seitdem zur Erzeugung des
benötigten dIG/dt.
Figur 4 zeigt den Weg der Ausführung. Deutlich
erkennt man den hohen Aufwand zur harten
Ansteuerung eines Standard-GTO (Fig. 4b) – ein
Aufwand, wie er nur für ganz wenige Sonderfällen zu
rechtfertigen ist. Mit dem Schritt zum GCT in Figur 4c
aber ist der Aufwand wieder unter den eines GTO
gesunken – und durch geeignete Massnahmen ist er
seitdem noch deutlich weiter verringert worden
(siehe Kapitel 2.4.2).
Die harte Ansteuerung nun hat eine Reihe positiver
Wirkungen zur Folge. Der stabile, beschaltungsfreie
Betrieb ist oben bereits genannt worden. Aufgrund
der
Stabilität
während
des
kritischen
Abschaltvorganges lässt sich eine homogene, stabile
Stromverteilung einstellen: Homogener, stabiler
Betrieb
bildet
die
Basis
für
verlässliche
Berechnungen und Simulationen vom BauelementBad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998
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Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
und Schaltungsdesign. Homogener, stabiler Betrieb
ermöglicht die Optimierung der Waferparameter
ohne Rücksicht auf solche Art heuristischer
Tradeoffs, wie sie vom GTO hinlänglich bekannt
sind, und lässt eine lineare Skalierung der aktiven
Waferfläche zum Einstellen jeder gewünschten
Stromtragfähigkeit zu.
2.3
Wafer-Upgrading ohne Hinde rnisse
Vom GTO herkommend lässt man sich die Chance
der freien Optimierung der Waferparameter nicht
gern entgehen! Dabei ist das Ziel schnell klar: für
eine gegebene Sperrfähigkeit muss der Wafer so
dünn als möglich werden, damit beim Ein- und
Ausschalten möglichst wenig Ladungsträger ein- und
ausgeräumt werden müssen. Er soll zudem die hohe
Leitfähigkeit des Einschaltzustandes möglichst durch
Ladungsträger in Kathodennähe erreichen, damit
diese bereits beim Aufbau einer kleinen
Anodenspannung ausgeräumt werden und damit
weniger zu den Abschaltverlusten des Elementes
beitragen können.
Die benötigten Technologien wurden an IGBTs
bereits erprobt:
•
•
Ein Buffer Layer vor der Anode stoppt das Feld
(Fig. 5b); der nahezu trapezförmige Feldverlauf
nimmt bei gleicher Basisweite x fast doppelt
soviel Spannung auf als der dreieckförmige des
GTO (Fig. 5a).
Eine transparente Anode integriert sich besser in
das Buffer-Layer-Design als die Shorts des GTO.
So kann die Injektion der Anode soweit verringert
werden, bis Durchlass und Schaltverluste den für
den jeweiligen Einsatz bevorzugten TradeoffPunkt erreicht haben. Es erfolgt eine starke
Injektion von der Kathode und eine so schwache
als möglich von der Anode – also genau die
Verteilung der Ladungsträger, wie sie für
minimale Abschaltverluste benötigt wird.
2.4
Monolytische und hybride Integration: Der
Weg zum IGCT
Zur Robustheit, Zuverlässigkeit und den niedrigen
Kosten des GCT trägt das einfache Design (vergleiche Figur 4d) ganz wesentlich bei. Integration in
monolytischer und hybrider Form ist deshalb die
Zauberformel zur weiteren Perfomancesteigerung.
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Figur 5:
2.4.1
Waferdesign und Feldverteilung eines GTO (a) und eines
GCT (b).
GCT und Diode in einem Gehäuse
Ein durchaus naheliegender Schritt auf diesem Weg
ist die monolytische Integration von GCT und
Freilaufdiode.
Figur 6a: Dotierzonen.
Bild 6b:
GCT (1) und Diode
(2) auf dem
gleichen Wafer.
Beim 51mm Element (6kV, 520A)
wird das Gate zentral kontaktiert
Zwar ist eine solche Integration beim GTO bereits
gescheitert, denn die guten Eigenschaften einer
separaten Diode konnten nach der Integration
aufgrund der grossen Waferdicke des GTO nicht
mehr erreicht werden. Doch für den GCT wurde die
Waferdicke auf ein Mindestmass reduziert. Damit
passt der Wafer nun auch optimal zur Herstellung
der entsprechenden Freilaufdiode. Struktur und
Wafer finden sich in Figur 6, ein typisches
Abschaltverhalten einer schnellen Diode ist in Figur 7
wiedergegeben.
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200
IA
100
0
0
-100
-1
-2
VA
0
4
8
-3
12
16
-4
20
Anodenspannung (V)
Anodenstrom (A)
300
Zeit (us)
Figur 8:
Fig. 7:
Abschaltvorgang einer 6kV 38mm Diode bei CS = 0.
Der Stromanstieg dI/dt wurde durch eine Induktivität
begrenzt
2.5
2.4.2
Verbesserte Ansteuerschaltungen
Die Gateansteuerung eines GCTs ist fest mit dem
Leistungshalbleiter verbunden. Sie kann deshalb
nicht mehr einfach an einer beliebigen Stelle plaziert
werden, sondern muss sich in den Stapel einpassen.
Noch wichtiger als beim GTO ist es deshalb der
Einsatz einer möglichst einfachen, platzsparenden
und
gegen
Störungen
starker
Felder
unempfindlichen Schaltung.
Bisher war in diesem Zusammenhang fast
ausschliesslich vom Abschaltkreis die Rede. Zwar
muss er den hohen Stromstoss erzeugen, doch birgt
er kaum schaltungstechnische Finessen. Zwecks
Platzreduktion lässt sich deshalb an ihm nur wenig
optimieren.
Mit dem Einschaltkreis aber verhält es sich anders.
Er erzeugt den Einschaltstoss (Zündpuls), den GateHaltestrom (Backporch), und muss geeignet
reagieren, wenn der GCT seinen Strom auf die
Freilaufdiode kommutiert oder wenn er ihn von
derselben zu übernehmen hat. Hier liegt einiges an
unerwarteter Komplexität – und hier liegt das
Potential für Verbesserungen! Wir haben intensiv
daran
gearbeitet
und
Ansteuerschaltungen
entwickelt, die alle diese Situationen meistern, die
aus nur einer einzigen Spannungsquelle versorgt
werden und die zwecks Verminderung des
Kühlungsaufwandes
nur
geringste
Verluste
erzeugen.
2.4.3
6kV / 520A rückwärtsleitender IGCT mit Luftkühler.
Kühlkörper, Ansteuerung und GCT bilden eine natürliche
Einheit.
Der Aufbau einer Bauelementefamilie
Homogener, stabiler Betrieb bildet die Basis für die
lineare Skalierung der aktiven Waferfläche zum
Einstellen jeder gewünschten Stromtragfähigkeit
(vergl. Kapitel 2.2). Damit ist der Weg frei, schnell
und effizient eine Familie von Bauelementen zu
realisieren, die in ähnlich eleganter Weise auf die
unterschiedlichen Kundenbedürfnisse zugeschnitten
ist wie eine Serie von IGBT-Modulen mit
unterschiedlicher eingebauter Chipanzahl. Wieder
kann dabei auf bereits bestehende Bauelemente
zurückgegriffen werden: Druckkontakt-Gehäuse
unterschiedlicher Durchmesser wurden bereits für
Dioden, Thyristoren und GTOs festgelegt – die
Mitglieder der GCT-Familie müssen nur noch in
diese Fussstapfen treten!
Figur 9: Rückwärtsleitende GCT mit 38mm, 51mm, 68mm und 91mm
Waferdurchmesser sowie 91mm GCT und zugehörige Freilaufdiode
Mit hybrider Integration zum IGCT
Die Ansteuerung ist damit derart klein geworden,
dass sie in den meisten Fällen voll in den
Halbleiterstapel integriert werden kann. Damit wird
aus GCT und Ansteuerung ein IGCT, der sich
nahtlos an seinen kathodenseitigen Kühlkörper
anschmiegt (Fig. 8).
ETG Tagung
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2.6
IGCT-Eigenschaften im Überblick
Einige der auffälligsten Besonderheiten der IGCT
Technologie sind in den vorangehenden Abschnitten
vorgestellt worden. Hier nun wird die Betonung auf
einige Details gelenkt.
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2.6.1
Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
Schaltfreudig
In Schaltversuchen haben sich IGCTs als äusserst
robust erwiesen. So konnte unter anderem voller
Strom unter maximaler Versorgungsspannung mit
einer Frequenz von 25 kHz geschaltet werden. Ein
Burst von 10 Pulsen (Figur 10) heizt den Wafer unter
diesen Umständen kurzzeitig gemäss Berechnung
weit über 125°C auf, ohne dass das Element
dadurch zerstört wird. Wir schliessen daraus, dass
die Verlustwärme extrem gleichmässig verteilt
erzeugt worden ist – und sehen darin einen weiteren
Beweis für die Homogenität und Stabilität der
Schaltvorgänge des GCT.
Figur 11:
Figur 10: Hochfrequenz-Burst mit einem 6kV 520A rückwärts-leitenden
GCT. Bei 25kHz konnten 10 Pulse unter Maximalstrom und
Maximalspannung insbe-sondere aufgrund der Homo-genität
und der geringen Ein-schaltverluste realisiert werden.
2.6.2
Verlustarm
2.6.3
In Kapitel 2.3 haben wir aufgezeigt, warum die
Verluste
eines
GCTs
unter
denen
des
entsprechenden GTOs zu liegen kommen. Hier nun
wird
die
quantitative
Gegenüberstellung
vorgenommen.
Zwei
gleichwertige
Elemente
mit
85mm
Waferdurchmesser werden dazu herangezogen: Der
GTO 5SGA 40L4501 und der GCT 5SGY 35L4502.
Beide Elemente sind für 4,5kV, high DC (2,8kV)
ausgelegt.
Unterschiedliche
Werte
in
den
Grenzdaten ergeben sich darum einzig aus den
unterschiedlichen Verlusten (der höhere maximale
Dauergleichstrom des GCT folgt z.B. aus seinen
geringeren Durchlassverlusten).
GTO 5SGA 40L4501 und der GCT 5SGY
35L4502 im Vergleich.
Der
GCT
ist
speziell
auf
niedrige
Durchlassverluste optimiert – seine AbschaltVerluste fallen deshalb etwas höher aus als die
des GTOs.
Zuverlässig und dauerhaft
GTO-Umrichter haben bereits eine hervorragende
Zuverlässigkeit
bewiesen.
Auch
häufigen
Lastwechseln, wie sie z.B. in Traktionsanwendungen
anzutreffen sind, vermögen sie über Jahre und
Jahrzehnte hinaus standzuhalten. GTO-Umrichter
sind deshalb in aller Regel gerade in kritischen
Hochleistungs-Anwendungen anzutreffen.
Umrichter mit IGCTs aber benötigen deutlich weniger
Bauelemente als solche mit GTOs: Die Beschaltung
kann auf ein Mindestmass reduziert werden
(vergleiche
Kapitel
3.1),
und
auch
die
Gateansteuerung benötigt weniger Bauelemente und
erzeugt geringere Verluste. Gegenüber dem GTO
noch weiter erhöhte Zuverlässigkeit ist deshalb von
IGCT-Umrichtern zu erwarten.
Wir haben diese Annahmen durch Berechnung
unterschiedlicher Umrichter geprüft. Immer hat sich
dabei die erwartete Verbesserung eingestellt – je
nach Typ und Auslegung etwa um einen Faktor 2 bis
3. Ein 3MW 6-Puls 3-Phasen-Umrichter mit GTO
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Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
erreicht so z.B. 7000 Fit (1 Fit = 1 Fehler in 109 h),
wohingegen für den vergleichbaren IGCT-Umrichter
2300 Fit berechnet wurden.
Auch in einem weiteren Punkt ist die enge
Verwandtschaft des GCTs zum GTO eine
entscheidende Hilfe: Zum Beweis der Richtigkeit der
Auslegungskriterien sowie der Verlässlichkeit der
Zuverlässigkeitsangaben müssen nicht umfangreiche
Felderfahrungen herangezogen werden, sondern
einzelne Anlagen- und Grenzlast-Dauertests reichen
aus. So haben die 300 GCT-Stufen in der
Bahnnetzkupplung „Bremen“ inzwischen mehr als 17
Monate am Stück fehlerfrei gearbeitet, was einem
Erwartungswert von etwa 250 Fit entspricht. In
diesem Wert eingeschlossen ist die gesamte
Beschaltung der Stufen, die Ansteuerung, die
Versorgung
jeder
Ansteuereinheit
und
die
zugehörige Logik. Wir sehen dieses Ergebnis
deshalb mit etwas Stolz als deutlichen Beweis der
Zuverlässigkeit der IGCT-Technologie und fühlen
uns darin durch einen inzwischen abgeschlossenen
3000h Volllast-Dauertest noch bestärkt.
2.6.4
Leicht zu handhaben
GTOs haben seit jeher den Ruf, mechanisch hoch
komplex und in der Handhabung schwierig zu sein.
Auch wir konnten uns dieser Meinung lange nicht
entziehen – doch der GCT hat uns im praktischen
Einsatz gezeigt, dass Druckkontaktgehäuse und
Stapel nicht per se kompliziert sein müssen.
den IGCT am Gehäuse, lässt ihn im Stapel einrasten
und entriegelt das Federpaket des Stapels (Figur
12). In wenigen Augenblicken ist so ein GCT leicht
und zuverlässig positioniert, eingespannt und
angeschlossen.
3
IGCT Anwendungen
Mit dem IGCT liegt eine neue Familie zuverlässiger
Leistungshalbleiter vor – die Aufgabe der
Schaltungstechnik muss es sein, das Potential der
Elemente zur vollen Entfaltung gelangen zu lassen.
3.1
IGCT Schaltungstechnik: Einfach, robust
und zuverlässig
Der Wegfall der dV/dt Beschaltung gibt den
entscheidenden Impuls zur Vereinfachung der
Umrichtertopologie: Es entfallen nicht nur die
Kondensatoren und Dioden, sondern auch die durch
sie verursachten Umschwingvorgänge. Damit ist der
Weg frei, alle Phasen eines Umrichters direkt parallel
an die gleichen Speiseleitungen anzuschliessen und
das von den Dioden benötigte dI/dt Netzwerk von
allen gemeinsam nutzen zu lassen (Figur 13). Ein
Clamp (Dd, Cd), integriert in den Drosselfreilauf (Dd,
Rs ), sorgt dabei für den niederinduktiven Abschluss,
so dass an die Streuinduktivität des Zwischenkreises
nur mehr die von Mc-Murray-Schaltungen her
gewohnten Anforderungen gestellt werden müssen
(LDC < 2µH).
LS
LDC
DC Input
+
RS
CDC
Dd
Cd
+
Aux. supply
-
6
GUSP
6
Zur 3 Phasen Last
Control in / out Control
M
Fig.13:
Figur 12:
Einbau
eines
4,5kV
3kA
GCT
mit
wenigen
Handgriffen.
Es
ist
wohl
die
Verbindung
von
Ansteuereinheit und Leistungshalbleiter, die den
Wandel hervorgebracht hat: Nun muss man nicht
mehr eine Diskussscheibe an Drähten baumelnd in
einen Stapel hinein zirkeln, sondern nimmt einfach
ETG Tagung
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Typische Schaltung eines 3-Phasen IGCT-Umrichters.
Eine gemeinsame Kontrolleinheit überwacht das Timing
der Schalter
Auch Dreipunkt-Umrichter können mit IGCTs nach
den gleichen Regeln erstellt werden. Nur zwei dI/dt
Beschaltungen sind erforderlich, um einen 3-Phasen
Umrichter mit 12 IGCTs und 6 Nullpunktdioden zu
versorgen (Figur 14).
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L S1
L DC1
3.2.1 100MW Bahnnetzkupplung
Serieschaltung
+
DC Input
C DC1
RS1
0
C d2
-
D d2
RS2
L S 12
L DC2
+
Aux. supply
-
12
GUSP
12
Control in / out Control
Figur 14:
3.2
Zur 3-Phasen Last
3-Phasen NPC-Umrichter mit IGCT
Anwendungsbeispiele
Den hohen Neuheitgrad der IGCT-Technologie
erkennt man besonders bei der Suche nach bereits
realisierten Anwendungen. Erst wenige prominente
Beispiele können hier genannt werden doch die Zahl
der Einsätze wächst stetig.
Den ersten und zugleich bisher umfangreichsten
Einsatz der IGCT-Technologie stellt die 100MW
Bahnetzkupplung „Bremen“ dar. 12 H-Brücken mit je
4 Schaltereinheiten à 6 (4 + 2 redundante) GCTs in
Serieschaltung
speisen
12
hintereinander
geschaltete Bahntransforma-toren. Durch versetzte
Taktung dieser Einheiten wird eine stufen-modulierte
Ausgangs-spannung
erzeugt,
die
durch
Taktungsverschiebung in Amplitude und Phase auf
jeden ge-wünschten Wert eingestellt werden kann.
Diese 288 Umrichterelemente sowie 24 weitere in
Spannungsbegrenzern arbeiten seit September 1996
ohne Defekt – ein Ergebnis, das bereits weiter oben
im Kapitel 2.6.3 (Zuverlässigkeit) gewürdigt wurde.
3.2.2
Figur
16:
Figur 15:
ETG Tagung
IGCT-
Dd1
C d1
CDC2
mit
Blockschaltbild
und
Foto
Bahnnetzkupplung „Bremen“.
der
Dynamic Voltage Restorer
Luftgekühltes 1,5MW 3-Phasen-Modul
Aufgrund ihrer hohen Taktfrequenz-grenze eignen
sich IGCTs hervor-ragend zum Einsatz in schnellen
Netzregelungen. Figur 16 zeigt ein Umrichtermodul
aus dem DVR „Singapur“. Obwohl es für 1050Hz
Taktfrequenz ausgelegt ist, kommt es mit Luftkühlung
aus, denn sein Um-richterbetrieb wird jeweils für
maxi-mal 150ms benötigt.
100MW
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Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998
ABB Industrie AG
Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
3.2.3 ACS 1000: Eine neue Klasse von
Mittelspannungsantrieben
Auch im Dauerbetrieb können mit IGCTs hohe
Schaltfrequenzen
bei
hohen
Spannungen
wirtschaftlich erreicht werden: Im ACS 1000 arbeiten
die IGCTs bei einer mittleren Schaltfrequenz von
500Hz in einer 3-Phasen 3-Punkt-Schaltung. So wird
der Einsatz eines Sinusfilters am Ausgang des
Umrichters möglich – und selbst die Speisung von
Standard Normmotoren (Retrofit) problemlos.
schätzen wir den heutigen Stand ein, und wie wird er
sich weiterentwickeln? – auf diese und ähnliche
Fragen werden wir im folgenden Antworten suchen.
Allzu viele Einflussgrössen müssen berücksichtigt
werden, wenn die Einordnung einer neuen
Technologie und Voraussagen über ihre Zukunft
gelingen
sollen.
Neben
technischen
und
kommerziellen
Faktoren
haben
oft
sogar
entwicklungspolitsche Faktoren eine entscheidende
Bedeutung. Gerade solche Einflussgrössen aber
lassen sich nur schwer erfassen und quantifizieren.
Im folgenden Kapitel werden wir uns deshalb darauf
beschränken, einige unserer Meinung nach wichtige
technische
und
kommerzielle
Argumente
zusammenzustellen. Die Schlussfolgerungen daraus
möchten ganz bewusst dem Leser überlassen.
4.1
Die
Funktionsprinzipien
Leistungshalbleiter im Vergleich
der
Figur 17: Blockschaltbild des ACS 1000
Das Potential einer jeden Entwicklung hängt stark
von ihrem Fundament ab. Deshalb werden im
folgenden zuerst die Funktionsprinzipien der
Leistungshalbleiter einander gegenüber gestellt.
Figur 18:
Luftgekühlter ACS 1000 für 1,2 MW bei 4,16 kV Ausgangsspannung
In der Gegenüberstellung nach Figur 20 steht die
Diode (a) an erster Stelle. Dioden werden zwar durch
Umkehr der äusseren Stromrichtung und nicht durch
Gatesteuerung abgeschaltet, doch während des
Reverse Recovery müssen sie das Plasma geradeso
ausräumen wie jedes abschaltbare bipolare SiHochspannungsbauelement. Bei Dioden trifft man
deshalb auch grundsätzlich die gleichen Tradeoffs
an: Für einen guten Durchlass braucht es viele
Ladungs-träger – Ladung, die beim Abschalten
wieder entfernt werden muss. Beschaltungsfreier Betrieb fordert deshalb auch Dioden in ganz
besonderem Masse, und die Schaltverluste nehmen
recht signifikante Werte an.
Diode
2,8kV DC
Figur 19
Ausgangsspannung und
Ausgangsstrom eines
ACS 1000 bei
Nenndrehzahl
GTO
GTO
2,8kVDC
IGBT
2,8kV DC
G
GC
CT
T
2,8kV
2,8kVDC
DC
MCT
2,8kV DC
+
+
+
+
+
p+
p+
p+
p+
p+
n450 µ
µm
n450 µ
µm
n450 µ
µm
p
p
n450 µ
µm
n
+
n750 µ
µm
n+
p
-
n+
G
n+
G
n+
holes
G
electrons
G
-
-
-
-
4
Einordnung der IGCT-Technologie
Im Vergleich zu den etablierten Leistungshalbleitern
ist die IGCT-Technologie noch verhältnismässig
jung. Wichtige Schritte ihrer Entstehung wurden in
den vorangehenden Kapiteln dargelegt. Wie aber
ETG Tagung
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Figur 20:
Das Funktionsprinzip abschaltbarer Leistungshalbleiter im
Vergleich zur Diode.
Insbesondere der Tradeoff zwischen Durchlass- und
Schaltverlusten scheint bei Si-Dioden inzwischen
weitgehend gefestigt: Zwar sind immer wieder die
Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998
Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
unterschiedlichsten Versuche unternommen worden,
diesbezüglich
deutliche
Verbesserungen
zu
erreichen, doch die an sich unkomplizierte
Grundstruktur der Dioden (p, n-, n) hat den Erfolgen
bisher enge Grenzen gesetzt. Wir möchten die SiDiode deshalb hier als Massstab verwenden.
Gegenüber der Diode zeigt ein Standard-GTO (b)
ganz offenkundige Schwächen: Seine n- Zone ist viel
zu dick! Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass sein
Tradeoff ungünstiger liegt: will man den gleichen
Durchlass, so muss mehr Plasma eingebracht
werden, und die Abschaltverluste fallen höher aus.
Will man die gleichen Abschaltverluste, so muss man
beim Durchlass Konzessionen machen. Die Dicke
also macht dem GTO zu schaffen! Und die war nur
schwer zu reduzieren, denn damit erhöhte sich meist
die Instabilität beim Übergang vom Thyristor- zum
Transistorbetrieb (Vergl. Figur 1) meist erheblich.
Ein IGBT (Figur 20c) vermeidet dieses Problem!
Doch beim IGBT wird ein Strom in Kanälen durch
Feldeffekt gesteuert, und Feldeffekt benötigt die
Separation der Ladungsträgerarten, um steuernd
wirken zu können (positives Potential am Gate z.B.
zieht negative Ladungsträger an und kann so den
Strom erhöhen; positive dagegen würde es
abstossen und damit in umgekehrter Weise wirken) .
In
n-Kanal
IGBTs
werden
die
positiven
Ladungsträger an der Steuerstruktur vorbei gelenkt
werden – sie können deshalb nicht zur Injektion von
Ladungsträgern aus der Kathode verhelfen. IGBTs
haben deshalb nahe der Kathode eine im Vergleich
zur Diode niedrige Ladungsträgerdichte und fallen
dadurch im Tradeoff deutlich zurück.
Der GCT (Figur 20d) verbindet die Stärken von GTO
und IGBT: Er kann dünn hergestellt werden und hat
gleich dem GTO die volle Injektion aus Kathode und
Anode. Sein Tradeoff kommt deshalb dem der Diode
sehr nahe. Ein Nachteil liegt nur im Steueraufwand:
Die Feldsteuerung des IGBT benötigt weit weniger
Energie als die Gatesteuerung eines GCT – und die
Ansteuereinheit eines IGBT scheint damit einfacher.
Hier könnte mit dem MCT (Figur 20e) Abhilfe
geschaffen werden: Ein Thyristor gleich dem GCT
sollte durch viele einzelne integrierte Kanäle
abgeschaltet werden. In der Tat wäre er der
Spitzenreiter, wenn es nur möglich wäre, mit diesem
Funktionsprinzip
homogen
schaltende,
linear
skalierende
Bauelemente
herzustellen.
Alle
entsprechenden Anstrengungen aber haben nicht
den gewünschten Erfolg gebracht. So nimmt der
GCT heute die Spitzenposition ein.
ETG Tagung
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4.2
Die Elementeigenschaften
In
der
vergangenen
Zeit
sind
in
den
unterschiedlichsten
Publikationen
Vergleiche
zwischen dem IGBT, dem GTO und dem IGCT
erschienen.
Je
nach
Vergleichsbasis
und
Anwendungsbezug sehen die Daten etwas
unterschiedlich aus – der Gesamteindruck aber
spiegelt in allen Fällen das im vorangegangenen
Kapitel dargelegte wieder. Exemplarisch sei deshalb
hier
nur
eine
der
Zusammenfassungen
wiedergegeben.
Key
Key Feature
Feature Comparison
Comparison for
for >> 33 kV
kV
Features
IGBT
GTO
device on-state
100 %
70 %
50 %
device turn-off loss
100 %
100 % (2)
100 %
device turn-on loss
100 %
30 %
5%
gate drive power
1%
100 %
50 %
short-circuit current
self limited (= f(tp))
external (choke)
external (choke)
dv/dt snubber
no
yes (2)
no
di/dt snubber
no
yes
very small
switch chip
discrete
monolithic
diode chip
discrete
monolithic
monolith
chip mount
solder (1)
pressure
pressure
IGCT
ic
(1) solder in general, pressure for special high temperature cycling applications
(2) compulsory snubber reduces losses
Figur 21: Die Hauptdaten der Hochspannungselemente IGBT, GTO
und IGCT in der Gegenüberstellung.
4.3
Die Schaltungstechnik
Die GTO-Schaltungstechnik kennt verschiedene
Lösungen, die Anforderungen des Halbleiters an
dV/dt und dI/dt zu erfüllen.
LDC
+
DC Input
ABB Industrie AG
CDC
+
Aux. supply
-
6
GUSP
6
Zur 3-Phasen Last
Control in / out C o n t r o l
M
Fig.22
GTO 3-Phasen-Umrichter in Mc-Murray Schaltung. Die
Streuinduktivität des Zwischenkreises LDC darf 1-2uH in der
Regel nicht übersteigen.
Zu den Schaltungen mit dem geringsten Aufwand an
Bauelementen gehört die Mc-Murray Schaltung – sie
sei
hier
zum
Vergleich
herangezogen.Im
Prinzipschaltbild (Figur 23) sieht die Anwendung des
IGBT tatsächlich leichter aus als die des IGCT in
Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998
ABB Industrie AG
Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
Figur 24. Doch gerade im Mittelspannungs-Einsatz
täuscht dieser Eindruck:
LD C
übernehmen: Wie im GTO-Umrichter wird der
Zwischenkreis im Falle eines Durchzündens der
GCTs gefahrlos entladen, denn der Strom ist durch
Ls begrenzt.
CD C
4.4
DC Input
+
-
6
+
Aux. supply
-
GUSP
6
Zur 3 Phasen Last
Control in / out Control
M
Fig 23:
IGBT 3-Phasen-Umrichter. Die Streuinduktivität des Zwis chenkreises LDC darf 0,1uH in der Regel nicht übersteigen.
LS
LDC
+
DC
Inp
ut
RS
CDC
Dd
Cd
-
6
+
Aux. supply
-
GUSP
6
Zur 3 Phasen Last
Control in / out C o n t r o l
M
Fig.24:
IGCT 3-Phasen-Umrichter. Ls reduziert das dI/dt für
die Freilaufdioden und überträgt die zugehö-rigen
Verluste auf Rs. Die Streuinduktivität des Zwischenkreises LDC darf bis zu 1uH erreichen
- Es ist recht anspruchsvoll, ein niederinduktives
Bus-System für V≥1,5kV DC und I>500A zu
erstellen, denn Teilentladungsfreiheit oder -festigkeit
und grosse Resistenz gegen Stossstrombelastungen
müssen bei grossem Leiterquerschnitt und
genügender Isolatordicke realisiert werden.
- IGBTs können den Strom begrenzen. Doch die
Grenzauslegung wird durch den worst case
bestimmt. Im Mittelspannungseinsatz wird man
deshalb
in
der
Regel
einen
wirksamen
Explosionsschutz
(Crowbar,
mechanische
Vorkehrungen etc.) vorsehen müssen.
- IGBTs begrenzen das dI/dt der Freilaufdioden.
Dadurch können Bauelemente (L, R, D, C)
eingespart werden. Bei niedrigen Spannungen (z.B.
800V) und kleinen Strömen (z.B. 100A) wirkt das
sicher
kostenreduzierend.
Im
Mittelspannungsbereich aber scheint es günstiger,
die betreffenden Einschaltverluste in einen
kostengünstigen Widerstand Rd zu transferieren.
- Durch die hohe Stossstromtragfähigkeit und die
noch weit höheren Explosionsintegrale der GCTs
kann die dI/dt-Drossel Ld auch Sicherheitsfunktionen
ETG Tagung
Seite 11 von 12
Und die Kosten?
Mit an oberster Priorität steht jeweils bei einem
neuen Produkt die Frage nach den Kosten. Sinnvolle
Preisvergleiche
aber
setzen
eine
gewisse
Produktionserfahrung voraus. In der Einstiegsphase
dagegen werden die tatsächlichen Produktkosten
von zu vielem anderen überlagert.
Dennoch
sind
verschiedentlich
Vergleiche
unternommen und zum Teil auch bereits veröffentlicht worden. Immer hat sich dabei etwa der gleiche
Trend ergeben: Ab etwa 1MVA zeigt sich der IGCT
dem
IGBT
überlegen.
Je
höher
die
Betriebsspannung, desto ausgeprägter erscheint
dieser Unterschied. Figur 25 zeigt einen Versuch auf
der Basis der Materialkosten. So wird man von Fall
zu Fall neu entscheiden müssen, bis klarer zu
erkennen ist, ob die weit geringere notwendige
Siliziumfläche dem IGCT oder die grossvolumige
MOS-Technologie dem IGBT zu weiterem Vorteil
verhelfen können. Und natürlich wird man warten
müssen, bis andere Kostenfaktoren wie die Gate
Unit
und
ihre
Versorgung,
die
passiven
Bauelemente, die Mechanik und nicht zuletzt die
Entwicklungskosten und time to market sich weiter
klären.
140%
120%
100%
80%
6 kV IGCT
60%
3.3 kV IGBT
(0.67$/A)
40%
20%
0%
0,4
MVA
1
MVA
1,5
MVA
2
MVA
2,5
MVA
3
MVA
Fig. 25: Materialkosten von IGBT und IGCT Umrischtern im Vergleich
5
Zusammenfassung und Ausblick
In den wenigen Jahren seit ihrer Entstehung hat die
sich IGCT-Technologie bereits einen festen Platz im
Mittelspannungsbereich schaffen können. Ihre starke
Verankerung im GTO und IGBT führt zu einer
Entwicklung in überschaubaren Schritten (Figur 26).
Sie
vereint
die
Stärken
dieser
beiden
Technologieträger,
ohne
deren
Nachteile
mitzuschleppen.
Bad Nauheim, 12 – 13 Mai, 1998
40%
0%
1993
Fig.
26:
U-Modul
Serieschaltung
80%
ACS 1000 Prototyp
ACS 1000 launch
2,5MVA DVR
Der GCT – Stärken von GTO- und IGBT- Technologie in einer Einheit
100MVA Bahnnetzkupplung
ABB Industrie AG
ene
hied
en
versc wendung
n
A
e
r
e
Plastik-Gehäuse
weit
Integrierter Kühler
Modulare GU
R Th Reduktion
250A - 4kA GCT Familie
6kA / 4,5kV 91mm GCT
1kA / 6kV rückwärtsleitend
Dioden ohne Snubber
Transparenter Emitter
3kA / 4,5kV GCT
Hart gesteuerter GTO
1995
1997
1999
2001
2003
Die Entwicklung der IGCT-Bauelemente und ihrer Anwendung.
Die IGCT-Technologie zeichnet sich deshalb aus
durch
• Hervorragende Bauelementeigenschaften
•
•
•
•
•
•
•
Hohe Sperrfähigkeit
Geringe Durchlass- und Schaltverluste
Hohe Schalt- und höchste Grenzfrequenz
Gute Ausnutzung der Silizium-Fläche
Homogene Stromverteilung
Lineare Skalierung der aktiven Waferfläche mit dem
Strom
Gute Modellierbarkeit
• Optimale Schaltungstechnik
•
•
•
•
Speisung aller Phasen von einem gemeinsamen Bus
Zentraler dI/dt-Begrenzer mit integriertem Clamp
Unkritischer Zwischenkreisanschluss
Vollkommene Sicherheit auch unter worst case
Bedingungen
• Einfachste Ansteuerung
•
•
•
Direkte Befehlsübertragung (ein – aus)
Keine Regelkreise (dV/dt, dI/dt)
Zweidrahtspeisung mit niedriger Leistung
Niedrige Bauelementzahl, keine Spezialkomponenten
•
•
•
Ein Chip pro Schaltfunktion, minimale Chipanzahl
Monolitische Integration bis zu höchsten Leistungen
Hybride Integration von Leistungshalbleiter, Ansteuerung
und Kühler
Robuste Druckkontakttechnik mit einfachster Zentrierung
Modularer Aufbau
Einfacher Service
•
• Überlegene Mechanik
•
•
•
Mit diesen Eigenschaften und grossem Potential zum
Aufbau weiterer Stärken wird der IGCT zum idealen
Nachfolger für den GTO.
Danksagung
Zahlreiche Mitarbeiter und Führungskräfte aus ABB
Industrie AG, ABB Semiconductors AG und der ABB
Forschung haben wesentlich zum Erfolg der IGCTTechnologie beigetragen. Ihnen allen gilt ein
besonderer Dank. Ausdrücklich genannt werden
muss aber auch der Beitrag von Mitsubishi Fukuoka
Works und die gute Zusammenarbeit mit Mitsubishi
Europe – die Mitsubishi Aussen-Ringgate-GTOs
haben uns geholfen, gerade die Arbeiten in der
Einstiegsphase wesentlich zu beschleunigen.
Literaturhinweise
Aufgrund der Vielzahl der inzwischen erschienenen
Beiträge soll auf direkte Zitate weitgehend verzichtet
werden.
Stattdessen
sind
nachfolgend
weiterführende Artikel zum Thema aufgeführt:
[1] H.
Grüning, A. Zuckerberger: Hard Drive of High Power
GTOs: „Better Switching Capability obtained through Improved
Gate-Units“, Conf. Rec. 1996 IEEE IAS.
[2] H.E. Grüning, B. ∅degard, J. Rees, A. Weber, E. Carroll, S.
Eicher, „High Power Hard Driven GTO Module for 4.5kV/3kA
Snubberless Operation“, Conf. Rec. PCIM, 1996, pp. 169-183.
[3] R. Boeck, O. Gaupp, P. Dähler, E. Bärlocher, J. Werninger,
P. Zanini. „Bremen's 100 MW static frequency intertie“. ABB
Review 6 (1996)
[4] S. Klaka, M. Frecker, H. Grüning: „The Integrated GateCommutated Thyristor: A New High-Efficiency, High-Power
Switch for Series or Snubberless Operation“, PCIM, Nürnberg,
1997.
[5] Carroll, E., Klaka, S., Linder, S.: “Integrated GateCommutated Thyristors: A New Approach to High Power
Electronics”, Press Conference, IEMDC, Milwaukee, May 20,
1997.
[6] André A. Jaecklin, “ Integration of Power Components - State
of the Art and Trends“, EPE Conf ‘97, Trondheim, 1997.
[7] S. Linder, S. Klaka, M. Frecker, E. Carroll, H. Zeller: „A new
range of reverse conducting Gate-Commutated Thyristors for
high voltage medium power applications“, EPE, Trondheim 1997.
[8] S. Bernet, R. Teichmann, A. Zuckerberger, P. Steimer,
„Comparison of High Power IGBTs and Hard Driven GTOs for
High Power Inverters”, APEC, Anaheim, 16. – 18. Februar 1998.
• Unübertroffene Stromrichtereigenschaften
•
•
•
•
•
•
Niedrige Verluste
Höchste Zuverlässigkeit
Geringes Bauvolumen und Gewicht
Wohldefinierte und beherrschbare Schnittstellen zu
Zwischenkreis, Last und Control
Serieschaltung
zur
Realisierung
grösster
Umrichterleistung
Weitere Erhöhung der Zuverlässigkeit durch volle
Redundanz der Stufen in der Serieschaltung
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