Vormerkung und Vorkaufsrecht - schmidt

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Vormerkung und Vorkaufsrecht - schmidt
Universitätsrepetitorium der
HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN
Vorlesung Immobilienrecht,
Vormerkung, Vorkaufsrecht
29. Februar 2016
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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A. Vormerkung
I. Grundlagen
1. Ausgangspunkt: § 925 BGB
2. Vormerkung ein dingliches Recht?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 27. 10. 2006 - V ZR 234/05, NJW 2007, 508
Die Klägerin verkaufte der Beklagten ein Grundstück. Der Kaufpreis
sollte nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung fällig sein. Die
Klägerin hatte das Grundstück allerdings von einem Dritten gekauft
und war noch nicht als Eigentümerin eingetragen. Deshalb trat sie dem
Beklagten die Auflassungsvormerkung ab, die ihr der Dritte bestellt
hatte. Sie meint, der Kaufpreis sei jetzt fällig geworden, und verlangt
Verzugszinsen, weil die Beklagte die Zahlung ablehnt. Was meinen
Sie?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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II. Anspruch
1. Schuldrechtlicher Anspruch
2. gegenwärtiger oder künftiger Anspruch
3. unbedingt oder bedingter Anspruch
4. Bestimmbarer Inhalt
5. Anspruch auf dingliche Rechtsänderung
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 10. 10. 2008 - V ZR 137/07, NJW 2009, 356 und v. 29. 6.
2012 - V ZR 27/11, NJW 2012, 3431
Immobilienkaufmann V sucht einen Käufer für sein Grundstück. Am 25.
November unterbreitet der dem Kaufinteressenten K ein notarielles, drei Monate
geltendes Kaufangebot. Danach war K zwar berechtigt, an seiner Stelle einen
Dritten zu bestimmen, für den das Angebot gleichermaßen gelten sollte, nicht
aber war er befugt, das Recht auf Annahme des Angebots oder den Anspruch
auf
Übereignung
abzutreten.
Zur
Sicherung
des
Anspruchs
auf
Eigentumsübertragung wurde unter Bezugnahme auf die Bewilligung in dem
Angebot eine Vormerkung für K in das Grundbuch eingetragen. Am letzten Tag
der Frist benannte K die Klägerin als Käuferin, für die die vollmachtlos
handelnde Notariatsangestellte das Kaufangebot annahm. Die Klägerin
genehmigt das zwei Wochen später. Ein Woche zuvor hatten die Beklagten die
Eintragung von Zwangssicherungshypotheken erwirkt. Nach Ihrer Eintragung
verlangt
die
Klägerin
von
den
Beklagten
die
Löschung
der
Zwangssicherungshypotheken. Zu Recht? BGH: nein Wie wäre es, wenn die
Zwangssicherungshypotheken nach Eintragung der Klägerin eingetragen worden
wären? BGH: ja
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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6. Sog. Aufladung
Vormerkung kann zur Sicherung eines neuen deckungsgleichen
(kongruenten) Anspruchs verwendet werden (BGH, Urt. v. 16. 11.
1999 – V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 182 f.). Das gilt auch für die
Erweiterung eines Anspruchs, ohne diesen in seinem Kern zu
verändern (BGH, Urt. 7. 12. 2007 – V ZR 21/07, NJW 2008, 578).
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 7. 12. 2007 -
V ZR 21/07, NJW 2008, 578
E überträgt 1993 unter Vorbehalt eines Wohnrechts sein
Hausgrundstück auf seine Tochter T. E darf das Grundstück
zurückverlangen, wenn die T es zu seinen Lebzeiten belastet,
veräußert oder baulich verändert. Die T wird als Eigentümerin, für E
die in dem Vertrag vorgesehen Vormerkung zur Sicherung seines
Rückübertragungsanspruchs eingetragen. 1998 ergänzen T und E ihren
Vertrag dahin, dass E das Rückübertragung auch verlangen darf, wenn
über das Vermögen der T ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren
eröffnet würde, und auch dies durch die eingetragene Vormerkung
abgesichert sein soll. Das Grundbuchamt vermerkt auf der bei den
Grundakten befindlichen Ausfertigung des Vertrages vom 15. Oktober
1993 "s. auch Ergänzungserklärung vom 5. Mai 1998, UR-Nr. 247/98,
Notar S.". 2005 wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der T
eröffnet. E verlangt von der Insolvenzverwalterin die Rückübertragung
des Grundstücks. Zu Recht? BGH: ja, vgl. auch BGHZ 143, 175
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BGH, Beschl. v. 10. 5. 2012 - V ZB 156/11, BGHZ 193, 183
Der Schuldner verkaufte 2003 sein Grundstück, vereinbarte mit der Käuferin ein
befristetes, durch eine Vormerkung gesichertes Rückkaufsrecht und ein Jahr
später die Rückabwicklung des Vertrags, die auch erfolgte. Dabei sollte die
Vormerkung übernommen werden. Er verkaufte das Grundstück an einen
Dritten, der die Vormerkung übernahm. Dieser Kaufvertrag ist bislang nicht
vollzogen. Der Schuldner wurde am 8. April 2005 wieder als Eigentümer
eingetragen und bestellte der Bank des Käufers eine vollstreckbare Grundschuld
zur Finanzierung des zweiten Kaufvertrags, die am 28. Juli 2005 in das
Grundbuch eingetragen wurde. Am 11. September 2006 pfändete ein anderer
Gläubiger den durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs des Schuldners. Die
Gläubigerin beantragte die Zwangsversteigerung, die das Vollstreckungsgericht
am 17. August 2007 anordnete. In dem zweiten Termin zur Versteigerung am
19. Januar 2011 blieb die Beteiligte zu 4 Meistbietende. Im geringsten Gebot
war die Vormerkung zwar aufgenommen, aber mit dem Wert 0 € angesetzt
worden.
Der
Schuldner
und
der
Pfändungsgläubiger
erheben
Zuschlagsbeschwerde. Zu Recht? BGH: im Ergebnis nein
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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III. Belastungs- und Sicherungsgegenstand
1. Belastungsgegenstand
2. Sicherungsgegenstand
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BGH, Beschl. v. 15.11.2012 - V ZB 99/12, NJW 2013, 934
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind zu gleichen Teilen Miteigentümer des
im Rubrum genannten Grundbesitzes. Mit notarieller Urkunde vom 12.
Dezember 2011 überließen sie jeweils 4/10 der Anteile an ihre Tochter,
die Beteiligte zu 3, und erklärten die Auflassung. Dabei behielt sich
jeder der Veräußerer den Nießbrauch an dem von ihm überlassenen
Anteil vor. Zudem vereinbarten die Beteiligten unter bestimmten
Voraussetzungen Rückforderungsrechte der Beteiligten zu 1 und 2, die
sich ebenfalls auf die jeweiligen Anteile bezogen und zu deren
Sicherung die Beteiligte zu 3 jeweils die Eintragung von zwei
Vormerkungen bewilligte. In den in der Urkunde enthaltenen
Grundbuchanträgen wird die Eintragung der Vormerkungen jeweils "an
dem (…) veräußerten Miteigentumsanteil" bewilligt und beantragt. Das
Grundbuchamt lehnt die Eintragung ab. Zu Recht?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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IV. Eintragungsvoraussetzungen
1. Bewilligung
2. einstweilige Anordnung
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BGH, Urt. v. 14. 7. 2000 - V ZR 384/98, NJW 2000, 3496
Frau M war als nicht befreite Vorerbin Eigentümerin eines Grundstücks,
das
sie
dem
A
verkaufte.
Sie
bewilligte
ihm
eine
Auflassungsvormerkung, die auch im Grundbuch eingetragen wurde. In
dem Kaufvertrag hieß es, ihre Tochter T müsse dem Vertrag
zustimmen, was diese jedoch ablehnte. Daraufhin schloss sie mit T
einen Überlassungsvertrag, der im Grundbuch vollzogen wurde.
Nunmehr verlangt A von T Zustimmung zu seiner Eintragung in das
Grundbuch. Dringt er damit durch? BGH: nein
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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V. Sicherungswirkung
1. Kein Eintragungshindernis
2. Relative Unwirksamkeit
3. Sicherungswirkung in Insolvenz und Zwangsversteigerung
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 14. 9. 2001 - V ZR 231/00, BGHZ 149, 1
Der Kläger ist Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen des
T. T und X gehörte ein Grundstück, dessen Verkauf sie dem B 30. März
unwiderruflich und formgerecht anboten. Das Angebot konnte bis zum
30. Juni des nächsten Jahres angenommen werden. Sie bewilligten B
eine Vormerkung, die im April eingetragen wurde. Den Kaufpreis von
125.000 € zahlte B noch im selben Jahr. Im Oktober wurde T insolvent,
das Insolvenzverfahren eröffnet. Im März des Folgejahres nahm B das
Angebot formgerecht an. Der Kläger meint, ein wirksamer Kaufvertrag
sei nicht zustande gekommen, weshalb auch die Vormerkung erloschen
sei. Er hat die Beklagten im Wege der Grundbuchberichtigung zunächst
nur auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung in
Anspruch genommen, hilfsweise nur insoweit, als diese den
Miteigentumsanteil des Schuldners T. betrifft. Was meinen Sie? BGH:
vormerkungsgesicherter Anspruch insolvenzfest.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 22.01.2009 - IX ZR 66/07, NJW 2009, 1414
Klamm erwirbt von Alt ein Grundstück und verpflichtete sich in dem
Kaufvertrag, einem Nachbarn ein Dienstbarkeit zu bestellen. Er
verkauft das Grundstück an die Eheleute Fleißig weiter, die den
Kaufpreis auf Notaranderkonto zahlen, wie sie das Grundstück frei von
den bestehenden Grundpfandrechte erwerben sollen. Eingetragen ist
Klamm nicht. Um die Eintragung der Dienstbarkeit im versprochenen
Rang zu erreichen, lässt der Notar die Vormerkung löschen, verwendet
den Kaufpreis zur Ablösung der Grundpfandrechte und lässt dann die
Vormerkung wieder eintragen. Da die Dienstbarkeit eingetragen ist,
kommt es zunächst nicht zur Umschreibung des Grundstücks. Die
Eheleute Fleißig treten zurück. Über das Vermögen des Klamm wird
das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter verlangt die
Löschung der Vormerkung, die die Eheleute Fleißig von der
Rückzahlung des Kaufpreises abhängig machen wollen. Geht das?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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VI. Verwirklichung: Zustimmungsanspruch
1. Grundsatz: keine vormerkungswidrigen Verfügungen
2. Schutz des Eingetragenen
3. Schutz in der Zwangsversteigerung
4. Geltendmachung schon vor eigenem Rechtserwerb
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 20. 7. 2007 - V ZR 245/06, NJW-RR 2008, 102
Der Eigentümer eines Hinterliegergrundstücks in Brandenburg nutzt
seit Jahrzehnten das Vorderliegergrundstück der Stadt. Diese verkauft
es an V, der sich verpflichtet, dem E eine Grunddienstbarkeit
einzuräumen. V verkauft den hinteren Teil seines Grundstücks an den
D und den vorderen an die Kläger. Im Vertrag mit den Klägern heißt
es, für D müsse noch ein Geh- und Fahrrecht eingetragen werden, dass
auch
E
nutzen
werde.
V
bewilligt
den
Klägern
eine
Eigentumsvormerkung, die eingetragen wird. Danach bewilligt er D und
E das Geh- und Fahrrecht, das die Kläger nicht hinnehmen. Sie
verlangen nun von E, es zu unterlassen, ihr Grundstück zu betreten
oder zu befahren. Zu Recht? BGH: nein.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 2. 7. 2010 - V ZR 240/09, BGHZ 186, 130
Mit notariellem Vertrag vom 30. März 2006 kaufte der Kläger ein
Grundstück von einer GmbH, welches ihm lastenfrei übertragen werden
sollte.
Seit
Mai
2006
ist
zu
seinen
Gunsten
eine
Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Im Oktober 2008
wurde zugunsten des Beklagten eine Zwangssicherungshypothek
eingetragen. Die Eigentumsumschreibung auf den Kläger ist noch nicht
erfolgt. Der Kläger verlangt von dem Beklagten, die Löschung der
Zwangssicherungshypothek zu bewilligen. Zu Recht? BGH: ja.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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VII. Gutgläubiger Erwerb
1. Anspruch: nein
2. Vormerkungsschutz: ja
VIII. Anwendung des allgemeinen Schuldrechts
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BGH, Urt. v. 31.10.1980 - V ZR 95/79, NJW 1981, 446
Paul ist durch Testament seiner Eltern zu deren Alleinerben eingesetzt
und nach deren Tod als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen
worden. Am Schluss des Testaments heißt es, dass seine Schwestern
und deren Kinder Erben sein sollen, wenn er kinderlos versterben
sollte. Paul macht Frieda Kuhn am 31. 5. 2010 das bis zum 31. 5. 2012
verbindliche Angebot, sein Grundstück für 500.000 € zu erwerben, und
bewilligt ihr eine Vormerkung, die auch eingetragen wird. Später wird
ein Widerspruch gegen das uneingeschränkte Eigentum von Paul
eingetragen, um die Rechte der Schwestern zu sichern. Frieda Kuhn
nimmt das Angebot termingerecht an und wird als neue Eigentümerin
eingetragen. Sie verlangt von den Schwestern des Paul Zustimmung
zur Löschung des Widerspruchs. Zu Recht? BGH: ja.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 4.12.2015 - V ZR 202/14, juris
Die Kläger kauften von den Schuldnern der Beklagten ein Grundstück,
an dem zu ihren Gunsten am 26.5.2009 eine Auflassungsvormerkung
eingetragen wurde. Am Ende eines Streits über die von den Schuldner
geschuldeten Nacharbeiten wurden die Verkäufer verurteilt, dem
Vollzug der Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf die Kläger nach
Maßgabe des notariellen Vertrags zuzustimmen. In dem Urteil wird
festgestellt, dass den Verkäufern ein Anspruch auf Zahlung eines
weitergehenden Kaufpreises nicht zusteht. Die Kläger wurden
eingetragen und verkauften das Anwesen weiter. Die Auflassung an die
Käufer scheitert bislang daran, dass die Beklagten die Löschung von
nach der Vormerkung eingetragenen Zwangssicherungshypotheken
verweigern. Die Klägern versprachen den Käufer Ersatz der
Vorfälligkeitszinsen und verlangen von den Beklagten, die schon zur
Zustimmung zur Auflassung verurteilt worden sind, Ersatz. Zu Recht?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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B. Vorkaufsrecht
I. Zweck des Vorkaufsrechts
1. Absicherung langfristiger Mietverträge
2. Absicherung von Erweiterungs- und ähnlichen Interessen
II. Arten der Vorkaufsrechte
1. schuldrechtliches Vorkaufsrecht (§§ 463 ff. BGB)
2. dingliches Vorkaufsrecht (§§ 1094 ff. BGB)
3. Verhältnis von schuldrechtlichem und dinglichem Vorkaufsrecht
4. gesetzliches Vorkaufsrechte (§ 2034 BGB, § 25 BauGB)
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 22.11.2013 - V ZR 161/12, NJW 2014, 660
Die Klägerin verkaufte dem Beklagten ein Teileigentumsrecht, bestellte
ihm eine Auflassungsvormerkung und vereinbarte mit ihm, dass der
Vertrag durch die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Streithelferin
auflösend bedingt sein solle. Die Streithelferin übte das Vorkaufsrecht
aus. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Bewilligung der
Löschung der Auflassungsvormerkung, die dieser ablehnt, weil das
Vorkaufsrecht nicht bestehe. Es stellt sich heraus, dass der
Streithelferin bei dem Erwerb eines anderen Teileigentumsrechts ein
Vorkaufsrecht eingeräumt worden war, dessen Eintragung aber
versehentlich nicht beantragt worden war. Der Streithelferin sollte aber
auf jeden Fall der Zugriff auf das Teileigentumsrecht, das sie gemietet
hatte, gesichert werden. Was meinen Sie?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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III. Unterschiede zwischen den Vorkaufsrechten
1. Form der Bestellung:
Schuldrechtliches Vorkaufsrecht: § 311b Abs. 1 BGB
Verpflichtung zur Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts: § 311b
Abs. 1 BGB
Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrecht: § 311b Abs. 1 (?), §§
873, 1094 BGB
Gesetzliches Vorkaufsrecht: weder Beurkundung noch Eintragung
2. Übertragbarkeit
Schuldrechtliches Vorkaufsrecht: § 473 BGB
Dingliches Vorkaufsrecht: § 1094 Abs. 2 BGB
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Revisionssache V ZR 96/15
Die Erblasserin setzte einen Testamentsvollstrecker und ihren Enkel
als Erben ein. Der Testamentsvollstrecker verkaufte mit Zustimmung
des Enkels eines von zwei Grundstücken, das Vorderliegergrundstück,
an die Kläger. Bei den Verhandlung über den Kaufvertrag sprachen die
Beteiligten ab, dass der Enkel für das ihm verbleibende
Hinterliegergrundstück eine Grunddienstbarkeit und die Kläger ein
dingliches Vorkaufsrecht an seinem Grundstück für den ersten
Verkaufsfall erhalten sollten. Die Rechte wurde eingetragen. Der Enkel
verkauft nun sein Grundstück. Die Kläger üben fristgerecht ihr
Vorkaufsrecht aus. Der Enkel verlangt von ihnen Zustimmung zur
Löschung. Zu recht?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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3. Vorkaufsfälle
Schuldrechtliches Vorkaufsrecht: nur für den ersten Vorkaufsfall
Dingliches Vorkaufsrecht: § 1097 BGB auch für mehrere oder für
jeden Vorkaufsfall
Gesetzliches: nur für einen Vorkaufsfall
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 22.06.2007 - V ZR 269/06, NJW 2007, 2699 –
Vorkaufsrecht I
Die Kläger sind Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus.
Jahre nach der Anmietung wurde das Hausgrundstück von dem Sohn
des Beklagten zu 1 gekauft, der im Januar 1999 als Eigentümer in das
Grundbuch eingetragen wurde. Im Folgenden wurde das Grundstück
nach
dem
Wohnungseigentumsgesetz
geteilt.
In
einem
Zwangsverwaltungs- und Zwangsversteigerungsverfahren veräußerte
der Sohn mit Zustimmung der Gläubigerin u.a. die von den Klägern
bewohnte Eigentumswohnung an den Beklagten zu 1, der am 10. März
2004 als Eigentümer eingetragen wurde. Mit notariellem Vertrag vom
4. Mai 2004 verkaufte der Beklagte zu 1 die Wohnung an die Beklagte
zu 2, zu deren Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen
wurde. Jetzt üben die Kläger ihr Vorkaufsrecht als Mieter nach § 577
BGB aus. Mit Erfolg? BGH: nein
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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4. Wirkung
Schuldrechtliches Vorkaufsrecht: zwei Kaufverträge, § 464 Abs. 2 BGB
Dingliches Vorkaufsrecht: zwei Kaufverträge und Vormerkungswirkung,
§§ 464 Abs. 2, 888 BGB
5. Inhalt
Bei beiden: Inhalt entspricht dem Vertrag mit dem Dritten,
ausgenommen Bedingung der Nichtausübung des Vorkaufsrechts,
Rücktrittsvorbehalte und Vollzugsvollmachten.
5. Absicherung
Schuldrechtliches Vorkaufsrecht: keine, evtl. Vormerkung
Dingliches Vorkaufsrecht: § 1098 Abs. 2 BGB: Vormerkungswirkung
Gesetzliches Vorkaufsrecht: individuell, teilweise Grundbuchsperre
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Beschl. v. 21. 6. 2012 – V ZB 283/11, NJW-RR 2012, 1483
Notar N beurkundete einen nach dem Grundstücksverkehrsgesetz
genehmigungspflichtigen Kaufvertrag, durch welchen der Verkäufer
dem Drittkäufer ein Grundstück für 40.000 € verkaufte. Drei Monte
später teilte die Genehmigungsbehörde mit, dass die Genehmigung zu
versagen sei und die Siedlungsgesellschaft das Vorkaufsrecht nach
dem Reichssiedlungsgesetz ausgeübt habe. Dieser Bescheid wurde
bestandskräftig. Einige Monate später beurkundete N die Auflassung
des verkauften Grundbesitzes an die Gesellschaft, wobei sowohl sie
selbst als auch der Verkäufer durch eine Angestellte des Notariats
vertreten wurden. N lehnt den Vollzug der Auflassung ab. Der Vertrag
sei nicht wirksam, weil in dem Kaufvertrag eine wesentliche Absprache,
ein Recht zur Weiterbenutzung einer Scheune, nicht beurkundet
worden sei. Zu Recht?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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IV. Gegenstand des Vorkaufsrechts
1. Mit dem Vorkaufsrecht kann nur das ganze Grundstück/das ganze
Erbbaurecht oder ein Miteigentumsanteil an dem Grundstück/eine
Mitberechtigung an dem Erbbaurecht belastet werden.
2. Gesichert kann im Grundsatz nur der Anspruch auf Erwerb des
ganzen Grundstücks/Erbbaurechts, eines realen Grundstücksteils
oder des Miteigentumsanteils.
3. Wenn aber Kollisionen ausgeschlossen sind, kann auch der Anspruch
auf Verschaffung eines noch nicht bestehenden ideellen
Miteigentumsanteils an dem Grundstück oder Erbbaurecht gesichert
werden.
4. Gesetzliche Vorkaufsrechte erfassen normalerweise nur das ganze
Grundstück oder eine Miteigentumsanteilen. Der Gesetzgeber ist
aber frei und kann es im Einzelfall anders regeln.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 11. 7. 2014 - V ZR 18/13, NJW 2014, 3024
Die Kläger sind Inhaber eines Wohnungserbbaurechts, für das ein dingliches
Vorkaufsrecht für alle Vorkaufsfälle für die Dauer des Erbbaurechts besteht. Der
Insolvenzverwalter der ursprünglichen Eigentümerin des Erbbaugrundstücks bot
den Kläger den Erwerb eines ihrer Beteiligung am Erbbaurecht entsprechenden
Miteigentumsanteils an dem Erbbaugrundstück an. Das war den Klägern zu
teuer, während andere Wohnungserbbauberechtigte entsprechende Angebote
akzeptierten. Der Insolvenzverwalter gründete für die Schuldnerin eine KG und
brachte formgerecht in diese KG das Erbbaugrundstück und 86 weitere
Erbbaugrundstücke ein. Am gleichen Tag verkaufte er die Anteile an der KG für
rund 8 Mio. € an einen Investor. Die Kläger verlangen von dem
Insolvenzverwalter und der KG die Einräumung eines Miteigentumsanteils an
Erbbaugrundstück Zug um Zug gegen Zahlung von 15.000 €. Zu Recht? BGH: ja
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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Mietervorkaufsrecht II: BGH, ZWE 2014, 118
Die Beklagte vermietete der Klägerin eine von vier Wohnung in ihrem
Mietshaus.
Ende
Januar
2009
erwirkte
sie
eine
Abgeschlossenheitsbescheinigung. Mitte März 2009 verkaufte sie das
ungeteilte Anwesen an drei Erwerber für 120.000 €. Diese ließen noch
am gleichen Tag und bei demselben Notar eine Teilungsvereinbarung
gemäß § 3 WEG beurkunden. Die Umschreibung des Eigentums
erfolgte Ende Juli 2009. Am 14. März 2011 erklärte die Klägerin
gegenüber der Beklagten, dass sie das auf § 577 BGB gestützte
Vorkaufsrecht ausübe. Sie beantragt die Feststellung, dass zwischen
ihr und der Beklagten ein Kaufvertrag über die von ihr angemietete
Wohnung zum Preis von 30.000 € zustande gekommen ist. LG und
OLG haben die Klage abgewiesen. Was sagt der BGH?
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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Lösung
Feststellungsantrag
Begründet, wenn Kaufvertrag zustande gekommen ist
Zustandekommen des Kaufvertrags
1. Ausgangspunkt: § 464 Abs. 2 BGB
2. Bestehen des Vorkaufsrechts?
a) Überlassen einer Wohnung
b) „Wohnungseigentum begründet werden soll“
- vorhandenes Wohnungseigentum
- Verpflichtung zur Schaffung von Wohnungseigentum
Beispiel: BGH, NJW 2014, 3024
- Aber nicht: bloß später entstehendes Wohnungseigentum
Fazit hier: kein Kaufvertrag
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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VI. Vorkaufsfall
1. Wirksamer Kaufvertrag nach Begründung des Vorkaufsrecht
OLG Rostock, OLGR 1998, 410
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 1. 10. 2010 - V ZR 173/09, NJW 2010, 3774
Der Beklagte verkaufte seiner Freundin am 13. Juli sein Reihenhaus in
der Form von Wohnungseigentum für 110.000 €. Zugunsten der Kläger
ist in dem Grundbuch ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle
eingetragen. Der Beklagte behielt sich in dem Vertrag das Recht zum
Rücktritt für den Fall vor, dass die Erklärung der Berechtigten über die
Nichtausübung ihres Vorkaufsrechtes dem Notar nicht bis zum 1.
August vorliegt. Der Fall trat ein. Der Beklagte und seine Freundin
hoben den Vertrag am 2. August wieder auf. Am 13. August übten die
Kläger ihr Vorkaufsrecht aus und verlangen jetzt die Übertragung des
Wohnungseigentums, hilfsweise Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung,
sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die nach
der Teilungserklärung erforderliche Zustimmung des Verwalters zu
dem Verkauf war am 13. August noch nicht erteilt. Hat die Klage
Erfolg? BGH: nein, aber nur, weil die Zustimmung fehlte.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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2. keine anderen Verträge
Schenkung (BGH. Urt. v. 27. 10. 1967 - V ZR 157/64, BGHZ 49, 7)
Tausch (BGH, Urt. v. 11. 12. 1963 - V ZR 41/62, NJW 1964, 540)
Dienstbarkeit (BGH, Urt. v. 26. 9. 2003 - V ZR 70/03, NJW 2003,
3769)
Einbringung in Gesellschaft (OLG Stuttgart, BB 2001, 794)
Achtung!
Anders liegt es, wenn die Einbringung mit einem Verkauf der
Gesellschaftsanteile verbunden wird, dann kaufähnliches Geschäfts
BGH, Urt. v. 27. 1. 2012 – V ZR 272/10, NJW 2012, 1354.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 26. 9. 2003 - V ZR 70/03, NJW 2003, 3769
A und B sind Miteigentümer eines Ackers, an dem der Klägerin ein im
Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht zusteht. Mit notariellem
Vertrag vom 18. Juli bestellten A und B ihren Freunden C und D gegen
Zahlung von 200.000 €, zahlbar in jährlichen Raten zu 20.000 €
beginnen ab Oktober, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zur
Ausbeutung einer Teilfläche des Ackers von rund 15.000 m² als
Steinbruch für 99 Jahre. C und D müssen die ausgebeuteten Flächen
bei Rückgabe nicht auffüllen, bepflanzen oder rekultivieren. Auf die
Mitteilung des Notars über die Bestellung der Dienstbarkeit übte die
Klägerin das Vorkaufsrecht aus und verlangt von A und B die
Übertragung
des
Ackers
im
Umfang
des
eingeräumten
Ausbeutungsrechts Zug um Zug gegen Zahlung von 102.000 € und von
A und B die Bewilligung der Löschung der Dienstbarkeit. Zu Recht?
BGH: nein
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 27. 1. 2012 – V ZR 272/10, NJW 2012, 1354
Die Kläger sind Inhaber eines Wohnungserbbaurechts, für das ein
dingliches Vorkaufsrecht für alle Vorkaufsfälle für die Dauer des
Erbbaurechts besteht. Der Insolvenzverwalter der ursprünglichen
Eigentümerin des Erbbaugrundstücks bot den Kläger den Erwerb eines
ihrer Beteiligung am Erbbaurecht entsprechenden Miteigentumsanteils
an dem Erbbaugrundstück an. Das war den Klägern zu teuer, während
andere
Wohnungserbbauberechtigte
entsprechende
Angebote
akzeptierten. Der Insolvenzverwalter gründete für die Schuldnerin eine
KG und brachte formgerecht in diese KG das Erbbaugrundstück und 86
weitere Erbbaugrundstücke ein. Am gleichen Tag verkaufte er die
Anteile an der KG für rund 8 Mio. € an einen Investor. Die Kläger
verlangen von dem Insolvenzverwalter und der KG die Einräumung
eines Miteigentumsanteils an Erbbaugrundstück Zug um Zug gegen
Zahlung von 15.000 €. Zu Recht? BGH: ja
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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3. Beispiele für Umgehung des Vorkaufsrechts
a) VGH München, NJW 1996, 2321
Eine in einem Naturschutzgebiet liegende Halbinsel soll verkauft
werden. Um das gesetzliche Vorkaufsrecht nach Art. 34 BayNatSchG zu
umgehen, wird ein Tauschvertrag geschlossen, in welchem der
Eigentümer der Halbinsel Streuobstwiesen und eine namhafte
Draufzahlung erhalten soll. Das wurde als Vorkaufsvertrag gewertet.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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b) BGH, Urt. v. 9. 2. 1990 - V ZR 274/88, BGHZ 110, 230
Ein Grundstück, das mit einem dinglichen Vorkaufsrecht belastet ist,
soll verkauft werden. Die Parteien vereinbaren in dem Kauf noch einen
Verzichtsvertrag, wonach der Vorkaufsberechtigte - vertreten durch
eine Vertragspartei als vollmachtslose Vertreterin- auf die Ausübung
des Vorkaufsrechts verzichtet. BGH: Wenn keine Aussicht auf
Genehmigung durch den Berechtigten besteht, ist das eine Umgehung
des Vorkaufsrechts. Es wird nämlich das Recht vereitelt, selbst
anzukaufen (§ 464 Abs. 2 BGB).
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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c) BGH, Urt. v. 11. 10. 1991 - V ZR 127/90, BGHZ 115, 335
Ein mit einem Vorkaufsrecht belastete Grundstück wird nicht
verkauft. Der Eigentümer bietet dem Erwerbsinteressenten
vielmehr das Grundstück formgerecht unbefristet und
unwiderruflich zum Kauf an und bestellt ihm einen
Auflassungsvormerkung. Der Erwerber nimmt das Kaufangebot
nicht an, lehnt es aber auch nicht ab. Er lässt sich vielmehr
einen umfassenden Nießbrauch und eine Grundschuld bestellen.
Außerdem erhält er einen umfassende Veräußerungs- und
Belastungsvollmacht und den Besitz unter Zurechnung aller
Lasten und Nutzungen des Kaufobjekts. Der Kaufpreis wird
gezahlt.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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d) BGH, Urt. v. 20. 3. 1998 - V ZR 25/97, NJW 1998, 2136
Der
Eigentümer
verkauft
seine
vorkaufsrechtsbelastete
Eigentumswohnung dem Erwerber nicht. Er schließt mit diesem
vielmehr in einem "Erbvertrag", in dem er diese Wohnung dem
Erwerbsinteressenten
gegen
Zahlung
eines
bestimmten
Betrages mit der Verpflichtung vermacht, zu seinem Lebzeiten
Verfügungen über die Wohnung (einschließlich Maßnahmen der
Zwangsvollstreckung) zu unterlassen, und sichert diese
Unterlassungspflicht
durch
einen
bedingten
vormerkungsgesicherten Übereignungsanspruch und anderen
Abrede (Nießbrauch usw.) ab.
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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VI. Ausübung des Vorkaufsrechts
1.
Form: § 464 Abs. 1 Satz 2 BGB
2.
Frist: bei Grundstück 2 Monate ab vollständiger Mitteilung
des Vertrags, § 469 BGB
3.
Mehrheit von Berechtigten:
a) Gemeinsame Ausübung, § 472 Satz 1 BGB
b) Anwachsung bei Nichtausübung, § 472 Satz 2 BGB
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 23. 6. 2006 - V ZR 17/06, BGHZ 168, 152
Die Beklagten kauften 1996 einen Miteigentumsanteil an einem
Hausgrundstück, das mit einem dinglichen Vorkaufsrecht zugunsten
des Klägers belastet war. Der Kläger, dem der Vertrag übersandt
wurde, verzichtete auf sein Vorkaufsrecht "für das Hausobjekt". 2002
übertrugen die Verkäufer den Beklagten auch noch ein hinter dem
Hausgrundstück liegendes Gartengrundstücke ohne Gegenleistung,
weil der damals gezahlte Kaufpreis dieses Grundstück abdeckte. Dieser
Vertrag wurde dem Kläger nicht angezeigt. Er erfuhr später davon und
machte mit Schreiben vom 30. 9. 2002 sein Vorkaufsrecht an dem
Gartengrundstück geltend. Zu Recht? BGH: ja (Aufhebung und
Zurückverweisung
nur
wegen
eines
Rechenfehlers
beim
Zurückbehaltungsrecht nach § 1100 BGB)
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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BGH, Urt. v. 3. 3. 2009 - V ZR 157/08, NJW-RR 2009, 1172
Den Klägern gehört ein mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in
Brandenburg. Der Stadt gehört das angrenzende 543 qm große
Grundstück, das zwischen 1982 und 1986 an Garagennutzer vermietet
und mit insgesamt elf Garagen bebaut wurde. Acht der insgesamt elf
Garagen mit einer Grundfläche von 200 qm werden noch auf Grund
solcher Verträge von Dritten genutzt. Eine Doppelgarage mit einer
Grundfläche von 55 qm nutzt der Kläger selbst. Die Restfläche des
Grundstücks beträgt von 248 qm. 2005 verkaufte die Beklagte das
Garagengrundstück an die Kläger zu einem Preis von 8.145 € unter
Hinweis auf das Vorkaufsrecht der Garagennutzer nach § 57
SchuldRAnpG. Daraufhin übten diese Nutzer und die Kläger je für sich
das Vorkaufsrecht aus. Die Beklagte veräußert das Grundstück an die
Garagennutzer und den Kläger unter Bewilligung einer Vormerkung.
Die Kläger verlangen Auflassung an sich. Zu Recht? BGH: nein
(c) Johanna Schmidt-Räntsch, Vormerkung, 29. 2. 2016
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