Lichtspiel / Kinemathek Bern
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Lichtspiel / Kinemathek Bern
KINEMATHEK BERN 07 08 Sandrainstr. 3 CH-3007 Bern MI 12 07 T: +41 31 381 15 05 F: +41 31 381 15 41 JOUR DE FÊTE Jacques Tati, F 1949, 87' MO 18 07 HÖLLENTOUR Pepe Danquart, W. Schweizer, D/CH 2004, OV/d, 120' MI 27 07 FEUCHTWANGER LEBT! Herbert Krill, D 2012, 45'; Podium mit Herbert Krill SO 31 07 MIM RADL Kurzfilmrolle aus dem Lichtspiel-Archiv MI 03 08 LES TRIPLETTES DE BELLEVILLE www.lichtspiel.ch [email protected] SONNTAGS ÜBERRASCHUNGSPROGRAMM Filmische Leckerbissen aus unserem Archiv Die Zutaten für ein gutes Essen sind wichtig. Letztlich aber ist, was auf den Tisch kommt, mehr als ein gutes Essen, nämlich ein Leckerbissen, gerade weil wir nicht wissen, wie die Köchin oder der Koch das angestellt hat. Kommen Sie vorbei und lassen Sie sich von unseren Archivprogrammen jeden Sonntag neu überraschen. Wir servieren Ihnen ein abwechslungsreiches filmisches Menü aus Wochenschauen, alten Werbungen, Dokumentar- und Trickfilmen sowie Musikclips stets zu einem neuen Thema. Sylvain Chomet, FR/BE/CA 2003, 75' MO 08 08 WADJDA BAR JEWEILS AB 19H, FILME AB 2OH Haifaa Al-Mansour, Saudiarab./D 2012, Arab./d, 98' MI 17 0 8 GOYA Konrad Wolf, DDR 1971, D, 139' DO 18 0 8 LADY FROM SHANGHAJ Orson Welles, USA 1946, E/df, 87' MI 24 0 8 CYCLO Tran Anh Hung, Vietnam 1994, OV/df, 128' SO 28 08 WOMEN IN JAZZ Jazzfilmrolle präsentiert von Mr. Jazz Theo Zwicky Wir danken: Adrian Winkler, Zürich | Anja Fix, ZDF | Cinémathèque suisse, Lausanne | Defa-Filmverleih, Berlin | Filmbulletin | Herbert Krill, Los Angeles und Wien | Kino Cameo, Winterthur | Thomas Krebs, Bern | Mr. Jazz Theo Zwicky, Zürich | PIXIU Films GmbH, Zürich | Abteilung Kulturelles der Stadt Bern | Burgergemeinde Bern SOMMERFILMZYKLUS: MIM RADL 12 | 0 7 | 16 Radfahren sei, so ein englischer Arzt vor 1900, eine Form von Vergnügen, die wohl am meisten zur Förderung der Gesundheit beitrage, in unmässiger Weise oder unter ungünstigen Bedingungen betrieben bleibe es indes eins der gefährlichsten. Aus der Sicherheit des Kinopolsters heraus lösen wir uns einen Sommer lang flink aus dem Feld, steigen wir flott in die Pedale, machen wir mit Drahteseldieben kein Federlesen, flitzen wir Bösewichten davon, verteilen wir feiernd die Post und sparen wir für einen ersten Göppel. Viel Velo, nur biken tun wir nicht. 31 | 0 7 | 16 MIM RADL Kurzfilmrolle aus dem Lichtspiel-Archiv Gümmeler blochen, Velofahrer pedalieren und Steher stehen. Vor allem aber gibt es um den Drahtesel ganz viele Geschichten zu erzählen. Wir widmen uns ein kurzweiliges Archivprogramm lang dem sonntäglichen Familienausflug auf dem Velo, den Plünderungen französischer Brasserien durch Fahrer der Tour de France, dem Erfindergeist auf dem Radsattel und anderen Pumpen und Platten. Es verspricht ein rasanter Abend zu werden – und Stützräder sind für 18 | 0 7 | 16 JOUR DE FÊTE HÖLLENTOUR Jacques Tati Pepe Danquart, Werner Schweizer Das Leben im kleinen französischen Dorf Saint Sévère verläuft ruhig und friedlich, bis beim Jahrmarkt ein Film über die moderne Postzustellung in Amerika gezeigt wird. Die Welt gerät aus den Fugen, als der Dorfbriefträger François versucht, das Gesehene anzuwenden und die Effizienz der Post zu steigern - was nicht nur im Guten endet. In seinem ersten selbst geschriebenen und inszenierten Spielfilm zeichnet Tati einmal mehr das liebevolle Bild einer Dorfgemeinschaft im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. (Kino Cameo Winterthur) Anfänger. Unterstützt jedoch werden unsere Steher, die wir mit Karacho in die Steilwandkurven der mittlerweile hundertjährigen Rennbahn in Zürich-Oerlikon schicken. Und zwar werden sie von ihren Schrittmachern auf schweren Motorrädern unterstützt, stolzen Gesellen in Lederjacken und mit unbewegten Gesichtern. Wer die Möglichkeit hat, sich das Geknatter in der wunderbaren Rennbahn selbst anzuhören, die oder der tue das – wir haben umgekehrt das Vergnügen, an diesem Veloabend als Dessert den Kurzdokumentarfilm "Steher“ (Adrian Winkler, CH 2012, 9') bei uns vorzuführen, und zwar in Anwesenheit des Regisseurs Adrian Winkler. Die Tour de France ist eine Tour der Extreme. Von den Pyrenäen übers Massif central bis runter ans Meer der Côte d’Azur; unter Pinien durch, an Lavendelfeldern vorbei und über die kargere Alpenflora drüber; auf sandigen Wegen, betonierten Passstrassen und städtischem Pflaster. Roland Barthes widmete der Tour in seinen "Mythologies" 1957 einen Essay und las das Rennen – zwischen Andacht und Ernüchterung – als eine Art Neuauflage des homerischen Epos; Günther Grass bedachte die Tour später immerhin noch mit vier wunderbaren 03 | 0 8 | 16 LES TRIPLETTES DE BELLEVILLE Sylvain Chomet Vor den Toren von Paris findet der schweigsame Waisenjunge Champion bei seiner Grossmutter ein Zuhause. Zunächst ist er für nichts zu begeistern. Doch als eines Tages ein Dreirad im Flur steht, ist es um den Jungen geschehen. Champion wird zum leidenschaftlichen Radsport-Fan und bestreitet fortan jedes Rennen mit Oma und Hund Bruno im Schlepptau. Doch die beiden können nicht verhindern, dass er während einer Etappe der "Tour de France" entführt wird. Auf den Spuren ihres verschleppten Schützlings überqueren sie den Ozean und Versen: "Als die Spitzengruppe / von einem Zitronenfalter / überholt wurde, / gaben viele Radfahrer das Rennen auf.“ Die Tour de France gibt seit ihrer ersten Auflage 1903 zu reden, bei den verrückten Fans ebenso wie bei den Kritikern des 'Dopingsports'. Der Film "Höllentour" von Pepe Danquart fängt den Grossanlass in unvergleichlicher Weise ein. Er spürt der Anziehung und auch den Widersprüchen der grossen Tour nach, spricht mit begeisterten und ernüchterten Menschen, fährt mit dem Feld und löst sich wieder vom Peloton, um in versteckte Winkel dieser Radwelt zu blicken. Im Austausch mit Fahrern und im Rückblick auf die über hundertjährige Geschichte der Rundfahrt ersteht so nebenbei recht eigentlich eine Welt neu. treffen in einer Riesenstadt auf drei verschrobene alte Damen, die als legendäre Revue-Girls "Triplettes" schon bessere Tage gesehen haben. Gemeinsam schmieden sie einen Plan zur Befreiung von Champion, der mittlerweile bei dekadenten Wettspielen um sein Leben strampeln muss. Den Auftakt von "Les Triplettes de Belleville" macht eine karikierte Revuenummer im Stil der Dreissigerjahre, in der die jugendlichen Triplettes beschwingt den Ton angeben. Es folgt originelles, überraschendes Erzählkino, wie man es kaum je gesehen hat. In der hintergründigen Groteske wimmelt es von Skurrilitäten, die sich zu einem überzeugenden, witzigen Ganzen verbinden. (Riffraff) 24 | 0 8 | 16 WADJDA Haifaa al Mansour Abdullah fährt Rad. Und mit seinem Rad neckt Abdullah Wadjda. Denn Wadjda hat kein Rad. Wadjda ist zehn. Also geht Wadjda zur Schule. Auf Wadjas Schulweg liegt ein Spielzeuggeschäft, in dem ein schönes grünes Fahrrad steht, das ihr gefällt. Also braucht Wadjda Geld. Und da gibt es einen Rezitationswettbewerb für Koranverse. Und da ist ein Preis ausgesetzt. Also büffelt Wadjda Koranverse… Mit „Wadjda“ – gleichzeitig ihr Spielfilmdebüt – brachte die Regisseurin Haifaa Al Mansour 2012 den ersten ganz in Saudi-Arabien gedrehten Film ins Kino. Gewiss, Wadja begehrt auf mitten in einer Kultur, die dem Mädchen seinen Platz schon längst zugewiesen hat und sich um dessen Träume keinen Deut schert; Wadjda sorgt verschmitzt, eigensinnig und zuweilen empört für Unruhe. Ja, der Film ist eine Innenansicht einer Gesellschaft, die diesen kritischen Blick sich eigentlich nicht wünscht – die Regisseurin musste die Aussenaufnahmen auch per Walkie Talkie anleiten. "Wadjda" ist aber auch schlicht ein poetischer, aufwühlender und sehr liebevoller Film über ein Mädchen mit dem Namen Wadjda, das nun endlich ein Rad will. 27 | 0 7 | 16 17 | 0 8 | 16 FEUCHTWANGER LEBT! GOYA - ODER DER ARGE WEG DER ERKENNTNIS Herbert Krill FEUCHTWANGER LEBT! Konrad Wolf Das Ausrufezeichen im Filmtitel ist bemerkenswert, zumal Lion Feuchtwangers Wohnhaus bei Los Angeles, die spätere Villa Aurora, auch heute ein wichtiger Ort des kulturellen Austausches ist. Feuchtwangers Erbe ist drum auch ein ganz konkreter Raum, den der Schriftsteller seiner Emmigration abgetrotzt hat. Vom schwierigen Weg dorthin, vom Wurzelnschlagen und Fliehen, vom Sammeln und Aufgeben und vor allem vom Menschen Lion Feuchtwanger erzählt Herbert Krills eindrückliches Portrait. In Anwesenheit des Regisseurs 1971 machte sich Konrad Wolf in überzeugender Weise an das Wagnis, Lion Feuchtwangers eindrücklichen historischen Roman "Goya - oder der arge Weg der Erkenntnis" für die Leinwand umzusetzen: "Francisco José de Goya y Lucientes, Hofmaler der katholischen Majestäten Karl IV. und Maria Luisas von Spanien, ist ein wohlhabender und angesehener Mann und gilt zu Recht als bedeutender Künstler. Seine Werke zieren die Schlösser und Galerien der reichsten Familien Spaniens. Aber Goya ist ein Mann des Volkes, und der Widerspruch zwischen Königstreue und CYCLO Tran Anh Hung Nach dem Unfalltod seines Vaters übernimmt ein junger Mann dessen Arbeit als Fahrradrikscha-Lenker in Ho-Tschi-minh-Stadt – auch Saigon. Nachdem ihm aber sein Fahrrad geklaut wird, geht er einen albtraumhaften Weg, der ihn ins Netz der Mafia treibt. Bei Madame, die hinter den Kulissen die Fäden zieht, steht der Junge bald arg in der Schuld. Und als sie ihn einem anderen Mafiosi, dem so genannten Poeten überantwortet, weiss der bis anhin noch rechtschaffene Rikschafahrer noch nicht einmal um das Verhältnis, in dem seine ältere Volksverbundenheit beunruhigt ihn zunehmend. Goya sieht das Intrigantentum, die Skrupellosigkeit der Minister am spanischen Hof, die wirtschaftlich und sozial katastrophale Lage Spaniens. Zugleich spürt er, dass das Echo der Französischen Revolution kaum einen Widerhall in seinem Land findet. Augustin Esteve, sein engster Freund, bringt ihn mit spanischen Patrioten zusammen. Unter ihnen ist auch die Sängerin Maria Rosario, die sich als erste vor dem Tribunal der Inquisition nicht schuldig bekennt. " "…berauschende Farben und einer der opulentesten DEFA-Filme überhaupt, in 65mm gedreht, präsentiert der Film eine Fülle an Ideen und Material über den spanischen Maler; derart intensiv, exzentrisch und vital ist dies keinem Goya-Biopic danach mehr gelungen". (Moviepilot) Schwester zu diesem Mann steht. Doch während die menschlichen Beziehungen noch ansatzweise entklüngelt werden könnten, während im Geflecht von Abhängigkeiten zumindest manchmal die Idee aufkommt, jemand übersähe das Ganze, so gilt dies nicht für die Stadt selbst, die als unausweichliches Labyrinth ihre Rolle spielt. Tran Anh Hungs Film, für den ihm die Jury in Venedig den Goldenen Löwen zuerkannte, scheut nicht den glasklaren Blick in die Armut und nicht die delirierenden Bilder einer chaotischen Megacity. Waren die "Ladri di biciclette eine erzählbare Geschichte, so ist "Cyclo" ein Bildersturm. 18 | 0 8 | 16 THE LADY FROM SHANGHAJ Orson Welles VAMP - HERE SHE COMES 08 | 0 8 | 16 Der Abenteurer Michael O’Hara lässt sich von der eiskalten Schönheit Elsa Banister umgarnen und folgt ihr als Matrose auf die Yacht ihres reichen Mannes. Aus dieser Konstellation heraus entwickelt Orson Welles mit den Mitteln der Glamour-Ästhetik Hollywoods die Geschichte vom perfekten Verbrechen, das die liebende Frau als geldgieriges Monstrum erscheinen lässt. Der Film ist in seiner ironischen L’art pour l’art-Demontage gängiger Werte unverändert ein Kinogenuss. Einführung durch Thomas Binotto 28 | 0 8| 16 WOMEN IN JAZZ MR. JAZZ Kurzfilme und Filmclips Der Filmesammler Theo Zwicky aus Zürich präsentiert Kurzfilme mit Frauen als Instrumentalistinnen, Sängerinnen, Tänzerinnen und in Vokal-Ensembles. Wir freuen uns auf erstmalige und erneute Begegnungen mit Bekannten, Unbekannten und Verkannten, so mit Helen Humes und Ida James, Connie Haines und Taylor Maids, Sarah Vaughan und Ella Fitzgerald, so mit Sister Rosetta Tharpe, den 4 King Sisters, den Dinning Sisters und den Andrews Sisters, so mit den sensationellen Piano-Trios von Martha Davis und Hazel Scott, so mit den Frauenorchestern von Ina Ray Hutton und der Sängerin und Tänzerin Rita Rio. Weitere Tanzeinlagen vervollständigen das Bild. Und virtuose Begleitorchester tun, was sie am besten können, sie begleiten. Wir laden Sie ein, mit uns Stimmen zu hören, die sich mal los machen und die mal schwesterlich zusammenfinden. Wir laden Sie ein zu einem Abend Frauenpower.