FIFA World - März 2010

Transcrição

FIFA World - März 2010
März 2010
März 2010
www.sony.com/football
Geheimnis des Heimvorteils, Schiedsrichterförderung
Begehrte Tickets | Grünes Sponsoring | Hilfe für Haiti |
Gesund dank Fussball | Auf nach Südafrika | Online-Transfers |
Erstes WM-Tor | Zu Besuch bei Varallo | Tempo oder Präzision
HEIMSPIEL
Südafrika glaubt an seine Chance
©2010 The Coca-Cola Company. COCA-COLA, the Contour Bottle and the Dynamic Ribbon are trademarks of The Coca-Cola Company.
EDITORIAL
BESTECHEND EINFACH
Liebe internationale Fussballfamilie,
„Gemeinsam müssen
wir alles daran setzen,
den Fussball und seine
Kernwerte wie Solidarität, Respekt und
Fairplay noch intensiver zu fördern und
in den öffentlichen
Blickpunkt zu rücken.“
gerne blicken wir in dieser Ausgabe weit zurück, um einen
grossartigen Menschen zu würdigen: Francisco Varallo, der
letzte lebende Zeitzeuge der Anfänge der Weltmeisterschaft.
Immer wieder werde ich gefragt, wie sich der Fussball seit seinen Anfängen verändert hat, insbesondere seit der ersten FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™ 1930. Gar nicht, so die simple
Antwort. Der Fussball ist bis heute rund geblieben, und im Spiel
geht es noch immer um Tore und Emotionen. Bestechend einfach
und gerade deshalb so faszinierend. Im Fussball hat man ein
klares Ziel vor Augen: Tore schiessen. Wir lernen zu gewinnen,
das ist nicht schwierig. Viel schwieriger ist es, mit Niederlagen
umzugehen. Im Misserfolg lernen wir Solidarität – einer unserer Kernwerte im Fussball – und eine gewisse Verbundenheit,
die letztlich die Grundlage bilden, gemeinsam wieder Siege
anzustreben.
Natürlich hat sich rund um den Fussball viel verändert. Zur
ersten Weltmeisterschaft 1930 in Uruguay reisten die Teams aus
Belgien, Frankreich, Rumänien und Jugoslawien noch mit dem
Schiff an. Die anwesenden Journalisten konnte man fast an einer
Hand abzählen, doch dann lernte das Bild laufen – immer schneller
und spektakulärer, wie die 3-D-Technologie beweist. Trotz aller
Änderungen rundherum hat das Spiel seinen ursprünglichen
Charakter bewahrt. Dies bestätigt auch Francisco Varallo, der
vor Kurzem seinen 100. Geburtstag feiern konnte, wozu ich ihm
von ganzem Herzen gratuliere. Ich freue mich ganz besonders,
dass Francisco Varallo in dieser Ausgabe seine ganz persönlichen
Erinnerungen exklusiv mit uns teilt.
Natürlich blicken wir in dieser Ausgabe nicht nur zurück, sondern auch nach vorne. Vor uns liegen grosse Herausforderungen.
Gemeinsam müssen wir alles daran setzen, den Fussball und seine
Kernwerte wie Solidarität, Respekt und Fairplay noch intensiver
zu fördern und in den öffentlichen Blickpunkt zu rücken.
Unser Blick gilt natürlich auch der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™, die in wenigen Monaten in Südafrika beginnen wird.
Die Regenbogennation, die mit ihrer kulturellen Vielfalt jährlich
elf Millionen Touristen anzieht, ist bereit – bereit, Sie alle herzlich
willkommen zu heissen.
Ich freue mich auf eine wunderbare FIFA FussballWeltmeisterschaft™, bei der einmal mehr die positive Kraft des
Fussballs die Menschen vereinen und begeistern wird.
Joseph S. Blatter, FIFA-Präsident
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
3
RUND UM
DIE WELT
Soforthilfe bereits USD 250 000 bereitgestellt. Im Februar bewilligte die FIFAFinanzkommission zusätzliche Mittel
in Höhe von USD 3 Millionen für den
Wiederaufbau der Fussballeinrichtungen
in Haiti und die Finanzierung von
Fussballausrüstung für die Ligen und
Juniorenwettbewerbe des Verbands. „Wie
alle war ich über die Berichte aus Haiti
tief bestürzt“, so FIFA-Präsident Joseph S.
Blatter. „Wir werden die Lage zusammen
mit dem haitianischen Fussballverband
laufend analysieren und alles unternehmen,
um die Menschen in der Stunde der Not
zu unterstützen.“
bestehe, da der Schiedsrichter das
Handspiel nicht bemerkt habe. Einzelheiten
dazu auf Seite 14.
SCHIEDSSPRUCH IM FALL
KAKUTA
Das Sportschiedsgericht (CAS) verkündete
im Februar, dass die von der FIFA-Kammer
IM SIEBTEN HIMMEL
zur Beilegung von Streitigkeiten (KBS) verBereits zum siebten Mal gewann Ägypten
hängten Sanktionen gegen Chelsea aufim Januar den Afrikanischen Nationengehoben würden, nachdem der englische
Pokal – ein Rekord! Die „Pharaonen“ zwanKlub mit dem französischen Klub RC Lens
gen im hart umkämpften Finale Ghana
einen Vergleich betreffend den Transfer
mit 1:0 in die Knie und wurden nach 2006
des französischen Nachwuchsstürmers
und 2008 als erstes Team zum dritten Mal
Gäel Kakuta geschlossen hat. Die KBS
in Folge Pokalsieger. Noch im November
hatte Chelsea erstinstanzlich verboten,
hatte Ägypten die Qualifikation für die MEILENSTEIN BEI KARTENwährend zweier Transferperioden Spieler
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ VERKAUF
zu registrieren, nachdem sie zum Schluss
knapp verpasst. Der WM-Gastgeber Nach Ablauf der dritten Verkaufsphase gekommen war, dass die Londoner Kakuta
Südafrika hatte sich für den Nationen- am 22. Januar sind bereits über zwei zum Vertragsbruch angehalten hatten. Das
Pokal nicht qualifiziert, dafür zeigten Millionen Eintrittskarten für die FIFA Transferverbot war noch nicht in Kraft, da
andere Teilnehmer der diesjährigen WM Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ es vom CAS bis zu einem rechtskräftigen
vielversprechende Leistungen. Ghanas verkauft. Gemäss FIFA-Generalsekretär Urteil ausgesetzt worden war. Nach der
junges Nationalteam beeindruckte mit Jérôme Valcke, der die Zahlen bei einer Einigung der beiden Vereine bestätigte
dem Einzug ins Finale, und Nigeria und Medienkonferenz in Johannesburg die FIFA, dass sie sich dem Schiedsspruch
Algerien schafften es bis ins Halbfinale. Die bekanntgab, rechnen die Organisatoren des CAS nicht widersetze und dass „die
Elfenbeinküste und Kamerun kickten sich damit, dass bis zum WM-Anpfiff am 11. Juni FIFA die Klubs stets ermutige, Streitfälle
ins Viertelfinale, wo sie gegen Algerien praktisch alle Karten weg sein werden. Die durch einen Vergleich und nicht durch
bzw. Ägypten verloren.
FIFA und das lokale Organisationskomitee einen Prozess beizulegen.“
haben zusätzliche Massnahmen für die
letzten beiden Verkaufsphasen ergriffen,
damit die südafrikanischen Fans einfacher
an Eintrittskarten kommen und um
internationalen Besuchern das Organisieren
von Karten und Unterkünften zu erleichtern.
Mehr dazu erfahren Sie auf Seite 12.
GEBUNDENE HÄNDE
UNTERSTÜTZUNG FÜR HAITI
Die FIFA greift der haitianischen
Fussballfamilie nach dem verheerenden
Erdbeben vom 12. Januar mit USD 3
Millionen unter die Arme. Unmittelbar
nach der Katastrophe hatte die FIFA als
4
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Aufatmen bei Frankreichs Stürmer Thierry
Henry: Er erfuhr im Januar, dass sein
kontroverses Handspiel, das seinem Team
letzten November im entscheidenden
Qualifikationsspiel gegen die Republik
Irland das WM-Ticket gesichert hatte,
keine disziplinarischen Sanktionen zur
Folge hat. Nach der Partie hatte Henry
das Handspiel offen zugegeben, aber die
Disziplinarkommission der FIFA kam am
18. Januar zum Schluss, dass keine
Grundlage für Disziplinarmassnahmen
IN DIESER
AUSGABE
30
12
HAUTNAH
6
LUANDA, STOKE,
DUBAI
Packende Fussballbilder aus
der ganzen Welt
36
54
AKTUELL
FOKUSSIERT
KOMPAKT
12
BEGEHRTE TICKETS
30
HEIMSPIEL?
58
VERBÄNDE
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™: schon zwei
Millionen Tickets verkauft
Südafrikas Glauben an den
Heimvorteil
Neuste Nachrichten
14
VORTEIL HENRY
Wieso der Entscheid des
Schiedsrichters bestehen
bleibt
18
ONLINE-TRANSFERS
Start des FIFA-Transferabgleichungssystems
24
AM BALL
Deutsche Bundeskanzlerin
Merkel mit Blick auf 2011
26
GESUND DANK
FUSSBALL
36
HILFE FÜR DIE
UNPARTEIISCHEN
FIFA unterstützt Schiedsrichter
auf allen Stufen
42
BLICK ZURÜCK
Auf den Spuren des
ersten WM-Tors
60
TECHNISCHE
ANALYSE
Tempo oder Präzision
63
FIFA-ARCHIV
Wenn Uwe Pelé trifft
64
WELTRANGLISTE
Ägypten im Hoch
47
URGESTEIN
100. Geburtstag von
WM-Legende Varallo
54
WM-REISE
Südafrikas schönste
Destinationen
Mehr Wohlbefinden dank
Fussball
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
5
HAUTNAH
ERNSTE MIENE
Dabei hätte dieser angolanische Fan doch allen Grund
zur Freude. Sein Team hat in der Gruppenphase des
Afrikanischen Nationen-Pokals gegen Malawi soeben 2:0
gewonnen.
6
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
STRAHLENDE
GESICHTER
Torhüter Essam El-Hadary und Mohamed Zidan feiern Ägyptens Sieg beim
Afrikanischen Nationen-Pokal – der siebte insgesamt und der dritte in Folge.
FIFA WORLD I HAUTNAH
7
EISIGE KÄLTE
Der ungewöhnlich strenge Winter stellt die Fussballfans in Europa auf eine
harte Probe, so auch bei der Premier-League-Partie zwischen Stoke City und
Fulham im Januar.
8
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
HAUTNAH
WOHLIGE
WÄRME
Viel besser hatte es da Bayern
München. Unter der wohltuenden
Abendsonne von Dubai – im
Hintergrund des höchste Gebäude
der Welt (Burj Khalifa) – kann man
sich doch weit angenehmer auf
die Rückrunde in der deutschen
Bundesliga vorbereiten.
FIFA WORLD I HAUTNAH
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LESERBRIEFE
Ausgewählte Kommentare der Leser von FIFA World und FIFA.com
Januar/Februar 2010
Endrundenauslosung | Afrikas Los | Long-Street-Party | Reelle Hoffnung |
Erster Auftritt von Jabulani | 2010 in 3-D | FIFA WM-Pokal in Afrika | Starke Schweizer |
Barça zum Sechsten | König Messi | Brasiliens Sandkönige
WÜRFEL SIND
GEFALLEN
Auslosung verspricht packende Spiele
REAKTIONEN ZUR
ENDRUNDENAUSLOSUNG
Es war ein toller Abend. Südafrika hat
der Welt gezeigt, was es kann. Ganz
Afrika kann auf die Auslosung stolz sein.
Die Elfenbeinküste hat mit Brasilien und
Portugal zweifelsfrei ein ganz hartes Los
erwischt. Meine Heimat Nigeria sollte
es in der Gruppe B ins Achtelfinale
schaffen. Ich wünsche Südafrika und
den anderen fünf afrikanischen Teams
viel Glück.
Hilary Eledu (Nigeria)
Ausgabe Januar/Februar
Wenn das Turnier so gut wie die
Auslosung wird, bin ich zufrieden. Die
Gruppen sind ziemlich ausgeglichen. Bis
zum WM-Start kann aber noch einiges
passieren. Ich denke da besonders an
Verletzungen. Viele haben sich ihr Urteil
schon gebildet. Ich warte lieber ab und
sehe, was bis zum Turnierauftakt noch
alles kommt.
Ich hoffe, dass ähnliche Projekte wie
in Khayelitsha vor der FIFA FussballWeltmeisterschaft 2014™ auch in
Brasilien realisiert werden, da wir
hier über weite Strecken die gleichen
sozialen Probleme haben.
Hans Zimler (Brasilien)
MESSIS STUNDE
Herzlichen Glückwunsch dem FIFAWeltfussballer Lionel Messi! Er ist
ein spektakulärer Spieler, der jeden
verzaubert und für jeden jungen Fussballer auf dieser Welt ein Vorbild ist.
Besucher von FIFA.com (Kamerun)
Messi verdient die Auszeichnung ohne
Wenn und Aber. Er ist phänomenal. Ich
hoffe, er gewinnt noch viele weitere
Preise. Meinen Glückwunsch auch an
Marta für den Titel der Weltfussballerin.
Sie ist die beste Spielerin aller Zeiten.
Chris (Nigeria)
Besucher von FIFA.com (USA)
Es war eine gute Auslosung. Ich bin
mir sicher, dass sich Südafrika sehr
gut schlagen wird. Ich werde beim
Eröffnungsspiel der Bafana Bafana
gegen Mexiko (gleich bei mir um
die Ecke) live dabei sein. Ich freue
mich auch sehr auf das Spiel gegen
Frankreich. Wisst ihr noch, wie wir beim
Konföderationen-Pokal gespielt haben?
Fragt Spanien und Brasilien! Südafrika
wird ins Achtelfinale einziehen.
Erick Lets (Südafrika)
Was halten Sie von FIFA World, seinen
Berichten und anderen Themen aus der Welt
des Fussballs? Schreiben Sie uns Ihre Meinung
an [email protected] oder
FIFA World, FIFA-Strasse 20, Postfach,
8044, Zürich, Schweiz.
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FIFA WORLD I MÄRZ 2010
SCHÖNE HOFFNUNG
Die Eröffnung des ersten Footballfor-Hope-Zentrums ist für diese
fantastische Initiative ein wichtiger
Schritt. Sie beweist, dass der Fussball
nicht nur „Brot und Spiele“ ist, sondern
auch soziale Würde vermitteln kann.
Marta ist ohne Zweifel die derzeit
beste Spielerin. Sie verdient diesen
Titel, dem sicherlich noch zwei, drei
weitere folgen werden. Sie ist erst 24
Jahre alt und wurde schon viermal
Weltfussballerin – unglaublich.
Dee (USA)
UNBEKANNTER MANN
Liebes FIFA World,
nach Studium des Artikels und des
Bildes im Archivteil Ihrer letzten
Ausgabe („Ort und Zeit unbekannt“)
kann ich mit Sicherheit sagen, WO das
Bild geschossen wurde. Das WENN
kann ich mehr oder weniger eingrenzen,
während ich mir über die Identität des
Gentleman noch nicht schlüssig bin.
Das Foto entstand am Giant’s-Damm
im nordirischen County Antrim, den
ich selbst mehrfach besucht habe
(siehe beiliegendes Foto aus jüngerer
Zeit). Ich bin mir ziemlich sicher, dass
das Foto von Juni 1901 oder Juni 1923
stammt, da damals im nahegelegenen
Hotel Causeway jeweils die Sitzung
des International FA Board stattfand.
Angesichts der Kleider des Mannes
und der körnigen Aufnahme tippe
ich auf 1901. Da nur acht Delegierte
an der Versammlung teilnahmen und
J. MacBride, der als Sekretär fungierte,
AUSGESCHLOSSEN werden kann,
bleiben noch die Herren Foy und
Sheehan (IFA), Crump und Gregson
(FA), McDowall und Dixon (SFA) sowie
Davies (FAW). Ich bleibe am Ball, aber
vielleicht sind die FIFA-Fahnder ja
schneller.
Mit freundlichen Grüssen, William
Campbell, Geschäftsleiter des irischen
Fussballverbands
Besten Dank für die Detektivarbeit!
Nach diesem wertvollen Tipp werden
wir alles daran setzen, den Mann mit
der Melone zu identifizieren.
ALTERNATIVMEDIZIN
Neue Forschungsergebnisse belegen die gesundheitsfördernde Wirkung des Fussballs (siehe auch Seite 26).
FIFA WORLD I MÄRZ 2010 11
AKTUELL
SCHON ÜBER
ZWEI MILLIONEN
Mehr als zwei Millionen Tickets wurden für die FIFA FussballWeltmeisterschaft 2010™ bis zum Ende der dritten Verkaufsphase im
Januar bereits verkauft. Somit ist in den letzten beiden Verkaufsphasen
nicht einmal mehr ein Drittel aller Tickets erhältlich.
In der dritten von insgesamt fünf Verkaufsphasen gingen Bestellungen aus
sage und schreibe 192 Ländern ein.
Bis zum Stichtag am 22. Januar 2010
wurden für die Spiele der FIFA FussballWeltmeisterschaft 2010™ nicht weniger
als 1 206 865 Eintrittskarten nachgefragt –
deutlich mehr, als zur Verfügung standen.
Die 585 175 verfügbaren Tickets wurden
schliesslich in einer Ziehung vergeben,
wobei 413 072 nach Südafrika gingen.
Die gestiegene Nachfrage im Vergleich
mit den beiden ersten Verkaufsphasen
kam nicht überraschend. Viele Fans hatten
nämlich bewusst auf die Endrundenauslosung am 4. Dezember 2009 in Kapstadt
gewartet, bevor sie sich ihre Tickets für
12
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
das Turnier sicherten, das am 11. Juni in
Johannesburg beginnen wird.
Bei einer Medienkonferenz in Johannesburg Ende Januar erklärte FIFAGeneralsekretär Jérôme Valcke gegenüber
Journalisten, dass die letzten Verkaufszahlen weitgehend den Erwartungen
entsprächen, dies trotz negativer Berichte
in einigen europäischen Medien. Die Nachfrage bezeichnete er insgesamt als robust,
auch wenn die grossen Reisedistanzen von
Europa nach Südafrika und die anhaltende
weltweite Wirtschaftskrise zu spüren seien.
„Wir nähern uns der ursprünglichen
Schätzung von 450 000 Fans, die aus aller
Welt zum Turnier anreisen werden, doch
wir rechnen noch mit weit mehr. Nachdem
zwei Drittel der Tickets verkauft sind, bin
ich zuversichtlich, dass wir volle Stadien
haben werden“, betonte Valcke.
Nach dem Ende der dritten Verkaufsphase sind sechs Spiele, darunter das Finale
am 11. Juli und beide Halbfinalpartien,
in sämtlichen Kategorien bereits überbucht. Vor der vierten Verkaufsphase
übersteigt bei 55 Spielen die Nachfrage
das Angebot in mindestens einer der vier
Preiskategorien.
Die meisten Bestellungen in der dritten
Verkaufsphase stammen erwartungsgemäss aus Südafrika: 958 381, das sind
fast 80 Prozent.
„Ich freue mich, dass die Südafrikanerinnen und Südafrikaner bei diesem
Turnier unbedingt dabei sein wollen“,
sagte Danny Jordaan, Geschäftsführer
des lokalen Organisationskomitees für die
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika
2010, bei einer Medienkonferenz. „Seit
der Endrundenauslosung in Kapstadt
wurden im Rahmen des Kartenverkaufs
zahlreiche Aktionen lanciert, ebenso im
Umfeld des Nationalteams. Ich bin mir
deshalb sicher, dass die Spiele ausverkauft
sein werden.“
Spitzenreiter USA
Abgesehen von Gastgeber Südafrika gingen die meisten Karten in die Vereinigten
Staaten (35 262), nach Grossbritannien
(21 614), Mexiko (11 893), Australien (11
804), Deutschland (9692) und Brasilien
(5891). Gross war die Nachfrage auch aus
den Nachbarstaaten Botsuana (1587) und
Mosambik (1142), obwohl sich deren Nationalteams nicht zu qualifizieren vermochten.
In der vierten Verkaufsphase, die vom
9. Februar bis 7. April 2010 dauert, sind
via www.fifa.com/2010 weitere 400 000
Eintrittskarten erhältlich (solange Vorrat).
Fans in Südafrika können ihre Tickets auch
bei einer Filiale der First National Bank
(FNB) bestellen. Nach Abschluss der vierten
Verkaufsphase wird in Südafrika zudem
eine Telefon-Hotline aufgeschaltet. Ferner
werden in den Spielorten Ticketschalter
eröffnet (siehe Rubrik des FIFA-Generalsekretärs rechts).
Zur Ankurbelung des Kartenverkaufs
über die teilnehmenden Mitgliedsverbände läuft parallel zur vierten öffentlichen Verkaufsphase ein Sonderverkauf,
der ebenfalls bis 7. April dauert. Eintrittskarten, die in den einzelnen Verbänden
nicht nachgefragt werden, können damit
auf die Verbände verteilt werden, die aus
ihrem Kontingent nicht alle Bestellungen
bedienen können. Damit steigen die
Chancen der Fans, ihr Team live in Aktion
zu sehen. Wie in der FIFA-World-Ausgabe
von Januar/Februar bereits erwähnt, hat
die FIFA für die Fans zudem ein Tool zur
Buchung von Unterkünften eingerichtet
(siehe www.fifa.com/accommodation)
und die Kapazität im Binnenflugverkehr
durch eine Leasingvereinbarung stark
ausgebaut.
FIFA-GENERALSEKRETÄR
Liebe Fussballfreunde,
für Millionen Fans auf der ganzen Welt ist
es der ultimative Traum, bei einem Spiel
der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ live
dabei zu sein. Der Kartenverkauf ist daher
eine heikle und schwierige Aufgabe, die
die FIFA überaus ernst nimmt und in die sie
viel Zeit und Geld investiert. Das Konzept
und die Prinzipien sind immer dieselben,
damit das Turnier Fans aus dem In- und
Ausland anzieht und begeistert. Da jeder
Gastgeber seine Eigenheiten hat, sind aber
auch Anpassungen nötig.
Während der gesamten Vorbereitung der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika
2010™ haben wir eng mit dem lokalen
Organisationskomitee zusammengearbeitet, um von Experten aus erster Hand zu
erfahren, wie der lokale Markt funktioniert.
Die FIFA ist sich sicher, dass die erste FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™ in Afrika ein
begeisterndes, unvergessliches Erlebnis
werden wird. Voraussetzung ist, dass die
Südafrikanerinnen und Südafrikaner innerund ausserhalb der Stadien ihren Teil dazu
beitragen. Aus diesem Grund hat die FIFA für
den hiesigen Markt eine Tiefpreiskategorie
eingeführt. Mit diesem beispiellosen Schritt
stellen wir sicher, dass die lokalen Fans bei
den Spielen auch wirklich hautnah dabei
sein können. Bis zum Turnierbeginn wird
die Zahl dieser günstigen Tickets nochmals
erhöht. Neu können die Karten auch über
eine Telefon-Hotline und in den Spielorten
direkt in Ticketzentren bezogen werden.
Dank all diesen Massnahmen können noch
mehr Südafrikanerinnen und Südafrikaner
die Spiele aus nächster Nähe miterleben.
Auch im Ausland ist die Nachfrage
gewaltig. Tausende leidenschaftlicher
Fans haben ihre Reise bereits gebucht –
von weither und auch aus Nationen, die
sich nicht zu qualifizieren vermochten.
Aus nicht weniger als 192 Ländern gingen
Bestellungen ein, was die weltweite
Anziehungskraft nicht nur der FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™, sondern
auch Südafrikas belegt. Viele haben
sich bei FIFA-Reiseanbietern gleich ein
Pauschalpaket samt Ticket, Reise und/oder
Unterkunft gekauft, um sich den ganzen
Planungsstress zu ersparen. Fans, die bislang
noch leer ausgegangen sind, können ihr
Glück neu auch auf einer internationalen
Telefon-Hotline versuchen.
Diese Chance sollten sich die Fans
nicht entgehen lassen, zumal der FIFA
Konföderationen-Pokal im letzten
Juni eindrucksvoll gezeigt hat, was uns
in diesem Jahr alles erwarten wird.
Wesentlich zu verdanken ist dies den
lokalen Organisatoren, die in den letzten
über sechs Jahren unermüdlich gearbeitet
haben. Sie versprechen uns ein einmaliges,
unvergessliches Erlebnis. Gross sind die
Erwartungen der unzähligen Besucher, die
wie bei jedem grossen Turnier von fern
und nah anreisen werden. Den Bereichen
Transport, Unterkunft und Sicherheit wird in
den letzten Wochen bis zum Turnier daher
besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die
Fans können sich sicher sein: Hier wird nichts
dem Zufall überlassen.
Die vierte Phase des Kartenverkaufs endet
bereits am 7. April. Wenn Sie noch keine
Karten haben, ist es höchste Zeit.
Jérôme Valcke
FIFA WORLD I AKTUELL 13
SORGFÄLTIGE
ANALYSE
Der Entscheid der FIFADisziplinarkommission,
Thierry Henry wegen
seines Handspiels im
letzten November nicht
zu bestrafen, sorgte in
den Medien für hitzige
Debatten – aus rechtlicher Sicht gab es allerdings keine Alternative.
Am 18. November 2009 sahen Fussballfans aus aller Welt in der Schlussphase des
entscheidenden WM-Qualifikationsspiels
zwischen Frankreich und der Republik
Irland ein klares Handspiel des französischen Stürmers Thierry Henry. Wenig
später kam der Pfiff. Der Schiedsrichter
entschied allerdings nicht auf Handspiel,
sondern auf Tor, das William Gallas auf
Zuspiel von Henry unmittelbar danach
erzielt hatte. Es dauerte mehrere Minuten,
bis der Schiedsrichter das Spiel fortsetzen
konnte. So lange hätte er Zeit gehabt,
seine Entscheidung zu korrigieren. Nach
Wiederaufnahme des Spiels war sie allerdings unumstösslich – so steht es in den
Spielregeln.
Eine klare Sache also, dennoch schlug
der Vorfall in den Medien hohe Wellen. Die
Journalisten übertrafen sich regelrecht mit
Vorschlägen, wie die FIFA den Entscheid
des Schiedsrichters korrigieren könnte,
während der irische Fussballverband (FAI)
die FIFA offiziell um eine Überprüfung des
14
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Falls ersuchte. Das FIFA-Exekutivkomitee
beauftragte die FIFA-Disziplinarkommission
daraufhin im Dezember mit einer Untersuchung des Vergehens und der Prüfung
möglicher Grundlagen für Disziplinarmassnahmen. Am 18. Januar, genau zwei
Monate nach dem Vorfall im Stade de
France, veröffentlichte die Kommission
ihren Schlussbericht. Wichtigstes Fazit: Für
eine Bestrafung des Spielers besteht keine
rechtliche Grundlage.
Sowohl die Medien als auch die Fans
konnten kaum glauben, dass man ein
solch offensichtliches Vergehen, das vom
Schiedsrichter schlicht übersehen wurde,
nicht „einfach“ aus der Welt schaffen
konnte. Und wenn man das Spiel schon
nicht wiederholen konnte, so sollte man
den Spieler doch zumindest nachträglich
bestrafen können. Rasch hatten Journalisten Beispiele zur Hand: übersehene Fouls,
für die die Spieler nachträglich von der FIFADisziplinarkommission zur Rechenschaft
gezogen wurden, oder Partien, die nach
Fehlentscheidungen der Schiedsrichter
wiederholt wurden, wie das Qualifikationsspiel der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft
2006™ zwischen Usbekistan und Bahrain.
„Bei einem so seltenen Fall herrscht in
den Medien oft Verwirrung. Die Vergleiche
mit Spielen und Vorfällen, die ganz anders
gelagert waren, trugen noch dazu bei“,
erklärt Paolo Lombardi, Leiter der FIFA-Abteilung Disziplinarwesen und Verwaltung,
gegenüber FIFA World. „Der Entscheid des
Schiedsrichters ist endgültig, auch wenn
er den Vorfall zweifelsohne übersehen
hat. Eine Wiederholung des Spiels war
deshalb von Anfang an ausgeschlossen.
Wir mussten daher einzig prüfen, ob für die
Bestrafung Thierry Henrys eine rechtliche
Grundlage besteht ist, was nicht der Fall
ist.“
Gemäss FIFA-Disziplinarreglement darf
die Disziplinarkommission nur schwere Vergehen ahnden, die von den Spieloffiziellen
nicht bemerkt wurden. Schwere Vergehen
sind in Art. 47 ausdrücklich als Vergehen
definiert, für die ein Spieler des Feldes verwiesen wird, zum Beispiel grobes Foulspiel,
Tätlichkeit, Verhindern eines Tores oder
Vereiteln einer offensichtlichen Torchance
des Gegners durch absichtliches Handspiel.
Henrys Handspiel auf der anderen Seite des
Spielfelds fällt zweifellos nicht unter diese
Bestimmung, da es selbst bei Ahndung
durch den Schiedsrichter keine rote Karte
nach sich gezogen hätte.
Fall abgeschlossen
Bliebe da laut Disziplinarreglement noch
die Möglichkeit, eine offensichtlich falsche
Disziplinarentscheidung des Schiedsrichters
zu korrigieren. Aber die Missachtung eines
Fouls ist keine Disziplinarentscheidung und
kann daher nicht behoben werden. Da es
für die Ahndung eines Vergehens, das den
Spieloffiziellen entgangen ist, auch keine
andere rechtliche Grundlage gibt, wurde
der Fall zu den Akten gelegt.
Bleibt die Frage, wann es möglich
ist, ein Spiel zu wiederholen. Diese Entscheidung liegt im Ermessen der Organisationskommission des betreffenden
Wettbewerbs, im konkreten Fall also der
„Der Entscheid des
Schiedsrichters ist
endgültig, auch wenn er
den Vorfall zweifelsohne
übersehen hat. Eine
Wiederholung des Spiels
war deshalb von Anfang
an ausgeschlossen.“
Paolo Lombardi, Leiter der FIFA-Abteilung
Disziplinarwesen und Verwaltung
Organisationskommission für die FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™. Gemäss
betreffendem Wettbewerbsreglement ist
eine Spielwiederholung unter bestimmten
Bedingungen grundsätzlich möglich. Voraussetzung sind ein technischer Fehler des
Schiedsrichters (z. B. falsche Auslegung
der Spielregeln) und ein von einem der
beteiligten Mitgliedsverbände binnen zwei
Stunden nach Spielschluss eingelegter
Protest. Beim Spiel zwischen Usbekistan
und Bahrain im September 2005 war dies
der Fall, als der Spielleiter auf Freistoss für
Bahrain und nicht auf Wiederholung des
Strafstosses durch Usbekistan entschied.
Bei der Begegnung in Paris war indes keine
der beiden Bedingungen erfüllt.
Eine Wiederholung wäre nur möglich
gewesen, wenn der Schiedsrichter das
Handspiel gesehen, aber geglaubt hätte,
dass Handspiele im Strafraum erlaubt
seien. Da der Schiedsrichter die Aktion
aber gar nicht erst bemerkt hatte, konnte
er auch keinen technischen Fehler begehen
– folglich entbehrte eine Spielwiederholung
jeglicher Grundlage, selbst wenn der FAI
ordnungsgemäss einen Protest eingelegt
hätte.
Die Enttäuschung des irischen Teams
und seiner Fans ist nur zu verständlich,
doch laut Spielregeln hat der Schiedsrichter
auf dem Spielfeld das letzte Wort, selbst
wenn er mit seinem Entscheid falsch liegt.
Ein Korrektiv besteht allein bei besonders
schwerwiegenden Fällen. Bei Fouls, die
vom Schiedsrichter nicht gesehen wurden,
kann ein Spieler auch nachträglich bestraft
werden. Die Korrektur eines Ergebnisses
oder die Wiederholung eines Spiels ist hingegen nur möglich, wenn der Spielleiter bei
der Auslegung der Spielregeln nachweislich
einen technischen Fehler begangen hat.
Nicht der Schutz der Superstars, wie dies
einige Journalisten im Sturm der Entrüstung
nach dem Paris-Spiel behaupteten, sondern
die Gleichbehandlung aller Spieler und
Teams ist das Ziel der Spielregeln. Partien
sollen nicht mit unterschiedlichen Ellen
gemessen oder durch komplizierte
nachträgliche Videoauswertungen verzerrt
werden, nur weil hier und jetzt besonders
viel auf dem Spiel steht. Gerade weil
der Schiedsrichter das letzte Wort hat,
ist der Fussball so bestechend einfach –
Fehlentscheide hin oder her.
Das FIFA-Disziplinarreglement und die
Spielregeln können kostenlos in der OnlineVersion von FIFA World heruntergeladen
werden: www.fifa./fifaworld.
Henrys Handspiel im Blick der Kameras, aber
nicht des Schiedsrichters.
FIFA WORLD I AKTUELL 15
HOFFNUNGSSCHIMMER
Der Präsident des Fussballverbands von Haiti, Yves
Jean-Bart, schildert FIFA World die Lage auf der
Karibikinsel nach dem katastrophalen Erdbeben im
Januar – und zeigt auf, welche Rolle der Fussball
beim Wiederaufbau des Landes spielen kann.
Interview: George Tsitsonis
Das gewaltige Erdbeben, das Haiti im Januar verwüstete und die Weltbevölkerung
erschütterte, dürfte mindestens 200 000
Todesopfer gefordert haben. Eine Million
Menschen sind dringend auf Hilfe angewiesen. Auch die Fussballgemeinschaft
Haitis blieb von der Katastrophe nicht
verschont. Unter den Opfern sind auch
zahlreiche Mitarbeiter des haitianischen
Fussballverbands (FHF). Die Fussballinfrastruktur Haitis ist stark in Mitleidenschaft
gezogen worden. Verwaltungsgebäude
und Stadien sind entweder eingestürzt
oder teilweise zerstört worden.
FIFA World hatte Gelegenheit, mit
dem Präsidenten des haitianischen
Fussballverbands, Yves Jean-Bart,
zu sprechen. Er hat zusammen mit
16
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
seinen Verbandskollegen bereits
mit der Wiederaufbauarbeit in
Haiti begonnen. Und trotz der
Tragödie ist in seinen Worten der
Wille zu spüren, nun vorwärts zu
schauen und nicht nur die äusserlich
sichtbaren Schäden zu beheben,
sondern auch die haitianische Seele
wieder zu heilen.
FIFA World: Herzlichen Dank, dass
Sie Zeit gefunden haben, mit uns
über die schrecklichen Ereignisse der
vergangenen Wochen zu sprechen.
Können Sie uns schildern, was
unmittelbar nach dem Erdbeben
geschah?
Yves Jean-Bart: Gerne. Wir befanden
uns gerade in einer Verbandssitzung
in Turgeau, einem Viertel mitten in
Port-au-Prince. Dann bebte es, und das
totale Chaos brach aus. Wir haben 32
Angestellte verloren, zahlreiche weitere
wurden schwer verletzt. Jean Yves
Labaze, der Assistent unseres nationalen
technischen Direktors, wurde beim
Einsturz des Gebäudes getötet. Labaze
war Trainer unserer U-17-Mannschaft
bei der WM 2007 in Südkorea. Unser
Verband und die Familien unserer
Kollegen haben sehr viele Opfer zu
beklagen.
Sie selbst wurden auch verletzt?
Ja. Meine Finger wurden von Trümmerteilen zerschmettert, auch an Arm
und Ellbogen trug ich Verletzungen
davon. Wenn ich aber an die vielen
Toten und Schwerverletzten denke,
habe ich grosses Glück gehabt. Die
Szenen nach dem Erdbeben waren
grauenhaft. Menschen, die unter
Schock in den Strassen schrien. Die
Kommunikation brach vollständig
zusammen. Glücklicherweise konnten
mich Kollegen in ein Krankenhaus
bringen.
Wie gehen Ihre Landsleute mit den
Folgen der Katastrophe um?
Die schrecklichen Ereignisse haben jede
und jeden im Land traumatisiert. Es gibt
kaum jemanden, der keine Angehörigen
verloren hat. Noch schlimmer aber waren
die Nachbeben. Die meisten Menschen
trauen sich heute noch nicht, in den
beschädigten Gebäuden zu schlafen,
und Zelte haben nur die wenigsten.
Welchen Schaden hat der
haitianische Fussballverband
davongetragen?
Nun, unser Hauptsitz ist vollständig
zerstört worden. Mehrere Mitarbeiter
waren tagelang unter den Trümmern
begraben. Das Gebäude gehörte zwar
nicht dem Verband selbst, aber wir
haben unser ganzes Material verloren.
Momentan funktioniert der Verband nur
über meinen Blackberry.
Welchen Schaden bedeutet dies für
die Fussballinfrastruktur in Haiti?
Das Nationalstadion wurde teilweise
beschädigt. Die Haupttribüne weist
Risse auf, einige Wände sind eingestürzt.
Gegenwärtig dient das Stadion als
Flüchtlingslager. Andere Sportinfrastrukturen des Landes haben ebenfalls
stark gelitten, u. a. die Stadien von
Leogane und Saint Marc. Auch diese
beiden Stadien werden momentan als
Auffanglager genutzt.
Mit welcher Art von Projekten kann
der haitianische Fussball wieder
aufgebaut werden?
Unsere nationalen Ligen hätten am 31.
Januar beginnen sollen, aber wegen
des Bebens mussten wir den Start
verschieben. Wir planen aktuell eine
Wohltätigkeitstour, um allen über die
nächsten Monate zu helfen. Am
19. Februar findet in Venezuela ein
Benefizspiel gegen ein All-Star-Team
aus Südamerika und am 7. März in
Deutschland gegen eine internationale Auswahl mit Grössen wie Lothar
Matthäus, Romário oder Pavel Nedved
statt. Wir sind zudem entschlossen,
keines unserer Nationalteams aus
Hunderte fanden nach dem Erdbeben
vorübergehend in Fussballstadien
Unterschlupf (oben) und beim Fussball
eine willkommene Abwechslung
(gegenüberliegende Seite). Jean Yves
Labaze (rechts bei der FIFA U-17Weltmeisterschaft 2007) war eines von
zahlreichen Opfern.
einem Wettbewerb zurückzuziehen.
Unser U-17-Frauenteam beginnt die
letzte Runde der WM-Qualifikation
(CONCACAF-Ausscheidung) in
Costa Rica im März und ist in die
Dominikanische Republik gereist,
um die Vorbereitungen für dieses
Turnier wieder aufzunehmen. Unsere
A-Mannschaft wird dann im April
den Digicel Cup spielen, und die
U-17- und U-20-Mannschaften beginnen ihre jeweilige WM-Qualifikation
im Juni. Wir tun also, was wir können,
um unsere Teams im Spiel zu halten.
Haiti lebt Fussball. Hier gibt es sonst
keinen Zeitvertreib, da muss man die
Leidenschaft aufrechterhalten. Sobald
die Stadien geräumt sind, werden wir
die Reparaturarbeiten aufnehmen und
wieder spielen.
Welche Hilfe hat der Verband
erfahren?
Wir haben von allen Seiten Hilfe bekommen. Die FIFA hat USD 3,25 Mio. gesprochen, die CONCACAF hat Beiträge und
Hilfe in Aussicht gestellt, viele andere
Verbände rund um den Globus ebenso.
Die von der FIFA bereitgestellten Gelder
werden zugunsten der haitianischen
Fussballfamilie in den Wiederaufbau des
Verbandssitzes, technischer Zentren und
regionaler Nachwuchseinrichtungen, in
die Ausrüstung und die Jugendwettbewerbe investiert.
Sie scheinen überzeugt, dass der
Fussball eine wichtige Rolle beim
Wiederaufbau Haitis spielen kann?
Absolut. Dank Fussball heilen die
Wunden des Landes schneller und
erfolgt der Wiederaufbau zügiger. Die
Menschen in Haiti sind leidenschaftliche Fussballfans. 2004 hatten wir
mit politischen Problemen zu kämpfen. Mein Land war klar gegen die
Stationierung von UNO-Truppen auf
haitianischem Boden. Deshalb haben
wir zur Wiederherstellung der Harmonie
ein Spiel zwischen Brasilien und Haiti
organisiert. Wenn wir jetzt gleich vorgehen, kommen wir schnell vorwärts und
können die Leidenschaft aufrechterhalten. Dies ist für die Menschen in meinem
Land ein wichtiges Zeichen – ein Zeichen
der Hoffnung.
FIFA WORLD I AKTUELL 17
DEN MARKT
IM AUGE
Das ehrgeizige FIFA-Projekt eines Online-Überwachungssystems für alle internationalen Transfers von Profispielern
nimmt auf dem Weg zur flächendeckenden Einführung
eine weitere wichtige Hürde.
Von Mark Ledsom
18
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Im Gegensatz zum 11. Juli 2010 – Finaltag
der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ in
Südafrika – ist der 11. März 2010 für die
meisten Fussballfans ein Tag wie jeder.
Für die FIFA markiert dieses Datum jedoch
einen Wendepunkt, was die Führung des
Fussballs und ihren fortwährenden Einsatz zum Schutz der Integrität des Sports
betrifft. Bis zu diesem Termin werden
alle FIFA-Mitgliedsverbände geschult und
fürs Transferabgleichungssystem (TMS),
eine Online-Plattform für die Eingabe
aller massgebenden Daten internationaler
Transfers von Berufsspielern, bereit sein.
Das TMS, das dereinst zu einer Clearingstelle für alle Transfers ausgebaut werden
soll, bietet zahlreiche Vorteile, allen voran ein effizienteres und transparenteres
Transfersystem. Zudem stellt es sicher,
dass Klubs, die junge Spieler ausgebildet
haben, angemessen entschädigt werden,
wenn diese später bei anderen Vereinen
Karriere machen.
Das System, das beim 57. FIFA-Kongress
Ende Mai 2007 in Zürich verabschiedet
wurde, war eine der wichtigsten Empfehlungen der FIFA-Taskforce „For the Good of
the Game“. Es sollte den Fussballbehörden
nach Ansicht der Taskforce zu mehr Angaben zu den einzelnen Transfers verhelfen
und die entsprechenden Transaktionen
transparenter machen, damit das gesamte
Transfersystem an Glaubwürdigkeit und
Ansehen gewinnt.
„Aus rechtlicher
Sicht ist es eines
der aufregendsten
Projekte, die die
FIFA je realisiert hat.“
Marco Villiger, FIFA-Direktor Rechtsdienst
Für die Taskforce bot das System zudem Gewähr, dass ein leibhaftiger Spieler
und – zwecks Verschiebung von Geld
(„Geldwäsche“) – nicht ein fiktiver Spieler
transferiert wird.
In den drei Jahren seit der Verabschiedung durch den Kongress hat die FIFA
mit Hochdruck an der Realisierung des
DAS EINMALEINS
VON TMS
Von Theo Ruizenaar, Zeist
Der niederländische Fussballverband (KNVB)
hat als einer der ersten das Transferabgleichungssystem (TMS) eingeführt. Im Januar konnten sich
Journalisten selbst davon überzeugen, wie gut
das System funktioniert.
Rund 20 Reporter konnten das System in Zeist
auf Herz und Nieren prüfen, indem sie fiktive Daten
eingaben und so „virtuelle“ Transfers tätigten.
In der „echten“ Version hat jeder Klub einen
Zugangscode, über den er die Details zu seinen
Spielertransfers eingibt.
Nach einer kurzen Einführung konnten
die Journalisten selbst Hand anlegen und die
vorgegebenen Transfers eigenständig verwalten,
indem sie in den einzelnen Masken die
erforderlichen Eingaben vornahmen. Die Klubs
können dabei auf die riesige TMS-Datenbank mit
allen teilnehmenden Klubs, Verbänden, lizenzierten
Vermittlern und rund 40 000 registrierten Spielern
zugreifen.
Ein Transfer ist nur möglich, wenn der zuständige
Verband bestätigt hat, dass der fragliche Spieler
beim betreffenden Klub registriert ist. Ebenso
erforderlich sind Angaben zum bestehenden
Vertrag, zum Vermittler des Spielers und zu
sämtlichen Vermittlern, deren Dienste der jeweilige
Klub in Anspruch nimmt. Für die Verpflichtung
eines Spielers sind ferner Informationen zum
neuen Vertrag des Spielers zwingend. Damit die
Transferentschädigung wirklich an den richtigen
Systems gearbeitet, zuerst an der Entwicklung der erforderlichen Struktur und
Software, danach an der Schulung der
Mitgliedsverbände. Nach Abschluss der
Schulungsphase kann das TMS ab März
bei allen internationalen Transfers von
Berufsspielern angewendet werden und
ist bei Transfers, an denen zwei Verbände
beteiligt sind, die das System bereits voll
nutzen, gar Pflicht.
Elektronische Premiere
Auch wenn noch nicht alle Verbände
voll auf das TMS umgestellt haben, sind
elektronische Transfers bereits Realität.
Am 8. Oktober 2009 stellte der schottische Fussballverband zugunsten des
Klub und nicht an Dritte geht, sind weiter die
Details zum Bankkonto anzugeben, das darüber
hinaus auf einen der beteiligten Klubs lauten muss.
Wenn alle Daten eingegeben sind, werden
sie von den beteiligten Klubs mit den eigenen
überprüft, bevor das System den Transfer an den
betreffenden Verband weiterreicht. Erst wenn alle
Angaben ausnahmslos übereinstimmen, können
die Verbände einen elektronischen internationalen
Freigabeschein beantragen und ausstellen.
Die Niederländer konnten sich im Rahmen eines
Pilotversuchs 2008 bereits mit dem TMS vertraut
machen. Als während der letzten Transferperiode
die Live-Version aufgeschaltet wurde, kam es daher
zu keinen nennenswerten Problemen.
„Wir haben das System erst für die Leihgabe
eines jungen brasilianischen Spielers genutzt“,
erklärte Joris van Benthem, Manager von
Feyenoord Rotterdam, gegenüber FIFA World
nach der ersten Hälfte der Transferperiode. „Da
der Spieler in die dritte brasilianische Division
wechselte, rechneten wir mit Problemen, doch alle
Daten über den Klub und den Regionalverband
waren im TMS gespeichert.“
Die Niederländer sind von der Software so
beeindruckt, dass sie nun auch für nationale
Transfers zum Einsatz kommen soll.
„Ein System sowohl für die nationalen als auch
die internationalen Transfers ist der nächste
logische Schritt“, so TMS-Geschäftsführer Mark
Goddard. Gespräche in diese Richtung laufen denn
auch bereits mit mehreren Verbänden.
französischen Verbands den ersten elektronischen internationalen Freigabeschein
aus und besiegelte damit den Transfer des
kamerunischen Nationalspielers Jean-Joël
Perrier-Doumbé von Celtic Glasgow zu
Toulouse in die französische Ligue 1.
Die Übergangsphase läuft in den kommenden Monaten weiter. Klubs, die noch
nicht ans TMS angebunden sind, können
ihre Transfers damit weiterhin auf Papier
und per Telefax tätigen. Parallel dazu läuft
der Betrieb per TMS. Im nächsten Oktober
endet dann aber der parallele Betrieb,
wenn das System offiziell Aufnahme in
die FIFA-Reglemente findet und damit für
internationale Transfers von Profispielern
Pflicht wird.
FIFA WORLD I AKTUELL 19
„Der rechtliche Rahmen bleibt zwar
der gleiche, doch mit dem Transferabgleichungssystem wird die Verwaltung
internationaler Fussballtransfers revolutioniert. Elektronisch und für die FIFA
leicht zugänglich, ist dieses System viel
transparenter und griffiger als das bestehende. Aus rechtlicher Sicht ist es eines
der aufregendsten Projekte, das die FIFA
je realisiert hat“, erklärt Marco Villiger,
FIFA-Direktor Rechtsdienst.
Schutz Minderjähriger
Jederzeit kann die FIFA die Details der
einzelnen Transfers überprüfen, was sie
insbesondere bei der Registrierung internationaler Transfers von Minderjährigen
tut. Im Anschluss an die Beschlüsse des 59.
FIFA-Kongresses 2009 in Nassau wurde das
TMS mit Blick auf den Schutz von Spielern
unter 18 Jahren weiter ausgebaut, mit der
Folge, dass seit 1. Oktober 2009 sämtliche
Erstregistrierungen von Minderjährigen, die
nicht Staatsbürger des Landes sind, in dem
sie erstmals registriert werden möchten,
und alle entsprechenden internationalen
Transfers von einem Ausschuss der FIFAKommission für den Status von Spielern
bewilligt werden müssen. Das Antrags- und
Bewilligungsverfahren läuft ausschliesslich
über das Transferabgleichungssystem.
„Ohne TMS wäre es für die Kommission für den Status von Spielern überaus
schwierig, wenn nicht gar unmöglich,
die immer zahlreicheren internationalen
Transfers minderjähriger Spieler im Auge
zu behalten. Dank TMS werden nun die
Vorgaben des Kongresses 2009 erfüllt“, erklärt TMS-Geschäftsführer Mark Goddard.
„Die Ausweitung des Systems auf Transfers
Minderjähriger ist ein gutes Beispiel, wie
ein System, das in erster Linie Transparenz
schaffen soll, zum Nutzen der gesamten
Verwaltung des Fussballs eingesetzt werden kann.“
Auch die Klubs, die junge Spieler ausbilden, profitieren vom neuen System.
Dank TMS erhalten sie nun die Gelder,
die ihnen gemäss FIFA-Reglement für
den Status und Transfer von Spielern bei
Auslandtransfers ihrer Spieler zustehen,
d. h. die Ausbildungsentschädigung, die
vor Kurzem angehoben wurde, und den
Solidaritätsbeitrag.
Abschreckende Wirkung
Auch gegen kriminelle Machenschaften
ist das Transferabgleichungssystem ein
probates Mittel, etwa gegen Geldwäsche,
die für jeden Wirtschaftszweig, in dem
grosse Summen umgesetzt werden, eine
beträchtliche Gefahr ist. Der Fussball,
der in den letzten Jahren weltweit
massiv gewachsen ist und immer
stärker vermarktet wird, bildet da keine
Ausnahme.
Laut einem Bericht von Juli 2009 des
Arbeitskreises Massnahmen zur Geldwäschebekämpfung (FATF), der als international führendes Gremium Grundsätze
zur Bekämpfung der Geldwäsche und
der Terrorismusfinanzierung zum Schutz
des globalen Finanzsystems entwickelt,
ist der Fussball (neben Kricket, Rugby,
Pferde-/Autorennen, Eishockey und Basket-/Volleyball) wegen seiner Popularität
und Finanzierung besonders anfällig für
kriminelle Machenschaften.
Geldwäschegefährdet ist gemäss FATF
vor allem der Transfermarkt, über den ein
Grossteil der Geldströme im Fussball fliesst;
weitere Risikobereiche sind die Trägerschaft
von Fussballklubs, das Wettgeschäft, der
Verkauf von Bildrechten sowie Sponsoring
und Werbung.
Das Transferabgleichungssystem ist natürlich kein Allheilmittel, sondern lediglich
eine von vielen Massnahmen, die die FIFATaskforce „For the Good of the Game“
empfohlen hat. Ebenso wichtig sind das
FIFA-Klublizenzierungsreglement, das überarbeitete FIFA-Spielervermittlerreglement
(seit 1. Januar 2008 in Kraft) und die
Schaffung eines Frühwarnsystems (EWS)
zur Erkennung von Unregelmässigkeiten
auf den weltweiten Wettmärkten.
„Wir können es uns nicht leisten, bei
unserer Verantwortung zum Schutz der
Integrität des Fussballs Abstriche zu
machen“, betont Goddard im Interview
mit FIFA World. „Aus diesem Grund
bekämpfen wir dieses vielschichtige Problem an verschiedenen Fronten. Einige
werden immer versuchen, die Regeln und
die Systeme zu umgehen, die strafbare
Handlungen verhindern sollen. Die Einführung des neuen Systems ist daher nur
der erste Schritt. Erst wenn das System
ordnungsgemäss funktioniert und der
neuen Gefahrensituation laufend angepasst wird, sind wir am Ziel.“
Jean-Joël Perrier-Doumbé (links) war der
erste Spieler, der „elektronisch“ transferiert
wurde.
20
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
INTERVIEW
„Dank TMS wird
es schwieriger,
Beteiligungen Dritter
zu verschleiern.“
ein Vermittler lizenziert ist oder nicht
und ob seine Lizenz noch gültig ist.
Dank TMS wird es zudem schwieriger,
Beteiligungen Dritter zu verschleiern,
da die FIFA und die zuständigen
Verbände im Zusammenhang mit dem
internationalen Transfer von Spielern
alle finanziellen Informationen einsehen
können.
MARK GODDARD
TMS-GESCHÄFTSFÜHRER
FIFA World: Im TMS werden
weitgehend Daten erfasst,
die bereits im traditionellen
Papiersystem registriert wurden.
Was bringt das Online-System
wirklich?
Mark Goddard: Die neue Technologie
sorgt dafür, dass die Regeln auch
wirklich eingehalten und durchgesetzt
werden. Beim alten System mussten die
am Transfer beteiligten Parteien selbst
darauf achten, dass die FIFA-Reglemente
befolgt wurden. Eine wirkliche Kontrolle
fehlte. Die automatischen Kontrollmechanismen sind die wichtigste
Änderung. Statt eines Umfelds, das
weitgehend auf Freiwilligkeit beruht,
haben wir nun ein System, das die
Regeln gleich selbst vorgibt und
kontrolliert.
Wie haben die beteiligten Verbände
auf das neue System reagiert?
Unsere wichtigste Anspruchsgruppe
sind die Klubs, da sie den gesamten
Transferprozess ins Rollen bringen und
die Daten ins System eingeben. Was
die moralischen und ethischen Ziele
des Systems betrifft, haben wir bislang
keine negativen Reaktionen erhalten,
was sehr erfreulich ist. Die Vorteile, die
ein standardisiertes System bietet, das
auf die Bedürfnisse des 21. Jahrhunderts
zugeschnitten ist, sind offensichtlich.
Was bedeutet das System
für Spielervermittler und die
Beteiligung Dritter an Klubs?
Vermittler sind an der Eingabe von
Informationen nicht direkt beteiligt.
Durch die Klubs und ihre gegenseitigen
Kontakte sind sie sich der Tragweite
des Systems aber sicherlich bewusst.
Die Hauptänderung für die Vermittler
besteht darin, dass sie nun wissen,
dass ihre Angaben ins System eingegeben werden, wenn sie an einem
internationalen Transfer beteiligt sind.
Ebenso wird die Höhe ihrer Vergütung
vermerkt. Registriert wird ebenfalls, ob
Bietet das System auch Informationen, die über seinen eigentlichen
Zweck hinausgehen, eine angemessene Handhabung internationaler Transfers sicherzustellen,
beispielsweise zum internationalen
Transfermarkt als Ganzem?
Bei allen Transfers, die ins System eingegeben werden, wird der Datenschutz
natürlich vollumfänglich gewahrt.
Solange die Klubs und die Spieler mit
dem Grad der Offenlegung einverstanden sind, können auch Analysen zum
Transfermarkt vorgenommen werden.
Zahlen zu internationalen Transfers
beruhten bislang weitgehend auf
Schätzungen, mit dem TMS werden
sie nun viel genauer. Wir können für
Verbände – vielleicht gar für die Medien
und die Öffentlichkeit – Berichte
erstellen, die darüber Auskunft geben,
wie viel Geld in einem Land oder einer
Liga während einer Transferperiode
netto zu- oder abfliesst. Solche
Auswertungen sind möglich, weil
uns das Transferabgleichungssystem
nützliche, sofort abrufbare und überaus
genaue Informationen liefert.
FIFA WORLD I AKTUELL 21
DAS RENNEN UM DIE
ÜBRIGEN FIFA-WETTBEWERBE
Dem FIFA-Exekutivkomitee fällt bei seiner nächsten Sitzung am 18. und
19. März in Zürich die schwierige Aufgabe zu, die Gastgeberländer für
die fünf FIFA-Wettbewerbe von 2011 bis 2013 zu bestimmen, für die
sich insgesamt 22 Länder beworben haben.
Während die Kandidaturen für die
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ 2018
und 2022 auf vollen Touren laufen und
weltweit zu reden geben, findet auch
das Rennen um die U-17- und die U20-Frauen-Weltmeisterschaft 2012, die
Futsal-Weltmeisterschaft 2012 und die
Beach-Soccer-WM 2011 und 2013 statt.
Diese Wettbewerbe bieten den Ausrichtern
ein grossartiges Schaufenster.
Argentinien, Aserbaidschan, Brasilien,
Chile, Costa Rica, Italien, die Niederlande, Oman, Polen, Tahiti, Russland, die
Schweiz, China, die Tschechische Republik,
Guatemala, Iran, Libyen, Thailand, Indonesien, Vietnam, die Philippinen und die
Vereinigten Arabischen Emirate haben
für mindestens eines dieser Turniere eine
Bewerbung eingereicht.
Bevor das Exekutivkomitee seine Entscheidung trifft, werden verschiedene Faktoren in der Beurteilung der Kandidaturen
berücksichtigt. Gemäss Jim Brown, FIFADirektor Wettbewerbe, sind drei Kriterien
für die Ausrichtung eines Turniers zentral:
Am wichtigsten ist zweifellos, dass ein
Fussballverband auf die Unterstützung
seiner Landesregierung zählen kann. Eine
gewisse Symbiose zwischen diesen beiden
Akteuren ist eine unabdingbare Voraussetzung für den reibungslosen Ablauf und
verleiht der Organisation des Turniers die
erforderliche Glaubwürdigkeit.
Ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt die
Infrastruktur. Hotels, Stadien, Trainingsgelände, Krankenhäuser und Transport- und
Kommunikationsmittel fliessen ebenfalls
in die Beurteilung ein, damit ein gewisser
Mindeststandard für die Teilnehmer gewährleistet ist.
Die FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2008 in Chile war ein voller Erfolg – nicht nur für die
Siegerinnen aus den USA.
Schliesslich kommt auch der privaten
Unterstützung, dem Zusammenhalt der
verschiedenen Akteure im Fussball, dem
Einfluss des Verbands und der Unterstützung im Land selbst ausserhalb des Sports
eine grosse Bedeutung zu.
Den Fussball weiterentwickeln und
fördern
Die verschiedenen Abteilungen der FIFAAdministration – vom Rechtsdienst über
die Finanzabteilung bis zu Marketing,
TV und Entwicklung – prüfen jede Bewerbung genau und formulieren danach
ihre Einschätzung gegenüber der Division
Wettbewerbe. Als letzter Schritt werden
die Kandidaturen dann von den Mitgliedern des Exekutivkomitees beurteilt. „Wir
prüfen die Bewerbungen sämtlicher Kandidaten bis in jedes Detail und stellen fest,
ob effiziente Arbeit zur Entwicklung und
Förderung des Fussballs geleistet wird“,
erklärt Jim Brown.
Bei der Auswahl geeigneter Ausrichter
werden die Turniere deshalb nicht einfach
den finanzkräftigsten Ländern zugesprochen. Vielmehr konzentriert sich die
Prüfung auf die Vorteile für die Förderung
des Fussballs, die Ausbildung und die Infrastruktur eines kandidierenden Landes.
Dies war auch bei Chile der Fall, das die
U-20-Frauen-Weltmeisterschaft 2008 zugesprochen erhielt, obwohl der Frauenfussball
dort alles andere als populär ist.
Die Bilanz nach dem Turnier war durchwegs positiv: Die Spiele wurden von Tausenden begeisterter Zuschauer verfolgt,
und das ganze Land hat mitgeholfen,
die Frauen-WM zu einem Grosserfolg zu
machen.
Heute gibt es in Chile eine FrauenfussballMeisterschaft, und die Anzahl erteilter
Lizenzen nimmt stetig zu. „Wir möchten
alle Länder ermutigen, die sich die
Ausrichtung eines FIFA-Turniers nicht
zutrauen. Das einzige, was wirklich
zwingend vorhanden sein muss, ist der
Wille und das Engagement, um diesen
Traum zu verwirklichen“, erläutert Jim
Brown.
FIFA WORLD I AKTUELL 23
MERKEL AM BALL
FÜR 2011
Die deutsche Kanzlerin hat „Ballgefühl“ – hohe Ehre
für den WM-Fotokalender 2011.
betonte Jones. „Mit diesem Kalender
möchten wir uns auch für die überragende
Unterstützung bedanken, die wir seitens
der Bundesregierung und vor allem von der
Bundeskanzlerin selbst bei der Vorbereitung
für die Frauen-Weltmeisterschaft 2011
erhalten.“
Bundeskanzlerin Merkel inmitten der Delegation des Deutschen Fussball-Bundes.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel
kann bereits ihre Termine für 2011
planen, nachdem sie im Januar von den
lokalen Organisatoren der FIFA FrauenWeltmeisterschaft Deutschland 2011™
ein ganz spezielles Exemplar des WMFotokalenders erhalten hat.
Eine hochrangige Delegation des
Deutschen Fussball-Bundes, angeführt
von Silvia Neid, Trainerin der deutschen
Frauenauswahl, Steffi Jones, Präsidentin
des lokalen Organisationskomitees, und
DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg,
war eigens ins Kanzleramt nach Berlin
gereist, um der Kanzlerin den Kalender
zu überreichen.
Unter dem Titel „Ballgefühl“ zeigt er
Porträts der deutschen Nationalspielerinnen,
die vom Starfotografen Horst Hamann
arrangiert und vom preisgekrönten
Schriftsteller Ronald Reng kommentiert
wurden.
24 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
„Der Kalender ist edel und gefällt
mir sehr gut“, sagte Merkel. „Die Fotos
drücken Dynamik, Ästhetik und Freude
aus. Das passt perfekt zum Frauenfussball.“
Genau 2011 Stück wurden vom Kalender
2011 hergestellt, wobei die Kanzlerin
mit der Seriennummer 1/2011 ein ganz
besonderes Exemplar erhielt.
„Die Nummer eins gebührt selbstverständlich der ersten Frau im Staat“,
„Die Fotos drücken
Dynamik, Ästhetik
und Freude aus. Das
passt perfekt zum
Frauenfussball.“
Deutsche Bundeskanzlerin
Angela Merkel
Gesichter hinter den Namen
„Schliesslich brachte uns Frau Merkel ja
erst auf die Idee, einen solchen Kalender
aufzulegen. Sie äusserte den Wunsch,
dass die Fussballfans in Deutschland
spätestens zur Frauen-WM 2011 die
Namen der Nationalspielerinnen genau
so aufsagen können wie diejenigen
der Männer. Die tollen Porträts der
Spielerinnen in Wort und Bild werden
sicher dazu beitragen.“
Die neusten Zahlen des Kartenverkaufs
für die WM 2011 zeigen, dass nicht nur die
deutsche Kanzlerin das Turnier in ihrem
Terminkalender fett angestrichen hat. Bis
zum Ende der ersten Verkaufsphase am 31.
Januar, in der die Fans Tickets für alle Spiele
an einem bestimmten Spielort bestellen
konnten, wurden bereits über 200 000
Karten abgesetzt.
Die zweite Verkaufsphase, in der Klubs
und Schulen ermässigte Tickets für die
tiefste Kategorie erwerben können,
dauert vom 17. Februar bis 30. Juni.
Einzelkarten kommen am 1. August in
den Verkauf.
Insgesamt ist etwa eine Million Karten
erhältlich, wobei die Organisatoren alles
daran setzen, die Stadien zu mindestens
80 % zu füllen, was einen beeindruckenden
Schnitt von 25 000 Zuschauern pro Spiel
bedeuten würde.
GRÜNES SPONSORING
Wegweisende Vereinbarung: Chinesisches Solarenergieunternehmen Yingli wird Sponsor der FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™.
Im Sponsoring feierte die FIFA in diesem
Februar gleich eine doppelte Premiere, als
das führende Solarunternehmen Yingli
Green Energy als neuster Sponsor der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ unter
Vertrag genommen wurde. Als erstes Unternehmen für erneuerbare Energie und
erste chinesische Firma hat Yingli Green
Energy, Besitzer der Marke Yingli Solar,
eine weltweite Sponsoringvereinbarung
mit der FIFA abgeschlossen.
„Dies ist ein historischer Moment:
Erstmals überhaupt ist ein chinesisches
Unternehmen Sponsor der FIFA FussballWeltmeisterschaft“, erklärte Blatter in einer
Videobotschaft, die bei der feierlichen
Vertragsunterzeichnung und der Medienkonferenz in Peking aus Zürich eingespielt
wurde.
„Ich freue mich überaus, dass Yingli
unsere offizielle Kampagne der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010 unterstützt,
indem das Unternehmen für 20 Zentren
für 2010 Sonnenkollektoren liefert und sich
für unser ,Green Goal‘-Konzept zugunsten
des Umweltschutzes einsetzt. Ich möchte
Yingli Green Energy für das Sponsoring und
das Engagement zugunsten einer besseren
Zukunft – unserer wichtigsten Aufgabe
überhaupt – ganz herzlich danken.“
Liansheng Miao, Präsident und Geschäftsführer von Yingli Green Energy, fühlte sich
geehrt, mit dem weltweit beliebtesten und
populärsten Sport verbunden zu sein.
„Als einer der führenden Solarproduzenten freuen wir uns, neben zahlreichen
anderen erstklassigen Unternehmen
internationaler Sponsor der FIFA FussballWeltmeisterschaft zu sein“, fügte Miao
an. „Wir werden alles daran setzen, mit
unserem Wissen und der unwiderstehlichen Kraft des Fussballs gemeinsam mit
der FIFA eine bessere und grünere Zukunft
zu gestalten.“
Mit Yingli sind nun in der Kategorie der
Sponsoren der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ sieben der acht verfügbaren
Pakete vergeben. Die Verhandlungen
über das letzte Paket für die FIFA FussballWeltmeisterschaft 2010™ vom 11. Juni bis
11. Juli sind noch in Gang.
RUBRIK DES PRÄSIDENTEN
Dank ihrer wirtschaftlichen und insbesondere
auch gesellschaftlichen Bedeutung ist die FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™ sehr begehrt.
Gross ist das Interesse, diesen Wettbewerb
auszutragen.
Dies zeigen auch die Gespräche, die ich
im Rahmen der Vergabe der FIFA FussballWeltmeisterschaft™ 2018 und 2022 mit
Dimitri Medwedew (Staatsoberhaupt der
russischen Föderation), José Luis Rodríguez
Zapatero (Ministerpräsident Spaniens) und
Lee Myung-bak (Präsident der Republik
Korea) führen durfte.
Alle drei stellten sich voll hinter die
Kandidatur ihres Landes und versprachen
im Namen ihrer Regierung, sowohl die
erforderlichen Garantien zu erbringen als
auch die für die Organisation eines solchen
Turniers notwendigen Ressourcen zur
Verfügung zu stellen. Darüber hinaus stand
insbesondere der sozial-kulturelle Aspekt
unseres Sports im Fokus.
Sehr erfreulich war dabei die Zusage
von José Luis Rodríguez Zapatero, der
in den nächsten sechs Monaten die EUPräsidentschaft innehat, sich vermehrt für
eine Wiederherstellung der nationalen
Identität und die lokale Verankerung europäischer Klubmannschaften einzusetzen. Neben
der 6+5-Regel waren die Unabhängigkeit
der Sportverbände und fussballbasierte
Entwicklungsprojekte ebenfalls Thema.
Der Beitrag des Fussballs zur sozialen
Entwicklung, also seine gesellschaftliche
Dimension, wird besonders bei der
Vorbereitung der ersten FIFA FussballWeltmeisterschaft™ in Afrika deutlich.
Hier setzt die FIFA die positive Kraft
des Fussballs mehr denn je ein, um die
benachteiligten Regionen dieser Welt mit
Bildung und Gesundheitsförderung zu
unterstützen und damit Hoffnung auf eine
bessere Zukunft zu spenden.
FIFA WORLD I AKTUELL 25
FUSSBALL – DER
GESUNDE KICK
Neue Studien belegen es: Regelmässiges
Fussballtraining ist gut für die Gesundheit,
und zwar unabhängig von Alter und
Spielniveau.
Millionen von Fussballspielern weltweit
„wussten“ vermutlich schon lange, was
nun wissenschaftlich genau belegt ist:
Wer in der Freizeit regelmässig das runde
Leder kickt, kann seinen allgemeinen
Gesundheitszustand deutlich verbessern
– unabhängig von Alter, Geschlecht oder
bisheriger Spielpraxis.
Dies geht aus 14 Einzelstudien zum
gesundheitlichen Nutzen des Fussballs
hervor, die unter der Leitung von Prof.
Peter Krustrup und Jens Bangsbo von
der Universität Kopenhagen im Rahmen
einer Zusammenarbeit mit vier dänischen
Universitätskliniken, dem FIFA-Zentrum
für medizinische Auswertung und Forschung (F-MARC) an der Schulthess Klinik
in Zürich, der Eidgenössischen Technischen
Hochschule Zürich und dem medizinischen
FIFA-Zentrum in Saarbrücken durchgeführt
wurden. Nach zweijähriger Forschungsarbeit werden die Ergebnisse nun im März
in einer Sonderbeilage zum Scandinavian
Journal of Medicine & Science in Sports
(SJMSS) veröffentlicht.
Einige der Studienergebnisse sind besonders bemerkenswert. So gibt es eindeutige
Hinweise darauf, dass bei Männern mittleren Alters mit leicht bis mässig erhöhtem
Blutdruck regelmässiges Fussballtraining
eine markante Senkung des Blutdrucks
und des Ruhepulses bewirken und somit die Herzbelastung reduzieren kann.
Fussball könnte also bei Bluthochdruck
als Therapie eingesetzt werden. Eine
andere Studie belegt, dass regelmässiges
Fussballtraining mindestens so effektiv ist
wie herkömmliche Trainingsprogramme,
wenn es darum geht, die körperliche
26
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Leistungsfähigkeit, das allgemeine
gesundheitliche Befinden und das
Selbstvertrauen von Jugendlichen
zu steigern. Fussball könnte, so die
Folgerung, ein wirksames Mittel
gegen Fettleibigkeit bei Kindern und
Jugendlichen sein. Eine weitere Studie
befasste sich mit den Auswirkungen
von Fussballtraining auf bis dahin
sportlich inaktive Frauen und stellte
Verbesserungen des Gleichgewichts
und der Knochenstärke fest, die möglicherweise das Sturz- und Frakturrisiko
mindern.
Eindeutige Hinweise
„Die in der Beilage zum SJMSS veröffentlichten Studien umfassen absichtlich verschiedenste medizinische Disziplinen und
völlig unterschiedliche Teilnehmergruppen“, so Prof. Jiri Dvorak, FIFA-Chefarzt
und Vorsitzender von F-MARC gegenüber
FIFA World. „Ihnen allen ist aber etwas
gemeinsam: Sie weisen eindeutig darauf
hin, dass Fussball bei praktisch allen Menschen das gesundheitliche Befinden zu
steigern vermag. Die Studien berücksichtigen auch den ‚Spassfaktor‘ des Sports,
der in anderen Gesundheitsprogrammen
manchmal zu kurz kommt, und sehen
darin einen weiteren Grund für den Erfolg
fussballbasierter Programme.“
Insgesamt belegen die Studien, dass es
nie zu spät ist, mit Fussball zu beginnen. Eine
der Studien, die sich mit den Auswirkungen
der lebenslangen aktiven Teilnahme am
Fussballsport befasst, kommt allerdings
zum Schluss, dass der gesundheitliche
Nutzen umso grösser ist, je früher man mit
Fussball beginnt. Teilnehmer dieser Studie
waren Männer zwischen 63 und 78 Jahren,
die alle praktisch ihr ganzes Leben lang
Fussball gespielt hatten. Gemäss der Studie
zeigten sie eine bessere Muskelleistung
und posturale Stabilität als untrainierte
Männer der gleichen Altersgruppe. Und
Fussball kann bei älteren Frauen das Sturzrisiko und damit die Gefahr von
Knochenbrüchen mindern.
was erstaunte: In beiderlei Hinsicht waren
sie vergleichbar mit Männern, die halb so
alt waren und nicht aktiv Sport trieben.
Muskelkraft und Gleichgewicht gehören zu
den Schlüsselfaktoren für Unabhängigkeit
im Alter und zur Vermeidung von Stürzen
mit potenziell mobilitätseinschränkenden
Folgen.
Doch nicht nur der rein körperliche Nutzen des Fussballs wurde untersucht. Eine
Studie befasste sich mit möglichen sozialen
und psychologischen Auswirkungen. Die
Studienteilnehmer, die zuvor mehrheitlich
nicht Fussball gespielt hatten, trainierten
in kleinen Gruppen von 10 bis 20 Spielern.
Die Autoren der Studie beobachteten bei
den Teilnehmern erhöhtes Wohlbefinden,
vermehrte soziale Interaktionen und neue
Freundschaften und stellten fest, dass das
gemeinsame Spiel den Grundstein für eine
langfristige sportliche Betätigung legte.
Der soziale Charakter des Fussballs –
in der Fussballfamilie ist er wohlbekannt
– wurde auch durch eine andere Studie
belegt, die regelmässiges Fussballtraining
mit Langstreckenlaufen verglich. Sie kam
zum Schluss, dass in einer Gruppe von
Fussballerinnen, die zuvor sportlich nicht
aktiv waren, mehr soziale Kontakte entstanden als in einer vergleichbaren Gruppe
von Langstreckenläuferinnen. Auch in
Bezug auf die Herzfrequenzvariabilität,
den anaeroben Energieumsatz, allgemeine
Leistungsverbesserungen und die langfristige Erhöhung der Knochenmineraldichte
(Ganzkörperwerte) schnitt der Fussball
besser ab. Als mindestens ebenso wirksam
wie Langstreckenlaufen erwies er sich hinsichtlich Verbesserungen verschiedener
wichtiger Herzcharakteristiken.
„Die Vergleiche mit dem Langstreckenlauf und anderen Sport- oder
Fitnessprogrammen sollen den Nutzen
anderer Sportarten keinesfalls herabsetzen,
sondern eine Vergleichsbasis schaffen, an
der die gesundheitlichen Verbesserungen,
die durch Fussballtraining möglich sind,
gemessen werden können“, betont Dvorak. „Zusammengefasst deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Fussball verglichen
mit Intervalltraining mindestens ebenso
förderlich ist hinsichtlich der blutdrucksenkenden Wirkung und der maximalen
aeroben Leistungsfähigkeit und sogar
besser als Laufen oder Krafttraining. Auch
der Fettabbau ist beim Fussballtraining
höher als beim Intervall- oder Krafttraining,
und die Knochendichte erhöht sich beim
Fussballtraining stärker als beim Laufen
oder Intervalltraining. Kurz gesagt: Fussball
ist ein wichtiges Instrument im Kampf
gegen Herzkrankheiten, Fettleibigkeit und
Knochenabbau.“
Nutzen überwiegt Risiken
Wie bei jeder Art von Kontaktsport besteht auch beim Fussball das Risiko von
Verletzungen, die natürlich die Gesundheit
kurz- oder längerfristig beeinträchtigen
können. Die meisten Fussballverletzungen
– am häufigsten kommt es zu Knöchelverstauchungen und Muskelprellungen – sind
jedoch nicht schwerwiegend. Demzufolge
ist der Nutzen regelmässigen Fussballtrainings weit grösser als das Verletzungsrisiko.
Trotzdem befasst sich F-MARC schon seit
Langem mit den verschiedenen Arten von
Verletzungen im Fussball, um die Verletzungshäufigkeit weiter zu senken. Mit dem
äusserst wirksamen Präventionsprogramm
„Die 11+“ lässt sich erwiesenermassen bis
die Hälfte aller Verletzungen vermeiden,
sofern das Programm regelmässig zum
Aufwärmen absolviert wird (siehe FIFA
World, Juni 2009). Die globale Einführung
von „Die 11+“ ist derzeit im Gange und
trägt dazu bei, dass Spieler in jeder Ecke
der Welt für ihre Gesundheit das Maximum
aus dem Sport holen und dabei das Verletzungsrisiko minimieren können.
Die 14 wissenschaftlichen Artikel in
der März-Beilage des SJMSS leisten zwar
einen wichtigen Beitrag zum bestehenden
sportmedizinischen Wissen, doch die Autoren der Studien unterstreichen in ihren
Schlussbemerkungen die Notwendigkeit
weiterführender Untersuchungen – so
beispielsweise zu den langfristigen Auswirkungen des Fussballtrainings bei Menschen
mit Bluthochdruck – und fordern eine
Ausweitung der Studie auf Patienten, die
an Diabetes Typ II oder an Krebs leiden.
Da der Aktivsport insbesondere in den
hochentwickelten Ländern im Alltag vieler
Menschen eine immer kleinere Rolle spielt,
werfen die Autoren auch die Frage auf,
ob ein ähnlicher gesundheitlicher Nutzen
durch noch weniger intensive Trainingsprogramme (z. B. Trainingseinheiten von nur
einer Stunde wöchentlich) erzielt werden
könnte. Abschliessend fragen sie sich, wie
diejenigen für den Fussball zu motivieren
sind, die sich sportlich überhaupt nicht betätigen und für die bereits die Vorstellung
von einer Stunde Training pro Woche eine
abschreckende Wirkung hat. Global ist
dies gewiss eine riesige Herausforderung.
Auf individueller Ebene jedoch könnten
die neusten Studienergebnisse vielen den
nötigen Kick geben und sie motivieren, ihre
alten Fussballschuhe aus dem Schrank zu
holen.
Eine detailliertere Zusammenfassung der
Studien findet sich in der Online-Ausgabe
von FIFA World unter FIFA.com/fifaworld.
FIFA WORLD I AKTUELL 27
IM GESPRÄCH
ANGÉLIQUE KIDJO
SÄNGERIN UND
GRAMMY-GEWINNERIN
Ihr Auftritt bei der Endrundenauslosung
der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft
2010™ im Dezember in Kapstadt
dürfte allen Fussballfans noch in bester
Erinnerung sein: Angélique Kidjo,
international erfolgreiche Sängerin
aus Benin. Mitte Januar unterbrach sie
ihre aktuelle Europatournee, um sich
am FIFA-Sitz in Zürich mit dem FIFAPräsidenten Joseph S. Blatter zu treffen.
FIFA World: Angélique Kidjo,
was führt Sie heute zur FIFA?
Angélique Kidjo: Vor allem die Liebe zum
Fussball. Zudem möchte ich in Erfahrung
bringen, wie man den Sport nutzen
kann, um die sozialen Probleme Afrikas
zu lösen und etwas für die Bildung und
die Wiedereingliederung von Kindern zu
tun, die Opfer von Kriegen geworden
sind. Der Fussball gibt jungen Menschen
ihr Selbstvertrauen zurück, so dass sie ihr
Leben selbst in die Hand nehmen können
und nicht auf fremde Hilfe angewiesen
sind. Dabei denke ich langfristig, und das
tut wohl auch die FIFA.
Inwiefern wird Afrika von der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
profitieren?
Zunächst einmal wird die WM dem
Rest der Welt ein anderes Bild von
Afrika vermitteln. Es ist kaum zu
beschreiben, wie stolz man überall
in Afrika darauf ist, dieses Ereignis
ausrichten zu dürfen. Sprechen Sie
mit den Kindern – die fühlen sich
jetzt schon alle wie Weltmeister! Das
gibt ihnen Mut und Kraft, trotz oft
schwieriger Lebensverhältnisse. Das
Turnier mag in Südafrika stattfinden,
aber es ist eine Weltmeisterschaft des
ganzen Kontinents. Auch die anderen
afrikanischen Länder werden ein neues
Bild von der Gastgebernation erhalten.
Man darf nicht vergessen, dass Südafrika
wegen der Apartheid lange Zeit vom
übrigen Afrika abgeschottet war. Die
WM wird sowohl uns Afrikanern als
auch den Fernsehzuschauern weltweit
ermöglichen, den gesamten Kontinent
in einem neuen Licht zu sehen – und das
alleine ist schon ein riesiger Erfolg.
Und was wird sich über das Turnier
hinaus verändern?
Langfristig wird Afrika noch mehr
Weltklassesportler hervorbringen.
Die besten Fussballer aus aller Welt
auf ihrem Kontinent zu erleben,
wird die afrikanischen Kinder enorm
inspirieren. Sie alle werden sich sagen:
„Ich will auch einmal Weltmeister
werden.“ Wenn es dann noch gelingt,
sportliche und soziale Entwicklung zu
kombinieren, ist das eine echte WinWin-Situation. In Afrika glauben die
Leute oft, für eine Karriere als Sportler
oder Künstler sei die Schule nicht so
wichtig. Zu mir hat mein Vater immer
gesagt: „Du willst Sängerin werden?
Toll. Aber ohne Abschluss singst du
keine Zeile.“ Diese Weltmeisterschaft
wird die Talente von morgen hervorbringen, und wenn man das in
Verbindung mit schulischer Bildung
nutzt, bekommt man gut ausgebildete
Sportlerinnen und Sportler.
Welche Parallelen sehen Sie
zwischen Fussball und Musik?
Beides ist universell. Wenn irgendwo
auf der Welt ein Fussballspiel beginnt,
ist jeder Streit vergessen. Mit der Musik
ist es genau dasselbe. Ich hatte deshalb
auch noch nie Angst, in Kriegsgebieten
aufzutreten, denn sobald die Musik
beginnt, habe ich die Aufmerksamkeit
von allen, ob Freund oder Feind. Musik
ist ein Moment der Freude, des Teilens.
Man sammelt sich um etwas, das uns
grösser macht. Musik und Fussball
sind sich darin sehr ähnlich und passen
wahrscheinlich darum so gut zusammen
– wenn ich da nur an die Trommeln
der Fans in meinem Heimatland Benin
denke … Ohne Musik würde im
Stadion etwas Wichtiges fehlen, und
nach einem Spiel wird, egal wie es
ausgegangen ist, sowieso immer Musik
gemacht. Das gehört bei uns in Afrika
einfach dazu.
Haben Sie den Afrikanischen
Nationen-Pokal verfolgt?
Ich bin viel unterwegs, aber ich
habe immer versucht, mich auf dem
Laufenden zu halten. Der Zwischenfall
in Cabinda hat mich tief getroffen. Dass
die Gewalt jetzt auch auf Ereignisse
übergreift, die doch friedlich und
einheitsstiftend sein sollen, kann ich
einfach nicht begreifen. Was soll die
Gewalt bringen? Trotzdem müssen wir
den Fussball und die Musik weiterhin
dazu nutzen, die Völker der Welt, insbesondere in Afrika, zusammenzubringen, damit sie an ihren Beziehungen
zueinander arbeiten können. Das ist
mein sehnlichster Wunsch: Dass durch
den Sport, die Musik und den dadurch
entstehenden Dialog eines Tages der
Frieden in Afrika Einzug halten wird.
FIFA WORLD I AKTUELL 29
FOKUSSIERT
HEIMSPIEL
30
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Mit dem Publikum im
Rücken ist alles möglich. Südafrika glaubt
fest daran, bei der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™
zum Höhenflug anzusetzen.
Von Mark Gleeson
Je näher das Turnier rückt, desto stärker
sind die Südafrikanerinnen und Südafrikaner davon überzeugt, dass die FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ ein
voller Erfolg werden wird. Ganzer Stolz
des Landes sind insbesondere die neuen
Stadien, die in der staubigen Landschaft
wie von einem anderen Stern anmuten.
Sämtliche Arenen wurden allen Unkenrufen zum Trotz rechtzeitig fertiggestellt,
genauso wie die neuen Strassen und
Flughäfen, die die Pendler bereits fest in
Beschlag genommen haben.
Während die Vorfreude auf den 11.
Juni mit jedem Tag steigt, herrscht beim
Nationalteam unvermindert Katzenjammer. Nach dem schweren Los, das die
Bafana Bafana letzten Dezember bei der
Endrundenauslosung in Kapstadt erwischt
hat, sind die Hoffnungen bei vielen Fans
gedämpfter denn je. Landauf, landab wird
Trübsal geblasen, was Nationaltrainer
Carlos Alberto Parreira überhaupt nicht
nachvollziehen kann: „Natürlich ist der
Druck immens, aber wir haben keine
Angst. Wenn wir uns aufs Positive wie
den Heimvorteil konzentrieren, ist vieles
möglich. Wichtig ist, dass wir gut vorbereitet ins Turnier starten.“
Dafür wird der 67-Jährige, der mit
Südafrika seine letzte FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ in Angriff nimmt, in den
nächsten Monaten bestimmt sorgen. Mit
dem nötigen Feinschliff, der richtigen Einstellung und vor allem der Unterstützung
der Fans sieht er sein Team klar im Vorteil,
zumal Südafrika noch ein As im Ärmel hat:
die weitum gefürchteten Vuvuzelas, mit
denen die Anhänger die Bafana Bafana mit
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 31
Sicherheit lautstark anfeuern werden. Beim
FIFA Konföderationen-Pokal im letzten
Juni erhielt die Fussballwelt bereits einen
eindrucksvollen Vorgeschmack auf die
imposante Kulisse, die sie bei der WMEndrunde erwarten wird. Parreira weiss
„Wir wollen nicht der
erste Gastgeber sein,
der bereits in der
ersten Runde auf der
Strecke bleibt.“
Südafrikas Nationaltrainer
Carlos Alberto Parreira
um die Macht der Plastiktrompeten und
ruft die Fans deshalb auf, aus voller Kehle
zu tuten und den Gegner damit gleich ins
Bockshorn zu jagen.
„Die Vuvuzelas sind unsere Geheimwaffe“, gibt sich der Brasilianer siegesgewiss. „Wenn beim Eröffnungsspiel 90 000
Fans ihre Trompeten schmettern lassen,
möchte ich nicht in der Haut der Mexikaner
d<faf
32
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
stecken. Das Land wird hinter uns stehen.
Wir müssen nur noch die Resultate liefern.“
Lichtblick
Nach den Ergebnissen der letzten fünf
Jahre zu schliessen, ist das allerdings eher
ein frommer Wunsch. Die Bafana Bafana
blieb vieles schuldig und torkelte von einer
Niederlage zur nächsten. Immerhin gab es
auch einige geniale Momente, wie etwa
beim FIFA Konföderationen-Pokal, als Südafrika zeigte, dass es tatsächlich mithalten
kann, wie Parreira der Welt unablässig
glauben machen will.
Der Einzug ins Halbfinale und die hauchdünne Niederlage gegen den späteren
Sieger Brasilien (Freistosstor in letzter Minute) gingen allerdings auf das Konto von
Joel Santana, der damals noch in Amt und
Würden war. Nach mehreren peinlichen
Niederlagen bei Freundschaftsspielen war
der Erfolg indes rasch vergessen, so dass
der Brasilianer im Oktober 2009 seinen
Sessel räumen musste. Wenige Wochen
später kehrte Parreira an seine frühere
Wirkungsstätte zurück und versuchte, die
Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira
(oben) zählt auf die lautstarke
Unterstützung der südafrikanischen Fans
(Hauptbild).
geknickte Nation wieder aufzurichten,
indem er sie mit ins Boot holte.
Guten Mutes ist auch Kapitän Aaron
Mokoena, wie er gegenüber FIFA World
betont: „Wir haben viele Trümpfe: den
Heimvorteil, hervorragende Spieler und
einen Trainer, der seine achte Weltmeisterschaft bestreitet und sehr erfahren ist.“
Mokoena, der in der englischen Premier
League bei Portsmouth spielt, will auch
nichts von einem harten Los für die Bafana
Bafana wissen: „Mir kommt kein Team in
den Sinn, das ich gerne als Gruppengegner
hätte. Bei einer Weltmeisterschaft gibt es
keine einfachen Gegner. Mexiko, Uruguay
und Frankreich sind zweifellos sehr gute
Teams. Um sie zu schlagen, müssen wir
eine erstklassige Leistung bringen. Dennoch sehe ich keinen Grund, weshalb wir
es nicht ins Achtelfinale schaffen sollten.“
Eine weitere Trumpfkarte könnte die
„Wir haben viele
Trümpfe: den
Heimvorteil,
hervorragende
Spieler und einen
sehr erfahrenen Trainer.
Ich sehe keinen Grund,
weshalb wir es nicht
ins Achtelfinale
schaffen sollten.“
Südafrikas Kapitän Aaron Mokoena
Vorbereitung sein. Da die nationale Meisterschaft dieses Jahr bereits Ende März
endet, kann Parreira seine Spieler noch
einmal so richtig in den Schwitzkasten
nehmen und optimal einstellen.
„Sie sind sich ihrer Verantwortung
bewusst und wissen, dass sie sich voll auf
die WM konzentrieren müssen“, erklärt
Parreira. „Schliesslich wollen wir nicht
der erste Gastgeber sein, der bereits in
der ersten Runde auf der Strecke bleibt.
Ich bin überzeugt, dass wir nicht dank
Worten, sondern mit Taten ins Achtelfinale
einziehen werden.“
Den Brasilianer treiben bei seiner
schwierigen Aufgabe nicht etwa
persönliche Ziele, sondern allein die
Träume der Fans an, wie er betont:
„Überall sagen mir die Menschen: ,Hey
Trainer, mach uns stolz.‘ Und genau das
wollen wir tun.“
HERR IM
EIGENEN LAND
Gross ist der Mythos um den Heimvorteil im
Fussball. Schon viele Experten haben sich mit
diesem Phänomen auseinandergesetzt und
ihre Schlüsse gezogen. Hier ein Überblick.
Johannesburg, 11. Juli 2010, 22.30 Uhr:
Die Sensation ist perfekt. Gastgeber Südafrika ist Weltmeister! In einem spannenden
Finale hat die Bafana Bafana England mit
3:2 bezwungen. Die Fans im Soccer-CityStadion sind ausser sich vor Freude. Während es Konfetti regnet, blasen sie mit ihren
Vuvuzelas zur Siegeshymne und stimmen
gemeinsam „Nkosi Sikelel’iAfrika“ an. Eines
von vielen Szenarien für die nächste FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™, das nach
Meinung gewisser Experten durchaus
plausibel ist. Denn schon oft hat sich der
Heimvorteil ausbezahlt, wie Zahlen und
Fakten zeigen. Auch die Fans glauben fest
an die Magie des Heimvorteils, wenn auch
aus eher diffusen Gründen.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass das
Heimteam mit dem Publikum im Rücken
über sich hinauswachsen kann. Wenn die
Spieler wissen, dass eine ganze Nation
hinter ihnen steht, macht das ungeahnte
Kräfte frei. Die Mannschaft spielt plötzlich
viel offensiver und attraktiver, um den
Zuschauern zu gefallen.
Hinzu kommt der Effekt beim gegnerischen Team. Das feindselige Verhalten der
Fans wirkt einschüchternd und bewirkt gar
einen Leistungsabfall, wie Spielanalysen
ergeben haben. Der Heimvorteil hat folglich im besten Fall eine doppelte Wirkung.
Allerdings kann die bedingungslose Unterstützung des Publikums auch wie ein
Bumerang wirken und zu einer echten
Belastung werden. So können Spieler
am grossen Druck zerbrechen. Wenn sie
die in sie gesetzten Erwartungen nicht zu
erfüllen vermögen, kann die Stimmung
bei den Fans schnell umschlagen. Die Fans
selbst sehen sich allerdings vorwiegend
Englands Kapitän Bobby Moore küsst nach dem Sieg bei der Heim-WM 1966 den
FIFA WM-Pokal.
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 33
Brasilien ist WM-Rekordhalter, hat den Titel aber noch nie vor heimischem Publikum
gewonnen.
34 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
verstärken: „Statt dass der Torhüter sein
Territorium um den Kasten markiert, sollte
das Team in der gegnerischen Umkleidekabine seine Farben anbringen. So lässt
sich die eigene Übermacht viel stärker
demonstrieren.“
Uruguay (1930), Italien (1934), England
(1966), Argentinien (1978) und Frankreich (1998) vermochten allesamt ihren
WM-Bilanz der Gastgeber
Republik Korea
Vierter
1938
1950
1954
1958
1962
1966
1970
1982
USA
Spanien
1. Runde
1986
1990
1994
Japan
Mexiko
Mexiko
2. Runde
Schweiz
Frankreich
5HDQSDKÖM@KD
Deutschland
1978
Frankreich
1974
Italien
Argentinien
Schweden
BR Deutschland
England
1934
Dritter
Chile
1930
Brasilien
%HM@KD
Italien
Sieger
Uruguay
als positiven Faktor. In einer Studie der
Professorin Sandy Wolfson von der Universität Northumbria in Newcastle waren
59 % der Befragten der Meinung, dass der
Heimvorteil weitgehend auf der Unterstützung durch das eigene Publikum beruhe.
Zum Heimvorteil tragen auch die kurzen
Anfahrtswege und das vertraute Umfeld
bei. Bei internationalen Turnieren fallen
diese Faktoren allerdings weniger ins
Gewicht, da die Mannschaften oft schon
Wochen im Voraus anreisen, um sich zu
akklimatisieren. Da sie am Vortag jeweils im
Stadion trainieren können, sind sie auch mit
den Spielbedingungen bestens vertraut.
Ein weiterer Faktor ist nach Ansicht der
Experten der Killerinstinkt. Gemäss dem
Ethnologen Konrad Lorenz bewirkt dieser
Instinkt beim Heimteam ein aggressiveres
Verhalten und einen stärkeren Zusammenhalt. Die Spieler gehen in der Folge
härter zur Sache, was sich konkret in der
Anzahl gewonnener Zweikämpfe auswirkt.
Die Aggressivitätstheorie wird auch durch
zwei Studien von Professor Nick Neave von
der Universität Northumbria gestützt, die
bei den Spielern vor Heimspielen höhere
Testosteronwerte festgestellt hat als vor
Auswärtsspielen. Die höchsten Werte
wurden interessanterweise beim Torhüter
gemessen.
Der Effekt des Killerinstinkts lässt sich
laut Professor Neave im Übrigen noch
Heimvorteil zu nutzen und sich vor eigenem Publikum in die namhafte Siegerliste
der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
einzutragen. Weniger Geschick bewies
ausgerechnet der fünffache Weltmeister
Brasilien, der 1950 vor heimischem Publikum im Finale strauchelte.
Zumindest bei der FIFA FussballWeltmeisterschaft™ ist der Heimvorteil
unbestritten, denn noch nie ist ein
Gastgeber bereits in der ersten Runde
ausgeschieden, mochte seine Klassierung
in der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste noch
so bescheiden sein. Die USA (1994), Japan und inbesondere die Republik Korea
(Halbfinale 2002) haben es vorgemacht.
849 Länderspiele wurden 2009
ausgetragen. Dabei resultierten 335 Heimund 172 Auswärtssiege, was so ziemlich
den Trend von 2000 bis 2009 widerspiegelt
(3534 Heim- und 1755 Auswärtssiege
bei 9075 Spielen). Die Zahlen sprechen
eine deutliche Sprache und dürften den
Südafrikanern, die in der FIFA-Wertung
derzeit nur auf Rang 81 liegen, Mut
machen. Vielleicht kann die Bafana Bafana
ihren Heimvorteil nutzen und das eingangs
geschilderte Szenario tatsächlich wahr
werden lassen.
1998
2002
2006
FOKUSSIERT
ABSCHNEIDEN DER HEIMTEAMS BEI
GROSSEN INTERNATIONALEN TURNIEREN
UEFA-Europameisterschaft
CONCACAF Gold Cup
Finale
Sieger
Sieger
'@KAÖM@KD
5HDQSDKÖM@KD
Erste Runde
'@KAÖM@KD
Afrikanischer Nationen-Pokal
Sieger
Finale
Asien-Pokal
Finale
Sieger
Finale
'@KAÖM@KD
Erste Runde
'@KAÖM@KD
Erste Runde
5HDQSDKÖM@KD
5HDQSDKÖM@KD
CONMEBOL Copa América
OFC-Nationen-Pokal*
Sieger
Sieger
'@KAÖM@KD
'@KAÖM@KD
Erste Runde
5HDQSDKÖM@KD
Finale
Erste Runde
Finale
* ohne die Turniere 1996 und 2008, die in
mehreren Ländern ausgetragen wurden
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 35
GROSSE HILFE FÜR
DIE SCHIEDSRICHTER
Die 30 Schiedsrichter, die die Spiele der FIFA FussballWeltmeisterschaft Südafrika 2010™ leiten werden, bereiten
sich so intensiv wie nie zuvor auf ihre wichtige Aufgabe vor.
Ein Blick auf das einzigartige FIFA-Trainingsprogramm.
Von Albert Miller
36
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Der Ernennung der 30 Schiedsrichtertrios
für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft
Südafrika 2010™ (siehe Liste) am 5. Februar 2010 ging ein langer, sorgfältiger
Selektionsprozess voraus. Ziel war es, die
besten Spielleiter der Welt auszuwählen
und ihnen bei der weiteren Verbesserung
ihrer Leistung zu helfen.
Wie für die Spieler ist die FIFA FussballWeltmeisterschaft™ auch für die Unparteiischen das ultimative Ziel. Bis dorthin
ist es allerdings ein weiter Weg, der mit
zahlreichen Prüfsteinen und harter Arbeit
gepflastert ist.
Im Bewusstsein um die schwierige
Aufgabe der Schiedsrichter hat das FIFAExekutivkomitee die Vorbereitung der
Unparteiischen zur Chefsache erklärt und
2007 grünes Licht für das sogenannte
Schiedsrichter-Unterstützungsprogramm
(RAP) gegeben, das den Schiedsrichteranwärtern für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ die bestmögliche
Vorbereitung ermöglichen soll. Aus internationalen Experten, die sämtliche Facetten
des Schiedsrichterwesens wie Technik,
Fitness und Psychologie abdeckten, wurde
eine RAP-Arbeitsgruppe zur Betreuung
von Spitzenschiedsrichtern (eine andere
Arbeitsgruppe widmet sich währenddessen
den Amateurschiedsrichtern, siehe nächster
Artikel) gebildet. Seit nunmehr drei Jahren
beobachtet sie Schiedsrichteranwärter und
erstattet der Schiedsrichterabteilung des
Weltfussballverbands laufend Bericht über
die Leistungen der einzelnen Kandidaten.
Die Arbeitsgruppe und die Schiedsrichterabteilung überprüfen so gemeinsam
regelmässig den Formstand der einzelnen
Schiedsrichter. „Für die Unparteiischen
ist das ein sehr interessantes Programm.
Früher war es sehr schwierig, sie alle zusammenzuziehen. Mit dem Programm
haben wir die Möglichkeit, sie an einem
Ort zu konzentrieren und ihnen allen die
gleichen Anweisungen zu geben“, erklärt
José-Maria Garcia-Aranda Encinar, Leiter
der FIFA-Schiedsrichterabteilung. „Mit dem
Programm können wir unter den Schiedsrichtern zudem den Solidaritätsgedanken
und den Teamgeist stärken.“
Herzstück der Vorbereitung sind
die R AP-Seminare, die von der
FIFA-Schiedsrichterabteilung mehrmals
pro Jahr organisiert werden. Thema sind
verschiedene Aspekte der Schiedsrichterarbeit, die mit Blick auf eine optimale
Leistung bei der Endrunde eingehend
behandelt werden. „Ich schätze mich
glücklich, an diesem wertvollen Programm
teilnehmen zu können, da es uns eine
sehr professionelle Einstellung zu unserer
Aufgabe vermittelt“, so der französische
Schiedsrichter Stéphane Lannoy.
Daneben werden die Anwärter bei allen
FIFA-Wettbewerben beobachtet, bei denen
sie im Einsatz stehen, 2009 etwa beim FIFA
Konföderationen-Pokal, bei der U-20- und
der U-17-Weltmeisterschaft sowie bei der
Klub-Weltmeisterschaft.
Innovatives Programm
Wesentlicher Bestandteil der Seminare
sind praxisnahe Übungen, bei denen
komplexe und umstrittene Spielsituationen
nachgestellt werden und innovative Module
wie „Integrated Practical Exercises“ oder
„Instant Replay Feedback“ zum Einsatz
gelangen. Dank diesen Hilfsmitteln können
Sequenzen der Trainings sofort eingespielt
und die Fehleranalyse noch auf dem Platz
vorgenommen werden. „Wir setzen alles
daran, dass die Schiedsrichter unter
bestmöglichen Bedingungen arbeiten
können. Der Einsatz dieser ultramodernen
Technologien ist dabei zweifellos von
Vorteil“, erklärt José-Maria Garcia-Aranda
Encinar.
Wichtiger Bestandteil der Vorbereitung
ist natürlich auch das Konditionstraining,
da ein Schiedsrichter bei einem Spitzenspiel
mindestens so grosse, wenn nicht gar grössere Strecken als die Spieler zurücklegen
muss.
Um für den Fitnesstest, den jeder Unparteiische vor der Abreise nach Südafrika
bei seiner Konföderation absolvieren muss
(zehnmal 150 Meter in 30 Sekunden und
sechsmal 40 Meter in 6,2 Sekunden), bestens gerüstet zu sein, arbeiten die Spieloffiziellen unter der Anleitung der FIFA hart an
ihrer physischen Verfassung. Leistungstests
mithilfe topmoderner elektronischer Hilfsmittel stehen ebenso auf dem Programm
wie fachmännische Trainings unter der
Leitung der RAP-Fitnessinstrukteure.
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 37
EDS
E
N
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A
L
JABU
Dafür, dass bei der ganzen Plackerei
keinesfalls die Erholung zu kurz kommt,
sorgen die RAP-Physiotherapeuten und
-Masseure. Sie stehen den Schiedsrichtern
exklusiv zur Verfügung und garantieren
damit nach den Spielen eine optimale
Regeneration.
Ebenfalls grossen Raum nimmt bei den
RAP-Seminaren die Theorie ein. Um im
Spiel auch fachlich stets auf der Höhe
zu sein, büffeln die Unparteiischen auf
Englisch, der Lingua franca der FIFASchiedsrichter, intensiv Regeln, Bestimmungen und Weisungen, wobei das Gelernte
laufend schriftlich und mündlich abgefragt
wird. Hinzu kommen Videobeobachtungen
und technisch-taktische Blöcke, die den
Schiedsrichtern dabei helfen sollen, das
Verhalten der Teams bei den jeweiligen
FIFA-Wettbewerben einschätzen zu
können.
grundlegenden Zusammenhang zwischen
Position und Entscheid.
Auch nach der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ geht die Zusammenarbeit
zwischen den Schiedsrichtern und der
Schiedsrichterabteilung weiter. So bleiben
die RAP-Instrukteure in ständigem Kontakt
mit den Schiedsrichtern und beobachten
sie in ihrer jeweiligen Liga weiterhin bei
Spielen. „Sämtliche Schiedsrichteraspekte
müssen behandelt werden, damit wir am
Tag X bereit sind und unseren Traum realisieren können“, betont der usbekische
Schiedsrichter Ravshan Irmatov. Damit die
Schiedsrichter bei der Weltmeisterschaft
genauso erste Klasse sind wie die Spieler,
wird daher nichts dem Zufall überlassen.
Konföderation
Name
Land
AFC (4)
Ständige Begleitung
Abgerundet wird das Ganze durch eine
umfassende mentale Betreuung. Dank
gezielten Strategien, die bei den Seminaren
zusammen mit Psychologen erarbeitet
werden, sollen die Schiedsrichter gegen
den massiven Druck und öffentliche Attacken vor, während und nach den Spielen
bestmöglich gewappnet sein.
Dabei helfen auch die Sitzungen mit
Energetikexperten, die den Spieloffiziellen
dabei helfen, ihre Konzentration, ihren
Leistungshaushalt und ihre innere Energie
optimal auszurichten.
Im Sinne einer Qualitätssicherung
wird die Vorbereitung jedes einzelnen
Kandidaten von einem Mitglied der FIFASchiedsrichterkommission überwacht.
Der ausgewiesene Experte beobachtet
seinen Schützling bei sämtlichen Spielen und verfasst danach zu Händen der
Schiedsrichterabteilung jeweils einen
Leistungsbericht.
Dieser wird eingehend studiert und am
folgenden Tag bei einer gemeinsamen
Sitzung analysiert. Nicht nur alle umstrittenen Aktionen, sondern auch sämtliche
Bewegungen des Schiedsrichters sind dabei Thema. Diese werden biomechanisch
ausgewertet und liefern dem Spielleiter
damit konkrete Anhaltspunkte für den
Der französische Schiedsrichter Stéphane
Lannoy ist ein bekennender RAP-Fan.
Khalil Ibrahim AL GHAMDI
KSA
Ravshan IRMATOV
UZB
Subkhiddin MOHD SALLEH
MAS
Yuichi NISHIMURA
JPN
Mohamed BENOUZA
ALG
CAF (4)
Koman COULIBALY
MLI
Jerome DAMON
RSA
Eddy Allen MAILLET
SEY
CONCACAF (4)
Joel Antonio AGUILAR CHICAS
SLV
Benito Armando ARCHUNDIA TELLEZ
MEX
Carlos Alberto BATRES GONZALEZ
GUA
Marco Antonio RODRIGUEZ MORENO
MEX
Carlos AMARILLA DEMARQUI
PAR
CONMEBOL (6)
Hector Walter BALDASSI
ARG
Jorge LARRIONDA
URU
Pablo Antonio POZO QUINTEROS
CHI
Oscar Julian RUIZ ACOSTA
COL
Carlos SIMON
BRA
OFC (2)
Michael HESTER
NZL
Peter O’LEARY
NZL
Olegário Manuel BARTOLO F. BENQUERENCA
POR
UEFA (10)
Massimo BUSACCA
SUI
Frank DE BLEECKERE
BEL
Martin HANSSON
SWE
Viktor KASSAI
HUN
Stephane LANNOY
FRA
Roberto ROSETTI
ITA
Wolfgang STARK
GER
Alberto UNDIANO MALLENCO
ESP
Howard Melton WEBB
ENG
Die 30 Besten: Liste der Schiedsrichter, die von der FIFA-Schiedsrichterkommission im Februar
für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ aufgeboten wurden.
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 39
QUALITÄTSSTEIGERUNG
AUF ALLEN STUFEN
Das Schiedsrichter-Unterstützungsprogramm der FIFA will
nicht nur den Topschiedsrichtern helfen, sondern auch die
Qualität der Spielleitung auf sämtlichen Stufen und in
jeder Ecke der Welt verbessern.
Von Raphaël Morgulis
Schiedsrichter sind die Botschafter
der Spielregeln, sei es bei einem Finale
der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
oder einer Drittligapartie in Kamerun.
Um weltweit einheitliche Schiedsrichterleistungen zu gewährleisten, hat die
FIFA ein spezielles Programm ins Leben
gerufen.
Das Schiedsrichter-Unterstützungsprogramm (RAP) umfasst zwei Elemente:
die Förderung der Eliteschiedsrichter
einerseits und des gesamten Schiedsrichterwesens in den Mitgliedsverbänden
andererseits. So profitieren Schiedsrichter
aller Stufen von diesem Programm, das
die Verantwortung für die Schiedsrichterausbildung den Mitgliedsverbänden
auferlegt.
„Das Programm ist positiv für das
Schiedsrichterwesen weltweit, denn es
trägt zum Ausbau des Beziehungsnetzes
zwischen den Schiedsrichtern verschiedener Länder bei“, erläutert Carlos Henriques, der für die FIFA im südlichen und
östlichen Afrika für die Schiedsrichterförderung zuständig ist. „Wir unterstützen
die Ausbildung von Schiedsrichtern auf
lokaler Ebene und können deren Leistung
und Fortschritte überwachen. So stärken
wir die Schiedsrichterfamilie.“
Insbesondere will das RAP lokale,
regionale und nationale Schiedsrichter
in den Verbänden weiterbilden und
so ein landesweit einheitliches Niveau
schaffen. Die Ausbildung umfasst Kenntnisse des Schiedsrichterwesens und das
40 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Verständnis der Spielregeln, taktisches
Wissen, Spielkontrolle sowie die körperliche
Fitness der Schiedsrichter – ein wichtiger
Aspekt, der manchmal zu kurz kommt.
In Kursen und Seminaren für regionale
und nationale Instrukteure und durch gezieltes Fitnesstraining wird Schiedsrichtern
„Indem wir die
Ausbildung von
Schiedsrichtern
auf lokaler Ebene
unterstützen und deren
Fortschritte überwachen,
stärken wir die
Schiedsrichterfamilie.“
FIFA-Schiedsrichterförderungsleiter
Carlos Henriques
sämtlicher Stufen das nötige Rüstzeug
vermittelt. Die Programme ermöglichen
es der FIFA auch, die Kandidaten für ihre
Schiedsrichterlisten im Männer- und Frauenfussball sowie für Futsal und Beach-Soccer
zu beobachten. 2009 organisierte die FIFA
weltweit fast 200 solcher Kurse.
„In den Verbänden Ozeaniens ist die
Zahl der Schiedsrichter und Schiedsrichterassistenten im Männer-, Frauen- und
Jugendfussball erheblich angestiegen.
Dasselbe gilt für die Zahl der Instrukteure.
Doch wir steigern nicht nur die Quantität,
sondern auch die Qualität, und zwar in
Bezug auf die allgemeine Kenntnis der
Spielregeln, ihre einheitliche Auslegung und
Anwendung, die körperliche Konstitution
der Schiedsrichter und natürlich deren
Leistung auf dem Platz“, so Neil Poloso, ein
auf das Schiedsrichterwesen spezialisierter
FIFA-Instrukteur, der in das Programm in
Ozeanien involviert ist.
Neben dieser direkten Auswirkung erwartet das RAP auch eher indirekte Fortschritte.
„Die Organisation des Schiedsrichterwesens
in den Mitgliedsverbänden hat sich ebenfalls
verbessert. Die Verbände haben nach und
nach eigene nationale Kommissionen für
die Schiedsrichterförderung gegründet und
stellen nun ihre eigenen Ausbildungsprogramme auf die Beine“, erklärt Poloso.
Und dies ist auch das eigentliche Ziel
des RAP: die nationalen Schiedsrichterorganisationen zu unterstützen, so dass
sie die Voraussetzungen für nachhaltiges,
selbstbestimmtes Wachstum schaffen können. Das Programm sieht ein regionales
Modell mit einem Förderungsleiter, einem
technischen Instrukteur und einem Fitnessinstrukteur vor, das die Mitgliedsverbände
nach erfolgter Schulung lokal einführen
können.
Haben sich die Verbände erst einmal
zur eigenen Entwicklung verpflichtet und
ihre Anstrengungen mit den von der FIFA
vorgeschlagenen Massnahmen gekoppelt,
kann das RAP entscheidende Veränderungen bewirken.
ELSIES GESCHICHTE
Elsie Titus ist Schiedsrichterin und lokale
Förderungsleiterin für den Frauenfussball
in Vanuatu. In dieser Doppelrolle leitet
sie einerseits selber Fussballspiele, andererseits ist sie für die Förderung des
Frauenfussballs in Vanuatu verantwortlich.
Keine leichte Aufgabe in einem derart
weitläufigen Inselstaat mit 82 Inseln!
Glücklicherweise kann sie auf Unterstützung zählen. Im Januar war Titus
zusammen mit 60 anderen Schiedsrichtern
zu einem Futuro-III-Kurs am Millennium
Institute im neuseeländischen Auckland
eingeladen.
Der Kurs unter der Schirmherrschaft
des FIFA-Entwicklungsbüros in Auckland
vermittelte den Teilnehmern das nötige
Rüstzeug, um in ihren Heimatländern
ähnliche Seminare durchzuführen. Als
Ausbilder fungierten u. a. der FIFA-Leiter
für Schiedsrichterförderung, Fernando
Tresaco-Gracia, und der FIFA-Instrukteur
und Premier-League-Schiedsrichter Steve
Bennet. Daneben engagierten sich lokale
Instrukteure, darunter der Schiedsrichterförderungsleiter Massimo Raveino und die
Fitnessexperten Kader Touati und Bart Gilis.
„Kurse wie dieser sind ein wichtiger Teil
meiner Ausbildung, denn verschiedene
Teile Vanuatus liegen sehr abgeschieden, und es gibt dort keine Computer“,
erklärt Titus, die von der Insel Espiritu Santo
stammt und früher für Sanma und Kings
United kickte.
Weil es in ihrer Heimat nicht genügend
qualifizierte Schiedsrichterinnen gab, entschied sie sich, das Spielertrikot mit dem
Schiedsrichtertrikot zu tauschen. Laut Titus
gibt es auf Santo fünf Schiedsrichterinnen und etwa „drei, vier“ weitere in der
Hauptstadt Port Vila. „Dieser Kurs hilft mir,
ähnliche Programme für den Frauenfussball in Vanuatu zu entwickeln“, meint sie
gegenüber FIFA World.
Kontakte knüpfen
Insbesondere in dieser Fussballregion, in
der die Schiedsrichter so weit entfernt
voneinander leben, ist für Titus der Austausch mit ihren Kolleginnen und Kollegen
innerhalb des Futuro-III-Programms von
grosser Bedeutung. Die Kurse geben ihr
die Möglichkeit, Kontakte mit anderen
Schiedsrichtern aus ganz Ozeanien zu
knüpfen und Erfahrungen auszutauschen.
Auch zwischen Lehrern und Schülern
findet ein Austausch betreffend den Aufbau der einzelnen Kurselemente statt.
In Kleingruppen werden die Kursnotizen
diskutiert, und auf dieser Grundlage
werden dann die praktischen Übungen
ausgearbeitet.
Während sich die Kursteilnehmer mit
der Anwendung von Regel 12 (Fouls und
unsportliches Betragen) und der richtigen
Ausführung und Interpretation der Fahnenzeichen der Schiedsrichterassistenten
auseinandersetzen, erklärt Steve Bennett,
dass er die Kombination von Theorie und
Praxis in der Schiedsrichterausbildung für
den richtigen Weg hält.
„Dieser Ansatz hat sich als sehr erfolgreich erwiesen“, betont er. „Unsere
praktischen Lektionen beinhalten ein
Fitnesselement, Aspekte der Schiedsrichterarbeit und die Kooperation mit dem
Assistenten – also zuerst Körper- und dann
Kopfarbeit.“
Fit für die Spielleitung
Fitness ist ein neues Element im Lehrplan
von Futuro III – und ein besonderes Anliegen von Elsie Titus. „Letztes Jahr bin ich
beim Fitnesstest durchgefallen“, gesteht sie,
„aber der Kurs hat mich motiviert, selbst
einen Kurs zu organisieren. Es ist mein
erklärtes Ziel, dass es eine Schiedsrichterin
aus Vanuatu auf die FIFA-Liste schafft.“
Fitnessinstrukteur Kader Touati ist
überzeugt, dass in Ozeanien hinsichtlich der körperlichen Konstitution der
Schiedsrichter am meisten Aufholbedarf
besteht.
„Wir haben den Kursteilnehmern klar
zu verstehen gegeben, dass ein gesunder
Lebensstil das A und O ist“, betont er.
Seminare wie der Futuro-III-Kurs in
Auckland sollen zu diesem Wandel beitragen und die Teilnehmer motivieren,
das Schiedsrichterwesen weiter zu professionalisieren – auch im Breitenfussball.
Als weiteres wichtiges Ziel soll die Anzahl
qualifizierter Schiedsrichterinnen weiter
wachsen – der Traum von Elsie Titus steht
also im Einklang mit den Zielen der FIFA.
„Dank dem RAP figurieren bereits
einige Schiedsrichterinnen auf der FIFAListe”, so Fernando Tresaco-Gracia. „Nun
wollen wir das Niveau anheben und bald
noch mehr Frauen in die Schiedsrichterfamilie aufnehmen.“
Elsie Titus ist ganz Ohr beim Schiedsrichterkurs in Auckland.
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 41
JÄGER DES
VERSCHWUNDENEN PLATZES
Dass die Fussballwelt heute wieder weiss, wo genau das erste Tor
der WM-Geschichte fiel, verdankt sie den Kindheitserinnerungen
eines alten Mannes, der Spürnase eines uruguayischen
Architekten – und dem Tod eines Hundes …
Von Pablo Aro Geraldes, Montevideo
An der Kreuzung der Calle Charrúa und
der Calle Coronel Alegre, zweier Strassen
in Pocitos, einem Stadtviertel von Montevideo, geht es meistens eher gemächlich
zu und her: Kinder schlendern zur Schule,
Frauen erledigen ihre Einkäufe, und Taxis
schlängeln sich durch den Verkehr.
Bis vor Kurzem war kaum einem der
Passanten bewusst, dass sie tagtäglich an
einem höchst geschichtsträchtigen Ort des
Weltfussballs vorbeikamen. Einige hatten
vielleicht eine vage Ahnung oder wussten
zumindest noch, dass sich hier einst die
Endstation einer Strassenbahn befand.
Bis 1906 wurden die Strassenbahnen in
Montevideo von Pferden gezogen, die auf
einem Feld neben der Endstation grasen
und rasten konnten. Nach der Umstellung
42 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
des öffentlichen Verkehrs auf elektrischen
Betrieb hatte die Strassenbahngesellschaft
für dieses Feld keinen Bedarf mehr und
überliess es dem Sportverein CA Peñarol
für den Bau ein neues Fussballstadions.
Entworfen wurde die schlichte, 1921
eingeweihte Anlage vom Architekten
Juan Antonio Scasso, der das keilförmige
Grundstück an der Kreuzung der beiden
Strassen geschickt zu nutzen wusste.
Natürlich bot das kleine Stadion nicht
die Strukturen, die man heutzutage für
das Eröffnungsspiel einer FIFA FussballWeltmeisterschaft™ benötigen würde, und
war auch 1930 ursprünglich nicht dafür
vorgesehen. Ein Jahr zuvor hatte der FIFAKongress in Barcelona die erste WM an
Uruguay vergeben, worauf die Regierung
des Landes den Bau des prächtigen
Centenario-Stadions anordnete. Nachdem
die Pläne gezeichnet, alle Genehmigungen
eingeholt und die übrigen Vorbereitungen
abgeschlossen waren, begannen die eigentlichen Bauarbeiten erst im September
1929. In der Folge wurde zwar rund um die
Uhr geschuftet – nachts im Licht riesiger
Scheinwerfer –, doch der für die südliche
Hemisphäre typische regnerische Herbst
sorgte immer wieder für Verzögerungen,
so dass die Zeit allmählich knapp wurde.
Als die Verantwortlichen einsahen, dass
das Centenario bis zum Turnierbeginn am
13. Juli 1930 nicht bereit sein würde, verlegten sie die beiden Eröffnungsspiele ins
Pocitos-Stadion und in den Parque Central,
die ebenso bescheidene Heimstätte von
Peñarols Lokalrivalen Nacional. Erst fünf
Tage später rollte der Ball endlich auch
im Centenario, das am 18. Juli – zufällig
der 100. Jahrestag des uruguayischen
Verfassungsschwurs – mit einem 1:0Sieg der Gastgeber über Peru eingeweiht
wurde und anschliessend wie vorgesehen
Schauplatz aller restlichen Spiele dieser
ersten WM war.
Auf den Spuren der Geschichte
Laut Berichten von Augenzeugen kamen
am Nachmittag des 13. Juli bei frostigen
Temperaturen nur rund tausend Fussballinteressierte nach Pocitos, um sich das Spiel
zwischen Frankreich und Mexiko anzusehen. Um drei Uhr pfiff der uruguayische
Schiedsrichter Domingo Lombardi
Eine Inschrift und eine torähnliche Skulptur
(oben) erinnern an das historische Tor von
Lucien Laurent beim ersten Spiel der FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™ im bescheidenen
Pocitos-Stadion (Hauptbild).
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 43
Frankreich (Lucien
Laurent zweiter von
rechts in der vorderen
Reihe) posiert vor
dem historischen
Spiel gegen Mexiko.
die Begegnung an, und Felipe Rosas vom seiner attraktiven Lage in Strandnähe. 1933
mexikanischen Klub Atlante führte den ers- verliess Peñarol das Viertel, 1937 wurde
ten Anstoss aus, zeitgleich mit dem Beginn eine Strasse über den stillgelegten Platz
der Partie zwischen den USA und Belgien gebaut, und Anfang der Vierzigerjahre
im Parque Central. Keiner der Beteiligten war vom Stadiongelände endgültig nichts
konnte wissen, dass an diesem Tag das mehr zu sehen.
erste Kapitel der
Die Uruguayer
interessieren
Geschichte einer
Keiner der Beteiligten
Veranstaltung gesich sehr für die
konnte wissen, dass
schrieben wurde,
ereignisreiche
die sich in den
Geschichte ihres
an diesem 13. Juli
folgenden JahrFus sballs, d er
1930 das erste Kapitel
zehnten zu einem
auch ein grosses
globalen PhänoMuseum unter den
der Geschichte eines
Tribünen des Cenmen entwickeln
globalen Phänomens
sollte.
tenario gewidmet
geschrieben wurde.
In der 19. Spielist. Dennoch schien
minute bezwang
sich niemand zu
Lucien Laurent nach einer Hereingabe fragen, was aus dem Platz geworden ist,
von Ernest Liberati den mexikanischen auf dem das allererste WM-Tor gefallen
Schlussmann Oscar Bonfiglio und erzielte war – niemand ausser Enrique Benech. Der
damit den ersten von bisher insgesamt Architekt und Fussballfan aus Montevideo
2063 Treffern in der Geschichte der FIFA beschloss, sich quasi als Archäologe zu
Fussball-Weltmeisterschaft™. Die Fran- versuchen und herauszufinden, wo genau
zosen gewannen am Ende mit 4:1 und sich einst das Spielfeld, dessen Mittelpunkt
feierten ihren Sieg als echte Patrioten mit und das Tor, in dem Laurent seinen Schuss
dem Singen der Marseillaise.
versenkte, befunden hatten. UnterstütWährend der Parque Central auch heute zung erhielt er dabei von Juan Capelán
noch am selben Ort steht wie vor acht vom Centenario-Fussballmuseum, dem
Jahrzehnten, wurde das Pocitos-Stadion Journalisten Eduardo Rivas und weiteren
Opfer der Stadtentwicklung, dies aufgrund Fachleuten aus verschiedenen Bereichen.
44 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Rasch zeigte sich, wie schwierig ihr
Vorhaben sein würde. Pläne waren weder
in den Stadtarchiven oder in der Nationalbibliothek noch am historischen Institut
der Architekturabteilung der Universität
zu finden, Peñarol besass ebenfalls keine
entsprechenden Aufzeichnungen, und
bei den Verkehrsbetrieben beschränkte
sich die Ausbeute auf zwei alte Fotos der
Strassenbahn Nummer 35.
Was Benech und sein Team brauchten, waren Dokumente, Karten, eine
Kopie der Baugenehmigung oder andere
verlässliche, mündliche oder schriftliche
Quellen. Nach intensiver Suche stiessen
die Forscher schliesslich auf eine Luftaufnahme von 1926, auf der das ganze Feld
mit einer kleinen, überdachten Tribüne an
einer Ecke des Platzes zu sehen war, sowie
auf einen Katasterplan des Vermessers
Alberto de Artega vom Dezember 1941.
Durch Überlagerung der Aufnahme
von 1926, die von Spezialisten der uruguayischen Luftwaffe eigens für diesen
Zweck vergrössert wurde, mit dem Katasterplan konnte Benech die Lage des
109 Meter langen und 73 Meter breiten
Spielfelds ziemlich genau bestimmen –
aber auf welcher Seite Laurent damals
getroffen hatte, blieb vorläufig weiter
im Dunkeln.
Architekt Enrique Benech (links) hat die Pläne und
Luftaufnahmen (oben) aufgespürt, die Aufschluss
über die Stätte des ersten WM-Tors geben.
Wertvolle Kindheitserinnerungen
die Jungjournalisten eine Sonderausgabe,
Seine Erkenntnisse präsentierte Benech im für die sie natürlich auch über die beiden
Rahmen einer Ausstellung im Centenario, gleichzeitig beginnenden Eröffnungsspiele
die bei einem Besucher auf ganz besonde- berichten wollten. Darüber, wer welche
res Interesse stiess: Raúl Barbero, der am Partie besuchen sollte, liessen sie das Los
13. Juli 1930 als Zwölfjähriger mit seinem entscheiden.
Onkel im Pocitos-Stadion war. Als Kind
80 Jahre danach sind Barberos Erinnehatte Barbero immer davon geträumt, rungen an diesen Tag zwar etwas verspäter Journalist zu werden, und bastelte schwommen, aber zwei Dinge sind ihm
zusammen mit seinem Schulfreund Hugo unauslöschlich im Gedächtnis geblieben:
Alfaro ein eigenes Sportmagazin mit hand- wie kalt es an diesem Nachmittag war
geschriebenen Texten und sorgfältig aus- und wie das erste Tor der Franzosen fiel.
geschnittenen und
Zudem besitzt er
eingeklebten Fotos
das einzige erhalDie Ausbeute der
aus anderen Heftene Foto dieses
ten. „Centenario
Forscher beschränkte sich Spiels, aus dem sich
Sport“, wie sie ihr
schliessen lässt, dass
zunächst auf zwei alte
Magazin nannten,
Laurent seinen behatte eine eher berühmten Treffer am
Fotos der Strassenbahn
scheidene Auflage
nördlichen Ende des
Nummer 35.
von genau einem
Platzes erzielt haben
muss, das heute je
Exemplar. Dieses
liehen sie den Nachbarskindern unter zur Hälfte unter dem Gehsteig und unter
der Bedingung aus, „dass sie schworen, dem Haus an der Calle Coronel Alegre
es nach der Lektüre den Gründern, Di- 1324 liegt.
rektoren, Redakteuren, Sachbearbeitern,
Den letzten Beweis für die Richtigkeit
Herausgebern und Vertriebsleitern – also von Benechs Berechnungen lieferte
Hugo und mir – zurückzugeben“, erzählte kurioserweise der Tod eines Haustiers:
Barbero der spanischen Tageszeitung „El „Ein in der Calle Charrúa wohnendes
País“ aus Anlass des 75. Jahrestags des Paar wollte seinen verstorbenen Hund im
Turniers. Für die Weltmeisterschaft planten Garten beerdigen. Beim Graben stiessen
sie plötzlich auf ein seltsames Objekt, das
sich als Teil des alten Stadions von Peñarol
herausstellte.“
In der Folge wurden im selben Häuserblock auch auf anderen Grundstücken
Überreste der damaligen Zuschauerränge
gefunden, die im Wesentlichen aus einer
nicht besonders soliden Aufschüttung
bestanden. Auf einem ähnlich wackligen
Fundament stand auch der Platz des
Pocitos-Stadions in der Fussballgeschichte,
bevor Benech, metaphorisch gesprochen,
mit seinen Ausgrabungsarbeiten begann.
Heute erinnert dort, wo der mexikanische
Torhüter einst vergeblich versuchte, das
erste Tor der WM-Geschichte zu verhindern, eine Skulptur an das denkwürdige
Ereignis, und zwischen einem Waschsalon
und geparkten Autos am Strassenrand
markiert ein Gedenkstein den Mittelpunkt,
an dem der Anstoss zur Partie erfolgte.
An der Kreuzung der Calle Charrúa und
der Calle Coronel Alegre geht es noch
immer gemächlich zu und her, doch heute
bleiben viele Passanten stehen, um einen
Blick auf die Skulptur zu werfen. 1930 und
die erste FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
mögen längst Vergangenheit sein, doch
hier in Pocitos wird die Erinnerung an
Lucien Laurents historischen Treffer für
immer lebendig bleiben.
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 45
INTERVIEW MIT FRANCISCO VARALLO
„WIR WAREN KEINE STARS“
Seit der ersten FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™, die 1930 in
Uruguay ausgetragen wurde, hat sich im Fussball vieles verändert.
Kaum jemand weiss das besser als Francisco Varallo, der einzige
noch lebende Spieler des WM-Endspiels von 1930 zwischen
Uruguay und Argentinien. In einem Exklusivinterview mit FIFA
World blickt er auf diesen historischen Tag und die vergangenen
acht Jahrzehnte zurück.
Von Pablo Aro Geraldes, La Plata
Nur wenige Leute können von sich
behaupten, die Geburtsstunde der FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft™ selbst erlebt
oder sogar aktiv mitgestaltet zu haben. Einer von ihnen ist der frühere argentinische
Nationalspieler Francisco Varallo, der vor
einem Monat seinen 100. Geburtstag feierte. Varallo war erst 20 Jahre alt, als er im
Estadio Centenario von Montevideo zum
ersten WM-Finale der Fussballgeschichte
einlief, das Argentinien am Ende mit 2:4
gegen Gastgeber Uruguay verlor.
Nach der WM verbrachte Varallo acht
erfolgreiche Jahre bei den Boca Juniors.
Mit 181 Treffern in 210 Spielen sollte er
für lange Zeit der beste Torschütze in der
Profi-Ära des Vereins bleiben. Erst 2008
wurde seine Marke von Martín Palermo,
dem neuen Star des Hauptstadtklubs,
geknackt.
Ältere Fussballfans schwärmen bis
heute vom harten Schuss, dem Torinstinkt und der grossartigen Persönlichkeit
Varallos. In seinem Haus in La Plata, wo
er FIFA World zum Interview empfängt,
erinnert überraschenderweise nichts an
seine Zeit als Fussballer – alle Bilder und
Erinnerungsstücke sind neueren Datums.
„Mein Vater ist enorm grosszügig“, erklärt
seine Tochter. „Er hat nach und nach alles
weggegeben. Die Fotos verschenkte er an
Journalisten, die Trikots an Freunde … Als
ihn die Verantwortlichen des Boca-JuniorsMuseums um einen Beitrag baten, musste
er passen – er hatte nichts mehr, das er
ihnen überlassen konnte …“
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 47
FIFA World: Welche Erinnerungen
haben Sie an die WM 1930?
Francisco Varallo: Für mich ging ein
Traum in Erfüllung. Argentinien hatte
ein fantastisches Team, in dem ich zuvor
erst einmal, zwei Monate vor dem
Turnier, zum Einsatz gekommen war.
Als junger Spieler blickte ich ehrfürchtig
zu den damaligen Stars wie Luis Monti,
Manuel Ferreira oder Guillermo Stábile
auf. Zu jener Zeit war es üblich, dass
die Startaufstellung nicht vom Trainer,
sondern von den erfahrensten Spielern
der Mannschaft festgelegt wurde. Vor
meinem WM-Debüt gegen Frankreich
fragte ich Ferreira, den Kapitän, wie
ich spielen sollte. Er antwortete: „Spiel
einfach dein Spiel und zeige, was du
kannst.“ Und daran hielt ich mich.
Nach der 2:1-Halbzeitführung hatte
Argentinien schon die Hand am
Pokal …
Gegen Chile verletzte ich mich am
Knie und liess deshalb das Halbfinale
gegen die USA aus, um fürs Endspiel
wieder einigermassen fit zu sein. Ich
hatte immer noch Schmerzen und hätte
eigentlich nicht spielen sollen, aber
für dein Land willst du einfach alles
geben … In der zweiten Halbzeit spürte
ich mein Knie immer stärker. Wir waren
bereits nur noch zu zehnt, und dann
fielen noch zwei meiner Mitspieler mit
Verletzungen aus. Auswechslungen gab
es damals noch nicht, und zu acht waren
wir chancenlos. Die Uruguayer, die nach
der Pause deutlich stärker wurden,
hatten den Sieg absolut verdient – aber
für uns war es natürlich eine ganz bittere
Niederlage …
In den letzten 80 Jahren hat sich
der Fussball in vielerlei Hinsicht
stark verändert. Wie hielten Sie es
zu Ihrer Zeit zum Beispiel mit dem
Training und der Ernährung?
Im Team trainierten wir höchstens
dreimal pro Woche, doch ich legte oft
Das argentinische Team (Francisco Varallo
zweiter von links in der vorderen Reihe) hat sich
für das WM-Finale 1930 in Schale geworfen.
48 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Sonderschichten ein. Als ich in La Plata
spielte, ging ich häufig zum Joggen in
einen Park, und bei Boca durfte ich für
meine zusätzlichen Einheiten sogar den
Platz benützen. Ich hatte immer Spass
daran, mich zu bewegen, und machte
bis vor wenigen Jahren regelmässig
Sport.
Ernährungsberater gab es damals noch
nicht. Stábile meinte nur, wir sollten
keine Salami-Sandwiches essen …
Ich ernährte mich immer gesund und
vielfältig, wozu für einen Argentinier
natürlich viel Fleisch gehörte. Vor den
Spielen langte ich immer besonders
kräftig zu. Roberto Cherro fragte mich
oft: „Panchito, wie kannst du nur so viel
essen?“, worauf ich stets antwortete:
„Hungrig kann ich keine Tore
schiessen!“ Auf Alkohol, Zigaretten und
Süssgetränke verzichteten wir gänzlich,
und wir assen nicht so viel Pasta, wie das
die Sportler heute tun. So schlecht kann
dieser Speiseplan nicht gewesen sein
– immerhin habe ich noch alle meine
Zähne! Bestimmt spielten auch die
Erbanlagen eine Rolle, aber ich war nie
dick und immer recht muskulös und ging
während meiner ganzen Karriere nie zu
einem Arzt. Es ist fantastisch, welche
Fortschritte seither im medizinischen
Bereich gemacht wurden. Mein Knie
kam nach der Verletzung, die ich mir
in Uruguay zugezogen hatte, nie mehr
ganz in Ordnung. Heutzutage werden
die Spieler operiert und stehen kurze
Zeit später schon wieder auf dem Platz!
Wie sah das Leben eines Fussballers
damals aus?
Ich wuchs in einer mittelständischen
Familie auf. Meine drei Brüder und
ich hatten immer genug zu essen
und konnten alle eine Ausbildung
absolvieren. Ferien gab es damals
nicht; stattdessen machten die Leute
Ausflüge aufs Land oder nach Buenos
Aires. Als ich für Boca spielte, konnte ich
mir ein Auto leisten und fuhr oft nach
Mar del Plata ans Meer. Ich liebte es,
schnell zu fahren – die 400 Kilometer
Schotterstrasse nach Mar del Plata
schaffte ich in vier Stunden –, und sass
bis weit nach meinem 80. Geburtstag
noch selbst hinter dem Steuer. Die
Bremsen musste ich in all diesen Jahren
nie reparieren lassen, weil ich sie nur
selten brauchte …
Im Verlauf Ihrer Karriere sind
Sie bestimmt auch noch weiter
gereist …
Ja, durch den Fussball kam ich ziemlich
herum. Den ersten Schnee meines
Lebens sah ich in New York. Das war auf
einer Reise, für die das Team aufgeteilt
wurde: Die eine Gruppe reiste nach
Europa, die andere in die USA, nach
Mexiko und Kuba. Nach Europa kam
ich erstmals 1998, als mich die FIFA vor
der WM in Frankreich nach Bordighera
in der Nähe von Monaco einlud. Es
war wunderschön, aber der Strand
war steinig – kein Vergleich zu Mar del
Plata … Ein kurzes Bad im Meer liess ich
mir trotzdem nicht nehmen.
Wie populär waren Fussballer zu
Ihrer Zeit?
Wir waren keine Stars. Mein Vater
wollte nicht, dass ich Fussballer werde,
und holte mich oft vom Platz, wenn
ich mit meinen Freunden spielte. Mehr
Verständnis hatte einer meiner Onkel, der
mich zu seinem Klub, dem Lokalverein
„12 de Octubre“, mitnahm. Als ich
meinen ersten Profivertrag erhielt,
änderte sich die Meinung meines Vaters
aber rasch … Der Fussball öffnete mir
viele Türen. So lernte ich während
meiner Zeit bei Boca den grossartigen
Tangosänger Carlos Gardel kennen, mit
dem ich oft über die Avenida Corrientes,
die Amüsiermeile von Buenos Aires,
schlenderte. Wir Spieler waren zwar
bekannt, aber es herrschte nicht so ein
Medienrummel wie heute. Die Presse
berichtete nie über mein Privatleben
– und das, obwohl meine damalige
Freundin eine Schauspielerin war … Nach
dem Ende meiner Fussballkarriere kehrte
ich nach La Plata zurück und nahm
wieder ein ganz normales Leben auf.
Und womit beschäftigten Sie sich
nach Ihrem Rücktritt?
Zunächst machte ich eine Trainerausbildung und spielte daneben im
Veteranenteam von Boca. Von 1957
bis 1959 betreute ich Gimnasia y
Esgrima und rettete den Klub vor
dem Abstieg. Danach nahm ich auf
Wunsch meiner Familie Abschied vom
Fussball, der mich aber nie losgelassen
hat. Ich arbeitete noch eine Weile als
Fitness- und Kindertrainer, bevor ich ein
Lotteriegeschäft eröffnete, das heute
meine Tochter Teresa führt. Ich war froh,
wieder nach Hause zu kommen, und
habe seither ein angenehmes Leben
geführt – wofür ich allerdings immer
arbeiten musste, denn mit dem Fussball
hatte ich bei Weitem nicht so viel Geld
Oben: Argentiniens Kapitän Manuel Ferreira
und der uruguayische Spielführer José Nasazzi
führen ihre Teams beim Finale der ersten
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ aufs Feld.
Links: Varallo in Fleisch und Blut und auf einer
Zeichnung in Aktion.
immer sehr an meine eigene Spielweise
erinnert. Als ich ihn einmal traf und
um ein gemeinsames Foto bat, sagte
er: „Es wäre mir eine Ehre, mit Ihnen
fotografiert zu werden.“ Was für ein
Kompliment von einem so grossen
Spieler!
verdient, wie das heute bei manchen
Spielern der Fall ist. Einmal hätte ich die
Möglichkeit gehabt, in Buenos Aires ein
Restaurant zu eröffnen. So hätte ich
Kapital aus meinem Namen schlagen
können, aber das Finanzielle war für
mich nie die Hauptmotivation. In jungen
Jahren wurde mir viel Geld für einen
Wechsel nach Italien geboten, aber ich
wollte bei meiner Mutter bleiben. Ebenso
wenig wollte ich nun meine eigene
Familie zurücklassen oder zu einem
Umzug nach Buenos Aires zwingen.
Interessieren Sie sich immer noch
für Fussball?
Natürlich! Spieler wie Batistuta, die
aus allen Lagen schiessen, mag ich
besonders – schliesslich fallen so die
schönsten Tore! Batistuta hat mich
Sind Sie sich bewusst, welch
wichtigen Platz Sie in der
Geschichte der FIFA FussballWeltmeisterschaft™ einnehmen?
Besonders staune ich, dass mich auch
so viele junge Menschen erkennen. Bei
meinem Besuch in Frankreich kamen
Leute aus Deutschland, Polen, England,
der Schweiz und vielen anderen Ländern
auf mich zu und wollten mir die Hand
schütteln. Ich bekomme immer noch
Briefe und manchmal sogar Geschenke
von Fans, was mich sehr berührt. Das
alles habe ich nur dem Fussball zu
verdanken! Hier in La Plata kennt mich
sowieso jeder, von den Kindern bis zu
den Senioren, und die Stadt hat mich sogar zum Ehrenbürger ernannt. Ohnehin
scheint mir, dass ich in letzter Zeit immer
öfter geehrt werde. Mein bescheidener
Beitrag zur WM-Geschichte ist offenbar
noch nicht in Vergessenheit geraten …
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 49
ZAHLENSPIEL
Von Matthias Kunz
Tore, Tore, Tore
Ohne sie gibt es weder Sieger noch Verlierer, weder Champions noch tragische
Helden, weder ekstatischen Jubel noch
abgrundtiefe Enttäuschung. Sie sind gewissermassen das Salz in der Suppe eines
Fussballspiels und das Ziel eines jeden erfolgreichen Angriffs. Sie können besonders
wichtig oder besonders schön sein, und
am Schluss entscheiden nur sie über Sein
oder Nichtsein: die Tore.
In der 80-jährigen Geschichte der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ fielen in den total 807 Spielen 2063 Tore
Die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ feiert dieses Jahr mit der 19. Austragung in
Südafrika ihren 80. Geburtstag. Bis zum
Anpfiff am 11. Juni 2010 in Johannesburg
stellt Ihnen FIFA World in einer mehrteiligen
Serie interessante Zahlen und Fakten aus acht
Jahrzehnten WM-Geschichte vor. Im Fokus
dieser Ausgabe: Tore.
Bei Fragen oder Anregungen zu dieser
Serie oder zu Statistiken im Allgemeinen
kontaktieren Sie bitte [email protected].
50
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
(Elfmeterschiessen nicht mit eingerechnet),
im Schnitt 2,91 pro Partie. Seit 1982 und der
Aufstockung des Teilnehmerfeldes auf 24
Mannschaften beträgt der Schnitt jedoch
nur noch rund 2,5 Tore pro Spiel, zweifellos
ein Indiz für zunehmend verstärkte Defensivanstrengungen im modernen Fussball.
1050 Spielern wurde die Ehre zuteil, bei
einer Endrunde mindestens einen Treffer
erzielt zu haben, hinzu kommen 28 Spieler,
die ins eigene Tor trafen. Brasiliens Ronaldo
ist mit 15 Toren bei drei WM-Teilnahmen
der erfolgreichste WM-Torschütze, dicht
gefolgt von Gerd Müller (14 Tore bei zwei
Teilnahmen) und Just Fontaine (13 Tore bei
einer Teilnahme!).
Viele Tore = viel Erfolg?
Ungarns Jahrhundertteam um Ferenc
Puskás schoss 1954 in der Schweiz mit 27
Toren so viele wie kein anderes Team jemals
bei einem WM-Endrundenturnier. Und es
reichte bekanntlich trotzdem nicht ganz
zum Titel. Obwohl Deutschland während
des Turniers zweimal weniger ins Netz traf
als die Ungarn, wurde die Mannschaft von
Sepp Herberger in Bern Weltmeister. Kein
späterer Titelhalter musste in der Folge auf
dem Weg zum Titel mehr Tore einstecken
als die Deutschen 1954: 15 Gegentreffer,
satte acht mehr als Brasilien beim Titelgewinn 1970 in Mexiko. Das Endspiel von
1954 zeigt somit deutlich auf, dass auf die
Statistik pfeifen kann, wer zur Stunde X
bereit ist und seine Bestleistung abzurufen
vermag.
Natürlich entscheidet nicht die Offensive
allein über Sieg und Niederlage. Bestes Beispiel hierfür ist der amtierende Weltmeister
Italien. Die Defensivkünstler liessen 2006
in Deutschland in sieben Spielen lediglich
zwei Treffer zu. Der erste war ein Eigentor
in der Vorrunde gegen die USA, der zweite
Zidanes knapp verwandelter Elfmeter im
Endspiel. Diese beste Gegentorbilanz aller
bisheriger Weltmeisterteams (zusammen
mit Frankreich) war wohl der Hauptgrund
für den Triumph der Italiener, denn die
Offensivausbeute der Azzurri war mit
lediglich zwölf Toren in sieben Spielen
doch eher dürftig.
Zeit für ein Tor
In welcher Spielminute fallen die meisten
Tore bei einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft? Eine Auswertung der 2063
DAS SCHÖNSTE TOR
Im Vor feld der FIFA FussballWeltmeisterschaft Korea/Japan 2002™
hatten die Leser der damaligen offiziellen Turnierwebsite fifaworldcup.com
die Gelegenheit, ihr persönliches Tor
des Jahrhunderts zu küren. Das Echo
war überwältigend. Über 300 000
Stimmen aus 150 Ländern gingen
ein. Zum schönsten Tor des 20.
Jahrhunderts wurde mit deutlichem
Abstand Diego Maradonas Sololauf
zum 2:0 Argentiniens gegen England
1986 in Mexiko gewählt.
Am meisten Tore in der
WM-Geschichte
Tore
Spieler
Zeitspanne
15
Ronaldo , BRA
1998–2006
14
Gerd Müller, FRG
1970/1974
13
Just Fontaine, FRA
1958
12
Pelé, BRA
1958–1970
Wann die Tore fielen
Tore
1. Halbzeit:
865
Nachspielzeit der 1. Halbzeit:
6
2. Halbzeit:
1115
Nachspielzeit der 2. Halbzeit:
25
Verlängerung der 1. Halbzeit:
15
Nachspielzeit der Verlängerung der 1. Halbzeit:
0
Verlängerung der 2. Halbzeit:
16
Nachspielzeit der Verlängerung der 2. Halbzeit:
Die Rangliste:
(Die Weltmeisterschaften von 2002
und 2006 sind nicht berücksichtigt.)
Total Tore:
1
2063
Rang Spieler
1. Diego Maradona ARG
(1986 gegen ENG)
2. Michael Owen ENG
(1998 gegen ARG)
3. Pelé BRA
(1958 gegen SWE)
Zeit
Die schnellsten Tore (in Sekunden)
Datum
Gegner
(1986 gegen BEL)
11 Sek. Hakan Sukur, TUR
29.06.2002
KOR
(1994 gegen COL)
15 Sek. Václav Masek, TCH 07.06.1962
MEX
6. Said Al Owayran KSA
(1994 gegen BEL)
25 Sek. Ernst Lehner, GER
AUT
7. Roberto Baggio ITA
(1990 gegen TCH)
4. Diego Maradona ARG
5. Gheorghe Hagi ROM
8. Carlos Alberto BRA
(1970 gegen ITA)
9. Lothar Matthäus FRG
(1990 gegen YUG)
10. Enzo Scifo BEL
(1990 gegen URU)
Spieler
Der jüngste und der älteste
Torschütze
Alter
bisher bei einer WM-Endrunde erzielten
Treffer zeigt, dass in der 75. Spielminute
die Stürmer am treffsichersten oder die
Verteidigungen am anfälligsten waren. 43
oder rund 2 % aller Tore fielen zu diesem
Zeitpunkt. Steckt man den Zeitrahmen
etwas grösser ab, so ist für den Fan in
den letzten drei Minuten eines Spiels
die Wahrscheinlichkeit am höchsten,
ein Tor zu sehen. 105 Treffer (5 % aller
Tore) wurden zwischen der 88. und der
90. Minute erzielt, die 25 Tore in der
Nachspielzeit nicht mitgerechnet. Generell
gilt: Gut Ding will Weile haben. So fielen
in der ersten Halbzeit 891 Tore, nach
dem Seitenwechsel deren 1140, inklusive
Treffer in der Nachspielzeit. In diesem
Zusammenhang verdient zweifellos das
Tor von Italiens Alessandro Del Piero
2006 im Halbfinale gegen den Gastgeber
Deutschland spezielle Erwähnung. Sein
Treffer in der Nachspielzeit der zweiten
Halbzeit der Verlängerung fiel so spät
wie keiner davor in der WM-Geschichte
und sicherte Italien den Einzug ins Finale.
Rund 120 Minuten weniger lang hingegen
brauchte der Türke Hakan Sukur für das
bisher schnellste Tor bei einer WM. Nach
lediglich 11 Sekunden traf er 2002 gegen
die Republik Korea ins Schwarze.
07.06.1934
Spieler
Gegner
17 Jahre, 239Tage Pelé, BRA
42 Jahre, 39 Tage
Jahr
WAL
1958
Roger Milla, CMR RUS
1994
Am meisten Tore in einem Spiel
Tore
Spieler
Gegner
Jahr
5
Oleg Salenko, RUS
CMR
1994
4
Ernst Wilimowski, POL
BRA
1938
4
Ademir, BRA
SWE
1950
4
Sandor Kocsis, HUN
FRG
1954
4
Just Fontaine, FRA
FRG
1958
4
Eusebio, POR
PRK
1966
4
Emilio Butragueño, ESP
DEN
1986
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 51
FIFA-PUBLIKATIONEN
Kaufen Sie die Publikationen der FIFA!
Die unten aufgeführten Publikationen können bei der FIFA zu den angegebenen Preisen bestellt werden. Die meisten werden
in den vier offiziellen FIFA-Sprachen (E = Englisch, F = Französisch, S = Spanisch, D = Deutsch) herausgegeben, entweder pro
Sprache eine separate Ausgabe oder alle vier Sprachen in einer Ausgabe. Die Preise sind in Schweizer Franken angegeben und
beinhalten die Kosten für Porto und Verpackung (Luftpost nach Übersee). Zusätzliche Kosten für Kurierdienste sind nicht eingeschlossen und werden dem Empfänger belastet. Publikationen können auch kostenlos heruntergeladen werden:
de.fifa.com/aboutfifa/documentlibrary
Code
CHF
Code
FIFA WORLD
A31
Siehe www.FIFA.com
A
A2
A4
A5
A6
Status von Spielern und für die Kammer zur Beilegung
6
von Streitigkeiten
HANDBUCH-KOFFER
A20
Handbuch zum FIFA-Spielerstatus- und -Disziplinarwesen
6
A24
Disziplinarreglement
6
FIFA-Statuten
A26
Anti-Doping-Reglement
6
Statuten
A18
Ethikreglement
6
A37
Klublizenzierungsreglement
6
A22
Spielervermittlerreglement
6
- Richtlinien betreffend elektronisches Abstimmungssystem
A23
Spielvermittlerreglement
6
- Standard-Statuten
A30
Ausrüstungsreglement
6
Spielregeln
A28
Reglement für FIFA-Spieloffizielle (nur E/F/S)
6
A32
Sicherheitsreglement
6
A27
Richtlinien zur Medienorganisation
6
- FIFA Directory (Adressverzeichnis)
- Liste der FIFA-Instrukteure
10
- Ausführungsbestimmungen zu den Statuten
A3
CHF
Verfahrensordnung für die Kommission für den
- Geschäftsordnung des Kongresses
Spielregeln
Futsal-Spielregeln – Fragen und
Antworten zu den Futsal-Spielregeln
Beach-Soccer-Spielregeln
25
8
8
8
Reglemente der FIFA-Wettbewerbe
A38
Standardreglement für die nationale Kammer zur Beilegung
von Streitigkeiten (NKBS)
6
A39
Standard-Wahlordnung
6
A41
Standardvereinbarung zur Zusammenarbeit
6
A7
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
6
A8
Olympische Fussballturniere
6
A9
FIFA U-20-Weltmeisterschaft
6
A10
FIFA U-17-Weltmeisterschaft
6
A29
FIFA-Projekt „Fussball für eine bessere Welt“
6
A11
FIFA Frauen-Weltmeisterschaft
6
A35
Goal-Reglement
6
A12
FIFA Konföderationen-Pokal
6
A13
FIFA Klub-Weltmeisterschaft
6
A1
Der gesamte Koffer mit allen Reglementen (A2–A41)
A14
FIFA Futsal-Weltmeisterschaft
6
B
TECHNISCHE BERICHTE DER FIFA
A15
FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft und
6
B1
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™
70
B11
Olympische Fussballturniere Peking 2008
40
FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft
A16
A17
A19
FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft
Unterstützung der FIFA (FAP)
6
80
B18
FIFA U-17-Weltmeisterschaft Nigeria 2009
40
Schiedsrichter
B19
FIFA U-20-Weltmeisterschaft Ägypten 2009
40
Internationale Liste der Schiedsrichter und
B5
FIFA Frauen-Weltmeisterschaft China 2007
40
Schiedsrichterinnen, Schiedsrichterassistenten
B12
FIFA Konföderationen-Pokal Südafrika 2009
40
B20
FIFA Klub-Weltmeisterschaft UAE 2009
40
terinnen und Beach-Soccer-Schiedsrichter
B14
FIFA Futsal-Weltmeisterschaft Brasilien 2008
40
Übrige Reglemente / Bestimmungen
B15
FIFA U-17-Frauen-Weltmeisterschaft Neuseeland 2008
40
Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern
B16
FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft Chile 2008
40
B21
FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft Dubai 2009
40
und -assistentinnen, Futsal-Schiedsrichter und -Schiedsrich-
Anhang 6: Bestimmungen bezüglich Status
und Transfer von Futsal-Spielern
52
6
A34
Reglement Programm Finanzielle
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
10
10
Technische Berichte früherer Turniere nur auf FIFA.com
FIFA-Statuten
Ausgabe August 2009
Spielregeln
Reglement
Electronic Voting
Guidelines
2009/2010
FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft
Dubai 2009
BESTELLFORMULAR 09–2010
Name/Vorname
Ich bestelle folgende Publikationen:
Code
Anzahl
Sprache
Gesamtpreis
Strasse
Postfach
Postleitzahl
Stadt
Land
Telefon
E-Mail
Datum/Unterschrift
Zahlungsarten (nur in CHF)
Kreditkarte:
Visa
Kreditkarten-Inhaber:
MasterCard
AECS
Banktransfer:
auf das FIFA-Konto 325519.30U bei der UBS AG, Zürich,
Clearing 230, Swift: UBSW CH ZH 80A
IBAN: CH21 0023 0230 3255 1930 U
Die bestellten Publikationen werden innerhalb von 30 Tagen nach
Bezahlung verschickt.
Kartennummer:
Gültig bis (MM/JJJJ):
Das Bestellformular ist an folgende Adresse zu schicken:
FIFA, Finanzabteilung, FIFA-Strasse 20, Postfach, 8044 Zürich, Schweiz,
Fax: +41 43 222 7878 oder per E-Mail an: [email protected]
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 53
AUF NACH SÜDAFRIKA
1. Etappe: Kapstadt–Johannesburg–Pretoria
Die diesjährige FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ in Südafrika
verspricht nicht „nur“ ein mitreissendes Fussballspektakel, sondern auch
eine traumhafte Kulisse, die den Fans zwischen den Spielen zahlreiche
Attraktionen bieten wird.
Der südafrikanische Schriftsteller Marco Monteiro-Silva hat seine Heimat in
den vergangenen Jahren mehrfach bereist und dabei stets Tagebuch
geführt. Kommen Sie mit auf eine Reise durch die neun Spielorte.
Von Marco Monteiro-Silva
Kapstadt in 24 Stunden
Ja nichts überstürzen, so die Devise in
Kapstadt, die mir gleich bei meiner Ankunft
mit auf den Weg gegeben wird.
Voller Tatendrang blättere ich in einem
Strassencafé auf dem grössten Boulevard
der Stadt in meinem Reiseführer, denn an
der Camps Bay ist es schwierig, seine Begeisterung im Zaum zu halten. Die Aussicht
auf den weissen Sandstrand und den schier
endlosen eisblauen Atlantischen Ozean ist
atemberaubend, die Strandpromenade mit
ihren Palmen und einladenden Restaurants
bezaubernd. Doch ein Kellner holt mich auf
den Boden der Tatsachen zurück und gibt
mir den Tipp, alles locker anzugehen. Der
54 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Rat ist schön und gut, aber ich bin nicht zu
bremsen und lasse mich vom hektischen
Treiben um mich herum zu einem wahren
Mammutprogramm verleiten.
Schon um 6.00 Uhr am nächsten Morgen bin ich auf den Beinen und lerne eine
ganz andere Facette von Kapstadt kennen.
Bei meinem Trip auf den Tafelberg durch
die Platteklip-Schlucht – die kürzeste, aber
steilste der zahlreichen Wanderrouten auf
das Wahrzeichen Kapstadts – geht mir
allerdings fast die Puste aus. Der Ausblick
von diesem Wunder der Natur auf die
pulsierende Stadt ist jeden der unzähligen
Schweisstropfen wert, die ich während des
zweistündigen Aufstiegs vergossen habe.
Runter geht es dann im Eilzugstempo: in
gerade einmal fünf Minuten – mit der
Gondel wohlverstanden.
Wieder unten treffe ich mich mit Kyla
Rose, der Geigerin der einheimischen
Afro-Pop-Band Freshly Ground, die beim
grossen Volksfest zur Endrundenauslosung der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft
2010™ einheizte. Gemeinsam bummeln
wir der Long Street entlang, wo am
5. Dezember 2009 50 000 Fans selbst für
hiesige Verhältnisse eine gigantische Party
steigen liessen.
Der obere Teil mit seinen schicken Boutiquen, Bars, Restaurants und Cafés ist ein
wahres Einkaufseldorado und der Nerv des
hektischen Nachtlebens Kapstadts. Hier ist
immer etwas los, was neben unzähligen
Touristen auch viele Strassenverkäufer zu
schätzen wissen. Kapstadt hat eben eine
magische Anziehungskraft, wie auch Kyla
betont: „Ich habe schon viele Städte gesehen, aber keine ist so schön wie Kapstadt.“
Ein Zuschauermagnet ist auch die Victoria and Alfred Waterfront. Mit seiner
einzigartigen Lage und seinem unvergleichlichen Angebot lockt das Hafenviertel jeden
Monat circa 1,8 Millionen Besucher an – so
auch mich.
Hier ist es wie in einem Bienenhaus –
ein ständiges Kommen und Gehen nicht
nur in den unzähligen Lokalen, sondern
auch an den Anlegestellen. Es lockt ein
Abstecher nach Robben Island, auf der
Nelson Mandela einst einen Grossteil seiner
Gefangenschaft verbrachte. Doch für ein
Besuch des UNESCO-Weltkulturerbes
bleibt leider keine Zeit. Dafür gönne ich mir
einen spektakulären Rundflug mit einem
echten Militärhubschrauber vom Typ Huey.
Aus der Vogelperspektive ist Kapstadt
am äussersten Zipfel Afrikas noch schöner: der Tafelberg, wie er von weissen
Wolken liebkost wird, in der Ferne die
ebenmässigen Formen von Robben Island
und das Green-Point-Stadion mit seinem
majestätischen Bogen, das die Herzen
der Bewohnerinnen und Bewohner im
Sturm erobert hat und mittlerweile zu
den Hauptattraktionen der Stadt gehört.
Bei strahlendem Sonnenschein lassen
wir die Stadt hinter uns und stürzen uns
wagemutig in die Tiefe, um wenige Meter
über dem offenen Meer und den steilen
„Ich habe schon viele
Städte gesehen, aber
keine ist so schön wie
Kapstadt.“
Kyla Rose, Geigerin der Band
„Freshly Ground“
Klippen wieder hochzuschnellen – ein
Nervenkitzel sondergleichen, und dies bei
offenen Türen.
Am Nachmittag schalte ich wieder
einen Gang zurück und lasse es mir im
Weingebiet von Constantia so richtig gut
gehen. Bei einer Führung probiere ich
mal hier mal da, bis ich meinen Favoriten
gefunden habe, und schlage mir bei einem
verspäteten Mittagessen den Bauch voll. Zu
gerne wäre ich noch in die Weingüter von
Stellenbosch und Franschhoek gefahren,
hätte vor Hermanus Wale beobachtet oder
die Fischerdörfer Kalk Bay und Simon’s
Town besucht, um dort die grosse PinguinKolonie zu bestaunen. Doch dafür bleibt
leider keine Zeit. Nächstes Mal vielleicht,
denn in Kapstadt soll man bekanntlich
nichts überstürzen.
Pflichtprogramm in Kapstadt
• Tafelberg
• Robben Island
• Mittagessen im Mzoli’s in der
Gugulethu-Township
• Fahrt, Flug oder Bootsfahrt der Küste
entlang
• Nachtleben der Long Street
• Frühstück in Kalk Bay
Goldene Zeiten in Johannesburg
Die Stadt Johannesburg, die während des
Goldrauschs in den späten 1800er-Jahren
gegründet und von Einwanderern aus Europa, Afrika und Asien besiedelt wurde,
galt lange als „Wilder Westen“ Afrikas.
Heute ist sie das wirtschaftliche Zentrum
des Kontinents, das sich trotz des neuen
Reichtums und aller Modernisierung seinen wilden Charakter bewahrt hat.
Johannesburg oder eGoli („Ort des
Goldes“), Joburg oder Jozi, wie die Metropole auch genannt wird, sprengt fast
alle Dimensionen. Die Stadt reicht weit
ins riesige Zentralplateau Highveld hinaus
und ist da und dort ein heisses Pflaster,
das man besser meiden sollte.
Meine Stippvisite in Joburg beginnt
am Melrose Arch, einem eleganten
Gebäudekomplex, der mit seiner Piazza
aus Kopfsteinpflaster, seinen zahlreichen
Geschäften, Restaurants und Bars Tag
für Tag Heerscharen von Touristen und
Einheimischen anzieht. Bei einem üppigen Frühstück, das – wie das Essen
überhaupt – ein wesentlicher Teil des
sozialen Lebens in der Grossstadt ist, lausche ich den Gesprächen an den Tischen
um mich herum. Ärger am Arbeitsplatz,
Unmut über die Lokalpolitik und hitzige
Debatten um den Fussball – das Leben
in Johannesburg scheint ein hartes Brot
zu sein. Schwere Kost bietet auch das
Apartheid-Museum, durch das mich
anschliessend Reiseleiter Ali führt. Trotz
der schwer verdaulichen Materie bin
ich sofort Feuer und Flamme, denn im
Gegensatz zu vielen anderen
Die Touristen geniessen in Kapstadt den Blick vom Tafelberg (oben links), während an der Long Street (oben rechts)
vor der Endrundenauslosung eine grosse Party steigt. Hauptbild auf der gegenüberliegenden Seite: Wie der Tafelberg ist auch
das Green-Point-Stadion ein Wahrzeichen Kapstadts.
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 55
Die Wirtschaftsmetropole Johannesburg hat auch sozial und kulturell viel zu bieten.
Museen wird hier Geschichte nicht einfach gezeigt, sondern zu neuem Leben
erweckt – multimedial und mitreissend, als
hätten wir Südafrikas vorbildlichen Wandel
vom Apartheidregime zur Demokratie mit
eigenen Augen miterlebt.
Nach dem bewegenden Besuch des
Museums nimmt mich Ali mit auf eine Entdeckungsreise durch die Township Soweto,
die für Südafrika nicht minder geschichtsträchtig ist. Nelson Mandela und Desmond
Tutu haben hier einst gelebt, und 1976 kam
es wegen der rassistischen Bildungspolitik
zu einem massiven Aufstand, der von
der Regierung blutig niedergeschlagen
wurde. Heute leben circa 9,5 Millionen
Menschen in diesem Schmelztiegel, der
mit Baragwaneth und Diepkloof auch
einige schicke Viertel aufweist. Nach der
interessanten, abwechslungsreichen Tour
knurrt mir so langsam der Magen. Kota,
ein ausgehöhltes Weissbrot, gefüllt mit
Wurst, Käse und Kartoffelchips, kommt
da gerade richtig. Das Mega-Sandwich ist
allerdings nichts für empfindliche Mägen.
Den Rundgang durch Soweto werde ich
so schnell nicht vergessen. Er hat die vielen
sozialen und wirtschaftlichen Probleme
schonungslos aufgezeigt, gleichzeitig
aber auch deutlich gemacht, dass sich die
Menschen hier von nichts und niemandem
unterkriegen lassen und voller Tatendrang
sind. Aufbruchstimmung ist auch auf dem
Rückweg zu spüren, als wir am Soccer-CityStadion vorbeikommen, in dem sowohl
das Eröffnungs- als auch das Endspiel der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™
ausgetragen werden. In der Form einer
56
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
„Die unbändige Energie
zieht die Menschen nach
Johannesburg.“
Galerist David Krut
rot-gelb geziegelten Kalebasse schlägt die
Arena einen weiten Bogen ins Hinterland
mit seiner verbrannten Erde und seinen
Sandtönen. 94 700 Zuschauer finden
hier Platz und werden am 11. Juni 2010
zweifellos für eine bombastische Stimmung
sorgen.
Die Fahrt geht weiter in den Norden
der Stadt: In Rosebank bin ich wieder im
mondänen Johannesburg. Hier im Grünen
lässt es sich gut leben und arbeiten. Auch
Shoppingfans kommen in diesem gepflegten Viertel voll auf ihre Kosten, wie auch
in den nahegelegenen Vororten Sandton,
Parkhurst und Greenside.
Kunstliebhabern sind gleich zwei
Adressen zu empfehlen: Arts on Main
und Newton Cultural Precinct. Während
die Sonne am blassblauen Himmel über
Jozi langsam untergeht, statte ich dem
Galeristen David Krut, der in Südafrika
die limitierte Kunstposteredition der FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ vertreibt, in Arts on Main einen Besuch ab.
Arts on Main, das nur unweit vom EllisPark-Stadion entfernt liegt, verkörpert die
urbane Kreativität Johannesburgs. Das
renovierte 100-jährige Lagerhaus ist der
Treffpunkt für kreative Köpfe und bietet
für jeden Geschmack etwas: Buchläden,
Kunstgalerien, ein Theater und ein Restaurant. Während wir die Farblithografien der
FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2010™ bestaunen, von denen mehrere von hiesigen
Künstlern gestaltet wurden, weiht mich
David in das Geheimnis der „goldenen
Stadt“ ein: „Die unbändige Energie zieht
die Menschen nach Johannesburg. Hier
kann man frei leben und seine Träume
verwirklichen.“
Pflichtprogramm in Johannesburg
• Apartheid-Museum
• Tour durch Soweto
• Arts on Main
• Fünf-Sterne-Menü in einem der
Spitzenrestaurants in Sandton
(z. B. Pigalle oder Linger Longa)
• Nachtleben in Newton
Pretoria: ein Traum in Purpur und Violett
Johannesburg und Pretoria (oder Tshwane)
sind wie Tag und Nacht. Die gut eine Stunde
entfernte Landeshauptstadt ist ungleich
kleiner. Hier gibt man sich bescheiden und
mag es leger. Shorts, Flip-Flops und ein
Fussball-T-Shirt sind absolut in Ordnung und
Ausdruck des lockeren Lebensgefühls in
dieser grünen Oase. Einen Blickfang bieten
vor allem die Jacaranda-Bäume, die viele
Strassen säumen und die Stadt (ungefähr
im Oktober) in Purpur und Violett erstrahlen
lassen. Kein Wunder wird Pretoria auch
Jacaranda-Stadt genannt.
Die Stadt hat aber auch ihre ernsten
Seiten. Als offizielle Hauptstadt Südafrikas
und Sitz der Regierung hat sie grosse
historische Bedeutung. Davon zeugen
mehrere Denkmäler und Sehenswürdigkeiten in und um Pretoria/Tshwane, die
„Überall trifft man auf
freundliche, lachende
Gesichter. So sind wir.“
Mark Fish, ehemaliger
südafrikanischer Nationalspieler
sich problemlos in ein oder zwei Tagen
erkunden lassen. Mich zieht es zuerst
zum Freedom Park und zum VoortrekkerDenkmal ausserhalb der Stadt, dann der
Church Street entlang zum Krugerhaus,
der Residenz des ehemaligen Präsidenten
Paul Kruger, der um 1900 den Widerstandskampf der Buren gegen die Briten
anführte. Das geschichtsträchtige Haus ist
ein beliebtes Fotosujet und heute gar der
Hintergrund für das Hochzeitsbild eines
frisch getrauten Paares.
Weiter geht es zum Church Square, wo
beim sogenannten Rivonia-Prozess Nelson
Mandela, Walter Sisulu und zahlreiche weitere ANC-Anführer einst zu lebenslanger
Haft verurteilt wurden. Heute ist der Platz
voller Leben und ein beliebter Treffpunkt.
Letzte Station auf meiner Erkundungstour durch die Innenstadt sind die Union
Buildings: der Sitz der Regierung und des
Präsidenten Südafrikas. Der sichelförmige
Komplex ist nicht zuletzt dank seinem
wunderschönen terrassierten Garten ein
Zuschauermagnet.
Für die Liebhaber von Fauna und Flora
hat Pretoria/Tshwane noch viel mehr auf
Lager: einen fantastischen Zoo, einen
grossen botanischen Garten und vor allem
mehrere Naturschutzparks. Wer Afrikas
wilde Tier- und Pflanzenwelt in ihrer ganzen
Pracht erleben möchte, sollte noch etwas
weiter rausfahren: in den fünf Stunden
entfernten Kruger-Nationalpark oder in
die Pilanesberg- und Madikwe-Reservate,
die in gut drei Stunden zu erreichen sind.
Für einen Abstecher in die Wildnis bleibt
leider keine Zeit. Stattdessen mache ich
mich am Nachmittag auf in die Vororte rund
um Loftus Versfeld – das WM-Stadion von
Pretoria/Tshwane. Zuerst zieht es mich in
die Studentenviertel Hatfield und Brooklyn,
die – Tag und Nacht – einen Besuch wert
sind. Ein echtes Juwel ist Waterkloof. Mit
seinen schmucken Häusern und malerischen Plätzen versprüht dieser Vorort
einen wahrhaft edlen Charme, der von
früh bis spät eine Vielzahl von Gästen in
die zahlreichen Restaurants, Geschäfte und
Cafés lockt. Obwohl Pretoria/Tshwane nicht
das kosmopolitische Flair von Johannesburg
und Kapstadt besitzt, fühlt man sich hier
sofort wie zu Hause. Die Einwohnerinnen
und Einwohner der Stadt sind überaus
gastfreundlich und wie ihre Landsleute
richtige Sportfreaks. Rugby, Kricket und vor
allem Fussball stehen hoch im Kurs und
prägen zu einem wesentlichen Teil den
südafrikanischen Nationalstolz.
Für Mark Fish, der in Pretoria geboren
wurde und einst in der südafrikanischen
Nationalmannschaft spielte, macht genau
diese Sportbegeisterung den Charme
seiner Stadt aus: „Jeder sieht, wie sehr
wir den Sport und besonders den Fussball
lieben. Überall trifft man auf freundliche,
lachende Gesichter. So sind wir.“
Während sechs Spielen können sich die
WM-Besucher davon überzeugen. Im und
um das Loftus-Versfeld-Stadion erwartet
sie eine grossartige Kulisse. Hinzu kommt,
dass es in den zauberhaften Vororten
rund um die WM-Arena viele Pensionen
und Hotels gibt. Der Besuch der WMSpiele in Pretoria/Tshwane wird damit
zum Katzensprung. Die Fans dürfen
sich also auf erholsame Tage ganz ohne
Hektik freuen: locker und leger die Stadt
erkunden und danach in entspannter
Atmosphäre erstklassige Fussballspiele
geniessen.
Pflichtprogramm in Pretoria/Tshwane
• Union Buildings
• Freedom Park
• Church Square
Nächste Ausgabe: Abenteuer pur – FIFA
World geht auf Safari in Nelspruit,
Polokwane und Rustenburg.
Zwei Schulkinder in Soweto vor dem „dreifachen“ Nelson Mandela; die Jacaranda-Bäume
in Pretoria/Tshwane in voller Blüte.
FIFA WORLD I FOKUSSIERT 57
KOMPAKT
MITGLIEDSVERBÄNDE
ASIEN
AFRIKA
NORD-, MITTELAMERIKA UND
KARIBIK
Der Präsident der A siatischen
Fussballkonföderation (AFC), Mohamed
bin Hammam, eröffnete im Januar in
Kuala Lumpur (Malaysia) den diesjährigen
Champions-League-Workshop der AFC
und rief die Spitzenklubs dazu auf, sich
aktiver für die Entwicklung des wichtigsten
Klubwettbewerbs der Region einzusetzen.
„Wir wissen, was es braucht, um das
technische Niveau in Asien zu verbessern.
Ohne den Klubfussball wird Asien nicht
vorwärtskommen und gegen die Weltbesten
antreten können“, ermahnte Bin Hammam
die anwesenden Klubvertreter. „Dieser
Workshop bringt Ihr Know-how und Ihre
Erfahrungen zusammen. Ergreifen Sie die
Initiative, und sagen Sie der AFC, wo wir
ansetzen sollen.“ Der AFC-Präsident betonte
auch, dass zukünftig nur professionell
geführte Klubs in der AFC Champions
League spielen dürften. „Alle anderen
werden ausgeschlossen“, warnte er. „Dieses
Jahr wird hart.“
Über 600 Teilnehmer verschiedenster
Fachrichtungen kamen vom 10. Januar bis
8. Februar nach Kuala Lumpur zum jährlichen
Elite-Ausbildungsseminar der AFC. „Mit
617 Teilnehmern ist dies eines der bisher
grössten Seminare“, so Hasan Al Sabah,
Ausbildungsleiter und stellvertretender
Generalsekretär der AFC, bei der
Eröffnungsfeier. Das Seminar bot eine Vielzahl
an Kursen für Asiens Eliteschiedsrichter und
-trainer sowie Diskussionsrunden zu ganz
unterschiedlichen Themen wie Sportmedizin,
Torhüten und Behindertenfussball.
Die AFC hat die Austragungsdaten zweier
Jugendturniere gewechselt. Die AFC-U-19Meisterschaft, die auf den Zeitraum vom 1. bis
16. November 2010 angesetzt war, ist auf den
2. bis 17. Oktober vorverschoben worden.
Dafür findet die AFC-U-16-Meisterschaft
nicht vom 2. bis 17. Oktober, sondern vom
1. bis 16. November statt. Somit steht
einer Teilnahme der U-19-Spieler an den
16. Asienspielen in Guangzhou (China) vom
12. bis 27. November nichts im Weg.
www.the-afc.com
58
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Beim Afrikanischen Nationen-Pokal im Januar
konnte Ägyptens Kapitän Ahmed Hassan
nicht nur den Turniersieg feiern, sondern
auch einige persönliche Meilensteine in
seinen Palmarès aufnehmen. So wurde er
zum besten Spieler des Turniers gewählt,
nachdem er die „Pharaonen“ zu ihrem dritten
Titelgewinn in Folge geführt hatte. Beim
diesjährigen Turnier in Angola löste er auch
seinen Landsmann Hossam Hassan als Afrikas
Rekordnationalspieler ab. Nach dem Finale
vom 31. Januar hatte er 172 Länderspiele
für Ägypten bestritten. Damit überholte
er Hossam Hassan (169 Länderspiele)
und liegt nur noch fünf Spiele hinter den
Weltrekordhaltern Mohammed Al Deayea
aus Saudiarabien und Claudio Suárez aus
Mexiko zurück.
Nach der FIFA hat auch CONCACAF-Präsident
Jack Warner Haiti seine Unterstützung nach
dem verheerenden Erdbeben von Ende
Januar zugesichert. Bei einem Besuch vor Ort
versprach Warner, die Fussballkonföderation
von Nord- und Mittelamerika sowie der
Karibik werde ihr Möglichstes tun, um
beim Wiederaufbau Haitis zu helfen und
den Fussball wieder in Schwung zu bringen.
Warner schlug vor, den Verbandssitz in die
neuen, im Jahr 2002 bezogenen und über
Goal finanzierten Büros zu verlegen. Auch
werde er die Mitgliedsländer der karibischen
Fussballunion auffordern, haitianische Spieler
aufzunehmen, damit diese ihr Training
fortsetzen könnten, bis der haitianische
Verband wieder voll funktionsfähig sei.
Der Präsident der Afrikanischen
Fussballkonföderation (CA F ), Issa
Hayatou, dankte Angola bei der
32. Generalversammlung der CAF in Luanda
für seine Gastfreundschaft beim Afrikanischen
Nationen-Pokal und sagte der CAF „ein
grossartiges Jahr voller Neuerungen“ voraus,
dessen Höhepunkt die erstmals in Afrika stattfindende FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™
sei. In seiner Ansprache an die Delegierten
zwei Tage vor dem Finale des NationenPokals sagte Hayatou, die Weltmeisterschaft
in Südafrika sei „ein wunderbares Geschenk,
das uns mit Stolz erfüllt“, und forderte das
Gastgeberland auf, das Bild Afrikas im Rest
der Welt „zu verbessern und zu transformieren“. Die Versammlung begann mit einer
Schweigeminute für die Opfer des Angriffs
auf den Mannschaftsbus von Togo kurz vor
Turnierstart.
www.cafonline.com
Haiti bestreitet am 10. März das
Eröffnungsspiel der CONCACAF-U-17Meisterschaft der Frauen in Costa Rica gegen
den amtierenden Meister USA in einem
sicherlich emotionsgeladenen Spiel. Haiti hat
die Teilnahme bestätigt. Es ist dies der erste
Auftritt des Landes bei einer CONCACAFJuniorinnenmeisterschaft seit der U-19Meisterschaft 2002. „Haitis Teilnahme
unter solch schwierigen Bedingungen
zeigt die Entschlossenheit und den Einsatz
des haitianischen Fussballverbands, der
Spielerinnen und Spieler, der Trainer und
der Bevölkerung“, sagte CONCACAFPräsident Jack Warner. „Wir bewundern ihren
Durchhaltewillen und sind stolz darauf, mit
ihnen zusammen ihr Fussballprogramm und
ihr Land wieder auf die Beine zu bringen.“
www.concacaf.com
SÜDAMERIKA
OZEANIEN
EUROPA
Eine der schillerndsten Figuren des Fussballs
hört auf: Kolumbiens Ex-Nationaltorhüter
Higuita, selbsternannter „Torhüter-Libero“,
geht mit 43 Jahren in Rente. In Medellíns
Atanasio-Girardot-Stadion, dem Heimstadion
von Atlético Nacional – dem Klub, mit dem
er am meisten in Verbindung gebracht
wird –, wurde er bei einem Spiel zu seinen
Ehren stürmisch verabschiedet. Sein Stil
war einzigartig und tollkühn: Oft versuchte
er, die gegnerischen Stürmer vor seinem
eigenen Tor zu umdribbeln und brachte
den Ball auch schon mal selber bis in die
gegnerische Hälfte. Eine Zeit lang führte
er für Kolumbien regelmässig Strafstösse
aus, und auf Klubebene war er ein
Freistossspezialist. Higuita verhalf Atlético
als erstem Klub Kolumbiens zum Sieg bei der
Copa Libertadores – ein Höhepunkt seiner
Karriere. Die Folgen seiner Possen waren
manchmal verheerend, z. B. als er 1990 bei
einem WM-Spiel den Ball Kameruns Roger
Milla schenkte, oder schlicht spektakulär: Bei
seinem „Skorpion-Kick“ gegen England im
Wembley liess er sich nach vorne fallen und
parierte den Ball kopfüber mit beiden Hacken.
Die Ozeanische Fussballkonföderation
(OFC) bereitet sich auf die erste pazifische
Jugend- und Sportkonferenz in Auckland
(Neuseeland) vom 15. bis 20. März vor.
Die Konferenz wird von der OFC und der
Gemeinde Manukau City organisiert und
bietet rund 1000 Jugendlichen aus der
Pazifikregion die einmalige Gelegenheit,
zusammenzukommen, sich auszutauschen
und wichtige soziale Themen wie
Übergewicht, Drogen, Gewalt und
Diskriminierung zu diskutieren. Die OFC
erhofft sich eine Stärkung der Jugend- und
Sportnetzwerke und will Wege finden,
damit sich Jugendliche mithilfe des Sports
vermehrt in der Gesellschaft engagieren.
Die Veranstaltung könnte die Zukunft der
Jugendlichen stark beeinflussen, denn
Bildungsminister sowie regionale, nationale
und internationale Organisationen nehmen
daran teil.
Bei der Auslosung für die Europameisterschaft
2010 in Polen und der Ukraine sind
Europameister Spanien mit der Tschechischen
Republik, Schottland, Litauen und
Liechtenstein keine leichten Gegner
zugelost worden. Auch Weltmeister Italien
bescherte die Auslosung, die im Februar in
Polens Hauptstadt Warschau stattfand, eine
Herausforderung: Serbien und Slowenien,
beide ebenfalls Teilnehmer der FIFA
Fussball-Weltmeisterschaft 2010TM, sind in
der gleichen Gruppe. Vize-Europameister
Deutschland trifft u. a. auf die Türkei und
Österreich. Gegen diese Teams setzten sich
die Deutschen auf ihrem Weg ins Finale der
Euro 2008 durch. Die Qualifikationsspiele
beginnen im September 2010. Neben den
gesetzten Gastgebern Polen und Ukraine
qualifizieren sich 14 Teams für die EM.
Beiträge der Mitgliedsverbände für FIFA
World sind bis spätestens einen Monat vor
der betreffenden Ausgabe an
[email protected] zu senden.
www.conmebol.com
Klubs, Fans und Vertreter der grössten
Städte Europas kamen im Februar für ein
paneuropäisches Seminar zum Thema
„Fussball, Gastgeberstädte und RESPEKT“
nach Barcelona, Spanien. Das zweitägige
Seminar soll die Gastfreundschaft und
das Fairplay in Städten stärken, in denen
internationale Fussballspiele stattfinden. Zu
Beginn wurde eine gemeinsame GoodwillErklärung unterzeichnet. Sie betont, dass
Dialog, Zusammenarbeit und Goodwill
zwischen Klubs, Fans und Gastgeberstädten
notwendig sind, um ausländische Besucher
zu unterstützen und um Gewalt, Vandalismus
und anderem antisozialem Verhalten
entgegenzuwirken.
Der tahitianische Fussballverband (FTF)
nutzt die neue Unterkunft umfassend, die
im Rahmen des Goal-Projekts der FIFA in
Tahitis „Haus des Fussballs“ realisiert wurde.
Im neu renovierten Komplex übernachten
Teams und Funktionäre, die von den
umliegenden Inseln nach Pirae reisen, um
an Futsal-, Beach-Soccer-, Männer-, Frauenund Jugendturnieren teilzunehmen.
Die allermeisten europäischen Länder – mit
der Ausnahme von Grossbritannien – legen in
den kalten Wintermonaten eine Fussballpause
ein. Diese Saison entschied sich Belgien,
dem britischen Vorbild zu folgen. Aufgrund
eines vor Kurzem neu eingeführten Formats
in Belgiens oberster Liga, das u. a. die Zahl
der Teams verringerte und neu Spiele in
der Nachsaison vorsieht, setzte die Liga
versuchsweise Spiele zwischen Weihnachten
und Neujahr an. Erste Reaktionen deuten auf
einen Erfolg hin.
www.oceaniafootball.com
www.uefa.com
FIFA WORLD I KOMPAKT 59
TECHNISCHE ANALYSE
BALLBESITZ VERSUS
GESCHWINDIGKEIT
Text von Christofer Clemens, Spielanalytiker der technischen Studiengruppe der FIFA
EINE FRAGE DES STILS
In den letzten Jahren galt das physische,
schnelle und direkte Spiel vor allem der
Mannschaften aus England als Dogma
erfolgreicher Spielauffassung. Doch auf
einmal feiern spanische Mannschaften
Erfolge (Nationalmannschaft, FC Barcelona),
die eine völlig andere Spielauffassung zu
haben scheinen. Damit ist die Diskussion nach
der effektivsten und besten Spielweise oder
dem Spielstil neu entfacht.
Die letzten fünf Endspiele der UEFA
Champions League fanden mit englischer
Beteiligung statt, und mit dem FC Liverpool
und zuletzt Manchester United qualifizierten
sich zwei englische Teams als ChampionsLeague-Sieger auch für die jeweilige FIFA
Klub-Weltmeisterschaft. Aus diesem Grund
Barcelonas Passspiel zahlte sich im Finale
der FIFA Klub-Weltmeisterschaft 2009
gegen Estudiantes einmal mehr aus.
60 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
ist allgemein eine gewisse Dominanz einer
schnellen, direkten und physisch geprägten
Spielweise festzustellen, die durch direktes
vertikales Spiel und Konterfussball geprägt
ist. Diese wurde durch die Art und Weise, in
der die Brasilianer den FIFA KonföderationenPokal 2009 in Südafrika gewonnen haben,
erneut untermauert.
Umso überraschender ist jetzt die
Tatsache, dass Spanien, der Europameister
von 2008, sowie der Champions-LeagueSieger und Klubweltmeister FC Barcelona
ganz anders spielen und damit zeigen,
dass es offenbar nicht nur einen Weg
zum Erfolg im heutigen Fussball gibt.
Doch was kennzeichnet überhaupt diese
unterschiedlichen Spielstile?
Anhand des Finales um die KlubWeltmeisterschaft 2009 hat die technische
Studiengruppe der FIFA einige interessante
technisch-taktische Daten ermittelt, die einen
genaueren Einblick in die Kernelemente des
jeweiligen Spielstils geben können.
Langsamer Aufbau
Beim Betrachten des Spiels fallen
schon nach wenigen Minuten die zwei
grundverschiedenen Herangehensweisen
beider Mannschaften auf: Während der FC
Barcelona den Angriffsaufbau über viele
Stationen anlegt und dabei grösstmögliche
Kontrolle über den Ball zu wahren versucht,
will die Mannschaft von Estudiantes de la
Plata den Ball so schnell wie möglich ins
gegnerische letzte Drittel befördern – also in
die Torabschlusszone. Und auch die Zahlen
sprechen eine eindeutige Sprache: Der FC
Barcelona spielt über 120 Minuten lediglich
14 lange Bälle aus der eigene Hälfte in das
gegnerische Enddrittel, während Estudiantes
deren 35 spielt.
Wie Tabelle 1 zeigt, gibt es auch einen
deutlichen Unterschied in Bezug auf die
Geschwindigkeit des Ballbesitzes pro Spieler.
Im Durchschnitt hat jeder Spieler des FC
Barcelona 2,25 Ballkontakte bei Ballbesitz,
bei Estudiantes sind es hingegen nur 1,73.
Die Spieler von Estudiantes spielen den Ball
ca. 10–15 % schneller ab als diejenigen von
Barcelona. Konkret in Zeit heisst dies: Alle
1,23 Sekunden spielt ein Barcelona-Spieler
im Durchschnitt ab, bei Estudiantes dauert es
nur 0,80 Sekunden, bis der Ball weitergespielt
wird! Kein Wunder also, dass im Durchschnitt
– die Torhüter jeweils ausgenommen – jeder
Barcelona-Spieler den Ball 117 Sekunden,
jeder Estudiantes-Spieler nur 35 Sekunden
hatte.
Zum Vergleich: In der Champions-LeagueSaison 2008/2009 gab es im Schnitt ca. zwei
Ballkontakte pro Ballbesitz und Spieler, bei
ca. 1,1 Sekunden Kontaktzeit pro Ballbesitz,
was ca. 80 Sekunden Ballbesitz pro Spieler
macht. Jetzt wird deutlich, welch konträre
Ideen der Spielgestaltung in diesem Finale
aufeinandergeprallt sind. Insofern ist es
auch mehr als nachvollziehbar, dass die
Ballbesitzverteilung bei 65 % zu 35 %
zugunsten Barcelonas lag.
GESCHWINDIGKEIT VERSUS
PRÄZISION?
Bestätigt wird der Unterschied zwischen
Ballbesitzfussball und schnellem Vorwärtsspiel
auch durch die Verteilung der erfolgreichen
Pässe aus dem Spiel (Tabelle 2). Dort führt
Barcelona überlegen mit 629 zu 188 Pässen –
also mehr als dreimal so viel wie Estudiantes.
Ein wichtigeres Indiz ist jedoch die Tatsache,
dass Barcelona 84 % zum eigenen Mann
brachte, Estudiantes hingegen „nur“ 61 %.
Anhand der Grafik (blaue Linien: erfolgreiche
Estudiantes de La Plata
FC Barcelona
Tabelle 1
FC Barcelona
Estudiantes de La Plata
Tabelle 2
FC Barcelona
Estudiantes de La Plata
ø Ballkontakte/Ballbesitz Spieler
2,25
1,73
Erfolgreiche Pässe im Spiel
629
188
Ballkontakte/Mannschaft
2253
903
% erfolgreiche Pässe im Spiel
84
61
ø Zeit pro Ballbesitz/Spieler in Sek.
1,23
0,80
Erfolgreiche Pässe im Spiel in der gegnerischen
Hälfte
324
82
ø Gesamtzeit in Ballbesitz/Spieler in Sek.
117
35
% Pässe im Spiel in der gegnerischen Hälfte
53
47
Ballbesitzverteilung in %
65
35
% erfolgreiche Pässe im Spiel in der gegnerischen Hälfte
81
57
Pässe zum Mitspieler, rote Linien: Fehlpässe)
lässt sich zudem noch ein weiteres Kriterium
erkennen. Während Barcelona über das
gesamte Spielfeld und insbesondere in der
gegnerischen Hälfte sehr kontrolliert agierte
(wenig Fehlpässe), so ist bei Estudiantes ein
deutlicher Unterschied zwischen Abspielen
in der eigenen und gegnerischen (viele
Fehlpässe) Hälfte festzustellen. Obwohl
beide Teams nahezu 50 % ihrer Pässe in
der gegnerischen Spielfeldhälfte spielten,
so erzielte doch Barcelona mit 81 %
erfolgreichen Pässen eine viel grössere
Präzision (und damit Kontrolle) als Estudiantes
(57 % erfolgreiche Pässe).
Zusammengefasst bedeutet dies: Ob
bewusst oder nicht, Estudiantes hat das
Risiko des Fehlpasses und Ballverlustes –
insbesondere in der gegnerischen Hälfte –
beim Passspiel durchaus einkalkuliert. Diese
Grundeinstellung könnte man vielleicht
frei beschreiben mit „Geschwindigkeit
vor Präzision“, während es bei Barcelona
„Kontrolle vor Geschwindigkeit“ heissen
müsste!
Diese Feststellung wird zudem durch die
grundsätzliche Beobachtung gestützt, dass
das schnelle Umschalten von Abwehr auf
Angriff (Konterspiel) bei Estudiantes einen viel
höheren Stellenwert hatte als bei Barcelona.
Während die Spieler des FC Barcelona bei
Ballgewinn zunächst auf Ballsicherung und
Einnahme ihrer Positionen fokussiert waren,
versuchte Estudiantes, die vermeintliche
Unordnung des Gegners mit schnellem Spiel
nach vorne auszunutzen.
Eine Studie bei der UEFA Euro 2008 zeigt
zudem, dass das schnelle Umschalten ein
wichtiger Faktor im heutigen Fussball ist. Dort
fand man heraus, dass rund ein Drittel aller
Tore aus Konter- oder Umschaltsituationen
entstanden ist. Insofern ist es vermutlich nicht
ganz zufällig, dass einem beim FC Barcelona
das Gefühl beschleicht, die Zeit würde stehen
bleiben.
SCHÖNES SPIEL?
Es geht nicht darum, einen Spielstil zum
allgemeinen Ideal zu erheben oder ihn anderen
Mannschaften nahelegen zu wollen. Die
Frage nach der „Schönheit“ eines Spielstils sei
jedoch gestattet. Es steht ausser Frage, dass
eine Spielweise mit vielen Ballkontakten und
grosser Ballkontrolle auch auf einem hohen
technischen Niveau der Spieler basieren muss.
Dadurch, dass in der Regel auch bei einem
langsameren Angriffsaufbau der Gegner
vermutlich besser defensiv organisiert ist,
da er schlicht und ergreifend mehr Zeit zur
Formierung hat, wird es häufiger zu technisch
anspruchsvollen Passstafetten kommen und
auch zu häufigeren Direktduellen (Dribblings).
Gerade hier liefern die Daten des Finales
einen weiteren spannenden Wert. Während
die Spieler von Estudiantes de la Plata in 120
Minuten gerade einmal auf zwei Dribblings/
Läufe mit dem Ball im letzten Drittel Richtung
Strafraum kamen, von denen eines/einer
so weit erfolgreich war, dass der Ball nicht
im Zweikampf verloren wurde, hatte der
FC Barcelona im gleichen Zeitraum 69
Dribblings/Läufe mit dem Ball, bei denen
der Gegner lediglich siebenmal erfolgreich
stören konnte. Das heisst 62 Mal schafften
es die Spieler vom FC Barcelona, mit einer
FIFA WORLD I KOMPAKT 61
Individualaktion in die „gefährliche“ Zone
des Gegners zu gelangen.
RICHTIGE MISCHUNG
Es lassen sich natürlich gewisse Rückschlüsse
ziehen. Wie weiter oben erwähnt, ist
in Bezug auf einen Stil basierend auf
Ballkontrolle ein hohes technisches Niveau
unabdingbar. Es wäre sicherlich naiv zu
glauben, dass nicht auch Estudiantes über
technisch exzellente Fussballer verfügt,
allerdings erscheint die Qualität des ersten
Ballkontaktes (also der Ballannahme
und -mitnahme) schon ein elementares
Qualitätsmerkmal für die Bewahrung der
Ballkontrolle insbesondere gegen gut
organisierte Gegner (d. h. wenig Platz für
die Angreifer) und unter ständigem Druck
durch den Gegenspieler zu sein. Hier sind
natürlich Spieler wie Messi, Xavi oder Iniesta
Musterbeispiele für diesen Spielertypen. Dies
sind eher quirlige, dribbelstarke Spieler, die
mit einer schnellen Bewegung eine Einsgegen-Eins-Situation für sich entscheiden
können (siehe Statistik Dribblings oben). Ein
extrem kopfballstarker und physisch sehr
präsenter Stürmertyp ist hingegen nicht
zwingend erforderlich, da der Ball äusserst
selten hoch nach vorne geschlagen wird und
es wenig Flanken von den Seiten gibt. Wenn
natürlich ein Spieler wie Ibrahimovic beides
vereint, ist dies vermutlich kein Nachteil, da
er das Repertoire erweitert.
Auf der anderen Seite werden jedoch keine
„Sprinter oder Konterspieler“ für diesen
Spielstil benötigt, da der Angriffsaufbau
aus einem Positionsangriff vorgetragen
wird. Das soll jetzt nicht heissen, dass eine
Mannschaft wie Barcelona aus langsamen
Spielern besteht. Nur bezieht sich die
Geschwindigkeit hier eher auf den kurzen
Antritt als auf eine längere Distanz.
Dies ist hingegen wieder eine wesentlicher
Bestandteil des – wie der Name schon sagt
– Geschwindigkeitsfussballs. Zwangsläufig
werden schnelle Spieler – auch über längere
Distanzen – mit hoher Laufbereitschaft
benötigt, wenn es darum geht, möglichst
schnell und direkt nach vorne zu spielen.
Insbesondere das Konterspiel verlangt
nach „Sprintertypen“, die mehrmals
im Spiel 40–50 m im Vollsprint nach
vorne mitlaufen können. Diese physisch
geprägten Spielertypen müssen zudem ihre
Laufbereitschaft auch in der Defensivarbeit
gegen den Ball einbringen.
Da der Ball bei diesem Spielstil häufig weit
und direkt nach vorne auf einen zentralen
Spieler gespielt wird, steht hier vor allem die
Ballbehauptung der vordersten Spieler im
Vordergrund. Dort werden Spieler benötigt,
die mit hoher physischer Präsenz und/oder
Technik den Ball gegen einen oder mehrere
Gegenspieler behaupten können, bis ihre
Mannschaftskollegen im schnellen Tempo
nachgerückt sind. Die Suche nach dem
grossen kräftigen Mittelstürmer, der in jeder
Situation anspielbar ist und den Ball immer
behauptet, ist somit nachvollziehbar.
Grundsätzlich sollte man in dieser Diskussion
jedoch nie vergessen, dass der sehr gute
Fussballer in jedem Spielstil zurechtkommt
und sich jeder Spielstil im Laufe der Zeit
weiterentwickelt. Insofern wird es mit Blick
auf die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft
2010™ spannend sein zu beobachten,
wie die unterschiedlichen Spielstile aus
allen Nationen miteinander konkurrieren
werden und welcher sich vor allem am Ende
durchsetzen wird – zumindest dieses Mal.
ATLANTE – BARCELONA 1:3
HALBFINALE DER FIFA KLUB-WELTMEISTERSCHAFT
AM 16. DEZEMBER IN ABU DHABI
z Atlante
z FC Barcelona
Lionel Messis Tor zum 2:1 gegen CONCACAF-Meister Atlante im Halbfinale der FIFA Klub-Weltmeisterschaft
ist ein weiteres Beispiel für Barças bedachten Spielaufbau und seine explosiven Abschlüsse.
62
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
FIFA-ARCHIV
HAMBURG,
20. OKTOBER 1962
Edson Arantes do Nascimento alias
Pelé sowie Uwe Seeler waren in den
Sechzigerjahren auf internationaler Ebene
wohl zweifellos die prägendsten Figuren
der Fussballgrossmächte Brasilien und
Deutschland. Ihre Karrieren auf dem WMParkett verliefen auch nahezu parallel.
Beide debütierten bei der Endrunde 1958
in Schweden und beendeten ihre WMKarriere 1970 in Mexiko. Pelé und Seeler
vereinen auf sich nicht weniger als 35
WM-Partien, 3240 Spielminuten oder
21 Tore. Beide sind darüber hinaus die
einzigen Spieler, die bei vier verschiedenen
FIFA Fussball-Weltmeisterschaften™
mindestens ein Tor erzielt haben. Die
Meriten wurden allerdings ungleich
verteilt. Während Pelé in seiner Karriere
dreimal Weltmeister wurde und unzählige
Kontinental- und Landesmeisterschaften
gewann, reichte es für Uwe Seeler „nur“
zu einem Vizeweltmeistertitel 1966 sowie
auf Klubebene zu einer Meisterschaft und
einem Pokalsieg. Dass sich Pelé und Seeler
nie bei einer WM gegenüberstanden, mag
erstaunen. Der Modus oder das Los wollten
es, dass sich die Paarung Brasilien gegen
Deutschland oder Erster gegen Zweiter der
ewigen FIFA-Rangliste erstmals 2002 im
Finale von Yokohama ergab. Dies obwohl
Brasilien bisher an jeder WM teilnahm und
Deutschland lediglich die Turniere von 1930
und 1950 verpasste. Bezeichnenderweise
zeigt unser Bild Pelé und Seeler nicht in
den Farben ihres Nationalteams, sondern
im Trikot ihrer Vereine FC Santos und
Hamburger SV bei einem Freundschaftsspiel
Anfang der Sechzigerjahre. Eine weitere
Parallele zwischen den beiden ist nämlich
ihre Klubtreue. Während Pelé nach seiner
grossen Zeit beim FC Santos die Karriere in
den USA bei Cosmos New York ausklingen
liess, spielte Seeler zeit seines Lebens nur für
den Hamburger SV.
FIFA WORLD I KOMPAKT 63
AFRIKANISCHER MEISTER ÄGYPTEN
SCHAFFT SPRUNG IN DIE TOP 10
Der Afrikanische Nationen-Pokal hinterlässt
Von Interesse für die kommende
deutliche Spuren in der ersten Ausgabe Weltmeisterschaft in Südafrika ist eine
der FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste dieses Analyse der Stärkeverhältnisse der acht
Jahres. Während Spanien weiterhin vor ausgelosten Gruppen. Allgemein fällt auf,
Brasilien und den Niederlanden an der dass nur in Gruppe G zwei Teams aus den
Spitze liegt, vermochte sich Ägypten dank Top 10 spielen (Brasilien und Portugal),
seiner erfolgreichen Titelverteidigung bei der während in Gruppe F mit Italien lediglich
Kontinentalmeisterschaft in Angola um 14 eine Mannschaft aus den Top 20 vertreten
Plätze auf Rang 10 zu verbessern. Der zehnte ist. Berücksichtigt man, dass sich pro
Rang ist nicht nur die beste Klassierung der Gruppe nur zwei Teams für die nächste
Ägypter seit je, sondern auch die zweitbeste Runde qualifizieren, so dürfte vor allem die
Rangierung eines afrikanischen Teams seit „Dichte“ der Gruppen bzw. der Abstand
Bestehen der Weltrangliste. Lediglich Nigeria zwischen dem Zweiten und dem Dritten
stand im April 1994 auf Rang fünf noch von Bedeutung sein. In dieser Beziehung
besser da. Auch andere afrikanische Teams versprechen zwei Gruppen am meisten
vermochten von ihren Leistungen in Angola Spannung. In Gruppe A liegen Mexiko und
zu profitieren, darunter Halbfinalist Nigeria Uruguay sehr nahe beieinander, in Gruppe
(15, plus 7) sowie Finalist Ghana (27, plus 7). H Chile und die Schweiz.
Für die aktuelle Ausgabe der Weltrangliste
Grosse Sprünge machten auch Sambia (73,
wurden 82 A-Länderspiele berücksichtigt,
plus 11) und Malawi (82, plus 17).
Rang
Team
+/- Ränge
Dez. 09–
Jan. 10
Punkte +/- Ränge
Jan. Dez. 09–
2010
Jan. 10
Rang
Team
+/- Ränge
Dez. 09–
Jan. 10
Punkte +/- Ränge
Jan. Dez. 09–
2010
Jan. 10
Der ägyptische Stürmer Gedo wird von
seinen Kollegen nach dem entscheidenden
Tor im Finale des Afrikanischen NationenPokals gefeiert.
wobei 15 noch aus dem Jahr 2009 stammen
(Gesamtzahl der A-Länderspiele 2009:
849). Nebst den 29 Spielen im Rahmen
des Afrikanischen Nationen-Pokals wurden
11 kontinentale Qualifikationspartien sowie
42 Freundschaftsspiele ausgetragen.
Die nächste FIFA/Coca-Cola-Weltrangliste
erscheint am 3. März.
Rang
Team
+/- Ränge
Dez. 09–
Jan. 10
Punkte +/- Ränge
Jan. Dez. 09–
2010
Jan. 10
1
Spanien
0
1627
0
33
Slowenien
-2
767
0
65
Marokko
+2
492
2
Brasilien
0
1568
0
34
Honduras
+3
759
+21
66
Belgien
0
491
0
3
Niederlande
0
1288
0
35
Ecuador
+2
753
+15
67
Benin
-8
483
-49
4
Italien
0
1209
0
36
Slowakei
-3
752
0
68
5
Portugal
0
1176
0
37
Republik Irland
-2
746
0
6
Deutschland
0
1173
0
38
Rumänien
-2
745
0
70
7
Frankreich
0
1117
0
39
Kolumbien
0
736
0
71
8
Argentinien
0
1082
-3
40
Japan
+3
729
+20
72
Montenegro
+2
456
0
9
England
0
1076
0
0
729
0
73
Sambia
+11
449
+69
10
Ägypten
+14
1069
+237
42
Türkei
-1
728
0
74
Uganda
+1
447
-8
11
Kroatien
-1
1053
+11
43
Schweden
-1
727
+6
75
Usbekistan
+1
431
-9
12
Griechenland
+1
1030
+14
44
Gabun
+4
706
+46
76
Wales
+1
420
0
13
Russland
-1
1026
0
45
Costa Rica
-1
699
-2
77
Panama
-7
406
-63
14
USA
0
963
-17
46
Schottland
0
665
0
78
Jamaika
+3
403
0
15
Nigeria
+7
956
+108
47
Venezuela
+3
646
0
79
Neuseeland
+3
400
0
16
Chile
-1
955
+19
48
Bosnien-Herzegowina
+3
645
+3
80
Belarus
17
Mexiko
0
947
+16
49
Republik Korea
+3
634
+9
81
Südafrika
18
Schweiz
0
924
0
Lettland
-4
634
-43
82
19
Serbien
0
916
0
51
Burkina Faso
-2
616
-34
20
Kamerun
-9
914
-121
52
Ungarn
+2
615
+2
84
21
Uruguay
-1
909
0
53
Mali
-6
598
-64
22
Elfenbeinküste
-6
865
-69
54
Finnland
+1
576
23
Australien
-2
857
-6
55
Bolivien
+1
24
Ukraine
-2
848
0
Tunesien
-2
25
Tschechische Republik
0
828
0
Kanada
-1
26
Dänemark
+2
827
+7
Polen
+1
27
Ghana
+7
823
+76
59
Saudiarabien
Israel
-1
823
0
60
Bahrain
29
Paraguay
0
806
0
61
30
Bulgarien
0
801
0
62
31
Algerien
-5
784
-39
63
32
Norwegen
0
772
+12
64
64 FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Nordirland
57
+15
Zypern
0
471
0
Peru
0
471
0
Togo
+1
468
+1
El Salvador
+7
463
+50
0
397
-9
+4
391
+14
Malawi
+17
384
+58
Mosambik
-10
384
-78
Trinidad und Tobago
-2
382
-18
85
DVR Korea
+1
378
+2
-16
86
Irak
+2
375
+11
573
0
87
VR China
+6
373
+33
573
-41
88
Angola
+7
371
+34
567
-6
89
Katar
-3
370
-6
567
+11
90
Guinea
-17
361
-97
+4
538
+28
91
Senegal
-2
359
-2
0
530
+6
92
Kuwait
+12
358
+57
Österreich
0
523
0
93
Oman
-14
352
-58
Litauen
0
522
0
94
Island
-2
349
+3
Iran
+1
499
-9
95
Haiti
-5
347
-1
EJR Mazedonien
+1
495
0
96
Moldawien
-2
338
0
Rang
Team
+/- Ränge
Dez. 09–
Jan. 10
Punkte +/- Ränge
Jan. Dez. 09–
2010
Jan. 10
Rang
Team
+/- Ränge
Dez. 09–
Jan. 10
Punkte +/- Ränge
Jan. Dez. 09–
2010
Jan. 10
Rang
Team
+/- Ränge
Dez. 09–
Jan. 10
Punkte +/- Ränge
Jan. Dez. 09–
2010
Jan. 10
97
Albanien
-1
336
0
135 Bermuda
+7
156
+18
173 Kambodscha
+2
56
98
Gambia
+18
333
+110
136 Indonesien
-16
155
-51
174
+3
45
0
Thailand
+7
333
+37
137 Hongkong
+6
153
+16
175 Seychellen
+3
44
0
-3
331
0
-3
152
0
176 Bahamas
+4
43
0
-9
331
-16
Swasiland
-3
152
0
Komoren
0
43
-3
178 Mauritius
+3
40
0
179 Cayman-Inseln
+4
39
+3
100 Kap Verde
Syrien
138 Äquatorial-Guinea
102 Armenien
-2
321
0
140 Malediven
-3
146
0
103 Kongo
-2
320
0
141 Myanmar
-1
144
+2
104 Estland
105 Jemen
Turks- und Caicos-Inseln
0
-2
315
+7
142 Suriname
+2
133
0
Laos
-1
39
-5
+25
294
+118
143 Tschad
+2
130
0
Somalia
-9
39
-25
106 Jordanien
+5
276
+21
144 Malta
+2
129
+1
+15
38
+26
107 Ruanda
-5
275
-33
145 Libanon
+3
127
+2
Samoa
0
38
0
108 Tansania
-2
266
-24
146 Neukaledonien
+1
126
0
184 Cook-Inseln
0
34
0
109 Namibia
+4
251
+5
147 Burundi
-21
124
-71
Guam
0
34
0
-1
251
-17
148 Tadschikistan
+17
123
+36
186 Belize
-13
33
-24
Sudan
111
DR Kongo
112
Kenia
113
Ver. Arabische Emirate
114
Aserbaidschan
115
Libyen
116
182 Dominica
-4
248
-23
149 Lesotho
+1
120
0
187 St. Lucia
-1
32
0
-14
244
-83
150 Bangladesch
-1
117
-5
188 Macau
-1
31
0
-1
241
-7
151
0
236
0
152 Nepal
0
233
+1
Vietnam
+7
231
117
Simbabwe
-8
118
Färöer
-1
119
Botsuana
120 Singapur
Sri Lanka
0
115
0
189 Tonga
-1
28
0
0
112
0
190 Dominikanische Rep.
0
26
0
153 Liechtenstein
+1
110
0
191 Britische Jungferninseln
0
25
0
+28
154 Vanuatu
+1
108
0
Brunei Darussalam
0
25
0
229
-36
155 St. Kitts und Nevis
+1
106
0
193 Dschibuti
-4
23
-4
222
0
156 Madagaskar
+2
105
0
194 Afghanistan
-1
20
0
-1
219
0
0
105
-1
195 Guinea-Bissau
-1
19
0
-10
217
-43
+1
103
0
-1
19
0
121 Äthiopien
+1
204
0
159 Malaysia
+1
100
-2
197 Bhutan
-1
17
0
122 Georgien
+2
202
0
160 Liberia
+1
98
0
198 Aruba
0
11
0
123 Kasachstan
+2
201
+1
161 Mauretanien
+8
93
+23
199 Amerik. Jungferninseln
0
8
0
124 Luxemburg
+4
195
+10
162 Chinese Taipei
0
92
-1
200 Zentralafrikanische Rep.
0
4
0
125 Kuba
-6
191
-27
Eritrea
+1
92
0
Osttimor
0
4
0
202 Andorra
0
3
0
203 Amerikanisch-Samoa
0
0
0
0
0
0
Pakistan
158 Kirgisistan
Tahiti
126 Guyana
+1
186
-5
Nicaragua
-29
92
-73
127 Antigua und Barbuda
+3
184
+8
Niger
+1
92
0
128 Barbados
+1
171
-10
166 Puerto Rico
-1
89
+2
Anguilla
167 Philippinen
129 Fidschi
+3
167
0
130 Indien
+4
166
+8
168 St. Vincent/Grenadinen
131 Guatemala
-10
164
-41
132 Sierra Leone
+6
159
+14
133 Grenada
+5
158
+13
134 Turkmenistan
+7
157
+18
WAHLEN
0
85
+2
Montserrat
0
0
0
-16
82
-30
Papua-Neuguinea
0
0
0
169 Niederländische Antillen
-1
80
0
San Marino
0
0
0
170 Mongolei
+1
61
0
171 Salomon-Inseln
+1
60
0
172 Palästina
+1
57
0
Hinweis: Teams, die während mehr als vier Jahren nicht
gespielt haben, erscheinen nicht in der Rangliste.
Die folgenden Mitgliedsverbände haben seit der letzten Ausgabe von FIFA World Präsidentenwahlen
durchgeführt:
Jordanien: Ali bin Al-Hussein (wiedergewählt)
Usbekistan: Mirabror Usmanov (wiedergewählt)
Togo:
Seyi Memene (Übergangskommission)
Gambia:
Seedy Kinteh (wiedergewählt)
Russland: Sergey Fursenko
FIFA-TERMINE MÄRZ/APRIL 2010
3. März
5.–7. März
15.–19. März
18./19. März
25. März
12.–16. März
22. März
Termin für internationale Freundschaftsspiele
124. IFAB-Jahresversammlung, Zürich
FIFA-Kommissionssitzungen, Zürich
Sitzung des FIFA-Exekutivkomitees, Zürich
UEFA-Kongress, Tel Aviv
FIFA-Kommissionssitzungen, Zürich
Auslosung der FIFA U-20-Frauen-Weltmeisterschaft, Dresden
FIFA WORLD I KOMPAKT 65
Kinderspiel: Blick auf das
Breitenfussballprogramm der FIFA in der
nächsten Ausgabe von FIFA World.
STARS VON MORGEN:
FUSSBALLFÖRDERUNG AN DER BASIS
FRAUENFUSSBALL:
ALLEIN ODER GEMEINSAME SACHE MIT DEN MÄNNERN?
MATHEMATIK:
Erscheint am:
31. März 2010
WIE DIE FIFA/COCA-COLA-WELTRANGLISTE BERECHNET WIRD
Herausgeberin:
Inhalt:
Artikel:
Produktion:
Kontakt:
FIFA, FIFA-Strasse 20, Postfach,
Kommunikation
Mark Ledsom, Alex Koch,
Hans-Peter Frei (Leitung);
Rückmeldungen zu FIFA World
8044 Zürich, Schweiz
und Öffentlichkeitsarbeit
Albert Miller, Daniela Leeb,
Philipp Mahrer (Layout))
an [email protected]
Tel.: +41-(0)43-222 7777
FIFA World – Nr. 9,
Fax: +41-(0)43-222 7878
März 2010
Direktor (interimistisch):
Tsitsonis, Theo Ruizenaar, Mark
Druck:
Ausgabe von FIFA World siehe
Nicolas Maingot
Gleeson, Raphaël Morgulis,
Bruhin AG, Schweiz
www.FIFA.com/fifaworld
Internet:
Offizielle Monatspublikation
www.FIFA.com/fifaworld
der Fédération Internationale
de Football Association (FIFA)
Pablo Aro Geraldes, Marius
Redakteur:
Schneider, Matthias Kunz,
Fotos:
Redaktionsschluss dieser
Mark Ledsom
Marco Monteiro-Silva, Ravi
Getty Images, foto-net,
Ausgabe:
Kumar, Suleiman Habuba,
Reuters Pictures, AFP Image
Montag, 8. Februar 2010
Priscilla Duncan, André Vieli
Forum, pixathlon, Keystone,
E-Mail:
[email protected]
Stv. Redakteur:
Horst Hamman
Alexander Koch
Präsident:
Joseph S. Blatter
66
FIFA WORLD I MÄRZ 2010
Die in FIFA World ausgedrück-
Übersetzung:
ten Meinungen geben nicht
Redaktionsassistent:
Gabriela Straube (Leitung);
in jedem Fall diejenigen der
Albert Miller
Edward Brown, Andrew Loan,
FIFA wieder. Der Nachdruck
Stuart Makin, Gwenn Ward
von Fotos und Artikeln – auch
Karikaturen/Illustrationen:
(Englisch); Maxime Ferréol,
auszugsweise – ist nur mit
Beach (S. 11, 30/31),
Alexandre Károlyi, Nicolas
Genehmigung der Redaktion
Bruno Muff (S. 18, 62)
Samier, Estelle Valensuela,
und unter Quellenangabe
Camille Lovichi, Aurélia
(© FIFA 2010) erlaubt. Die
Ruetsch (Französisch); Helena
Redaktion ist nicht verpflichtet,
Barrio, José Ibarra, Eliana
unaufgefordert eingesandte
Núñez, Elanor Sinclair, Maritza
Manuskripte und Fotos zu
García Arias, Alicia Hernández,
publizieren. Das FIFA-Logo
Raquel Ruiz (Spanisch); Sandra
ist ein eingetragenes
Locher, Reto Gustin, Lorenz
Warenzeichen. In der Schweiz
Mohler, Susanne Rahman
hergestellt und gedruckt.
(Deutsch)
© FIFA 2010.
Generalsekretär:
Jérôme Valcke
Abonnementes und die Online-
Ahmed Schaefer, George
©2010 The Coca-Cola Company. COCA-COLA, the Contour Bottle and the Dynamic Ribbon are trademarks of The Coca-Cola Company.
März 2010
März 2010
www.sony.com/football
Geheimnis des Heimvorteils, Schiedsrichterförderung
Begehrte Tickets | Grünes Sponsoring | Hilfe für Haiti |
Gesund dank Fussball | Auf nach Südafrika | Online-Transfers |
Erstes WM-Tor | Zu Besuch bei Varallo | Tempo oder Präzision
HEIMSPIEL
Südafrika glaubt an seine Chance

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