Elektronik hilft verkaufen

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Elektronik hilft verkaufen
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06⫺2006
Handel⫹Verkauf
Das System hat das
Asics-Modell erkannt –
die Schuhdaten werden
auf dem Bildschirm
oben berührungslos ins
Bild gesetzt.
A SICS /S IEMENS
Elektronik hilft verkaufen
Der Kunde nimmt einen Sportschuh in die Hand und auf dem Bildschirm wird erklärt,
was der Schuh kann, für wen er gemacht ist, wie er funktioniert. Was klingt wie aus einem
Science-Fiction-Roman ist im Neusser Asics-Shop bereits Realität.
Der Asics-Sportshop in Neuss bietet passend
zum High-Tech-Markenimage eine wirklich innovative Produktpräsentation, die auf „intelligenter“ Sensorik basiert. So erhalten die Kunden im Bereich Sportschuhe über ein berührungsloses radiofrequenz- oder funkgestütztes
Identifikation-System (RFID) an einem Bildschirm Produktinformationen zu einem Schuh
angezeigt, den sie zuvor selbst in die Hand genommen haben.
Die Idee zum „Intelligent Info Terminal“ entstand bei Asics in einem Brainstorming von
Marketing und EDV-Abteilung: Auf Messen
konnten trotz zahlreicher Berater am Stand
nicht immer alle Besucher ohne Wartezeiten
betreut werden. Besonders bei beratungsintensiven Produkten wie Sportschuhen sei dies ein
Problem, sagen die Neusser.
Das Systemkonzept sah ein Info-Terminal vor,
das einen Teil dieser Beratung automatisiert
und die Produkte vergleichbar macht. Randbedingungen dabei sind absolute Zuverlässig-
keit im harten Messeeinsatz und problemlose
Bedienung auch für Personen, die keine
Computer-Freaks sind.
Handelstaugliches System
Schnell erkannte man bei Asics die vielfältigen
Möglichkeiten eines solchen Systems für den
Sportfachhandel. Als Prototyp realisierte die
Kölner Firma Vision Unltd. Business Solutions
OHG ein erstes System auf Basis des „Smart
ProductAdvisor“ für den neuen Asics-Shop in
Neuss. Das Gerüst dieser Installation bildet die
berührungslose Identifikation der Schuhe
mittels „Moby D“, RF-Identifikation-Systems
von Siemens Automation & Drives gemäß Norm
15693 im 13,56 MHz-Bereich für den Einsatz
mit kundenspezifischen „SmartLabels“.
Kerngeschäft von Vision Unltd. Business Solutions sind individuelle eBusiness-Lösungen für
Verkauf und Service. Für den PoS-Bereich hat
das Unternehmen die Systemfamilie „Smart
ProductAdvisor“ entwickelt, welche die RFID
zur multimedialen Präsentation von Verbraucherprodukten nutzt.
Bei Asics ist der „Smart ProductAdvisor“ fest in
das Informationsterminal eingebunden: Kunden, die mehr über einen Sportschuh wissen
möchten, der in einer Präsentationswand ausgestellt ist, können diesen auf eine Plexiglasablage stellen, unter der sich das Lesegerät des
RFID-Systems befindet.
Jeder Schuh ist unter der Sohle mit einem Datenträger („Transponder“) ausgestattet, der die
jeweiligen Kenndaten des Schuhs an das Lesegerät zurücksendet. Als induktive Schnittstelle
zu diesem „SmartLabel“ dient eine integrierte
Antenne im Lesegerät.
Sobald der Schuh in den Empfangsbereich der
Antenne gelangt, wird er vom System automatisch erkannt. Das Lesegerät übermittelt die
Daten über die serielle Schnittstelle an einen
Rechner, der die dort über den gewählten
Schuh hinterlegten Informationen innerhalb einer Zehntelsekunde an einem Monitor in der
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Präsentationswand anzeigt. Ein weiterer Monitor erläutert die Vorgehensweise.
Begreifendes Einkaufserlebnis
„Der Synergie-Vorteil dieses Konzepts liegt in
der adaptiven Vermittlung einer ebenso fortschrittlichen wie persönlichen sofortigen Produktwahrnehmung ohne Menü- oder Touchscreen-Eingaben,“ sagt Dr. Achim Fricker,
Geschäftsführer von Vision Unltd und fügt hinzu: „Die vom Moby-Identsystem berührungslos
angestoßene Information flankiert den Eindruck, den das Produkt in der Hand des Kunden hinterlässt, und verstärkt so das ‚begreifende‘ Einkaufserlebnis.“
Bei alledem bestimmt der Kunde die Geschwindigkeit, mit der er das Produkt kennenlernt. Darüber hinaus kommt die Selbstinformation dem zurückhaltenden Kontaktverhalten
vieler deutscher Verbraucher entgegen. Außerdem kann ein Verkäufer, der bereits einen
anderen Kunden berät, auf das Terminal verweisen, um die Wartezeit „spielend“ zu überbrücken.
Das Angebot stößt nicht zuletzt bei der jungen
Kundschaft auf reges Interesse. Die Informationen sind leicht verständlich dargestellt. „Es
kommt sogar vor, dass ein Kunde sich an der
Wand informiert und dann nur noch nach der
passenden Schuhgröße fragt“, berichtet Verena O’Daniel vom Asics-Marketing. „Die innovative Präsentation unterstreicht die Dynamik
unserer Produkte und sorgt dafür, dass Asics in
der verkaufsentscheidenden Kommunikation
mit dem Kunden als Technologieführer wahrgenommen wird.“
Zuverlässige Technik
Für den Einsatz der industrieerprobten MobyD-Technologie sprachen nicht zuletzt dessen
Vorteile für die Aufwand sparende Realisierung
des Intelligent-Info-Terminal von Asics im Hinblick auf Kommunikation und Energieversorgung. So benötigen die Transponder keine Batterien, sondern werden von der Antenne im
Lesegerät mit Strom versorgt. Die Daten sind so
gespeichert, das für ihren gesicherten Erhalt
keine permanente Stromversorgung erforderlich ist. Die mobilen Datenspeicher können in
den Schuh eingenäht oder mit der Sohle verklebt werden, was eventuelle Manipulationen
des Systems durch „spielfreudige“ Kunden erschwert.
Mit einem maximalen Schreib-/Leseabstand
von 15 cm eignet sich das Schreib-Lesegerät
bestens für den Einsatz im Shop. Ein Temperaturbereich bis 70° C und die Schutzart „IP65“
gewährleisten zuverlässigen Betrieb, versprechen die Techniker. „Die hohe Ausfallsicherheit
des Systems war für uns entscheidend.
Schließlich steht das Terminal als Blickfang
mitten im Shop“, betont O’Daniel.
Siemens hat den „Smart ProductAdvisor“ inzwischen in mehreren unterschiedlichen Versionen in anderen Handelsbereichen und auch
Museen problemlos im Einsatz. „Darüber hinaus bieten wir einen schnellen Kundendienst
vor Ort“, argumentiert das Unternehmen.
L ESERMEINUNG
Für die Beratung
bezahlen
Mike Ernst aus Berlin schreibt uns zum
Thema Beratungsklau und Internet:
„Beratungsdiebstahl ist kein neues Phänomen, nur dass der Kunde nicht zum
Händler an er nächsten Ecke geht, sondern im Internet nach dem billigsten Preis
sucht. Daher ist es berechtigt, wenn man
für seine Leistung eine Gebühr erheben
sollte.
Im Vergleich, ein Telefonat mit dem Arzt
wird in Rechnung gestellt. Das Flug/Bahnticket gibt es nur noch mit einer Tikketservice-Charge. Warum also ist der
Gedanke so abwegig? Man erhebe eine
pauschale Gebühr, die beim Kauf der
Ware natürlich angerechnet wird. Selbstverständlich darf der Kunde für diese Gebühr auch eine ordentliche Beratungsleistung erwarten.
Möglicherweise auch eine Möglichkeit
wieder ausgebildete Fachkräfte im Verkauf zu platzieren, und die Händler dazu
zu bewegen Qualität zu verkaufen.“
Weitere Anwendungen im Blick
Für Asics ist der „intelligente Schuhberater“
mit dem berührungslosen RF-Identsystem
Moby D nur der Einstieg in diese innovative Art
der automatisierten Produktpräsentation. Aufgrund des großen Erfolgs im praktischen
Einsatz in Neuss werden auch die übrigen
Asics-Shops in Deutschland demnächst mit
entsprechenden Info-Terminals ausgerüstet,
wobei Vision Unltd. verschiedene Ausbaustufen anbieten kann.
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Zur Identifikation
des Schuhs dient
ein intelligenter
Datenträger,
das sog.
„SmartLabel“.
Nicht erklärbar
Angelika Laslo vom Runningshop SportSpezial in Fürstenwalde schreibt zum
Thema Exklusiv-Belieferungen. Sie beklagt sich über „Ware, die nicht für jeden
orderbar ist, nicht einmal wenn man in
diesem Bereich als Fachhändler arbeitet
und nennt als Beispiele Textilien von Adidas/Polar, Adidas Stella McCartneyBekleidung oder den neuen Asics-Schuh
Kinsei. Als Händler habe ich kein angenehmes Gefühl, wenn man bestimmt Produkte verkaufen ,darf‘, andere wiederum
nicht. Und das ist außerdem sehr ärgerlich, was die Kundenbindung betrifft. Mühevoll und mit viel Einsatz hat man sich
einen Kundenstamm aufgebaut, der
auch die hochwertigen Laufprodukte
kauft – und dann muss man diese Kunden in ein anderes Geschäft schicken, da
wir den Wunschartikel nicht ordern können. Das ist nicht erklärbar.“