Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie
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Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie
_ _ _ _ _ _ _ _ _ aja Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Eine Arbeitshilfe für Gemeinden zu den Familien-Themen der UN–Kinderrechtskonvention aja _ _ _ _ _ _ _ _ _ arbeitshilfen für die jugendarbeit Herausgeber: Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche im Rheinland Redaktion: Wolfgang Saulheimer Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Eine Arbeitshilfe für Gemeinden zu den Familien-Themen der UN–Kinderrechtskonvention Mit Beiträgen von Erika Georg-Monney Wolfgang Saulheimer Amt für Jugendarbeit der EKiR Ingrid König Ev. Kirchengemeinde Meckenheim Doris Riffelmann Zentrale für Jugendarbeit der Lippischen Landeskirche Christiane Zimmermann-Froeb Rheinischer Verband für Kindergottesdienst Düsseldorf November 2006 Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche im Rheinland Graf-Recke-Str. 209, 40237.Düsseldorf http://www.jugend.ekir.de Tel. 0211 3610 – 285 Fax 0211 3610 – 280 E-Mail: [email protected] Druck: Druckerei Haus Landeskirchliche Dienste Düsseldorf Bestellungen (Schutzgebühr: € 2,00 + Porto und Verpackung): Tel. 0211 3610 – 285 E-Mail: [email protected] _ _ _ _ _ _ _ _ _ aja Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Eine Arbeitshilfe für Gemeinden zu den Familien-Themen der UN–Kinderrechtskonvention Arbeitshilfe für Gemeinden 4 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Inhalt Vorwort 1. Information und Reflexion 1.1 Wie geht´s der Familie 1.2 Alte und neue Werte 1.3 Was heißt hier eigentlich heil? 2. Realitäten und Erkundungen 2.1 Wie lebt ihr eigentlich? 2.2 Alle Jahre wieder 2.3 Das ist meine Familie 3. Aktion und Ideen 3.1 Wir sind Familie (Gemeindefest) 3.2 Bei uns zu Haus (Kinderbibeltag/ Kindergottesdienst/ Kindergruppe) 3.3 Zu Hause bei Familie Jeri (Familiengottesdienst) 3.4. Wir sind auch noch da (Gemeindeversammlung mit Kindern) 3.5 Wir sind die Zukunft (Zukunftswerkstatt mit Kindern) 4. Rückmeldebogen _______ 5 Arbeitshilfe für Gemeinden Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention) – Auszug Artikel 5 [Respektierung des Elternrechts] Die Vertragsstaaten achten die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Eltern oder gegebenenfalls, soweit nach Ortsbrauch vorgesehen, der Mitglieder der weiteren Familie oder der Gemeinschaft; des Vormunds oder anderer für das Kind gesetzlich verantwortlicher Personen, das Kind bei der Ausübung der in. diesem Übereinkommen anerkannten Rechte in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise angemessen zu leiten und zu führen. Artikel 6 [Recht auf Leben] 1. 2. Die Vertragsstaaten erkennen an, dass jedes Kind ein angeborenes Recht. auf Leben hat. Die Vertragsstaaten gewährleisten in größtmöglichem Umfang das Überleben und die Entwicklung des Kindes. Artikel 7 [Geburtsregister, Name, Staatsangehörigkeit] 1. Das Kind ist unverzüglich nach seiner Geburt in ein Register einzutragen und hat das Recht auf einen Namen von Geburt an, das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben, und soweit möglich das Recht, seine Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden… Artikel 8 [Identität] 1. Die Vertragsstaaten verpflichten sich, das Recht des Kindes zu achten, seine Identität, einschließlich seiner Staatsangehörigkeit, seines Namens und seiner gesetzlich anerkannten Familienbeziehungen, ohne rechtswidrige Eingriffe. zu behalten… Artikel 20 [Von der Familie getrennt lebende Kinder; Pflegefamilie; Adoption] 1. Ein Kind, das vorübergehend oder dauernd aus seiner familiären Umgebung herausgelöst wird oder dem der Verbleib in dieser Umgebung im eigenen Interesse nicht gestattet werden kann, hat Anspruch auf den besonderen Schutz und Beistand des Staates… Artikel 21 [Adoption] Die Vertragsstaaten, die das System der Adoption anerkennen oder zulassen, gewährleisten, dass dem Wohl des Kindes bei der Adoption die höchste Bedeutung zugemessen wird; die Vertragsstaaten Artikel 27 [Angemessene Lebensbedingungen; Unterhalt] Die Vertragsstaaten erkennen das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard an. Es ist in erster Linie Aufgabe der Eltern oder anderer für das Kind verantwortlicher Personen, im. Rahmen ihrer Fähigkeiten und finanziellen Möglichkeiten die für die Entwicklung des Kindes notwendigen Lebensbedingungen sicherzustellen. Die Vertragsstaaten treffen gemäß ihren innerstaatlichen Verhältnissen und im Rahmen ihrer Mittel geeignete Maßnahmen, um den Eltern und anderen für das Kind verantwortlichen Personen bei der Verwirklichung dieses Rechts zu helfen, und sehen bei Bedürftigkeit materielle Hilfs- und Unterstützungsprogramme insbesondere im Hinblick auf Ernährung, Bekleidung und Wohnung vor… Der vollständige Text der UN-Kinderrechtskonvention ist zu finden unter: www.kinderpolitik.de/bibliothek/content/3_1.htm oder unter www.national-coalition.de 6 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Vorwort Heile Familie? „Heile Familie“ kennen wir eigentlich nur noch in denunziatorischem Zusammenhang: Als verlogene Kaschierung einer bürgerlichen Zwangsinstitution: Emanzipationsgeschichten waren immer auch Geschichten der Emanzipation von der Familie. Und in der Tat: Gerade heute wird gegen die „Degenerationserscheinungen“ der Familie (Scheidung/ Inzest/ Partnerschaftsdauerkrisen …) wieder das Idealbild der Vater-Mutter-Kind/er-„Normal“-Familie propagiert. Vermischt mit esoterischem Ganzheitlichkeits-Geschwiemel und nostalgischer Vergangenheitsverklärung werden Ein-Eltern-, Ein-Kind- und Patchwork-Familien als Krisenerscheinungen einer orientierungslos dahintaumelnden Gesellschaft beschrieben. Und die Kirchen sollen es doch bitte richten – mit ihrer Erfahrung in der Wertevermittlung! Wir aber wollen die, in der Tat z.T. dramatischen, gesellschaftlichen Veränderungen ernst nehmen und die Denunziation von Familien als „unvollständig“ oder als „Ersatz“, von ausländischen „Sippen“ als Bedrohung, von Frauen als „herzlos“ und von Kindern als wahlweise bedauernswert, gefährdet oder verwahrlost nicht mitmachen. Wir machen Vorschläge, wie sich mit Kindern innerhalb ganz traditioneller Formen von Gemeindearbeit das Thema „Familie“ phantasie- und lustvoll und mit Neugier auf deren Vielfalt behandeln lässt. (Mit diesem Heft setzen wir die Tradition fort, zu einzelnen Rechten aus der UNKinderrechtskonvention Material für Gemeinden vorzustellen.) Dass wir dabei ein ganz anderes Verständnis von „Heil“ voraussetzen als es das höhnische Gerede von der ach so „heilen Familie“ nahe legt, wird sich hoffentlich zeigen … Erika Georg-Monney Ingrid König Doris Riffelmann Wolfgang Saulheimer Christiane Zimmermann-Froeb _______ 7 Hinweis Im dieser Arbeitshilfe wird immer mal wieder auf Internetseiten mit z.T. langen URLs verwiesen. Diese Links sind in der PDF-Fassung anklickbar! Arbeitshilfe für Gemeinden 1. Information und Reflexion 1.1 Wie geht’s der Familie? So gut wie noch nie – geht man nur nach der Flut der Beiträge in den Wer die Nase voll hat von demografischer Panikmache, verwirrenden Statistiken und moralisierender Apokalyptik angesichts des „Verfalls der Familie“, und wer wissen möchte, wie alles gekommen ist, der nehme dieses wunderschöne Bilder- und Lesebuch in die Hand: Ingeborg WeberKellermann: Die Familie. Eine Kulturgeschichte der Familie. Frankfurt 1996. Ein Tipp für die, die mehr Zeit haben: Geschichte des privaten Lebens. 5 Bde. [Verschiedene Ausgaben] Hrsg. v. Philippe Aries und Georges Duby Medien, der Akademieveranstaltungen, der Initiativen der Verbände, der Politikerinterviews zum Thema. „Wir wollen mehr Kinder in den Familien und mehr Familie in der Gesellschaft“ heißt es an prominenter Stelle im Koalitionsvertrag vom November 2005. Neue Wortschöpfungen entstehen: Kindertagesstätten werden zu „Familienzentren“, „die neuen Mehrgenerationenhäuser übersetzen das Prinzip der Großfamilie in die heutige Zeit“ (U. von der Leyen). „Lokale Bündnisse für Familie“, die "Allianz für die Familie", das „Forum: Familie stark machen“ und „mamamoto“ – die Initiative „für ein zeitgemäßes Familiendesign“ suggerieren den Reformwillen einer sich rasant verändernden Gesellschaft. Es gibt nicht nur das Zertifikat zum Audit „berufundfamilie®“, sondern auch die Website „fast 4ward“ zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie – natürlich öffentlich gefördert, genauso wie das Programm "Erfolgsfaktor Familie – Unternehmen gewinnen". Roland Berger und die Bosch-Stiftung machen Politikberatung mit „Unternehmen Familie“, und die EKD fragt auf einer Fachtagung besorgt: „Gehen Kirche und Diakonie voran?“. Dieses Jahr sah auch den ersten „Deutschen Familientag“ (Motto: „Jetzt ist Familie drin!“), ein „Monitor Familienforschung“ erscheint regelmäßig, und das „Generationenbarometer“ nahm seine Messungen auf, um „die Klimaveränderungen zwischen den Generationen in Deutschland“ kartografieren zu können. Und wer bei all diesen semantischen und aktionistischen Saltos verzagen sollte, für 8 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie den hat das BMFSFJ ja den kostenlosen „Familienwegweiser“ zur Hand … Ob diese Omnipräsenz des Themas „Familie“ nun eher ein Teil des Problems ist, dass sich in der „reflexiven Moderne“ Beziehungen, Verwandtschaftsverhältnisse und Vergesellschaftungsformen unkalkulierbar verändern, oder ob damit der Abschied vom Familienbild des 19. und der Weg in eine „familienfreundliche“ Gesellschaft des 21. Jahrhunderts signalisiert wird, bleibt vorerst offen. 1.2 Alte und neue Werte „Werte erwachsen“ – unter diesem Die Ausdrücke „soziale Werte“ und „Wertsysteme“ sind gequält-wortspielerischen Motto Barbarismen, die die Sozialwissenschaften der Um- startete im Frühjahr das „Bündnis gangssprache aufgenötigt hat. Ich gestehe, dass ich nie für Erziehung“. Ein Schelm, wer verstanden habe, was „ein Wert“ ist. Er ist kein Ding. sich dabei an das rechtskonservative Wenn er Bestandteil der Sprache ist, mit der die Men- Forum „Mut zur Erziehung“ aus dem Jahr 1978 oder an die „Werteinitiative 93“ erinnert fühlte. Wer schen ihre Welt rationalisieren, dann sollte man den Wert lieber als Element der Ideologie bestimmen. Wenn „ein Wert“ eine „allseits geschätzte Idee“ sein soll, wird der Begriff vollend undurchschaubar … schloss da ein Bündnis? Nun ja, Staat und Kirchen eben – offenbar die natürlichen Verbündeten im Richard Sennett: Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Intimität. 1986. Kampf gegen Traditionsabbruch und Werteverlust! „Ach, die Werte!“ hört man da Hartmut von Hentig murmeln, der in seinem gleichnamigen zornigen Essay von 1999 mit den „Wertevermittlern“ ins Gericht geht, die von der Erziehung erwarten, „in den _______ 9 Arbeitshilfe für Gemeinden Kindern das gemeinsame Ethos (die Haltung und Tatkraft) ins Leben (zu) rufen, das in den Erwachsenen erstorben ist“. Dabei sind es die immer gleichen Missverständnisse, denen eine orientierungslose und scheinbar vom Auseinanderfallen bedrohte Gesellschaft aufsitzt: Wertewandel (z.B. hin zu stärkerer Individualisierung und zu postmateriellen Werten) wird verwechselt mit Werteverlust, milieuabhängig sich wandelnde Mentalitäten und Prinzipien der Lebensführung werden verwechselt mit Traditionsabbruch. Die Erfolgsgeschichte des modernen Staates mit seiner Trennung von privat und öffentlich wäre nur um den Preis des „Verfassungstotalitarismus“ (der ehemalige Verfassungsrichter E.-W. Böckenförde) rückgängig zu machen. „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“ (Böckenförde). Da er seinen eigenen moralischen Kitt also nicht produzieren kann, sucht er nach „Werteagenturen“ und Bündnispartnern (s.o.). Und die Kirchen tappen in diese Falle. Und das, obwohl die Regulierungskräfte der Religion längst ihre Bindekraft verloren haben. 65 % der Jugendlichen sagen, die Kirchen hätten keine Antworten auf die Fragen, die sie wirklich bewegen (15. Shell-Jugendstudie 2006). Und gar 68 % meinen: „Kirche muss sich ändern, wenn sie eine Zukunft haben will.“ Im Klartext: Kirche sollte nicht in einem „Bündnis für Erziehung“ versuchen, Kinder und Jugendliche zu ändern, sondern … Und das, obwohl z.B. die letzten Shell-Jugendstudien in schöner Regelmäßigkeit bestätigen, dass Werte und Ideale überhaupt nicht verschwunden sind – nur genauer hingucken müsste man schon mal. 10 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Und das, obwohl es von einigem Hochmut zeugt nicht wahrzunehmen, dass das Gefühl für Werte wie Schönheit, Leben, Gesundheit, Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit, Anerkennung, Lieben können … sich durchaus nicht aus unserer Gesellschaft verabschiedet hat (selbst wenn diese noch so maskiert z.B. in verlogenen Fernsehserien begegnen). Und das, obwohl man sich der Realitätsblindheit verdächtig macht zu verkennen, dass die Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft verbunden ist mit der Abwanderung verschiedener „Werte“ in unterschiedliche Milieus. Und das, obwohl es einer (im übrigen wirkungslosen) Holzhammerpädagogik gleichkäme, „Werteerziehung“ (wenn es sie denn neben „Erziehung“ überhaupt gibt) zu verwechseln mit der Abarbeitung von Wertekatalogen. Die 10 Gebote als Tugendkatalog? Aber was ist es denn sonst, wenn Oda-Gebbine Holze-Stäblein in ihrer Einbringungsrede des Kundgebungsentwurfs „Keiner lebt für sich allein“ (EKD-Synode 2004) mahnt: „Verantwortung für die Weitergabe … der Werte, die in den Geboten ihren Ausdruck finden, das ist ein für uns heute wichtiger Punkt.“ Und das, obwohl man ja mal darüber nachdenken könnte, dass „Werte“ nicht nur als gesellschaftlicher Leim, sondern auch als Mittel der Kritik der Wirklichkeit dienen könnten? Übrigens: Sollten wir nicht ein bisschen dankbar sein, dass es in den letzten Jahrzehnten in unserer Kirche gewaltige „Traditionsabbrüche“ gegeben hat und den „Verlust“ von Werten, die in der Geschichte der Kirche außerordentlich wirkmächtig gewesen sind? Dass der „autori_______ 11 Arbeitshilfe für Gemeinden tär-punitive Komplex“ (E.W. Russell) abgewandert ist in fundamentalistische Milieus? Dass Lustfeindlichkeit, Diskriminierung von Frauen und Absonderung von Behinderten nur noch marginal mit der Kirche in Verbindung gebracht werden können? Dass Erziehung mit Angst und jede 5 Minuten-vor-12-Pädagogik in die Nachbarschaft von Kindesmisshandlung geraten sind? Dass einst heilswirksame „Werte“ zu „Sekundärtugenden“ degradiert worden sind? Wie endlich soll im „Bündnis für Erziehung“, in Bildungseinrichtungen, Seminaren, Eltern-Kind-Gruppen … „Kindern und Elternwertegestützte Orientierung vermittelt“ werden (U. v.d.Leyen) – wenn die Gesellschaft schlicht nicht mitmacht? „Mit ihren Fernsehprogrammen und ihrem Verhalten im Verkehr, mit den Gesprächen am Abendbrottisch und in den Preisen ihrer Waren“ (H. v.Hentig) ? Vielleicht sollte man die Zumutung einfach umdrehen? Dann käme es nicht mehr darauf an, von oben nach unten Werte zu „vermitteln“ (was wäre das anderes als Indoktrination?), sondern darauf, Kindern Auseinandersetzungen und Erfahrungen zu ermöglichen – incl. der Erfahrung der vielgeschmähten Orientierungslosigkeit und des Scheiterns. Es käme also darauf an, die Würde und den „Wert“ des Kindes zu entdecken. Vielleicht so, wie in den Erinnerungen von Albert Camus: „In Monsieur Germains Klasse fühlten die Kinder zum ersten Mal, dass sie existierten und Gegenstand höchster Achtung waren: Man hielt sie für würdig, die Welt zu entdecken.“ (A. Camus: Der erste Mensch. Reinbek 1996. Hervorhebung von mir. WS.)) 12 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie 1.3 Was heißt hier eigentlich „heil“? „Das Wort ‚Familienbande’ hat einen Beigeschmack von Wahrheit.“ Gegen alle „Heile-heile-Gänschen“-Sentimentalität lässt das bekannte Bonmot von Karl Kraus (in: Die Fackel Nr.237) ahnen, dass es etwas zu „ent–decken“ gibt, wenn man der heilen Familie die Decke wegzieht. Wohl nicht zufällig zu der Zeit formuliert, als Sigmund Freud die Familie als pathologischen Raum entdeckte, ist es heute nicht weniger aktuell: Familientherapie ist ein boomender Berufszweig, Familienberatungsstellen sind überlaufen, familiale Gewalt und Missbrauchsfälle beschäftigen nicht nur die Boulevardpresse, 403400 Menschen sprachen im Jahr 2005 dem Modell Familie das Misstrauen aus (durch Scheidung, Stat. Bundesamt). Umso erstaunlicher die gegenwärtige erneute Heiligsprechung der Familie, von Frank Schirrmachers „Schicksalsgemeinschaft“ („Minimum“. 2006.) bis Eva Herrmanns Retro-Familie („Das EvaPrinzip“. 2006.), von „Jetzt ist Familie drin!“ (s.o.) bis Elterngeld. Zäh hat sich der Sprachgebrauch von der „unvollständigen“ Familie gehalten – als je nach Interesse sorgenvolle oder abwertende Bezeichnung aller nicht ins Vater–Mutter–Kind(er)–Schema passenden Konstellationen. Und das gegen die offensichtliche gesellschaftliche Realität der Familienentwicklung: – Das generative Verhalten: Immer weniger Kinder werden in immer weniger Familien geboren. – Nur noch 30 % der erwachsenen Bevölkerung sind Ehepaare mit Kind(ern). – Der Anteil der nicht-ehelichen Partnerschaften mit Kindern steigt kontinuierlich stark an. _______ 13 Praktisch: Viele Fragen von Familienberatung bis Familienforschung werden beantwortet im OnlineFamilienhandbuch: http://www.familie nhandbuch.de. Arbeitshilfe für Gemeinden – 1,4 Millionen Familien mit minderjährigen Kindern sind EinEltern-Familien (davon 86 % Kinder mit Mutter). – Stark zugenommen haben die Lebensformen ohne Kinder: 20 % Single-Haushalte und 35% Paare ohne Kinder. – Jedes dritte in Deutschland geborene Kind hat (mindestens) ein ElEinen leicht verständlichen Überblck über die Entwicklung der letzten Jahrzehnte gab die Familienforscherin Rosemarie Nave-Herz auf der EKDSynode 2004: Das Verhältnis der Generationen gestern und heute. In: Keiner lebt für sich allein. Texte zum Schwerpunktthema …Hannover 2005. Nachzulesen auch auf http://www.ekd.de ternteil mit Migrationshintergrund. – Insgesamt sind Familien kleiner geworden, seltener, mobiler und veränderlicher. Das weite Spektrum heute anzutreffender Lebensformen, von der living-apart-together-Beziehung am einen Ende bis zur PatchworkFamilie am anderen erscheint den einen als Verfall, den anderen als Bedrohung von Staat und Wirtschaft und Infragestellung überkommener Werte. Und über allem schwebt eine vage „Ganzheitlichkeits“-Nostalgie. Ganzheit und Ganzheitlichkeit sind im biblischen Zusammenhang und in christlicher Tradition eschatologische Begriffe. Christen setzen das Unvollkommene, das Unvollständige, das Fragmentarische und Imperfekte beim Menschen und in menschlichen Beziehungen voraus. Die Bibel spricht nicht vom saftigen Halm, sondern vom „geknickten Rohr“, das nicht zerbrochen, nicht vom lodernden Feuer, sondern vom „glimmenden Docht“, der nicht ausgelöscht werden soll. (Jes.42; Mt 12) Und so betrachten wir in unseren u.a. Vorschlägen die vielfältigen Familienformen und Lebensstile nicht als defizitär, sondern als Bereicherung, nicht romantisierend, sondern als Herausforderung in einer Situation, die historisch ohne Beispiel ist und darum ohne Vorbilder, Leitbilder, Regeln. Wie Aufwachsen von Kindern unter diesen 14 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Bedingungen möglich ist, wie das Zusammenleben und das gegenseitige Akzeptieren, Unterstützen, Voneinander-Lernen in vielfältigen, sich weiter verändernden Familienkonstellationen „funktioniert“ – das herauszufinden und damit zu experimentieren, dazu sollen die folgenden Praxisbeispiele ermutigen. _______ 15 Arbeitshilfe für Gemeinden 2. Realitäten und Erkundungen 2.1 Wie lebt ihr eigentlich? Kinder wachsen in Familien auf. Diese Feststellung gilt nach wie vor für den größten Teil unserer Kinder. Nach Datenerhebungen der Bertelsmannstiftung im Jahr 2003 lebte http://www.bertels mann-stiftung.de jeder zweite in Deutschland in familiären Lebensformen, d.h. in einer Familie, in der mindestens zwei aufeinander bezogene Generationen, die zueinander in einer Eltern-Kind-Beziehung stehen. Um in Kirche und Gemeinde angemessene Angebotsformen und Konzepte zu finden, die die Realität der Familien treffen, die um den Kirchturm wohnen, ist es notwendig zu recherchieren. Kinder fragen viel und gerne und sind deshalb ideale Partner für ein solches Vorhaben. Trotzdem ist Vorsicht geboten, denn viele Menschen empfinden das Zusammenleben in ihrer Familie als intime Angelegenheit und betrachten es als Verletzung ihrer Intimsphäre, wenn sie zu ihren „Familienverhältnissen“ ausgefragt werden. Also kann es nur darum gehen in eher anonymer Form und mit kindgerechten Fragen Informationen zusammen zu tragen, die helfen, das Gemeindekonzept und die Angebtosstruktur familienfreundlicher und angepasst an die regionalen Verhältnisse auszugestalten. Wir schlagen vor, gemeinsam mit Kindern einen Fragebogen „Familienfreundliche Gemeinde“ zu entwickeln. Ausgestattet mit Fragebogen und Stiften oder Fragebogen und Aufnahmegerät interviewen Kinder sich gegenseitig, ihre Eltern, Gottesdienstbesucher, Gruppen in der Gemeinde, Mitarbeiter des Gemein16 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie deamts, das Presbyterium, Menschen auf der Strasse vor der Kirche oder dem Supermarkt im Ort ... Sie sammeln Informationen zur Lebenslage von Familien auf dem Gebiet ihrer Gemeinde, zu Angeboten in der Gemeinde, an denen Familien teilnehmen können und fragen nach Verbesserungsvorschlägen und Wünschen. Fotos aus Gruppen der Gemeinde, von Familien, selbst gemalte Bilder der Kinder etc. ergänzen und bereichern die Aussagen. Die gesammelten Informationen werden von den Kindern anschaulich zusammengefasst. Eine Gemeindeversammlung z.B. im Anschluss an einen Familiengottesdienst würdigt die Ergebnisse und wertet aus, was umsetzbar ist. Oder es findet ein Aktionstag mit Ausstellung der Ergebnisse und Diskussionsforen (im „Tandem“ Kinder und Erwachsene geleitet) statt. Mögliche Fragen könnten sein? Was verstehst Du/ was verstehen Sie unter Familie? - - - - - Ein verheiratetes Ehepaar mit Kindern Ein unverheiratet zusammenlebendes Paar mit Kindern? Drei Generationen, die zusammenleben (Großeltern, Eltern, Kinder) Ein alleinerziehender Vater, eine alleinerziehende Mutter mit Kind oder Kindern Ein verheiratetes Paar ohne Kinder Ein unverheiratet zusammenlebendes Paar ohne Kinder Zwei Männer oder zwei Frauen, die in einer festen Lebensgemeinschaft mit Kindern leben Zwei Männer oder zwei Frauen, die in einer festen Lebensgemeinschaft leben Nichts davon Welche Angebote für Familien gibt es in unserer Gemeinde? _______ 17 Bitte diese Liste lediglich als Anregung verstehen. Je kürzer und präziser die Fragen, um so mehr lässt sich mit den Antworten anfangen und je kürzer der Fragebogen, um so mehr Menschen können beteiligt werden. Arbeitshilfe für Gemeinden (evtl. Liste mit bestehenden oder möglichen Angeboten zur Auswahl anbieten und an Veranstaltungen denken, auf denen nicht Familie draufsteht, mit denen aber auch Familien gemeint sind) Wer nimmt daran teil? Eher Mütter mit Kindern, die ganze Familie, nur die Kinder? Wo kommen die Familien her? Von hier, zugezogen, Migranten…? Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für die Arbeit mit Familien verantwortlich? Welche Räume/Plätze stehen in unserer Gemeinde Familien zur Verfügung? Welche Menschen befassen sich mit dem Thema Familie in unserer Gemeinde? Was ist für dich/sie familienfreundlich? Wie sieht eine familienfreundliche Gemeinde aus? Was sollte eine familienfreundliche Gemeinde anbieten? Welche Rechte haben Familien in unserer Gemeinde? … Um die Realität der Lebenssituation von Familien in der Gemeinde zu erfassen, kann eine Recherche nur ein Teil der Arbeit sein. Begegnungsmöglichkeiten schaffen ist die andere Seite: Wo finden in der Gemeinde Begegnungen zwischen Familien unterschiedlicher Herkunft statt (Familien mit Migrationshintergrund, aus unterschiedlichen sozialen Lagen, kinderreiche Familien, Familien mit Kindern mit Behinderungen)? Beim Basar? Bei gemeinsamen Festen, in Gruppen…? 18 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie 2.2 Alle Jahre wieder Immer wieder kehrende Rituale, Feste und Bräuche halten seit Menschengedenken Familien zusammen und stiften Identität. Vieles ist im modernen Leben verloren gegangen (wer lässt heute noch sein Haus vor dem Einzug segnen?), vieles ist aus dem Hoheitsgebiet der Kirchen ausgewandert in weltliche Rituale (Trauung im Standesamt im weißen Kleid). Fast alles, was Wegstationen im Leben markiert, spielt eine große Rolle im Leben einer Familie. Geburt, Taufe, Geburtstag, Hochzeit, Beerdigung werden gemeinsam gefeiert und tragen zum Zusammenhalt der Familie bei. Immer wieder beklagen Großeltern, dass Kinder keine Bräuche mehr kennen, und Kindern wird in ihren Familien nur noch ein kleiner Teil traditioneller Rituale vorgelebt. Wenn Kinder ein Recht auf Familie haben, dann verbindet sich damit auch das Recht auf das Kennenlernen von Ritualen und Bräuchen. Kinder lieben Rituale, sie geben ihnen Halt und Geborgenheit. Rituale schaffen ein Zugehörigkeitsgefühl. Dabei ist es egal, ob es sich um kleine Momente im Alltag einer Familie handelt (Tischgebet, GuteNacht-Geschichte) oder große Feiern mit zeremoniell festgelegtem Ablauf (Hochzeit, Schützenfest). Ein Blick über den Tellerrand des eigenen Wissens lohnt sich. Bei Internetrecherchen oder beim Stöbern in der Bibliothek tun sich ungeahnte Dimensionen religiöser und weltlicher Rituale auf, die sich mit Kindern erkunden und ausprobieren lassen. _______ 19 Das kulturwissenschaftliche Standardwerk: Ingeborg WeberKellermann: Saure Wochen – frohe Feste. Fest und Alltag in der Sprache der Bräuche. München Arbeitshilfe für Gemeinden Kindern haben Freude am Entdecken und vor allem feiern sie geNominiert für den deutschen Jugendliteraturpreis 2006 in der Kategorie Sachbücher ist „Das große Familienbuch der Feste und Bräuche“ von Christa Holtei. Ebenfalls modern und empfehlenswert ist das „Aktionsbuch Feste, Bräuche, Rituale“ von Brigitte VomWege, Herder Verlag, 2005 Interessante und oft hierzulande völlig unbekannte Bräuche finden sich in zahlreichen Internetseiten. Empfehlenswert sind: www.religioesesbrauchtum.de www.weihnachtsst adt.de nauso gerne wie Erwachsene. Hätten Sie´s gewusst: Luzientag Beim vorwiegend in Skandinavien verbreiteten Brauch der Luzienbraut trägt am Morgen des 13. Dezember das älteste Mädchen der Familie einen Kranz aus Preiselbeeren mit brennenden Kerzen. Sie ist bekleidet mit einem langen, weißen Kleid und einer Lichterkrone auf dem Kopf. Ihre Begleiter sind Mädchen und Jungen, die ebenfalls weiße Gewänder tragen. Sie wecken alle Familienmitglieder und bringen ihnen Frühstück ans Bett. Die Eierweihe Die erste Eierweihe wird im 12. Jahrhundert durchgeführt und hat wohl den gleichen Ursprung wie die Weihe anderer Speisen zu Ostern. Nach dem Fasten sollte das lange Verbotene als geweihte Speise genossen werden. Früher wurden vor allem die „Antlasseier“ (Eier, die am Gründonnerstag gelegt wurden) zur Weihe getragen. Die geweihten Eier galten als Schutz gegen das Heben von Lasten, wur- www.advent-ist-imdezember.de den in Äckern vergraben, um das Wachstum zu fördern und die www.osterseiten.d e Ernte vor Unwettern zu bewahren. Oder Schalen dieser Eier wurden www. wikipedia.de Suchwort: Jüdisches Brauchtum mit der Asche des Osterfeuers auf die Äcker gestreut, um den Ertrag zu vergrößern. www.fificus.de/an lass.html 20 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie 2.3 Das ist meine Familie Von Patchworkfamilien und Fortsetzungsfamilien, Ein-ElternFamilien, Pflegefamilien und Mehrgenerationenhaushalten wird nicht nur in der Familienpolitik geredet. Neue Formen familiären Zusammenlebens prägen heutige Kinder, und Kinder kennen sich in einer Fülle von Familienkonstellationen aus. Mit den genannten Begriffen ist das Spektrum des Zusammenlebens von Kindern und Erwachsenen noch längst nicht abgedeckt. Für Kinder werden Heimgruppe, Familiengruppe im SOS Kinderdorf oder im Friedensdorf International, die Gruppe in der Einrichtung für behinderte Kinder, die alten Menschen im Wohnprojekt oder die Freunde in der Wohngemeinschaft zu gleichrangigen Familienmitgliedern. In der Regel sind alle genannten Einrichtungen offen für Besucher und gesprächsbereit. Kinder, die nicht in ihren leiblichen Familien leben, können und wollen frei erzählen, wo und mit wem sie zusammenleben und vor allem, was sie dort in der Gemeinschaft erleben. Das Bild vom abgeschotteten Heimkind hinter Mauern gehört in die Mottenkiste der Geschichte, und die Familienfreundlichkeit einer Kirchengemeinde zeigt sich auch an ihrer Offenheit und Kooperationsbereitschaft gegenüber Einrichtungen, die für Kinder zur Ersatzfamilien werden. Wir möchten dazu ermutigen, am jeweiligen Ort Kontakt zu Einrichtungen aufzunehmen, in denen Kinder leben und von denen Kinder sagen: „Das ist meine Familie“. _______ 21 Arbeitshilfe für Gemeinden Die Internetseite der deutschen SOS Kinderdörfer startet mit dem Satz „Wir sind Familie!“ Der Name SOS-Kinderdorf signalisiert: Hier finden Mädchen und www.soskinderdorf.de www.friedensdorf. de Jungen , die nicht in ihrem Elternhaus aufwachsen können, ein Zuhause. Sie leben zusammen mit ihrer SOS-Kinderdorf-Mutter und Geschwistern in einem Haus, rund um die Uhr. Dort wird gespielt, gelacht, gestritten und gefeiert wie in einer richtigen Familie. Informationen finden sich u.a. unter: www.wohnbundberatung-nrw.de oder www.werkstattstadt.de In Projekten wie „Generationenwohnen“ wird der Wunsch vieler Menschen nach einem Zusammenleben von Alt und Jung verwirklicht. Ältere verlassen ihr zu groß gewordenes Haus und Familien ihre zu klein gewordene Wohnung und ziehen in Wohnprojekte. Auf freiwilliger Basis helfen und unterstützen sich ältere Menschen und Familien gegenseitig. Kinder finden Ersatzgroßeltern und Menschen, die sich nicht mehr so gut bewegen können, Nachbarn, die ihnen Einkäufe bringen und den Alltag erleichtern. Fast alle Projekte verfügen über großzügige Gemeinschaftsräume, in denen auch einmal eine Kindergruppe oder sonstiger Besuch einer Kirchengemeinde Platz für ein Kennen lernen finden kann. In Wohngemeinschaften leben nicht nur Studenten oder Aussteiger, sondern auch Familien, die sich für ein gemeinschaftliches Leben entschieden haben und nicht nur Zeit, sondern oft auch ihr Geld und ihre Freizeit miteinander teilen. 22 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Es lohnt sich zu suchen und mit Kindern diese Form des Zusammenlebens zu erkunden, gemeinsam zu feiern und sich kennen zu lernen. Kinder mit Behinderungen sind in vielen Gemeinde nicht sichtbar, weil sie entweder tagsüber in einer Ganztagsschulen sind oder außerhalb ihrer Familien in Einrichtungen leben. Inzwischen gehen viele, auch die großen Einrichtungen wie Bethel in Bielefeld oder Hephata in Mönchengladbach, dazu über, Kinder und Jugendliche in Wohngruppen zusammenzufassen und in familienähnlicher Atmosphäre miteinander zu leben. Auch diese Gruppen sind „Familie“, und Besuche hin oder her bereichern eine Gemeinde. Eine Kurzinformation zum Erfolg der Wohngruppen der evangelischen Stiftung Hephata findet sich unter www.vnr.de/vnr/personalfuehrung/sozialmanagement/praxistipp_23 627.html _______ 23 Informationen zu evangelische Gemeinschaften und Klöstern auch in ihrer Nähe finden sich unter: www.kommunitaet en.de, aber auch unter www.ordenonline.de Wohn- und Dorfgemeinschaften, die naturnahes Leben zum Ziel haben, finden sich unter: www.gemeinschaft en.de Arbeitshilfe für Gemeinden 3. Aktion und Ideen 3.1 „Wir sind Familie …“ Anregungen für die Gestaltung eines Gemeindefests Ein Gemeindefest zum Thema „Familie“ – dieser Vorschlag klingt irgendwie absurd. Was sind Gemeindefeste anderes als Familienfeste. Kinder und Jugendliche, Väter und Mütter, Omas und Opas und alle die alleine leben sollen miteinander feiern und sich als Gemeinschaft erleben. Das ist selbstverständlich. Warum also nicht das Thema „Familie“ deutlich benennen und versuchen als Gemeinde, Familien zu würdigen und zu ihrem Zusammenhalt beizutragen? Warum also nicht gezielt Aktionen und Ideen zusammentragen, die die Generationen untereinander vernetzen und zu einem besseren Kennenlernen beitragen? Warum also nicht in der Planung fragen und entdecken, wo gemeinsame Interessen von Jung und Alt liegen und im Rahmen eines Festes Möglichkeiten gegenseitiger Unterstützung aufzeigen? Werbung und Einladung Schließen wir nicht alle aus, die nicht in Familien leben, die unseren herkömmlichen Vorstellungen entsprechen, wenn wir als Gemeinde zu einem Fest zum Thema „Familie“ einladen? Diese Frage ist ernst zu nehmen und schon im Motto des Festes zu bedenken. Wie kann es gelingen, neben Familien auch alle die anzusprechen, die alleine leben oder in Partnerschaften, die sie selbst nicht als Familie definieren? 24 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Alle noch so schönen Plakate und Handzettel verfehlen ihre Wirkung, wenn nicht persönlich eingeladen wird. Wie wäre es, wenn die Kinder aus der Kindertagesstätte oder einer Kindergruppe in den Seniorenkreis oder in die Altentagesstätte gehen und einladen. Oder: der Frauenkreis besucht die Spielgruppe oder den Krabbelgottesdienst. Ehrenamtliche aus dem Besuchsdienstkreis erweitern ihren monatlichen Plan und besuchen alle jungen Eltern. Presbyter teilen sich die Gruppen und Kreise der Gemeinde und alle, die das Gemeindehaus als Veranstaltungsort mieten, untereinander auf und werben im persönlichen Gespräch. Die Schulen werden besucht, der Sportverein, die katholische Gemeinde, der Jugendtreff und die Diakoniestation… Vorbereitung Wenn möglichst viele Menschen und Personengruppen angesprochen werden sollen, ist es notwendig, auch möglichst viele an der Vorbereitung zu beteiligen. Wenn es gelingt, schon den Vorbereitungskreis generationenübergreifend zu besetzen, dann kann es auch gelingen alle Generationen, Gruppen und Kreise zu motivieren ein Angebot zu machen. Das Fest Eröffnung und Abschluss des Gemeindefestes sollten in einem erkennbaren Zusammenhang mit dem Motto und dem Ziel des Festes stehen. Beteiligung und Mitgestaltung möglichst vieler sollte das Ziel sein. _______ 25 Ein Vorschlag für einen Familiengottesdienst findet sich auf Seite…. Arbeitshilfe für Gemeinden Aktionen und (Mitmach)Angebote, Essen und Trinken, Information und Unterhaltung, Spiel und Spaß, Musik und Kreatives bilden das Gerüst eines fröhlichen Familienfestes. Hier einige Anregungen für Aktionen, die verschiedene Zielen dienen können: Familien würdigen und in ihrem Zusammenhalt stärken, Familien und einzelne Personen in der Gemeinde miteinander bekannt machen und vernetzen Familien treten als Team bei verschiedenen Wettspielen an und spielen entweder mit- oder gegeneinander, einzelne Personen suchen sich eine Familie und schließen sich als Teammitglied an. Mit Sicherheit beliebt sind Klassiker wie Schubkarren- oder Eierlauf, Spielideen aller Art finden sich unter www.spieledatenba nk.de , die Spielkarte der Evangelischen Kirche im Rheinland. Sackhüpfen und Stafetten, Knobel- und Denkspiele oder auch kooperative Spiele und Partnerspiele. Generationen miteinander in Kontakt bringen Aktionsstand „Familienfoto“ In der Vorbereitung Gegenstände für „familiäre“ Kulissen suchen und bereithalten (Omas Sofa, Tisch mit Kaffeegedeck, gemalte Küchenkulisse, Gartenbank, Spielzimmer etc.) Sachen zum Verkleiden (Mamas Brautkleid, Opas Mantel, Hüte und Perücken, Tücher, Hemd und Schlips, Schürze und Babylätzchen, cooles T-Shirt und rosa Pullover … was auch immer die Kleiderkammer der Gemeinde, die Verkleidungskiste der Kindertagesstätte oder die Theater-AG der Schule ausleihen können) und Schminken Kameras ausleihen (möglichst digitale, gleich mit Notebook und Drucker, damit die Fotos ausgedruckt und aufgehängt 26 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie werden können, oder anbieten, dass die Fotos als Ausstellung im Gemeindehaus zu besichtigen sein werden) Während des Gemeindefestes können sich alle Besucher aus den Reihen der Anwesenden Familien zusammenstellen, um sich selbst mit „fremden“ Kindern, Omas, Tanten etc. fotografieren zu lassen. Back- oder Kochstube „Alt und Jung zusammen“ Unter der Bedingung, dass immer Kinder/Jugendliche mit Erwachsenen/Senioren zusammenarbeiten, werden während des Festes Waffeln gebacken oder Snacks vorbereitet, die auch gleich verkauft oder verteilt werden können. D.h. über ein schwarzes Brett machen sich Kinder/Jugendliche oder Erwachsene /Senioren bekannt, die Koch- oder Backpartner für bestimmte Uhrzeiten suchen. Oder im Vorfeld des Festes wird in der Gemeindeküche generationenübgreifend gekocht oder gebacken. Bastel-oder Kreativstand: “So machten wir das früher“ Senioren basteln mit Kindern, Jugendlichen oder jüngeren Erwachsenen so wie in ihrer Kindheit (Strohpuppen, Topflappen häkeln, Laubsägearbeiten, Papier falten… welche Talente auch immer in der Gemeinde vorhanden sind). Erzähl- oder Geschichtenzelt: „Meine Lieblingsgeschichte“ Alte und Junge, Kinder und Erwachsene erzählen sich gegenseitig Geschichten, die sie lieben, oder lesen aus Lieblingsbüchern vor. Oder ein offenes Gesprächsangebot: „So war das früher, so ist es heute!“ Themen wie Schule, Spielen im Freien, Urlaub, Berufswahl …. werden im Dialog zwischen Alt und Jung besprochen. _______ 27 Arbeitshilfe für Gemeinden Gemeinsame Interessen entdecken und pflegen „Ich kann, ich suche, ich biete, ich wünsche mir…“ Pinwände und schwarze Bretter laden ein zum Bekenntnis zu Hobbys, Leidenschaften, Interessengebieten oder Problemen und Fragen. Beispiele: Ich habe eine tolle Briefmarkensammlung und zeige sie gerne – wer hat Interesse am XX um XX Uhr ins Gemeindehaus zu kommen? Ich sehe nicht mehr so gut und brauche Hilfe beim Basteln an meiner Modelleisenbahn… Wer kann mir zeigen, wie man Socken strickt? Ich würde gerne Babykleidung tauschen… Wer hat Interesse an Pflanzenablegern aus meinem Garten? Oder an Kompost? Wer hilft mir beim Obst pflücken? Wer kann mir zeigen, wie man tapeziert? Ich kann gut Englisch und habe nachmittags Zeit und Lust, Englisch zu reden, Vokabeln abzuhören… Ich spiele Flöte und langweile mich, wenn ich immer alleine spielen soll…. „Was geht zusammen?“ Musikalische Angebote während des Festes (Offenes Singen, Volkstanz…) führen zusammen und machen allen Freude. Gemeinsam singen geht immer. Die interessante Frage ist, welche Lieder, wenn junge und alte Menschen gemeinsam singen wollen. 28 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Möglichkeiten gegenseitiger Hilfe und Unterstützung entdecken Schon wieder waren die privaten Medien schneller. Seit einigen Wochen läuft erfolgreich die Abendsendung „Familie gesucht“. Warum sind wir nicht schon längst in unserer Gemeinde auf so eine Idee gekommen? Es geht um „Omas und/oder Opas“, die Zeit für und Lust auf eine Familie haben. Sei es gelegentlicher Aufpasserdienst, wenn Mama und Papa mal ins Kino wollen, oder regelmäßige Anwesenheit und (Mit)Leben in der Familie zu gemeinsam festgelegten Zeiten. Oder es macht Sinn, einfach Zeit mit Kindern außerhalb von deren Familie zu verbringen und zu tun, was Omas und Opas so tun: Im Park spazieren gehen, Eis essen, gemeinsam einkaufen… Über einen Infotisch mit motivierten Ansprechpartnern, über Aktionen oder ein kleines Theaterstück könnte ein Familien-Gemeindefest der Startschuss für eine solche Aktivität sein. Denkbar ist auch die Einrichtung eines „Babysitterdienstes“ mit Jugendlichen, die ihr Taschengeld aufbessern wollen. Selbstverständlich mit vorheriger Schulung (selbst organisiert durch erfahrene Mütter oder über Vermittlung in Kurse der Familienbildung). Informationen über die eigene Gemeinde weitergeben Stellwand mit Auszügen aus dem Gemeindebrief, die besten Fotos der letzten Jugendfreizeit und das Programm der Frauenhilfe – das kennen wir und ist eine wichtige Informationsquelle für Besucher eines Gemeindefests. Aber was ist mit Informationen wie: Was wünschen sich Kinder, Jugendliche, Familien, Senioren von und für unsere Gemeinde? _______ 29 Arbeitshilfe für Gemeinden Was muss sich ändern, damit sich alle wohlfühlen? Wie kindgerecht, senioren- oder behindertengerecht ist unser Gemeindehaus? Wer lebt um unseren Kirchenturm? (Kinder, Jugendliche, Erwachsene erstellen/malen eine Statistik der Gemeinde) Um dem Ziel einer stärkeren Vernetzung der Gemeinde näher zu kommen, ist es notwendig nach allem zu fragen, was im Argen liegt. Selbstverständlich tun dies eine Gemeindeleitung und/oder die hauptamtlich in der Gemeinde arbeitenden Menschen regelmäßig. Detaillierte Antworten und die wirklichen Bedürfnisse aller Generationen sind allerdings nur zu erfahren, wenn eine Gemeinde im Gespräch mit Familien ist bzw. alle Generationen ins Gespräch bringt. Ein Gemeindefest kann auch für eine solche Erhebung einen Startschuss darstellen, indem auf Plakaten Wünsche gesammelt werden. Mehr Beteiligung an solchen Fragen und das Finden von umsetsiehe auch 3.4. „Gemeindeversammlung“ zenswerten Projekten ist allerdings nur im Vorfeld zu erreichen. Gruppen und Kreise, der Besuchsdienst oder wer auch immer organisiert Befragungen, Fotosafaris, ein Forum,oder einen Talk am runden Tisch. 30 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Ergebnisse werden auf dem Gemeindefest präsentiert und zur Umsetzung aufgefordert. Eine andere Möglichkeit wäre, an einem Stand die Problemanzeigen einzeln auf Wandzeitungen zu benennen und um Lösungsvorschläge Eine Fülle von Ideen zum generationenüberschreitenden Arbeiten in der Gemeinde findet sich in der Arbeitshilfe „Neugier und mehr“, zu bitten. Ein Beispiel: Problem Lösungsvorschläge Die oberen Räume im Gemein- Spendensammlung zum Einbau dehaus sind für gehbehinderte eines Lifters, Hilfe durch Begleiter Menschen unerreichbar vor und nach Veranstaltungen, zu denen Menschen mit Gehbehinderung erwartet werden…, Räume tauschen,… _______ 31 zu beziehen zum Preis von 2,-- € + Porto über: Amt für Jugendarbeit der EKiR, Tel.: 0211/3610-285 oder als download unter http://www.jugend .ekir.de Shop, sonstige Arbeitshilfen Arbeitshilfe für Gemeinden 3.2 Bei uns zu Haus Kindergottesdienst/ Kinderbibeltag/ Kindergruppe Der folgende Vorschlag für einen Kindergottesdienst, einen Kinderbibeltag, einen Gruppennachmittag lässt sich nicht nur im Ganzen durchführen, sondern er ist mit geringen Abwandlungen durchaus für eine kleine Reihe oder mehrere Nachmittage geeignet. Zum Beispiel beim ersten Treffen Familienfotos stellen, beim zweiten die Geschichte vom verlorenen Sohn hören und besprechen und zum Abschluss die kreative Nacharbeit. Musik zum Ankommen Begrüßung Menschenskinderlieder Bd. 2, Nr. 28 Lied: Ein jeder kann kommen Eingangswort „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“ 32 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Kerzenritus „Die erste Kerze zünden wir an für Gott. Er hat uns das Leben gegeben und zu ihm kehrt es auch wieder zurück. Die zweite Kerze zünden wir an für Jesus. Er hat uns gezeigt, dass Gott uns liebt und wie wir liebevoll miteinander umgehen können. Die dritte Kerze zünden wir an für den Heiligen Geist. Er gibt uns Hoffnung und tröstet uns, wenn wir traurig sind.“ Zwischen den einzelnen Sätzen kann das Lied: Du bist da, wo Menschen leben. Menschenskinderlieder, Bd. 1, Nr. 42, gesungen werden. Je ein Vers nach jedem Satz. Psalmgebet nach Psalm 46: Bei dir, Herr, bin ich zu Hause, alles wird gut, wenn du da bist. Darum bin ich dankbar für alle Geborgenheit und Liebe, die ich erlebe. Für den Kerzenritus werden drei große Kerzen benötigt. Schön ist es, wenn die Kerzen von Kindern verziert wurden (Wachsplatten). Die erste Kerze mit Symbolen für Gott (z. B. das Auge im Dreieck, der Regenbogen), die zweite mit Symbolen für Jesus (z. B. Kreuz, Brot, Weinkelch) und die dritte mit Symbolen für den Heiligen Geist (z. B. Taube, Flamme). Außerdem sollten für das Anzünden lange Streichhölzer verwendet werden, damit sich die Kinder nicht die Finger verbrennen. Drei Kinder werden ausgewählt und beim Anzünden der Text gesprochen Gut, dass es Menschen gibt, die mich verstehen: Mutter, Vater, Geschwister Freunde. Sie meinen es gut mit mir. Gut, dass ich ein Zuhause habe, ein Zimmer, wo es richtig gemütlich ist. Dort kann ich mich wohl fühlen. Bei dir, Herr, bin ich zu Hause, alles wird gut, wenn du da bist. _______ 33 Aus: „Sagt Gott, wie wunderbar er ist“, Nr. 40, alte Ausgabe Arbeitshilfe für Gemeinden Darum brauche ich nicht zu verzweifeln, wenn es mir schlecht geht. Schlimm ist es, wenn Angst über mich kommt: Hoffentlich passiert meinen Eltern nichts. Manchmal kann ich nicht einschlafen. Dunkle Gedanken halten mich fest. Schlimm ist es, wenn ich etwas angestellt habe. Dann sind plötzlich alle gegen mich. Sie reden auf mich ein, und ich weiß nicht, wie ich es wieder gut machen soll. Bei dir, Herr, bin ich zu Hause, alles wird gut, wenn du da bist. Darum kann ich mich unbeschwert freuen. Es gibt so viel Schönes in meinem Leben. Schön ist es, wenn mir etwas gelingt: Wenn ich arbeite oder lerne, bastle oder spiele. Ich habe etwas geschafft, und es ist gut geworden. Schön ist es, wenn ich einen Nachmittag frei habe. Da kann ich spielen, herumtollen und mit Freunden losziehen. Ich habe gesunde Hände und Füße, kann sehen, hören und riechen. Bei dir, Herr, bin ich zu Hause, alles wird gut, wenn du da bist. AMenschenskinderlieder, Bd. 2. Nr.29 men Lied: Einander brauchen Hinführung zum Thema: Familienfotos stellen 34 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Die Kinder stellen nacheinander ein „Foto“ ihrer eigenen Familie. Sie suchen andere Kinder aus, die verschiedene Mitglieder ihrer Familie verkörpern und ordnen sie nach ihrer Vorstellung an. Wenn das „Foto“ für sie stimmt, wird es spielerisch „geknipst“. Oder besser, mit einer vorhandenen Digitalkamera festhalten und später den Kindern zur Verfügung stellen. Überleitung Jetzt haben wir uns Zeit genommen, einen Blick auf unsere eigenen Familien zu werfen. Da gab es ganz verschiedene Fotos zu sehen: wer darauf war, wie die Familie angeordnet war. Ich möchte euch nun eine Familie vorstellen. Von der Jesus erzählt hat. Geschichte: Der verlorene Sohn (Lk 15, 11-32) „Da war einmal ein Vater, der hatte zwei Söhne. Er lebte mit ihnen auf seinem Bauernhof. Er hatte einen großen Hof mit Feldern und Tieren, Knechten und Mägden. Seine Söhne arbeiteten fleißig mit. Der ältere Sohn würde einmal den ganzen Hof erben, dann, wenn der Vater tot ist. Der jüngere Sohn bekäme Geld, damit er sich einen eigenen Bauernhof kaufen kann. So war es üblich. Doch eines Tages dachte der Jüngere: „Warum soll ich eigentlich hier auf dem Bauernhof von meinem Vater noch weiter mitarbeiten? Später bekommt ihn ja sowieso mein Bruder. Am liebsten würde ich jetzt sofort weggehen und ein eigenes Leben anfangen. Aber dazu brauche ich Geld. Hm, hm. Ich hab’s! Ich bitte einfach meinen Vater darum, dass er mir mein Geld jetzt schon gibt. Warum soll ich warten bis er tot ist. Jetzt will ich ein neues Leben anfangen!“ Und wirklich, der Jüngere ging _______ 35 (Noch mehr Spaß macht eine solche Aktion, wenn es auch einen schönen Hintergrund für die Fotos gibt. Zum Beispiel ein Sofa auf dem die Familie Platz nimmt, eine neutrale Wand, damit die Familie nicht vor irgendwelchen Plakaten oder gebastelten Kindergottesdienst-Schätzen steht oder draußen im Grünen…) Arbeitshilfe für Gemeinden zu seinem Vater. „Vater,“ sagte er. „Ich möchte nicht mehr hier bleiben. Der Hof wird doch eines Tages eh meinem älteren Bruder gehören. Ich möchte jetzt schon los und mein eigenes Leben leben. Bitte, kannst Du mir nicht schon mein Geld geben?“ Sein Vater wurde traurig, als er das hörte. Denn er hatte seinen Sohn lieb und hätte ihn gern noch länger bei sich gehabt. Aber weil er ihn lieb hatte, war er auch bereit ihn gehen zu lassen. „Es ist gut,“ sagte der Vater, „wenn du meinst, dass du das tun musst. Ich will dich gern unterstützen und dir dein Geld jetzt schon geben.“ Und so geschah es. Der Jüngere Sohn bekam sein Geld, packte seine Sachen, verabschiedete sich bei seinem Vater und seinem Bruder und ging los. Der Vater und der ältere Bruder sahen ihm nach. „Ich verstehe nicht, warum er weggeht?“ sagte der Ältere. „Ich schon,“ meinte der Vater. „Er will sein Leben leben, nicht unseres hier auf dem Bauernhof. Ich wünsche ihm viel Glück. Aber ich bin auch traurig. Gut, dass du noch bei mir bist!“ Dann gingen beide wieder an ihre Arbeit. Auf einem Bauernhof ist immer viel zu tun. Der jüngere Sohn wanderte vergnügt los. Endlich war er sein eigener Herr und konnte tun und lassen, was er wollte. Keiner sagte ihm mehr „Geh aufs Feld!“ oder „Füttere die Ziegen!“ Fröhlich pfeifend lief er, bis er in einen Ort kam. „Ach, ich habe Hunger und Durst!“ dachte er. „Da vorn ist ein Wirtshaus! Und ich habe ja Geld! Ich gehe rein und bestelle mir etwas zu essen und trinken.“ Das tat er auch. Und am nächsten Tag. Und am übernächsten... Die anderen, die im Wirtshaus saßen, hatten bemerkt, dass der junge Mann wohl Geld hatte. Sie sprachen ihn an, freundeten sich mit ihm an. Der jüngere Sohn fand das toll. „Ihr seid jetzt meine Freunde!“ rief er. „Ich lade euch ein! Was wollt ihr essen? Was trinken? Ich bezahle für euch!“ 36 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie So ging es viele Tage lang. Immer bezahlte der Jüngere für seine neuen Freunde. Und immer wurden es mehr, die sagten: „Wir sind doch deine Freunde!“ Tja, und eines Tages, da war sein Geld alle. Er hatte alles ausgegeben. Was sollte er nun tun? „Ich werde einfach meine Freunde fragen. Die können nun ja auch mal für mich bezahlen.“ Doch als er seine Freunde fragte, da lachten die ihn aus. „Wir sollen für dich bezahlen? Nee, nee, das kommt gar nicht in Frage!“ sagten sie. „Aber wir sind doch Freunde,“ rief der jüngere Sohn. „Wenn du kein Geld mehr hast, sind wir auch nicht mehr deine Freunde!“ Und damit drehten sie sich lachend um und ließen den jüngeren Sohn stehen. „Was soll ich bloß machen? Hier kann ich ja nicht bleiben.“ Der Jüngere ging durch die Straßen des Ortes. Er hatte Hunger. Er fragte Menschen nach essen. Schließlich bettelte er. „Ich brauche Arbeit,“ dachte er. „Ich kann Tiere hüten. Das habe ich zu Hause auch gemacht.“ So ging er zu einem Bauern und fragte nach Arbeit. „In Ordnung,“ sagte der Bauer. „Du kannst die Schweine hüten, da draußen, wo es dreckig ist. Aber wehe, du isst den Schweinen ihr Futter weg!“ Nun saß der jüngere Sohn bei den Schweinen im Dreck. Er hatte ständig Hunger, denn viel bekam er nicht. Und manchmal fischte er sich wirklich eine Kartoffelschale aus dem Schweinefutter und aß sie heimlich auf. „Was mache ich hier bloß!“ Er war ganz verzweifelt. „Es geht mir so schlecht. Zu Hause bei meinem Vater geht es keinem so schlecht wie mir hier. Ach, wenn ich doch wieder zu Hause wäre. Aber so kann ich nicht zu meinem Vater zurück. Ich habe ihn enttäuscht. Alles Geld habe ich ausgegeben. Sein Sohn kann ich nicht mehr länger sein. Doch ich will ihn fragen, ob ich vielleicht für ihn arbeiten darf als ganz einfacher Knecht auf seinem Hof. Ja, das tue ich!“ Der jüngere Sohn _______ 37 Arbeitshilfe für Gemeinden sprang auf, ließ die Schweine Schweine sein und lief los. Immer den Weg nach Hause zu. Zu Hause war unterdessen alles wie immer. An diesem Mittag stand der Vater vor seiner Haustür und schaute den Weg entlang. Da kam einer auf dem Weg. Der Vater strengte seine Augen an. Wer konnte das nur sein? Irgendetwas an diesem Menschen kam dem Vater bekannt vor. War es die Kleidung? Der Vater blinzelte. Nein, der sah ja ziemlich zerlumpt aus. War es die Art, wie dieser Mensch ging? Der Vater sah noch einmal hin. Diesen Gang kannte er, sogar gut. War nicht sein jüngerer Sohn immer so gegangen? Der Vater sprang auf und rannte los. Er lief dem anderen entgegen. Ja, es war sein jüngerer Sohn. Der Vater breitete seine Arme aus. Da blieb der jüngere Sohn ein bisschen vor ihm stehen. „Vater, ich habe alles Geld einfach ausgegeben. Jetzt bin ich ein Bettler. Ich habe dich enttäuscht. Ich kann nicht mehr dein Sohn sein. Aber darf ich als Knecht für dich arbeiten. Ich habe solchen Hunger!“ Da machte der Vater noch einen Schritt auf ihn zu und schloss ihn in die Arme. „Meine Junge,“ murmelte er, „mein Junge, dass du wieder da bist!“ Er führte ihn zum Hof. Dann rief er die Knechte: „Mein Sohn ist wieder da! Macht das Badewasser heiß. Holt frische Kleider! Schlachtet ein Kalb und bereitet ein Festessen. Das muss gefeiert werden!“ Und so geschah es. Mitten im fröhlichen Fest kam der ältere Bruder nach Hause. Er hatte den ganzen Tag auf dem Feld gearbeitet. „He, Knecht, was ist das für ein fröhlicher Lärm aus dem Haus?“ „Weißt du es noch nicht? Dein Bruder ist wieder da. Er war ziemlich verlottert. Aber dein Vater freut sich so, dass wir gleich ein Kalb schlachten mussten und jetzt wird gefeiert.“ Da wurde der ältere Sohn eifersüchtig und wütend 38 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie und wollte nicht ins Haus gehen. Sein Vater kam heraus. „Komm herein, feiere mit uns! Dein Bruder ist wieder da!“ „Nein,“ schrie der Ältere, „das ist ungerecht! Der haut ab, gibt dein ganzes Geld aus und taucht hier wieder auf, als ob nichts gewesen wäre. Du machst sogar ein Fest für ihn. Wenn meine Freunde und ich mal feiern wollten, dann hast du uns noch nie ein Kalb gegeben!“ Da legte der Vater seinem Großen den Arm um die Schulter. „Weißt du, du bist die ganze Zeit bei mir gewesen. Und darüber bin ich sehr froh. Alles, was mir gehört, gehört auch dir. Du kannst es dir nehmen. Aber dein Bruder war weg. Ich wusste nichts mehr von ihm. Er hätte tot sein können, ohne dass ich es wusste. Er hat mir gefehlt. Nun ist er wieder da, lebendig und heil. Darüber bin ich so froh. Und es tut ihm sehr leid. Ach, komm. Freu dich doch mit mir!“ Und der Vater zog seinen Großen mit ins Haus, zum Fest und zu seinem Bruder.“ Kreative Vertiefung Zunächst stellen die Kinder Familienfotos zu verschiedenen Szenen der Geschichte. (Auch hier ist es gut, die Szenen tatsächlich zu fotografieren) Gemeinsam wird überlegt, ob die Szenen getroffen sind. Dann wird überlegt, wie wohl ein Abschlussfoto der Familie aussehen würde. Die Kinder können an diesem Abschlussfoto ändern, Personen ergänzen oder weglassen. Bei jedem gestellten Foto wird überlegt, ob so eine Familie ist und ob es wohl eine heile Familie ist. Mögliche Fragen an die Kinder können sein: _______ 39 Arbeitshilfe für Gemeinden „Ich frage mich, warum Jesus wohl diese Geschichte erzählt? Ich frage mich, wer die Brüder wohl in Wirklichkeit sind? Ich frage mich, wer wohl der Vater in Wirklichkeit ist? Ich frage mich, ob ich wohl in der Geschichte vorkomme?“ Anschließend gestalten die Kinder Collagen zum Thema „Heile FaRechtzeitig dran denken, alte Zeitschriften oder Bilder zu sammeln! Große Papierbögen zum Bekleben besorgen milie ist...“ Dazu sucht sich jedes Kind zwei Fotos oder Ausschnitte aus zwei Fotos aus. Fotos oder Ausschnitte ausreißen, nicht schneiden. Das macht die Collage interessanter. Jedes Kind überlegt sich, wo es auf seinem Papier die Bilder anordnet. Dann werden die beiden Bilder aufgeklebt. Mit Wachmalstiften oder Kreiden wird das Bild weiter gestaltet (z. B. das Bild mit einer eigenen Zeichnung verlängern oder ergänzen oder beide Fotos/Ausschnitte miteinander in Beziehung setzen. Menschenskinderlieder, Bd. 2, Nr. 119 Menschenskinderlieder, Bd. 1, Nr. 91 Lied: Wie ein Fest nach langer Trauer Oder: Komm, bau ein Haus Gebet/Fürbitte (Dank, dass Gott uns als Familie annimmt und wir seine geliebten und gewünschten Kinder sind / Bitte für Familien in allen ihren Konstellationen) Vaterunser Segen Menschenskinderlieder, Bd. 2, Nr.82 Lied: Möge die Straße 40 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie 3.3 Zu Besuch bei Familie JERI Ein Familiengottesdienst zum Thema „Familie“ Am Eingang erhalten alle GottesdienstbesucherInnen eine blanco Spielkarte, auf deren Rückseite ein J oder E oder R oder I aus dem Fingeralphabet eingetragen ist, und einen Liederzettel Ablauf Das Fingeralaphabet findet sich unter http://de.wikipedia .org/wiki/Fingeral phabet Musik zum Ankommen Begrüßung und Hinführung zum Thema (Worum geht es in diesem Gottesdienst?) Lied: Kommt alle her Psalmgebet nach Psalm 86 Kindergesangbuch Nr. 185 Weise mir Herr Deinen Weg Zum Beispiel nach Nr. 737 Evangelisches Gesangbuch (EG)) Andreas Eber, Kindergesangbuch, Claudius Verlag, €15,80 Lied: Lasst uns miteinander Kindergesangbuch Nr. 189 Dieses und alle folgenden Lieder finden sich aber auch in vielen der gebräuchlichen Liederbücher für Gemeinde und Kindergottesdienst Eingangsgebet Zum Beispiel Nummer 317 aus dem Kindergesangbuch Aktion: J E R I Wer es noch nicht hat, hier die Bezugsquelle: (1) Alle GottesdienstbesucherInnen werden gebeten, während der Erzählpredigt die Person, dessen Anfangsbuchstabe auf ihrer Spielkarte steht, besonders in den Blick zu nehmen, genau zu beobachten. _______ 41 Arbeitshilfe für Gemeinden Erzählpredigt mit 6 Standbildern (siehe unten) Aktion: J E R I (2) Alle GottesdienstbesucherInnen werden gebeten eine Verhaltensweise der entsprechenden Person einzutragen und zu beurteilen was daran familienfreundlich ist (gegenseitige Hilfestellung ist erwünscht). Die Ergebnisse werden mit den Banknachbarn ausgeDas Vater unser mit Gebärdensprache zu unterstützen ist inzwischen in vielen Kindergottesdienstgruppen üblich, und die Kinder können den Erwachsenen die Gebärden vormachen tauscht. Lied: Vertraut den neuen Wegen (EG 395) Kollektenankündigung für ein Familienprojekt Fürbitten und Vater unser Lied: Gott dein guter Segen (Kindergesangbuch Nr. 220) Wenn sich beim Segen alle an der Hand fassen, entsteht viel Gemeinschaft und Nähe IN den Pass werden alle Familienmitglieder eingetragen, dazu ihre positiven Eigenschaften, ihre familienfreundlichen Verhaltensweisen, aber auch häufige Streitthemen und wer mit wem streitet und Vorschläge zum positiven Umgang mit den Familienkonflikten Segen Musik zum Ausgang Am Ausgang bekommen alle GottesdienstbesucherInnen einen blanco Familienpass, den sie zu Hause ausfüllen können. Erzählpredigt mit 6 Standbildern zu 1. Mose 25, 19-34 + 27,1-45 + 32,2-22 + 33,1-16 42 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Vorbereitungen zur Erzählpredigt: Während der Erzählpredigt treten die 4 Familienmitglieder immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen auf und bilden je ein Standbild/Dia, das zum Geschehen passt. Hierzu wird zunächst ein großes weißes Tuch/Bettlaken nach vorne gebracht. Dahinter treten die jeweiligen Familienmitglieder auf und „erstarren“ zu einem Bild. Jetzt wird das Tuch fallen gelassen und die Geschichte mit den Personen erzählt. Dann wird das Tuch wieder hochgehoben und die nächste Szene „eingefroren“. Das Tuch wird wieder fallen gelassen (wie das Klicken bei einer Diashow) das nächste Standbild gezeigt und die Geschichte dazu weiter erzählt. Zwischendurch stellt ein Kind/Jugendliche/r, eine Mutter, ein Vater, aus der Gemeinde (von der Bankreihe aus) immer wieder Fragen zu dem Erzählten und nimmt so als „Anwalt der Familie“ an dem Geschehen teil. Ein weißes Tuch wird nach vorne gebracht und hochgehalten Erzähler/in: Familien sind so eine Gruppe für sich. Wir kennen das. Alle Menschen auf der Welt haben eine Familie. Es gibt Großfamilien, Kleinfamilien, Ein-Eltern-Familien, Patchwork - Familien usw. Manche Familien verstehen sich gut, manche gar nicht. Einige kennen sich sehr gut und andere kennen sich nicht wirklich. Es gibt Streit und Versöhnung, Liebe und Hass. So wie bei uns in unseren Familien. Ich möchte euch jetzt von einer alten Familie erzählen. Ich besuchte die Familie JERI vor langer Zeit. Und wie es so üblich ist, machte ich ein paar Bilder zur Erinnerung an meinen Besuch. Sechs Bilder habe ich heute morgen mitgebracht. Ich finde sie zeigen deutlich, wie es so zugeht, wenn Familien zusammen leben und ...na ja, seht selbst. _______ 43 Diese Erzählpredigt muss im Vorfeld des Gottesdienstes wie ein Theaterstück eingeübt werden. Arbeitshilfe für Gemeinden 1. Bild : Isaak + Rebekka treten auf - beide sind stolz auf ihre Elternschaft (stolz stehen sie da - das Tuch wird fallen gelassen) Erzähler/in: Das sind sie. Isaak und Rebekka. Vielleicht habt ihr auch schon von ihnen gehört ? Isaak ist der Sohn von Abraham und Sara. Isaak heiratete Rebekka. Er war gerade 40 Jahre alt. Beide wollten ein Kind und beteten zu Gott, er möge ihnen ein Kind schenken. Aber es dauerte 20 Jahre lang bis Rebekka endlich schwanger war. Während der Schwangerschaft hatte sie große Schmerzen, denn es waren 2 Kinder in ihrem Bauch, Zwillinge also. Die Kinder stießen sich miteinander in ihrem Bauch und Rebekka wollte wissen was das bedeutete. Und Gott sagte zu ihr: „Zwei Kinder sind in deinem Bauch. Der Ältere wird dem Jüngeren dienen und aus beiden werden große Völker wachsen.“ - Und Isaak und Rebekka waren sehr stolz als ihre beiden Kinder endlich geboren wurden... Kind/Jug. : Was soll denn das heißen ? Das ist doch ungerecht. Beide werden große Familien haben, aber einer ist Chef über den anderen ? Der Ältere soll dem Jüngeren dienen. Nee, das ist doch blöd. Warum soll man darauf stolz sein ? Das Tuch wird hochgezogen (einen Augenblick Stille) 2. Bild : Esau + Jakob treten auf - beide sind in sich selbst verliebt – 44 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie (selbstverliebt stehen sie da – das Tuch wird fallen gelassen) Erzähler/in: Das erste Kind war ein Junge. Er hatte rote Haare und ganz raue Haut. Sie nannten ihn Esau. Und das zweite Kind war auch ein Junge, aber ganz anders als der Erstgeborene. Er hatte sich an der Ferse Esaus festgehalten und wurde so praktisch mit raus gezogen. Sie nannten ihn Jakob, den Hinterlistigen. Beide waren sehr unterschiedlich. Esau lernte das Jagen. Er kam oft mit großer Beute zurück, nachdem er durch die Wälder gestreift war. Er war ein rauer Mann geworden. Jakob war ein ruhiger Mensch. Er wurde Hirte und war immer in der Nähe der Zelte. Die beiden haben sich nicht so oft gesehen, obwohl sie doch Zwillinge waren. Sie haben wohl auch nicht viel miteinander geredet. Jeder lebte sein eigenes Leben. Und das war auch gut so. Denn wenn sie ständig etwas zusammen gemacht hätten, hätte es viel Streit und Ärger gegeben. Und so gingen sie sich meist aus dem Weg. Kind/Jug. : Ich kann mir das schon vorstellen. Der Große schlägt irgendwann den Kleinen und macht ihn fertig. Der sieht schon so stark aus. Und sicher ist der Kleine Mamas Liebling, da wird der Vater auch nicht begeistert sein. Wie kann man nur soooo unterschiedlich sein in einer Familie und dann noch als Zwillinge ? Das Tuch wird hochgezogen (einen Augenblick Stille) _______ 45 Arbeitshilfe für Gemeinden 3. Bild : Esau und Jakob stehen sich belauernd gegenüber (beide trauen dem anderen nicht über den Weg, aber beide wollen etwas vom anderen haben – das Tuch wird fallen gelassen) Erzähler/in: Eines Tages ist Esau mal wieder mit tierischem Hunger nach Hause gekommen. Jakob hatte gerade leckere Linsensuppe gekocht, da lief einem schon mal das Wasser im Munde zusammen. So auch dem hungrigen Esau. Er wollte sofort und auf der Stelle ganz viel Essen haben. Jakob war nicht dumm und wusste, dass er jetzt etwas von seinem Zwillingsbruder bekommen könnte, wenn er ihm zu essen gab. Nun war endlich die Gelegenheit da, von Esau das Erstgeburtsrecht zu fordern. Und Esau verkaufte seinem jüngeren Bruder das Recht auf den Segen des Vaters, weil er meinte, sonst vor Hunger umzukommen. Und Jakob ließ ihn schwören, dass er jetzt alle Rechte des Erstgeborenen bekam. Dann überließ er seinem Zwillingsbruder das gut schmeckende Linsengericht. Ein Vater: So einfach geht das aber nicht. Wenn in unserer Familie das Oberhaupt, also ich, der Vater, entscheidet, wer das Haus oder das Grundstück erbt, kann ein Bruder nicht einfach mal eben dagegen sein. Und wen ich bevorzuge, entscheide ich. Nee, so geht das nicht. Eine Mutter: Stimmt, so geht das auch nicht. Wo leben wir denn? Wieso bekommt der eine mehr als der andere, oder gar alles und der andere nichts ? 46 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Wenn der eine Hunger hat und der andere das Essen gekocht hat, ja dann kann er doch auch etwas dafür verlangen, etwas worauf er Hunger hat, oder ? Das Tuch wird hochgezogen (einen Augenblick Stille) -----------------------------------------Zwischenmusik----------------------------------------- 4. Bild : Rebekka, Jakob und Isaak treten auf (Rebekka legt schützend ihre Hand auf Jakobs Schulter, während er von Isaak gesegnet wird) Erzähler/in: Rebekka hatte Jakob besonders lieb und Isaak hatte Esau besonders lieb. Es war eben so, wie es in vielen Familien ist: einer mag den einen lieber als den anderen. Schlimm ist das nicht. Schlimm wird es, wenn sich zwei hinterlistig zusammen tun gegen die anderen zwei. So wie in der Familie JERI. Jakob und Rebekka schmieden den Plan, Isaak und Esau zu hintergehen. Rebekka hatte mitbekommen, dass ihr Mann seinem erstgeborenen Sohn Esau den Segen geben wollte. Deshalb verkleidete sich Jakob als Esau, als dieser weit weg auf der Jagd war, und betrog seinen Vater und seinen Bruder, indem er sich als Esau ausgibt und sich von seinem alten Vater Isaak segnen lässt. _______ 47 Arbeitshilfe für Gemeinden Kind/Jug.: Das ist doch richtig. Der Esau hat doch das Erstgeburtsrecht verkauft. Da hat Jakob doch jetzt ein Recht drauf. Warum dieser Jakob so eine Verkleidung nötig hat, verstehe ich nicht. Eine Mutter: Na ja, ich kann die Mutter schon verstehen. Sie kennt schließlich ihren Mann und auch ihre Söhne. Der Isaak wäre sauer, wenn er wüsste, dass sein ältester Sohn das Erstgeburtsrecht freiwillig abgegeben hätte. Also lässt sie den aufkommenden Streit nicht zu, sondern versucht, ihm aus dem Weg zu gehen. Ein Vater: Na super. Der Vater wird betrogen, und das nur, weil die Familie sich nicht an die Spielregeln hält. Es war doch klar, dass der Erstgeborene den Segen (oder das Haus und das ganze Erbe) bekommt. Warum halten sich nicht alle an diese Abmachung ? Das Tuch wird hochgezogen (einen Augenblick Stille) 5. Bild : Familie J E R I tritt auf -– Rebekka steht hinter Jakob + Isaak hinter Esau (Jakob ist ängstlich, seine Mutter beruhigt ihn; Esau ist wütend, sein Vater sieht traurig zu - das Tuch wird wieder fallen gelassen) Erzähler/in: 48 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Jakob hatte Angst vor seinem Bruder, als der nach Hause kam und erleben musste, dass sein Segen schon vergeben war. Esau tobte vor Zorn, aber Isaak konnte den Segen nicht zweimal aussprechen. Fassungslos und traurig, hilflos und erschrocken stand Isaak da. Rebekka hatte einen neuen Plan und schickte Jakob zu ihrem Bruder Laban, damit er sich dort vor Esaus Rache verstecken konnte. Kind/Jug.: Das ist doch gut. Bevor es richtig zur Sache geht, haut einer ab. Besser so, als sich zu prügeln. Das Tuch wird hochgezogen (einen Augenblick Stille) 6. Bild : Familie J E R I tritt auf – Jakob + Esau vertragen sich wieder ( Jakob und Esau bekräftigen ihre Versöhnung mit einem Handschlag und Rebekka und Isaak klatschen dazu) Erzähler/in: Jahre vergehen. Beide Brüder gehen ihre eigenen Wege. Sie gründeten verschiedene Familien und lebten ihr eigenes Leben. Aber Jakob erkannte, dass er nicht richtig gehandelt hat, damals, als er seinen Bruder hinterlistig betrog. Er bittet Esau um Verzeihung. Und Esau nimmt die Entschuldigung an. Er glaubt seinem Bruder, dass er es ehrlich mit ihm meint. Und Jakob hat begriffen, dass Gott ihn segnet, trotz seiner Schuld, jedenfalls dann, wenn er sie bereut und bekennt. Sie beide erfahren, dass es nicht mehr um Herr oder Diener Sein geht, sondern um Brüder, um Geschwister, um eine Familie. _______ 49 Arbeitshilfe für Gemeinden Und sie begreifen, dass Gott beide segnet, jeden so wie sie es jeweils brauchen. Kind/Jug.: Puh, das ging ja noch mal gut. Vorhin dachte ich noch, abhauen sei cool. Jetzt sehe ich das anders. Versöhnung ist noch cooler. Ein Vater: Dass der Segen des Vaters nicht von ihm kommt, sondern von Gott, daran hatte ich gar nicht gedacht. Da muss ich noch mal drüber nachdenken. Eine Mutter: So einfach wie hier der Schluss wird es wohl nicht immer sein. Aber wenn wir das nächste mal Streit in unserer Familie haben, dann will ich mich daran erinnern, dass Gottes Segen uns allen gilt. Ich hoffe, dass wir ihn auch alle annehmen können. Darum lohnt es sich, zu bitten und dafür dankbar zu sein. Das Tuch wird hochgezogen (einen Augenblick Stille) 50 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie 3.4 Wir sind auch noch da! Gemeindeversammlung mit Kindern Aus der Kirchenordung der EKiR Artikel 35 (1) Das Presbyterium muss die Mitglieder und Mitarbeitenden der Kirchenge- Was wird in Gemeindever- meinde mindestens einmal im Jahr zu einer Gemeindeversammlung einladen. In Gesamtkirchengemeinden findet die Gemeindeversammlung in den Ge- sammlungen besprochen? meindebereichen statt. Die Gemeindeversammlung ist öffentlich, soweit das Das neue Gemeindekon- Presbyterium im Einzelfall nicht etwas anderes beschließt. zept, die Finanzsituation, (2) Zeit und Ort der Gemeindeversammlung sowie die Tagesordnung sind im die Renovierung der Orgel, die Gründung eines Fördervereins…? Gottesdienst durch zweimalige Kanzelabkündigung und in sonst geeigneter Weise mitzuteilen. Mitglieder der Kirchengemeinde können Anträge auf Ergänzung der Tagesordnung der Gemeindeversammlung stellen; darüber entscheidet die oder der Vorsitzende. (3) Die Leitung der Gemeindeversammlung liegt bei der oder dem Vorsitzen- Kommen Familien mit ih- den des Presbyteriums. Sie kann vom Presbyterium auch einer anderen Person ren Bedürfnissen, Kinder übertragen werden. mit ihren Ideen vor? Gab es (4) In der Gemeindeversammlung wird über die Arbeit der Kirchengemeinde und über die Gesamtlage der Kirche berichtet und beraten. Insbesondere sind schon einmal eine Gemein- in der Gemeindeversammlung folgende Angelegenheiten zu besprechen: eine deversammlung mit dem beabsichtigte Veränderung der Zahl der regelmäßigen Gottesdienste oder eine Ziel: Kinder- und familienfreundliche Gemeinde zu werden? Änderung der Gottesdienstordnungen, die Gesamtkonzeption gemeindlicher Aufgaben, Bauvorhaben, die Planung gemeindlicher Einrichtungen mit besonderem Kostenaufwand, die Planung der Teilung oder Aufhebung der Kirchengemeinde oder die Zusammenlegung der Kirchengemeinde mit einer anderen sowie die Überlegungen des Presbyteriums im Blick auf die Pfarrstellenbesetzung. Die Gemeindeversammlung wirkt bei einer Änderung des Presbyterwahlverfahrens mit. Vielleicht ja. Wenn nein, (5) Die Ergebnisse der Gemeindeversammlung sind in einem Protokoll dann hier die Werbung für festzuhalten. Das Presbyterium hat hierüber zu beraten und die Gemeinde dieses lohnende Unterneh- in geeigneter Weise über seine Entscheidungen zu unterrichten. men zur Bereicherung der Gemeinde. _______ 51 Arbeitshilfe für Gemeinden Kinder lernen Beteiligung und demokratisches miteinander verhandeln und Erwachsene lernen, dass das Reden über eine familienfreundliche Gemeinde erst dann glaubhaft wird, wenn Kinder beteiligt sind und ihre Bedürfnisse vorbringen können. Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere vom Kind gewählte Mittel sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben. Art. 13,1 UN-Kinderrechtskonvention Nach dem Vorbild kommunaler Kinderversammlungen lässt sich eine Gemeindeversammlung mit Kindern planen und durchführen. 1. Einladung Eine Gemeindeversammlung mit Kindern kann durchaus 614jährige ansprechen, die nicht nur über Gruppen und Angebote für Kinder und Konfirmanden, sondern auch über Gottesdienst, Gemeindebrief und Plakate eingeladen werden sollten. 2. Rolle der Erwachsenen Verantwortliche und Entscheidungsträger einer Gemeinde, Eltern und interessierte Erwachsene stehen den Kindern in beratender Funktion während der Vorbereitung und in der Versammlung zur Seite. In der Nachbereitung kommt ihnen die Verantwortung zu, die Anliegen der Kinder zu verwirklichen. Sie können z.B. in Form von „Patenschaften“ für je ein Thema oder Anliegen die Verantwortung übernehmen und erstatten Bericht (z.B. in den Kindergruppen oder öffentlich im Familiengottesdienst). 3. Vorbereitung Kinderversammlungen sind vorbereitungsintensiv. Gemeinsam mit Kindern müssen in einem Organisationsteam Themen, Fragen oder ein Problem formuliert werden, die in der Versammlung zu behan52 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie deln sind. Ein Beispiel wäre: Wie kann unsere Kirchengemeinde familienfreundlich werden? Aus der Frage, dem Thema, der Problemanalyse wird eine Tagesordnung , die nach einer Phase der Analyse, bzw. der Problembenennung auf konkrete Ziele oder Aufgaben hin arbeitet. 4. Moderation Eine Versammlung von und mit Kindern wird in der Regel von einem Erwachsenen moderiert, der/die durch die Veranstaltung führt und zwischen Fachleuten, Verantwortlichen, anderen Erwachsenen und den Kindern vermittelt und wenn nötig „Erwachsenensprache“ übersetzt. Der/die Moderator/in achtet auf die Einhaltung der Tagesordnung und die Ernsthaftigkeit, bzw. die Verbindlichkeit von Aussagen. 5. Sitzordnung und RederechtFür die Sitzordnung ist es eine gute Praxis, die Kinder in einem inneren Kreis oder alternativ vorne sitzen zu lassen und die Erwachsenen außerhalb dieses Kreises oder hinten. Damit wird deutlich, dass die Kinder im Mittelpunkt stehen und immer das erste Rederecht haben. Erwachsene sind eher Zuhörer, es sei denn, die Kinder brauchen ihre Beratung oder Antworten, die nur Erwachsene geben können. 6. Durchführung Kernpunkt der Gemeindeversammlung mit Kindern ist die Ergebnisorientierung. Zum Ziel gelangen können alle gemeinsam über Anträge , die von den Kindern formuliert und mit allen zur Abstimmung gestellt werden. Beschlüsse werden schriftlich festgehalten, _______ 53 Arbeitshilfe für Gemeinden und es wird notiert, wer für die Umsetzung verantwortlich ist, bzw. bis wann ein Ergebnis oder ein Bericht wo vorliegen soll. Eine solche Struktur ist erst einmal an Erwachsenenformen angelehnt und entspricht nicht unbedingt den Bedürfnissen von Kindern. Im Sinne einer Ergebnisorientierung ist ein solcher Rahmen aber wichtig. Damit alle Kinder – auch die, die nicht gerne reden – ihre Meinung Gute Aktionen und Ideen zur Vorbereitung mit Kindern und zur Frage der Kinderfreundlichkeit einer Gemeinde finden sich in der Arbeitshilfe „Der KÜV kommt!“ Ein Projekt zur Beteiligung und Partizipation von Kindern, zu bestellen im Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen, Tel. 02304/755186 oder www.aejhaus-villigst.de einbringen können, ist es gut, zu einzelnen Themenaspekten in kleinen Gesprächsrunden zu arbeiten. Nur in kleinen Runden wird ein freier Dialog zwischen Kindern und Erwachsenen möglich, und Ergebnisse können kurz und knapp vorgetragen werden. Nach 2 Stunden sollte eine solche Versammlung beendet sein. 7. Nacharbeit Die Phase der Nacharbeit ist vielleicht die wichtigste, denn die Gemeindeversammlung mit Kindern ist kein Selbstzweck, sondern zielt auf konkrete Verabredungen, bzw. Verbesserungsvorschläge. Im optimalen Fall haben sich für alle Anliegen und Beschlüsse „Paten“ gefunden, also Erwachsene, die versprechen, sich für die Umsetzung stark zu machen. Symbolisch kann den Paten eine Gedächtnisstütze überreicht werden, z. B. ein Taschentuch mit Knoten. Das Organisationsteam hält Kontakt zu den „Paten“ und überprüft den Fortgang der Umsetzung von Beschlüssen und erinnert an die Berichterstattung in betroffenen Gruppen, dem Presbyterium, im Gottesdienstwas auch immer verabredet wurde. 54 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie 3.5 Wir sind die Zukunft – Zukunftswerkstatt mit Kindern Um möglichst viele Ideen zur Veränderung einer Gemeinde hin zu mehr gemeinsamen Programmen von und mit Familien zusammenzutragen, bietet es sich an, mit Kindern eine „Mini- Zukunftswerkstatt“ durchzuführen. „Mini“ – nicht deshalb, weil Kinder die Hauptakteure sind, sondern weil wir es für möglich halten, die große Idee einer „Zukunftswerkstatt“ mit allen Phasen auf ca. 2,5 Stunden zu beschränken. Zukunftswerkstätten schaffen Neues, in dem möglichst viele an der Planung und/oder Ausgestaltung von „Neuem“ beteiligt werden. Sie gelten als Instrument der innovativen und demokratischen Gestaltung der Gesellschaft und sind für die Beteiligung von Kindern gut geeignet, wenn die einzelnen Phasen in kindgemäße Sprache übersetzt und Ergebnisse im kreativen Miteinander entstehen. Hintergrundinformationen für eine Zukunftswerkstatt mit Kindern finden sich in der Arbeitshilfe „…damit du leben kannst“ . Herausgeber: Amt für Jugendarbeit der EKiR, Schutzgebühr €2,--. Bestellung unter 0211/3610-285 oder [email protected] Zu den Grundprinzipien einer Zukunftswerkstatt zählen: - - - - Neues ausdenken geht mit großen und kleinen Gruppen (bei großen Gruppen empfiehlt es sich, Untergruppen zu bilden, je ca. 15 Teilnehmer) Angstfrei und ohne Einschränkung mit viel Phantasie über die zu bearbeitenden Themen/Fragen nachdenken Neue Ideen entwickeln und die Ohnmachtgefühle „wir können ja doch nichts ändern“ überwinden Alle Ideen und Diskussionsbeiträge werden für alle sichtbar festgehalten (Plakate, Wandzeitungen) _______ 55 Zahlreiche Beispiele für Zukunftswerkstätten mit Kindern hat Waldemar Stange in dem Reader „Planen mit Phantasie“ gesammelt. Herausgeber: Schleswig Holstein – Land für Kinder und Deutsches Kinderhilfswerk. Zu beziehen über Deutsches Kinderhilfswerk e.V., Tel. 030/2795656 Die Internetseite des ZukunftswerkstattNetzwerk www.zw2003.de informiert kurz, wenn auch umständlich zu finden, über Idee, Zweck und Durchführung von Zukunftswerkstätten Arbeitshilfe für Gemeinden - - Moderator/innen lassen kreative Ideen zu, sind keine Leiter, sondern „Geburtshelfer“ für Neues Der Ablauf folgt dem Drei-Phasen-Modell: Kritik, Phantasie, Umsetzung Im Folgenden ist ein Vorschlag für eine Zukunftswerkstatt mit Kindern mit Zeiteinheiten abgedruckt, die je nach örtlichen Gegebenheiten und Gruppengröße und je nach Ausgangsfrage zu verändern ist. Benötigtes Material: Viel großes Papier, bunte Kartonpapierkärtchen, Stifte, Wachsmaler, Tesakrepp, Stellwände, Nadeln, Schere, evtl. Klebepunkte Wir schlagen vor, die Phasen einer Zukunftswerkstatt mit Kindern wie folgt zu benennen: 1. Motzen (Beschwerde- und Kritikphase) 2. Träumen (Phantasiephase) 3. Klotzen (Verwirklichungs- und Praxisphase) Ablauf für ca. 2,5 Std. (Pause einplanen, mind. 15 min, wo es gerade Auch als Kopiervorlage geeignet! inhaltlich passt!) 56 ________ Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Phasen Einführung Motzphase Träumphase Einzelschritte Kennen lernen (falls nötig), z.B. auf Ballzuwurf den Namen sagen Kurze Einführung in die Methode „Zukunftswerkstatt“ Kurze Einführung in die Thematik „Familienfreundliche Gemeinde werden“ Einführung in die Motzphase Mögliche Fragen: Was gefällt mir nicht, was passt mir nicht? Was sollte unbedingt geändert werden? Zeit 5 min ______ 3 min _____ 2 min 3 min _____ 15 min An der Wand oder auf dem Boden große Papierbahnen ausbreiten, das Thema der Motzphase in die Mitte schreiben. Die Kinder werden aufgefordert, ihre Kritik, Beschwerden, das Unbehagen kurz und laut zu nennen und/oder kreuz und quer auf die Papierbahnen zu schreiben (oder die Kinder nennen ihre Punkte und ein Erwachsener schreibt. Dauert etwas länger) Gewichten der genannten Kritik, z.B. durch ______ Punktevergabe. Alle Nennungen werden un- 10 min ter Auslassung von doppelten Stichworten noch einmal vorgelesen. Die Kinder vergeben ______ Punkte (Punkt malen oder Klebepunkte) für Themen , die ihnen jeweils besonders wichtig sind. Je nach Größe der Gruppe bekommt jedes Kind 1-3 Punkte und kann seine Punkte unterschiedlich verteilen oder ein ihm besonders wichtiges Thema mit allen Punkten versehen Die hochbepunkteten Themen werden aus2 min geschnitten oder auf ein gesondertes Blatt geschrieben Einführung in die Träumphase (hier gilt vor 5 min allem: nichts ist unmöglich! Alle Ideen werden festgehalten, egal wie utopisch sie sind. Alle Vorschläge werden angehört, egal wie _______ 57 Arbeitshilfe für Gemeinden verrückt sie klingen) Evtl. den Kindern erzählen, dass sie für die nächsten 30 min König/Königin sind und alle Macht der Welt und alles Geld der Welt haben, um all dass, was sie kritisiert haben positiv zu verändern. (Evtl. jedem Kind eine Krone aus Papier aufsetzen. Das Symbol der Krone unterstreicht seine/ihre Macht. In einer ersten Runde werden die ausgewählten Kritik- bzw. Motzpunkte positiv umformuliert, gewissermaßen auf den Kopf gestellt. Am besten nimmt die Gruppenleitung einen nicht ausgewählten Kritikpunkt und wandelt ihn als Beispiel um. Aus z.B. „nervigen Geschwistern in Gruppen“ werden „stets freundliche Geschwister“. Alle positiven Formulierungen werden auf Karten oder einzelnen Blättern festgehalten. Die so entstandenen positiven Themen, Forderungen, Wünsche werden in einem nächsten Schritt kreativ in Kleingruppen umgesetzt: Jede Gruppe nimmt sich eine gleich große Zahl an Karten oder Blättern mit Themen, Forderungen, Vorschlägen. Die Kinder malen, basteln, schreiben dazu ihre Ideen, wie das jeweilige positive Ziel zu erreichen sein könnte (Nicht vergessen: Alles ist erlaubt und sei es noch so unrealistisch. Es geht in dieser Phase um den Spaß am Phantasieren. Nervige Geschwister können mittels Zauberbonbon in freundliche Geschwister verwandelt werden.). Anschließend präsentieren alle Kleingruppen ihre Ergebnisse und die gesamte Gruppe hat die Möglichkeit die vorgelegten Träume zu ergänzen (auf Blättern oder Karten festhalten). Abschließend muss wieder aussortiert werden. Die Kinder entscheiden sich erneut durch Punkte für ihre Lieblingsträumerei. Dran denken: Noch ist Träumphase, beim Auswählen muss nicht darauf geachtet wer58 ________ ____ 30 min 10 min ______ 5 min Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Klotzphase den, was am ehesten verwirklicht werden kann. Einführung in die Klotzphase: Es beginnt das Konkretwerden, das Planen und das Prüfen, welche Chance in welcher Idee steckt, was wie verwirklicht werden kann. Die faszinierenden Ideen der Träumphase nutzbar zu machen heißt, Übersetzungsarbeit zu leisten und zu überlegen, ob es eine solche Idee vielleicht schon irgendwo gibt. Die ausgewählten Träume werden ausgeschnitten oder je auf ein gesondertes Blatt geschrieben. Gemeinsam wird überlegt, was hinter der jeweiligen Idee steckt und wie der jeweilige Traum so mit anderen Worten ausgedrückt werden kann, dass eine Verwirklichung möglich wird. Das Zauberbonbon zum Verwandeln der Geschwister wird z.B. in „Lieblingsessen kochen“ übersetzt. Die „Übersetzungen“ werden in Stichworten festgehalten. Forderungen aufstellen: Die Träume und Ideen werden mit ihren „Übersetzungen“ sichtbar aufgehängt. Kleingruppen suchen sich je nach Zahl der Träume 1-3 drei Themen aus und überlegen sich Forderungen. Was muss gefordert werden, damit die Träume und Ideen tragfähig werden? Gut lesbar auf Plakate schreiben. Um die Forderungen der anderen kennen zu lernen, müssen die Gruppen nicht unbedingt hintereinander alles vorlesen. Die Gruppen können sich auch vor dem Plakat je einer anderen Gruppe versammeln, Traum und Forderung lesen und anschließend zum nächsten Plakat wechseln. Über diese Gruppenrotation lernen alle Gruppen, alle Forderungen kennen. 5 min ______ 15 min _____ 15 min _______ 59 Arbeitshilfe für Gemeinden - 60 ________ In einer letzten Gesprächsrunde im Plenum sammelt die Gruppe Ideen zur Verwirklichung ihrer Forderungen oder befasst sich mit einer – vorher mit Mehrheitsentscheidung – ausgewählten Forderung. Eine Hilfestellung zur Entwicklung einer praktischen Idee sind die sog. 5-WFragen: Was wollen wir tun? (Eine Forderung präzisieren) Wie wollen wir es tun? (Vorgehensweise und Inhalte nennen) Wer mit wem tut es? (Unterstützung und Hilfe einbeziehen) Wann wird begonnen? (Termin bestimmen) Wo geschieht das Ganze? (Ort des Beginns festlegen) 15 min Kinder haben das Recht auf eine (heile) Familie Rückmeldebogen Bitte kopieren und per Fax senden an 0211/3610-280 Gemeinde / Gruppe.................................................................................................... ......................................................................................................................................... Name/Anschrift / Tel.(Ansprechpartner/in): ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... Wir haben Aktionen zur „familienfreundlichen Gemeinde“ durchgeführt. Ja Nein Was wir gemacht haben............................................................................................... ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... Dazu haben wir die Arbeitshilfe benutzt. Ja Nein teilweise Darüber hinaus haben wir folgende Materialien benutzt: ................................................................................................................................................. ...................................................................................................................................... ....................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... _______ 61 Arbeitshilfe für Gemeinden Gut gelungen ist............................................................................................................ ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... Probleme haben sich ergeben...................................................................................... ......................................................................................................................................... ......................................................................................................................................... Sonstiges....................................................................................................................... 62 ________ Arbeitshilfen zu Themen der UN-Kinderrechtskonvention In den letzten zehn Jahren haben wir – jeweils zum Weltkindertag – Materialien zu einzelnen Kinderrechten nach der UNKinderrechtskonvention erarbeitet. Die Arbeitshefte sind in begrenztem Umfang weiterhin lieferbar: „Kinder haben Rechte und zwar ganz gerechte“ – Partizipation „…und siehe es war gut“ – Recht auf eine gesunde Umwelt „ 4 YOU“ – Recht auf Bildung „Hatschiii“ – Recht auf Gesundheit „Rambo Zambo“ – Recht auf Schutz vor Gewalt „ Platz da – mein Platz“ – Kinder mit Behinderungen haben ein Recht auf aktive Teilhabe „Wie ein Fenster zum Himmel“ – Recht auf Religion „… damit du leben kannst!“ – Recht auf einen angemessenen Lebensstandard Alle Arbeitshilfen sind gegen eine Schutzgebühr von € 2,00 (+ Versandkosten) zu beziehen beim Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche im Rheinland: Tel. 0211 3610-285; E-Mail: [email protected]. Die Arbeitshilfen stehen auch zum Download (PDF-Format) bereit: http://www.jugend.ekir.de Archiv