Histologie des Auges

Transcrição

Histologie des Auges
Histologie des Auges
Hintergrundinformation zum Präparationsabend in der MGW 05/2012
Von Dr. Thomas Kann
Einleitung:
Am 12.05.2012 wurden im Rahmen eines Präparationsabend folgende Dauerpräparate
angefertigt:
• Präparat 1: Sklera + Choroidea vom Schwein
• Präparat 2: Auge ganz (inkl. Netzhaut) vom Meerschweinchen
• Präparat 3: Auge vorne: Cornea; Iris, Sklera; Teile der Linse vom Schwein
Die Fixierung des Gewebes erfolgte in Formalin; die Einbettung in Paraplast; geschnitten
wurde am Reichert Rotationsmikrotom mit Schnittdicke 10 m.
Gefärbt wurde nach AZAN.
Makroskopische Anatomie:
Von Außen nach Innen besteht das Auge aus 3 zwiebelschalenartig angeordneten Häuten
(Abb.1): Die äußere Augenhaut wird vorne von der Hornhaut (Cornea) und der Bindehaut
(Konjunktiva) gebildet – hinten von der Lederhaut (Sklera). Die innerste Augenhaut besteht
aus der Netzhaut (Retina). Dazwischen spannt sich die mittlere Augenhaut auf – bestehend
aus Iris (Regenbogenhaut), Ziliarkörper und Aderhaut (Choroidea). Den mit Kammerwasser
gefüllten Raum zwischen Hornhaut, Iris und Linse bezeichnet man als vodere Augenkammer,
den Raum zwischen Iris, Linse und Zonulafasern als hintere Augenkammer (Abb.2)..
Abb1.: Aus:O. Bucher, H. Wartenberg: Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie
des Menschen Verlag Hans Huber; 11 Auflage; 1992
30
Abb.2: Aus:O. Bucher, H. Wartenberg: Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie
des Menschen Verlag Hans Huber; 11 Auflage; 1992
Mikroskopische Anatomie: Äußere Augenhaut: Tunica fibrosa bulbi:
Lederhaut (Sklera, Abb.3, 17):
Die beim Menschen durchschnittliche 0,5mm dicke Lederhaut besteht aus straffen,
kollagenem Bindegewebsfasern mit Blutgefäßen. Dazwischen kommen vereinzelt
Fibroblasten und Chromatophoren vor. Letztere sind an ihren Pigmenteinschlüssen leicht zu
erkennen. Nach Innen grenzt die Sklera in einer dünnen Verschiebeschicht aus lockerem
Bindegewebe an die gefäßreiche Aderhaut (Choroidea).
Nach vorne gehen die lichtundurchlässigen, straffen Kollagenfasern der Sklera in das
lichtdurchlässige Stroma der Hornhaut (Cornea) über. An dieser gefäßreichen Stelle (Limbus
corneae) liegt auch der Übergangsbereich zwischen Bindehaut (Konjunktiva) und vorderem
Epithel der Hornhaut. Innen liegt dem Limbus corneae der sogenannte Iridocornealwinkel an.
Hier wird in einem venenreichen lockeren Bindegewebe (Retinaculum trabeculare) das vom
Ziliarkörper gebildete Kammerwasser rückresorbiert (s. Abb. 4)
Bindehaut (Konjunktiva; Abb. 4):
Diese dünne Schleimhaut bedeckt die innere Oberfläche der Augenlider und den vordern Teil
des Auges bis zur Cornea. Sie besteht aus einem mehrschichtig, unverhornten Plattenepithel
und einer lockeren Bindegewebsschichte (Lamina propria).
31
S
C
Abb. 3: Lederhaut (Sklera = S) und Aderhaut (Choroidea = C) vom Schwein; 100x;
Kernfärbung mit Kresylechtviolett
K
L
S
C
R
Z
I
Abb.4: Iridocornealwinkel mit Limbus corneae (= L); Meerschweinchen; 40x;
Kresylechtviolett: Konjunktiva = K; Corneastroma = C; Retinaculum trabeculare = R; Iris =
I; Z = Ziliarkörper; S = Sklera
32
Hornhaut (Cornea): Abb.5,6, 18:
Die lichtdurchlässige Cornea besteht aus
5 Schichten:
Vorderes Hornhautepithel,
Bowman Membran (Lamina Limitans
anterior);
Stroma (Substantia propria);
Desçemet Membran (Lamina limitans
posterior);
hinteres Corneaepithel (sogenanntes
Endothel).
Abb.5:. Aus:O. Bucher, H. Wartenberg: Cytologie,
Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen
Verlag Hans Huber; 11 Auflage; 1992
Das vordere Epithel der Hornhaut ist platt und unverhornt und besteht aus 5-6Zelllagen. In der
basalen Zellschicht finden sich Mitosen, da von hier die Zellerneuerung der Cornea ihren
Ausgang nimmt. Beim Menschen erneuert sich dieses Epithel ca. alle 7 Tage. Darunter
befindet sich eine für die mechanische Stabilität der Hornhaut wichtige, homogene Membran
(Bowman Membran) die aus dichter Interzellularsubszanz und kurzen Kollagenfasern besteht.
Das ca. 0,5 mm dicke Stroma der Hornhaut besteht aus parallelen Kollagenfaserbündel die in
einer stark wasserbindenden, amorphen Grundsubstanz eingebettet sind. Das hintere
einschichtige Plattenepithel der Kornea (Endothel) liegt einer verdickten Basalmembran
(Desçemet Membran) auf.
33
Abb.6: Hornhaut vom Schwein; 400x; Kresylechtviolett-Eosin: Vorderes unverhorntes
Plattenepithel und Stroma
Mikroskopische Anatomie: ;Mittlere Augenhaut (Tunica vasculosa bulbi):
Aderhaut (Choroidea): Abb.7
Die blutgefäßreiche Aderhaut besteht aus lockerem Bindegewebe mit zahlreichen
Fibroblasten, Abwehrzellen und Melanozyten. An der inneren Grenzfläche der Choroidea
sorgen Blutkapillargefäße für die ausreichende Versorgung der anliegenden Netzhaut.
S
V
C
Abb.7: Straffes, kollagenes Bindegwebe der Sklera(S) und Choroidea (C) vom Schwein,
400x; Kresylechtviolett - Eosin Färbung; Venole (V);
Ziliarkörper (Strahlenkörper): Abb.8, 9, 10, 19
Der Ziliarkörper bildet einen Ring, der der Sklerainnenseite im vorderen Teil des Auges
anliegt. Er besteht aus zwei Teilen, einem flachen Teil (Pars plana) und einem „faltigen “Teil
(Pars plicata).Letzterer besteht aus 70-80 Ziliarfortsätzen (Processus ciliares) und
Einfaltungen (Plicae ciliares). An den Ziliarfortsätzen inseriert der Aufhängeapparat der
Linse, die sogenannten Zonulafasern (Fibrae zonulares).
Das Epithel des Ziliarkörpers besteht aus 2 Zelllagen: Die obere Schichte besteht aus
unpigmentierten, hochprismatischen Zellen; die untere Schichte liegt dem Bindegewebe des
Ziliarkörpers auf und besteht aus melaninreichen hochprismatischen Zellen.
Histophysiologisch ist das Ziliarkörperepithel als Produktionsort des Kammerwassers
bedeutsam.
34
Das Stroma des Ziliarkörpers beinhaltet neben lockerem Bindegwebe, Gefäßen, Melanozyten
und elastischen Fasern den glatten Musculus ciliaris, der für die Akkomodation der Linse
wichtig ist.
Abb.8: Aus: A. Stevens, J. Lowe: Histologie; übersetzt von K. Tiedemann; VCH Verlag 1992
35
C
S
I
Zi
Zo
L
Abb.9: Iridocornealwinkel des Schweineauges: 40x; Kresylechtviolett – Eosin: S = Sklera; I
= Iris; L = Linse (nur tlw. erhalten); Zo = Zonulafasern; C = Cornea; Zi = Ziliarfortsätze
36
1
2
Abb.10:Ziliarkörper, Schwein; 400x; Kresylechtviolett – Eosin: 1 = Obere Zellschichte; 2 =
pigmentierte Zellschichte: Zellgrenzen und Zellkerne aufgrund Pigmentierung nicht
erkennbar
Iris (Regenbogenhaut): Abb.11, 12, 13, 20, 21
Die Iris ist als runde Platte mit einer mittigen Ausparung (Pupille) dem Ziliarkörper vorne
angeheftet. Die der Kornea zugewandte Vorderseite weist kein Epithel auf und ist daher
uneben und rauh. Die der Linse zugewandte Hinterseite der Iris weist analog zum Zilarkörper
ein 2-lagiges Epithel auf. Im Gegensatz zum Epithel des Ziliarkörpers sind jedoch in der Iris
beide Zelllagen stark pigmentiert. Das Irisstroma besteht aus lockerem Bindegewebe mit
Fibroblasten und Melanozyten. Die Pigmentzellen der Iris verhindern Streulicht und
ermöglichen so die Funktion der Iris ähnlich einer Blende im Photoaapparat.
Die Iris weist 2 glatte Muskeln auf: M. sphincter pupillae (parasympathisch innerviert) ,
welcher deutlich inmitten der Iris im histologischen Präparat zu sehen ist und den M. dilatator
pupillae (sympathisch innerviert), welcher umittelbar am hinteren Epithel der Iris „klebt“ und
meist nur sehr undeutlich im histologischen Präparat zu erkennen ist.
37
Abb.11: Aus: Histologie: Schwarzacher, Schnedl; Pavelka; Facultas; 5. Auflage; 1995; S. 332
Abb.12: Aus: A. Stevens, J. Lowe: Histologie; übersetzt von K. Tiedemann; VCH Verlag 1992
38
C
Vordere
Augenkammer
S
M
Hintere
Augenkammer
E
Abb. 13: Iris, Schwein; 40x; Kresylechtviolett – Eosin: M = M. sphincter pupillae, S =
Stroma der Iris; C = Cornea; E = Epithel;
Mikroskopische Anatomie: Innere Augenhaut: Retina, Abb.14, 15:
Die Netzhaut besteht aus einem vorderen lichtunempfindlichen Teil und einem hinteren
lichtempfindlichen Abschnitt . Letzterer besteht aus einer inneren Pigmentzellschicht sowie
einer äußeren Nervenschichte (Stratum nervosum). Folgende Schichten lassen sich im
Stratum nervosum von außen nach innen unterscheiden:
Stratum neuroepitheliale: Stäbchen- und Zapfenschichte: Die lichtempfindlichen
Zellfortsätze in Form von Stäbchen und Zapfen beinhalten die 1. Station der chemischenelektrischen Lichtverarbeitung: Sehpurpur (Rhodopsin) in den Stäbchen zerfällt unter
Lichteinfall und löst eine Hyperpolarisation der Zellmembran aus. Zapfenzellen enthalten 3
Arten lichtempfindlicher Sehpigmente die für je eine Farbe (rot, grün oder blau) empfindlich
sind.
Äußere Körnerschichte (Stratum nucleare externum): besteht aus den Zellkernen der
Stäbchen- und Zapfenzellen (= 1. Neuron der Erregungsleitung)
Äußere plexiforme Schicht (Stratum plexiforme externum): eine zellarme
Nervenfaserschicht mit vielen Synapsen
Innere Körnerschicht (Stratum nucleare internum): beinhaltet die Zellleiber und –
kerne von bipolaren Nervenzellen, von modulierenden, quervernetzenden Interneuronen, den
Horizontalzellen und amakrinen Zellen sowie von glialen Müller – Stützzellen. Die bipolaren
Zellen verschalten als 2. Neurone der Erregungsleitung die Stäbchen- und Zapfenzellen mit
den Ganglienzellen des Stratum ganglionare.
Innere plexiforme Schichte (Stratum plexiforme externum): eine Faserschichte mit
Synapsen zwischen bipolaren Zellen, amakrinen Zellen und Ganglienzellen der
Ganglienzellschichte
Ganglienzellschichte (Stratum ganglionare): besteht aus großen, multipolaren
Ganglienzellen, deren Axone den Sehnerv (Nervus opticus) bilden (= 3. Neuron der
Erregungsleitung): Es werden kleinere X-Zellen (10-15 m ) und große Y-Zellen (30-40 m)
unterschieden.
39
Stratum neurofibrarum: wird von marklosen Axonen der Ganglienzellschicht gebildet
Abb. 14: Aus: O. Bucher, H. Wartenberg: Cytologie, Histologie und mikroskopische
Anatomie des Menschen Verlag Hans Huber; 11 Auflage; 1992
40
Abb. 15: „Schaltplan“ der Netzhaut aus: A. Stevens, J. Lowe: Histologie; übersetzt von K.
Tiedemann; VCH Verlag 1992
Linse: Abb.16, 23, 24:
Die bikonvexe Linse besteht aus 4 Bauteilen:
Linsenkapsel
subkapsuläres Epithel
Linsenfasern
Zonulafasern: (Fibrae zonulares)
Die vorne ca. 10-20 m, hinten 5 m dicke Linsenkapsel erscheint im Lichtmikroskop
homogen und besteht aus dünnen Kollagenfaserlamellen und amorphen Glykoproteinen. Das
subkapsuläre Epithel bleibt an der Linsenvorderseite zeitlebens als einschichtig
isoprismatischen Epithel erhalten. Im Bereich des Linsenäquators entstehen aus den
Epithelzellen Linsenfasern, die auch die Rückseite der Linse bilden. Linsenfasern sind
modifizierte Epithelzellen: im Querschnitt hexagonal, 7-10mm lang, 1-10 m breit und 2 m
dick. Im Bereich des Linsenäquators sind die Zellkerne der Linsenfasern noch erhalten, weiter
innen gehen die Zellkerne verloren.
Der Aufhängeapparat der Linse besteht aus den Zonulafasern. Die radiär orientierten Fasern
inserieren an der Linsenkapsel und am Ziliarkörper. Durch die Zonulafasern überträgt sich die
passive elastische Spannung der Choroidea bei erschlafftem M. ciliaris auf die Linse, deren
Eigenkrümmung dadurch abnimmt (= Akkomodation auf Ferne). Bei Fokussierung auf einen
nahen Gegenstand bewirkt eine Kontraktion des Ziliarmuskels eine Abnahme der
Zonulaspannung und somit eine stärkere Eigenwölbung vor allem des vorderen Teils der
Linse.
Abb. 16: Schema der Linse
41
2
3
1
Abb.17: Sklera vom Schwein, 400x; Azan Färbung; 1 = kollagene Bindegewebsfasern, 2 =
Arteriolen; 3 = Melanozyten
1
2
3
Abb.18 Hornhaut vom Meerschweinchen; 100x; Azan-Färbung; 1 = vorderes Epithel; 2 =
Stroma; 3 = hinteres Corneaepithel (sogenanntes Endothel)
42
Abb.19: Ziliarkörper, Schwein; 100x; Kresylechtviolett - Eosin
1
2
5
3
4
Abb.20: Iris, Schwein; 100x; Azan Färbung; 1 = Cornea; 2 = Irisstroma; 3 = M. sphincter
pupillae; 4 = Epithel der iris; 5 = vordere Augenkammer
43
Abb.21: Iris, Schwein; 400x; Kresylechtviolett – Eosin: Melanozyten mit langen
Zellfortsätzen im Irisstroma und an der Voderseite der Iris
6
2
5
3
1
4
Abb.22: Netzhaut vom Meerschweinchen, 400x; Kresylechtviolett; innerstes Pigmentepithel
hier fehlend; 1 = Ganglienzellschichte; 2 = innere Plexiforme Schichte; 3 = Innere
Körnerschichte; 4 = äußere plexiforme Schichte, 5 = Äußere Körnerschichte; 6 = Stäbchenund Zapfenschichte hier tlw. schräg angeschnitten
44
Abb.23. : Ziliarkörper + Teil der Linse + Zonulafasern, 100x; Kresylechtviolett - Eosin
Abb.24. : Linse im Bereich des Linsenäquators, 400x; Kresylechtviolett - Eosin
45