Zusammenfassung aus dem Abschlussbericht
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Zusammenfassung aus dem Abschlussbericht
Wissenschaftliche Begleitung / Evaluation eines Präventionsmodellprojektes zur Qualifizierung der Maßnahmen zum Erhalt von Mietverhältnissen in einer Sozialregion Zusammenfassung aus dem Abschlussbericht erstellt für Landeshauptstadt München Sozialreferat Amt für Wohnen und Migration von zweiplus BERATUNG ENTWICKLUNG EVALUATION Bereiteranger 15 81541 München Tel/Fax: 089/58989913 mail: [email protected] www.zweiplus.org Petra Stockdreher mit Monika Kapfer Sophie Kaiser München, Februar 2007 Einleitung Mit dem Abschlussbericht legen wir die Ergebnisse aus der Wissenschaftlichen Begleitung des Präventionsmodellprojektes zur Qualifizierung der Maßnahmen zum Erhalt von Mietverhältnissen in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach vor. Ende 2004 hatte der Stadtrat der Landeshauptstadt München beschlossen, mit dem Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach ein Modellprojekt zur Qualifizierung der städtischen Maßnahmen zum Erhalt von Mietverhältnissen durchzuführen. Das Konzept für das Modellvorhaben war von einer im Herbst 2002 gebildeten interdisziplinären Konzeptgruppe auf Basis bisher ausgeübter Handlungskonzepte entwickelt und von einer ebenfalls interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppe aus Fachsteuerung und SBH-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das Projekt angepasst und mit zuständigen Leitungen (Sozialbürgerhaus–Neuhausen-Moosach, Fachstelle Sozialdienst) sowie dem Personalrat abgestimmt worden. Nach einer kurzen Vorlaufphase von einem Monat startete das Modellprojekt im Mai 2005. Die Projektlaufzeit betrug, nach einer Verlängerung im Oktober 2006, insgesamt 18 Monate. Das Modellprojekt wurde evaluiert. Die zentralen Aufgaben der Wissenschaftlichen Begleitung lagen in den folgenden Punkten: Beobachtung, Begleitung und Moderation des Modellprojektes Überprüfung der Wirkungen des neuen Verfahrens Durchführung von Kostenabschätzungen Entwicklung praxisgerechter Folgerungen für das weitere Verfahren Der vorliegende Abschlussbericht basiert auf den Daten von Expertengesprächen zu Beginn und Ende des Modellprojektes, einer Fachkräftebefragung ebenfalls zu zwei Zeitpunkten, Dokumentenanalysen und einer für das Projekt entwickelten Einzelfalldokumentation. 3 1 Ausgangslage und Implementierung des Modellprojektes Ziele und Inhalte Die größte Anzahl von Wohnungsverlusten, die der Stadt bekannt werden, ist auf Mietschulden zurückzuführen. Durch die Qualifizierung der Maßnahmen zum Erhalt von Mietverhältnissen sollen Wohnungsverluste nachhaltig und dauerhaft vermieden werden. Ist ein Haushalt in München vom Verlust seines Mietverhältnisses aufgrund von Mietschulden bedroht, erfährt die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit (FaSt) in den Sozialbürgerhäusern in der Regel davon. Bei städtischen Wohnbaugesellschaften durch Mitteilung der Wohnungsbaugesellschaft eher frühzeitig, bei privaten Vermietern, anderen Wohnbaugesellschaften und Genossenschaften im Allgemeinen dann, wenn beim Amtsgericht München Räumungsklage eingereicht wird, bzw. eine Wohnungsräumung vom Gerichtsvollzieher terminiert ist. Die FaSt hat den Auftrag Kontakt mit dem, vom Wohnungsverlust bedrohten Haushalt aufzunehmen und ein Unterstützungsangebot zu unterbreiten. Nach § 34 SGB XII und § 22 Abs. 5 SGB II ist zu prüfen, ob die Mietschulden durch die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit zu übernehmen sind – oder ob andere Hilfen bereitgestellt werden sollen. Sind die Voraussetzungen für eine Unterstützung gegeben, wird geprüft, wieweit diese durch eine Mietschuldenübernahme – als Beihilfe oder Darlehen – erfolgen soll. Zum 1. April 2006 änderten sich aufgrund der Novellierung der Sozialgesetzbücher die Aufgabenbereiche der Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit hinsichtlich der Übernahme von Mietschulden, Mietkautionen und Provisionen (§ 22 SGB II) und sahen eine Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH (ARGE) vor. In einer Vereinbarung mit der ARGE wurde festgelegt, dass die FaSt diesen Aufgabenbereich im Auftrag der ARGE weiterhin bearbeitet. Zeigt sich ein Unterstützungsbedarf, der über die finanzielle Unterstützung hinaus reicht, sieht das Standardverfahren in München die Kooperation mit der Bezirksozialarbeit (BSA) in den Sozialbürgerhäusern vor. Mit diesem in den Sozialbürgerhäusern praktizierten Verfahren zeigen sich jedoch verschiedene Probleme: In der notwendigen Eile kann durch die BSA bei Haushalten, die sich auf Anschreiben der FaSt nicht gemeldet haben, häufig kein Kontakt oder kein ausreichend tragfähiger Kontakt zu den betroffenen Haushalten hergestellt werden. Wiederholtes Auftreten von Mietschulden ist häufig. Die Abbruchquote im Laufe des Verfahrens ist hoch. Im Zuge des Modellprojektes sollten mit neuen Standards diese Probleme reduziert werden. Im Mittelpunkt des Vorhabens standen die folgenden Punkte: Verbesserung des Vorgehens zur Herstellung des Erstkontaktes bei Haushalten, die sich nicht auf Anschreiben der FaSt melden Verbesserung des Vorgehens bei Kontaktabbrüchen 4 Verbesserung der Kenntnis von den Problemlagen der Haushalte durch ein systematisches Clearing Stabilisierung der Mietzahlungen und Vermeidung von Wiederholungsfällen durch eine qualifizierte sozialpädagogische Nachsorge in definierten Fällen und durch ein interdisziplinäres, gut abgestimmtes Miteinander der beteiligten Fachlichkeiten In der Struktur der Sozialbürgerhäuser wurde eine günstige Voraussetzung für ein integriertes und ineinander greifendes Vorgehen zur Prävention von Wohnungslosigkeit gesehen. Für die Umsetzung des Projektes wurden weitere Mittel und Ressourcen bereitgestellt. Zur Wahrnehmung der aufsuchenden Sozialarbeit insbesondere zur Kontaktaufnahme mit Haushalten, die sich bei der FaSt nicht melden oder den Kontakt abbrechen, wurde das soziale Dienstleistungsunternehmen Institut für Soziale Arbeit (I.S.AR.) mit einer Personalstelle beauftragt. Der FaSt wurde während der gesamten Projektlaufzeit 0,75 Personalstellen zugeschaltet. Die BSA wurde für den ihr zugeordneten Aufgabenbereich zunächst mit 1,5 Personalstellen, in der Verlängerungsphase mit 0,75 Personalstellen, ausgestattet. Da für die BSA der mit einer Personalstelle ausgestattete Aufgabenbereich aufsuchende Sozialarbeit zur Kontaktherstellung entfiel, wurde der BSA indirekt eine weitere Personalstelle zugeschaltet. Seit dem 1.3.2006 wurde im Zuge des Modellprojektes in Sozialbürgerhaus NeuhausenMoosach ein Angebot zur Haushaltsbudgetberatung mit 6 Terminen zur Erstberatung monatlich eingerichtet, das durch den Verein für Fraueninteressen e.V. erbracht wurde. Elemente des Modellprojektes Im Folgenden werden die wichtigsten Elemente des Modellprojektes zusammenfassend dargestellt. Fallbearbeitung durch die FaSt bis zur Entscheidung über bereitzustellende Hilfen zur Behebung der aktuellen Bedrohung des Mietverhältnisses Der FaSt kommt die Aufgabe zu, zu prüfen ob und in welcher Höhe im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die Mietschulden zu übernehmen sind. Daneben zählt es zu ihren Aufgaben, die Haushalte mit Mietschulden zu beraten, zwischen Vermieter und Mieter zu vermitteln und die Haushalte bei der Inanspruchnahme zustehender Leistungen zu unterstützen. 5 Kontaktaufnahme und Herstellung des Erstkontaktes Durch konsequent aufsuchende Sozialarbeit soll zu den Haushalten, die sich auf Anschreiben der FaSt nicht melden, Kontakt durch das soziale Dienstleistungsunternehmen I.S.AR. hergestellt werden. Das Vorgehen ist in einem Leistungsvertrag festgelegt und sieht mehrmalige angekündigte und unangekündigte Hausbesuche zu verschiedenen Tageszeiten vor. Die sozialpädagogische Fachlichkeit und Kreativität sollte, soweit der notwendige Datenund Vertrauensschutz berücksichtigt war, in vollem Umfang ausgeschöpft werden. Ziel der Tätigkeit von I.S.AR. war es, die Mietprobleme und die Wohnsituation des Haushaltes vor Ort zu klären und einen ersten tragfähigen Kontakt zwischen Haushalt und FaSt herzustellen, so dass die FaSt weitere Hilfen anbieten konnte. Mietfähigkeitsfeststellung Für einzelne Haushalte ist es fraglich, ob der Haushalt mietfähig ist (Erfüllung der Verpflichtungen aus einem Mietvertrag) und auch nach Übernahme der Mietschulden die künftige Mietzahlung gesichert ist. In diesen Fällen sollte eine Mietfähigkeitsfeststellung sowohl durch I.S.AR. als auch durch die BSA durchgeführt werden. Hierzu wurde ein Standardverfahren zur „Mietfähigkeitsfeststellung“ entwickelt. War aus Sicht der BSA oder I.S.AR. die Mietfähigkeit nicht gegeben, sollte der FaSt ein Vorschlag für einen geeigneten Anschlusswohnraum mitgeteilt werden. Fallclearing FaSt/BSA und Nachsorge durch die BSA Nach einer Mietschuldenübernahme durch die FaSt sollte allen Haushalten, bei denen „die FaSt … die Vermutung (hat), dass der Haushalt soziale bzw. psychosoziale Probleme hat und in absehbarer Zeit erneut Mietschulden zu erwarten sind“1, eine bedarfsgerechte Nachsorge in Form von Beratung und Unterstützung sowie Vermittlung von weiteren Hilfen durch die BSA angeboten werden. Über ihren bisherigen Auftrag hinaus sollte die FaSt im Rahmen des Projektes ein qualifiziertes Fallclearing bei den Haushalten durchführen. Ziel war es, die Haushalte, bei denen über einmalige wirtschaftliche Probleme hinausgehende Problemlagen nicht ausgeschlossen werden konnten, zu identifizieren und diesen Haushalten eine weitergehende sozialpädagogische Nachsorge durch die BSA anzubieten und einzuleiten. 1 Standard der FaSt 6 Als Standard war vorgegeben: Aufgabe der BSA ist es, eine zeitlich befristete, bedarfsgerechte Beratung und persönliche Unterstützung zur dauerhaften Wohnungssicherung (Sicherung der regelmäßigen Mietzahlung, usw.) zu leisten. Zum Haushalt wird Beratungskontakt hergestellt (falls er noch nicht aus anderen Zusammenhängen gegeben ist). Die Beratung/Unterstützung des Haushalts ist solange zu leisten, bis die vorliegende Problemlage dauerhaft behoben ist. Bei Bedarf werden von der BSA anderweitige Hilfs-/ Unterstützungsmaßnahmen wie z.B. hauswirtschaftliche Beratung, SIB, sozialer Beratungsdienst für Migrantenhaushalte, Unterstützung durch Ehrenamtliche, Sonstige Hilfen eingeleitet/vermittelt. Fallkategorien Zur Bearbeitungsstruktur im Gesamtprojekt waren von der Fachsteuerung 5 Fallkategorien entwickelt worden, denen Vorgehensweisen und Zuständigkeiten bei verschiedenen Problemstellungen zugeordnet waren. Die fünf Fallkategorien sind in Übersicht 1 dargestellt. Übersicht 1 Fallkategorie 1 2 3 4 Fallkategorien Die Fallbearbeitung erfolgt ausschließlich durch die FaSt, die FaSt bearbeitet den Fall ohne Mitwirkung der BSA. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden: a) der Haushalt kann sich selber helfen b) der Haushalt kann sich nicht selber helfen, die FaSt übernimmt die Mietschulden, aber es bestehen keine erkennbaren sozialen Probleme. Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt – Mietschulden werden nach § 34 SGB XII übernommen. Die BSA erhält einen Auftrag zur Nachsorge des Haushaltes. Die FaSt hat die Vermutung, dass der Haushalt soziale bzw. psychosoziale Probleme hat und in absehbarer Zeit erneut Mietschulden zu erwarten sind. Im Rahmen des Maßnahmenplanes wird mit dem Haushalt vereinbart, dass die BSA zur Nachsorge beauftragt wird. Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt. Es bestehen Zweifel an der Mietfähigkeit des Haushaltes. Die FaSt gibt einen inhaltlich begründeten schriftlichen Auftrag an die BSA oder I.S.AR. die Mietfähigkeit festzustellen. Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt. Der Haushalt meldet sich auf Anschreiben der FaSt nicht bzw. der Kontakt zur FaSt bricht ab. Auch hier sind zwei Fälle zu unterscheiden: a) Die FaSt erhält von den städtischen Wohnbaugesellschaften Abdrucke der fristlosen Kündigungen und vom Amtsgericht München die erste Seite der Räumungsklagen (aufgrund von Mietrückständen) zugeschickt. Die FaSt überprüft per EMA-Auskunft (Abfrage der Einwohnermeldedatei) ob der Haushalt noch in der Wohnung lebt und schreibt diesen an. Meldet sich der Haushalt innerhalb von 10 Tagen bei der FaSt nicht, wird I.S.AR. beauftragt, Kontakt zum Haushalt aufzunehmen. b) Seit dem letzten Kontakt zum Haushalt sind 4 Wochen vergangen. Der 7 Haushalt meldet sich nicht mehr bei der FaSt. Die FaSt beauftragt I.S.AR., Kontakt zum Haushalt herzustellen und ihn zur Mitwirkung zu motivieren. Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt. Der Räumungstermin wird durch den Gerichtsvollzieher mitgeteilt. Die FaSt überprüft per EMA-Auskunft, ob der Haushalt noch in der Wohnung wohnt und ob minderjährige Kinder im Haushalt leben. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden a) Leben im Haushalt minderjährige Kinder, beauftragt die FaSt die BSA mittels Hausbesuch Kontakt zu der Familie aufzunehmen. b) Leben im Haushalt keine minderjährigen Kinder, beauftragt die FaSt I.S.AR., mittels Hausbesuch Kontakt zu dem Haushalt aufzunehmen. 5 Prozessverantwortung und Temporäres Team Die Prozessverantwortung für die Fallbearbeitung lag bei der FaSt2. Sie bezog sich auf die Kontaktaufnahme zum betroffenen Haushalt, auf das erste Fallclearing, die Fallbearbeitung, die Abstimmung mit anderen Fachkräften innerhalb und außerhalb des Sozialbürgerhauses, auf die Vermittlung der Nachsorge für die Haushalte sowie auf die Nachsorge bis zu deren Abschluss. Als zentrales Instrument zur Abstimmung war das im Konzept der Sozialbürgerhäuser implizierte temporäre Team mit Maßnahmenplan vorgesehen. Kooperation mit den Wohnbaugesellschaften Das Modellprojekt sah vor, die großen Wohnbaugesellschaften mit Sozialwohnungen im Einzugsbereich der Sozialregion, insbesondere die städtischen Wohnbaugesellschaften, in das Projekt einzubinden und mögliche Synergien voll auszuschöpfen. Hierbei wurde vor allem Bezug genommen auf Kooperationsverträge mit Gewofag und GWG, sowie einer im Rahmen des Projektes erzielten Kooperationsvereinbarung mit der WSB. REGSAM Das Modellprojekt sah darüber hinaus die Einbindung in die bestehenden REGSAM Strukturen in den Modellregionen Neuhausen-Nymphenburg und Moosach vor. 2 Die Wissenschaftliche Begleitforschung Zielsetzung, Fragestellungen und Organisation 2 Die Inhalte der Prozessverantwortung sind im Konzept der Sozialbürgerhäuser der LHM festgelegt. Es sieht vor, dass der/die zuständige Erstansprechpartnerin bei Multiproblemfällen die Verantwortung für die Koordination des Prozessablaufs übernimmt und als Prozessverantwortlicher ein interdisziplinäres Team einberuft. Ihr obliegt zudem die Federführung im Zielprozess und die Verantwortung dafür, dass im Team die Zielerreichung besprochen und abgeglichen wir und ggf. weitergehende bzw. geänderte Ziele vereinbart werden. Die Prozessverantwortung soll nur in Ausnahmefällen wechseln. Das Konzept sieht vor, dass die Prozessverantwortung für die einzelne Dienstkraft endet mit ihrem Ausscheiden aus dem Dienst dem Wegfall der fachlichen Beteiligung bzw. Zuständigkeit der Zielerreichung bei Zielvereinbarung/Eingliederungsvereinbarung , somit wenn der Fall abgeschlossen ist. 8 Die Forschungsfragen für die wissenschaftliche Begleitung richten sich auf mehrere Schwerpunkte: den Verlauf des Modellprojektes, d.h. die Implementierung und die Bewährung der verschiedenen Projektelemente die Wirkungen, die mit dem neuen Vorgehen erzielt werden die Entwicklung der Kosten/Einsparungen durch das Modellprojekt zusammenfassende Bewertungen der gewählten Organisation und schlussfolgernde prognostische Aussagen Zur Abstimmung des Vorgehens und zur zeitnahen Rückmeldung von Ergebnissen sollte sich die wissenschaftliche Begleitung an den geplanten Projekt- und Begleitgruppensitzungen beteiligen. Das Modellprojekt war nur auf eine Sozialregion bezogen. Ein Vergleich mit der Standardpraxis in anderen Sozialregionen war nicht vorgesehen. Methodisches Vorgehen Zur Beantwortung der heterogenen Fragestellungen wurde ein multipler methodischer Ansatz aus fünf Elementen gewählt : Einzelfalldokumentation Im Verlauf der gesamten Projektzeit wurden für alle bei der FaSt bekannt werdenden Fälle eine Einzelfalldokumentation durchgeführt, die von allen beteiligten Fachstellen FaSt, BSA, I.S.AR. und seit deren Implementierung auch der Haushaltsbudgetberatung bearbeitet wurden. Mit ihr wurden haushaltsbezogene Aussagen zur Kündigungs- und Mietsituation, zur Haushaltsstruktur, zum Vorgehen und dem Ergebnis der Intervention erhoben. Auswertung vorhandener Dokumentationen Da eine parallele Datenerhebung in einer Vergleichsregion nicht vorgesehen war, musste für eine vergleichende Auswertung auf bestehende Dokumentationen und Auswertungen zugegriffen werden. Als relevant erwiesen sich: Die FaSt – Jahresstatistik Die Regionale Sozialberichtserstattung der LH München Die Armutsberichtserstattung der LH München Die FaSt-Jahresstatistik ist eine Strichelstatistik, die auf kumulierter Ebene Aussagen zur Fallbearbeitung und zum Interventionsergebnis macht. Rückbezüge auf Haushaltsstruktur, Arbeitsweise etc. sind nicht möglich. Die Arbeitsweise der BSA wird durch die sehr differenzierte BSA Haushaltsstatistik erfasst. Diese haushaltsbezogene Statistik ermöglicht Aussagen zur Haushaltsstruktur, Problemlagen in den Haushalten und zur Arbeitsweise der BSA. Aus verwaltungsinternen Gründen konnten Daten aus dem BSA System für 2005 und 2006 nicht bereitgestellt werden. 9 Experteninterviews Mit Experteninterviews wurden relevante Informationen zum Rahmen, zur Struktur und Ablaufqualität des Projektes, zu den Bedingungen für eine Übertragung sowie zu vermuteten Wirkmechanismen, zu den Kooperationsmöglichkeiten und –bedingungen gewonnen. Die Expertengespräche fanden in der Anfangsphase und in der Endphase des Projektes statt. Fragebogenbefragung der Fachkräfte Durch eine schriftliche Befragung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BSA und FaSt wurden die Erfahrungen und Erwartungen der beteiligten Fachkräfte mit der Umsetzung des Modellprojektes in der Anfangsphase und Endphase des Projektes erfragt. Teilnahme an Temporären Teams Die Projektkonzeption sah zur Abstimmung und Fallbearbeitung die Durchführung temporärer Teams mit Maßnahmenplan als Standardverfahren vor. Durch die Teilnahme an diesen Teams sollte die Begleitforschung Vorgehen und Fragestellungen dieses Arbeitsinstrumentes transparent machen. 3 ERGEBNISSE Erreichen der Projektziele des Modellprojektes Im Folgenden werden die oben dargestellten Zielvorgaben den Projektergebnissen gegenübergestellt. A Vermeidung von Wohnungsverlust in der akuten Krisensituation Zielvorgabe Erhalt von mindestens 80 % aller gekündigten Mietverhältnisse, von denen das Sozialreferat Kenntnis erhält 82,5 % der Haushalte mit Mietschulden, die dem Sozialreferat als Kündigung oder Mahnung bekannt wurden, konnten durch Rückgriff der Haushalte auf eigene Ressourcen, die Vermittlung zwischen Mieter/in und Vermieter/in und/oder Mietschuldenübernahmen ihr Mietverhältnis erhalten. 88 % der Miet- bzw. Wohnverhältnisse wurden bei Mahnungen und 79 % bei Kündigungen erhalten. ! Das Projektziel wurde erreicht 10 Zielvorgabe Abnahme der Zwangsräumungen Insgesamt wurden 42 Zwangsräumungen im Projektzeitraum bekannt. Der Anteil an Zwangsräumungen war höher, wenn eine Mitteilung über Zwangsräumung oder eine Räumungsklage bei der FaSt vorlag. Diese schon weit fortgeschrittenen Räumungsverfahren haben sich im Laufe des Projektes rückläufig entwickelt. ! Das Projektziel wurde teilweise erreicht Zielvorgabe Rückgang von Räumungsurteilen als Meldungsgrund Absolut war bei der FaSt im SBH Neuhausen-Moosach ein Rückgang an Räumungsurteilen im Verhältnis zu der Zeit vor Projektbeginn zu verzeichnen. Gleichwohl stieg der Anteil an den Neuzugängen von 1,7 % auf 1,9 % an. Innerhalb des Projektverlaufs wurden in der Einzelfalldokumentation 26 Räumungsurteile bekannt: 22 in den ersten 10 Projektmonaten und nur noch 4 in den letzten 8 Projektmonaten. Hier ist eine rückläufige Tendenz zu beobachten. ! Das Projektziel wurde erreicht Zielvorgabe Frühzeitiges Erreichen der betroffenen Haushalte. Je früher im Kündigungsverfahren ein Haushalt erreicht wird, umso besser sind die Chancen für eine effektive Hilfe für den Haushalt Gut die Hälfte der Neuzugänge wurden der FaSt als Kündigung oder Mahnung bekannt. Der Anteil an Mahnungen hat im Projektverlauf leicht zugenommen, der der Räumungsklagen ist leicht zurückgegangen. Im Vergleich zur Gesamtstadt mit 50,2 % liegt der Anteil der Haushalte, die in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach der FaSt als Kündigung oder Mahnung bekannt wurden, mit 53,6 % höher. Zielvorgabe Schnelles Erreichen der Haushalte, insbesondere, wenn das Kündigungsverfahren schon weit vorangeschritten ist. Die durchschnittliche Dauer bis zum ersten Kontaktversuch bei den Haushalten, bei denen I.S.AR. zur Kontaktaufnahme beauftragt wurde, betrug 5,4 Kalendertage. 11 Eine quantitative Messzahl war nicht vorgegeben. Aus Sicht der Experten wurde das Vorgehen von I.S.AR. als schnell und konsequent bewertet. ! Das Projektziel wurde erreicht Zielvorgabe Höherer Erreichungsgrad der Haushalte durch konsequent aufsuchende Sozialarbeit Insgesamt wurde während der Projektlaufzeit mit 87 % der Haushalte, die der FaSt bekannt wurden, ein Kontakt hergestellt. I.S.AR. wurde von der FaSt bei 329 Haushalten, das waren 45,9 % der Haushalte, zur Kontaktherstellung durch aufsuchende Sozialarbeit beauftragt. 237 dieser Haushalte (73 % der von I.S.AR. bearbeiteten Fälle) wurden von I.S.AR erreicht. Eine Maßzahl war nicht vorgegeben. Aus Sicht der Experten wurde dieses Ergebnis auf Basis der bisherigen Erfahrungen als positiv eingeschätzt. ! Das Projektziel wurde erreicht Zielvorgabe Höherer Aktivierungsgrad der Haushalte durch konsequent aufsuchende Sozialarbeit Durch die aufsuchende Sozialarbeit wurden die Haushalte, die sich nicht bei der FaSt gemeldet hatten, zu ihrer Mietschuldenproblematik beraten und motiviert, die Angebote der FaSt in Anspruch zu nehmen. 50 % dieser Haushalte konnten ihr Mietverhältnis durch eine Mietschuldenübernahme oder durch eigene Initiative selbst erhalten. Dieser Anteil hat sich in den letzten 8 Projektmonaten von 44,9 % auf 50 % erhöht. ! Das Projektziel wurde erreicht Zielvorgabe Bereitstellung einer zeitnahen und qualitativ geeigneten Beratung zur Bewältigung der aktuellen Krisensituation über die materielle Intervention der FaSt hinaus. Sowohl FaSt als auch I.S.AR. haben die Haushalte ausführlich zu mietrechtlichen und mit der Kündigungssituation im Zusammenhang stehenden Fragen beraten. Die FaSt konzentrierte sich bei ihrer Beratungsarbeit auf die Haushalte, die eine materielle oder 12 wohnraumvermittelnde Leistung der FaSt erhielten. Mit dem Angebot der aufsuchenden Sozialarbeit von I.S.AR. wurden die Haushalte erreicht, die sich nicht auf das Anschreiben der FaSt gemeldet hatten, oder deren Kündigungsverfahren schon weit fortgeschritten war. Für Haushalte, die sich auf das Anschreiben der FaSt hin meldeten, aber keinen Anspruch auf Leistungen der FaSt hatten, ist eine sozialpädagogische Beratungsleistung in dem Projekt nicht vorgesehen. ! Das Projektziel wurde teilweise erreicht. !! Es sollte geklärt werden, wieweit für Haushalte ohne Leistungsanspruch ein Beratungsangebot systematisch vorgesehen werden kann. Zielvorgabe Die Problemlagen in den einzelnen Haushalten sind umfassend bekannt und die Entscheidung über Mietschuldenübernahme und weitere Hilfen wird auf einer soliden Informationsbasis getroffen Aus den Aussagen der FaSt wurde deutlich, dass insbesondere durch die enge Kooperation mit I.S.AR. das Wissen über einzelne Haushalte deutlich zugenommen hat und Entscheidungen auf einer qualifizierten Grundlage gefällt werden konnten. Die Zufriedenheit bei den Mitarbeiter/innen zu dieser Frage ist hoch. ! Das Projektziel wurde erreicht. B Nachhaltigkeit einer Intervention wegen eines bedrohten Mietverhältnisses Zielvorgabe Nicht - Wiederauftreten von Mietschulden Die Quote der Fälle, bei denen innerhalb eines Jahres erneut Mietschulden übernommen wurden, hat sich im Projektverlauf signifikant reduziert. Nach den ersten 8 Monaten betrug sie 38,6 % aller Fälle, im gesamten Projektzeitraum reduzierte sie sich auf 32, 4 %. Aus Expertensicht wurde es für unrealistisch gehalten das wiederholte Auftreten von Mietschulden - v.a. bei der als Risikogruppe beschriebenen sehr armen Bevölkerung komplett zu vermeiden. Allerdings sollte der Abstand zwischen zwei Interventionen mehr als 2 Jahre betragen. ! Das Projektziel wurde teilweise erreicht. 13 Zielvorgabe Größere Nachhaltigkeit aufgrund intensiverer sozialpädagogischer Nachsorge und positive Auswirkung der konsequent aufsuchenden Sozialarbeit der BSA im Wohnbereich auf andere Problembereiche der Haushalte Den Haushalten mit Mietschuldenproblematik wird bei Bedarf eine qualifizierte weiterführende Hilfe angeboten und bereitgestellt Durch gezielte Motivationsarbeit wird der Haushalt unterstützt, eingeleitete Hilfen längerfristig wahrzunehmen und nicht vorzeitig abzubrechen Die Installierung einer präventiven Nachsorge erfolgte im Projektverlauf zunächst zaghaft. Insgesamt wurden 59 Nachsorgen durch die BSA eingerichtet. Sowohl von I.S.AR wie auch im Fallclearing wurde ca. ein Viertel der Haushalte identifiziert, die einen weiterführenden Bedarf an Hilfen aufwiesen, der bisher noch nicht abgedeckt war. Kündigungen aufgrund von Mietschulden können damit als relevanter Indikator für das Vorhandensein von Problemlagen in einem Haushalt, über die Mietschulden hinaus gesehen werden. Dabei stehen wirtschaftliche Probleme im Vordergrund. Mit der seit dem 1.3. 2006 implementierten Haushaltsbudgetberatung wurde ein spezielles niederschwelliges Beratungsangebot für Haushalte mit solchen Problemlagen eingerichtet. Das Angebot von 30 Beratungsterminen für Erstkontakte von März bis Oktober 2006 wurde für 27 Haushalte vermittelt, das Angebot einer Budgetberatung aber nur von 50 % der vermittelten Haushalte in Anspruch genommen. Diese Erfahrung weist auf einen Bedarf hin, die Implementierung erforderlicher Hilfen mit nachsorgenden, motivierenden und stützenden Hilfen zu flankieren, insbesondere solcher Hilfen, die die Eigenaktivität der Haushalte erfordern. ! Das Projektziel wurde teilweise erreicht. !! Hier besteht Handlungsbedarf, die längerfristige, begleitende und motivierende Unterstützungsarbeit mit den Haushalten im Sinne einer sozialpädagogischen Nachsorge auszubauen und zu professionalisieren. 4 Anforderungen an eine Übertragung des Modells aus Sicht der Expertinnen und Experten Die Anforderungen an eine Übertragung des Modells in andere Sozialbürgerhäuser, waren Inhalt der zweiten Welle der Expertengespräche. Im Gesamt wurde die im Zuge des Projektes angewandte Arbeitsweise mit den entwickelten Standards des Modellprojektes positiv bewertet und für eine Übertragung in andere Sozialbürgerhäuser als günstig beurteilt. Dies betraf vor allem die Erstkontaktaufnahme, die personelle Aufstockung der FaSt und die Installierung der Haushaltsbudgetberatung. 14 Als relevant wurde die Integration des Fallclearings in die ganzheitliche Fallbearbeitung durch enge Verzahnung von sozialpädagogischen und Verwaltungsprozessen gesehen. Dies sei vor allem notwendig - bei Fällen, die sich nicht bei der FaSt melden, aber durch die aufsuchende Sozialarbeit erreicht werden können, bei Fällen, die bereits bei der BSA bekannt sind, bei Fällen, mit denen ausschließlich die FaSt befasst war, für die aber eine Nachsorge angeraten ist. Ein Anliegen, insbesondere seitens der FaSt, war die Trennung der Prozessverantwortung für die Nachsorge von der aktuellen Krisenversorgung durch die FaSt. Für die FaSt sei mit der Entscheidung über die Mietschuldenübernahme und einer geregelten Übergabe an den nachsorgenden Dienst – sofern ein solcher installiert wird – die Fallbearbeitung aus Verwaltungssicht abgeschlossen. Die über die aktuelle Krisenbearbeitung bestehende Prozessverantwortung sollte dann an die für die Nachsorge verantwortlichen sozialpädagogischen Fachkräfte übergeben werden. Unterschiedliche Einschätzungen gab es allerdings in Blick auf die Gestaltung der Schnittstelle zu der im Projekt als Standard vorgesehenen Nachsorge. Einzelne Expert/innen sahen eine Übertragung des Modells in der aktuellen Form in andere Häuser als möglich und wünschenswert an. Die Einbindung der gesamten BSA in die Nachsorge erhöhe langfristig die Sensibilität und Kompetenz innerhalb des gesamten SBHs. Für eine Übertragung seien jedoch ausreichend Ressourcen und Unterstützung in der Implementierungsphase notwendig. Die Mehrheit der Expert/innen hielt dagegen die Vereinfachung des aktuell praktizierten Modells für erforderlich. Die Vereinfachung sollte insbesondere eine Reduktion von Schnittstellen und Ansprechpartner/innen - die durch die unterschiedliche Behandlung von Einpersonen- und Kinderhaushalten, sowie durch die Einbeziehung aller BSA Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Mietfähigkeitsfeststellung und Nachsorge entstanden - zum Ziel haben. Die im Modellprojekt schon früh identifizierten Schwachstellen, seien auch mit Nachbesserungen und trotz der insgesamt sehr positiven Entwicklung nicht wirklich gelöst worden. Insofern wurde dieses Modell als zu kompliziert für eine stadtweite Übertragung angesehen. Günstiger sei die Zusammenführung der Projektaufgaben in einen Fachdienst Wohnen – der die Aufgaben von Verwaltung (FaSt) sowie von Sozialpädagogik (Kontaktaufnahme und Nachsorge) in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe vereine. Der wesentliche Gewinn eines solchen Schwerpunktdienstes wird in den folgenden Punkten gesehen: - Qualitätsverbesserung durch die Entwicklung einer Kernkompetenz Wohnen im Sozialbürgerhaus - Qualifizierung der Mietfähigkeitsfeststellung 15 - ein aufwendiges Clearingverfahren könnte entfallen, da entsprechende Fälle organisch in eine Nachsorge übergeleitet werden können - Professionalisierung der Interventionen durch bessere Kenntnis und Erfahrung im Umgang mit relevanten Zielgruppen, z.B. alleinstehenden Haushalten mit Alkoholproblemen Voraussetzung für die Arbeit eines solchen Dienstes sei die präzise Definition der Schnittstellen zu anderen Fachlichkeiten im SBH – insbesondere der BSA, wenn schwerwiegende Problemlagen vorlägen, die weit über die Wohnproblematik hinausreichen und im Sinne einer Nachsorge nicht bearbeitet werden könnten, und/oder wenn die Haushalte der BSA bereits bekannt seien. Denkbar sei ein solches Modell sowohl mit einem externen Dienstleister als auch durch sozialpädagogische Fachkräfte innerhalb des Sozialbürgerhauses. Im Folgenden werden Vorteile und Nachteile der beiden Modelle, die von den Expertinnen und Experten genannt wurden, in Form einer Übersicht gegenübergestellt. Es handelt sich hierbei nicht um eine Bewertung der Nennungen. 16 Nennungen zu den beiden Modellen: Schwerpunktmodell Wohnen mit einem externen Dienstleister Vorteile: Große Flexibilität und schnelles Handeln gewährleistet durch konkrete Zielvereinbarungen Stetige Verfügbarkeit durch geregelte Vertretung bei Krankheit oder Urlaub Hohe Professionalität im Umgang mit Wohnproblemen und mietrechtlichen Themen Hohe Professionalität im Umgang mit der vor allem zur längerfristigen Mitarbeit oft wenig motivierten Klientel Kein behördliches Auftreten innerhalb des SBH Vorteile: Befindet sich vor Ort Kurze Wege Bei Vorsprachen der Bürger könnte, bei Bedarf, der Dienst vor Ort präsent sein Beim Clearingverfahren würde es einfacher, den Bürger einzubeziehen Schnittstellen werden reduziert Voraussetzungen Kontinuität muss gesichert sein (mehr als eine Person, effektive Vertretungsregelung) Geeignete Schulung und Qualifizierung der sozialpädagogischen Fachkräfte Nachteile: Nachteile: Dienstleister ist nicht vor Ort Austausch findet primär telefonisch statt Schnittstellen zur BSA und anderen Fachlichkeiten im SBH Für eine erfolgreiche Übertragung wurden in den Expertengesprächen auch Anforderungen formuliert, die sich auf den Übertragungsprozess selbst beziehen. Zentral sei, die Unterstützung des Implementierungsprozesses durch die Leitungen auf allen Ebenen des Sozialbürgerhauses. Von besonderer Bedeutung sei die Anbindung des Projektes an die Teilregionsleitungen „Wohnen“, um den fachlichen Prozess zu fördern. Zu überlegen sei, ob diese, mit einer bestimmten Stundenzahl für die Projektbegleitung in der Einführungsphase freigestellt werden könnten. Förderlich für den fachlichen Prozess sei es, wenn diese selbst mit ausgewählten Fällen beim fachlichen Clearing beteiligt wären. 17 Darüber hinaus sei eine intensive Begleitung und Unterstützung durch die Fachsteuerung notwendig. Hierzu wurde ein enger Austausch zwischen SBH und Fachsteuerung auf allen Führungsebenen gezählt. Sinnvoll erschien die Einrichtung eines Gremiums zur Reflexion des Übertragungsprozesses unter Beteiligung der Koordinierungsstelle/Leitung der Sozialbürgerhäuser Soziales, Fachsteuerung und Praxis, um Erfahrungen zeitnah zu reflektieren und etwaige Nachsteuerungen zu besprechen. Wichtig sei auch die qualifizierte Moderation des Prozesses. Schließlich sollte die Gestaltung des Übertragungsprozesses als gemeinsamer Lernprozess angestrebt werden. Die Implementierung des neuen Modells sollte einen gemeinsamen Lernprozess innerhalb und zwischen den Sozialbürgerhäusern ermöglichen. Dabei sollte genügend Raum bleiben für die konkrete Ausgestaltung in den einzelnen Regionen. 5 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Ist ein Münchner Haushalt vom Verlust seines Mietverhältnisses aufgrund von Mietschulden bedroht, erfährt in der Regel die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit (FaSt) davon. In diesem Fall ist es ihr Auftrag, Kontakt mit den vom Wohnungsverlust bedrohten Haushalten aufzunehmen und nach § 34 SGB XII und § 22 Abs. 5 SGB II zu prüfen, ob die Mietschulden durch die FaSt zu übernehmen und/oder ob andere Hilfen bereitzustellen sind. Zeigt sich ein Unterstützungsbedarf über eine finanzielle Zuwendung hinaus oder meldet sich der Haushalt nicht auf das Anschreiben der FaSt, sieht das Standardverfahren in München die Kooperation mit der Bezirkssozialarbeit (BSA) vor. Häufig wird der FaSt ein durch Mietschulden bedrohtes Mietverhältnis erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium der Kündigung bekannt. Je früher sich jedoch Mieter oder Vermieter an die Stadt wenden, umso effektiver ist der Spielraum der Stadt mit der Bereitstellung geeigneter Beratungs- und Unterstützungsangebote. Im Rahmen eines Modellprojektes sollten durch die Einführung neuer Standards die Arbeitsweisen von FaSt und BSA optimiert und Wohnungsverluste nachhaltig vermieden werden. Das Modellprojekt wurde im Sozialbürgerhaus Neuhausen-Nymphenburg – Moosach zwischen Mai 2005 und 2006 mit einer Verlängerungs-phase bis Oktober 2006 durchgeführt. An dem Modellprojekt waren beteiligt: BSA FaSt Haushaltsbudgetberatung I.S.AR. Bezirkssozialarbeit Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit Verein für Fraueninteressen e.V. Institut für soziale Arbeit Die Wissenschaftliche Begleitung des Projektes übernahm das Institut zweiplus BERATUNG ENTWICKLUNG EVALUATION. Das Modellprojekt Das Präventionsprojekt sah vor, die Versorgung der Zielgruppe durch einen umfassendenS. 7 ff und integrierten Handlungsansatz zu verbessern, in dem die ganzheitliche Struktur der Sozialbürgerhäuser genutzt werden sollte. Dabei standen drei Schwerpunkte im Mittelpunkt: 18 1. Durch eine Intensivierung der aufsuchenden Sozialarbeit sollte eine hohe Anzahl der Haushalte mit Mietschulden erreicht werden. Hierzu wurde die Aufgabe der aufsuchenden Sozialarbeit zur Kontaktaufnahme mit den Haushalten, die sich auf das Anschreiben der FaSt nicht melden, von der BSA auf das soziale Dienstleistungsunternehmen I.S.AR. übertragen. Der Leistungsvertrag mit I.S.AR. sah für diese Aufgabe 1 Personalstelle vor. 2. Durch eine Intensivierung der Nachsorge für die Haushalte, die eine über die aktuellen Mietschulden hinausreichende Problematik aufweisen, sollte das erneute Auftreten von Mietschulden verringert und Haushalte mit erkennbaren Problemlagen nachhaltig unterstützt werden. Hierzu wurden der BSA 1,5 Personalstellen, in der Verlängerungsphase 0,75 Personalstelle direkt zugeschaltet. 3. Die Prozessverantwortung für die Fallbearbeitung, auch im Falle einer Nachsorge, wurde der FaSt zugeordnet. Für die qualitativ intensivere Fallbearbeitung durch die FaSt wurden der FaSt 0,75 Personalstellen zugeschaltet. Die Begleitforschung S. 13 ff Die Begleitforschung sollte Aussagen zum Projektverlauf, zu den Wirkungen, zu Kostenentwicklungen und zur Übertragung der Erfahrungen in andere Sozialbürgerhäuser erarbeiten. Für die Untersuchung der komplexen Fragestellungen kam ein multiples methodisches Design zum Einsatz. Die vier wichtigsten Elemente waren: 1. eine Einzelfalldokumentation, mit der im Verlauf der gesamten Projektlaufzeit für die bei der FaSt bekannt gewordenen Fälle Haushaltsdaten, Leistungsdaten und Ergebnisdaten bei den an der Fallbearbeitung beteiligten Stellen erhoben wurden 2. zwei schriftliche Befragungen der Mitarbeiter/innen von FaSt und BSA im Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach 3. eine Dokumentenanalyse relevanter Statistiken. Hierbei handelte es sich vor allem um Daten aus der Sozialberichtserstattung der Stadt München die Armutsberichtserstattung der Stadt München Daten aus der Jahresstatistik der FaSt München 4. 20 Experteninterviews in der Anfangs- und Endphase des Projektes 19 6 Ergebnisse im Überblick Die Sozialstruktur in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach Die Sozialstruktur in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach ist repräsentativ für die Stadt München. Innerhalb der Sozialregion bestehen aber erhebliche Unterschiede. Die Sozialstruktur der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach ist nach Kriterien von Alter, Arbeitslosigkeit, Ausländeranteil, Haushaltsstruktur und Wohnungsstruktur vergleichbar mit der Stadt München im Gesamt. Neuhausen-Nymphenburg – Moosach besteht aus zwei Stadtbezirken: dem einwohnerstarken Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg und dem kleineren Stadtbezirk Moosach, die sich städtebaulich und hinsichtlich ihrer Sozialstruktur zum Teil stark unterscheiden. Im Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg sind die Anteile von Ausländern/Ausländerinnen und Haushalten mit Kindern niedriger als in der Gesamtstadt. In Moosach dagegen überdurchschnittlich hoch. Umgekehrt liegt der Anteil an Einpersonenhaushalten in Neuhausen-Nymphenburg deutlich über dem städtischen Mittel, während er in Moosach darunter liegt. Auch hinsichtlich der Armutsdichte unterscheiden sich die beiden Stadtbezirke. In Moosach kamen 2004 167 arme Menschen auf 1000 Einwohner/innen, in Neuhausen-Nymphenburg waren es 124 je Tausend Einwohner/innen. Im gesamtstädtischen Vergleich mit durchschnittlich 142 armen Menschen je Tausend lag Moosach deutlich über und Neuhausen-Nymphenburg unter dem städtischen Mittel. Auch innerhalb der Stadtbezirke waren auf der kleinräumigen Ebene erhebliche Unterschiede mit lokalen Konzentrationen von Armut zu verzeichnen. Die Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach ist mit 129 354 Einwohnern die größte der 13 Sozialregionen Münchens. Bei der FaSt bekannt gewordene Haushalte mit Mietschulden und Stand des Kündigungsverfahrens Gut jedes zweite Kündigungsverfahren befand sich noch im Status der Kündigung oder Mahnung. Im Laufe des Projektes hat der Anteil von Mahnungen leicht zugenommen, während sich der Anteil an Räumungsklagen reduziert hat. Während des Modellprojektes wurden bei der FaSt insgesamt 855 Neuzugänge registriert. Im Monatsmittel waren das 47,5 Fälle. Kündigungen wegen Mietschulden traten in dem ärmeren Stadtbezirk Moosach mit 6,1 Fällen je 1000 Haushalte etwas häufiger auf, als in Neuhausen-Nymphenburg mit 5,5 Fällen je 1000 Haushalte. 20 Gut die Hälfte der Kündigungsverfahren, wurden der FaSt als fristlose Kündigungen oder Mahnungen bekannt, d.h. noch bevor sie bei Gericht anhängig geworden waren. Fast die Hälfte der gekündigten Mietverhältnisse entfiel auf GWG und Gewofag. Knapp 40 % der Kündigungen betrafen Mietverhältnisse mit privaten Vermietern. Fast die Hälfte aller bei der FaSt bekannt gewordenen Kündigungsfälle betrafen Mietverhältnisse mit den beiden städtischen Wohnbaugesellschaften GWG und Gewofag (43,5 %). 39,6 % der gekündigten Mietverhältnisse kamen von privaten Vermietern. Kündigungsverfahren durch nichtstädtische Wohnbaugesellschaften machten 5,3 % aus und von Genossenschaften 6,4 %. Von zwei Vermietern, der WSB und der Baugenossenschaft München West des Eisenbahnpersonals kamen insgesamt 6,4 % der Meldungen. In Neuhausen-Nymphenburg war mit 42,2 % der Anteil der privaten Mietverhältnisse höher als in Moosach mit 34,1 %. Dort war dagegen der Anteil an Mietverhältnissen mit Wohnbaugesellschaften mit 48,6 % deutlich höher als in Neuhausen-Nymphenburg mit 42,2%. Mit den städtischen Wohnbaugesellschaften Gewofag und GWG ist in Kooperationsvereinbarungen mit der Stadt festgelegt, dass sie die FaSt im Falle einer Kündigung frühzeitig, d.h. im Abmahnungsverfahren oder spätestens mit der Kündigung in Kenntnis setzen. Diese Kooperationsvereinbarung wird im Alltag umgesetzt. Drei Viertel der Kündigungsverfahren von GWG und Gewofag wurden der FaSt als Mahnung oder Kündigung bekannt. Bei den privaten Vermietern waren es nur 32,7 %. Haushalte mit wiederholter Mietschuldenübernahme Der Anteil der Haushalte mit einer wiederholten Mietschuldenübernahme machte knapp 20 % der Neuzugänge aus und wies in der zweiten Projektphase eine sinkende Tendenz auf. Unter den Haushalten mit wiederholter Mietschuldenübernahme waren Mehrpersonenhaushalte und alleinerziehende Haushalte überrepräsentiert. Bei 139 Haushalten (19,4 % aller Neuzugänge bei der FaSt) wurde in den vergangenen Jahren bereits ein- oder mehrmals Mietschulden durch die FaSt übernommen. Bei knapp einem Drittel der Haushalte mit wiederholter Mietschuldenübernahme kam es innerhalb eines Jahres zu erneuten Mietschulden. Bei 55 Haushalten (7,7 % aller Neuzugänge bei der FaSt) waren schon mehrfach Mietschulden übernommen worden. Mehrpersonenhaushalte waren unter den Fällen mit wiederholter Mietschulden-übernahme überrepräsentiert, ebenso wie Mieter aus den Wohnanlagen von GWG und Gewofag. Haushalts- und Einkommensstruktur der Haushalte mit Mietschulden 21 Fast zwei Drittel der Haushalte waren Einpersonenhaushalte. Die Mehrheit der Haushaltsvorstände war männlich. Knapp die Hälfte der Haushaltsvorstände war jünger als 41 Jahre. Über ein Drittel der Haushalte bezogen Arbeitslosengeld II. Haushalte mit Mietschulden sind arm. Mit dieser Untersuchung können zum ersten Mal in München Aussagen zur Struktur der Haushalte mit Mietschulden getroffen werden. 64 % der Haushaltsvorstände waren männlich. 61,5 % der Haushalte waren Einpersonenhaushalte. Von diesen Einzelpersonenhaushalten waren 74,3 % allein stehende Männer. 46 % der Haushaltsvorstände waren jünger als 41 Jahre. 14,5 % der bei der FaSt gemeldeten Haushalte waren Haushalte mit Kindern bis 18 Jahre. 8,2 % waren allein erziehende Haushalte und damit gegenüber deren Anteil von 3,1 % an allen Haushalten in der Sozialregion Ende 2005 überrepräsentiert. 56 % der Haushaltsvorstände hatte eine deutsche Staatsangehörigkeit. Das durchschnittliche Einkommen aller Haushalte betrug 1128,-- €. Einpersonenhaushalte verfügten im Durchschnitt über 813,- €.3 Im Armutsbericht der Stadt München von 2004 gilt ein Einpersonenhaushalt mit einem Nettoeinkommen von 776 € als arm. 53,7 % der Haushalte mit einer Kündigung wegen Mietschulden bezog Arbeitslosengeld II. 39,7 % verfügten über ein eigenes Einkommen (darunter 8,6 % Renten). 3,8 % hatten Bezüge aus SGB XII. Fallabschluss und Leistungen durch die FaSt Je früher Haushalte und/oder Vermieter sich an die FaSt wenden, umso besser stehen die Chancen, das Mietverhältnis zu erhalten. Bei fast zwei Dritteln der Haushalte, deren Mietverhältnis bedroht war und von denen die FaSt Kenntnis erhielt, konnte das Mietverhältnis bzw. die Wohnung gesichert werden. Bei 33 % durch eine Mietschuldenübernahme und bei weiteren 28 % gelang es den Haushalten selbst, ihre Mietangelegenheiten zu klären und die Mietschulden zu begleichen. Bei 11 % der Haushalte wurde seitens der Haushalte mitgeteilt oder konnte durch I.S.AR. recherchiert werden, dass der Haushalt die Wohnung nicht erhalten wollte und eine andere Wohnung bereits bezogen hatte oder beziehen wollte. Auf Informationen zum weiteren Verlauf des Kündigungsverfahrens hat die FaSt dann keinen Zugriff mehr. Die Chancen, den Wohnraum zu erhalten, hängen wesentlich davon ab, zu welchem Zeitpunkt die Kündigung bekannt wird. Wird das Verfahren im frühen Stadium als Kündigung 3 Aufgrund einer hohen Anzahl von Fällen ohne Angabe unter den Haushalten mit Mietschulden, für die keine Leistung durch die FaSt erbracht wurde, ist bei den Angaben zum Einkommen der Haushalte der Anteil von Haushalten mit Mietschuldenübernahme überrepräsentiert. 22 oder Mahnung bekannt, ist ein Wohnungserhalt in hohem Maße durch Selbsthilfe, durch Vermittlung zwischen Mieter und Vermieter und/oder Mietschuldenübernahme gegeben. 82,5 % der Mietverhältnisse mit Mitteilung in dieser Phase konnten erhalten werden. Wurde das Verfahren dagegen als Räumungsklage oder Mitteilung über Zwangsräumung bekannt, war der Anteil an Haushalten, die die Wohnung nicht erhalten wollten oder über deren Verbleib keine Information zu gewinnen war, höher. 21 Haushalte wurden in Übergangswohnraum oder in Wohnraum der akuten Wohnungslosigkeit vermittelt. Die Vermittlungsquote in diese Wohnformen liegt im SBH Neuhausen-Moosach unter der der gesamten Stadt. Im Laufe des Modellprojektes wurde sie noch einmal reduziert. Die FaSt sicherte im Zuge des Präventionsprojektes bei 240 Haushalten mit Mietschulden den Wohnraum durch eine Mietschuldenübernahme. Bei 33 % der HH sicherte die FaSt im Zuge des Präventionsprojektes den Wohnraum durch eine Mietschuldenübernahme. Mehr als die Hälfte (52%) dieser Haushalte wurden die Mittel als Darlehen gewährt und 44,2 % erhielten die Leistung als Beihilfe. Der durchschnittliche Darlehensbetrag lag mit 1868,-- € über dem durchschnittlichen Beihilfebetrag von 1 606,-- €. Während des Projektzeitraums fand eine zunehmende Umverteilung der Leistungen als Beihilfe zugunsten der Vergabe von Darlehen statt. Ein Trend, der im Zuge der Novellierung der Sozialgesetzbücher von 2006 auch in der Gesamtstadt zu beobachten war. Das Leistungsspektrum der FaSt beschränkte sich nicht auf die finanziellen Hilfen. Im Zuge der Fallbearbeitung durch die FaSt wurden alle Haushalte, bei denen die FaSt eine Leistung erbracht hat, beraten und bei 74,1 % dieser Haushalte zwischen Vermieter und Haushalt vermittelt. Bei Haushalten, für die die FaSt keine Leistungen übernahm, waren der Beratungsumfang und auch die Vermittlungstätigkeit zwischen Mieter und Vermieter geringer. Die Leistungen der FaSt erfolgen in einem engen Zeitfenster und unter Einbeziehung vor allem von ARGE, BSA und I.S.AR. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer durch die FaSt bei Haushalten, für die eine Leistung durch die FaSt erbracht wurde, betrug 66 Tage. Bei einem Drittel dieser Haushalte (36 %) fand die Bearbeitung innerhalb eines Monats statt. Die kurze Bearbeitungszeit verweist auf den durch gesetzlich vorgeschriebene Fristen entstehenden Handlungsdruck, unter dem die Problemlagen zu einer Lösung geführt werden müssen. 23 Eine Einbeziehung der ARGE fand bei 52,9 % der Fälle, in denen eine Leistung erbracht wurde, statt. Die BSA wurde bei 35,1 % in die Fallbearbeitung mit einbezogen. 7,6 % der Haushalte waren der BSA bereits bekannt. Eine Zusammenarbeit mit der Sachbearbeitung SGB XII fand in 6 % der Fälle statt. Problemlagen im Zusammenhang mit der Mietschuldenentstehung Typischer Hintergrund für Mietschulden sind ungünstige Lebenskonstellationen und knappes Einkommen. Häufig stehen Mietschulden im Zusammenhang mit anderen Schulden und der Tätigung anderer Ausgaben. Bei den Haushalten, für die Mietschulden übernommen wurden, konzentrierten sich auf finanzielle Problemstellungen. 127 Haushalte (50,6 %) hatten andere Schulden oder andere Ausgaben getätigt. Die zweitgrößte Gruppe von Haushalten (26,7 %) hatte einen Einkommensverlust hinnehmen müssen und konnte sich nicht auf die neue Situation einstellen. Sie reagierten mit Passivität und/oder haben zum Teil zustehende Leistungen nicht beantragt. Bei 12,4 % der Haushalte standen die Mietschulden im Zusammenhang mit Problemen beim Bezug zustehender Leistungen, häufig Zahlungen von Arbeitslosengeld. Bei 7 % der Haushalte wurden im Kontext der Schuldenentstehung psychische Probleme dokumentiert. Kontaktaufnahme durch I.S.AR. Ziel des Präventionsprojektes war es, mit aufsuchender Sozialarbeit durch sozialpädagogische Fachkräfte eine schnelle Kontaktaufnahme zu den Haushalten, deren Kündigungsverfahren schon weit fortgeschritten war, oder die mit dem Standardanschreiben der FaSt nicht erreicht werden konnten, herzustellen. Beauftragt mit dieser Aufgabe wurde das Soziale Dienstleistungsunternehmen „Institut für sozialpädagogische Arbeit“ (I.S.AR.). Der Bedarf, durch „aufsuchende Sozialarbeit“ einen Kontakt zu den Haushalten herzustellen, ist hoch. I.S.AR. wurde zwischen dem 1.5.2005 und dem 1.9.2006 insgesamt 329 Mal zur Kontaktherstellung beauftragt. Das waren 45,9 % aller von der FaSt bearbeiteten Fälle. I.S.AR. wurde am häufigsten aktiv, wenn sich die Haushalte nicht auf das Anschreiben der FaSt hin meldeten. Das war bei 65 % der 329 Haushalte der Fall. Bei 22 % der 329 Haushalte war bereits der Räumungstermin angesetzt. I.S.AR. wurde auch eingeschaltet, wenn bei der FaSt der Kontakt abgebrochen worden war. Dies betraf 12 % der 329 Haushalte. 24 Die Erreichungsquote bei der Kontaktherstellung durch I.S.AR. lag bei fast 75 %. Der Anteil der von I.S.AR. kontaktierten Haushalte, bei denen das Mietverhältnis erhalten werden konnte, stieg von 44 % auf 50 % während der Projektlaufzeit. Zur Kontaktaufnahme setzte I.S.AR. ein mehrstufiges Vorgehen ein. Dieses Verfahren sieht ein Anschreiben, die Möglichkeit zum Rückruf und Hausbesuche vor. Bei 84 % der an I.S.AR gemeldeten Fälle wurde mindestens ein Hausbesuch durchgeführt. Im Schnitt entfielen 1,8 Hausbesuche auf jeden der gemeldeten Haushalte. Die Mehrzahl der Hausbesuche waren angemeldet. Die meisten Hausbesuche führten die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen von I.S.AR. zu den üblichen Arbeitszeiten morgens und nachmittags durch. In den Abendstunden bis ca. 19 Uhr wurden insgesamt 33 % der Haushalte besucht. Am Wochenende wurden 8 Hausbesuche durchgeführt. I.S.AR. konnte 74,2 % der 329 Haushalte erreichen und einen persönlichen Kontakt herstellen, mit steigender Tendenz im Projektverlauf. Bei 50 % der Haushalte, für die I.S.AR. zur Kontaktherstellung beauftragt worden war, konnte der Wohnraum durch Mietschuldenübernahme oder durch Selbsthilfe erhalten bleiben. Die Quote hat sich innerhalb der Projektlaufzeit von 44 % auf 50 % erhöht. I.S.AR. unternahm zügig einen ersten Versuch zur Kontaktaufnahme und motivierte die Haushalte das Angebot der FaSt anzunehmen. I.S.AR. reagierte schnell. Die durchschnittliche Zeit zwischen Meldung durch FaSt und dem ersten Kontaktversuch durch I.S.AR. betrug 5,4 Kalendertage. I.S.AR. beriet 90 % der Haushalte, zu denen ein Kontakt hergestellt wurde, zu Fragen, die mit der Mietproblematik in Zusammenhang standen und davon ein weiteres Drittel zu Fragen, die über die Mietproblematik hinausgingen. Über 90 % der Haushalte, bei denen I.S.AR. einen Kontakt hergestellt hatte, wurden im persönlichen Gespräch oder am Telefon zu einer mit der Mietproblematik verbundenen Frage beraten. Bei 36 % der Haushalte wurden auch Fragen besprochen, die über die Mietproblematik hinausreichten. Die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen von I.S.AR. berieten 15,5 % der Haushalte zu anderen Hilfen oder stellten eine Verknüpfung zu anderen Hilfen her. 25 Fallclearing FaSt/BSA, Nachsorge durch die BSA und Haushaltsbudgetberatung. Die Installierung einer sozialpädagogischen Nachsorge durch die BSA gelang trotz großzügiger Personalressourcen nur zögerlich. Im Mai 2006 wurde ein systematisches Fallclearing durch die FaSt gemeinsam mit der BSA eingerichtet. Die Nachsorge durch die BSA war im Präventionsmodell als Standard neu eingeführt. Hinsichtlich der Inhalte der Nachsorge bestanden bei den Projektbeteiligten anders als gegenüber den anderen Elementen deutliche Unsicherheiten. Sie äußerten sich vor allem in der schriftlichen Befragung der Fachkräfte und waren ausführlicher Inhalt der Expertengespräche der Welle 1. In einem Nachsteuerungsprozess wurden sieben inhaltliche Kriterien für die Einrichtung einer Nachsorge ausgearbeitet. Seit Mai 2006 wurde im Rahmen der Projektverlängerung ein systematisches Fallclearing eingeführt, mit dem durch FaSt und BSA gemeinsam der Bedarf einer Nachsorge geprüft wurde. Das Fallclearing betraf ausschließlich die Haushalte, die eine Leistung der FaSt erhalten hatten. Eine Nachsorge durch die BSA wurde eingeleitet für 8 % aller Neuzugänge bei der FaSt, bzw. bei 23 % der Haushalte, die eine Leistung durch die FaSt erhielten. Für Haushalte ohne Leistungsbezug durch die FaSt war eine sozialpädagogische Nachsorge nicht vorgesehen. Von den 717 dokumentierten Neuzugängen bei der FaSt wurde für 8 % eine sozialpädagogische Nachsorge eingeleitet, bzw. für 23 % der 251 Haushalte, die eine materielle Leistung durch die FaSt erhielten. Mit der Implementierung des Fallclearings war ein leichter Anstieg der Fallzahlen für die Nachsorge zu beobachten. Im gesamten Projektzeitraum wurden 59 Nachsorgen eingeleitet. Es handelt sich vor allem um Haushalte mit lange andauernden Problematiken und um Haushalte mit gravierenden finanziellen Schwierigkeiten. Unter den 139 Haushalten mit wiederholter Mietschuldenübernahme wurde für 35 Haushalte (25 %) eine Nachsorge eingeleitet. Im Rahmen der Nachsorge fand bei ca. der Hälfte der dokumentierten Nachsorgefälle mindestens ein Hausbesuch statt. Die andere Hälfte erfolgte ausschließlich als Beratungsleistung im Sozialbürgerhaus. Für ca. zwei Drittel der Haushalte wurden Problembereiche gesehen, die über die Mietproblematik hinausreichen. Bei der Hälfte der Haushalte bestand aus Sicht der BSA Fachkräfte ein über die finanzielle Unterstützung hinausreichender Unterstützungsbedarf. Für ein Drittel der Haushalte mussten die Hilfen im Zuge der Nachsorge neu oder zusätzlich zu bestehenden Hilfen eingeleitet werden. 26 Haushaltsbudgetberatung Seit 1.3.2006 wurde im Präventionsprojekt eine Haushaltsbudgetberatung für die Haushalte mit Mietschulden bereitgestellt. Das Angebot wurde von den Fachkräften im SBH Neuhausen-Moosach sehr positiv aufgenommen. Von der Haushaltsbudgetberatung wurden zwischen März und Oktober 2006 an 5 Sprechtagen im Sozialbürgerhauses Neuhausen-Moosach insgesamt 30 Beratungstermine für Erstkontakte bereitgestellt. Daneben bestand die Möglichkeit, Klienten auch direkt anzumelden. 27 Klientinnen und Klienten wurden durch die FaSt oder die BSA im Rahmen des Modellprojektes an die Haushaltsbudgetberatung vermittelt, das Angebot aber nur von 50 % der angemeldeten Haushalte in Anspruch genommen. Diese Erfahrung verweist auf einen dringenden Bedarf, die Implementierung erforderlicher Hilfen mit nachsorgenden, motivierenden und stützenden Hilfen zu begleiten. Dies gilt besonders für Hilfen, die die Eigenaktivität der Haushalte voraussetzen. 7 Wirkungen der veränderten Arbeitsweise des Präventionsmodells Zur Beurteilung der Wirkung der im Modellprojekt erprobten Arbeitsweise wurden Effekte auf drei Ebenen untersucht. Vermeidung von Wohnungsverlust in der akuten Krisensituation durch aufsuchende Sozialarbeit Nachhaltigkeit der Intervention durch qualifizierte Beratung und Nachsorge Entwicklung der Ausgaben für finanzielle Leistungen Zur Beurteilung wurden Zielvorgaben und Entwicklungen im Laufe des Projektes gegenübergestellt und Daten aus einer vergleichenden Sonderauswertung der FaSt Jahresstatistik ausgewertet. Vermeidung von Wohnungsverlust in der aktuellen Krisensituation durch aufsuchende Sozialarbeit Die neue Arbeitsweise zeigt Wirkung bei der Bewältigung der akuten Wohnungsproblematik. Im Gesamt konnten mehr Haushalte erreicht und das Projektziel 80 % erhaltene Mietverhältnisse bei Kündigungen und Mahnungen erreicht werden. Die Haushalte wurden mit 87 % in einem hohen Maß erreicht. Dabei spielte die Aktivität von I.S.AR. eine große Rolle. Die Neuzugänge in frühen Phasen des Kündigungsverfahrens sind angestiegen und lagen mit 18 % im Vergleich zur Gesamtstadt mit 11 % signifikant höher. 27 Die Vermittlung in Übergangswohnraum hat sich von 6 Haushalten auf 3 Haushalte halbiert. Der Wechsel in Wohnraum in die akute Wohnungslosigkeit ist von 22 auf 15 Fälle zurückgegangen. Mit einem Anteil von 0,33 % von Vermittlungen in Übergangswohnraum an allen Erledigungen der FaSt im SBH Neuhausen-Moosach lag deren Anteil fast um zwei Drittel niedriger als in der Gesamtstadt mit 0,8 %. Bei Vermittlung in Wohnraum in die akute Wohnungslosigkeit lag der Anteil von 1,66 % in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg– Moosach ebenfalls unter dem Anteil von 2,73 % in der gesamten Stadt. Der Anteil an Zwangsräumungen konnte dagegen nicht reduziert werden. Allerdings wurde durch die Recherchearbeiten von I.S.AR. mehr Transparenz hinsichtlich des Verbleibs der Haushalte erreicht. Nachhaltigkeit der Intervention durch qualifizierte Beratung und Nachsorge Die neue Arbeitsweise lässt eine Wirkung hinsichtlich des Wiederauftretens von Mietschulden und hinsichtlich des Verhaltens der Haushalte bei wiederholter Mietschuldenproblematik vermuten. Bei einem Drittel der Haushalte, die bereits Mietschulden übernommen bekamen, treten innerhalb eines Jahres wieder neue Mietschulden auf. Im Laufe des Projektes wurde dieser Anteil um 6,2 Prozentpunkte geringer. Entwicklung der Ausgaben für finanzielle Leistungen Rückgang der Gesamtausgaben für finanzielle Leistungen um 317 503,-- € in der Modellregion, in der Gesamtstadt 4 um 40 521,--. Die Gesamtausgaben für Darlehen und Beihilfen zur Bewältigung von Mietschulden lagen in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach vor Beginn des Modellprojektes deutlich über dem städtischen Niveau und waren bezogen auf die Ausgaben pro Einwohner gut doppelt so hoch wie in der gesamten Stadt. Dabei lagen die im Einzelfall bewilligten Leistungen auf dem städtischen Niveau. Im Projektverlauf haben sich die Gesamtausgaben für finanzielle Leistungen (Darlehen und Beihilfen) in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach um 41,4 % - um einen Gesamtbetrag von 317 503,-- € verringert. In der Gesamtstadt sind im selben Zeitraum die Gesamtausgaben für Beihilfen und Darlehen um 1 % - 40 521,-- € zurückgegangen. 4 Abzüglich der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach 28 Mit der Arbeitsweise des Modellprojektes konnten Einspareffekte erzielt werden Um Aussagen zu Einspareffekten treffen zu können, wurden mögliche Kostenreduzierungen den für eine Übertragung relevanten Personalansätzen gegenübergestellt. Einspareffekte wurden an vier Punkten festgemacht. Ausgaben für Vermittlung in Wohnraum des Übergangswohnens Ausgaben für Vermittlung in Wohnraum der akuten Wohnungslosigkeit Ausgaben für die Übernahme von Mietschulden Indirekte Einsparungen durch eine Reduzierung von Zugängen in die akute Wohnungslosigkeit aus der Sozialregion, die nicht über die FaSt erfolgen Aus der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben mit den einzusetzenden Ressourcen kann von einem Einspareffekt zwischen 495 000,-- € (Variante A/A1) und 945 000,-- € (Variante B/B1) für das Sozialreferat ausgegangen werden. 8 Empfehlungen für die Übertragung des Modellprojektes in andere Regionen Die positiven Projektergebnisse und die möglichen Einspareffekte machen eine Übertragung des präventiven Arbeitsansatzes in andere Sozialregionen empfehlenswert. Das Übertragungsmodell sollte aus unserer Sicht die positiven Erfahrungen mit der aufsuchenden Arbeit in der akuten Krisensituation aufgreifen und die Defizite hinsichtlich des Übergangs zu einer Nachsorge vermeiden. Folgende Anforderungen sollte dabei das Übertragungsmodell erfüllen. Gewährleistung der Kontinuität in der Fallbearbeitung Reduktion der Schnittstellen Gewährleistung einer Prozessverantwortung, die über die Leistungserbringung der FaSt hinausgeht Gewährleistung einer auf die Bewältigung im Kontext Wohnen bezogene fachliche Kompetenz bei aufsuchender Sozialarbeit und Nachsorge Auch sollte, wie ausführlich im Zwischenbericht 1 dargelegt, der Blick auf die Personengruppe mit Mietschulden ausgeweitet werden, für die kein Leistungsanspruch durch die FaSt besteht oder die im Sinne einer Selbsthilfe eigene Ressourcen mobilisieren können, um ihr Mietverhältnis zu sichern. In Bezug auf die im Modellprojekt installierte Form des Fallclearing von FaSt mit der BSA bestanden unterschiedliche Einschätzungen. Der Vorteil dass mit dem praktizierten Modell die Kooperation zwischen den beiden Fachlichkeiten systematischer gestaltet werden konnte, wurde der Nachteil von hoher Komplexität und vielen Schnittstellen gegenübergestellt. Die Mehrheit der Expertinnen und Experten hielt deshalb eine Vereinfachung des aktuell praktizierten Modells für wünschenswert. 29 Die Vereinfachung sollte insbesondere eine Reduktion von Schnittstellen und Ansprechpartnern - die durch die unterschiedliche Behandlung von Einpersonen- und Kinderhaushalten, sowie durch die Einbeziehung aller BSA Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Mietfähigkeitsfeststellung und Nachsorge entstanden - zum Ziel haben. Die im Modellprojekt schon früh identifizierten Schwachstellen, seien auch mit Nachbesserungen und trotz der insgesamt sehr positiven Entwicklung nicht wirklich gelöst worden. Insofern wurde dieses Modell als zu kompliziert für eine stadtweite Übertragung angesehen. Günstiger sei die Zusammenführung der Projektaufgaben in einen Fachdienst Wohnen – der die Aufgaben von FaSt, Kontaktaufnahme und Nachsorge in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe vereine. Der wesentliche Gewinn eines solchen Schwerpunktdienstes wird in den folgenden Punkten gesehen: - Qualitätsverbesserung durch die Entwicklung einer Kernkompetenz Wohnen im Sozialbürgerhaus - Qualifizierung der Mietfähigkeitsfeststellung - ein aufwendiges Clearingverfahren könnte entfallen, da entsprechende Fälle organisatorisch in eine Nachsorge übergeleitet werden können - Professionalisierung der Interventionen durch bessere Kenntnis und Erfahrung im Umgang mit relevanten Zielgruppen, z.B. alleinstehenden Haushalten mit Alkoholproblemen Voraussetzung für die Arbeit eines solchen Dienstes sei die präzise Definition der Schnittstellen zu anderen Fachlichkeiten im SBH – insbesondere der BSA, wenn schwerwiegende Problemlagen vorliegen, die weit über die Wohnproblematik hinausreichen und im Sinne einer Nachsorge nicht bearbeitet werden könnten, und/oder wenn die Haushalte der BSA bereits bekannt seien. Denkbar sei ein solches Modell sowohl mit einem externen Dienstleister als auch durch sozialpädagogische Fachkräfte innerhalb des Sozialbürgerhauses. Im Folgenden werden Vorteile und Nachteile der beiden Modelle, die von den Expertinnen und Experten genannt wurden, in Form einer Übersicht gegenübergestellt. Schwerpunktmodell Wohnen Diesen Anforderungen wird aus unserer Sicht ein Schwerpunktdienst Wohnen, in dem die Verwaltungskräfte der FaSt und Sozialpädagogen mit Schwerpunktkenntnissen im Bereich Wohnen kooperieren, am besten gerecht. Eine solche Organisation bietet folgende Vorteile 30 Es entsteht eine enge – an den Anforderungen der Fallbearbeitung orientierte Verzahnung von sozialpädagogischer Kompetenz und Verwaltungskompetenz. Kontinuität von Kontaktaufnahme und Nachsorge bis zur Abschlussdiagnose und bei Bedarf Weitergabe an die richtige Profession wird gesichert. Haushaltsbudgetberatung und andere in Frage kommende Dienste finden klare Schnittstellen. Die Prozessverantwortung wird – orientiert am Bedarf der Klienten – durch sozialpädagogische oder Verwaltungskräfte wahrgenommen. Für die Umsetzung der Übertragung des Modells in andere Sozialregionen sind aus unserer Sicht folgende Überlegungen relevant: Personelle Ausstattung Für die zusätzlichen Aufgaben der FaSt hat sich die Ausstattung mit 0,75 Personalstelle als geeignet erwiesen. Zugrunde gelegt ist ein Fallvolumen von 477 Neuzugängen pro Jahr. Für die „aufsuchende Sozialarbeit“ wurde eine Personalstelle Sozialpädagogik eingesetzt und als ausreichend bewertet. Mit ihr wurde ein Fallvolumen von 219 Haushalten pro Jahr bearbeitet. Diese Personalstelle entspricht der Kapazität, die in der BSA für „aufsuchende Sozialarbeit“ im Bereich Wohnen und für die Kooperation mit der FaSt im SBH NeuhausenMoosach vorhanden war. Für die „nachsorgende Sozialarbeit" ist, orientiert an den Messzahlen der BSA mindestens eine halbe Stelle Sozialpädagogik zusätzlich anzusetzen. Bei Zunahme der Fallzahlen für eine Nachsorge sollte eine Aufstockung dieser Ressource mitgedacht werden. Für das ergänzende Angebot einer Haushaltsbudgetberatung kann mit 6 Erstkontakten monatlich mit einem Festbetrag von 10.000,- € jährlich kalkuliert werden. Organisation innerhalb der Sozialbürgerhäuser Im Modellprojekt wurde die aufsuchende Sozialarbeit durch einen externen Dienstleister erbracht. Die Erfahrungen damit waren hinsichtlich Quantität und Qualität der erbrachten Leistungen positiv. Im oben genannten Schwerpunktmodell sollten Erfahrungen sowohl mit externen als auch internen Organisationsstrukturen gemacht werden. Im Wohnungsbereich tätige Dienstleister bringen spezialisierte Erfahrungen und ein Wissen ein, die für die Angebote im Bereich Wohnen genutzt werden sollten. Der Implementierungsprozess 31 Die Implementierung der qualitativen Arbeitsweise sollte durch die Leitungen auf allen Ebenen der Sozialbürgerhäuser unterstützt werden, insbesondere durch die Teilregionsleitungen. Hierzu ist eine Qualifizierung der verantwortlichen Teilregionsleitungen für die Aufgabe notwendig. Sie sollten durch die Fachsteuerung BSA Wohnen und FaSt unterstützt und begleitet werden. Darüber hinaus müsste gewährleistet sein, dass den verantwortlichen Teilregionsleitungen ausreichend Ressourcen für den Implementierungsprozess bereitgestellt werden. Der Implementierungsprozess sollte in engem Austausch zwischen Fachsteuerung und Sozialbürgerhäusern erfolgen, in dem die Fachsteuerung zeitnah auf fachliche und organisatorische Fragen und Probleme eingehen kann. Geeignete Impuls- und Begleitveranstaltungen sind durch die Fachsteuerung in Kooperation mit den Sozialbürgerhäusern vorzubereiten und durchzuführen. Die Bildung einer moderierten Projektgruppe zur Umsetzung und Bewertung des Übertragungsprozesses durch die verschiedenen Beteiligten erscheint uns sinnvoll. Der Übertragungsprozess sollte zeitlich definiert sein. Dokumentation und Zielüberprüfung Auf Basis der Ergebnisse des Modellprojektes sollten Kennzahlen für die einzelnen Projektelemente entwickelt werden. Darüber hinaus sollte mit der Implementierung des qualifizierten Verfahrens in die Sozialbürgerhäuser eine Basis-Evaluation des Vorhabens stattfinden, mit der folgende Fragen zeitnah beantwortet werden können: 1. Welche Modelle werden in den Häusern praktiziert? Welche Probleme stellen sich in den Sozialbürgerhäusern mit der neuen Arbeitsweise nach einem Jahr? Welche Probleme sind ungelöst? Welche positiven Erfahrungen liegen vor? 2. Wie viele Fälle werden mit welchen Arbeitsansätzen und mit welchem Ergebnis bearbeitet? (Inhalte wären: Haushaltsgröße und Haushaltsart, Vermieter, Stand des Kündigungsverfahrens, Mitteiler, Wiederholte Mietschulden) Konnte das Mietverhältnis/die Wohnung erhalten werden? Welche Disziplinen innerhalb der Schwerpunktarbeitsgruppe Wohnen sind je Fall aus welchem Grund beteiligt? Welche Disziplinen außerhalb der Schwerpunktarbeitsgruppe Wohnen sind je Fall beteiligt? Welche Hilfen werden implementiert und wie ist das Ergebnis der sozialpädagogischen Intervention? Sind die eingesetzten Ressourcen für die nachsorgende Sozialarbeit ausreichend?