6. Tarifsystem, Erlöse und Aufwand 6.1 Vorbemerkung Die

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6. Tarifsystem, Erlöse und Aufwand 6.1 Vorbemerkung Die
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6.
Tarifsystem, Erlöse und Aufwand
6.1
Vorbemerkung
Die Kosten des öffentlichen Personennahverkehrs stehen zunehmend in der öffentlichen Diskussion: Sei es aus Sicht der Fahrgäste, die ihre Erwartungen an ein attraktives Fahrpreissystem
haben - sei es aus Sicht der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik, die den Aufwand des ÖPNV
für die öffentlichen Haushalte kritisch sehen.
Im nachfolgenden Kapitel soll in groben Zügen die heutige Finanzierung des ÖPNV in Münster
und im angrenzenden Münsterland beleuchtet und dabei speziell das Fahrpreissystem des
Münsterlandtarifes vorgestellt werden.
6.2
Tarifsystem und Erlöse
Seit Mai 2000 gilt im Münsterland (als einem von insgesamt 9 Kooperationsräumen für den ÖPNV
in Nordrhein-Westfalen) mit dem Gemeinschaftstarif, der im Münsterland als Münsterlandtarif vermarktet wird, ein einheitliches Tarifsystem für den städtischen und regionalen Bus- und Bahnverkehr. Angeboten wird dieses einheitliche Preissystem in Münster und den vier Münsterlandkreisen
sowie für Fahrten nach Enschede, Osnabrück, Haltern und entlang des Korridors Rheda-Wiedenbrück in Ostwestfalen von den Partnerunternehmen der Verkehrsgemeinschaft Münsterland.
• Stadtwerke Münster,
• Regionalverkehr Münsterland,
• Westfalen Bus,
• Kraftverkehr Münsterland C. Weilke,
• DB-Regio (Regionalbahn Westfalen),
• Euregio-Verkehrsgesellschaft (EVG),
• StadtBus Bocholt GmbH
• Verkehrsbetrieb Schäpers
sowie über einen Kooperationsvertrag mit dem
• Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Münsterland (ZVM).
Über SPNV-Ausschreibungsverfahren gewonnene alte und neue Eisenbahnverkehrsunternehmen
wie die DB-Regio, Nordwestbahn, Prignitzer Eisenbahn und die Westfalenbahn sind oder werden
über den Zweckverband ZVM tariflich eingebunden. Auch in diesen Nahverkehrszügen gilt der
Münsterlandtarif.
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Inhaltlich weitestgehend identisch und eng verzahnt mit dem Münsterlandtarif ist der sogenannte
Ruhr-Lippe-Tarif. Dieser Gemeinschaftstarif gilt im südlich angrenzenden Verbundraum RuhrLippe, zu dem die Stadt Hamm, der Hochsauerlandkreis, der Märkische Kreis sowie die Kreise
Soest und Unna gehören. Angewendet wird dieses Tarifsystem von den Verkehrsunternehmen der
Verkehrsgemeinschaft Ruhr-Lippe und dem Zweckverband Schienenpersonennahverkehr RuhrLippe (ZRL).
Das nachfolgenden Bilder 6-1 und 6-2 zeigen die beiden Tarifräume des Münsterland- und des
Ruhr-Lippe-Tarifes, die insgesamt rund ein Drittel der Landesfläche NRW umfassen.
Bild 6-1: Verkehrsraum
Münsterlandtarif
Bild 6-2: Verkehrsraum
Ruhr-Lippe-Tarif
Die enge Verzahnung von Münsterland- und Ruhr-Lippe-Tarif ermöglicht der ÖPNV-Kundschaft in
einem wählbaren Gültigkeitsraum (Netz Münsterland, Netz Ruhr-Lippe oder Netz Übergang
VGM/VRL) die freizügige Nutzung von Bus und Bahn mit einer identischen Fahrkarten-Palette.
Hiervon profitieren z.B. Pendler und Besucher der Stadt Münster aus der Stadt Hamm oder den
Kreisen Soest und Unna.
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NRW-Tarif
Der Münsterland- bzw. Ruhr-Lippe-Tarif ermöglicht die freizügige Fahrt mit Bus und Bahn mit einer
Fahrkarte innerhalb des jeweiligen Verbundraumes. Dies gilt für insgesamt 9 Kooperationsräume in
Nordrhein-Westfalen.
Wollte der Fahrgast jedoch bislang etwa aus dem Verbundraum Münsterland in den Kooperationsraum Rhein-Sieg, musste er in der Regel drei verschiedene Fahrkarten erwerben:
• Fahrkarte für den Nahverkehr im Münsterland (Vorlauf)
• Bahnfahrkarte für die Schienenstrecke von Münster z.B. nach Köln (Hauptlauf)
• Fahrkarte für den Nahverkehr im Verkehrsverbund Rhein-Sieg (Nachlauf).
Vorlauf
Hauptlauf
Nachlauf
Durchgehender NRW-Tarif
Bild 6-3: NRW-Tarif
Mit der stufenweisen Einführung des sogenannten NRW-Tarifes entfällt die Notwendigkeit des getrennten Lösens von Fahrkarten. Das Ziel ist, für die jeweils gewünschte Fahrtstrecke jeweils mit
einer einzigen Fahrkarte freizügig alle Nahverkehrsmittel in NRW nutzen zu können:
• Mit dem Verbundtarif in der jeweiligen Region, z.B. Münsterland,
• mit dem NRW-Tarif auf den weiterführenden Strecken in ganz Nordrhein-Westfalen.
Der NRW-Tarif wird zeitlich in drei Stufen eingeführt. Bereits seit dem 01.08.2004 gilt die 1. Stufe.
Hier sind plakative PauschalTickets wie das Schöne-Tag-Ticket oder das Schöne-Fahrt-Ticket
eingeführt worden. Diese Fahrkarten sind in allen öffentlichen Verkehrsmitteln und Nahverkehrszügen in ganz NRW gültig. In Münster werden sie zudem in allen Bussen und Automaten der
Stadtwerke sowie bei der Mobilitätszentrale mobilé verkauft.
Die 2. Stufe des NRW-Tarifes gilt seit dem 12.06.2005. Hier wurde die noch eingeschränkte Fahrkarten-Palette der PauschalTickets um relationsbezogene Einzel- und Zeitfahrkarten ergänzt.
Anerkannt werden diese Tickets ebenfalls in allen Nahverkehrsmitteln in ganz NRW. Ein aktiver
Verkauf ist zu diesem Zeitpunkt jedoch aufgrund der Vertriebstechnik nur durch die DBAG in
personenbedienten Verkaufsstellen sowie an den Fahrkartenautomaten der NordWestBahn und
der Prignitzer Eisenbahn möglich.
In einer 3. Stufe, die für das Jahr 2006 angestrebt wird, soll dann der Vertrieb auf möglichst viele
weitere Verkehrsunternehmen in NRW ausgedehnt werden.
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Beschlussorgane des Tarifes
Das Fahrpreissystem des Münsterland- und Ruhr-Lippe-Tarifes wird kontinuierlich (meist jährlich)
den Markterfordernissen und der wirtschaftlichen Situation angepasst. Die Einnahmeverantwortung
liegt gesetzlich (PBefG) bei den jeweiligen Partnerunternehmen der VGM/VRL bzw. für die bislang
im Ausschreibungsverfahren vergebenen Schienenverkehre bei den beiden Zweckverbänden ZVM
und ZRL.
Der Facharbeitskreis Tarif/Einnahmeaufteilung der Tarifausschüsse (§3 des Kooperationsvertrages
zwischen ZVM und VGM) bereitet die Entscheidungen der Tarifausschüsse vor. In diesem sind die
Geschäftsführungen aller beteiligten Verkehrsunternehmen und Zweckverbände stimmberechtigt
vertreten. Im Hinblick auf die notwendigen Beschlüsse dieses Gremiums gilt in sehr weitem Maße
das Einstimmigkeitsprinzip.
Ist eine aktuelle Preisanpassung oder eine Strukturveränderung des Münsterland- und Ruhr-LippeTarifes vom Tarifausschuss beschlossen, sind diese Tarifmaßnahmen von den Aufsichtsgremien
aller beteiligten Verkehrsunternehmen und Zweckverbände zu beraten und zu verabschieden. In
Münster sind zudem der Haupt- bzw. Finanzausschuss und der Rat als Gesellschafter der Stadtwerke Münster GmbH zu beteiligen. Erst dann, wenn alle involvierten Institutionen der geplanten
Tarifmaßnahme zugestimmt haben, kann das förmliche Genehmigungsverfahren bei den Bezirksregierungen Münster und Arnsberg durchlaufen werden. Nach Abschluss dieses Verfahrens und
vorliegender Genehmigung tritt der neue Tarif zu einem Stichtag in Kraft.
Zeitlicher Vorlauf für Tarifmaßnahmen
In der Vergangenheit hat es sich als sehr vorteilhaft erwiesen, Tarifmaßnahmen zum 1. August
eines jeden Jahres durchzuführen. Hiermit ist eine weitgehende Synchronität mit dem jeweiligen
Schuljahr und dem wirtschaftlich bedeutsamen Schülerverkehr gegeben.
Um dieses Datum halten zu können, bedarf es allein zwischen dem Beschluss des Tarifausschusses und dem gewünschten Einführungstermins eines zeitlichen Vorlaufes von rund einem halben
Jahr für die Entscheidungen der Aufsichtsgremien, das Genehmigungsverfahren sowie die umfangreichen vertriebstechnischen und werblichen Vorbereitungen.
Inhaltliche Ausgestaltung des Tarifsystems
Die Verkehrsunternehmen in den Verkehrsgemeinschaften und die Eisenbahnverkehrsunternehmen, die über einen Verkehrsvertrag an die Zweckverbände gebunden sind, haben in Abhängigkeit
von ihrer jeweiligen Eigentümer-Situation zum Teil divergierende wirtschaftliche Interessen in der
strukturellen und preislichen Ausgestaltung des Tarifes. Ist bei den bundeseigenen und privaten
Unternehmen zusehends ein stärkeres kommerzielles Interesse zu beobachten, ist für die kommunalen Unternehmen und die Zweckverbände SPNV neben der wirtschaftlichen Auskömmlichkeit
stets auch der verkehrspolitische Auftrag des ÖPNV als Grunddaseinsvorsorge von Bedeutung.
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Hinzu kommt die durchaus unterschiedliche Marktsituation des öffentlichen Nahverkehrs in den
Großstädten und den eher ländlichen geprägten Kreisen.
Insofern ist die strukturelle und preisliche Ausgestaltung des Tarifsystems sowohl von betriebswirtschaftlichen als auch von kommunalpolitischen Interessen geprägt und stets eine filigran austarierter Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Zielvorstellungen.
In der Stadt Münster stellt sich die Struktur der verkauften Fahrkarten anders dar als in den Münsterlandkreisen. So hat in den Kreisen der Schülerverkehr mit Bus und Bahn ein ungleich größeres
Gewicht als in Münster. Hier sind hingegen Berufs- und Versorgungsverkehre einerseits sowie Freizeitverkehre andererseits erheblich stärker vertreten. Insofern haben auch die Zeitkarten und Abonnements außerhalb des Schülerverkehrs ein erhebliches größeres Gewicht. Nicht zuletzt hat auch
das SemesterTicket der Münsteraner Hochschulen wegen seiner großen Nachfrage- und Einnahmewirkung eine entsprechende Bedeutung.
Letztlich dürfen auch die öffentlichen Ausgleichsleistungen für die gesetzlich abverlangte Rabattierung von Schülerzeitkarten und die Freifahrt von Schwerbehinderten nicht unberücksichtigt
bleiben. Es handelt sich hierbei nicht um Zuschüsse oder Subventionen, sondern um einen Zahlungsausgleich des Staates für gesetzlich abverlangte Leistungen. In diesen Bereichen werden in
zunehmendem Maße politisch veranlasste Kürzungen seitens des Landes Nordrhein-Westfalen
(z.B. auf der Grundlage des zwischen Bund und Ländern ausgehandelten „Koch-Steinbrück-Papiers“) vorgenommen. Diese beeinträchtigen die Ertragskraft der Verkehrsunternehmen spürbar.
Mit deutlichen Preissteigerungen oder auch Einschnitten des Fahrplanangebotes versuchen die
Verkehrsunternehmen, die wegbrechenden staatlichen Ausgleichsleistungen wenigstens teilweise
zu kompensieren, da betriebsinterne Rationalisierungspotenziale weitestgehend ausgeschöpft sind
und sich eine weitere Belastung der öffentlichen Haushalte verbietet.
Ausgleichszahlungen
Das nachfolgende Diagramm zeigt
12 %
beispielhaft die Verkaufsstruktur der
Stadtwerke Münster nach FahrkartenSemesterticket
8%
gattungen. Die Erträge des StadtbusSystems werden zu fast 90 % aus den
Fahrgeldeinnahmen und zu lediglich
12 % aus staatlichen AusgleichszahSchülerkarten
lungen bestritten.
Einzelkarten
15 %
Mehrfahrtenkarten
15 %
Tageskarten
2%
18 %
Bild 6-4: Fahrgeldeinnahmen 2004 Stadtwerke Münster
nach Fahrkartenarten (incl. Ausgleichszahlungen für Schülerbeförderung nach §45a und
Schwerbehinderte nach §148 SGB)
Zeitkarten
30 %
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Wachstumspotenziale werden für Münster in der Belebung des Einkaufs- und Freizeitverkehrs gesehen. Diesem wurde bei den Tarifmaßnahmen 2005 durch die Einführung des preislich attraktiven
9 Uhr-Tagesticket („EinkaufsTicket“) Rechnung getragen. Der Einführungspreis für diese
übertragbare Tagesnetzkarte in Münster beträgt 3,30 Euro und berechtigt 1 Erwachsenen mit bis
zu 3 Kindern (bis einschl. 14 Jahre) zur Nutzung des Bus- und Bahnnetzes in Münster. Die Karte ist
montags bis freitags ab 9.00 Uhr bis Betriebsschluss, samstags sowie sonn- und feiertags ohne
zeitliche Einschränkung für beliebig viele Fahrten gültig.
Erhebliche Wachstumspotenziale werden ferner in der Förderung des Abonnements gesehen und
durch preisliche Anreize des Abos gegenüber der frei gekauften Monatskarte unterstützt. So ist
etwa das Abo der Monatskarte um 20 Prozent gegenüber der einzelnen Monatskarte rabattiert.
Beim Firmen-Abo beträgt der Rabatt sogar 30 Prozent. Weitere Rabatte werden in Abhängigkeit
von der Belegschaftsbeteiligung gewährt.
Nachfolgend in Bild 6-5 eine Übersicht über die wichtigsten ab 1. August 2005 gültigen Fahrkarten
und Preise des Münsterlandtarifes in der Stadt Münster.
Fahrkarte
Einzelkarte
Einzelkarte Kurzstrecke
Einzelkarte Kind
Einzelkarte Kind Kurzstrecke
Einzelkarte Fahrrad
4er-Karte
9-Uhr-Tageskarte (Einkaufs- und Freizeitticket) 1 Erw. plus max. 3 Kinder
Tageskarte Mini (1 Person)
Tageskarte Max (5 Personen)
Wochenkarte
Monatskarte
Monatskarte im Abo
Fahrrad Monatskarte/Abo
9 Uhr-Monatskarte
9 Uhr-Monatskarte im Abo
Schüler-Wochenkarte
Schüler-Monatskarte
Schüler-Monatskarte Kurzstrecke
Schüler-Monatskarte im Abo
Schulwegjahreskarte
FUN-Karte
Firma-Abo
Bild 6-5: Fahrkartenarten Münsterlandtarif (Auszug,10.01.2005)
Preis in Euro
1,85
1,15
1,15
0,75
1,00
6,50
3,30
4,60
9,20
15,20
43,50
36,40
15,50
34,50
28,70
12,60
37,70
22,10
31,90
364,00
8,70
31,85
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6.3
Kosten des Stadtbusverkehrs
Die Kosten des Stadtbusverkehrs in Münster werden nachfolgend vor dem Hintergrund des in Kapitel
2.3 dargestellten 3-Ebenen-Modells betrachtet:
• ÖPNV-Management (Nahverkehrsplanung in Zusammenarbeit mit der Stadt Münster,
Betriebsführung gemäß PBefG, Verkehrssteuerung, RBL- und Verkaufsausrüstung von
Fahrzeugen, Verkaufsstellen und Automaten, Streckenunterhaltung, Vertrieb,
Marketing/Kundenservice)
• Operativer Fahrbetrieb (Beschaffung und Instandhaltung der Fahrzeuge einschl. Kraft- und
Betriebsstoffe) der Stadtwerke Münster einschl. Auftragsunternehmer
Entsprechend dem 3-Ebenen-Modell entfallen 77 % der Kosten für das Stadtbussystem Münster auf
den Fahrbetrieb. 23 % der Kosten werden für die ÖPNV-Management-Aufgaben verwandt. Darüber
hinaus sind die Kosten des Aufgabenträgers Stadt Münster zu berücksichtigen (Nahverkehrsplanung,
Lichtsignalbeeinflussung, Bau- und Unterhaltung der ÖPNV-Infrastruktur).
6.4
Finanzierung des Nahverkehrs
Aufgrund der verkehrlichen Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft und der Kosten für die private
Pkw-Benutzung sind kostendeckende Tarife im ÖPNV in aller Regel nicht am Markt durchsetzbar. Von
den Bürgerinnen und Bürger werden die Nahverkehrstarife stets mit den variablen Kosten des PkwVerkehrs und insbesondere mit den Kraftstoff-Preisen verglichen. Allenfalls werden noch die Parkgebühren mit einbezogen. Ein Vergleich mit den Vollkosten eines Pkw findet in der Regel nicht statt.
Dies führt dazu, dass die Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf insbesondere in städtischen Nahverkehrssystemen mit dichtem Liniennetz und Fahrplantakt bei Weitem nicht die Kosten des Nahverkehrs für Investitionen, Unterhaltung, laufenden Betrieb und Verkehrsmanagement decken können. Es
entsteht eine Kostenunterdeckung, die von den finanziellen Gewährsträgern der Verkehrsunternehmen, meist den kommunalen Gebietskörperschaften, ausgeglichen werden muss.
War dies in der Vergangenheit in der Regel der sogenannte jährliche Verlustausgleich durch die Gesellschafter, sind heute in der Regel Kostendeckungsverträge an seine Stelle getreten. Oder der
frühere Verlust wird heute von den kommunalen Gebietskörperschaften als Gesellschaftereinlage
gezahlt. In Großstädten erfolgt die Finanzierung des ÖPNV (Busverkehre sowie Stadt- und U-BahnSysteme) demgegenüber zumeist über den sogenannten steuerlichen Querverbund (siehe unten).
Hierbei sind die EU-rechtlichen Vorgaben (EU VO 1191/81 n.F.) und die EuGH-Kriterien für Ausgleichszahlungen zu beachten.
Die Finanzierung des SPNV erfolgt über zwei Finanzierungswege. Zum einen gewährt der Bund nach
§ 8 des Bundesregionalisierungsgesetzes sogenannte Transfermittel an die Bundesländer. In
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Nordrhein-Westfalen werden diese Mittel nach dem ÖPNVG-NRW an insgesamt neun kommunale
Zweckverbände, die Aufgabenträger für den SPNV sind, weitergegeben. Grundlage für die Verteilung.
Bildet der jährlich aufzustellende SPNV-Finanzierungsplan des Landes NRW. Die Höhe der Transfermittel wird hierin festgelegt und verändert sich von Jahr zu Jahr. Im Jahr 2005 erhält der ZVM
über den SPNV-Finanzierungsplan ca. 66 Mio. Euro.
Neben diesen Transfermitteln bilden die Fahrgelderlöse bzw. die Tarifeinnahmen das weitere finanzielle Standbein des SPNV im Münsterland. Die Höhe der Transfermittel ist dabei unabhängig von
den Tarifeinnahmen. Transfermittel und Tarifeinnahmen zusammen bilden die Grundlage für die
Finanzierung der Betriebs- und der gesamten Infrastrukturkosten (Trassen- und Stationskosten).
Reichen die Finanzmittel in der Summe nicht aus eine bestimmte Leistung zu erbringen, muss das
Leistungsangebot angepasst werden.
Eine vergleichbare Finanzierung für den ÖPNV mit Bussen sowie Stadt- und U-Bahnen gibt es hingegen nicht. Zwar gibt es Finanzhilfen in Form von Investitionszuschüssen, z.B. für Fahrzeuge und
Haltestellen, oder in Form von Ausgleichsleistungen im Bereich Schülerverkehr und Schwerbehindertenfreifahrt. Doch diese stellen keine ganzheitliche Finanzierung der nicht durch Fahrgeldeinnahmen gedeckten Betriebskosten sicher.
Finanzierung des Stadtbus-Verkehrs
Die Kostendeckung des Stadtbus-Systems in Münster konnte in den letzten Jahren durch Rationalisierung- und Optimierungsmaßnahmen auf 69 % gesteigert werden. Dabei konnte in den vergangenen Jahren der Verlust des Verkehrsbetriebes von ca. 14,5 Mio. im Jahr 2000 auf 11,9 Mio.
Euro im Jahr 2003 gesenkt werden.
Diese nicht durch Fahrgeldeinnahmen und Ausgleichsleistungen gedeckten Kosten des Stadtbusverkehrs werden im Rahmen des sogenannten steuerlichen Querverbundes mit den Gewinnen aus
dem Energie- und Versorgungsbereich der Stadtwerke Münster GmbH verrechnet. Durch die Effekte des steuerlichen Querverbundes der Stadtwerke Münster reduzieren sich diese Kosten auf etwa
den hälftigen Wert. Die Stadt Münster zahlt somit nicht direkt für ihr Nahverkehrssystem, sondern
indirekt: Sie erhält eine geringere Gewinnausschüttung der Stadtwerke.
Im Hinblick auf die mittel- und langfristige Finanzierbarkeit des öffentlichen Nahverkehrs in Münster
müssen deshalb die möglichen Stellschrauben (Ertrags- und Kostentreiber bzw. -dämpfer)
• Preis- und Sortimentspolitik des Münsterlandtarifes (Tarifmaßnahmen)
• Fahrplan- und Netzmaßnahmen
• Technische Beschleunigung des ÖPNV durch Busspuren und Lichtsignalbeeinflussung
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• Kostengünstige Erstellung des Fahrbetriebes auf der Grundlage definierter Qualitätsstandards für Personal und Fahrzeuge (Betriebsoptimierung)
in einer sinnvollen, stadtverträglichen Kombination genutzt werden.
Die Kosten des regionalen Busverkehrs der Regionalverkehr Münsterland GmbH auf ihren Schnellund RegioBussen werden vorrangig von den Münsterlandkreisen getragen. Seit dem 1. November
2004 haben die RVM und die Stadtwerke Münster in Abstimmung mit ihren kommunalen Eigentümern einen Kooperationsvertrag geschlossen, der beide Unternehmen zu gleichberechtigten Konzessionsinhabern und Betriebsführern auf allen Schnell- und RegioBus-Linien nach Münster macht.
Im Rahmen dieses Vertrages, der u.a. die Stabilisierung und Weiterentwicklung der Stadt-UmlandVerkehre zum Ziel hat, übernehmen die Stadtwerke Münster eine anteilige Finanzierung mit einer
Obergrenze von 800.000 Euro pro Jahr. Dies entspricht der Hälfte der im Stadtgebiet Münster
anfallenden Betriebsverluste der RVM.
Von der zum DB AG-Konzern gehörenden Westfalen Bus GmbH wird die Sprinterbus-Linie Bocholt
- Borken - Münster (S75) betrieben. Die Stadt Münster beteiligt sich an den jährlichen Kosten. Die
nicht durch Fahrgelderträge und das Sponsoring der Provinzial Versicherung gedeckten Kosten der
Nachtbusverkehre im Umland von Münster werden durch die regionalen Anrainer-Kommunen der
jeweiligen Linien getragen. Allein im Kreis Borken hat der Kreis stellvertretend für seine Städte und
Gemeinden die Finanzierung übernommen.

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