VDMA-Merkblatt Hinweise und Empfehlungen zum Betrieb und zur

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VDMA-Merkblatt Hinweise und Empfehlungen zum Betrieb und zur
Verfahrenstechnische
Maschinen- und Apparate
VDMA-Merkblatt
Hinweise und Empfehlungen zum Betrieb und zur
Wartung von Verdunstungskühlanlagen
Einführung
In der VDMA-Fachabteilung Rückkühltechnik sind die wesentlichen Ausrüster und Hersteller von Nasskühltürmen vertreten.
Ziel der Fachabteilung ist es unter anderem, die umweltbedingte Wichtigkeit von wirksamer und sicherer Wärmeübertragung
deutlich zu machen. Im Rahmen dieser Vorgabe verdient die Rückkühlung mit Nasskühltürmen besondere Aufmerksamkeit,
insbesondere da immer wieder Bedenken hinsichtlich der Sicherheit solcher Anlagen aufkommen.
Als Ergänzung zu diesem VDMA-Merkblatt liegt auch ein VDMA-Einheitsblatt mit dem Titel „Hinweise und Empfehlungen zum
wirksamen und sicheren Betrieb von Verdunstungskühlanlagen“ vor, das die Thematik „Legionellen“ ausführlich behandelt.
Die Legionärskrankheit und ihre Vermeidung
Wenn auch weniger häufig, so sind doch Fälle von Legionärskrankheit aufgetreten, die durch unzureichende Wartung und
Kontrolle von Verdunstungskühlanlagen hervorgerufen worden sind. Im Gegensatz dazu sind keine derartigen Ereignisse
bekannt, die bei sachgemäßer Entkeimung und regelmäßiger Überwachung aufgetreten sind. Ziel dieser Hinweise und
Empfehlungen ist es, die Ereigniskette zu beschreiben, welche die Legionärskrankheit hervorrufen kann und Maßnahmen zur
Risikominimierung vorzustellen.
Die Ereigniskette
Das Auftreten von Legionärskrankheit, verursacht durch eine Verdunstungskühlanlage, bedarf einer Ereigniskette, deren
Ereignisse ALLE in zeitlichem Ablauf nacheinander erfolgen müssen:
Die Verunreinigung
des Kühlwassers
mit virulenten
Legionellen (LP)
Unkontrollierte
Bedingungen
ermöglichen das
Wachstum
der Bakterien
Kontaminierter
Tropfenauswurf
gelangt in die
Atmosphäre
Eine Mindestmenge
dieser Tropfen wird
durch gefährdete
Personen eingeatmet
Um das Auftreten der Legionärskrankheit zu verhindern, ist es erforderlich die Ereigniskette zu unterbrechen. Drei Glieder
dieser Kette können durch richtigen Systementwurf und sachgemäßen Betrieb der Anlage unterbrochen werden.
• Bedingungen, die das Wachstum von Bakterien fördern, müssen vermieden werden
• den Tropfenauswurf/Aerosoleffekt durch die Kühlturmabluft minimieren
• Reduzierung der Einatmungsgefahr durch entsprechende Wahl des Aufstellungsortes und
persönliche Sicherheitsmaßnahmen
Die hier angesprochenen Maßnahmen sind nicht alle gleichwertig im Hinblick auf das Legionellenrisiko. Die bei weitem
wichtigste Maßnahme ist, dass keine Bedingungen geschaffen werden, die das unkontrollierte Wachstum von Bakterien
fördern.
Stand August 2004
Die Philosophie der vorbeugenden Wartung
Damit das System wirksam und sicher betrieben werden kann, ist es erforderlich, Maßnahmen vorzusehen, dass die vom
Hersteller und den verantwortlichen Servicefirmen im Hinblick auf die Wasserbehandlung und die mechanische Wartung
vorgegeben Maßnahmen befolgt werden. Wichtig ist dabei, dass alle Maßnahmen, Feststellungen und Messdaten in einem
Betriebshandbuch dokumentiert werden. Dies bildet die Grundlage der Philosophie der vorbeugenden Wartung. Hinweise zur
richtigen Auslegung einer Wasserbehandlungs- und Desinfektionsanlage, sowie spezielle Wartungshinweise und umfassende
Angaben zur Qualität des Umlaufwassers sind produktbezogen und gehören deshalb nicht in den Rahmen dieser Hinweise und
Empfehlungen.
Die Philosophie der vorbeugenden Wartung bezieht sich aber nicht nur auf die richtige Auslegung des Systems, sondern
sie umfasst die regelmäßige Wartung, insbesondere aber die Kontrolle der Bedingungen im System auf eine Weise, die das
unkontrollierte Wachstum von Legionellen verhindert. Dies kann auf folgende Art und Weise erreicht werden:
• die Keimzahlen der aeroben Bakterien (Gesamtkeimzahl) müssen unter Kontrolle gehalten werden
• Kalkansatz und Korrosion im System sind zu verhindern (Kalkablagerungen und Korrosionsprodukte bieten Brutstätten
für Bakterien und können Nährstoffe für Bakterien bilden)
• vorhandene Biofilme müssen abgebaut und die Bildung neuer Biofilme muss unterbunden werden
• im System dürfen keine Komponenten aus organischen Stoffen sein, die das Wachstum von Bakterien fördern.
Fazit:
Dem Programm der vorbeugenden Wartung sollten die nachstehenden fünf Elemente unbedingt zu Grunde liegen:
• Allgemeine Erfordernisse an das System (Tabelle 1)
• Eckdaten zur Wasserqualität (Tabelle 2)
• Wartung und Service (Tabelle 3)
• Kontrollen (Tabelle 4)
• Gesamtkeimzahl und Korrekturmaßnahmen (Tabelle 5).
In den folgenden Tabellen sind die wesentlichen Inhalte eines Programms zur vorbeugenden Wartung aufgeführt.
Tabelle 1: Allgemeine Erfordernisse an das System
Art des Erfordernisses
Zeitpunkt der Durchführung
Risikoanalyse im Hinblick auf Legionärskrankheit
Vor Inbetriebnahme (1)
Betriebsplan (unter Einbeziehung der Wasserbehandlung),
der das Risiko verhindert
Vor Inbetriebnahme
Installation einer geeigneten Desinfektionsanlage
mit automatischer oder kontinuierlicher Dosierung
Vor Inbetriebnahme mit regelmäßiger Wartung und
Kontrolle danach
Installation einer Wasseraufbereitung und/oder
Wasserbehandlung zur Verhinderung von Kalkbildung
oder Korrosion, je nach der verfügbaren Wasserqualität
Vor Inbetriebnahme mit regelmäßiger Wartung und
Kontrolle danach
Betriebshandbuch in dem alle Wartungsarbeiten
dokumentiert werden
Vor Inbetriebnahme, regelmäßige Eintragungen
(wöchentlich, monatlich usw.)
Bemerkung:
(1)
Die Erstellung einer Risikoanalyse wird empfohlen, es ist jedoch zu beachten, dass diese in einigen europäischen
Ländern verpflichtend ist. Nationale oder regionale Vorschriften sind dabei immer vorrangig zu beachten.
Tabelle 2: Eckdaten zur Wasserqualität
Art des Kennwertes
Grenzwert
Gesamtkeimzahl im Umlaufwasser
Nicht höher als 105 KBE/ml (1) (3)
Legionellen (Legionella pneumophila LP) (wenn gemessen)
Nicht höher als 104 KBE/l (2) (3)
pH-Wert im Umlaufwasser
Zwischen 7 und 9
Karbonathärte des Umlaufwassers
< 36°f
< 20°d
< 360 mg/l als CaCO3
Andere Eckdaten, wie Chloride, Sulfate und Leitfähigkeit
je nach Spezifikation des Systems oder gem. Angaben
der verantwortlichen Fachfirmen
Bemerkung:
(1)
(2)
(3)
KBE/ml: Kolonie bildende Einheiten pro ml
KBE/l: Kolonie bildende Einheiten pro l
Korrekturmaßnahmen, siehe Tabelle 5
Tabelle 3: Wartung und Service
Art der Arbeit
Zeitpunkt der Durchführung
Wartung des Kühlturms oder Verflüssigers
Gemäß Wartungsrichtlinie des Herstellers
Wartung der Wasseraufbereitung und/oder Wasserbehandlung
Durch die Fachfirma gemäß Richtlinie
des Lieferanten
Reinigen und Desinfizieren des Systems
Vor Inbetriebnahme und nach mehr als
einmonatlicher Stillstandszeit
Wenn Gesamtkeimzahlkonzentration höher als
105 KBE/ml ist
Wenn LP Konzentration höher als 104 KBE/l ist
Wenn ein starkes Bakterienwachstum
festgestellt wird
Tabelle 4: Kontrollen
Kontrollaktivität
Zeitpunkt der Durchführung
Gesamtkeimzahl 1
wöchentlich
Wasserqualität im Hinblick auf zulässige Grenzwerte.
monatlich
Visuelle Inspektion (Algenbildung, Biofilme)
halbjährlich
Legionellen 2
Bei überhöhten Gesamtkeimzahlen trotz Korrekturmaßnahmen
Bei Verdacht von Legionellenwachstum
Bemerkung:
(1)
(2)
Gesamtkeimzahl in KBE/ml
LP Konzentration in KBE/l.
Korrekturmaßnahmen, siehe Tabelle 5.
Tabelle 5: Gesamtkeimzahl und Korrekturmaßnahmen
Gesamtkeimzahl in KBE/ml
Korrekturmaßnahmen
Weniger als 104
Keine Maßnahmen erforderlich
Zwischen 104 und 105
Konzentration erneut feststellen, bei Bestätigung Entkeimung verstärken
Wenn die Gesamtkeimzahl hoch bleibt, Legionellenbestimmung durchführen
Wenn die LP Konzentration bei 104 KBE/l oder höher ist, System reinigen
und desinfizieren
Bestimmung alle zwei Wochen wiederholen, bis die LP Konzentration
unter 103 KBE/l liegt
Größer als 105
System sofort reinigen und desinfizieren
Erläuterungen
Dieses VDMA-Merkblatt wurde von Mitgliedsfirmen des VDMA-Fachverbandes Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate
erarbeitet, mit der Zielsetzung, durch konkrete Hinweise und Empfehlungen Legionellen in Kühlkreisläufen zu vermindern bzw.
zu vermeiden. Sollten sich bei der Anwendung dieses VDMA Merkblattes Stellungnahmen ergeben, so bitten wir, diese an den
VDMA-Fachverband Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate, Lyoner Straße 18, 60528 Frankfurt/M. zu richten.
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