Flexibler Kranbaukasten (12)
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Flexibler Kranbaukasten (12)
www.dhf-magazin.comE2225 7/8.2016 dhf special Krane + Hebezeuge Herstellerumfrage und Trends ab Seite 24 Flurförderzeuge Lagerlogistik FTS: Hohe Effizienz und Prozesssicherheit ab Seite 14 Kommissionierautomat managt Krankenhausapotheke ab Seite 50 Individualisierte Serienprodukte (12) 24 Krane + Hebezeuge – Die Trendumfrage zu Kranen und Hebezeugen Innovationsarbeit zwischen Pflicht und Kür Der Big-Bang bleibt aus. Gleichwohl nehmen Automatisierung und Vernetzung stetig zu. dhf Intralogistik hat nachgefragt, wie sich Krane und Hebezeuge schon heute sukzessive in intelligente Zuarbeiter innerhalb immer komplexerer Wertschöpfungsnetzwerke umwandeln lassen. Sabine Vogel, Freie Fachjournalistin Überlieferungen zufolge waren die Ägypter beim Bau der Pyramiden nicht auf göttliche Hilfe angewiesen. Sie sollen vielmehr hölzerne Hebezeuge genutzt haben, um die schweren Steinblöcke zu wuchten und zu schichten. Einen Quantensprung weiter waren es per pedes in Gang gesetzte und gehaltene Tretradkräne, die bei Großbauten oder in den Häfen zum Einsatz kamen. Dank moderner Antriebselemente werden die motorischen Fähigkeiten des Menschen beim Betrieb von Krananlagen heute nicht mehr bis zum Äußersten beansprucht. Nochmals vereinfacht wird das Lasthandling durch Assistenzsysteme. Und (Teil-)Automatisierung soll die Produktivität in den Prozessen weiter verbessern. Doch der Gedanke an automatisierte Krananlagen wirft auch Fragen auf. Wie sieht es mit dem Energieverbrauch und beim Thema Sicherheit aus? Ist im Vergleich zu konventionellen Lösungen mit höheren Betriebskosten zu rechnen? Sind Mitarbeiter vermehrt Unfallgefahren ausgesetzt? Erhöhte Sicherheit Sofern automatisierte Anlagen gemäß den europäischen Richtlinien konzipiert worden sind, könnten Gefahrenquellen sogar stark minimiert werden. Erhöhte Sicherheit versprechen zudem Zusatzfunktionen wie Positionierhilfen, Umfahrsteuerungen und geschwindigkeitsabhängige Präzisionsregelungen. Ferner sollen neben geltenden Sicherheitsnormen ex- Foto: Konecranes 7/8.2016 Folgende Fragen haben wir den Herstellern gestellt: Frage 1: Nach wie vor gibt es Stimmen, die Automatisierung quasi automatisch mit steigendem Energieverbrauch sowie erhöhten Sicherheitsrisiken in Verbindung bringen. Welche Argumente und Lösungen setzen Sie dem entgegen? Frage 2: Die Digitalisierung schreitet unaufhörlich fort. Wie lassen sich Krane aus Ihrer Sicht am geschicktesten in Industrie 4.0-taugliche Materialflusskonzepte einbinden? plizite Risikoanalysen im Vorfeld, die sowohl das Produkt als auch Umgebungsparameter fokussieren, die Voraussetzungen für einen sicheren Betrieb schaffen. Einen höheren Energieverbrauch streiten die befragten Experten nicht generell ab. Kompensiert werde dieser jedoch durch moderne energieeffiziente Antriebe, Rückspeisesysteme und nicht zuletzt auch optimierte Verfahrwege. Selbstwartende Krane dauern noch Ebenfalls weitgehend unisono verweisen die in der Umfrage vertretenen Anbieter darauf, dass die Einbindung von Kranen, insbesondere Prozesskranen, in Materialflusskonzepte im Sinne von Industrie 4.0 bereits vielfach Realität ist. Voraussetzung sei eine adäquate Verknüpfung von Maschinen und Informationstechnologie. Dabei kommen smarte Applikationen zur Anwendung, wie etwa Überwachungs- und Diagnose-Tools, die in Echtzeit Betriebsdaten über den Anlagenzustand auch an mobile Endgeräte liefern. Bis Krane und Hebezeuge jedoch autonom Entscheidungen treffen und sich selbst warten, wird es vermutlich noch dauern. Dies wäre dann Industrie 4.0-Readyness in Bestform. Aber verlangt der Markt all das tatsächlich? Die Zahl der Hersteller im Bereich der Kran- und Hebetechnik, die genau dieses Ziel derzeit (noch) nicht fokussiert und dennoch gute Geschäfte macht, ist nicht gerade gering. www.Dhf-magazin.com 160151_Anz. Lift Trucks_dhf_90x270_160801.indd 1 01.08.16 13:15 26 Krane + Hebezeuge Markus Sobott Global Application Support Overhead Cranes, ConductixWampfler GmbH Zu Frage 1: Im Bereich Automatisierung sehen wir die größten Entwicklungen bei Container-Stapelkranen im Hafenbereich, die typischen RTGKrane (Rubber Tired Gantry Cranes). Hier hat sich in den letzten Jahren in Bezug auf Energieeffizienz und die Möglichkeiten zur Betriebskostenreduzierung extrem viel getan. Basis für Automatisierung ist die Elektrifizierung, und Conductix-Wampfler konnte mit der Umrüstung von Dieselbetrieb auf Strom (E-RTG) in den letzten zehn Jahren bereits wesentlich zur Steigerung der Energieeffizienz bei gleichzeitiger Reduzierung der Umwelteinflüsse dieser Krantypen beitragen. Als konsequenten nächsten Schritt hat Conductix-Wampfler nun eine Full-E-RTG-Lösung auf den Weg gebracht, die den vollständigen elektrischen Betrieb von RTG-Kranen erlaubt. Dank einer neuen Lithium-Ionen-Batterietechnologie und optimierter Ladetechnik sorgen wir dafür, dass Dieselgenerator und -tank zukünftig nicht mehr benötigt werden. Im operativen Einsatz ist die neue Systemlösung bereits im Port of Tanjung Pelepas. Dort können Krane jetzt bis zu 1 500 Meter weit mit dem Strom aus dem Energiespeicher fahren. Bisher werden die Hafenkrane nach der Umstellung von Diesel- auf Elektrobetrieb zwar bis zu 90 Prozent elektrisch betrieben. Für die letzten 10 Prozent für Blockund Gassenwechsel oder Fahrten in den Wartungsbereich benötigen sie jedoch nach wie vor Dieselgenerator und Dieseltreibstoff. Eine Ausweitung von Lösungen mit Energiespeichern auch auf andere Anwendungen, wie etwa automatisierte Hallenkrane oder Shuttles in der Intralogistik, wird sicher kommen und wird von Conductix-Wampfler aufmerksam verfolgt. Mit Hilfe solcher Speicher kann nicht nur zurückgewonnene Energie (beim Senken oder Verzögern) direkt auf dem Gerät wiederverwendet werden, sondern Energiezuführungssysteme könnten auch kleiner und effizienter ausgelegt werden. Energieeffizienz steht auch bei anderen Anwendungen im Fokus. So gibt es zum Beispiel für inzwischen fast alle Größen von Motorleitungstrommeln energieeffiziente Antriebstechniken, sei es über Frequenzumrichterantriebe oder smarte Lösungen zur Abschaltung von nicht benötigten Antrieben. Um die Sicherheitsrisiken automatisierter Kranen so weit wie möglich zu reduzieren, ist eine gewisse Aufrüstung mit sicherheitsüberwachender Sensorik unvermeidbar. Auch zeigt sich gerade bei Kransteuerungen immer mehr der Wechsel von Profibus auf Profinet, wobei die Funktion des Profisafe immer wichtiger wird. Um Profisafe-Funktionen sicher und zuverlässig über anspruchsvolle Strecken wie beim Kran übertragen zu können, braucht es zuverlässige und leistungsfähige Datenübertragungssysteme. Hier ist Profi DAT von Conductix-Wampfler eine passende Lösung, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Zu Frage 2: Krane werden immer öfter ein integraler Bestandteil von Materialflusskonzepten und benötigen für diesen Zweck eine zuverlässige und leistungsfähige Anbindung an die übergeordneten Netzwerke. Insbesondere für den Einsatz an Kranen hat Conductix-Wampfler in diesem Jahr Profi DAT erfolgreich im Markt eingeführt, eine Ethernet-basierte, störungssichere Echtzeit-Datenübertragung mit hohen Datenraten, die über eine Schleifleitung mit integriertem Schlitzhohlleiter erfolgt. Das zulassungsfreie System ermöglicht es, Daten (Video, Audio, Steuer- und Realtime-Daten) zu übertragen. Datenraten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde bei durchschnittlichen Latenzzeiten von drei Meter pro Sekunde können sicher übertragen werden. Zusätzlich wird das Profi DAT-Profil im Schleifleitungssystem als vollwertige Erdungsschleifleitung (PE) genutzt, wodurch das Gesamtsystem Energie- und Datenübertragung sehr kompakt baut. u www.conductix.com Jan D. Guthmann Geschäftsführer, H+H Herrmann + Hieber GmbH Das Datenübertragungssystem Profi DAT von Conductix-Wampfler (Foto: Conductix) 7/8.2016 Zu Frage 1: Ganz im Gegenteil: Durch automatisierte Systeme, ausgeführt gemäß den europäischen Richtlinien, können Gefahren sogar stark gemindert werden. Handarbeitsprozesse fallen weg, und Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine werden durch moderne Sicherheitstechnik so optimiert, dass die Restgefahr für den Werker deutlich geringer ausfällt als vor der Automatisierung. Ein Beispiel: Beim Transport von schweren Lasten mittels manuellen Kranen kann leichter etwas schiefgehen oder falsch gemacht werden als 28 Krane + Hebezeuge p Prozesskran von Herrmann + Hieber im hochautomatisierten Strang presswerk von Pandolfo Alluminio (Italien) (Foto: Herrmann + Hieber) unsere Kunden fordern energieeffiziente Lösungen. Wir bieten deshalb verschiedene Funktionen in unseren Hebegeräten an, die den Energieverbrauch reduzieren. Beispielsweise haben wir den Vacu Master Eco im Programm. Der Auf- und Abbau des Vakuums wird ausschließlich durch die Hubbewegung des Kettenzugs erzeugt. Eine externe Energieerzeugung ist nicht notwendig. Bei anderen Hebegeräten wie dem Jumbo Flex kann die Vakuumerzeugung über eine Funkfernsteuerung bedarfsgerecht aus- und eingeschaltet werden. Dies reduziert den Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent vor allem während Arbeitspausen. Im Vacu Master Comfort ist eine Luftsparfunktion integriert, die die Vakuumerzeugung nach dem Erreichen des definierten Mindestvakuums ausschaltet. Fällt das Vakuum unter diese Grenze, schaltet die Vakuumerzeugung wieder ein. Der Bediener merkt davon nichts. Für die Sicherheit der Mitarbeiter ist in jedem Hebegerät ein Vakuumspeicher und ein reaktionsschnelles Rückschlagventil verbaut, dass das Werkstück auch bei Strom- oder Druckluftausfall vor dem Abfallen bewahrt. beim Transport derselben Last mittels Prozesskran – entweder in einem abgesicherten Bereich oder beim Einsatz einer Sicherheitseinrichtung, die es erlaubt, die komplette Produktionsfläche ohne Gefährdung von Mitarbeitern und ohne Beeinträchtigung von Verkehrswegen zu überfahren. Ein gewisser höherer Energieverbrauch ist bei einer Vielzahl an hinzukommenden Antrieben nicht von der Hand zu weisen. Dennoch haben heutige Antriebe neuester Bauart eine stark verbesserte Energieeffizienz im Vergleich zu den Antrieben, die noch vor wenigen Jahren handelsüblich waren. Es gibt außerdem heutzutage viele Möglichkeiten weiterer Energieeinsparungen und Rückgewinnungsmöglichkeiten. Zu Frage 2: Prozesskrane sind ein gutes Beispiel für Industrie 4.0-Readyness. Schon vor Erfindung des Begriffs sind automatische Krane mit ihren ergonomischen Ein- und Ausschleuseplätzen in hohem Maße darauf ausgerichtet, Mensch, Maschinen, SPS, Lagerverwaltungssysteme und ERP-Systeme optimal zu vernetzen. Moderne kundenspezifische Visualisierungen und Anbindungen an das Internet, zum Beispiel für Zwecke der Fernwartung, gehören bereits seit Jahren zum Standard von Herrmann + Hieber. u www.herrmannhieber.de Klaus-Dieter Schwabenthan Leiter Geschäftsentwicklung und Lieferprozess, VakuumHandhabungssysteme, J. Schmalz GmbH Zu Frage 1: Schmalz bietet Krane und Hebezeuge zur manuellen Handhabung unterschiedlichster Güter an. Auch bei der manuellen Handhabung mit Vakuum spielt der Ressourcenverbrauch eine wichtige Rolle, 7/8.2016 Der Vacu Master Eco von Schmalz wird ohne externe Vakuumerzeugung betrieben (Foto: Schmalz) p Zu Frage 2: Zunächst ist es wichtig, dass Kunden sich überhaupt Gedanken über ein effizientes Materialflusskonzept machen. Krane nehmen hierbei oft eine zentrale Rolle ein. Wir empfehlen unseren Kunden generell, auf leichtlaufende und flexible Baukastensysteme mit moderner Technik zu setzen, wie auch Schmalz diese anbietet. Diese werden zunehmend zu intelligenten Assistenzsystemen, die die Intension des Bedieners bereits im Vorfeld erkennen sollen. Schließlich lassen sich mit der Verknüpfung von Daten aus dem Lastaufnahmemittel und dem Kran in Zukunft wichtige Rückschlüsse auf Lastkollektive, Lebensdauer und Wartungsintervalle ziehen. Hier gilt es, Monitoringsysteme mit einer einfachen Visualisierung der Daten zu entwickeln. Insofern werden auch vermeintlich „dumme“ Krananlagen nach und nach 4.0-tauglich, was das gesamte Materialflusskonzept noch ein Stückchen intelligenter macht. u www.schmalz.de MH_Saeulenschwenkkran_2016_90x133 05.08.16 10:40 Seite 1 Andreas Klatt Vertrieb Schwerlastund Prozesskrane, Konecranes GmbH Zu Frage 1: Kurz gesagt könnte man Automatisierung auch als die vorgeplante Optimierung von Arbeitsabläufen unter gleichbleibenden, zumindest aber eingeplanten Umgebungsparametern beschreiben. Insbesondere bei Krananlagen mit ihren dreidimensionalen Bewegungsabläufen sind die Umgebungsparameter von entscheidender Bedeutung. Hier ist nichts dem Zufall überlassen, alle Aktionen und Reaktionen sind im Vorfeld betrachtet worden und im System entsprechend berücksichtigt. Die optimierten Abläufe mit eindeutigen, wiederkehrenden Bewegungsmustern optimieren nicht nur die Bewegung an sich, sondern auch den dahinterstehenden Energieverbrauch. Intelligente Systeme mit Energie-Rückspeisung, gespeist aus der Bremsenergie von allen Antrieben, können unter entsprechenden Voraussetzungen bis zu 30 Prozent der zuvor eingesetzten Energie ins Netz zurückspeisen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Energieeinsparung leisten. Moderne Automatiksysteme werden unter den Anforderungen der entsprechenden europäischen Normen, zum Beispiel EN 13849, konzipiert und decken damit die für den jeweiligen Einsatzfall notwendigen Sicherheitsanforderungen ab. Spezielle Risikoanalysen, sowohl für das Produkt an sich als auch für die gesamte Umgebung unter den vorgesehenen Einsatzbedingungen, sind ebenso Voraussetzung für ein sicheres System wie qualifizierte Beschreibungen der Ausgangssituation. Ändern sich, durch welche Umstände auch immer, diese Ausgangsoder Einsatzbedingungen, so müssen die Betrachtungen und Risikoanalysen entsprechend angepasst werden. Hier genau liegt letztendlich tatsächlich auch ein gewisses Gefahrenpotenzial, da sich im Laufe der Nutzung einer solchen Anlage die Einsatzbedingungen erheblich ändern können. Dabei stellt sich in der Praxis oft heraus, dass der Einfluss der Änderungen dieser Einsatzbedingungen von den Betreibern unterschätzt oder überhaupt nicht wahrgenommen wird. Durch die nicht nachvollziehbaren Änderungen der Betriebssicherheitsverordnung können die jährlichen Überprüfungen der Krananlagen in die Hände von weniger qualifizierten Inspektoren gelegt werden. Auch aus Herstellersicht ist hier aber dringend anzuraten, auf die bewährten Überprüfungen durch nachweislich qualifiziertes Personal zu setzen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die ursprünglich „eingebaute“ Sicherheit des Systems erhalten bleibt und, wenn notwendig, bei Änderungen entsprechend reagiert werden kann. Auf jeden Fall sollte jede Änderung in den Einsatzbedingungen eine sicherheitstechnische Überprüfung nach sich ziehen. Generell sind vollautomatische Krananlagen aber als sicher einzustufen, sofern die weitreichenden entsprechenden Vorschriften eingehalten beziehungsweise angewendet wurden. Handling leicht gemacht! Leichtgängig und flexibel einsetzbar – mit den Säulen- und Wandschwenkkranen von Schmalz sorgen Sie für einen ergonomischen und effizienten Materialfluss. Leichtgängiges Handling genau da, wo Sie es brauchen. Weitere Informationen: www.schmalz.com/krane | Tel. +49 7443 2403-301 J. Schmalz GmbH, Aacher Str. 29, D-72293 Glatten, [email protected], www.schmalz.com www.Dhf-magazin.com 30 Krane + Hebezeuge Zu Frage 2: Krananlagen werden schon lange durch Automatikkonzepte in die Materialflusskonzepte eingebunden. Wir sprechen von vollautomatischen Anlagen, die Materialien von einem Einlagerungspunkt übernehmen und gegebenenfalls über eine Zwischenlagerung zu einem Auslagerungspunkt verbringen, beispielsweise Coil-Handling, Papierrollenlager, auch Müll- oder Biomasse-Krane oder Containerkrane. Dabei werden die Produktdaten und der Bestimmungsort an den Übergabepunkten durch ein übergeordnetes System bereitgestellt oder abgerufen und an das Kransteuerungssystem übergeben beziehungsweise vom Kransteuerungssystem abgerufen. Das ist der bereits erreichte Zustand unter dem Namen „Industrie 3.0“. Werden nun zusätzliche, intelligent vernetzte Systeme wechselnde Parameter von außenliegenden Ereignissen an das bestehende Automatisierungssystem über das Internet übertragen, kann nach allgemeinem Verständnis vom Übergang zum Zustand „Industrie 4.0“ gesprochen werden. Dabei kann eine Vielzahl von Parametern Einfluss über das Internet nehmen, wie Ein- und Auslagerkapazitäten durch andere Zuliefersysteme oder auch durch den innerbetrieblichen Transport. Änderungen von Transportkapazitäten geschehen beispielsweise durch Lkw, diese wiederum sind beeinflusst von der Verkehrslage oder dem Zustand des Fahrzeugs. Auch bestimmte wechselnde Produkteigenschaften oder -mengen sind Stichworte, die in diesen Materialflusskonzepten unter dem Einfluss von „außen“ berücksichtigt werden müssen. Ein ebenso wichtiger Punkt ist die Überwachung des eigenen Zustands. So werden schon heute bei Konecranes zusätzliche, anlagenbezogene Daten erzeugt und über dezentrale Rechner ausgewertet, um zum Beispiel Wartungen zum richtigen Zeitpunkt durchzuführen und Stillstände durch Störungen zu vermeiden. Die Übertragung erfolgt dabei kontaktlos über WLAN zum Internet; die Daten stehen dort für Auswertungen oder aktive Aktionen dem Kunden und dem Hersteller zur Verfügung. Im nächsten Schritt wird sicherlich auch über sich selbst wartende oder reparierende Systeme nachgedacht werden. Hier sind aber noch weitreichende Fragen der praktischen Umsetzung zu klären. In zunehmendem Umfang werden Daten auch von Krananlagen erzeugt, gesammelt und ausgewertet, um damit die Grundlage für die Einbindung in komplexere Betriebsabläufe zu ermöglichen. Diese Daten dienen auch der konsequenten Weiterentwicklung von Baugruppen unter Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnisse und schaffen so die Möglichkeit, althergebrachte Normen und Vorschriften zu hinterfragen oder diese entsprechend weiterzuentwickeln. Die Einbindung der Prozesskrananlagen in Materialflusskonzepte unter Industrie 4.0-Gesichtspunkten ist bereits heute vielfach vorhanden und wird nach unserer Einschätzung in Zukunft noch verstärkter Anwendung finden. u www.konecranes.com Horst Vesper Verkaufsleiter Inland, Kuli-Hebezeuge Helmut Kempkes GmbH Ferndiagnose und vorausschauende Wartung mittels Truconnect Remote Services von Konecranes erhöhen die Verfügbarkeit der Krane (Foto: Konecranes) p 7/8.2016 Zu Frage 1: Die Automatisierung steht gewiss nicht zwangsläufig in unmittelbarem Zusammenhang mit erhöhten Energieverbräuchen. Eine Optimierung der elektrischen Komponenten in der Krantechnik in Bezug auf die zunehmenden Anforderungen hinsichtlich rationellerer Einsatzmöglichkeiten von Kransystemen führt mittlerweile zu einer Reduzierung der verbrauchsabhängigen Kosten. Hier bieten wir als Hersteller durchdachte Lösungen an. Bei Kranen mit einem hohen Automatisierungsgrad geht in der Regel auch eine hohe Nutzungsintensität einher. Hier lassen sich Energie-Rückführungssysteme sinnvoll nutzen. Ein schlüssiges Gesamtenergiekonzept ist dabei wichtiger als der Blick auf die Einzelbausteine der eingesetzten Komponenten. Die Betrachtung der Sicherheit bei automatisierten Kransystemen ist natürlich gegeben. Allerdings stehen Sicherheitsaspekte und die Einhaltung der Sicherheitsnormen immer bei der Inverkehrbringung von Kranen im Vordergrund. Für jeden Automatisierungsgrad ist eine Sicherheits- beziehungsweise Risikobetrachtung notwendig, deren Ergebnis auch den Aufwand für die funktionale Sicherheit festgelegt. Der erhöhte Sicherheitsaufwand hat nichts mit erhöhtem Energieverbrauch zu tun. Bei einer Automatisierung kommt es dem Betreiber auf eine höhere Wirtschaftlichkeit des Systems an, und man ist sich darüber im Klaren, dass angepasste Sicherheitsmaßnahmen einen höheren Aufwand erfordern. Letztere tragen auch unmittelbar zu einem erfolgreichen Einsatz eines Systems bei. Zu Frage 2: Die Frage, wie sich Krane am geschicktesten in Materialflusskonzepte einbinden lassen, kann man allgemein so nicht beantworten. Vielmehr ist die aufgabenspezifische Anforderung des Kunden und des Einsatzzweckes zu definieren. Im Rahmen einer Analyse der Aufgabenstellung ist es wichtig, die notwendigen Schnittstellen des Zusammenwirkens der Systeme festzulegen. Hierfür ist es unabdingbar, ein geeignetes Kommunikationssystem einzubinden, über das sich Krane mit Fertigungsanlagen und anderen Systemen verständigen können. Denkbar sind Übertragungen per Funk, WLAN oder Bussysteme, die in Schleifleitungen als Antennenleiter oder Kabel in Energieketten oder Schleppleitungen geführt werden. Im praktischen Einsatz kann dieses zum Beispiel der Austausch digitaler Signale von Krananlagen mit FTS-Systemen sein, wenn Fahrwegeabsicherungen automatisiert durchgeführt werden sollen. Mit dieser Installation erreicht man eine höhere Sicherheit, aber gleichzeitig auch eine Steigerung des Materialdurchsatzes der FTS-Systeme. Generell bleibt festzuhalten, dass sich durch heutige Techniken eine Adaptierbarkeit von bestehenden Anlagen für diverse Anforderungen der Industrie 4.0 realisieren lässt. Die Digitalisierung wird in Zukunft noch mehr kundenspezifische Anwendungen in der Kranindustrie ermöglichen, wobei die Hersteller noch enger mit allen beteiligten Unternehmen zusammenarbeiten werden. u www.kuli.com Thomas Kraus Support-Center Director, Stahl Cranesystems GmbH Zu Frage 1: Zuerst muss der Begriff Automatisierung definiert werden. Sprechen wir über eine vollautomatisierte Krananlage, etwa zum Handling von Coils, oder sprechen wir über eine intelligente Steuerung von Krananlagen untereinander, um zum Beispiel eine statische Überlastung eines Gebäudes zu verhindern? Generell sind die Vorschriften in der Zwischenzeit so hoch, dass man nicht mehr zwingend von einem erhöhten Sicherheitsrisiko ausgehen kann. Durch eine fachgerechte Ausführung einer Automatiklösung wird im Gegenteil die Sicherheit erhöht. Natürlich bleibt auch hier immer ein gewisses Restrisiko. Und das schwächste Glied in der Kette ist nach wie vor der Mensch. Gegen bewusste Manipulation von Sicherheitseinrichtungen ist auch jede noch so hochwertige Technik machtlos. Die Behauptung des steigenden Energieverbrauches können wir nicht nachvollziehen. Allein durch den Einsatz der heutigen Technik in Verbindung mit einer automatisierten Lösung inklusive optimierter Verfahrwege lässt sich bereits nachweislich Energie sparen. 32 Krane + Hebezeuge te Coil-Lager oder die Rollenlager in der Papierindustrie. Darüber hinaus haben wir Lösungen realisiert, wo automatisierte Krane die Bearbeitungslinien für Stahlbleche selbständig bestücken und damit aktiv in den Produktionsprozess eingebunden sind. Die Sicherheitsanforderungen steigen deutlich bei kombiniertem Kran- und Personenverkehr. Demzufolge werden vollautomatisierte Krane mit ähnlichen Abläufen ausschließlich als geschlossenes Anlagensystem eingesetzt. Durch die Implementierung von Kran-Assistenzfunktionen, wie etwa für teilautomatische Abläufe mit Positioniersteuerung, lässt sich der Einsatz von Demag-Krananlagen sicherer und effizienter gestalten. So können auch komplexe Werkstücke zunächst manuell gesteuert aufgenommen und danach bedienerunterstützt und hochpräzise positioniert werden. Der Betreiber profitiert von einem Plus an Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. p (Foto: Stahl Cranesystem) Zu Frage 2: Industrie 4.0 ist derzeit das Schlagwort in der Branche. Natürlich eröffnet sich durch die Digitalisierung auch in der Fördertechnik neues Potential zur weiteren Optimierung der Materialflusskonzepte. Eine Einbindung in den Materialfluss sollte aber nach wie vor immer individuell geprüft und geplant werden. u www.stahlcranes.com Dr. Thomas Bönker Senior Director Global Product Management / Process Cranes, Terex Material Handling Zu Frage 1: Mit der Spezialisierung von Kranen auf bestimmte Applikationen steigt auch die Möglichkeit der Automatisierung. Beispiele dafür sind Anlagen der Recycling- und Schüttgutindustrie, automatisier- Zu Frage 2: Die transparente Kommunikation von Krananlagen bildet die wesentliche Grundlage für eine vernetzte Produktionswelt. Diese bieten wir mit den intelligenten Steuerungen unserer modularen Demag-Seilzüge DMR sowie mit selbständig arbeitenden Überwachungs- und Diagnosetools. Bei voll automatisierten Krananlagen mit entsprechendem Lagerverwaltungssystem ist das Szenario einer vernetzten Fertigung seit Jahren Realität. Mit unseren R&D- und Engineering-Aktivitäten unterstützen wir unsere Kunden dabei, ihre Prozesse kontinuierlich zu verbessern. Hier sind Kran-Assistenzsysteme zu nennen, die den Einsatz von Krananlagen noch sicherer und komfortabler gestalten. Weitere Beispiele bilden zahlreiche, auch nachrüstbare Zusatzfunktionen wie teilautomatische Positionierhilfen, Umfahrsteuerungen und Präzisionsregelungen bei Geschwindigkeiten. Wir beschäftigen uns seit langem mit der Thematik der vorbeugenden Wartung und Instandhaltung und bieten mit Status Control ein Ferndiagnose-Tool an. Damit sind unsere Kunden rund um die Uhr und mit einem Blick über den aktuellen Zustand ihrer Anlagen informiert. u www.demagcranes.de Andreas Pyzalski Senior Sales Manager, Vollert Anlagenbau GmbH Zu Frage 1: Automatisierte Kransysteme können grundsätzlich energiesparender sein als manuelle, da durch intelligente Steuerungs- und Regelungstechnik, zum Beispiel der Umrichter, überschüssige Energie aus Bremsvorgängen entweder in eine andere Achse des Krans oder zurück ins Netz gespeist werden kann. Als Beispiel für die Speisung einer anderen Antriebsachse kann die Katzfahrt wäht Automatisiertes Papierrollenlager von Terex Material Handling mit Vakuumtechnik (Foto: Terex) 7/8.2016 34 Krane + Hebezeuge rend eines Arbeitsspiels so gelegt werden, dass während dieser Zeit Energie aus dem Bremsvorgang der Brücke zur Verfügung steht. Alle unsere Automatik-Krane werden durch eine Sicherheits-SPS gesteuert, welche über „sichere Geschwindigkeit“ beziehungsweise einen „sicheren Weg“ Arbeitsbereiche und Personen optimal schützen kann. Außerdem verfügen „Automatikbereiche“ über abtrennende Sicherheitstechnik, die den Zutritt von Personen in diesen Bereich verhindert. Auch die Fehlerquelle „Mensch“ ist weitestgehend ausgeschlossen. In den Walzwerken der Zhongwang Group in Tianjin bewegen Automatikkrane von Vollert Brammen und Coils (Foto: Vollert) p 7/8.2016 Zu Frage 2: Ein Automatik-Kransystem besitzt durch die integrierten Steuerungs- und Überwachungsfunktionen der von ihm durchgeführten Arbeiten beziehungsweise Prozesse alle Voraussetzungen, um optimal in ein Industrie 4.0-taugliches Materialflusskonzept eingebunden zu werden. u www.vollert.de