Bingen/Kigali Bereits zum vierten Mal bereiste eine 16

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Bingen/Kigali Bereits zum vierten Mal bereiste eine 16
Bingen/Kigali Bereits zum vierten Mal bereiste eine 16-köpfige Schülerdelegation des Stefan-GeorgeGymnasiums in Bingen am Rhein das rheinland-pfälzische Partnerland Ruanda.
Die Gruppe, die das „Land der tausend Hügel“ vom 24.1. bis zum 8.2.2013 hautnah erleben konnte,
wurde begleitet von drei Lehrern des SGG sowie Dr. Michael Schneider, dem Betriebsarzt von
Boehringer Ingelheim, einem ausgebildeten Tropenarzt.
Nicht unerheblich für den Erfolg der Reise verantwortlich war auch Jacques Nshimyumukiza, der für
die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit tätig ist, und ohne den der Delegation
wohl viele Türe und Toren in Ruanda verschlossen geblieben wären.
Auf ihrer Tour besuchten die Schüler im Alter zwischen 15 und 19 Jahren unter anderem ihre
Partnerschule in Nyagahanga, den Akagera-Nationalpark und verschiedene Künstler in Kigali, der
Hauptstadt Ruandas.
Den Nutzen der zwar kostspieligen, aber extrem emotionalen wie beeindruckenden Reise in das Herz
des afrikanischen Kontinents beschreibt Prof. Dr. Volker Wilhelmi, Hauptverantwortlicher der Tour,
so: „Wir investieren in die Köpfe der Schülerinnen und Schüler. So ein Trip beeinflusst einen ein
Leben lang, egal, ob man später in die Entwicklungshilfe geht oder als Broker arbeitet.“
Auch schon vor Ort konnten die Reiseteilnehmer Projekte direkt unterstützen. So lag die
Verwendung der Spendengelder, die die Schüler des Stefan-George-Gymnasiums während der Aktion
Tagwerk und des Laufs für Ruanda im Sommer letzten Jahres gesammelt hatten, in der
Verantwortung der Gruppe. Nachdem eine Einrichtung besucht worden war, konnten die
Reiseteilnehmer aktiv die sinnvollste Verwendung der Gelder diskutieren und mitentscheiden.
Mitunter führte dies zu hitzigen Diskussionen, wie zum Beispiel bei der Unterstützung der
Partnerschule: Wird nach westlichen Maßstäben entschieden und werden neue sanitäre Anlagen
errichtet, oder geht man auf die geäußerten Bedürfnisse der Partner ein und finanziert Computer
und Internetanschluss?
14 Tage Zeit, um ein Land wie Ruanda kennenzulernen – mit dem richtigen Programm kann das sehr
gut funktionieren.
Um das Wachstum Kigalis zu veranschaulichen, war eines der ersten Projekte auf diesem Programm
die Großbaustelle des Kigali Convention Center. Das Zentrum, das Geschäftsreisende aus aller Welt in
die Millionenstadt locken soll, ist mit dem Bau im Verzug, und hat auch sonst viele der Probleme
vorzuweisen, die bei Megabauprojekten in Afrika an der Tagesordnung sind. Auch bei den
Bauarbeitern läuft vieles anders als im Westen: Nagelneue Arbeitsstiefel werden nicht auf der
Baustelle abgenutzt, sondern sonntags in der Kirche getragen. Stattdessen geht man in Turnschuhen
oder Flip-Flops zur Arbeit. Das ist Afrika.
Viele ausländische Bauunternehmen sind in Ruanda tätig, zum Beispiel auch im Straßenbau. Das kam
den Schülerinnen und Schülern auf der langen Fahrt zur Partnerschule in Nyagahanga, der École
Feminine Agrar (E.F.A.) zugute.
Hier konnten die Partnerschüler beider Schulen frei miteinander kommunizieren, im Gegensatz zu
vorhergegangen Besuchen, wo die Berührungspunkte möglichst klein gehalten wurden.
Dementsprechend wurden die SGG-Schüler vor den offiziellen Feierlichkeiten einzeln auf dem
Gelände herumgeführt und bekamen so unter anderem die Felder und Ställe zu sehen, mit denen
sich das Internat selbst versorgt. Die Aussage, dass das Stefan-George-Gymnasium keine eigenen
Kühe hält, erntete einiges Gelächter.
Kontrast zu diesem freudigen Tag lieferte der Besuch einer Gedenkstätte in Kigali, die den Opfern des
1994 verübten Genozids gewidmet ist, aber ebenso Informationen zu diesem und anderen
Völkermorden auf der ganzen Welt liefert. Durch solche Einrichtungen, aber auch durch Dinge wie
den jährlichen Gedenkmonat April, versucht die Regierung unter Paul Kagame, den Heilprozess in
Ruanda voranzutreiben.
Auch die Kunstszene Kigalis verarbeitet Eindrücke aus dem Genozid: So zeigte zum Beispiel eine
Künstlerin beim Besuch einer Kunsthochschule ein Bild voll ineinander verschlungener Wege, das die
unterschiedlichen Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit den Ereignissen von 1994 ausdrückt.
Der Künstler in Kigali steht aber auch vor ganz praktischen Problemen; einer berichtete, wie er jedes
Mal 24 Stunden unterwegs ist, um sich seine Materialien zu besorgen.
Ganz so lange dauerte die Fahrt in den Akagera-Nationalpark nicht – zum Glück, da die
Savannensonne die Businsassen beinahe schmelzen ließ und die Bremsenschar draußen das
Fensteröffnen unmöglich machte.
Spätestens nach den ersten wilden Flusspferden, Giraffen und Elefanten war das aber vergessen.
Der Unmut wuchs höchstens wieder, als ein wütender Elefantenbulle drohte, den Bus anzugreifen,
doch der Fahrer konnte noch das Schlimmste verhindern.
Vielleicht nicht gerade wegen solcher Erlebnisse, aber zum Beispiel wegen denen in der E.F.A. und
der Genozid-Gedenkstätte ist eine Studienreise wie diese sicher wichtige Investitionen in die Köpfe
und das gesamte spätere Leben.
Jan Casper