There and then - Rock and Pop in the Movies
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There and then - Rock and Pop in the Movies
...THERE AND THEN AKA: OASIS - THERE AND THEN GROSSBRITANNIEN 1996 R: Dick Carruthers, Mark Szaszy. P: Julian Ludlow. S: Henry Stein. Mischung: Owen Morris. Musiker: Oasis (Liam Gallagher, Sänger; Noel Gallagher, Gitarre, Hintergrundgesang; Paul Arthurs, Rhythmusgitarre; Paul McGuigan, Bassgitarre; Alan White, Schlagzeuger). UA: 14.10.1996 (VHS); 11.12.2001 (DVD). 85min. 1,33:1, Farbe, PAL. Dolby Digital 2.0 / Dolby Digital 5.1. Am 30.8.1994 gaben Oasis mit dem Album Definitely Maybe ihr Debüt und erzielten sogleich einen großen Erfolg: Das Album stieg in England auf Platz eins der Album-Charts. Den internationalen Durchbruch schafften Oasis mit ihrem zweiten Album (What's the Story) Morning Glory, das am 2.10.1995 erschien und zum meistverkauften Album Großbritanniens avancierte. Aus dieser überaus erfolgreichen Zeit Mitte der 1990er Jahre stammen die Aufnahmen für ...THERE AND THEN, kombiniert aus Aufzeichnungen aus den beiden Konzerten am 4. und 5.11.1995 im Earls Court Exhibition Centre in London und einem der Konzerte im „Maine Road“, einem Stadion in Manchester, am 28.4.1996. Regie führte neben Mark Szaszy auch Dick Carruthers. Letzterer führte in späteren Jahren auch für andere Größen der Musikbranche wie The Who, Led Zeppelin, Aerosmith und Bryan Adams Regie. Am 14.10.1996 wurde der als Direct-to-Video-Film produzierte ...THERE AND THEN erstmals auf VHS veröffentlicht. Die DVD erschien erst einige Jahre später im Oktober 2001; sie verfügt neben den Konzertaufzeichnungen über zwei Musikvideos (Roll With It, Acquiesce) und zwei Tonaufnahmen (Wonderwall, aufgenommen am 4.11.1995 im Earls Court Exhibition ROCK AND POP IN THE MOVIES, 1, 2011// 107 Centre, und Champagne Supernova, aufgenommen am 11.8.1996 im Knebsworth Park, Stevenage). Der Film beginnt mit dem Auftritt der Band im Maine Road, Manchester: Mit ausgebreiteten Armen betritt Noel Gallagher die Bühne, das Publikum johlt; nach kurzer Begrüßung beginnt die Band auch schon, ein energievolles rein instrumentales Intro zu spielen. Der Sänger Liam Gallagher betritt die Bühne erst mit deutlichem zeitlichen Abstand zum Rest der Band; auf seine kurze Begrüßung folgt auch gleich der erste Titel: Swamp Song. Die Reihenfolge und Auswahl der Titel für den Film folgt nicht den Vorgaben der ursprünglichen Setlists der einzelnen Konzerte. Sie setzt sich überwiegend aus Titeln des damals aktuellen Albums (What's the Story) Morning Glory zusammen. Nur drei der insgesamt 17 Titel entstammen dem Debütalbum Definitely Maybe, drei andere Titel (Swamp Song, Acquiesce, The Masterplan) erschienen zunächst lediglich als Single-B-Seiten und wurden 1998 auf der Kompilation The Masterplan zusammengefasst. Den Abschluss eines der Konzerte im Earls Court bildet die CoverVersionen von I Am the Walrus (im Original von den Beatles); das aufgezeichnete Konzert im Maine Road Stadion endet mit einer CoverVersion von Cum on Feel the Noize. Die Musik wird von aufwendigen Lichteffekten unterstützt: Durch eine Unmenge an Schweinwerfern wird ein Feuerwerk an Farben gezündet, sobald sich ein temporeicher Sound einstellt. Bei ruhigeren Liedern (wie beispielsweise eine Akustikversion von Morning Glory) verändert sich die Lichtdramaturgie – aus dem Lichtspektakel werden dann Farbund Lichträume, die die Stimmung der Lieder aufnehmen, ihnen szenischen Ausdruck verleihen und die Songs in die Bühneninszenierung hinein verlängern. Die Band selbst bietet allerdings keine spektakuläre Performance, wie man das sonst von Rockbands gewohnt wäre: Die Bandmitglieder stehen in einer Reihe auf der Bühne und spielen ihre Stücke, den Raum der Bühne kaum nutzend, in hingebungsvoller Versunkenheit. Sie interagieren kaum miteinander, kurze Verständigungen via Blickkontakt, offenbar die Koordination und innere Abstimmung der Einsätze betreffend. Auch das Verhalten der Band gegenüber dem Publikum wirkt zurückgenommen, ja sogar unterkühlt: Noel Gallagher, Paul ‚Bonehead‘ Arthurs und Paul ROCK AND POP IN THE MOVIES, 1, 2011// 108 ‚Guigsy‘ McGuigan sind zumeist ganz mit ihren Instrumenten beschäftigt. Nur der Sänger Liam Gallagher bewegt sich freier und kümmert sich auf seinen Streifzügen über die Bühne (allerdings fast nur bei gesangslosen Passagen) um das Publikum. Sein Verhalten hat mit dem, wie man es sonst von einem Rockstar auf der Bühne erwarten würde, kaum etwas gemein: Er wirkt arrogant, wenn er – am Rande der Bühne stehend – ohne sich zu rühren mit stumpfem Blick in das tobende Publikum hineinstarrt oder wenn er es in erkennbar herablassender Manier zum Klatschen auffordert. Gallaghers Art der Selbstinszenierung vermag kaum zu überraschen, realisiert es doch genau das Image des jüngeren Gallagher-Bruders. Generell wird das Publikum aber nur selten überhaupt zu Interaktionen mit der Band aufgefordert (beispielsweise zum Mitsingen animiert), wie das sonst oft auf Konzerten der Fall ist. Der mitmachenden Aktivität der Zuschauer tut dieses aber keinen Abbruch – sie singen auch ohne Aufforderung jedes Lied von der ersten bis zur letzten Strophe mit, signalisieren: Die Stimmung ist ausgesprochen gut! Trotz der Arroganz des Sängers und der interaktiven Unbeteiligtheit der anderen Musiker entsteht so der Eindruck einer großen Harmonie zwischen Bühne und Auditorium. Die Kamera versucht, sie auf verschiedene Weise einzufangen: Bei temporeichen Songs schwenkt sie immer wieder von der Band bzw. Bühne auf das Publikum. Der Raum wird sehr weit geöffnet. Im Maine-Road-Stadion sind Kameras unmittelbar im Publikum installiert, die einen weiten Blick auf die Bühne ermöglichen, der das Gefühl vermittelt, man stünde selbst inmitten der Menschenmasse. Bei ruhigeren Titeln hingegen (wie beispielsweise Cast No Shadow) wird der Raum eingeengt, die Kameradistanzen werden kürzer; die Band bzw. der Sänger rücken in den Mittelpunkt des Bildinteresses (im genannten Beispiel ist es der Sänger, der in Großaufnahmen die Sequenz dominiert). Der Fokus der Regie liegt eindeutig auf den beiden Gallagher-Brüdern; es gibt aber eine ganze Reihe von weiten Aufnahmen der Bühne, die die Band als Ganze zeigen. ...THERE AND THEN synthetisiert Aufnahmen mehrerer Konzerte. Es stellt sich das Problem, wie die einzelnen Szenen harmonisch miteinander verknüpft werden können, ohne dass die Raum- und Lichtunterschiede ROCK AND POP IN THE MOVIES, 1, 2011// 109 der verschiedenen Orte auffällig werden. Szaszy und Carruthers gelingt dies durch das Einfügen von Zwischensequenzen. Dazu verwenden sie Ausschnitte aus Interviews mit den Bandmitgliedern, kleine EinspielSzenen aus dem Backstagebereich, Bilder vom Einlassen der Fans oder vermeintliche „Privataufnahmen“ (Oasis beim Fußballspielen etc.). Diese Einspieler sind rein atmosphärisch gesetzt; sie wirken zusammenhangslos und uninformativ, wollen wohl aber auch gar keinen Blick hinter die Kulissen der Arbeit von Oasis, der Entstehung des Films etc. gewähren. Durch diese Technik des Zusammenschneidens wird auch das ausgeblendet, was während der Pausen zwischen den Liedern geschieht. Der Film glättet das Geschehen, perfektioniert und beschleunigt den Ablauf und unterlegt ihm ein Nummernprinzip, in dem die Songs unvermittelt nebeneinander stehen. Manche mögen dies als ein Verfahren ansehen, das es den Betrachtern des Films ermöglicht, sich ganz den Songs selbst zu widmen; es sollte aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die so strikte Folge der Songs einem Programmprinzip folgt, das letztlich dem Fernsehen entlehnt ist. (Caroline Amann) Tracklist: 1. Programme Start. 2. Swamp Song. 3. Acquiesce. 4. Supersonic. 5. Hello. 6. Some Might Say. 7. Roll With It. 8. Morning Glory. 9. Round Are Way. 10. Cigarettes & Alcohol. 11. Champagne Supernova. 12. Cast No Shadow. 13. Wonderwall. 14. The Masterplan. 15. Don't Look Back In Anger. 16. Live Forever. 17. I Am The Walrus. 18. Cum On Feel The Noize. Rezension: http://www.michaeldvd.com.au/Reviews/Reviews.asp?ReviewID=1095. Bücher zu Oasis: Crispin, Nick / Harrop, Sam: Oasis. London [...]: Wise Publ. 2007, 192 S. Deluermoz, Cyril: Oasis. Paris: Michel 1996, 149 S. Furmanovsky, Jill: Was there then - Oasis: a photographic journey. London [...]: Ebury Press [...] 1997, 143 S. Gallagher, Paul / Christian, Terry: Brothers. From childhood to Oasis. The real story. London: Virgin 1997, xxxi, 256 S., [16] Bl. Hewitt, Paolo: Getting high. The adventures of Oasis. New York: Hyperion 1997, ix, 399 S. -- Dt.: Oasis - die Arroganz der Gosse. St. Andrä-Wördern: Hannibal 1997, 477 S. ROCK AND POP IN THE MOVIES, 1, 2011// 110 Hewitt, Paolo: Forever the people. Six months on road with Oasis. London [...]: Boxtree 1999, viii, 214 S. Jessen, Kai: Oasis - behind the wonderwall. München: Heyne 1997, 138 S. Krugman, Michael: Oasis - supersonic. New York: St. Martin's Griffin 1997, 148 S. Mathur, Paul: Take me there. Oasis, the story. Woodstock, NY: Overlook Press 1997, 257 S. -- Dt.: Bergisch Gladbach: Bastei-Lübbe 1997, 257 S. Middles, Mick: Oasis. Round their way. London: Independent Music Press 1996, 120 S. Robertson, Ian: Oasis - what's the story? London: Blake 1996, ix, 288 S., [16] Bl. Seidl, Christian: Oasis - what's the story? München: Goldmann 1996, 94 S. Shaw, Harry / Gallagher, Noel / Gallagher, Liam: Oasis „talking“. The Gallaghers in their own words. London: Omnibus 2002, 134 S., [4] Bl. -- Dt.: Oasis talking. Berlin: Schwarzkopf und Schwarzkopf 2006, 127 S. Slattery, Paul: Oasis. A year on the road. London [...]: Omnibus 2008, 192 S. -Zuerst: Richmond: Reynolds & Hearn 2004. Empfohlene Zitierweise: Amann, Caroline: ...There and Then. In: Rock and Pop in the Movies 1, 2011. URL: http://www.rockpopmovies.de Datum des Zugriffs: 10.10.2011. Rock and Pop in the Movies (ISSN tba) Copyright © by the author. All rights reserved. Copyright © für diese Ausgabe by Rock and Pop in the Movies. All rights reserved. This work may be copied for non-profit educational use if proper credit is given to the author and „Rock and Pop in the Movies“. ROCK AND POP IN THE MOVIES, 1, 2011// 111