Samstags-Werkstätten,1. Halbjahr 2014

Transcrição

Samstags-Werkstätten,1. Halbjahr 2014
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie finden hier Gedicht- und Übungs-Beispiele aus den Samstags-Werkstätten des ETAINA-Verlags (1. Halbjahr) 2014. Uns geht es um den spielerischen Umgang mit Sprache, das gemeinsame Schreiben und Ausprobieren. „Finger-Übungen“, Wortspielereien, Sprach-Experimente, immer wieder
auch traditionelle Strophenformen und Reime, dienen der Anregung, dem
Weiter- und Überarbeiten zu Hause. Sie zeigen die unerschöpflichen Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Lyrik und bilden die theoretische Basis. Ohne dieses Hintergrundwissen fehlte uns die Grundlage dichterischen
Schreibens.
Die Samstags-Werkstätten stehen allen am Gedichte-Schreiben interessierten Frauen offen, die Teilnahmeplätze sind allerdings begrenzt. Wir arbeiten in kleinen Gruppen (zu sechst bis acht), auch beim „Schreiben im Öffentlichen Raum“ (höchstens
zehn Teilnehmerinnen), wenn es heißt: „Werkstatt unterwegs!“
Jede Teilnehmerin entscheidet für sich, eigene in der Werkstatt oder im Anschluss daran entstandene Gedichte für die Internet-Präsentation des ETAINA-Verlags freizugeben. Daher finden Sie hier nicht alle entstandenen Texte. Einen Einblick in die
Vielfalt, die Freude, den Spaß und auch in die Herausforderungen an diesen Schreibnachmittagen, den finden Sie hier ganz
bestimmt.
Die Werkstätten, die uns – neben der Arbeit an Grundsätzlichem in meiner „Kreativ-Küche“, auf der Terrasse, im Garten – im
Lauf dieses Jahres an besondere Orte führen werden, z.B. in einem Künstlergarten, in und auf den Schaumberg-Turm, in
Ateliers und Ausstellungen, in den öffentlichen Raum, … finden Sie unter: www.etaina.net – „Impressionen“ 2014 als eigene
Übersichten.
Sie möchten mehr wissen über unsere Samstags-Werkstätten oder sich anmelden?
Schicken Sie uns eine Mail ([email protected]) oder rufen Sie uns an (06853/25 26).
Werkstätten, die von VHS und anderen Trägern unter meiner Leitung angeboten werden, sind für Frauen und Männer gleichermaßen offen.
Die „Sprach-Spielerinnen“:
Die erste Werkstatt fand im November 2007 statt, und seither recht regelmäßig ein Mal im Monat, samstagnachmittags. Wo
wir schon überall bei „Werkstatt unterwegs“ geschrieben haben, das finden Sie unter www.etaina.net – „Impressionen“.
Die „Sprach-Spielerinnen“ gestalteten bereits etliche Lesungen im gesamten Saarland sowie die Ausstellung „Wenn Wörter
tanzen“ in der Johann-Adams-Mühle in Theley und veröffentlichten inzwischen fünf Gedichtbände:
-
Gipfel – Kunst – Gedichte, 2009, ISBN 978-3-9812234-6-0, 14,00 €
Wenn Wörter tanzen, 2011, ISBN 978-3-9814110-3-4, 14,50 €
Annäherungen – Gedichte zu Portrait-Zeichnungen von Georg Cadora, 2012, ISBN 978-3-9814110-6-5, 14,50 €
Traum, Tanz, Tatkraft – Frauen-Gedichte zum Int. Frauentag (08. März) der Vereinten Nationen, 2012, ISBN 978-39814110-7-2, 14,50 €
Über die Hügel wehen Verse – Hommage an Johannes Kühn, 2014, ISBN 978-3-9815780-3-4, 15,00 €
Alle Gedichtbände sind beim ETAINA-Verlag erhältlich. Weitere Buchprojekte sind bereits in Planung.
Die Online-Präsentation der Werkstatt-Ergebnisse wird ständig aktualisiert.
Viel Freude beim Lesen …
& die „Sprach-Spielerinnen“
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass keinerlei Abschrift, Kopie, Vervielfältigung oder sonstige Nu tzung der Gedichte, Fotos, Illustrationen … gestattet ist. Alle Arbeiten und Fotos unterliegen dem Urheberschutz.
Senryu
Januar 2014 – Vertiefungen
Schneeflocken rieseln
auf breite Rabenflügel
Tagweiß auf Nachtschwarz
Aufgreifen einzelner Themen aus 2013
Der Unterschied zwischen Haiku & Senryu, nicht immer ist
eine eindeutige Zuordnung möglich. Eins der folgenden Wörter (in beiden Formen das gleiche) soll enthalten sein:
Schneeflockenliebe
schwebt in lichtweißen Silben
zu meinem Herzen
Regenpfütze – Schneeflocken – Eiszapfen – Eisregen –
Abenddämmerung – Matsch – Raureif – Schneelast
Jäh im Eisregen
habe ich an dich gedacht
zitternd nach Wärme
Haiku
In Regenpfützen
spiegelt sich blauer Himmel.
Dunst steigt von Straßen.
Die Abenddämmerung
streichelt die Ährengarben
zu leuchtendem Gold
In Regenpfützen
blaut der Himmel. Sonne glänzt,
lässt Dunst aufsteigen.
Matsch auf den Wegen
und regenschwere Sträucher
vermissen Wärme
beide: MMK
Senryu
In Regenpfützen
Spielen Kinder Kapitän,
vergessen die Zeit.
Weiß auf den Zweigen
von Schneelast lautlos betäubt
atmet die Landschaft
Ozeanriesen
aus Papier. Regenpfützen
werden Weltmeere.
An Fenstersimsen
beschwört Winterzeit frostig
klirrende Eiszapfen
beide: MMK
Haiku
Haiku
An Fenstersimsen
hängen sie lang und frostig
schimmernde Eiszapfen
Schneeflocken tanzen
vor meinem Fenster Schatten
Auf den Straßen Matsch
Irmgard E.
Raureif fällt ins Gras
reiht schmale Silberfäden
um den Dornenbusch
Senryu
Von Raureif umweht
Spüre die Kühle der Nacht
tanze mit Feen
alle: Ursula S.
Eiszapfen glitzern
Schneekristalle funken Licht
Wintersonnenschein
Irmgard E.
Haiku
Abenddämmerung
lässt Felder, Wege schimmern.
Im Schnee Fußspuren.
Senryu
Jahreszeitgeschenk:
große Eiszapfen am Haus
im Haus – kein Geschenk
Schneefelder schimmern
in der Abenddämmerung.
Meine Spuren auch.
beide: Monika M.
Haiku
Abenddämmerung im
Schaumberger Land. Schneefelder
leuchten golden auf.
Die Regenpfütze
verschlingt alle Schneeflocken
zurück bleibt nur Matsch
alle drei: MMK
In Regenpfützen
schmelzen alle Schneeflocken
zurück bleibt nur Matsch
Senryu
Abenddämmerung
Der Himmel feuerfarben
Bald ist Weihnachten
beide: Karin S.
MMK
Golden der Schimmer.
Auf dem Schaumberger Land liegt
Winterdämmerlicht.
Unwirtliche Flur
Regenpfützen auf braunem Weg
doch ich bin daheim
Ursula S.
Ursula S.
Senryu
Schneeflocken fallen
auf Regenpfützenspiegel
Erkennen vergeht
Karin S.
Senryu
Ein neuer Bund
Klirrende Kälte
Eiszapfen an der Dachrinne
Spitzen-Bruchgefahr
Altes Jahr
blick mit mir zurück
gefesselt
noch von dir
stehe ich
auf der Schwelle
Augenblicke
wägen
was gewesen
Graue Schneewolken
Wind wirbelt weiße Flocken
Knirschende Schritte
beide: Barbara W.
Haiku
Straßen regennass
Wasser in flachen Pfützen
Wolkenspiegelung
Neu
startet
die Zeit
gegen
Tränenströme
Barbara W.
Senryu
Dicke Schneeflocken
berühren kahle Äste
rasten im Baumherz
vorsichtige Zuversicht
Matschig der Winter
Keine Schneeflockenträume
erfüllen sich mir
Mit Fragezeichen
bewegt sich
die Welt
Ursula S.
Eisregenkörner
treffen – erstarrte Tränen
schmelzen barmherzig
alle: Ursula S.
Thema für Elfchen: „Gute Vorsätze?“
Dieses
und jenes
und noch mehr –
Vieles gäb’s zu ändern:
Silvesternacht
MMK
Meine
Wünsche begehren
mit guten Vorsätzen
in das Neue Jahr
Erfüllung
Irmgard E.
Gute Vorsätze?
Feuerschein
loderndes Papier
Altes darf gehen
Gute Vorsätze steigen himmelwärts
Rauchopfer
Jahreswechsel
Ein friedliches neues Jahr
für Syrien
Südsudan und
Wolgograd
Karin S.
Silberblau
zitternde Wellen
bewegen die Zeit
erwarten alle meine Vorsätze
Jahresflut
Ein hoffnungsvolles Jahr
für Fukushima
die Philippinen und
die Elbe-Donau-Regionen
Ein kluges neues Jahr
für die „Groko“
Rom und
die Großen unserer Welt
Rotglühend
oft vorbeigeschrammt
auf schattigem Grund
wer hätte das gedacht
Dankfinale
Ein mutiges neues Jahr
für Pussy Riot
für dich und mich
beide: Ursula S.
Monika M.
Vorsätze?
Warum? Wozu?
Jedes Jahr wieder –
und dann noch gute!
Streik!
Gefühle
Lasst sie mir
meine Welt
in meiner Stille lebe ich
MMK
Schleier
vor meinem Gesicht
einem Spinnnetz gleich
Abnehmen
Weniger essen
Obst und Gemüse
Abends ein Teller Suppe
Dünn
meine Augen
nach Innen gerichtet
verschlossen meinen Mund
Blutrot meine Gefühle
loslassen
kann ich noch nicht
Sport
Jeden Tag
Hoch das Bein
Täglich Laufen und Radfahren
Fit
beide: Barbara W.
Lebe nun
in meiner Welt
der Stille
eins mit mir
Irmgard E.
Vorsätze
an Silvester –
nicht mit mir!
Erst recht keine guten –
wozu?
Luftstrom
Mühsam der Weg
die Lebensnetze nicht immer fest gewebt
löchrig der doppelte Boden
das Eis brüchig und
unbeständig die Winde
MMK
Prosit Neujahr
Neujahrsnachtrummel
viele schummeln
verkünden gute Vorsätze
wie im vorigen Jahr
warum?
Nur mein Schritt – unbeirrt
MMK
Wegweiser
Monika M.
Feurige Wirbel
Turbulenzen
ein Gang
wohin? woher?
ein Netz im Gang
haltlos – das Netz
zwecklos – das Netz
Fische – Fehlanzeige
Zur Kalligraphie v. Margarete Rothe-Schwade: Immer offen
der Kreis – nach einem Gedicht v. Rose Ausländer
Aus geschlossener Form
braun und rot
fällt zerbröseltes Ich
Eierschale, fest umschließend,
Inneres tropft lautlos heraus.
Monika M.
Gedanken (Grafik von M. Rothe-Schwade)
Schöne Spanierin
verhüllt mit Spitzenschleier
glutvollen Blick
Gedanken fließen aus dem Kopf
gehen verloren für immer
Langsam zerfließt
das Kurzzeitgedächtnis
Schöne Spanierin
glutvoller Blick
hinter Schleiern
alle drei: Karin S.
Die Erinnerungen im
Langzeitgedächtnis lösen sich auf
Das Ich macht sich davon
die Kultur entschwindet
Haken und Ösen
hält uns das Leben bereit –
lasst es und feiern!
Glück bei Gedankenfetzen
mit kindlichem Gemüt
MMK
Demenz
Barbara W.
Zur Werbekampagne der Sparkasse Birkenfeld
„Gestern noch in der Schule
Heute schon auf der Karriereleiter“
Starke Frauen halten die Karriereleiter
für vermeintlich starke Männer
die unbedarft die höchste Stufe erreichen
dann blind vor Eifer von der Höhe stürzen
Und den Weg freimachen
für starke Frauen
Barbara W.
Ein “Gegengedicht” schreiben zum folgenden Gedicht:
Einsamer Tag am Fenster (Irmgard Keun, 1905-1982)
(Amsterdam 1939)
Schmähpreis: Die Goldene Runkelrübe 2013 – Der Award für herausragend schlechte Personalkommunikation ging an die Kreissparkasse Birkenfeld für das obige Plakat (die abschreckendste
Stellenanzeige);
http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,937270,00.html
Wolken werden Kissen
Und ich träum gen Himmel,
Als wolle ich in alten Märchenbüchern lesen,
Als wolle ich in weichem Schimmer sanft verwesen,
Die Erde lieben, doch nichts von ihr wissen.
Die Märchenbücher hab ich längst zerrissen.
Doch unter meinem Fenster steht ein Schimmel,
Vor einen Heringskarren hat man ihn gespannt.
Bringt er mir Glück?
Ich kann doch Glück nicht mehr ertragen.
Ich flehe um die Antwort auf des Jammers Fragen?
Karriereleiter
Gestern noch in der Schule –
und da waren sie meist die Besseren
Das Fell des Schimmels scheint den Wolken wohl verwandt.
Ein Baum singt Lieder, fremd und süß bekannt.
Es gibt ja Glück.
Erst auf der Karriereleiter
holen die Männer sie ein
bremsen sie aus
Fröhlicher Tag auf der Gartenbank
und brauchen sie doch
zum täglichen Überleben!
Schäfchenwolken, laue Luft,
ich träume in den Mai,
möchte in die Sonne singen.
Die Lieder hab ich nicht vergessen.
Doch mein Gesang scheint mir vermessen.
Viel fröhlicher die Vögel klingen,
als lockten Freude sie herbei.
Keine Frage –
Anfangs laufen sie den Mädchen hinterher
Richtige Kerle
Raufen lieber als dass sie lernten
Immer vorneweg nur bei PARTY
Erst auf der Karriereleiter
Rennen sie den Frauen davon und atmen
Erleichtert auf
Zeitige Rosen schenken Duft,
so früh in diesem Jahr.
Pankratius könnte Frost entfachen!
Können Rosenblätter lachen?
beide: MMK
Ein Schmetterling! Gefahr!
Die Katze stutzt, schleicht an und springt
ins Leere. – Nichts war‘s mit dem Beutemachen!
Können Schmetterlinge lachen?
Karrieresprung
Auf der Mauer, auf der Lauer
steht ein stolzes Jungchen.
Seht euch mal dies Jungchen an,
ob das Jungchen stehen kann – ?
– Ohne seine Halterinnen
fällt's vielleicht in Straßenrinnen ...
(Bums, das war's dann wohl!)
Ein winziger Spatz! Ob sein Flugversuch gelingt?
Die Alten locken ihn zum Baum.
Jetzt hocken sie vereint,
zwitschern laut und wachen.
Können Spatzenkinder lachen?
Monika M.
Ein Nachbar grüßt. Wir witzeln übers Leben.
Die Bauchmuskeln erbeben
bei unserem Späße-Machen.
Ja, Menschen können lachen!
Das ist Glück!
Monika M.
Siebenmeilenstiefel
Fröhlicher Tag auf der Gartenbank
Schatten verwandeln sich in Licht
Braune Wüste wird zum blauen Meer
Ich lese und ich träume
verlasse meine inneren Räume
Kleine Sterne funkeln schon bereit
Schäfchenwolken, laue Luft,
ich träume in den Mai,
möchte in die Sonne singen.
Die Lieder hab ich nicht vergessen.
Doch mein Gesang scheint mir vermessen.
Viel fröhlicher die Vögel klingen,
als lockten Freude sie herbei.
Verwunschene Buchstaben tanzen leicht
Himmel malt mit blauem Pinselstrich
Hin zum Süden fliege ich
Augen glühen hell im Glück
Neugierig zeigt sich mein Gesicht
Tage, Monde ... schmieden das Gedicht
Zeitige Rosen schenken Duft,
so früh in diesem Jahr.
Pankratius könnte Frost entfachen!
Können Rosenblätter lachen?
Siebenmeilenstiefel decken mir den Tisch –
Märchenland verzaubert dich und mich
Ein Schmetterling! Gefahr!
Die Katze stutzt, schleicht an und springt
ins Leere. – Nichts war‘s mit dem Beutemachen!
Können Schmetterlinge lachen?
Welch ein Glück.
Ursula S.
Ein winziger Spatz! Ob sein Flugversuch gelingt?
Die Alten locken ihn zum Baum.
Jetzt hocken sie vereint,
zwitschern laut und wachen.
Können Spatzenkinder lachen?
Freiheit
Die Kinder sind aus dem Haus
Der Ehemann ist verstorben
Ein Nachbar grüßt. Wir witzeln übers Leben.
Die Bauchmuskeln erbeben
bei unserem Späße-Machen.
Ja, Menschen können lachen!
Trauer macht sich breit – eine Zeitlang
Doch dann ist Freiheit angesagt
Sie wandert
zuerst allein, später mit Freunden
Das ist Glück!
Monika M.
Raschelndes Laub
begleitet ihre Schritte
Gartenglück
Sie freut sich
an Luft und blauem Himmel
Wiesen und Feldern
an Blumen und Vögeln
Blumen verwandeln sich in Sterne
Zum Himmel werden Wiesen
Ich träume mich in alte Bücher
Schmiege mich in wollene Tücher
Am Weg wacht die Laterne.
Träumend schaut sie den Wolken nach
genießt den Wind
der zärtlich ihr Haar zerzaust
Das Leben tobt so ferne.
Und sie spürt Glück
Im Zwielicht scheint’s türkisen
Der Abend ist entflammt
Mein stilles Glück
Himmelslichter, Großer Wagen
Antworten auf alle Fragen
Barbara W.
Friedlicher Tag im Garten
Bäume werden Drachen
Ich denk an Stoppelfelder
an Sagen und Legenden
vom Anfang und von Welten-Enden
will aus meinem Tagtraum nicht erwachen.
Im Hals erstickt mein Lachen.
Vorm Gartenzaun ertönt der Feuermelder
Fehl-Alarm – ich atme auf
Oh, welch ein Glück!
Mein Blick streift über Blumen, Beeren
hinüber zu den Koniferen
Dazwischen schlängelt sich ein Wasserlauf
Im Sonnenlicht glänzt er hell auf
Der Tag ist Glück.
MMK
Sternschnuppe am Fenster lang geschrammt
Heller Schein fließt hin wie Samt
Ja, das ist Glück.
MMK
Die Lösung der Teile vom Körper in moderner Lyrik als
Entper-sönlichung des Ich (s. Rilke u. v.a. Expressionisten)
Strom
Ich-Entfremdung; Ich-Vereinzelung: in einer immer mehr entfremdeten, auseinanderfallenden Welt, fällt auch das Ich auseinander in einzelne Teile.
Meine Füße auf dunklem Boden
Beine in mechanischer Bewegung
Arme steinkalt
Hände leer –
spürt pochendes Herz
Hände
legt euch darauf
Blutstrom in Armen
Beine aktiviert Sensoren
lenkt die Füße in
meine Richtung
Handschlag
Füße berühren Boden
tauchen in Nachtkälte
spüren Tau
Kitzeln –
die Beine emporsteigend
vibrierend im Bauch
Arme erreichend
Brodeln in der Kehle
Hände
schlagt das Lachen
aus meinem Mund
MMK
Das Lied von der Freude
Arme und Hände
gleitet
wie Flügel
MMK
Beine und Füße
geht –
voller Erwartung
Erinnerung
Augen
seht ein Zeichen
im Herbstlaubrot
Augen in undurchdringlichem Dunkel
Stirn vor steinkalter Mauer
Mund mit brüchigem Wort
Hand mit dem Kreidestück
erinnert
erinnert meinen Namen
Stirn
verbinde
das Wort F r e u d e mit Sonne
Auf die Mauer
schreib ihn Hand
Stirn denk ihn
Auge sieh ihn vor dir
meinen Namen
klar und
eindeutig sprich ihn aus
Mund
Mund
sag‘ es lachend
sing‘ es dem Ohr
für die Ohren
klingt
das Lied von der Freude –
für dich
meinen Namen
MMK
möge es nie enden
Ursula S.
-
Füße zum Gehen
Beine zum Stehen
Hände zum Greifen
Kopf zum Be-greifen
oder nur
damit es nicht
in den Hals regnet ...?
Das Prosa-Gedicht:
Mir ist auf der Straße ... - Victor Hugo (1802-1885)
Karin S.
Mir ist auf der Straße ein sehr
armer junger Mann begegnet,
der verliebt war. Sein Hut war alt,
sein Mantel abgetragen; Wasser
rann durch seine Schuhe. Aber
Sterne zogen durch seine Seele.
Einblick
In der Pflastersteingasse
Augen
grüne Augen –
im Spiegel seht mich an
nach: Mir ist auf der Straße ... (Victor Hugo, 1802-1885)
Seht Sternenstrahlen
Sonnenblick und
streift mir übers Haar
Legt mir ein Lächeln
ins Gesicht
MMK
In der Pflastersteingasse ist mir eine sehr,
sehr alte Frau begegnet. Klein und schmal
war sie und ganz in Schwarz gekleidet in
längst aus der Mode gekommenem Stil. Sie
ging mit vorsichtigen Schritten, den Blick
auf das unebene Pflaster gesenkt. Als sie
mich bemerkte, blieb sie stehen und sah
zu mir hin. Aus ihren Augen strahlte der
Himmel mich an.
MMK
nach: Mir ist auf der Straße ... (Victor Hugo, 1802-1885
Begegnung
nach: Mir ist auf der Straße ... (Victor Hugo, 1802-1885)
Ich träumte letzte Nacht
ich wäre ein Vogel
und flöge davon.
Ich kam nicht weit.
Der Wecker klingelte.
Sie lief durch die Stadt
bepackt mit einer großen Tasche
voller leerer Flaschen
Von dem Erlös wollte sie sich
eine Kinokarte leisten
Ihr Lieblingsfilm
lief heute zum letzten Mal
Im Radio hörte ich
eine Sendung über
Grenzerfahrungen.
Am Limit fahren.
Am Limit leben.
Da kam ihr gebückt und
mit schlurfenden Schritten
ein alter Mann entgegen
der in jeden Mülleimer schaute
und leere Flaschen suchte
Im Koma liegen. –
Auch
eine Erfahrung der Seele
beide: Karin S.
Spontan schenkte sie ihm
ihre Flaschen
Der Mann schenkte ihr
ein glückliches Lächeln.
Barbara W.
Am Rand des großen Platzes
nach: Mir ist auf der Straße ... (Victor Hugo, 1802-1885)
Am Rand des großen Platzes traf ich
auf ein Kind, das in einer Pfütze spielte,
weltentrückt. Seine Finger malten Wolken
und Blumen in den Matsch. Als es mich
anschaute, war mir, als sähe ein Engel mich an.
Februar 2014
– Altbekanntes in neuem Kontext – Ungewöhnliches zum Querdenken
MMK
„WORTSEGEL“-Schreibwettbewerb (Gem. Tholey) für Schulen
2014 – Christian Morgenstern – zehn Zitate zur Auswahl
Im Tanzlokal
nach: Mir ist auf der Straße ... (Victor Hugo, 1802-1885)
im Tanzlokal saß sie am Tisch,
gefesselt an ihren Rollstuhl.
Die Beine gefühllos, traurig, die Augen.
Sehr fest hielten ihre Hände das Glas; ohne Durst.
Doch als die Musik erklang,
tanzten ihre Schultern im Rhythmus der Melodien
Ursula S.
An meiner Haustür...
nach: Mir ist auf der Straße ... (Victor Hugo, 1802-1885
An meiner Haustür stehen zwei
Männer, die mir Segenswünsche bringen.
Klatschnass sind sie, der Regen
tropft von ihren Mützen, rinnt über
ihre Jacken, auch ihre Schuhe
sind durchnässt von all den tiefen
Pfützen auf den Straßen.
Sie reiben sich die kalten Hände. Doch
aus ihren Augen leuchtet Wärme.
Onkels Lattenzaun
C. Morgenstern-Zitat
Monika M.
Es war einmal ein Lattenzaun
mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.
Das sagte jüngstens Onkel Hans
zu Hildegard, der dummen Gans.
Seither durchstreift sie alle Gassen,
Geheimnisvolles zu erfassen,
was sie dann, ihr ahnt es wohl,
hinausposaunt in Dur und Moll.
Die Dorfapostel sich entrüsten:
Wie kann sie sich nur derart brüsten?
Und die Moral von der Geschicht:
Trau Lattenzaun und Onkel nicht!
Monika M.
Laß die Moleküle rasen
Es ist ein Knie
C. Morgenstern-Zitat
Laß die Moleküle rasen
Saß die Lokemüre lasen
Maß die Kolelüme nasen
ta bumm
ba tumm
ta bumm
M.R.K.
Lass die Moleküle rasen …
C. Morgenstern-Zitat
… in meinem Hirne und
überall und
hin und her und
kreuz und quer von
oben nach unten von
unten nach oben und
diagonal
C. Morgenstern-Zitat
Es ist ein Knie.
Es ist mein Knie.
sonst nichts
Könnte ich es einfach
austauschen
sonst nichts
in die Ecke
schmeißen
sonst nichts
mich von ihm
verabschieden
sonst nichts
die Schmerzen
ausblenden
sonst nichts
den Arzt
verklagen
sonst nichts
ein Neues
einschrauben.
Es ist nur ein Knie –
mein Knie
sonst nichts
Ach, wie erschöpft
solche Raserei –
mich allemal
Karin S.
und doch – ich fühl‘ mich frei
nach all der querundkreuzen Raserei
und hab‘ noch – so ganz nebenbei
Kunst geschaffen
Ein Knie
MMK
Nach C. Morgenstern-Zitaten
An der Straßenecke
weint ein Kind
dicke Tränen steinerweichend
mein Knie - mein Knie
ich tröste
puste
streichele über das verletzte Knie
und sage:
Es ist mein Knie –
tut weh wie nie
Gebrauch es immer
mit Gewimmer
Ach, es ist doch nur ein Knie,
ein Knie – sonst nichts
Jetzt ist es repariert
und läuft wie geschmiert.
Schon hüpft es wieder
voller Übermut
in heller Mittagssonne
Die Klingel schellt
Der Hund bellt
Junge Tage …
Jahre vergehen
Der beißt den Gast
der eine Klage verfasst.
Wie tausend Flammen
brennt
der Schmerz im Knie
Das Krokodil
frisst sehr viel
Vergessen hat das Kind von damals
meine Worte nicht
Heute hochbetagt
flüstert die Frau:
Plötzlich ein Knall
Das Krokodil ist all.
Ach, es ist doch nur ein Knie,
ein Knie – sonst nichts
und spürt
einen Hauch
von Frühling
Das Rennpferd rennt
Der Jokey pennt
Das Ziel verpasst
Es droht ihm Knast
Ursula S.
alle drei: Barbara W.
Spür ich Leben
Schreiben zu Zeichnungen v. J. Kühn
Schaumrot
umglüht mich Feuerschein
Auf dem Podest
stehe ich
erstarrt
die Füße bezwungen
in hartem Dreieckmetall
1
2
3
In: Johannes Kühn 80 – Und es scheint, als sei im Kopf ein
gütiges Feuer angezündet; Edition Schaumberg, 2014,
ISBN 978-3-941095-25-0
Zu 1
Arme, Beine
am Körper festgepresst
die Schultern verwachsen
Eine bunte Krone
umschließt mich spiralförmig
demütigt mich
Spür ich Wärme
Kälte
spür ich Leben –
Verschmähte Liebe
Du hast mir dein Gesicht geschenkt
Ich habe es verloren
Dein Glühen ist mir genug
fließt durch mich doch
jedes Wort
M.R.K.
mein Feuerherz
wird überleben
Feuer
Ursula S.
mal Feind mal Freund
Zu 3
mein flammender Begleiter
der Weg sei unser Ziel
nicht die Asche
Der gefangene König
Monika M.
Klatschmohnrot glüht der Himmel
in seinem luftigen Reich
Zu 2
Falken und Habichten fühlt er sich nah
doch in schwarzen Fesseln gebunden
sind Arme und Herz
Zuhause
Die Bretter des Flusses
tragen nicht
nicht mein Haus
nicht mein Boot
nicht mich
Raben sind mit ihm –
hundert mal hundert und mehr
Mein Hüttenpalast
hält keinem Wetter stand
nur dem Licht
Nur sein Blick in dunkle Höhlen ist frei
Dort schweift sein Wesen umher in
verborgenen Seen voller Sterne und
das Rauschen ferner Bäume singt
ihm im Ohr
Steine wachsen aus seinen Füßen
Steine liegen auf seiner Zunge
das leuchtet aus
seiner Tür
und er ist gewiss:
Himmelsbäume
wachsen ins Gras
unter die Sonnenspirale
die mir Auge ist
Eines Tages werden alle Raben Falken sein
die schwarzen Fesseln zerfallen
und seine Arme werden wachsen zu
windleichten Flügeln die er breiten wird
über sich und die Welt
MMK
MMK
Ihr – wiesengrünes All,
bewimpertes Sonnengestirn,
stiert
auf mein kahles Wasserschloss
Leere Wüste – ich entfliehe
im gelben Boot
ohne Steuermann und Ziel
Noch fühle ich die Feuersbrunst
M.R.K.
Zu 1
Unter blauem Himmel II
Wer bin ich
Das Auge des Himmels
wacht über
mein blaues Sommerhaus
Ich sehe mich –
in gelb-buntem Kimono
und grün-blauem Dreieckshut
Sonnenlicht
durchströmt es
Tag für Tag
quillt
aus meinen Augen
aus den Türen
Finster
schaue ich vor mich hin
Ein blauer Drache
mit gelb-grünem Schuppenhals
steht hier zu meinem Schutz
mit rotblauem Kopf
zeigt er sich fürchterlich
und flammenwild
Im Herzen meiner Welt
blühen
himmelblaue Blumen
behütet
stilles Gras
unendlich stark
bin ich
An einem neuen Morgen
trägt mich
mein Sonnenboot
Ursula S.
unter blauem Himmel
Zu 3
beide: Ursula S.
„Es scheint, als sei im Kopf
ein gütiges Feuer angezündet“
Zu 1
Mann mit rotbraunem Poncho
steht wie festgenagelt
Eine Chinesin
blau behütet
in seidenem Gewand
Füße Schwimmflossen gleich
Hände tief in Taschen vergraben
Indianerfederschmuck auf dem Kopf
Verschnürt – gefangen
friert er sehr
Traurig ihr Blick und
verängstigt ob des
Ungeheuers
das sie drohend überragt
Barbara W.
Karin S.
Zu 2
Zu 2
„Das blaue Haus“
Unter blauem Himmel I
Am hellen Mittag
unter heißen Sonnenstrahlen
fährt ein Amphibienfahrzeug
am blauen Haus vorbei
in die Unendlichkeit
Das Auge des Himmels
hat mein blaues Haus
erkoren.
Rotgoldener Feuerschein
leuchtet aus hohen Türen
In späten Jahren
wächst das Grün
ins Herz meiner Welt
erblühen mir
himmelblaue Blumen
Kein Versteck
für mich –
in meinem Boot auf dem Fluss
treibe ich
unter blauem Himmel
Zuschauer säumen die Straße
Zu 3
In einem roten Zelt
die verschleierte Araberin
zurückgezogen
in ihr weites Gewand
Blaue Blumenblüten
schmücken ihren Tisch
beide: Barbara W.
aus: Vereinsnachrichten in einem Gemeindeblatt
Punkt, Punkt …
… Komma, Strich –
diesen Merksatz
kennt der Verfasser
sicher nicht
Erfolgreich bemüht
Alle fanden Platz – alle
Alle, besonders die, die kommen wollten
In seinem Schreibrausch
ist für diese winz’gen Zeichen
gar kein Raum
Sitzgelegenheit:
Stuhlbeine, zerborsten
Sitzflächen
sie
fallen
– nicht unter die Räuber, nein –
Alles, das nach dem
Einsatz von Tischen im Raum lag,
bergeweise
sie
fallen
unter
Tisch‘ und Stühle
M.R.K:
MMK
Verwirr-Spiel
Befreit von Stühlen wird der Raum –
Sitzgelegenheit für alle:
sitzen alle auf den Tischen?
Da kann man zumindest –
anders als auf Stühlen –
enger zusammenrücken;
und so – Schulter an Schulter,
Rücken an Rücken –
die Nachbarn mit Wärme beglücken
erdrücken …
MMK
Nun sind sie getrennt
von Tisch und Stuhl
all jene, die,
obwohl sie nicht
kommen wollten,
keinen Platz fanden,
da die Räume
von Sitzgelegenheiten
befreit wurden.
Tische kamen zum Einsatz
und waren erfolgreich
bemüht
sich zu bedanken
Karin S.
Raumgefühl
Räumung (Aus einem Vereinsbericht)
Die Stühle befreien sich vom Raum –
Wer spielt heute noch::
Reise nach Jerusalem?
Trulala – Trulala
Stühle sind zum Sitzen da
Auch auf Tischen kann man sitzen
Der Einsatz der Tische ist gefragt –
nur: an Tischlein deck dich
glaubt niemand mehr
Man glaubt es kaum
mehr Menschen passen in den Raum
Am Abgrund tanzen alle
auf den Tischen
wenn ohne Stühle und Tische der Saal
kann jeder stehen ohne Qual
MMK
Also die Möbel weg
damit Platz hat jeder Geck
Barbara W.
Bunter Abend I
Dank gilt dem
Haus- und Hofhund, der
erfolgreich sich bemüht‘ die Stühle
zu zerlegen, um
auf den Tischen
Sitzgelegenheit für Hüpfgeschädigte
zu bieten.
Eins vorweg gesagt:
Auf den Hund gekommen ist
an diesem Abend niemand
Monika M.
Einladung an alle
Mit der Flinte auf dem Rücken
Den Rucksack geschultert
Alle Sitzgelegenheiten
entfernt
stattdessen
die Tische hergerichtet
für den großen Raum
Auf dem Weg zum Hochsitz
im dämmernden Wald
Leise die Leiter erklommen
vorsichtig niedergelassen
endlich
endlich alles vorbereitet
die Tische
stehen in Form
Warten auf das Wild
Verliebte
Leute kommen
die nicht kommen wollten
mehr als gedacht
der Platz reicht nicht aus
Den Liebsten getroffen
auf der grünen Wiese
Die Zeit vergessen
Den Heimweg verfehlt
ohnmächtig
stehen die Tische
den Massen gegenüber
Im dämmernden Wald verirrt
wie Hänsel und Gretel
Ursula S.
Schreib-Fluss
Eng aneinandergeschmiegt
den Morgen erwartet
Ich bin gerade so im Fluss
im Schreib-Fluss sozusagen
Und heimgefunden
beide: Barbara W.
Punkt und Komma sind sehr hinderlich
bei solch‘ ungemein wichtigen Fragen:
Der Winterschneeball
Wie schaff‘ ich‘s nur
die Räume von Stühlen zu befreien
Wie schaff‘ ich nur
genügend Sitzgelegenheit für alle?
Im gerodeten Garten
verzaubern Farbe und Duft
des Winterschneeballs
Ignorieren darf ich
Punkt und Komma nicht so ganz –
möglich wäre eine Missverständnis-Falle
– der Einsatz von Tischen wäre unumgänglich –
Blattleer ist der Strauch
übersät mit rosa-weißen Blüten
vanilleartig ihr Duft
ich weiß – doch sparsam
will ich mit Punkt und Komma sein
die Gedanken
für ein neues Gedicht
beflügelnd
Barbara W.
Das zumindest sei mir gestattet!
MMK
Dämmerung im Wald
Szenario: „Ich im Wald bei Dämmerung“
Schatten auf dem Weg
bewegte Schatten –
folgt mir wer?
Im Dämmerwald
Nur spärlich leuchtet
Vollmondlicht im Wald
mein Schritt wird schnell
Verspätete Jogger laufen auf nassem Laub
Hell leuchtende Irrlichter tragen sie auf der Stirn
die hüpfen und tanzen im Zwielichtdunst
Gespenstisch scheint auf einmal der Wald
Da, eine Lichtung und
des Rätsels Lösung:
Da, hinter der großen Buche schauen feurige Augen hervor
und zwischen den Wurzeln der alten Eiche vernehm‘ ich
ein unheimliches Rascheln und Scharren
Am Abhang steigen Geister im Nebel empor
Ich schwanke zwischen Stehenbleiben,
Staunen und Schauen und schnellerem Schritt;
schon greifen eisige Finger nach mir –
Regen ist’s nur, der aus den Baumkronen fällt.
MMK
Auf der Pirsch
Mein eigner Schatten ist's
der mich verfolgt
Monika M.
Dämmerung im Wald
Schnee schimmert bläulich
Baumstämme werfen Schatten.
Letzte Abendsonne
und ein blau-vergehendes Himmelstuch
dunkler wird der Wald
durch den ich gehe
Mich fröstelt
will weg hier
versinke im Schnee ...
Schatten holen mich ein
Jeder Baum
jeder Strauch
erscheint mir schemenhaft
wie ein altes Wesen
Karin S.
Spanischer Wald in Dämmerung
In schmeichelndem Wind
bezirzt Tannenduft
Blätter rascheln
in hohen Eichenbäumen
Im Pinienwald
verzaubern Kastagnettenklänge
heißen mich willkommen
über rotverbrannte Erde
über Grund der Freude
gehe ich
Vögel huschen durchs Gesträuch
Dort am Wegrand
verharrt regungslos ein Reh
rotgoldnes Licht
bricht durch
geheimnisvoll rascheln
die knorrigen Bäume
noch spät wärmt
Sonnenfeuer
Wäre ich doch
Wind –
sanft berührte ich sein Fell
Ursula S.
Blüten verströmen samtenen Duft
Grillen zirpen
Vögel zwitschern
Ich sehe: ries’ge Schattenbäume
Da – ein Fuchs. Oh Alp, ich träume
Hör grauenhafte Nebellaute
Mir bleibt die Luft weg und die Traute
Da – vorne ein Gespenst, kommt näher
Sieht aus so übel – dieser Späher
Ach – säh ich doch nur Schattenbäume
M.R.K.
Vor meinen Augen
blaut Dämmerung
das Meer wellt hin
zum Wald
Ursula S.
„Kühlschrank“-Poesie
Winter-Garten-Zauber
(ein Gedicht schreiben mit fünf zufällig gezogenen Wörtern;
hier farbig unterlegt)
Ausgehungert
nach Farben und Duft
streife ich
durch meinen Garten
Die Sehnsucht eines Schlüssels
Sonne zaubert
glitzernde Kristalle
auf den Schnee
Ach, gehörte ich doch nur
zu einem der
entspannten Materialien
Klare Luft
umschmeichelt mich
Tief atme ich sie ein
statt hart wie Stahl
mich einzufügen dort
wo ich’s gar nicht will
Die blattlosen Zweige des Winterschneeballs
übervoll mit zartrosa-weißen Blüten
vanilleartig ihr Duft
Wär‘ ich doch nur
ein samtenes Band
in braunen Mädchenlocken
wie wunschlos glücklich
wär‘ ich dann
Bald werden fleißige Bienen
die Blüten bevölkern
MMK
Meine Gedanken schweifen
zu goldenem Honig
auf meinem Frühstücksbrot
Augen auf, die Messe lockt
weckt Erinnerungen –
verrückte Modelust
mit roten Wangen
beende ich
meinen morgendlichen Rundgang
Nicht daran denken!
Geht's?
Monika M.
Barbara W.
Bis auf den Tellerrand
Dämmerung sinkt
Nach dem Winterdunkel
Hilferuf
segeln weiße Wolken wieder
Der Frühlingsstar wirbt um
bunte Sinneslust
Refrain:
Hey Leute, wo ist sie, die Eine,
die Meine, egal, ob große oder kleine,
die eine, die ich suche überall,
im Iglu, im Buch, unterm Wasserfall.
Sehnsucht
fühlt das Leuchten, Sprießen
füllt auf bis an den Tellerrand
Blau, Zartgrün, Hellgelb –
strahlend scheint die Zukunft mir
I.
Hey Leute, es ist wirklich dringend,
zwingend, ja, ich such‘ händeringend
die eine, die was Neues lässt beginnen.
Sag mir einer, wo ich diese Frau finde,
gelinde gesagt: ganz geschwinde.
Frühling umfängt das Tal
belebt die Wiese
Gänseblümchen mittendrin
mein Herz
ein Schmetterling
Egal wie sie heißt, Melusine, Christine,
Violine, Karoline, Limousine,
Konkubine, nur nicht meine Cousine –
mit der will ich mich nicht verbinden,
ganz ehrlich, das gilt’s zu verhindern.
Ursula S.
Ostern
Refrain
In der aktuellen
Hauptrolle
ist Auferstehung
angesagt
für
Madame
II.
Nur diese Eine, die will ich finden,
keiner kann mein Verlangen lindern,
kein Erfinder, kein Besenbinder,
kein Inder, keiner mit Zylinder –
nein, ich will ‘ne Lawine, Praline;
Karin S.
März 2014
– Albert Weisgerber: MärchenIllustrationen der Brüder Grimm – Alte Sammlung Saarbrücken
s. eigene Zusammenstellung
Ihre Augen Aquamarine,
die vollen Lippen rubinen,
das Haar sonnenbeschienen –
das geht mir echt an die Nieren,
was soll ich noch ausprobieren?
Refrain:
überall,
überall,
überall …
MMK
April 2014 – RAP: Die neue Lust am Reim
Aufgabe: 1 Strophe + ein Refrain; Themen:
Thema: Im/Am Eiscafé
- Ein Frühlingstag
- Im/Am Eiscafé
- Eine Demo
Ein perfekter Tag
Was fang ich nicht mit diesem Tag an?
Hab Lust was zu essen mit Quark, Mann.
Ziehn wir um‘ Block, machen ein Gelag‘ dann
oder fangen wir lieber mit Kaffee Haag an?
Erste Bürgerpflicht
Refrain:
Heute sind wir mal lautstark oppositionell,
wir gehen auf ‘ne Demo: anti-kommerziell.
Ideell gesehen, müssten wir da verdammt oft hingehen,
denn was hier abgeht, das kann man nur als kriminell ansehen.
MMK
Wir setzen uns an die Straße, ‘s ist heiß,
schlecken im Eiscafé ein leckeres Eis.
Hey, da sitzen schöne Mädchen im Kreis,
ihre langen Haare leuchten wie Mais.
Refrain:
Sitzen wir draußen im Eiscafé,
wandelt vorbei manch‘ schöne Fee
voller Grazie wie eine Akazie;
ich bestell‘ grünes Eis, Pistazie.
MMK
Eisdiele
IV.
Refrain
Viele Sorten Eis
in Dunkel und Weiß
Der Mann mit dickem Bauch
der eine Pfeife raucht
Schoko mit Haselnuss
ein toller Genuss
Bananeneis mit Soße
eine feine Chose
Eiscafé-Bediener rennen
Gäste kein Erbarmen kennen
Und dazu die Leute
die vorbeigehen heute
Kinder spielen Fangen
die Eltern ihnen eine langen
Kleine Kinder rennen
fallen hin und flennen
In Töpfen verwelken die Blumen
Die Vöglein picken die Krumen
Die Tauben gurren auf dem Dach
Da werden die Bewohner wach
Refrain: Viele Sorten Eis …
Barbara W.
I.
Eine Dame mit Hund
der ist nicht gesund
geht lahmend nebenher
und atmet schwer
Schwarzer Hund mit grauer Schnauze
Das Herrchen verlangt Flauze
Kleine Hunde kläffen grell
Große Hunde laufen schnell
Ein Herr schmust mit seinem Hund
Seine Frau zieht eine Flunsch
Der Hund springt ihr auf den Schoß
Jetzt schaut er blöd aus der Hos´
Refrain: Viele Sorten Eis …
II.
Vom Feinsten die Torte
Da fehlen einem die Worte
Jetzt leckt der Hund am Kuchen
Er will ihn unbedingt versuchen
Großeltern und Eltern schlendern vorbei
Plötzlich ertönt ein großes Geschrei
Der Hund hat dem Kleinen das Eis geklaut
Er will, dass der Vater den Köter verhaut
Verliebte lächeln selig
Der Bettler singt kehlig
Refrain: Viele Sorten Eis …
III.
Eine Freundin schnabuliert
die andere lächelt geziert
Auf Krücken der Kurgast
geht langsam und ohne Hast
Einer mit blassem Gesicht
ist ein armer Wicht
Der Herr mit steifem Hut
trägt eine Brille und sieht nicht gut
Die Frau mit schweren Taschen
fällt fast aus den Gamaschen
Refrain: Viele Sorten Eis …
Der Liebeskummer-Rap
Sie sitzt auf der Bank
und ist ganz krank
vor Liebe und Sehnsucht
das ist doch verflucht
Refrain:
's is Abschied für immer
er kommt sicher nimmer
es wird immer schlimmer
Er ist weit weg
und sie kriegt 'nen Schreck
Sie weiß nicht mehr weiter
doch tut sie recht heiter
denn keiner soll's wissen
Refrain
sie weint in die Kissen
Sie ist wie zerrissen
und findet kein Ende
legt d'n Kopf in die Hände
und denkt schon ans Ende
's is Abschied für immer
er kommt sicher nimmer
es wird immer schlimmer
und jetzt ist es aus.
Karin S.
Thema: Überblick
Der Überblicks-Rap
Ich steh auf dem Stuhl und schau aus dem Fenster
ich bin noch zu klein und seh nur Gespenster
Muss höher hinauf, vielleicht auf das Dach
die Leute stehn unten und machen viel Krach.
Überblick
Refrain
Eine Stunde Aufstieg
auf diesem steilen Weg
Refrain
Auf dem Pfade Stein an Stein
vor Schmerz fängt man an zu wein´n
Ich will hoch hinaus
Ich will den Überblick
Ich will hoch hinaus
Ich brech mir nicht's Genick
Ich steig auf den Turm, es sind viele Stufen
da kommt mir der Ausguck grad wie gerufen
ich schau übers Land und weit in die Ferne
Ich möcht so viel wissen und frage auch gerne.
Am Wegesrand Blumen
für die Vögel gibt´s Krumen
Im Wald viel‘ Pilze
aber keiner will s‘e
Refrain
Auf dem feuchten Boden Matsch
man fällt hinein in den Batsch
Der Turm ist zu niedrig, ich steig in den Flieger
Ich flieg über Gletscher und schaue hernieder
Die Menschen sind klein wie Ameisenscheiß
Der Schnee ist verdreckt und war doch einst weiß.
Dann wieder weiches Moos
wir gehn mit den Füßen bloß
Refrain
I.
Endlich ist man am Ziel
und der Wind weht kühl.
Der Flieger muss landen, doch ich will es nicht
ich reiß an den Banden, ich kleiner Wicht
Der Spaceshuttle wartet, ich steige jetzt ein
Ich bin jetzt weit oben und die Welt ist ganz klein.
Zerzaust ist das Haar
die Aussicht ist wunderbar
Nur noch ganz klein
die Häuser erschein´
Ich will hoch hinaus
Ich will den Überblick
Ich will hoch hinaus
Oh, was für ein Kick
Ein Silberband der Fluss
der ewig fließen muss
Karin S.
Der ferne Turm
erscheint wie ein senkrechter Wurm
Refrain: Eine Stunde Aufstieg …
Überblick
II.
Wie Spielzeuge die Autos
ganz klein – nicht groß
Refrain:
Kommt raus aus euren Höhlen
Klettert mit auf Abenteuerhöhen
Verschafft euch den finalen Kick,
den absoluten, genialen Rundum-Überblick.
Gelbe Rapsfelder
als leuchtendlange Bänder
Grüne Wiesen
dazwischen sprießen
I.
Macht euch startklar,
seht von oben glasklar
was falsch ist und was wahr
Folgt nicht länger der schar
sonst landet ihr in Madagaskar
– doch wer will da schon hin?
Der Falke flattert auf der Stelle
stößt herab ohne Welle
und fängt die Maus
die Geschichte ist aus
Refrain: Eine Stunde Aufstieg …
Barbara W.
Refrain: (variiert)
Kommt raus aus euren Zimmern
Ihr habt keinen feuchten Schimmer
kennt nicht den absoluten Trick
für den optimalen totalen Überblick.
II.
Macht euch startklar,
seht von oben glasklar
was falsch ist und was wahr
Folgt nicht länger der Schar
sonst landet ihr in Madagaskar
– doch wer will da schon hin?
MMK
Kollisionen
Auf der Heide
Refrain:
Hier oben zeigt sich die Heide
von ihrer schönsten Seite (2x)
I.
Wohlig entspannt
der Wind mich hier fand
Nährende Erde ließ uns gewähren
unsere Heimat sollte sie werden
Bewahrende Tage, Stunden, wir fühlen Mut
Altes, Neues wächst unter einen HutOhne Unterlass füllt meine Zeit
der Frühhimmel beglückend sich zeigt
Hier oben zeigt sich die Heide
von ihrer schönsten Seite (3x)
II.
Labsalblau im Auge
unmessbar auch der Glaube
In meinem Herzen so viele Namen
Das Grün der Zeit wird sie bewahren
Von Haus zu Haus lebt das Wort
Berge und Hügel umgrenzen den Ort
tiefer Dank erfüllt mich
hier und heute lebe ich
Hier oben zeigt sich die Heide
von ihrer schönsten Seite (3x)
Auf der Heide
Auf der Heide
Auf der Heide
Ursula S.
I.
Er ist dein Konkurrent
sitzt auch im Management
ist etwas korpulent
vertritt vehement
wirklich intelligent
renitent abstinent
alles andre als dezent
penetrant aber effizient
seine Interessen
Refrain:
Dich mit dem zu messen
kannst du vergessen
der kommt aus Hessen
ist alteingesessen
und ganz versessen
aufs Parlament
II.
Du bist zwar ganz patent
doch dein Temperament
ist grad nicht existent
du wirkst etwas verpennt
latent indifferent
permanent Opponent
vertrittst weder vehement
noch mit Talent und virulent
deine Interessen
Refrain:
Dich mit dem zu messen
kannst du vergessen
der kommt aus Hessen
ist alteingesessen
und ganz versessen
aufs Parlament
MMK
Mai I 2014 – ein Gedicht-Wochenende auf
der Klosterinsel Nonnenwerth (Rhein)
– s. eigene Zusammenstellung
Mai II 2014 – Stilmittel, Leitmotive & Co.

Gedicht schreiben, in dem vorkommen:
o Alliteration
o Binnenreim
o Enjambement
o Anapher
Europa, wirst du ihn zügeln
den Weißen, den Starken, den Wilden?
Er geht gern durch, trampelt alles nieder,
lässt sich nicht einsperren;
kein Gatter hält ihm stand,
wirft er sich dagegen.
Europa – was dann?
Karin S.
Themen: Europa / Auf Reisen
Hinter den Kulissen
Auf Reisen
Hinter den Kulissen
brodelt die Politik.
Hinter den Kulissen
mischen alle mit:
Die Urlaubszeit naht
Reisepläne werden geschmiedet
Die Familie äußert Wünsche
Wir reisen nach Asien, Afrika, Alt-Hornbach
Keine Reise auf diese Weise findet Zustimmung
Eine leise Weise weht auf die Terrasse
Wir überlegen und machen uns Gedanken
Die blaue Akelei bewegt sich im Wind
Die blaue Akelei erfreut das Kind
Parteien, Lobbyisten,
das gesamte Corps diplomatique –
sie alle mischen mit.
Die Geheimdienste aller Nationen
nicht zu vergessen:
Auf Informationen sind die
ganz versessen
hinter den Kulissen …
Die Entscheidung ist gefallen
Wir reisen nicht nach Hinterzarten
wir bleiben im heimischen Garten
MMK
Barbara W.
Waldgeheimnisse
Ach, Europa
Im Schattenwurf der Bäume
wohltuende Kühle
Ach, Europa –
seufzte Enzensberger schon
vor Jahren, sah,
wie verfahren damals schon
die Chose mit Europa war
In das Schweigen schiebt sich
ein schwaches Rauschen
Ein Bach mäandert
zwischen Baum und Strauch
Ach, Europa –
seufzen heute wir
wie klein-kariert das Denken
vieler Leute in den Ländern –
nicht zu ändern?
Seine blauen Wasser
fließen stetig wie das Leben
Steine hemmen ab und zu
seinen schnellen Lauf
Ach, Europa –
wer soll – und wohin
deine Geschicke lenken?
Gelbe Dotterblumen
säumen seine Ufer
Werden wir in irgendeiner
Zukunft endlich alle
europäisch denken?
Das Himmelsblau trübt sich ein
graue Wolken schieben sich vor
künden vom noch fernen Regen
MMK
Barbara W.
Jungfrau und Stier stieren ins Dunkle
Jungfrau und Stier galoppieren davon
Jungfrau und Stier verfangen sich
im Dickicht der Gesetze
Karin S.

o
o
o
Schreiben zu einem Gedicht-Zitat (Johannes Kühn):
Eine Katze / kommt das Licht, / schlüpft in alle Winkel leise.
So mancher hat sich Lieder gebaut, / in ihnen gewohnt.
Den Füchsen / erscheint der Mond, / der duftlose Knochen, /
in endloser Nachthöhle.
Sammelleidenschaft
Der Fuchs macht sich auf den Weg
Er findet im Dunkeln, was er sucht
Zielsicher schnürt er
zu den Häusern am Dorfrand
Auf leisen Sohlen eilt er
vorsichtig durch die Gärten
findet auf den Terrassen
seine Beute, Schuhe aller Art
Ein schwarzes Knäuel
kuschelt in der Sofaecke - Paula
Schnurrend genießt sie
mein Streicheln
dreht sich auf den Rücken
zeigt ihren weißen Bauch
streckt alle vier Pfoten hoch
kann nicht genug bekommen
Dann erhebt sie sich
buckelt wohlig
schreitet zielsicher auf meinen Schoß
rollt sich zusammen und
schläft in meiner Wärme ein
Barbara W.
Gartenschuhe, Hausschuhe, Sandalen
vergessene Kinderschuhe und Stiefel
Er wählt den schönsten Schuh aus
nimmt ihn in den Fang
und eilt in seine Höhle
Die Beute fügt er
seiner Schuhsammlung hinzu
Barbara W.
Blick zum Mond
Sie schauen
auf ihn herab
die Wolken
ziehen über ihn hinweg
tagwärts
Sie schauen
zu ihm hinauf
die Wolken
kleiden sich in
seinen Sonnenabglanz
spielen
Mondscheinfangen mit ihm
am Tagrand
Wohnen
in einem Lied
Rondo Scherzo Largo
MMK
Tag für Tag
eine neue
Behausung
MMK
Ein Gedicht als Anregung
Guillaume Apollinaire
(Rom 1880 - 1918 Paris)
Mai (1902); (Übers.: J. Hübner / L. Klünner, 1976)
Wohnungen
An manchen Tagen
pflücke ich mir ein Amsellied aus den Zweigen
darin zu wohnen einen Tag lang
in wogendem Wind
Im Lied der Lerche
genieße ich Schiffschaukeltage
in sommerweiter Schwebezeit
In meine Hängematte
bettet mich der späte Liebessang
der Nachtigall
Elstern und Krähen
Werden einst mich geleiten
mit Krächzen und Krakeelen
zu meiner letzten
ewigen
Wohnung
MMK
Die Katze Paula
Im Mai im schönen Mai in Booten auf dem Rhein
Herab von Bergeshöhe schauten Damen heiter
Ihr seid so schön jedoch das Boot es gleitet weiter
Die Uferweiden weinen was macht ihnen Pein
Die Blüten hinter uns erstarrten an den Bäumen
Die Blütenblätter die im Mai der Kirschbaum gibt
Sind ihre Fingernägel die ich so geliebt
Verwelkt sind sie wie Augenlider über Träumen
Gemach auf einem Weg entlang den Stromesrand
Folgten Zigeuner dort mit Affe Bär und Hunden
Dem Zirkuswagen dem ein Esel vorgespannt
Indes im Weingelände das der Rhein durchwand
Mit ferner Pfeifen Lied ein Regiment entschwunden
Der Mai der schöne Mai schmückt die Ruinen mild
Mit Efeu Heckenrosen und mit wildem Weine
In Uferweiden spielt und wühlt der Wind vom Rheine
In Rebenblüten nackt und plauderhaftem Schilf
Juli
Juli
Der Juli, der Juli
oh Freudemonat
oh Ferienglück
Das Freibad quillt über
alle Schattenplätze sind belegt
Es liegen die Dicken
es liegen die Dünnen
Der Muckibudengestählte
stolziert um den Beckenrand
Kinder johlen, werfen Wasserbomben
Der Bauchplätscher passt:
der stolze Gockel ist nass wie 'ne Katz
Die Sonne geht unter
der Himmel wird schwarz
Gewitter zieht näher
Leer ist der Platz.
Juliblau, so blau
Augen Himmel Flüsse Meere und Seen
blaue Stunden sinken spät aufs Land
Hitzewellen drücken Atem nieder
Schwüle klebt Mädchenlocken an
sommerbraune Stirnen
Von der Sahara her weht rot der Wind
Wetterleuchten zuckt am Horizont
die Nächte bringen keinen Schlaf
Ein Hauch frischt auf und
Wind stürmt durch den Apfelbaum
stärker Bö um Bö
Fern ein Grollen
feiner Trommeltakt an Fensterläden
schneller lauter
Hagelkörner prasseln nieder
peitschen Rebenstock und Rosen
Karin S.
Wer nicht in tiefem Schlaf nun liegt
träumt nicht mehr in dieser Nacht
Erlösung dann am Morgen –
juliblau
MMK
Endlich
Gestern hat er sie gefragt
Endlich
Er will mit ihr ausgehen
tanzen bei Musik für Ältere
Endlich
Freudig beginnt sie den Tag
dreht Pirouetten, springt hin und her
Juni-Freuden
Im frühlingshaften Juni
eine Schifffahrt auf der Saar
mit lieben Freunden
munteres Beisammensein
Herausputzen wird sie sich
für den Abend mit ihm
Dem Wein zugeneigt
gepresst aus Trauben
gewachsen in
sonnenreichen Feldern
an den Ufern der Saar
Am frühen Abend
setzt sie sich auf den Stuhl
vor dem Spiegel
mit zwei blinden Stellen
Bäume am Uferrand
werfen Schattenspiele
auf kräuselndes Wasser
Sie legt Make-up auf
betont ihre tiefblauen Augen
steckt eine zartgelbe Narzisse
in ihr dunkles Haar
Schwäne begleiten eine Weile
unser Schiff
Die Türglocke läutet
Endlich
Endlich
Am seichten Flussufer
steht reglos ein Graureiher
Sie rennt in den Flur
bleibt an der Teppichkante hängen
schreit vor Schmerzen auf
öffnet mit letzter Kraft die Tür
und wirft sich ihm
in die Arme
Spaziergänger und Radfahrer
grüßen winkend vom Leinpfad
Fröhliche Lieder erklingen
künden vom Glück der „Seefahrer“
Barbara W.
Endlich
Barbara W.
Hans Arp:
Bäume
Bäume
Stein Stein Stein
Bach Bach
schweigen
grau grau grau
Schattenwurf
MMK
arp museum: „Macht –
Wahn – Vision: Rapunzel &
Co. – Von Türmen und
Menschen in der Kunst“
Turmbau zu Babel
Turm aus Ton gebrannt
sich nach oben verjüngend
wie einst zu Babel
von EINEM nur errichtet
Was will der Künstler uns sagen:
Sprachverwirrung
Gedankensalat?
Folgende Wörter stehen zur Wahl (MMK):
Karin S.
sprechen – schweigen – Wald – Bäume – dunkel –
gelb – Bach – Stein – blau – grau – Schattenwurf
Ballung
Konstellationen (MMK)
hinter
vor
Wald Wald Wald Wald
Bach dunkelblau
Stein
schweigen
dunkel dunkel dunkel
neben
über
unter
uns
Schattenwurf
links
Bach Bach Bach
Stein Stein
gelb – gelb – gelb
schweigen
–
rechts
von uns
ballen
sich
Menschen
Schattenwurf ?
Menschengefüge
stützen
halten
einander
im besten Fall
Schattenwurf
Bach Stein Stein Stein Bach
Stein Bach Stein Bach Stein
gelb gelb gelb
gelb
gelb
Stein Stein Bach Stein Stein
Stein Bach Bach Bach Stein
gelb gelb gelb
gelb
gelb
schweigen
schweigen
schweigen
Stein Stein Stein Bach Bach
Bach Bach Stein Bach Bach
gelb gelb gelb
gelb
gelb
Stein Bach Stein Bach Stein
Stein Stein Bach Stein Stein
nach oben
wird
die
Luft
dünner
MMK
Schattenwurf ?
alle: MMK
Menschenfiguren
Menschenfiguren
aus Draht
Menschenfiguren
Menschenfiguren
hart wie Stahl.
Menschenfiguren
Menschenfiguren
marschieren
gesichtslos
Sind innen
hohl
Juni 2014 – Stilmittel der Wiederholung
Die Anapher (zu einem Foto aus Cadaquès)
I
Zwei Fenster
Zwei Fenster in perfektem Ebenmaß
Zwei Fenster in Sandstein gefasst
Zwei Fenster von Ornamenten umspielt
Zwei Fenster gleichmäßig Blumentopfbestückt
Zwei Fenster Speerspitzengleich
Karin S.
Zwei Fenster –
abwehrend und verschlossen das eine
das andere einladend, weit offen
Fundstücke
Aus Seen gefischt und
aus Flüssen
demonstrieren beide:
hier hat einer sein Glück gemacht.*
Aus Wäldern gezerrt und
aus Feldern
MMK
wilde Entsorgung –
eordnete Anklage
II
3 x 3 x Höhe
MMK
Ein Gedicht mit allen diesen Wörtern:
blau – Stuhl – Spiegel – springen – Blume – blind – werfen
Ende der Lethargie
Zwei Fenster
die den Blick fangen
Zwei Fenster
in perfektem Ebenmaß
Zwei Fenster
als seien es Speerspitzen
Zwei Fenster
verschlossen das eine
das andere weit offen
blaue Luft weht hinein
Musik fließt hinaus
MMK
Vom
Stuhl springen
die blaue Blume in
den blinden Spiegel werfen
Frei bearbeitet:
und
Gelb
laufen, laufen
in die Nacht …
Die Farbe der Hausfront leuchtet gelb
Die Narzissen auf den Fensterbänken
strahlen in kräftigem Gelb
MMK
Die Touristen laufen in Sandalen zitronengelb
Die Haut der Sonnenanbeter wirkt broncegelb
Vorüberfahrende Taxen
haben Nummern in dunklem Gelb
Die vielen Gelbnuancen
blenden die Augen
Alle tragen deshalb Sonnenbrillen
mit gelben Bügeln
Barbara W.
*Von den Auswanderern, die Cadaquès in schlechten Zeiten verlassen hatten und nach Cuba gegangen waren, kamen viele als „gemachte Leute“ wieder zurück. Diese „Indianos“ oder „Ameri-canos“,
wie die Zuhausegebliebenen die Rückkehrer nannten, lie-ßen als
Zeichen ihres neuen Wohlstandes von den angesagtesten Architekten prachtvolle Häuser bauen, von der cubanischen Kunst und Kultur
beeinflusst, im Stil des Modernismus. (s. u.a. La Casa Serinyena,
auch La Casa Blaua genannt)
Die Epipher (zu einem Foto-Ausschnitt des Casa Blaua /
Casa Serinyena in Cadaquès)
La Casa Blaua
Von Auswandererlos erzählt La Casa Blaua
und von glücklicher Heimkehr, La Casa Blaua
Hier hat einer sein Glück gemacht –
zeigt La Casa Blaua
Wasser
Reich und bereichert von cubanischem Leben
von den Farben der Insel
in zartem Blau wie Himmel und Meer
steht es, ein sichtbarer Traum, La Casa Blaua
Fließ, fließ, kleines Rinnsal
rausch, rausch durch den Wald
MMK
Spring spring über Stock und Sein
plätscher plätscher ins Tal
Tose tose als Wasserfall
fließe fließe weiter
ruhig ruhig bis zum See
Frei bearbeitet:
Kühle kühle die heiße
Haut der Schwimmer
Blau
Das blaue Haus steht in der Stadt
am Ufer der blauen See
Rausche, springe, plätschere, tose
weiter ruhig in die Saar.
Barbara W.
Am blauen Balkongeländer
ranken Blumen in Sommerfarben
Das Himmelsdach
liegt wie ein blaues Tuch
über dem Häusermeer
Mitsommer
Heute pflücke ich Johannisbeeren
Johannisbeeren leuchten rot
In blauen Uniformen
marschieren die Matrosen
Rote Früchte haben Supersüße
supersüße Beeren voller Zucker
Sie trinken blauen Aperitif
und sind am Ende blau.
Barbara W.
Zucker koche ich mit Beerenmus
aus Beerenmus entsteht rote Marmelade
Rote Marmelade auf Toastbrot
Toastbrot mit Butter und Johannisbeermarmelade
Epanalepse und Anadiplose
Johannisbeermarmelade zum Frühstück am Morgen
morgen genieße ich wieder Johannisbeermarmelade
Die Insel
Mitten im See, im See, im schwarzen See
liegt die Insel
die Insel deren Namen
man nur flüsternd nennt
Barbara W.
Zu grausam die Legende
die Legende die sich um die Insel im See
die geheimnisvolle Insel spinnt
MMK
Das Karussell als Symbol für Wiederholung
(Foto eines nostalgischen Karussells in Argelès-sur Mer)
Das Karussell
Gedicht mit diesen Wörtern: Karussell – Lichterglanz – Elefant –
grau – stehen – wiehern – leuchten – blau – Feuerwehrauto
Das Karussell
Als sei’s aus dem Jardin de Luxembourg, Paris,
direkt hierher ans Meer versetzt,
das Karussell,
such‘ ich nach Rilkes Panther auch,
wie er in seinem Käfig
entlang der Stäbe geht.
Doch find‘ ich nur weiße Pferde
auf dem Karussell, und ganz hinten,
klein und gut versteckt, ein schwarzes –
nirgends ein weißer Elefant.
Das Karussell steht still,
voll illuminiert allein für mich,
die Fotografin,
erstrahlt es in goldenem Glanz.
Als wollten sie wiehern
reißen die weißen Pferde ihre Mäuler auf
und stehen doch nur stumm
in Dreierreih‘n im Kreis
nirgends ein Löwe
kein grauer Elefant
nur weiße Pferde
die stumm wiehern
in Dreierreh’n
Die Kinder
laufen schnell vorbei
zum nächsten Karussell
das leuchtet so grell
so rotblaugelbgrünbunt
da drehn Polizeimotorräder
und Feuerwehrautos im Rund
Von der hohen Decke
lächeln huldvoll schöne Damen.
Kutschen warten auf die Fahrt
im Kreis.
MMK
Die Kinder
laufen achtlos dran vorbei
hin zu bunt‘ren Fahrgeschäften –
allein mich rührt es an.
Das Karussell
Auf dem Festplatz ein Karussell
betrieben von einer Mamsell
Verlassen
steht das Karussell
fern seiner Zeit.
Die Besucher sehen den Lichterglanz
eilen herbei mit Anna und Hans
MMK
10.06.14, Argelès-sur-Mer, Parc d‘attraction
Fest auf den Brettern
warten wiehernde Pferde
Ein grauer Elefant
steht hinten an der Wand
Karussell
Das Karussell steht still
jedes Kind in den Sattel will
Kirmes im Dorf
im Dorf ein Festtag
ein Festtag mit einem Karussell
Im Karussell geht es rund
Rund und schnell dreht sich das Karussell
Das Karussell dreht sich rasend schnell
Schnell wird den Kindern schwindelig
Schwindelig wird es ihnen und übel
Übel – oje - schnell nach Hause
Barbara W.
Im Feuerwehrauto eine Klingel
sie wird betätigt von einem Schlingel
Ein Signal ertönet jetzt
die Pferde rennen wie gehetzt
Die Lichter blinken auf und ab
weiter geht´s in schnellem Trab
Rasend geht es Rund´ um Rund´
für manche Kinder nicht gesund
Barbara W.
Das Karussell
Es tritt auf der Stelle
dreht sich nur im Kreis
kein links kein rechts
immer nur im Kreis
und manchmal
steht es still
MMK
Argelès-sur-Mer, Parc d‘attraction
Das Karussell
Kirmes im Dorf
im Dorf ein Festtag
Ein Festtag für die Einwohner
Die Einwohner laden Freunde ein
Freunde trinken Kaffee und essen Johannisbeerkuchen
Johannisbeeren sind frisch aus dem im Garten
Im Garten wachsen noch viel mehr Köstlichkeiten
Köstlichkeiten wie Erdbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren
Himbeeren sind bei Kindern sehr beliebt
Beliebt sind auch schwarze Josta-Beeren
Josta-Beeren sind voller Vitamine
Vitamine sind wichtig, besonders für Jung und Alt
Alte bleiben länger gesund
gesund und kugelrund
Barbara W.
Zu Musik: SAFRI DUO – „Adagio“
I
Flüstern
Den Regen strömen hören
über wehmutgrünem Land
den Wasserläufen folgen
über Dunkelmoosen
grünem Wogen
Baumriesenwipfel
flüstern
Freiheit
II
Regenstab
Grün der Regen
die Winde grün
grünes Meer aus Wipfeln
Gräser
Moose
Wege
Wasserläufe
Chamäleon und Blatt - grün
MMK
Musik
Instrumente imitieren schnell
Jammern, Schreien, blecherne Töne
Dann Übergang zu zarter Musik
dazwischen oft schreiende Töne
Tragend und feierlich umrahmt
das Orchester eine Festveranstaltung
Sanfte angenehme Übergänge
bis zu einem langatmigen Ausklang
Barbara W.