FD 20 Aufrechnung nach der Abtretung.p65
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FD 20 Aufrechnung nach der Abtretung.p65
A u f r e c h n u n g n a c h d e r A b t r e t u n g Ausgangslage: G1 hatte eine Forderung gegen S, hat sie aber an G2 abgetreten. S möchte mit einer eigenen Forderung aufrechnen, die ihm gegen seinen bisherigen Gläubiger G1 zusteht (nicht gegen G2!). Hinweis: Nach § 387 kann S nur gegenüber einer Person aufrechnen, die zugleich sein Gläubiger und sein Schuldner ist (Grundsatz der Gegenseitigkeit). Aber G1 ist nicht mehr sein Gläubiger und G2 ist nicht sein Schuldner. Zu prüfen ist deshalb, ob die §§ 404 ff S die Aufrechnung erlauben. Hat S gegenüber G1 die Aufrechnung erklärt? Aufrechnung gegenüber dem bisherigen Gläubiger G1 Ja A u f r e c h n u n g gegenüber dem n e u e n G l ä u b i g e r G 2 Nein Aus § 404 ergibt sich indirekt der Grundsatz, dass dem Schuldner S alle Rechte erhalten bleiben, die er schon vor der Abtretung hat- 2. Wusste S im Zeitpunkt seiner Aufrechnungserklärung, dass G1 die Forderung an G2 abgetreten hatte? Ja Nein, Da S bei der „Aufrechnung“ von der Abtretung wusste, kann er sich nicht auf § 407 I berufen. Die Aufrechnung ist unwirksam. Zu prüfen ist, ob S gegenüber G2 aufrechnen kann. Deshalb weiter mit Frage 3! 1 als S die Aufrechnung erklärte, hielt er noch G1 für seinen Gläubiger. Die Aufrechnung ist „ein Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung vorgenommen wird“, ohne dass „der Schuldner die Abtretung bei ... der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt“ (§ 407 I). Der neue Gläubiger G2 muss deshalb die Aufrechnung „gegen sich gelten lassen“ (§ 407 I). Die Aufrechnung scheitert also nicht daran, dass es an der von § 387 geforderten Gegenseitigkeit fehlt. Die übrigen Voraussetzungen des § 387 sind aber zu prüfen. 2 te. Daraus folgt: Ja S kann auch gegenüber dem neuen Gläubiger G2 aufrechnen (§ 404). Das ergibt sich auch aus § 406. Auf die Kenntnis des S von der Abtretung kommt es nicht an. 3 3. Lagen schon vor der Abtretung alle Voraussetzungen für eine Aufrechnung gegenüber G1 vor? N e i n – § 406 erlaubt die Aufrechnung gegenüber G2 generell und schließt sie nur in zwei Fällen aus. Damit erweitert § 406 den Schutz des § 404 insofern, als die Aufrechnungslage nicht schon vor der Abtretung bestanden haben muss. Nach § 406 kommt es auf die Stichworte „Erwerb der Forderung“, „Kennntis von der Abtretung“ (Alternative 1) und „Fälligkeit“ (Alternative 2) an. 4. Hatte S „bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis“ (§ 406 Alternative 1)? Ja Kenntnis: Als S seinerseits Gläubiger des G1 wurde, wusste er, dass dieser nicht mehr sein Gläubiger war. S kann endgültig nicht gegenüber G2 aufrechnen (§ 406 Alternative 1). Auf die Fälligkeiten kommt es nicht an. 4 N e i n , als S Gläubiger des G1 wurde, wusste er nichts von der Abtretung. Hauptfall: Die Abtretung war zu diesem Zeiptunkt noch gar nicht erfolgt. Die Aufrechnung kann aber noch scheitern, wenn die 5. Forderung des S doppelt spät fällig geworden ist: Ist die Forderung, die S gegen G1 zusteht, „erst nach der Erlangung der Kenntnis ... fällig geworden“ (§ 406 Alternative 2, 1. Teilbedingung)? 6. J a , späte Fälligkeit –– Ist die Forderung des S auch „später als die abgetretene Forderung fällig geworden“ (§ 406 Alternative 2, zweite Teilbedingung)? J a , die Forderung des S ist doppelt Nein spät fällig geworden, nämlich Die Forderung des S wurde vor der abgetretenen Forderung fällig. Um die Aufrechnung auszuschließen, müsste auch die zweite Teilbedingung gegeben sein. S kann aufrechnen. nach der Kenntnis (Frage 5) und nach der anderen Forderung (Frage 6). Weil man nur mit einer fälligen Forderung aufrechnen kann (§ 387), hätte S ohne Abtretung auch nicht gegenüber G1 aufrechnen können. Er kann deshalb erst recht nicht gegenüber G2 aufrechnen (§ 406 Alternative 2). 5 Anders gesagt: Es schadet S nichts, dass seine Forderung erst nach Kenntniserlangung fällig wurde (Frage 5, Ja). 6 Nein Die Forderung des S war fällig, bevor S von der Abtretung erfuhr. Die beiden Voraussetzungen, die nach § 406 Alternative 2 die Aufrechnung ausschließen, müssen kumulativ vorliegen („und später als ...“). Da schon die erste Voraussetzung fehlt, kann S aufrechnen. 7 Christoph Hirsch, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 8. Auflage, Nomos Verlag 1.