Zusammenfassung aus dem Abschlussbericht

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Zusammenfassung aus dem Abschlussbericht
Wissenschaftliche Begleitung / Evaluation eines Präventionsmodellprojektes
zur Qualifizierung der Maßnahmen zum Erhalt von Mietverhältnissen in einer
Sozialregion
Zusammenfassung aus dem Abschlussbericht
erstellt für
Landeshauptstadt München
Sozialreferat
Amt für Wohnen und Migration
von
zweiplus BERATUNG ENTWICKLUNG EVALUATION
Bereiteranger 15
81541 München
Tel/Fax: 089/58989913
mail: [email protected]
www.zweiplus.org
Petra Stockdreher
mit
Monika Kapfer
Sophie Kaiser
München, Februar 2007
Einleitung
Mit dem Abschlussbericht legen wir die Ergebnisse aus der Wissenschaftlichen Begleitung
des Präventionsmodellprojektes zur Qualifizierung der Maßnahmen zum Erhalt von
Mietverhältnissen in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach vor.
Ende 2004 hatte der Stadtrat der Landeshauptstadt München beschlossen, mit dem
Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach ein Modellprojekt zur Qualifizierung der städtischen
Maßnahmen zum Erhalt von Mietverhältnissen durchzuführen.
Das Konzept für das Modellvorhaben war von einer im Herbst 2002 gebildeten
interdisziplinären Konzeptgruppe auf Basis bisher ausgeübter Handlungskonzepte entwickelt
und von einer ebenfalls interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppe aus Fachsteuerung und
SBH-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für das Projekt angepasst und mit zuständigen
Leitungen (Sozialbürgerhaus–Neuhausen-Moosach, Fachstelle Sozialdienst) sowie dem
Personalrat abgestimmt worden.
Nach einer kurzen Vorlaufphase von einem Monat startete das Modellprojekt im Mai 2005.
Die Projektlaufzeit betrug, nach einer Verlängerung im Oktober 2006, insgesamt 18 Monate.
Das Modellprojekt wurde evaluiert. Die zentralen Aufgaben der Wissenschaftlichen
Begleitung lagen in den folgenden Punkten:




Beobachtung, Begleitung und Moderation des Modellprojektes
Überprüfung der Wirkungen des neuen Verfahrens
Durchführung von Kostenabschätzungen
Entwicklung praxisgerechter Folgerungen für das weitere Verfahren
Der vorliegende Abschlussbericht basiert auf den Daten von Expertengesprächen zu Beginn
und Ende des Modellprojektes, einer Fachkräftebefragung ebenfalls zu zwei Zeitpunkten,
Dokumentenanalysen und einer für das Projekt entwickelten Einzelfalldokumentation.
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1
Ausgangslage und Implementierung des Modellprojektes
Ziele und Inhalte
Die größte Anzahl von Wohnungsverlusten, die der Stadt bekannt werden, ist auf
Mietschulden zurückzuführen. Durch die Qualifizierung der Maßnahmen zum Erhalt von
Mietverhältnissen sollen Wohnungsverluste nachhaltig und dauerhaft vermieden werden.
Ist ein Haushalt in München vom Verlust seines Mietverhältnisses aufgrund von
Mietschulden bedroht, erfährt die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit (FaSt)
in den Sozialbürgerhäusern in der Regel davon. Bei städtischen Wohnbaugesellschaften
durch Mitteilung der Wohnungsbaugesellschaft eher frühzeitig, bei privaten Vermietern,
anderen Wohnbaugesellschaften und Genossenschaften im Allgemeinen dann, wenn beim
Amtsgericht München Räumungsklage eingereicht wird, bzw. eine Wohnungsräumung vom
Gerichtsvollzieher terminiert ist.
Die FaSt hat den Auftrag Kontakt mit dem, vom Wohnungsverlust bedrohten Haushalt
aufzunehmen und ein Unterstützungsangebot zu unterbreiten. Nach § 34 SGB XII und § 22
Abs. 5 SGB II ist zu prüfen, ob die Mietschulden durch die Fachstelle zur Vermeidung von
Wohnungslosigkeit zu übernehmen sind – oder ob andere Hilfen bereitgestellt werden sollen.
Sind die Voraussetzungen für eine Unterstützung gegeben, wird geprüft, wieweit diese durch
eine Mietschuldenübernahme – als Beihilfe oder Darlehen – erfolgen soll. Zum 1. April 2006
änderten sich aufgrund der Novellierung der Sozialgesetzbücher die Aufgabenbereiche der
Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit hinsichtlich der Übernahme von
Mietschulden, Mietkautionen und Provisionen (§ 22 SGB II) und sahen eine Wahrnehmung
dieser Aufgaben durch die Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München GmbH (ARGE)
vor. In einer Vereinbarung mit der ARGE wurde festgelegt, dass die FaSt diesen
Aufgabenbereich im Auftrag der ARGE weiterhin bearbeitet.
Zeigt sich ein Unterstützungsbedarf, der über die finanzielle Unterstützung hinaus reicht,
sieht das Standardverfahren in München die Kooperation mit der Bezirksozialarbeit (BSA) in
den Sozialbürgerhäusern vor.
Mit diesem in den Sozialbürgerhäusern praktizierten Verfahren zeigen sich jedoch
verschiedene Probleme:



In der notwendigen Eile kann durch die BSA bei Haushalten, die sich auf Anschreiben
der FaSt nicht gemeldet haben, häufig kein Kontakt oder kein ausreichend tragfähiger
Kontakt zu den betroffenen Haushalten hergestellt werden.
Wiederholtes Auftreten von Mietschulden ist häufig.
Die Abbruchquote im Laufe des Verfahrens ist hoch.
Im Zuge des Modellprojektes sollten mit neuen Standards diese Probleme reduziert werden.
Im Mittelpunkt des Vorhabens standen die folgenden Punkte:


Verbesserung des Vorgehens zur Herstellung des Erstkontaktes bei Haushalten, die sich
nicht auf Anschreiben der FaSt melden
Verbesserung des Vorgehens bei Kontaktabbrüchen
4


Verbesserung der Kenntnis von den Problemlagen der Haushalte durch ein
systematisches Clearing
Stabilisierung der Mietzahlungen und Vermeidung von Wiederholungsfällen durch eine
qualifizierte sozialpädagogische Nachsorge in definierten Fällen und durch ein
interdisziplinäres, gut abgestimmtes Miteinander der beteiligten Fachlichkeiten
In der Struktur der Sozialbürgerhäuser wurde eine günstige Voraussetzung für ein
integriertes und ineinander greifendes Vorgehen zur Prävention von Wohnungslosigkeit
gesehen.
Für die Umsetzung des Projektes wurden weitere Mittel und Ressourcen bereitgestellt. Zur
Wahrnehmung der aufsuchenden Sozialarbeit insbesondere zur Kontaktaufnahme mit
Haushalten, die sich bei der FaSt nicht melden oder den Kontakt abbrechen, wurde das
soziale Dienstleistungsunternehmen Institut für Soziale Arbeit (I.S.AR.) mit einer
Personalstelle beauftragt. Der FaSt wurde während der gesamten Projektlaufzeit 0,75
Personalstellen zugeschaltet. Die BSA wurde für den ihr zugeordneten Aufgabenbereich
zunächst mit 1,5 Personalstellen, in der Verlängerungsphase mit 0,75 Personalstellen,
ausgestattet. Da für die BSA der mit einer Personalstelle ausgestattete Aufgabenbereich
aufsuchende Sozialarbeit zur Kontaktherstellung entfiel, wurde der BSA indirekt eine weitere
Personalstelle zugeschaltet.
Seit dem 1.3.2006 wurde im Zuge des Modellprojektes in Sozialbürgerhaus NeuhausenMoosach ein Angebot zur Haushaltsbudgetberatung mit 6 Terminen zur Erstberatung
monatlich eingerichtet, das durch den Verein für Fraueninteressen e.V. erbracht wurde.
Elemente des Modellprojektes
Im Folgenden werden die wichtigsten Elemente des Modellprojektes zusammenfassend
dargestellt.

Fallbearbeitung durch die FaSt bis zur Entscheidung über bereitzustellende
Hilfen zur Behebung der aktuellen Bedrohung des Mietverhältnisses
Der FaSt kommt die Aufgabe zu, zu prüfen ob und in welcher Höhe im Rahmen der
gesetzlichen Möglichkeiten die Mietschulden zu übernehmen sind. Daneben zählt es zu
ihren Aufgaben, die Haushalte mit Mietschulden zu beraten, zwischen Vermieter und Mieter
zu vermitteln und die Haushalte bei der Inanspruchnahme zustehender Leistungen zu
unterstützen.
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Kontaktaufnahme und Herstellung des Erstkontaktes
Durch konsequent aufsuchende Sozialarbeit soll zu den Haushalten, die sich auf
Anschreiben der FaSt nicht melden, Kontakt durch das soziale Dienstleistungsunternehmen
I.S.AR. hergestellt werden. Das Vorgehen ist in einem Leistungsvertrag festgelegt und sieht
mehrmalige angekündigte und unangekündigte Hausbesuche zu verschiedenen Tageszeiten
vor. Die sozialpädagogische Fachlichkeit und Kreativität sollte, soweit der notwendige Datenund Vertrauensschutz berücksichtigt war, in vollem Umfang ausgeschöpft werden.
Ziel der Tätigkeit von I.S.AR. war es, die Mietprobleme und die Wohnsituation des
Haushaltes vor Ort zu klären und einen ersten tragfähigen Kontakt zwischen Haushalt und
FaSt herzustellen, so dass die FaSt weitere Hilfen anbieten konnte.

Mietfähigkeitsfeststellung
Für einzelne Haushalte ist es fraglich, ob der Haushalt mietfähig ist (Erfüllung der
Verpflichtungen aus einem Mietvertrag) und auch nach Übernahme der Mietschulden die
künftige Mietzahlung gesichert ist. In diesen Fällen sollte eine Mietfähigkeitsfeststellung
sowohl durch I.S.AR. als auch durch die BSA durchgeführt werden. Hierzu wurde ein
Standardverfahren zur „Mietfähigkeitsfeststellung“ entwickelt. War aus Sicht der BSA oder
I.S.AR. die Mietfähigkeit nicht gegeben, sollte der FaSt ein Vorschlag für einen geeigneten
Anschlusswohnraum mitgeteilt werden.

Fallclearing FaSt/BSA und Nachsorge durch die BSA
Nach einer Mietschuldenübernahme durch die FaSt sollte allen Haushalten, bei denen „die
FaSt … die Vermutung (hat), dass der Haushalt soziale bzw. psychosoziale Probleme hat
und in absehbarer Zeit erneut Mietschulden zu erwarten sind“1, eine bedarfsgerechte
Nachsorge in Form von Beratung und Unterstützung sowie Vermittlung von weiteren Hilfen
durch die BSA angeboten werden.
Über ihren bisherigen Auftrag hinaus sollte die FaSt im Rahmen des Projektes ein
qualifiziertes Fallclearing bei den Haushalten durchführen. Ziel war es, die Haushalte, bei
denen über einmalige wirtschaftliche Probleme hinausgehende Problemlagen nicht
ausgeschlossen werden konnten, zu identifizieren und diesen Haushalten eine
weitergehende sozialpädagogische Nachsorge durch die BSA anzubieten und einzuleiten.
1
Standard der FaSt
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Als Standard war vorgegeben:
Aufgabe der BSA ist es, eine zeitlich befristete, bedarfsgerechte Beratung und persönliche
Unterstützung zur dauerhaften Wohnungssicherung (Sicherung der regelmäßigen Mietzahlung,
usw.) zu leisten. Zum Haushalt wird Beratungskontakt hergestellt (falls er noch nicht aus anderen
Zusammenhängen gegeben ist). Die Beratung/Unterstützung des Haushalts ist solange zu leisten,
bis die vorliegende Problemlage dauerhaft behoben ist.
Bei Bedarf werden von der BSA anderweitige Hilfs-/ Unterstützungsmaßnahmen wie z.B.
hauswirtschaftliche Beratung, SIB, sozialer Beratungsdienst für Migrantenhaushalte,
Unterstützung durch Ehrenamtliche, Sonstige Hilfen eingeleitet/vermittelt.
Fallkategorien
Zur Bearbeitungsstruktur im Gesamtprojekt waren von der Fachsteuerung 5 Fallkategorien
entwickelt worden, denen Vorgehensweisen und Zuständigkeiten bei verschiedenen
Problemstellungen zugeordnet waren. Die fünf Fallkategorien sind in Übersicht 1 dargestellt.
Übersicht 1
Fallkategorie
1
2
3
4
Fallkategorien
Die Fallbearbeitung erfolgt ausschließlich durch die FaSt, die FaSt bearbeitet den
Fall ohne Mitwirkung der BSA.
Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden:
a) der Haushalt kann sich selber helfen
b) der Haushalt kann sich nicht selber helfen, die FaSt übernimmt die
Mietschulden, aber es bestehen keine erkennbaren sozialen Probleme.
Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt – Mietschulden werden nach § 34 SGB
XII übernommen. Die BSA erhält einen Auftrag zur Nachsorge des Haushaltes.
Die FaSt hat die Vermutung, dass der Haushalt soziale bzw. psychosoziale
Probleme hat und in absehbarer Zeit erneut Mietschulden zu erwarten sind. Im
Rahmen des Maßnahmenplanes wird mit dem Haushalt vereinbart, dass die BSA
zur Nachsorge beauftragt wird.
Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt. Es bestehen Zweifel an der
Mietfähigkeit des Haushaltes.
Die FaSt gibt einen inhaltlich begründeten schriftlichen Auftrag an die BSA oder
I.S.AR. die Mietfähigkeit festzustellen.
Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt. Der Haushalt meldet sich auf
Anschreiben der FaSt nicht bzw. der Kontakt zur FaSt bricht ab.
Auch hier sind zwei Fälle zu unterscheiden:
a) Die FaSt erhält von den städtischen Wohnbaugesellschaften Abdrucke der
fristlosen Kündigungen und vom Amtsgericht München die erste Seite der
Räumungsklagen (aufgrund von Mietrückständen) zugeschickt. Die FaSt
überprüft per EMA-Auskunft (Abfrage der Einwohnermeldedatei) ob der Haushalt
noch in der Wohnung lebt und schreibt diesen an. Meldet sich der Haushalt
innerhalb von 10 Tagen bei der FaSt nicht, wird I.S.AR. beauftragt, Kontakt zum
Haushalt aufzunehmen.
b) Seit dem letzten Kontakt zum Haushalt sind 4 Wochen vergangen. Der
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Haushalt meldet sich nicht mehr bei der FaSt. Die FaSt beauftragt I.S.AR.,
Kontakt zum Haushalt herzustellen und ihn zur Mitwirkung zu motivieren.
Die Fallbearbeitung erfolgt durch die FaSt. Der Räumungstermin wird durch den
Gerichtsvollzieher mitgeteilt. Die FaSt überprüft per EMA-Auskunft, ob der
Haushalt noch in der Wohnung wohnt und ob minderjährige Kinder im Haushalt
leben.
Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden
a) Leben im Haushalt minderjährige Kinder, beauftragt die FaSt die BSA mittels
Hausbesuch Kontakt zu der Familie aufzunehmen.
b) Leben im Haushalt keine minderjährigen Kinder, beauftragt die FaSt I.S.AR.,
mittels Hausbesuch Kontakt zu dem Haushalt aufzunehmen.
5

Prozessverantwortung und Temporäres Team
Die Prozessverantwortung für die Fallbearbeitung lag bei der FaSt2. Sie bezog sich auf die
Kontaktaufnahme zum betroffenen Haushalt, auf das erste Fallclearing, die Fallbearbeitung,
die Abstimmung mit anderen Fachkräften innerhalb und außerhalb des Sozialbürgerhauses,
auf die Vermittlung der Nachsorge für die Haushalte sowie auf die Nachsorge bis zu deren
Abschluss.
Als zentrales Instrument zur Abstimmung war das im Konzept der Sozialbürgerhäuser
implizierte temporäre Team mit Maßnahmenplan vorgesehen.

Kooperation mit den Wohnbaugesellschaften
Das Modellprojekt sah vor, die großen Wohnbaugesellschaften mit Sozialwohnungen im
Einzugsbereich der Sozialregion, insbesondere die städtischen Wohnbaugesellschaften, in
das Projekt einzubinden und mögliche Synergien voll auszuschöpfen. Hierbei wurde vor
allem Bezug genommen auf Kooperationsverträge mit Gewofag und GWG, sowie einer im
Rahmen des Projektes erzielten Kooperationsvereinbarung mit der WSB.

REGSAM
Das Modellprojekt sah darüber hinaus die Einbindung in die bestehenden REGSAM
Strukturen in den Modellregionen Neuhausen-Nymphenburg und Moosach vor.
2
Die Wissenschaftliche Begleitforschung
Zielsetzung, Fragestellungen und Organisation
2
Die Inhalte der Prozessverantwortung sind im Konzept der Sozialbürgerhäuser der LHM festgelegt. Es sieht vor,
dass der/die zuständige Erstansprechpartnerin bei Multiproblemfällen die Verantwortung für die Koordination des
Prozessablaufs übernimmt und als Prozessverantwortlicher ein interdisziplinäres Team einberuft. Ihr obliegt
zudem die Federführung im Zielprozess und die Verantwortung dafür, dass im Team die Zielerreichung
besprochen und abgeglichen wir und ggf. weitergehende bzw. geänderte Ziele vereinbart werden. Die
Prozessverantwortung soll nur in Ausnahmefällen wechseln.
Das Konzept sieht vor, dass die Prozessverantwortung für die einzelne Dienstkraft endet
mit ihrem Ausscheiden aus dem Dienst
dem Wegfall der fachlichen Beteiligung bzw. Zuständigkeit
der Zielerreichung bei Zielvereinbarung/Eingliederungsvereinbarung , somit wenn der Fall
abgeschlossen ist.
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Die Forschungsfragen für die wissenschaftliche Begleitung richten sich auf mehrere
Schwerpunkte:





den Verlauf des Modellprojektes, d.h. die Implementierung und die Bewährung der
verschiedenen Projektelemente
die Wirkungen, die mit dem neuen Vorgehen erzielt werden
die Entwicklung der Kosten/Einsparungen durch das Modellprojekt
zusammenfassende Bewertungen der gewählten Organisation und
schlussfolgernde prognostische Aussagen
Zur Abstimmung des Vorgehens und zur zeitnahen Rückmeldung von Ergebnissen sollte
sich die wissenschaftliche Begleitung an den geplanten Projekt- und
Begleitgruppensitzungen beteiligen.
Das Modellprojekt war nur auf eine Sozialregion bezogen. Ein Vergleich mit der
Standardpraxis in anderen Sozialregionen war nicht vorgesehen.
Methodisches Vorgehen
Zur Beantwortung der heterogenen Fragestellungen wurde ein multipler methodischer
Ansatz aus fünf Elementen gewählt :

Einzelfalldokumentation
Im Verlauf der gesamten Projektzeit wurden für alle bei der FaSt bekannt werdenden Fälle
eine Einzelfalldokumentation durchgeführt, die von allen beteiligten Fachstellen FaSt, BSA,
I.S.AR. und seit deren Implementierung auch der Haushaltsbudgetberatung bearbeitet
wurden. Mit ihr wurden haushaltsbezogene Aussagen zur Kündigungs- und Mietsituation, zur
Haushaltsstruktur, zum Vorgehen und dem Ergebnis der Intervention erhoben.

Auswertung vorhandener Dokumentationen
Da eine parallele Datenerhebung in einer Vergleichsregion nicht vorgesehen war, musste für
eine vergleichende Auswertung auf bestehende Dokumentationen und Auswertungen
zugegriffen werden. Als relevant erwiesen sich:



Die FaSt – Jahresstatistik
Die Regionale Sozialberichtserstattung der LH München
Die Armutsberichtserstattung der LH München
Die FaSt-Jahresstatistik ist eine Strichelstatistik, die auf kumulierter Ebene Aussagen zur
Fallbearbeitung und zum Interventionsergebnis macht. Rückbezüge auf Haushaltsstruktur,
Arbeitsweise etc. sind nicht möglich.
Die Arbeitsweise der BSA wird durch die sehr differenzierte BSA Haushaltsstatistik erfasst.
Diese haushaltsbezogene Statistik ermöglicht Aussagen zur Haushaltsstruktur,
Problemlagen in den Haushalten und zur Arbeitsweise der BSA. Aus verwaltungsinternen
Gründen konnten Daten aus dem BSA System für 2005 und 2006 nicht bereitgestellt
werden.
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
Experteninterviews
Mit Experteninterviews wurden relevante Informationen zum Rahmen, zur Struktur und
Ablaufqualität des Projektes, zu den Bedingungen für eine Übertragung sowie zu vermuteten
Wirkmechanismen, zu den Kooperationsmöglichkeiten und –bedingungen gewonnen. Die
Expertengespräche fanden in der Anfangsphase und in der Endphase des Projektes statt.

Fragebogenbefragung der Fachkräfte
Durch eine schriftliche Befragung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von BSA und FaSt
wurden die Erfahrungen und Erwartungen der beteiligten Fachkräfte mit der Umsetzung des
Modellprojektes in der Anfangsphase und Endphase des Projektes erfragt.

Teilnahme an Temporären Teams
Die Projektkonzeption sah zur Abstimmung und Fallbearbeitung die Durchführung
temporärer Teams mit Maßnahmenplan als Standardverfahren vor. Durch die Teilnahme an
diesen Teams sollte die Begleitforschung Vorgehen und Fragestellungen dieses
Arbeitsinstrumentes transparent machen.
3
ERGEBNISSE
Erreichen der Projektziele des Modellprojektes
Im Folgenden werden die oben dargestellten Zielvorgaben den Projektergebnissen
gegenübergestellt.
A
Vermeidung von Wohnungsverlust in der akuten Krisensituation
Zielvorgabe
Erhalt von mindestens 80 % aller gekündigten Mietverhältnisse, von denen das Sozialreferat
Kenntnis erhält
82,5 % der Haushalte mit Mietschulden, die dem Sozialreferat als Kündigung oder Mahnung
bekannt wurden, konnten durch Rückgriff der Haushalte auf eigene Ressourcen, die
Vermittlung zwischen Mieter/in und Vermieter/in und/oder Mietschuldenübernahmen ihr
Mietverhältnis erhalten.
88 % der Miet- bzw. Wohnverhältnisse wurden bei Mahnungen und 79 % bei Kündigungen
erhalten.
! Das Projektziel wurde erreicht
10
Zielvorgabe
Abnahme der Zwangsräumungen
Insgesamt wurden 42 Zwangsräumungen im Projektzeitraum bekannt. Der Anteil an
Zwangsräumungen war höher, wenn eine Mitteilung über Zwangsräumung oder eine
Räumungsklage bei der FaSt vorlag. Diese schon weit fortgeschrittenen Räumungsverfahren
haben sich im Laufe des Projektes rückläufig entwickelt.
! Das Projektziel wurde teilweise erreicht
Zielvorgabe
Rückgang von Räumungsurteilen als Meldungsgrund
Absolut war bei der FaSt im SBH Neuhausen-Moosach ein Rückgang an Räumungsurteilen
im Verhältnis zu der Zeit vor Projektbeginn zu verzeichnen. Gleichwohl stieg der Anteil an
den Neuzugängen von 1,7 % auf 1,9 % an.
Innerhalb des Projektverlaufs wurden in der Einzelfalldokumentation 26 Räumungsurteile
bekannt: 22 in den ersten 10 Projektmonaten und nur noch 4 in den letzten 8
Projektmonaten. Hier ist eine rückläufige Tendenz zu beobachten.
! Das Projektziel wurde erreicht
Zielvorgabe
Frühzeitiges Erreichen der betroffenen Haushalte. Je früher im Kündigungsverfahren ein
Haushalt erreicht wird, umso besser sind die Chancen für eine effektive Hilfe für den Haushalt
Gut die Hälfte der Neuzugänge wurden der FaSt als Kündigung oder Mahnung bekannt. Der
Anteil an Mahnungen hat im Projektverlauf leicht zugenommen, der der Räumungsklagen ist
leicht zurückgegangen. Im Vergleich zur Gesamtstadt mit 50,2 % liegt der Anteil der
Haushalte, die in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach der FaSt als
Kündigung oder Mahnung bekannt wurden, mit 53,6 % höher.
Zielvorgabe
Schnelles Erreichen der Haushalte, insbesondere, wenn das Kündigungsverfahren schon weit
vorangeschritten ist.
Die durchschnittliche Dauer bis zum ersten Kontaktversuch bei den Haushalten, bei denen
I.S.AR. zur Kontaktaufnahme beauftragt wurde, betrug 5,4 Kalendertage.
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Eine quantitative Messzahl war nicht vorgegeben. Aus Sicht der Experten wurde das
Vorgehen von I.S.AR. als schnell und konsequent bewertet.
! Das Projektziel wurde erreicht
Zielvorgabe
Höherer Erreichungsgrad der Haushalte durch konsequent aufsuchende Sozialarbeit
Insgesamt wurde während der Projektlaufzeit mit 87 % der Haushalte, die der FaSt bekannt
wurden, ein Kontakt hergestellt.
I.S.AR. wurde von der FaSt bei 329 Haushalten, das waren 45,9 % der Haushalte, zur
Kontaktherstellung durch aufsuchende Sozialarbeit beauftragt. 237 dieser Haushalte (73 %
der von I.S.AR. bearbeiteten Fälle) wurden von I.S.AR erreicht.
Eine Maßzahl war nicht vorgegeben. Aus Sicht der Experten wurde dieses Ergebnis auf
Basis der bisherigen Erfahrungen als positiv eingeschätzt.
! Das Projektziel wurde erreicht
Zielvorgabe
Höherer Aktivierungsgrad der Haushalte durch konsequent aufsuchende Sozialarbeit
Durch die aufsuchende Sozialarbeit wurden die Haushalte, die sich nicht bei der FaSt
gemeldet hatten, zu ihrer Mietschuldenproblematik beraten und motiviert, die Angebote der
FaSt in Anspruch zu nehmen.
50 % dieser Haushalte konnten ihr Mietverhältnis durch eine Mietschuldenübernahme oder
durch eigene Initiative selbst erhalten. Dieser Anteil hat sich in den letzten 8 Projektmonaten
von 44,9 % auf 50 % erhöht.
! Das Projektziel wurde erreicht
Zielvorgabe
Bereitstellung einer zeitnahen und qualitativ geeigneten Beratung zur Bewältigung der
aktuellen Krisensituation über die materielle Intervention der FaSt hinaus.
Sowohl FaSt als auch I.S.AR. haben die Haushalte ausführlich zu mietrechtlichen und mit
der Kündigungssituation im Zusammenhang stehenden Fragen beraten. Die FaSt
konzentrierte sich bei ihrer Beratungsarbeit auf die Haushalte, die eine materielle oder
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wohnraumvermittelnde Leistung der FaSt erhielten. Mit dem Angebot der aufsuchenden
Sozialarbeit von I.S.AR. wurden die Haushalte erreicht, die sich nicht auf das Anschreiben
der FaSt gemeldet hatten, oder deren Kündigungsverfahren schon weit fortgeschritten war.
Für Haushalte, die sich auf das Anschreiben der FaSt hin meldeten, aber keinen Anspruch
auf Leistungen der FaSt hatten, ist eine sozialpädagogische Beratungsleistung in dem
Projekt nicht vorgesehen.
! Das Projektziel wurde teilweise erreicht.
!! Es sollte geklärt werden, wieweit für Haushalte ohne Leistungsanspruch ein
Beratungsangebot systematisch vorgesehen werden kann.
Zielvorgabe
Die Problemlagen in den einzelnen Haushalten sind umfassend bekannt und die Entscheidung
über Mietschuldenübernahme und weitere Hilfen wird auf einer soliden Informationsbasis
getroffen
Aus den Aussagen der FaSt wurde deutlich, dass insbesondere durch die enge Kooperation
mit I.S.AR. das Wissen über einzelne Haushalte deutlich zugenommen hat und
Entscheidungen auf einer qualifizierten Grundlage gefällt werden konnten. Die Zufriedenheit
bei den Mitarbeiter/innen zu dieser Frage ist hoch.
! Das Projektziel wurde erreicht.
B
Nachhaltigkeit einer Intervention wegen eines bedrohten Mietverhältnisses
Zielvorgabe
Nicht - Wiederauftreten von Mietschulden
Die Quote der Fälle, bei denen innerhalb eines Jahres erneut Mietschulden übernommen
wurden, hat sich im Projektverlauf signifikant reduziert. Nach den ersten 8 Monaten betrug
sie 38,6 % aller Fälle, im gesamten Projektzeitraum reduzierte sie sich auf 32, 4 %.
Aus Expertensicht wurde es für unrealistisch gehalten das wiederholte Auftreten von
Mietschulden - v.a. bei der als Risikogruppe beschriebenen sehr armen Bevölkerung komplett zu vermeiden. Allerdings sollte der Abstand zwischen zwei Interventionen mehr als
2 Jahre betragen.
! Das Projektziel wurde teilweise erreicht.
13
Zielvorgabe
Größere Nachhaltigkeit aufgrund intensiverer sozialpädagogischer Nachsorge und positive
Auswirkung der konsequent aufsuchenden Sozialarbeit der BSA im Wohnbereich auf andere
Problembereiche der Haushalte
Den Haushalten mit Mietschuldenproblematik wird bei Bedarf eine qualifizierte weiterführende
Hilfe angeboten und bereitgestellt
Durch gezielte Motivationsarbeit wird der Haushalt unterstützt, eingeleitete Hilfen längerfristig
wahrzunehmen und nicht vorzeitig abzubrechen
Die Installierung einer präventiven Nachsorge erfolgte im Projektverlauf zunächst zaghaft.
Insgesamt wurden 59 Nachsorgen durch die BSA eingerichtet.
Sowohl von I.S.AR wie auch im Fallclearing wurde ca. ein Viertel der Haushalte identifiziert,
die einen weiterführenden Bedarf an Hilfen aufwiesen, der bisher noch nicht abgedeckt war.
Kündigungen aufgrund von Mietschulden können damit als relevanter Indikator für das
Vorhandensein von Problemlagen in einem Haushalt, über die Mietschulden hinaus gesehen
werden. Dabei stehen wirtschaftliche Probleme im Vordergrund.
Mit der seit dem 1.3. 2006 implementierten Haushaltsbudgetberatung wurde ein spezielles
niederschwelliges Beratungsangebot für Haushalte mit solchen Problemlagen eingerichtet.
Das Angebot von 30 Beratungsterminen für Erstkontakte von März bis Oktober 2006 wurde
für 27 Haushalte vermittelt, das Angebot einer Budgetberatung aber nur von 50 % der
vermittelten Haushalte in Anspruch genommen.
Diese Erfahrung weist auf einen Bedarf hin, die Implementierung erforderlicher Hilfen mit
nachsorgenden, motivierenden und stützenden Hilfen zu flankieren, insbesondere solcher
Hilfen, die die Eigenaktivität der Haushalte erfordern.
! Das Projektziel wurde teilweise erreicht.
!! Hier besteht Handlungsbedarf, die längerfristige, begleitende und motivierende
Unterstützungsarbeit mit den Haushalten im Sinne einer sozialpädagogischen
Nachsorge auszubauen und zu professionalisieren.
4
Anforderungen an eine Übertragung des Modells aus Sicht der
Expertinnen und Experten
Die Anforderungen an eine Übertragung des Modells in andere Sozialbürgerhäuser, waren
Inhalt der zweiten Welle der Expertengespräche.
Im Gesamt wurde die im Zuge des Projektes angewandte Arbeitsweise mit den entwickelten
Standards des Modellprojektes positiv bewertet und für eine Übertragung in andere
Sozialbürgerhäuser als günstig beurteilt. Dies betraf vor allem die Erstkontaktaufnahme, die
personelle Aufstockung der FaSt und die Installierung der Haushaltsbudgetberatung.
14
Als relevant wurde die Integration des Fallclearings in die ganzheitliche Fallbearbeitung
durch enge Verzahnung von sozialpädagogischen und Verwaltungsprozessen gesehen.
Dies sei vor allem notwendig
-
bei Fällen, die sich nicht bei der FaSt melden, aber durch die aufsuchende
Sozialarbeit erreicht werden können,
bei Fällen, die bereits bei der BSA bekannt sind,
bei Fällen, mit denen ausschließlich die FaSt befasst war, für die aber eine
Nachsorge angeraten ist.
Ein Anliegen, insbesondere seitens der FaSt, war die Trennung der
Prozessverantwortung für die Nachsorge von der aktuellen Krisenversorgung durch
die FaSt. Für die FaSt sei mit der Entscheidung über die Mietschuldenübernahme und einer
geregelten Übergabe an den nachsorgenden Dienst – sofern ein solcher installiert wird – die
Fallbearbeitung aus Verwaltungssicht abgeschlossen. Die über die aktuelle
Krisenbearbeitung bestehende Prozessverantwortung sollte dann an die für die Nachsorge
verantwortlichen sozialpädagogischen Fachkräfte übergeben werden.
Unterschiedliche Einschätzungen gab es allerdings in Blick auf die Gestaltung der
Schnittstelle zu der im Projekt als Standard vorgesehenen Nachsorge.
Einzelne Expert/innen sahen eine Übertragung des Modells in der aktuellen Form in andere
Häuser als möglich und wünschenswert an. Die Einbindung der gesamten BSA in die
Nachsorge erhöhe langfristig die Sensibilität und Kompetenz innerhalb des gesamten SBHs.
Für eine Übertragung seien jedoch ausreichend Ressourcen und Unterstützung in der
Implementierungsphase notwendig.
Die Mehrheit der Expert/innen hielt dagegen die Vereinfachung des aktuell praktizierten
Modells für erforderlich. Die Vereinfachung sollte insbesondere eine Reduktion von
Schnittstellen und Ansprechpartner/innen - die durch die unterschiedliche Behandlung von
Einpersonen- und Kinderhaushalten, sowie durch die Einbeziehung aller BSA Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen in Mietfähigkeitsfeststellung und Nachsorge entstanden - zum Ziel haben.
Die im Modellprojekt schon früh identifizierten Schwachstellen, seien auch mit
Nachbesserungen und trotz der insgesamt sehr positiven Entwicklung nicht wirklich gelöst
worden. Insofern wurde dieses Modell als zu kompliziert für eine stadtweite Übertragung
angesehen.
Günstiger sei die Zusammenführung der Projektaufgaben in einen Fachdienst Wohnen – der
die Aufgaben von Verwaltung (FaSt) sowie von Sozialpädagogik (Kontaktaufnahme und
Nachsorge) in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe vereine. Der wesentliche Gewinn eines
solchen Schwerpunktdienstes wird in den folgenden Punkten gesehen:
-
Qualitätsverbesserung durch die Entwicklung einer Kernkompetenz
Wohnen im Sozialbürgerhaus
-
Qualifizierung der Mietfähigkeitsfeststellung
15
-
ein aufwendiges Clearingverfahren könnte entfallen, da entsprechende
Fälle organisch in eine Nachsorge übergeleitet werden können
-
Professionalisierung der Interventionen durch bessere Kenntnis und
Erfahrung im Umgang mit relevanten Zielgruppen, z.B. alleinstehenden
Haushalten mit Alkoholproblemen
Voraussetzung für die Arbeit eines solchen Dienstes sei die präzise Definition der
Schnittstellen zu anderen Fachlichkeiten im SBH – insbesondere der BSA, wenn
schwerwiegende Problemlagen vorlägen, die weit über die Wohnproblematik hinausreichen
und im Sinne einer Nachsorge nicht bearbeitet werden könnten, und/oder wenn die
Haushalte der BSA bereits bekannt seien.
Denkbar sei ein solches Modell sowohl mit einem externen Dienstleister als auch durch
sozialpädagogische Fachkräfte innerhalb des Sozialbürgerhauses. Im Folgenden werden
Vorteile und Nachteile der beiden Modelle, die von den Expertinnen und Experten genannt
wurden, in Form einer Übersicht gegenübergestellt. Es handelt sich hierbei nicht um eine
Bewertung der Nennungen.
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Nennungen zu den beiden Modellen:
Schwerpunktmodell Wohnen
mit einem externen Dienstleister
Vorteile:
Große Flexibilität und schnelles
Handeln gewährleistet durch konkrete
Zielvereinbarungen
Stetige Verfügbarkeit durch geregelte
Vertretung bei Krankheit oder Urlaub
Hohe Professionalität im Umgang mit
Wohnproblemen und mietrechtlichen
Themen
Hohe Professionalität im Umgang mit
der vor allem zur längerfristigen
Mitarbeit oft wenig motivierten Klientel
Kein behördliches Auftreten
innerhalb des SBH
Vorteile:
Befindet sich vor Ort
Kurze Wege
Bei Vorsprachen der Bürger könnte, bei
Bedarf, der Dienst vor Ort präsent sein
Beim Clearingverfahren würde es
einfacher, den Bürger einzubeziehen
Schnittstellen werden reduziert
Voraussetzungen
Kontinuität muss gesichert sein
(mehr als eine Person,
effektive Vertretungsregelung)
Geeignete Schulung und Qualifizierung
der sozialpädagogischen Fachkräfte
Nachteile:
Nachteile:
Dienstleister ist nicht vor Ort
Austausch findet primär telefonisch
statt
Schnittstellen zur BSA und anderen
Fachlichkeiten im SBH
Für eine erfolgreiche Übertragung wurden in den Expertengesprächen auch Anforderungen
formuliert, die sich auf den Übertragungsprozess selbst beziehen.
Zentral sei, die Unterstützung des Implementierungsprozesses durch die Leitungen auf
allen Ebenen des Sozialbürgerhauses. Von besonderer Bedeutung sei die Anbindung des
Projektes an die Teilregionsleitungen „Wohnen“, um den fachlichen Prozess zu fördern. Zu
überlegen sei, ob diese, mit einer bestimmten Stundenzahl für die Projektbegleitung in der
Einführungsphase freigestellt werden könnten. Förderlich für den fachlichen Prozess sei es,
wenn diese selbst mit ausgewählten Fällen beim fachlichen Clearing beteiligt wären.
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Darüber hinaus sei eine intensive Begleitung und Unterstützung durch die Fachsteuerung
notwendig. Hierzu wurde ein enger Austausch zwischen SBH und Fachsteuerung auf allen
Führungsebenen gezählt. Sinnvoll erschien die Einrichtung eines Gremiums zur Reflexion
des Übertragungsprozesses unter Beteiligung der Koordinierungsstelle/Leitung der
Sozialbürgerhäuser Soziales, Fachsteuerung und Praxis, um Erfahrungen zeitnah zu
reflektieren und etwaige Nachsteuerungen zu besprechen. Wichtig sei auch die qualifizierte
Moderation des Prozesses.
Schließlich sollte die Gestaltung des Übertragungsprozesses als gemeinsamer
Lernprozess angestrebt werden. Die Implementierung des neuen Modells sollte einen
gemeinsamen Lernprozess innerhalb und zwischen den Sozialbürgerhäusern ermöglichen.
Dabei sollte genügend Raum bleiben für die konkrete Ausgestaltung in den einzelnen
Regionen.
5
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Ist ein Münchner Haushalt vom Verlust seines Mietverhältnisses aufgrund von Mietschulden
bedroht, erfährt in der Regel die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit (FaSt)
davon. In diesem Fall ist es ihr Auftrag, Kontakt mit den vom Wohnungsverlust bedrohten
Haushalten aufzunehmen und nach § 34 SGB XII und § 22 Abs. 5 SGB II zu prüfen, ob die
Mietschulden durch die FaSt zu übernehmen und/oder ob andere Hilfen bereitzustellen sind.
Zeigt sich ein Unterstützungsbedarf über eine finanzielle Zuwendung hinaus oder meldet
sich der Haushalt nicht auf das Anschreiben der FaSt, sieht das Standardverfahren in
München die Kooperation mit der Bezirkssozialarbeit (BSA) vor.
Häufig wird der FaSt ein durch Mietschulden bedrohtes Mietverhältnis erst in einem sehr
fortgeschrittenen Stadium der Kündigung bekannt. Je früher sich jedoch Mieter oder
Vermieter an die Stadt wenden, umso effektiver ist der Spielraum der Stadt mit der
Bereitstellung geeigneter Beratungs- und Unterstützungsangebote.
Im Rahmen eines Modellprojektes sollten durch die Einführung neuer Standards die
Arbeitsweisen von FaSt und BSA optimiert und Wohnungsverluste nachhaltig vermieden
werden. Das Modellprojekt wurde im Sozialbürgerhaus Neuhausen-Nymphenburg –
Moosach zwischen Mai 2005 und 2006 mit einer Verlängerungs-phase bis Oktober 2006
durchgeführt. An dem Modellprojekt waren beteiligt:
BSA
FaSt
Haushaltsbudgetberatung
I.S.AR.
Bezirkssozialarbeit
Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit
Verein für Fraueninteressen e.V.
Institut für soziale Arbeit
Die Wissenschaftliche Begleitung des Projektes übernahm das Institut zweiplus BERATUNG
ENTWICKLUNG EVALUATION.

Das Modellprojekt
Das Präventionsprojekt sah vor, die Versorgung der Zielgruppe durch einen umfassendenS. 7 ff
und integrierten Handlungsansatz zu verbessern, in dem die ganzheitliche Struktur der
Sozialbürgerhäuser genutzt werden sollte. Dabei standen drei Schwerpunkte im Mittelpunkt:
18
1. Durch eine Intensivierung der aufsuchenden Sozialarbeit sollte eine hohe Anzahl der
Haushalte mit Mietschulden erreicht werden. Hierzu wurde die Aufgabe der aufsuchenden
Sozialarbeit zur Kontaktaufnahme mit den Haushalten, die sich auf das Anschreiben der
FaSt nicht melden, von der BSA auf das soziale Dienstleistungsunternehmen I.S.AR.
übertragen. Der Leistungsvertrag mit I.S.AR. sah für diese Aufgabe 1 Personalstelle vor.
2. Durch eine Intensivierung der Nachsorge für die Haushalte, die eine über die aktuellen
Mietschulden hinausreichende Problematik aufweisen, sollte das erneute Auftreten von
Mietschulden verringert und Haushalte mit erkennbaren Problemlagen nachhaltig unterstützt
werden. Hierzu wurden der BSA 1,5 Personalstellen, in der Verlängerungsphase 0,75
Personalstelle direkt zugeschaltet.
3. Die Prozessverantwortung für die Fallbearbeitung, auch im Falle einer Nachsorge, wurde
der FaSt zugeordnet. Für die qualitativ intensivere Fallbearbeitung durch die FaSt wurden
der FaSt 0,75 Personalstellen zugeschaltet.

Die Begleitforschung
S. 13 ff
Die Begleitforschung sollte Aussagen zum Projektverlauf, zu den Wirkungen, zu
Kostenentwicklungen und zur Übertragung der Erfahrungen in andere Sozialbürgerhäuser
erarbeiten.
Für die Untersuchung der komplexen Fragestellungen kam ein multiples methodisches
Design zum Einsatz. Die vier wichtigsten Elemente waren:
1. eine Einzelfalldokumentation, mit der im Verlauf der gesamten Projektlaufzeit für die bei
der FaSt bekannt gewordenen Fälle Haushaltsdaten, Leistungsdaten und Ergebnisdaten
bei den an der Fallbearbeitung beteiligten Stellen erhoben wurden
2. zwei schriftliche Befragungen der Mitarbeiter/innen von FaSt und BSA im
Sozialbürgerhaus Neuhausen-Moosach
3. eine Dokumentenanalyse relevanter Statistiken. Hierbei handelte es sich vor allem um
Daten aus
 der Sozialberichtserstattung der Stadt München
 die Armutsberichtserstattung der Stadt München
 Daten aus der Jahresstatistik der FaSt München
4. 20 Experteninterviews in der Anfangs- und Endphase des Projektes
19
6
Ergebnisse im Überblick

Die Sozialstruktur in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach
Die Sozialstruktur in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach ist
repräsentativ für die Stadt München.
Innerhalb der Sozialregion bestehen aber erhebliche Unterschiede.
Die Sozialstruktur der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach ist nach Kriterien
von Alter, Arbeitslosigkeit, Ausländeranteil, Haushaltsstruktur und Wohnungsstruktur
vergleichbar mit der Stadt München im Gesamt.
Neuhausen-Nymphenburg – Moosach besteht aus zwei Stadtbezirken: dem
einwohnerstarken Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg und dem kleineren Stadtbezirk
Moosach, die sich städtebaulich und hinsichtlich ihrer Sozialstruktur zum Teil stark
unterscheiden.
Im Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg sind die Anteile von Ausländern/Ausländerinnen
und Haushalten mit Kindern niedriger als in der Gesamtstadt. In Moosach dagegen
überdurchschnittlich hoch. Umgekehrt liegt der Anteil an Einpersonenhaushalten in
Neuhausen-Nymphenburg deutlich über dem städtischen Mittel, während er in Moosach
darunter liegt.
Auch hinsichtlich der Armutsdichte unterscheiden sich die beiden Stadtbezirke. In Moosach
kamen 2004 167 arme Menschen auf 1000 Einwohner/innen, in Neuhausen-Nymphenburg
waren es 124 je Tausend Einwohner/innen. Im gesamtstädtischen Vergleich mit
durchschnittlich 142 armen Menschen je Tausend lag Moosach deutlich über und
Neuhausen-Nymphenburg unter dem städtischen Mittel. Auch innerhalb der Stadtbezirke
waren auf der kleinräumigen Ebene erhebliche Unterschiede mit lokalen Konzentrationen
von Armut zu verzeichnen.
Die Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg – Moosach ist mit 129 354 Einwohnern die
größte der 13 Sozialregionen Münchens.

Bei der FaSt bekannt gewordene Haushalte mit Mietschulden und Stand des
Kündigungsverfahrens
Gut jedes zweite Kündigungsverfahren befand sich noch im Status der Kündigung
oder Mahnung. Im Laufe des Projektes hat der Anteil von Mahnungen leicht
zugenommen, während sich der Anteil an Räumungsklagen reduziert hat.
Während des Modellprojektes wurden bei der FaSt insgesamt 855 Neuzugänge registriert.
Im Monatsmittel waren das 47,5 Fälle. Kündigungen wegen Mietschulden traten in dem
ärmeren Stadtbezirk Moosach mit 6,1 Fällen je 1000 Haushalte etwas häufiger auf, als in
Neuhausen-Nymphenburg mit 5,5 Fällen je 1000 Haushalte.
20
Gut die Hälfte der Kündigungsverfahren, wurden der FaSt als fristlose Kündigungen oder
Mahnungen bekannt, d.h. noch bevor sie bei Gericht anhängig geworden waren.
Fast die Hälfte der gekündigten Mietverhältnisse entfiel auf GWG und Gewofag.
Knapp 40 % der Kündigungen betrafen Mietverhältnisse mit privaten Vermietern.
Fast die Hälfte aller bei der FaSt bekannt gewordenen Kündigungsfälle betrafen
Mietverhältnisse mit den beiden städtischen Wohnbaugesellschaften GWG und Gewofag
(43,5 %). 39,6 % der gekündigten Mietverhältnisse kamen von privaten Vermietern.
Kündigungsverfahren durch nichtstädtische Wohnbaugesellschaften machten 5,3 % aus und
von Genossenschaften 6,4 %. Von zwei Vermietern, der WSB und der Baugenossenschaft
München West des Eisenbahnpersonals kamen insgesamt 6,4 % der Meldungen. In
Neuhausen-Nymphenburg war mit 42,2 % der Anteil der privaten Mietverhältnisse höher als
in Moosach mit 34,1 %. Dort war dagegen der Anteil an Mietverhältnissen mit
Wohnbaugesellschaften mit 48,6 % deutlich höher als in Neuhausen-Nymphenburg mit
42,2%.
Mit den städtischen Wohnbaugesellschaften Gewofag und GWG ist in
Kooperationsvereinbarungen mit der Stadt festgelegt, dass sie die FaSt im Falle einer
Kündigung frühzeitig, d.h. im Abmahnungsverfahren oder spätestens mit der Kündigung in
Kenntnis setzen. Diese Kooperationsvereinbarung wird im Alltag umgesetzt. Drei Viertel der
Kündigungsverfahren von GWG und Gewofag wurden der FaSt als Mahnung oder
Kündigung bekannt. Bei den privaten Vermietern waren es nur 32,7 %.

Haushalte mit wiederholter Mietschuldenübernahme
Der Anteil der Haushalte mit einer wiederholten Mietschuldenübernahme machte
knapp 20 % der Neuzugänge aus und wies in der zweiten Projektphase eine
sinkende Tendenz auf.
Unter den Haushalten mit wiederholter Mietschuldenübernahme waren
Mehrpersonenhaushalte und alleinerziehende Haushalte überrepräsentiert.
Bei 139 Haushalten (19,4 % aller Neuzugänge bei der FaSt) wurde in den vergangenen
Jahren bereits ein- oder mehrmals Mietschulden durch die FaSt übernommen.
Bei knapp einem Drittel der Haushalte mit wiederholter Mietschuldenübernahme kam es
innerhalb eines Jahres zu erneuten Mietschulden. Bei 55 Haushalten (7,7 % aller
Neuzugänge bei der FaSt) waren schon mehrfach Mietschulden übernommen worden.
Mehrpersonenhaushalte waren unter den Fällen mit wiederholter Mietschulden-übernahme
überrepräsentiert, ebenso wie Mieter aus den Wohnanlagen von GWG und Gewofag.

Haushalts- und Einkommensstruktur der Haushalte mit Mietschulden
21
Fast zwei Drittel der Haushalte waren Einpersonenhaushalte.
Die Mehrheit der Haushaltsvorstände war männlich. Knapp die Hälfte der
Haushaltsvorstände war jünger als 41 Jahre.
Über ein Drittel der Haushalte bezogen Arbeitslosengeld II.
Haushalte mit Mietschulden sind arm.
Mit dieser Untersuchung können zum ersten Mal in München Aussagen zur Struktur der
Haushalte mit Mietschulden getroffen werden.
64 % der Haushaltsvorstände waren männlich.
61,5 % der Haushalte waren Einpersonenhaushalte.
Von diesen Einzelpersonenhaushalten waren 74,3 % allein stehende Männer.
46 % der Haushaltsvorstände waren jünger als 41 Jahre.
14,5 % der bei der FaSt gemeldeten Haushalte waren Haushalte mit Kindern bis 18 Jahre.
8,2 % waren allein erziehende Haushalte und damit gegenüber deren Anteil von 3,1 % an
allen Haushalten in der Sozialregion Ende 2005 überrepräsentiert.
56 % der Haushaltsvorstände hatte eine deutsche Staatsangehörigkeit.
Das durchschnittliche Einkommen aller Haushalte betrug 1128,-- €.
Einpersonenhaushalte verfügten im Durchschnitt über 813,- €.3
Im Armutsbericht der Stadt München von 2004 gilt ein Einpersonenhaushalt mit einem
Nettoeinkommen von 776 € als arm.
53,7 % der Haushalte mit einer Kündigung wegen Mietschulden bezog Arbeitslosengeld II.
39,7 % verfügten über ein eigenes Einkommen (darunter 8,6 % Renten).
3,8 % hatten Bezüge aus SGB XII.

Fallabschluss und Leistungen durch die FaSt
Je früher Haushalte und/oder Vermieter sich an die FaSt wenden, umso besser
stehen die Chancen, das Mietverhältnis zu erhalten.
Bei fast zwei Dritteln der Haushalte, deren Mietverhältnis bedroht war und von denen die
FaSt Kenntnis erhielt, konnte das Mietverhältnis bzw. die Wohnung gesichert werden. Bei 33
% durch eine Mietschuldenübernahme und bei weiteren 28 % gelang es den Haushalten
selbst, ihre Mietangelegenheiten zu klären und die Mietschulden zu begleichen. Bei 11 % der
Haushalte wurde seitens der Haushalte mitgeteilt oder konnte durch I.S.AR. recherchiert
werden, dass der Haushalt die Wohnung nicht erhalten wollte und eine andere Wohnung
bereits bezogen hatte oder beziehen wollte. Auf Informationen zum weiteren Verlauf des
Kündigungsverfahrens hat die FaSt dann keinen Zugriff mehr.
Die Chancen, den Wohnraum zu erhalten, hängen wesentlich davon ab, zu welchem
Zeitpunkt die Kündigung bekannt wird. Wird das Verfahren im frühen Stadium als Kündigung
3
Aufgrund einer hohen Anzahl von Fällen ohne Angabe unter den Haushalten mit Mietschulden, für die keine
Leistung durch die FaSt erbracht wurde, ist bei den Angaben zum Einkommen der Haushalte der Anteil von
Haushalten mit Mietschuldenübernahme überrepräsentiert.
22
oder Mahnung bekannt, ist ein Wohnungserhalt in hohem Maße durch Selbsthilfe, durch
Vermittlung zwischen Mieter und Vermieter und/oder Mietschuldenübernahme gegeben.
82,5 % der Mietverhältnisse mit Mitteilung in dieser Phase konnten erhalten werden.
Wurde das Verfahren dagegen als Räumungsklage oder Mitteilung über Zwangsräumung
bekannt, war der Anteil an Haushalten, die die Wohnung nicht erhalten wollten oder über
deren Verbleib keine Information zu gewinnen war, höher.
21 Haushalte wurden in Übergangswohnraum oder in Wohnraum der akuten
Wohnungslosigkeit vermittelt. Die Vermittlungsquote in diese Wohnformen liegt im SBH
Neuhausen-Moosach unter der der gesamten Stadt. Im Laufe des Modellprojektes wurde sie
noch einmal reduziert.
Die FaSt sicherte im Zuge des Präventionsprojektes bei 240 Haushalten mit
Mietschulden den Wohnraum durch eine Mietschuldenübernahme.
Bei 33 % der HH sicherte die FaSt im Zuge des Präventionsprojektes den Wohnraum durch
eine Mietschuldenübernahme. Mehr als die Hälfte (52%) dieser Haushalte wurden die Mittel
als Darlehen gewährt und 44,2 % erhielten die Leistung als Beihilfe.
Der durchschnittliche Darlehensbetrag lag mit 1868,-- € über dem durchschnittlichen
Beihilfebetrag von 1 606,-- €.
Während des Projektzeitraums fand eine zunehmende Umverteilung der Leistungen als
Beihilfe zugunsten der Vergabe von Darlehen statt. Ein Trend, der im Zuge der Novellierung
der Sozialgesetzbücher von 2006 auch in der Gesamtstadt zu beobachten war.
Das Leistungsspektrum der FaSt beschränkte sich nicht auf die finanziellen Hilfen. Im Zuge
der Fallbearbeitung durch die FaSt wurden alle Haushalte, bei denen die FaSt eine Leistung
erbracht hat, beraten und bei 74,1 % dieser Haushalte zwischen Vermieter und Haushalt
vermittelt.
Bei Haushalten, für die die FaSt keine Leistungen übernahm, waren der Beratungsumfang
und auch die Vermittlungstätigkeit zwischen Mieter und Vermieter geringer.
Die Leistungen der FaSt erfolgen in einem engen Zeitfenster und unter Einbeziehung
vor allem von ARGE, BSA und I.S.AR.
Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer durch die FaSt bei Haushalten, für die eine
Leistung durch die FaSt erbracht wurde, betrug 66 Tage. Bei einem Drittel dieser Haushalte
(36 %) fand die Bearbeitung innerhalb eines Monats statt. Die kurze Bearbeitungszeit
verweist auf den durch gesetzlich vorgeschriebene Fristen entstehenden Handlungsdruck,
unter dem die Problemlagen zu einer Lösung geführt werden müssen.
23
Eine Einbeziehung der ARGE fand bei 52,9 % der Fälle, in denen eine Leistung erbracht
wurde, statt. Die BSA wurde bei 35,1 % in die Fallbearbeitung mit einbezogen. 7,6 % der
Haushalte waren der BSA bereits bekannt.
Eine Zusammenarbeit mit der Sachbearbeitung SGB XII fand in 6 % der Fälle statt.
Problemlagen im Zusammenhang mit der Mietschuldenentstehung

Typischer Hintergrund für Mietschulden sind ungünstige Lebenskonstellationen und
knappes Einkommen. Häufig stehen Mietschulden im Zusammenhang mit anderen
Schulden und der Tätigung anderer Ausgaben.
Bei den Haushalten, für die Mietschulden übernommen wurden, konzentrierten sich auf
finanzielle Problemstellungen.
127 Haushalte (50,6 %) hatten andere Schulden oder andere Ausgaben getätigt.
Die zweitgrößte Gruppe von Haushalten (26,7 %) hatte einen Einkommensverlust
hinnehmen müssen und konnte sich nicht auf die neue Situation einstellen.
Sie reagierten mit Passivität und/oder haben zum Teil zustehende Leistungen nicht
beantragt.
Bei 12,4 % der Haushalte standen die Mietschulden im Zusammenhang mit Problemen
beim Bezug zustehender Leistungen, häufig Zahlungen von Arbeitslosengeld.
Bei 7 % der Haushalte wurden im Kontext der Schuldenentstehung psychische Probleme
dokumentiert.

Kontaktaufnahme durch I.S.AR.
Ziel des Präventionsprojektes war es, mit aufsuchender Sozialarbeit durch sozialpädagogische Fachkräfte eine schnelle Kontaktaufnahme zu den Haushalten, deren
Kündigungsverfahren schon weit fortgeschritten war, oder die mit dem Standardanschreiben
der FaSt nicht erreicht werden konnten, herzustellen. Beauftragt mit dieser Aufgabe wurde
das Soziale Dienstleistungsunternehmen „Institut für sozialpädagogische Arbeit“ (I.S.AR.).
Der Bedarf, durch „aufsuchende Sozialarbeit“ einen Kontakt zu den Haushalten
herzustellen, ist hoch.
I.S.AR. wurde zwischen dem 1.5.2005 und dem 1.9.2006 insgesamt 329 Mal zur
Kontaktherstellung beauftragt. Das waren 45,9 % aller von der FaSt bearbeiteten Fälle.
I.S.AR. wurde am häufigsten aktiv, wenn sich die Haushalte nicht auf das Anschreiben der
FaSt hin meldeten. Das war bei 65 % der 329 Haushalte der Fall.
Bei 22 % der 329 Haushalte war bereits der Räumungstermin angesetzt.
I.S.AR. wurde auch eingeschaltet, wenn bei der FaSt der Kontakt abgebrochen worden war.
Dies betraf 12 % der 329 Haushalte.
24
Die Erreichungsquote bei der Kontaktherstellung durch I.S.AR. lag bei fast 75 %. Der
Anteil der von I.S.AR. kontaktierten Haushalte, bei denen das Mietverhältnis erhalten
werden konnte, stieg von 44 % auf 50 % während der Projektlaufzeit.
Zur Kontaktaufnahme setzte I.S.AR. ein mehrstufiges Vorgehen ein. Dieses Verfahren sieht
ein Anschreiben, die Möglichkeit zum Rückruf und Hausbesuche vor.
Bei 84 % der an I.S.AR gemeldeten Fälle wurde mindestens ein Hausbesuch durchgeführt.
Im Schnitt entfielen 1,8 Hausbesuche auf jeden der gemeldeten Haushalte. Die Mehrzahl der
Hausbesuche waren angemeldet.
Die meisten Hausbesuche führten die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen von
I.S.AR. zu den üblichen Arbeitszeiten morgens und nachmittags durch. In den
Abendstunden bis ca. 19 Uhr wurden insgesamt 33 % der Haushalte besucht.
Am Wochenende wurden 8 Hausbesuche durchgeführt.
I.S.AR. konnte 74,2 % der 329 Haushalte erreichen und einen persönlichen Kontakt
herstellen, mit steigender Tendenz im Projektverlauf.
Bei 50 % der Haushalte, für die I.S.AR. zur Kontaktherstellung beauftragt worden war,
konnte der Wohnraum durch Mietschuldenübernahme oder durch Selbsthilfe erhalten
bleiben. Die Quote hat sich innerhalb der Projektlaufzeit von 44 % auf 50 % erhöht.
I.S.AR. unternahm zügig einen ersten Versuch zur Kontaktaufnahme und motivierte
die Haushalte das Angebot der FaSt anzunehmen.
I.S.AR. reagierte schnell. Die durchschnittliche Zeit zwischen Meldung durch FaSt und dem
ersten Kontaktversuch durch I.S.AR. betrug 5,4 Kalendertage.
I.S.AR. beriet 90 % der Haushalte, zu denen ein Kontakt hergestellt wurde, zu Fragen,
die mit der Mietproblematik in Zusammenhang standen und davon ein weiteres
Drittel zu Fragen, die über die Mietproblematik hinausgingen.
Über 90 % der Haushalte, bei denen I.S.AR. einen Kontakt hergestellt hatte, wurden im
persönlichen Gespräch oder am Telefon zu einer mit der Mietproblematik verbundenen
Frage beraten. Bei 36 % der Haushalte wurden auch Fragen besprochen, die über die
Mietproblematik hinausreichten. Die Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen von I.S.AR.
berieten 15,5 % der Haushalte zu anderen Hilfen oder stellten eine Verknüpfung zu anderen
Hilfen her.
25

Fallclearing FaSt/BSA, Nachsorge durch die BSA und
Haushaltsbudgetberatung.
Die Installierung einer sozialpädagogischen Nachsorge durch die BSA gelang trotz
großzügiger Personalressourcen nur zögerlich. Im Mai 2006 wurde ein
systematisches Fallclearing durch die FaSt gemeinsam mit der BSA eingerichtet.
Die Nachsorge durch die BSA war im Präventionsmodell als Standard neu eingeführt.
Hinsichtlich der Inhalte der Nachsorge bestanden bei den Projektbeteiligten anders als
gegenüber den anderen Elementen deutliche Unsicherheiten. Sie äußerten sich vor allem in
der schriftlichen Befragung der Fachkräfte und waren ausführlicher Inhalt der
Expertengespräche der Welle 1.
In einem Nachsteuerungsprozess wurden sieben inhaltliche Kriterien für die Einrichtung
einer Nachsorge ausgearbeitet. Seit Mai 2006 wurde im Rahmen der Projektverlängerung
ein systematisches Fallclearing eingeführt, mit dem durch FaSt und BSA gemeinsam der
Bedarf einer Nachsorge geprüft wurde. Das Fallclearing betraf ausschließlich die Haushalte,
die eine Leistung der FaSt erhalten hatten.
Eine Nachsorge durch die BSA wurde eingeleitet für 8 % aller Neuzugänge bei der
FaSt, bzw. bei 23 % der Haushalte, die eine Leistung durch die FaSt erhielten. Für
Haushalte ohne Leistungsbezug durch die FaSt war eine sozialpädagogische
Nachsorge nicht vorgesehen.
Von den 717 dokumentierten Neuzugängen bei der FaSt wurde für 8 % eine
sozialpädagogische Nachsorge eingeleitet, bzw. für 23 % der 251 Haushalte, die eine
materielle Leistung durch die FaSt erhielten.
Mit der Implementierung des Fallclearings war ein leichter Anstieg der Fallzahlen für die
Nachsorge zu beobachten. Im gesamten Projektzeitraum wurden 59 Nachsorgen eingeleitet.
Es handelt sich vor allem um Haushalte mit lange andauernden Problematiken und um
Haushalte mit gravierenden finanziellen Schwierigkeiten.
Unter den 139 Haushalten mit wiederholter Mietschuldenübernahme wurde für 35 Haushalte
(25 %) eine Nachsorge eingeleitet.
Im Rahmen der Nachsorge fand bei ca. der Hälfte der dokumentierten Nachsorgefälle
mindestens ein Hausbesuch statt. Die andere Hälfte erfolgte ausschließlich als
Beratungsleistung im Sozialbürgerhaus. Für ca. zwei Drittel der Haushalte wurden
Problembereiche gesehen, die über die Mietproblematik hinausreichen. Bei der Hälfte der
Haushalte bestand aus Sicht der BSA Fachkräfte ein über die finanzielle Unterstützung
hinausreichender Unterstützungsbedarf. Für ein Drittel der Haushalte mussten die Hilfen im
Zuge der Nachsorge neu oder zusätzlich zu bestehenden Hilfen eingeleitet werden.
26

Haushaltsbudgetberatung
Seit 1.3.2006 wurde im Präventionsprojekt eine Haushaltsbudgetberatung für die Haushalte
mit Mietschulden bereitgestellt. Das Angebot wurde von den Fachkräften im SBH
Neuhausen-Moosach sehr positiv aufgenommen.
Von der Haushaltsbudgetberatung wurden zwischen März und Oktober 2006 an 5
Sprechtagen im Sozialbürgerhauses Neuhausen-Moosach insgesamt 30 Beratungstermine
für Erstkontakte bereitgestellt. Daneben bestand die Möglichkeit, Klienten auch direkt
anzumelden. 27 Klientinnen und Klienten wurden durch die FaSt oder die BSA im Rahmen
des Modellprojektes an die Haushaltsbudgetberatung vermittelt, das Angebot aber nur von
50 % der angemeldeten Haushalte in Anspruch genommen. Diese Erfahrung verweist auf
einen dringenden Bedarf, die Implementierung erforderlicher Hilfen mit nachsorgenden,
motivierenden und stützenden Hilfen zu begleiten. Dies gilt besonders für Hilfen, die die
Eigenaktivität der Haushalte voraussetzen.
7
Wirkungen der veränderten Arbeitsweise des Präventionsmodells
Zur Beurteilung der Wirkung der im Modellprojekt erprobten Arbeitsweise wurden Effekte auf
drei Ebenen untersucht.
 Vermeidung von Wohnungsverlust in der akuten Krisensituation durch aufsuchende
Sozialarbeit
 Nachhaltigkeit der Intervention durch qualifizierte Beratung und Nachsorge
 Entwicklung der Ausgaben für finanzielle Leistungen
Zur Beurteilung wurden Zielvorgaben und Entwicklungen im Laufe des Projektes
gegenübergestellt und Daten aus einer vergleichenden Sonderauswertung der FaSt
Jahresstatistik ausgewertet.

Vermeidung von Wohnungsverlust in der aktuellen Krisensituation durch
aufsuchende Sozialarbeit
Die neue Arbeitsweise zeigt Wirkung bei der Bewältigung der akuten
Wohnungsproblematik.
Im Gesamt konnten mehr Haushalte erreicht und das Projektziel 80 % erhaltene
Mietverhältnisse bei Kündigungen und Mahnungen erreicht werden.
Die Haushalte wurden mit 87 % in einem hohen Maß erreicht. Dabei spielte die Aktivität von
I.S.AR. eine große Rolle.
Die Neuzugänge in frühen Phasen des Kündigungsverfahrens sind angestiegen und lagen
mit 18 % im Vergleich zur Gesamtstadt mit 11 % signifikant höher.
27
Die Vermittlung in Übergangswohnraum hat sich von 6 Haushalten auf 3 Haushalte halbiert.
Der Wechsel in Wohnraum in die akute Wohnungslosigkeit ist von 22 auf 15 Fälle
zurückgegangen. Mit einem Anteil von 0,33 % von Vermittlungen in Übergangswohnraum an
allen Erledigungen der FaSt im SBH Neuhausen-Moosach lag deren Anteil fast um zwei
Drittel niedriger als in der Gesamtstadt mit 0,8 %.
Bei Vermittlung in Wohnraum in die akute Wohnungslosigkeit lag der Anteil von 1,66 % in
der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg– Moosach ebenfalls unter dem Anteil von 2,73
% in der gesamten Stadt.
Der Anteil an Zwangsräumungen konnte dagegen nicht reduziert werden. Allerdings wurde
durch die Recherchearbeiten von I.S.AR. mehr Transparenz hinsichtlich des Verbleibs der
Haushalte erreicht.

Nachhaltigkeit der Intervention durch qualifizierte Beratung und Nachsorge
Die neue Arbeitsweise lässt eine Wirkung hinsichtlich des Wiederauftretens von
Mietschulden und hinsichtlich des Verhaltens der Haushalte bei wiederholter
Mietschuldenproblematik vermuten.
Bei einem Drittel der Haushalte, die bereits Mietschulden übernommen bekamen, treten
innerhalb eines Jahres wieder neue Mietschulden auf. Im Laufe des Projektes wurde dieser
Anteil um 6,2 Prozentpunkte geringer.

Entwicklung der Ausgaben für finanzielle Leistungen
Rückgang der Gesamtausgaben für finanzielle Leistungen um 317 503,-- € in der
Modellregion, in der Gesamtstadt 4 um 40 521,--.
Die Gesamtausgaben für Darlehen und Beihilfen zur Bewältigung von Mietschulden lagen in
der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach vor Beginn des Modellprojektes
deutlich über dem städtischen Niveau und waren bezogen auf die Ausgaben pro Einwohner
gut doppelt so hoch wie in der gesamten Stadt. Dabei lagen die im Einzelfall bewilligten
Leistungen auf dem städtischen Niveau.
Im Projektverlauf haben sich die Gesamtausgaben für finanzielle Leistungen (Darlehen und
Beihilfen) in der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach um 41,4 % - um einen
Gesamtbetrag von 317 503,-- € verringert. In der Gesamtstadt sind im selben Zeitraum die
Gesamtausgaben für Beihilfen und Darlehen um 1 % - 40 521,-- € zurückgegangen.
4
Abzüglich der Sozialregion Neuhausen-Nymphenburg - Moosach
28
Mit der Arbeitsweise des Modellprojektes konnten Einspareffekte erzielt werden
Um Aussagen zu Einspareffekten treffen zu können, wurden mögliche Kostenreduzierungen
den für eine Übertragung relevanten Personalansätzen gegenübergestellt. Einspareffekte
wurden an vier Punkten festgemacht.




Ausgaben für Vermittlung in Wohnraum des Übergangswohnens
Ausgaben für Vermittlung in Wohnraum der akuten Wohnungslosigkeit
Ausgaben für die Übernahme von Mietschulden
Indirekte Einsparungen durch eine Reduzierung von Zugängen in die akute
Wohnungslosigkeit aus der Sozialregion, die nicht über die FaSt erfolgen
Aus der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben mit den einzusetzenden
Ressourcen kann von einem Einspareffekt zwischen 495 000,-- € (Variante A/A1) und 945
000,-- € (Variante B/B1) für das Sozialreferat ausgegangen werden.
8
Empfehlungen für die Übertragung des Modellprojektes in andere
Regionen
Die positiven Projektergebnisse und die möglichen Einspareffekte machen eine Übertragung
des präventiven Arbeitsansatzes in andere Sozialregionen empfehlenswert.
Das Übertragungsmodell sollte aus unserer Sicht die positiven Erfahrungen mit der
aufsuchenden Arbeit in der akuten Krisensituation aufgreifen und die Defizite hinsichtlich des
Übergangs zu einer Nachsorge vermeiden.
Folgende Anforderungen sollte dabei das Übertragungsmodell erfüllen.




Gewährleistung der Kontinuität in der Fallbearbeitung
Reduktion der Schnittstellen
Gewährleistung einer Prozessverantwortung, die über die Leistungserbringung der
FaSt hinausgeht
Gewährleistung einer auf die Bewältigung im Kontext Wohnen bezogene fachliche
Kompetenz bei aufsuchender Sozialarbeit und Nachsorge
Auch sollte, wie ausführlich im Zwischenbericht 1 dargelegt, der Blick auf die
Personengruppe mit Mietschulden ausgeweitet werden, für die kein Leistungsanspruch
durch die FaSt besteht oder die im Sinne einer Selbsthilfe eigene Ressourcen mobilisieren
können, um ihr Mietverhältnis zu sichern.
In Bezug auf die im Modellprojekt installierte Form des Fallclearing von FaSt mit der BSA
bestanden unterschiedliche Einschätzungen. Der Vorteil dass mit dem praktizierten Modell
die Kooperation zwischen den beiden Fachlichkeiten systematischer gestaltet werden
konnte, wurde der Nachteil von hoher Komplexität und vielen Schnittstellen
gegenübergestellt. Die Mehrheit der Expertinnen und Experten hielt deshalb eine
Vereinfachung des aktuell praktizierten Modells für wünschenswert.
29
Die Vereinfachung sollte insbesondere eine Reduktion von Schnittstellen und
Ansprechpartnern - die durch die unterschiedliche Behandlung von Einpersonen- und
Kinderhaushalten, sowie durch die Einbeziehung aller BSA Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
in Mietfähigkeitsfeststellung und Nachsorge entstanden - zum Ziel haben.
Die im Modellprojekt schon früh identifizierten Schwachstellen, seien auch mit
Nachbesserungen und trotz der insgesamt sehr positiven Entwicklung nicht wirklich gelöst
worden. Insofern wurde dieses Modell als zu kompliziert für eine stadtweite Übertragung
angesehen.
Günstiger sei die Zusammenführung der Projektaufgaben in einen Fachdienst Wohnen – der
die Aufgaben von FaSt, Kontaktaufnahme und Nachsorge in einer interdisziplinären
Arbeitsgruppe vereine. Der wesentliche Gewinn eines solchen Schwerpunktdienstes wird in
den folgenden Punkten gesehen:
-
Qualitätsverbesserung durch die Entwicklung einer Kernkompetenz
Wohnen im Sozialbürgerhaus
-
Qualifizierung der Mietfähigkeitsfeststellung
-
ein aufwendiges Clearingverfahren könnte entfallen, da entsprechende
Fälle organisatorisch in eine Nachsorge übergeleitet werden können
-
Professionalisierung der Interventionen durch bessere Kenntnis und
Erfahrung im Umgang mit relevanten Zielgruppen, z.B. alleinstehenden
Haushalten mit Alkoholproblemen
Voraussetzung für die Arbeit eines solchen Dienstes sei die präzise Definition der
Schnittstellen zu anderen Fachlichkeiten im SBH – insbesondere der BSA, wenn
schwerwiegende Problemlagen vorliegen, die weit über die Wohnproblematik hinausreichen
und im Sinne einer Nachsorge nicht bearbeitet werden könnten, und/oder wenn die
Haushalte der BSA bereits bekannt seien.
Denkbar sei ein solches Modell sowohl mit einem externen Dienstleister als auch durch
sozialpädagogische Fachkräfte innerhalb des Sozialbürgerhauses. Im Folgenden werden
Vorteile und Nachteile der beiden Modelle, die von den Expertinnen und Experten genannt
wurden, in Form einer Übersicht gegenübergestellt.
Schwerpunktmodell Wohnen
Diesen Anforderungen wird aus unserer Sicht ein Schwerpunktdienst Wohnen, in dem die
Verwaltungskräfte der FaSt und Sozialpädagogen mit Schwerpunktkenntnissen im Bereich
Wohnen kooperieren, am besten gerecht.
Eine solche Organisation bietet folgende Vorteile
30

Es entsteht eine enge – an den Anforderungen der Fallbearbeitung orientierte Verzahnung von sozialpädagogischer Kompetenz und Verwaltungskompetenz.

Kontinuität von Kontaktaufnahme und Nachsorge bis zur Abschlussdiagnose und bei
Bedarf Weitergabe an die richtige Profession wird gesichert.

Haushaltsbudgetberatung und andere in Frage kommende Dienste finden klare
Schnittstellen.

Die Prozessverantwortung wird – orientiert am Bedarf der Klienten – durch
sozialpädagogische oder Verwaltungskräfte wahrgenommen.
Für die Umsetzung der Übertragung des Modells in andere Sozialregionen sind aus unserer
Sicht folgende Überlegungen relevant:

Personelle Ausstattung
Für die zusätzlichen Aufgaben der FaSt hat sich die Ausstattung mit 0,75 Personalstelle als
geeignet erwiesen. Zugrunde gelegt ist ein Fallvolumen von 477 Neuzugängen pro Jahr.
Für die „aufsuchende Sozialarbeit“ wurde eine Personalstelle Sozialpädagogik eingesetzt
und als ausreichend bewertet. Mit ihr wurde ein Fallvolumen von 219 Haushalten pro Jahr
bearbeitet. Diese Personalstelle entspricht der Kapazität, die in der BSA für „aufsuchende
Sozialarbeit“ im Bereich Wohnen und für die Kooperation mit der FaSt im SBH NeuhausenMoosach vorhanden war.
Für die „nachsorgende Sozialarbeit" ist, orientiert an den Messzahlen der BSA mindestens
eine halbe Stelle Sozialpädagogik zusätzlich anzusetzen. Bei Zunahme der Fallzahlen für
eine Nachsorge sollte eine Aufstockung dieser Ressource mitgedacht werden.
Für das ergänzende Angebot einer Haushaltsbudgetberatung kann mit 6 Erstkontakten
monatlich mit einem Festbetrag von 10.000,- € jährlich kalkuliert werden.

Organisation innerhalb der Sozialbürgerhäuser
Im Modellprojekt wurde die aufsuchende Sozialarbeit durch einen externen Dienstleister
erbracht. Die Erfahrungen damit waren hinsichtlich Quantität und Qualität der erbrachten
Leistungen positiv.
Im oben genannten Schwerpunktmodell sollten Erfahrungen sowohl mit externen als auch
internen Organisationsstrukturen gemacht werden. Im Wohnungsbereich tätige Dienstleister
bringen spezialisierte Erfahrungen und ein Wissen ein, die für die Angebote im Bereich
Wohnen genutzt werden sollten.

Der Implementierungsprozess
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Die Implementierung der qualitativen Arbeitsweise sollte durch die Leitungen auf allen
Ebenen der Sozialbürgerhäuser unterstützt werden, insbesondere durch die
Teilregionsleitungen.
Hierzu ist eine Qualifizierung der verantwortlichen Teilregionsleitungen für die Aufgabe
notwendig. Sie sollten durch die Fachsteuerung BSA Wohnen und FaSt unterstützt und
begleitet werden. Darüber hinaus müsste gewährleistet sein, dass den verantwortlichen
Teilregionsleitungen ausreichend Ressourcen für den Implementierungsprozess
bereitgestellt werden.
Der Implementierungsprozess sollte in engem Austausch zwischen Fachsteuerung und
Sozialbürgerhäusern erfolgen, in dem die Fachsteuerung zeitnah auf fachliche und
organisatorische Fragen und Probleme eingehen kann.
Geeignete Impuls- und Begleitveranstaltungen sind durch die Fachsteuerung in Kooperation
mit den Sozialbürgerhäusern vorzubereiten und durchzuführen.
Die Bildung einer moderierten Projektgruppe zur Umsetzung und Bewertung des
Übertragungsprozesses durch die verschiedenen Beteiligten erscheint uns sinnvoll. Der
Übertragungsprozess sollte zeitlich definiert sein.

Dokumentation und Zielüberprüfung
Auf Basis der Ergebnisse des Modellprojektes sollten Kennzahlen für die einzelnen
Projektelemente entwickelt werden. Darüber hinaus sollte mit der Implementierung des
qualifizierten Verfahrens in die Sozialbürgerhäuser eine Basis-Evaluation des Vorhabens
stattfinden, mit der folgende Fragen zeitnah beantwortet werden können:
1.
Welche Modelle werden in den Häusern praktiziert?
Welche Probleme stellen sich in den Sozialbürgerhäusern mit der neuen Arbeitsweise
nach einem Jahr?
Welche Probleme sind ungelöst?
Welche positiven Erfahrungen liegen vor?
2.
Wie viele Fälle werden mit welchen Arbeitsansätzen und mit welchem Ergebnis
bearbeitet? (Inhalte wären: Haushaltsgröße und Haushaltsart, Vermieter, Stand des
Kündigungsverfahrens, Mitteiler, Wiederholte Mietschulden)
Konnte das Mietverhältnis/die Wohnung erhalten werden?
Welche Disziplinen innerhalb der Schwerpunktarbeitsgruppe Wohnen sind je Fall aus
welchem Grund beteiligt?
Welche Disziplinen außerhalb der Schwerpunktarbeitsgruppe Wohnen sind je Fall
beteiligt?
Welche Hilfen werden implementiert und wie ist das Ergebnis der sozialpädagogischen Intervention?
Sind die eingesetzten Ressourcen für die nachsorgende Sozialarbeit ausreichend?