Bach-Blüten: Falsche Fuffziger - Donau

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Bach-Blüten: Falsche Fuffziger - Donau
Pressespiegel. Donau-Uni Krems. Department für Evidenzbasierte Medizin u. Klinische Epidemio...
Bach-Blüten: Falsche Fuffziger
Gäbe es einen Preis für die obskurste alternativmedizinische Therapie, die
Bach-Blüten kämen auf jeden Fall in die engere Auswahl. Andererseits:
Unbedenklicher als Sedativa sind sie in psychischen Stresssituationen
allemal. Teil 1 der DocCheck-Serie zur Alternativmedizin.
Wer die internationale Datenbank Pubmed auf die Suche nach
„bach flower remedies“ schickt, bekommt 17 Einträge geliefert. Das
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ist grundsätzlich schon mal ein schlechtes Zeichen. Wenn dann
auch noch vier der 17 Einträge systematische Übersichtsarbeiten
sind, sollte man zumindest nachdenklich werden. Doch der Reihe Pubmed
nach.
Studie
Wie Edward Bach die Blüten erfand.
Die Therapie mit Bach-Blüten ist eines der komplementärmedizinischen Therapiesysteme, die
zwischen 1700 und 1950 erfunden wurden. In diesem Fall vom britischen Arzt Dr. Edward Bach,
der in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wirkte. Womit gleich der erste populäre Irrtum
ausgeräumt wäre: Bach-Blüten können zwar durchaus am Bach wachsen, müssen sie aber nicht.
Dr. Bach hat insgesamt 38 Pflanzen definiert, die er mit 38 negativen emotionalen Zuständen in
Beziehung setzte. So korrespondiert die Zitterpappel mit der Angst vor dem Unbekannten - nomen
est omen könnte man sagen. Die Buche soll mit Intoleranz und Perfektionismus zu tun haben.
Besonders angetan war Bach von der Kastanie, die gleich in drei Varianten in seiner Liste
auftaucht. Bachs Grundgedanke ist, dass die Bach-Blüten insgesamt sieben psychische
Krankheitsursachen (Angst, Unsicherheit, Einsamkeit usw.) ausgleichen können, und eine
entsprechend abgestimmte Therapie das "psychisch-emotionale" Gleichgewicht wieder herstellt.
Doch es gibt Zubereitungsregeln, die im Alter zunehmender Industrialisierung kritisch betrachtet
werden könnten. So sollen die Blüten frisch gepflückt und am besten noch "mit Tau bedeckt" sein.
Sie kommen dann in ein Glas Wasser. Die Blütenlese wird dann mit frischem Quellwasser an- und
ein paar Stunden der Sonne ausgesetzt. Falls Blüten nicht gewonnen werden können, zum Beispiel
bei der Pappel, können auch Äste und Blätter gekocht werden. Der so hergestellte Sud soll eine
nicht näher quantifizierbare "Blütenenergie" enthalten.
Rescue-Tropfen für den Neurastheniker
Bach-Blüten: Falsche Fuffziger (29.06.2010) - DocCheck News
Pressespiegel. Donau-Uni Krems. Department für Evidenzbasierte Medizin u. Klinische Epidemio...
Zurück zur Wissenschaft. Einer der vier Reviews, die es zum Thema BachBlüten gibt, wurde am Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische
Epidemiologie der Donau-Universität Krems in Österreich erstellt. Er befasst
sich mit der Frage, wie es um die Wirksamkeit von Bach-Blüten bei
psychischem Stress und bei Schmerzen bestellt ist. „Der Hintergrund war, dass
eine österreichische Krankenkasse von uns wissen wollte, ob Bach-Blüten
wirksam sind, weil immer mehr Ärzte forderten, dass das erstattet werden sollte“, sagte Professor
Gerald Gartlehner, Senior-Autor der Studie, im Gespräch mit den DocCheck News. Das erklärt
auch, warum bei dem Review die psychischen Stresssituationen im Vordergrund standen. „Das ist
eine häufige Indikation für Bach-Blüten. Besonders gern verordnet werden so genannte
Notfalltropfen, die zum Beispiel bei Prüfungsangst eingenommen werden können“, so
Gartlehner. Ansonsten werden Bach-Blüten ihrem holistischen Ansatz entsprechend aber auch
für sehr viele andere Indikationen eingesetzt, nicht zuletzt in der Tierheilkunde.
Hilft nichts, nutzt aber. Oder wie?
Angesichts der Entstehungsgeschichte der Bach-Blüten-Therapie und angesichts der geringen Zahl
von Veröffentlichungen überrascht das Ergebnis des Reviews nicht wirklich. „Wir haben zum
einen festgestellt, dass die Studienlage sehr schlecht ist. Die allermeisten Untersuchungen haben
schwere methodische Mängel. Trotzdem können wir als relativ konsistentes Resultat festhalten,
dass Bach-Blüten keine Wirksamkeit zu haben scheinen“, so Gartlehner.
Vor allem auf eine gut gemachte, placebokontrollierte Studie konnten sich die Epidemiologen
stützen. Sie wurde in den USA von neutraler Stelle, dem National Center for Complementary and
Alternative Medicine, verantwortet. Über 100 Krankenschwestern und Pfleger nahmen drei
Stunden vor einer Prüfung alle 20 Minuten Bach-Blüten in einem doppelblinden Studien-Design.
„Der Effekt war gleich null“, so Gartlehner. Keinen Unterschied zu Placebo fand auch eine
Freiburger Studie bei Patienten mit Prüfungsangst. Und Wissenschaftler aus Israel haben
festgestellt, dass Bach-Blüten auch bei Kindern mit ADHS nichts bringen.
Die Frage, die sich an dieser Stelle natürlich stellt, lautet: Was tun mit diesen
Daten? „Als wir unsere Arbeit eingereicht haben, gab es im Rahmen des Peer Drucken
Weiterempfehlen
Review eine interessante ethische Diskussion“, so Gartlehner. Die
Wissenschaftler aus Krems argumentierten nämlich, dass Bach-Blüten zwar
Bookmarken
nichts bringen, aber auch nichts schaden. Insofern könnten sie bei Prüfungsangst auch genommen
werden. „Unproblematischer als Betablocker oder Beruhigungsmittel ist das allemal“, so
Gartlehner. Ein Peer Reviewer sah das anders: Er hielt es für völlig unethisch, ein Mittel
einzusetzen, wenn klar sei, dass es nichts bringe. In der endgültigen Publikation blieb die strittige
Passage drin.
Bach-Blüten: Falsche Fuffziger (29.06.2010) - DocCheck News