Elektronik hilft verkaufen
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Elektronik hilft verkaufen
18 sport⫹mode 06⫺2006 Handel⫹Verkauf Das System hat das Asics-Modell erkannt – die Schuhdaten werden auf dem Bildschirm oben berührungslos ins Bild gesetzt. A SICS /S IEMENS Elektronik hilft verkaufen Der Kunde nimmt einen Sportschuh in die Hand und auf dem Bildschirm wird erklärt, was der Schuh kann, für wen er gemacht ist, wie er funktioniert. Was klingt wie aus einem Science-Fiction-Roman ist im Neusser Asics-Shop bereits Realität. Der Asics-Sportshop in Neuss bietet passend zum High-Tech-Markenimage eine wirklich innovative Produktpräsentation, die auf „intelligenter“ Sensorik basiert. So erhalten die Kunden im Bereich Sportschuhe über ein berührungsloses radiofrequenz- oder funkgestütztes Identifikation-System (RFID) an einem Bildschirm Produktinformationen zu einem Schuh angezeigt, den sie zuvor selbst in die Hand genommen haben. Die Idee zum „Intelligent Info Terminal“ entstand bei Asics in einem Brainstorming von Marketing und EDV-Abteilung: Auf Messen konnten trotz zahlreicher Berater am Stand nicht immer alle Besucher ohne Wartezeiten betreut werden. Besonders bei beratungsintensiven Produkten wie Sportschuhen sei dies ein Problem, sagen die Neusser. Das Systemkonzept sah ein Info-Terminal vor, das einen Teil dieser Beratung automatisiert und die Produkte vergleichbar macht. Randbedingungen dabei sind absolute Zuverlässig- keit im harten Messeeinsatz und problemlose Bedienung auch für Personen, die keine Computer-Freaks sind. Handelstaugliches System Schnell erkannte man bei Asics die vielfältigen Möglichkeiten eines solchen Systems für den Sportfachhandel. Als Prototyp realisierte die Kölner Firma Vision Unltd. Business Solutions OHG ein erstes System auf Basis des „Smart ProductAdvisor“ für den neuen Asics-Shop in Neuss. Das Gerüst dieser Installation bildet die berührungslose Identifikation der Schuhe mittels „Moby D“, RF-Identifikation-Systems von Siemens Automation & Drives gemäß Norm 15693 im 13,56 MHz-Bereich für den Einsatz mit kundenspezifischen „SmartLabels“. Kerngeschäft von Vision Unltd. Business Solutions sind individuelle eBusiness-Lösungen für Verkauf und Service. Für den PoS-Bereich hat das Unternehmen die Systemfamilie „Smart ProductAdvisor“ entwickelt, welche die RFID zur multimedialen Präsentation von Verbraucherprodukten nutzt. Bei Asics ist der „Smart ProductAdvisor“ fest in das Informationsterminal eingebunden: Kunden, die mehr über einen Sportschuh wissen möchten, der in einer Präsentationswand ausgestellt ist, können diesen auf eine Plexiglasablage stellen, unter der sich das Lesegerät des RFID-Systems befindet. Jeder Schuh ist unter der Sohle mit einem Datenträger („Transponder“) ausgestattet, der die jeweiligen Kenndaten des Schuhs an das Lesegerät zurücksendet. Als induktive Schnittstelle zu diesem „SmartLabel“ dient eine integrierte Antenne im Lesegerät. Sobald der Schuh in den Empfangsbereich der Antenne gelangt, wird er vom System automatisch erkannt. Das Lesegerät übermittelt die Daten über die serielle Schnittstelle an einen Rechner, der die dort über den gewählten Schuh hinterlegten Informationen innerhalb einer Zehntelsekunde an einem Monitor in der 06⫺2006 sport⫹mode 19 Handel⫹Verkauf Präsentationswand anzeigt. Ein weiterer Monitor erläutert die Vorgehensweise. Begreifendes Einkaufserlebnis „Der Synergie-Vorteil dieses Konzepts liegt in der adaptiven Vermittlung einer ebenso fortschrittlichen wie persönlichen sofortigen Produktwahrnehmung ohne Menü- oder Touchscreen-Eingaben,“ sagt Dr. Achim Fricker, Geschäftsführer von Vision Unltd und fügt hinzu: „Die vom Moby-Identsystem berührungslos angestoßene Information flankiert den Eindruck, den das Produkt in der Hand des Kunden hinterlässt, und verstärkt so das ‚begreifende‘ Einkaufserlebnis.“ Bei alledem bestimmt der Kunde die Geschwindigkeit, mit der er das Produkt kennenlernt. Darüber hinaus kommt die Selbstinformation dem zurückhaltenden Kontaktverhalten vieler deutscher Verbraucher entgegen. Außerdem kann ein Verkäufer, der bereits einen anderen Kunden berät, auf das Terminal verweisen, um die Wartezeit „spielend“ zu überbrücken. Das Angebot stößt nicht zuletzt bei der jungen Kundschaft auf reges Interesse. Die Informationen sind leicht verständlich dargestellt. „Es kommt sogar vor, dass ein Kunde sich an der Wand informiert und dann nur noch nach der passenden Schuhgröße fragt“, berichtet Verena O’Daniel vom Asics-Marketing. „Die innovative Präsentation unterstreicht die Dynamik unserer Produkte und sorgt dafür, dass Asics in der verkaufsentscheidenden Kommunikation mit dem Kunden als Technologieführer wahrgenommen wird.“ Zuverlässige Technik Für den Einsatz der industrieerprobten MobyD-Technologie sprachen nicht zuletzt dessen Vorteile für die Aufwand sparende Realisierung des Intelligent-Info-Terminal von Asics im Hinblick auf Kommunikation und Energieversorgung. So benötigen die Transponder keine Batterien, sondern werden von der Antenne im Lesegerät mit Strom versorgt. Die Daten sind so gespeichert, das für ihren gesicherten Erhalt keine permanente Stromversorgung erforderlich ist. Die mobilen Datenspeicher können in den Schuh eingenäht oder mit der Sohle verklebt werden, was eventuelle Manipulationen des Systems durch „spielfreudige“ Kunden erschwert. Mit einem maximalen Schreib-/Leseabstand von 15 cm eignet sich das Schreib-Lesegerät bestens für den Einsatz im Shop. Ein Temperaturbereich bis 70° C und die Schutzart „IP65“ gewährleisten zuverlässigen Betrieb, versprechen die Techniker. „Die hohe Ausfallsicherheit des Systems war für uns entscheidend. Schließlich steht das Terminal als Blickfang mitten im Shop“, betont O’Daniel. Siemens hat den „Smart ProductAdvisor“ inzwischen in mehreren unterschiedlichen Versionen in anderen Handelsbereichen und auch Museen problemlos im Einsatz. „Darüber hinaus bieten wir einen schnellen Kundendienst vor Ort“, argumentiert das Unternehmen. L ESERMEINUNG Für die Beratung bezahlen Mike Ernst aus Berlin schreibt uns zum Thema Beratungsklau und Internet: „Beratungsdiebstahl ist kein neues Phänomen, nur dass der Kunde nicht zum Händler an er nächsten Ecke geht, sondern im Internet nach dem billigsten Preis sucht. Daher ist es berechtigt, wenn man für seine Leistung eine Gebühr erheben sollte. Im Vergleich, ein Telefonat mit dem Arzt wird in Rechnung gestellt. Das Flug/Bahnticket gibt es nur noch mit einer Tikketservice-Charge. Warum also ist der Gedanke so abwegig? Man erhebe eine pauschale Gebühr, die beim Kauf der Ware natürlich angerechnet wird. Selbstverständlich darf der Kunde für diese Gebühr auch eine ordentliche Beratungsleistung erwarten. Möglicherweise auch eine Möglichkeit wieder ausgebildete Fachkräfte im Verkauf zu platzieren, und die Händler dazu zu bewegen Qualität zu verkaufen.“ Weitere Anwendungen im Blick Für Asics ist der „intelligente Schuhberater“ mit dem berührungslosen RF-Identsystem Moby D nur der Einstieg in diese innovative Art der automatisierten Produktpräsentation. Aufgrund des großen Erfolgs im praktischen Einsatz in Neuss werden auch die übrigen Asics-Shops in Deutschland demnächst mit entsprechenden Info-Terminals ausgerüstet, wobei Vision Unltd. verschiedene Ausbaustufen anbieten kann. se Zur Identifikation des Schuhs dient ein intelligenter Datenträger, das sog. „SmartLabel“. Nicht erklärbar Angelika Laslo vom Runningshop SportSpezial in Fürstenwalde schreibt zum Thema Exklusiv-Belieferungen. Sie beklagt sich über „Ware, die nicht für jeden orderbar ist, nicht einmal wenn man in diesem Bereich als Fachhändler arbeitet und nennt als Beispiele Textilien von Adidas/Polar, Adidas Stella McCartneyBekleidung oder den neuen Asics-Schuh Kinsei. Als Händler habe ich kein angenehmes Gefühl, wenn man bestimmt Produkte verkaufen ,darf‘, andere wiederum nicht. Und das ist außerdem sehr ärgerlich, was die Kundenbindung betrifft. Mühevoll und mit viel Einsatz hat man sich einen Kundenstamm aufgebaut, der auch die hochwertigen Laufprodukte kauft – und dann muss man diese Kunden in ein anderes Geschäft schicken, da wir den Wunschartikel nicht ordern können. Das ist nicht erklärbar.“