Stein um Stein zum Sieg

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Stein um Stein zum Sieg
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Wochenblatt
Nr. 4, 21. Januar 2015
Frankfurter Autorenpaar verpackt Regeln des „Go“-Spiels in Abenteuergeschichte für Kinder
Stein um Stein zum Sieg
Oberrad (red) – Ein altes
Fischernetz, ein paar Muscheln und einige schwarze
Steine – mehr braucht es
nicht, um die Fantasie von
Antonia und Richard zu beflügeln. Die beiden aufgeweckten Neunjährigen, die
sich viel lieber mit ihren
Spitznamen „Ata“ und „Ri“
anreden, sind die Protagonisten im ersten gemeinsamen Buch des Autorenpaares Carolin Seck und Gunnar Dickfeld. Ihr Werk „Ata
und Ri im Reich der Steine“
birgt nicht nur eine Abenteuergeschichte für Kinder,
sondern gleichzeitig auch
die Regeln eines Jahrhunderte alten Spiels: Go.
Was sich chinesische Meister eigentlich vor langer Zeit
im fernen Asien ausdachten, kommt Ata und Ri an
einem verregneten Ferientag in den Sinn. Um der
Langeweile zu entgehen,
breiten die Kinder mit ihrem Freund, dem Fischer,
ein altes Fangnetz auf dem
Boden aus. „Ich habe eine
Idee“, brummelt der alte
Seebär aus seinem Vollbart.
„Man muss sich das Spiel
wie eine Insel vorstellen,
auf der zwei Armeen ihre
Grenzen abstecken“, erklärt Gunnar Dickfeld. Statt
Zaunpfähle gäbe es eben
Spielsteine.
„Interessant
wird das Spiel, wenn die Armeen die gleichen Gebiete
für sich beanspruchen.
Dann kommt es zu Kampfhandlungen. Man behindert den Gegner, wiegt ihn
auch gern in falscher Sicherheit.“ Durch das Fangen von Steinen gingen die
imaginären Zäune auch
schnell zu Bruch.
Idee kommt an
Gunnar Dickfeld und Carolin Seck spielen eine Partie Go gegeneinander.
Ata und Ri sollen auf dem
Netz ein Spiel spielen. Weiße Muscheln und schwarze
Steine dienen als Figuren,
die Schnittstellen der Fäden
werden zu Spielfelder. Ziel
ist es, mit seinen eigenen
Spielsteinen die des Gegners einzukreisen. Wer die
meisten gegnerischen Steine auf diese Weise fängt, hat
gewonnen. Den Kindern
macht das neue Spiel solchen Spaß, dass sie es kurzerhand nach sich benennen: „Atari“.
Und damit steckt der Leser
bereits mitten in der Welt
des Go-Spiels. Während
das Brettspiel in Deutschland noch ein Schattendasein fristet, erfreut es sich
vor allem in asiatischen
Ländern großer Beliebtheit.
Koreanische Fernsehsender
übertragen rund um die Uhr
Das Buch gibt es auch im Set Partien, Profi-Turniere locken mit Preisgeldern von
mit Spielbrett und Steinen.
umgerechnet bis zu 300000
Euro. „Wie es in Deutschland für Eltern normal ist,
ihre Kinder zum Fußball zu
bringen, liefern japanische
ihren Nachwuchs in GoSchulen ab“, sagt Gunnar
Dickfeld.
Einfacher als
Schach
Der 38-jährige kennt sich
aus. Seit fast 20 Jahren lässt
ihn das Spiel nicht mehr
los. Alles begann mit einem
Zeitungsartikel, der Go mit
Schach verglich. „Aber Go
hat wesentlich mehr Möglichkeiten, keine Partie ist
wie die andere“, sagt Dickfeld. „Außerdem sind die
Regeln viel einfacher. Es
gibt nur eine Art von Spielsteinen und keine Damen,
Könige und Pferde, die nur
in bestimmte Richtungen
ziehen dürfen. Die Grund-
Fotos: Klauß
regeln sind daher schnell erklärt.“
Um vor allem Kindern den
Einstieg trotzdem noch
leichter zu machen, konzentrieren sich Dickfeld
und Seck in ihrem Buch
erstmal nur auf eine von
zwei Spielfacetten: das Fangen der gegnerischen Steine. Zudem lassen sie Ata
und Ri auf einem kleinen
Spielfeld mit neun mal
neun Feldern antreten.
Fortgeschrittene Go-Spieler
nutzen Bretter mit 19 vertikalen und horizontalen Linien. Dadurch entstehen
381 Schnittstellen, auf denen die Spieler ihre Steine
platzieren. Neben dem Fangen von Steinen geht es dabei nun vor allem auch um
das Abstecken von Gebieten. Alle Felder, die von eigenen Spielfiguren vollkommen umschlossen sind,
zählen später einen Punkt.
Zwölfjährigen, auch ankommt, haben Dickfeld
und Seck bereits testen
können. „Carolin sitzt als
Grundschullehrerin sozusagen an der Quelle“, sagt
Dickfeld und lacht. An der
Steinheimer GeschwisterScholl-Schule hat die 36jährige bereits eine japanische Projektwoche durchgeführt, in der Gunnar
Dickfeld als Go-Spieler zu
Gast war. Das Brettspiel
kam bei den Kindern so gut
an, dass die beiden Frankfurter später auch eine GoFerienwoche anboten. Mit
unerwartetem
Erfolg.
„Nach der Woche spielten
plötzlich auch Kinder Go in
der Schule, die gar nicht an
den Ferienspielen teilgenommen hatten“, berichtet
Seck. „Über Geschwister,
Freunde und Klassenkame-
raden hat sich das Spiel rasend schnell verbreitet.“
Damit noch mehr Kinder
das unterhaltsame Spiel für
sich entdecken können, haben Seck und Dickfeld ein
Dreivierteljahr an ihrem
Buch gearbeitet. Das fertige
Werk ist nun in Buchhandlungen und auf der Seite
www.brett-und-stein.de erhältlich. Zwar enthält es
auch eine detaillierte Bastelanleitung für ein eigenes
Go-Spiel, allerdings ist das
Buch auch im Set inklusive
Steinen und Brett erhältlich. Wer Lust hat, Go einmal gegen andere Spieler
auszuprobieren, kann sich
direkt an Gunnar Dickfeld,
[email protected], wenden
oder sich auf der FacebookSeite von „Go Frankfurt“
über regelmäßige Spieletreffs informieren.
„Für die Kinder reicht es
aber erst einmal, wenn sie
sich auf das Fangen konzentrieren“, sagt Carolin
Seck. „Alles andere kann
später noch gelernt werden.“
Für Ata und Ri ist ihre Geschichte aber damit noch
lange nicht zu Ende. Ehe sie
sich versehen, katapultiert
sie eine fremde Macht ins
Reich der Steine. Und die
weißen und schwarzen
Knubbel wollen natürlich
nur eines: Spielen. Anna
und Ri müssen bestimmte
Aufgaben lösen, um wieder
in die Realität zurückzukehren. Dabei lernen sie
spielerisch die Grundzüge
der vereinfachten GoForm. Der Name „Atari“ ist
dabei kein Zufall. Es ist der
Fachbegriff, wenn ein Stein
nur noch ein freies Feld neben sich hat, bevor er vollständig umzingelt ist.
Dass ihr Konzept bei ihrer Ein Dreivierteljahr Arbeit steckten Lehrerin Carolin Seck und
Zielgruppe, den Acht- bis Bankkaufmann Gunnar Dickfeld in ihr Buch.
Bauland bis zu 30 Prozent teurer

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