Beißer auf Draht – schöneres Gebiss dank Zahnspange?

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Beißer auf Draht – schöneres Gebiss dank Zahnspange?
Donnerstag,
11. Dezember 2014
MITTENDRIN
OZELOT
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PINNWAND
Zähne schief, falsche Zungenlage: Viele junge Leute tragen eine Zahnspange.
Workshop: Rezeptive
Filmanalyse
Das Institut für neue Medien in
Rostock veranstaltet vom 13. bis
14. Dezember einen praxisnahen
Workshop zum Thema „Rezeptive
Filmanalyse“. Kursleiter Matthias
Spehr klärt unter anderem, welche Wirkungen filmische Gestaltungsmittel wie Licht, Kameraführung, Schnitt oder Musik erzeugen können. Der Kurs richtet sich
nicht nur an Filmemacher oder solche, die es werden möchten, sondern an alle, die über das Medium
Film etwas lernen möchten. Die
Teilnahmegebühr beträgt
20 Euro.
e Anmeldung: www.ifnm.de
Das neue Jahr auf
Englisch begrüßen
Unter dem Motto „Learning by
speaking“ bietet der Bildungsanbieter Berlitz über Neujahr Sprachcamps an, die Englischkurse mit einem Sport- und Kreativprogramm
verbinden. Während der einwöchigen Camps, Start ist am 28. Dezember, unterhalten sich die Schüler
mit ihren Betreuern aus Großbritannien, Australien oder den USA
auf Englisch. Es gibt täglich vier
Stunden Sprachkurs sowie sportliche und kreative Aktivitäten. Die
Camps sind Nordrhein-Westfalen,
Hessen und Bayern. Kosten: rund
500 Euro pro Person.
e www.berlitz.de/kidscamps
Witziger
Postkartenkalender
Martin Glöde (14) aus Pastow bei Rostock trägt seit zweieinhalb Jahren eine feste Zahnspange.
Foto: Frank Söllner
Beißer auf Draht –
schöneres Gebiss dank Zahnspange?
Martin Glöde aus Pastow bei Rostock trägt seit mehr als zwei Jahren eine Spange. Weil seine Zähne schief
standen, riet ihm der Zahnarzt dazu. Doch Kritiker sagen, dass viele Spangen eigentlich nicht nötig sind.
Von Grit Schreiter
rüher hat man sich wegen ihr
geschämt, heute sind manche jungen Leute traurig,
wenn sie keine verschrieben bekommen: Zahnspangen. „Es gibt
einen Trend zur Zahnspange“,
sagt Gregor Bornes von der Kompetenzstelle Zahngesundheit bei der
Unabhängigen
Patientenberatung. Meist sollen damit Zahnund Kieferfehlstellungen frühzeitig korrigiert werden. In einer aktuellen Studie der Universität Rostock wiesen etwa 84 Prozent der
untersuchten Kindergarten- und
F
Schulkinder solche Fehlstellungen auf. Diese waren laut Holger
Donath, Fachzahnarzt für Kieferorthopädie und Mitglied des Vorstandes der Zahnärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, häufig mit
anderen Funktionsstörungen, wie
falscher Zungenlage und offener
Mundhaltung, verbunden.
Inwieweit eine Zahnspange tatsächlich zur Besserung führt, darüber sind Fachleute uneinig. „Kieferorthopädische Frühbehandlungen können zu einer Normalisierung des Gebisses beitragen“,
sagt Holger Donath. Aber was ist
ein „normales Gebiss“? „Es fehlt ei-
VIER FRAGEN AN ...
1
Kann man
von einem
Zahnspangen-Boom sprechen? Donath: Eine
Zunahme der Behandlungszahlen
trat in den 1970er
Jahren ein. Damals
wurde die Kieferor- Gregor Bornes,
thopädie Bestandteil Unabhängige
der Gesetzlichen
PatientenberaKrankenversichetung
rung. Davor waren
Zahnspangen nur etwas für Reiche. Von
den Aufwendungen der Krankenkassen
für die Zahnmedizin entfallen weniger
als 10 Prozent auf die Kieferorthopädie.
Dieser Anteil ist seit Jahren konstant.
Bornes: Dennoch werden in Deutschland
mehr kieferorthopädische Behandlungen
durchgeführt als in anderen europäischen Ländern. Die Behandlung vergleichsweise leichterer Fälle dauert hier
deutlich länger. Mit kieferorthopädischen Behandlungen wird heute in
Deutschland ein Riesen-Geschäft
gemacht.
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Wann sind Zahnspangen medizinisch notwendig? Bornes: Bei
schwerwiegenden Fehlstellungen
der Zähne, wenn etwa Beißen, Kauen
und Sprechen nur noch eingeschränkt
möglich sind. Oder wenn man psychisch
unter seinem Gebiss leidet.
Donath: Das
stimmt. Eine allgemein akzeptierte
Einschätzung der
medizinischen Notwendigkeit gibt es
jedoch national und
international nicht.
Hier muss man aber
Holger Donath, auch berücksichtiVorstandsmit- gen, dass dieser
glied Zahnärz- Stand der wissentekammer MV schaftlichen Forschung auch für andere Gebiete in der Medizin gilt.
ne gemittelte gesell- D) D) Viele haben
Spange auf die Zähne
schaftliche
Vorstelmontiert werden, erkeine Probleme.
lung darüber, was
schweren zum Beispiel
schöne Zähne sind. Dennoch
das Zähneputzen, was
Viele jungen Leute ha- bekommen sie
wiederum das Kariesriben keine Probleme, eine Spange.“
siko erhöhen kann.
dennoch bekommen Alexander Spassov,
Wenn Martin Glöde
sie eine Spange“, mo- Kieferorthopäde
aus Pastow bei Rostock
niert Alexander SpasZähne putzt, dauert
sov, Fachzahnarzt für Kieferortho- das rund 20 Minuten. Der 14-Jähripädie in Greifswald. Problema- ge trägt seit zweieinhalb Jahren eitisch sei für den Wissenschaftler au- ne feste Zahnspange. Mit zwei Speßerdem, dass kaum auf Risiken, zialbürsten reinigt er täglich seine
die mit einer Zahnspange verbun- Zähne zwei Mal, dazu eine Mundden sind, hingewiesen werde. Die spülung. Sein Kieferorthopäde riet
sogenannten Brackets, kleine ihm zur Spange, weil seine Zähne
Klammern, die bei einer festen schief standen. „Der Arzt hat mich
darauf gebracht. Ich hatte keine
Probleme“, sagt er. Rund 1200
Euro hat die Spange gekostet – einen Großteil davon trug die Krankenkasse. Die ersten Tage waren
schlimm. „Die Brackets übten einen Druck auf jeden Zahn aus. Das
tat höllisch weh“, erinnert sich der
Schüler. In dieser Zeit nahm er
Schmerzmittel. Mittlerweile merkt
er die Spange kaum noch. Nur auf
harte Nahrung muss er verzichten.
Durch das Reinbeißen könnten
sich die Brackets lösen. Für Martin
ist das kein Problem. „Am liebsten
esse ich Spaghetti Bolognese und
Eierkuchen.“
Prominente mit Zahnspange
Bei den Stars dürften vor allem ästhetische Gründe eine Rolle spielen.
Sie stehen im Rampenlicht, ihre Fotos sind in den Medien: Bei prominenten Schauspielern und Sängern ist das Aussehen alles. Wer
schiefe Zähne hat, lässt sie sich mit
einer Spange begradigen. „Promi-
nente mit Zahnspangen sind für
den Zugang zu einer kieferorthopädischen Behandlung sicherlich
förderlich“, sagt der Teterower
Fachzahnarzt für Kieferorthopädie
Holger Donath. Geld spielt bei Pro-
mis keine Rolle. So sollen etwa die
Platin- und Diamantüberzüge, die
sich Rapper Lil Wayne aufgrund
seiner Süßigkeitensucht auf die
Zähne montieren lassen hat,
500 000 Dollar gekostet haben.
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Welche Risiken sind mit einer
Zahnspange verbunden?
Bornes: Es kann zu Karies kommen, weil feste Zahnspangen schwer zu
putzen sind. Außerdem können durch
den Druck, der durch die Spange auf den
Kiefer ausgeübt wird, Zähne verloren gehen, weil sich Wurzeln zurückbilden. Darüber werden Patienten kaum aufgeklärt.
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Was passiert, wenn Fehlstellungen nicht korrigiert werden?
Donath: Kieferorthopädische Frühbehandlungen können zu einer Normalisierung der Gebiss- und allgemeinen Entwicklung beitragen. Untersuchungen,
die dies belegen, sind in Form von Fallberichten, kleinen Studien und klinischen
Erfahrungswerten vorhanden.
Interview: Grit Schreiter
Na, hättet ihr die erkannt?
Dieser „Kopfschmuck“ inklusive aufwendiger Zahnspange
gehört Sängerin Katy Perry,
besser gesagt ihrem Alter
Ego „Kathy Beth Terry“ in
dem Video „Last Friday
Night“. So trat die Künstlerin
als Moderatorin der Teen
Choice Awards 2010 auf.
Er gilt als einer der schönsten
Schauspieler und sein strahlend weißes Lächeln ist eins
seiner Markenzeichen:
US-Star Tom Cruise. Doch
auch er ließ sich Anfang der
nuller Jahre seine schiefen
Zähne korrigieren und trug
zeitweise eine feste Zahnspange.
Schauspielerin Willow
Smith, Tochter von Will
Smith, ist eine von vielen
Teenies, die eine Zahnspange
hat. Bevor die 14-Jährige dieses elegante Modell in Silber
trug, hatte sie KunststoffBrackets auf den Zähnen.
Die haben sich jedoch leider
unschön verfärbt.
US-Rapper Lil’ Wayne hat seine Zähne mit Platin und Diamanten überziehen lassen.
Das nennt man „Grillz“. Hintergrund soll seine Süßigkeiten-Sucht sein. „Meine Zähne
sind schlecht. Damit man das
nicht sieht, habe ich mir
Grillz drübermachen lassen“,
sagte der Musiker.
Mit dem Eulenspiegel-Postkartenkalender ist eins sicher: Der Stoff
zum Lachen geht 2015 nicht aus.
Auf 28 vierfarbigen Hochglanzkarten gibt es freche, hintergründige
Cartoons. Die besten Zeichner haben ihre Feder gespitzt. Sie teilen
aus an politisch Korrekte, Konsumbesessene, Sexsüchtige, Technikfreaks, supercoole Typen und
selbstherrliche Chefs. Die Postkarten kann man – je nachdem – an
Freund oder Feind verschicken.
e Rolf Lonkowski (Hrsg.): Eulenspiegels Postkartenkalender 2015,
28 S., 9,99 Euro, www.eulenspiegelverlagsgruppe.de
HÖREN SEHEN
Ästhetische Erlebnisse
gegen 22 Uhr
Na, das war ja mal was: „Die wirklich wahre Geschichte von 3sat“
(3sat, 7. Dezember, 21.45 Uhr) versuchte die Entstehung des Dreiländersenders auf humorvolle Weise
aufzuarbeiten. Weil aber die Realität wahrscheinlich zu langweilig
ist und sich in irgendwelchen
ZDF-Büros abspielt, war diese
30-Minuten-„Doku“ von einer
haarsträubenden Geschichte geprägt, die sich nicht mal in groben
Zügen nacherzählen lässt. Eigenartige, etwas märchenhafte Ereignisse, die die Öffentlich-Rechtliche Anstalt in einem wirklich seltsamen Licht erscheinen lässt. All
das war dem 30. Geburtstag von
3sat gewidmet, denn der wird auf
den 1. September 1984 datiert.
„Die wirklich wahre Geschichte
von 3sat“ war also eine Story ohne
Plan, besonders eigenwillig die Ästhetik des Filmes. Als wäre das alles in den Achtzigern entstanden,
von der Ausstattung bis hin zur
Musik. Aber das ist das Alleinstellungsmerkmal von 3sat: Noch heute wirkt der Sender angenehm altmodisch.
Gute Nachrichten: Es gibt neue
Folgen vom „Tatortreiniger“!
Zwei Episoden liefen bereits am 3.
Dezember um 22 Uhr und um
22.30 Uhr im NDR Fernsehen.
Und siehe da: Die Qualität wurde
gehalten. Das liegt nicht nur an
der Hauptfigur Heiko „Schotty“
Schottmann, die von Bjarne Mädel gewohnt sympathisch verkörpert wird, das liegt ganz besonders an den Drehbüchern, die toll
ausgefeilte Dialoge liefern. Hinzu
kommt auch eine mutige Bildästhetik – in puncto Farbe, Bildausschnitt oder Perspektive. All das
macht so eine Dreißig-Minuten-Folge zu etwas Besonderem.
Weitere Folgen der neuen Staffel
vom „Tatortreiniger“ kommen
übrigens immer mittwochs.
Thorsten Czarkowski