Das Kunstwerk des Monats November 2013
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Das Kunstwerk des Monats November 2013
Zorns Blatt der Kartoffeln schälenden Ida gelangte 1964 als Teil der Oldenburger Grafik-Sammlung Lieber, eines Konvolutes von rund 160 grafischen Blättern und Mappenwerken, in den Besitz des Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg. Das Kunstwerk des Monats November 2013 Anders Zorn: Ida, 1905 Ein Großteil der Zornschen Werke befindet sich heute in seinem ehemaligen Wohnhaus im schwedischen Mora. Kurz vor seinem Tode hatte er gemeinsam mit seiner Frau Emma testamentarisch verfügt, dass der gesamte Besitz dem schwedischen Staat vermacht werden soll, mit der Auflage, ein Museum einzurichten, das schließlich 1942 eröffnete. Fritz von Uhde: Mädchen, Kartoffeln schäldend, um 1885, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln Titelfoto: Sven Adelaide, Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg Niedersächsische Landesmuseen Oldenburg Schloss - Augusteum - Prinzenpalais Damm 1, 26135 Oldenburg Telefon (04 41) 220 73 00 Fax (04 41) 220 73 09 [email protected] www.landesmuseum-oldenburg.niedersachsen.de Schloss - Augusteum - Prinzenpalais Zorns Motivrepertoire war vielfältig und umfasste Porträt, Das Kunstwerk des Monats November 2013 Landschaft, ländliches Leben wie auch das Arbeitsleben. Das Anders Zorn: Ida, 1905 Malen einer Alltagsszene war jedoch keine neue Erfindung. Radierung, 33,4 x 23,6 cm Häusliche Genredarstellungen entwickelten sich vor allem Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Inv. Nr. 13.089a im 16. Jahrhundert in der niederländischen Malerei. Mit den Text: Julia Lennemann Momentaufnahmen des Alltags setzte sich in den folgenden Jahrhunderten eine Vielzahl von Künstlern auseinander. Häufiger Bildgegenstand waren dabei Bedienstete bei der Verrichtung ihrer Arbeit, zumeist in der Küche. Nach langen Jahren im Ausland kehrte der schwedische Maler, Grafiker und Bildhauer Anders Zorn 1896 zurück in sei- So hatte Zorns Vorbild Rembrandt um 1640 ein „Dienst- nen Geburtsort Mora. Als uneheliches Kind eines deutschstämmigen Braumeisters und einer schwedischen Bäuerin 1860 mädchen mit Besen“ gemalt, wenige Jahre später war mit geboren, war er dort in ärmlichen Verhältnissen auf dem Bauernhof seiner Großeltern aufgewachsen. Der Abbruch der „Dienstmagd mit Milchkrug“ eines der bekanntesten Werke Ausbildung an der Kunstakademie in Stockholm schadete seiner künstlerischen Entwicklung nicht: Um 1900 gehörte Zorn Jan Vermeers entstanden. Rund 100 Jahre später schlossen zu den führenden Künstlern in Europa. Sein Erfolg beruhte jedoch nicht nur auf seinen am französischen Impressionismus geschulten Gemälden und Aquarellen, auch als Grafiker erregte er internationales Aufsehen. So bilden die insgesamt knapp 300 ausgeführten Radierungen, entstanden zwischen 1882 und 1919, einen wesentlichen Teil seines künstlerischen Schaffens. Anders Zorn: Ida am Fenster, 1908, Zornmuseet, Mora die Franzosen Jean Siméon Chardin und André Bouys an die In der Radierung von 1905 blickt die junge Frau dem Betrach- mit Gemälden wie „Die Rübenputzerin“ oder „Magd beim Sil- ter aus dem Dunkel des Raumes entgegen. Auf einem Hocker berputzen“ schlichte Szenerien, in denen Dienstmägde bei ih- holländische Tradition des 17. Jahrhunderts an und schufen sitzend hat sie die nackten Füße auf einer Truhe abgestellt. rer alltäglichen Arbeit dargestellt sind. Und ähnlich wie Zorn Die Radiertechnik hatte Zorn 1883 während seines Aufent- In seinen autobiografischen Notizen, verfasst von 1907 bis Zwischen den Knien hält sie eine Schale mit Kartoffeln, die sie empfand sein Zeitgenosse Fritz von Uhde das „Mädchen, Kar- halts in London (1882 bis 1888) bei dem schwedischen Ar- 1914, beschrieb Zorn die Entstehung seiner grafischen Blät- gerade schält. Erhellt, und somit sichtbar, wird diese Szene toffeln schälend“ als bildwürdig. chitekturradierer Axel Herman Hägg erlernt. Wie vielen ter: „Was die Radierung betrifft, nutzte ich die freien Stunden, lediglich durch das Licht der zwischen ihren Füßen stehen- Künstlern diente die Radierung Zorn anfangs hauptsächlich vor allem die Abende, um Radierungen zu machen, teils Re- den Kerze. In dem zeichnerischen Stil und den starken Licht- als Reproduktionsmedium bereits vorhandener und gefragter produktionen nach Gemälden, teils direkt nach der Natur. Ich und Schattenreflexen sind die Einflüsse Rembrandts, dessen Werke. Während seiner Pariser Jahre (1888 bis 1896) entwi- maß dieser Tätigkeit keinen besonderen Wert bei; die Überra- grafisches Werk Zorn intensiv studierte und auch sammelte, ckelte er einen einzigartigen Stil, der schließlich zum Marken- schungen in diesem Glücksspiel, wie Striche, die ich mit einer deutlich erkennbar. Die mit der Radiernadel skizzenhaft und zeichen seiner Radierkunst werden sollte. Zorn eroberte den Stahlnadel in eine geschwärzte Kupferplatte ritzte, hellrot auf dennoch kraftvoll gesetzten Linien verlaufen größtenteils pa- europäischen und amerikanischen Kunstmarkt und vertrieb dem dunklen Grund erschienen, um dann im Druck schwarz rallel – eine für Zorn typische Schraffurtechnik, die sich durch seine Radierungen zu Spitzenpreisen. In den folgenden Jah- auf weißem Grund seitenverkehrt zu erscheinen, amüsierten Spontaneität und Leichtigkeit auszeichnet und mit der die ren entstanden umfangreiche Sammlungen seiner druckgra- mich aber; es ist ja wie Blindekuh spielen, und dieses Spiel Flüchtigkeit des Moments gekonnt zum Ausdruck gebracht fischen Werke, auch in Museen hielten seine Blätter Einzug. macht mir immer noch Spaß.“ werden konnte. Hiermit steht er in der Tradition des Peint- 2 1905 erschien das erste Werkverzeichnis der Radierungen; in re-Graveur, des Malerradierers, der ein Motiv speziell für die seinem Todesjahr, 1920, lagen schließlich drei Verzeichnisse An einem dieser beschriebenen Abende machte er sich daran, Druckgrafik entwarf und es ausschließlich mit deren Mitteln vor, darunter auch der bis heute grundlegenden Katalog zum „mit Ida neue Lichtprobleme zu lösen“. Ida war Zorns Haus- realisierte. Von entscheidender Bedeutung waren weiterhin grafischen Œuvre Zorns von Karl Asplund. mädchen in Mora und diente ihm, wie auch andere Werke be- die Beschränkung der Auflage sowie das handschriftliche Si- legen, gelegentlich als Modell. gnieren der Blätter, um die Authentizität zu unterstreichen. 4 1 1 3 Anna-Carola Krausse: „Ein wahnsinnig geschickter Kerl“. Annäherung an das Phänomen Anders Zorn, in: Der schwedische Impressionist Anders Zorn (1860-1920), Ausst. Kat. Museum Behnhaus Drägerhaus, Lübeck, Petersberg 2012, S. 30. 2 Zit. nach Jens Christian Jensen (Hg.): Anders Zorn (1860-1920). Gemälde, Gouachen, Zeichnungen, Radierungen, Ausst. Kat. Kunthalle 3 Zit. nach Ausst. Kat. Lübeck 2012 (wie Anm. 1) S. 215. zu Kiel u.a., Rendsburg 1989, S. 87. 4 Jean Siméon Chardin: Die Rübenputzerin, um 1740, Alte Pinakothek München Sigrid Achenbach: Anders Zorn und die europäische Graphik um 1900, Berlin 2000, S. 13.