Thema: Frauen und Männer - Forum Junge Anwaltschaft
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Thema: Frauen und Männer - Forum Junge Anwaltschaft
G 48742 04/ 09 Anwalt der Anwälte FORUM Junge Anwaltschaft im DeutschenAnwaltverein E X T RA 2010 Kalender zum Heraustrennen Thema: Frauen und Männer „Die Anwälte" - Ströbele, Schily, Mahler Geschlechterkampf im Gerichtssaal Vom FORUM in den Bundestag Kanzleibewertung und Checkliste Anwalt in Elternzeit FORUM Junge Anwaltschaft w w w. d a v f o r u m . d e So können Sie überraschend günstig und einfach EINSTEIGEN mit dem Startpaket für Rechtsanwälte: Alles, was Sie für den Erfolg Ihrer Kanzlei benötigen. Als Berufseinsteiger bekommen Sie für Ihre Kanzleiorganisation ein umfassendes Paket zum kleinen Preis: Software, Seminarangebote und Beratungsleistungen zu Sonderkonditionen sowie spezielle Services für Kanzleigründer. Denn bei DATEV sind Sie gut aufgehoben – von Anfang an. Informieren Sie sich unter der Telefonnummer 0800 3283872. www.datev.de/kanzleistart Aus der Redaktion Robe, Gefängnis, Bundestag Am Anfang steht die Idee. Die Idee zu diesem Heft war: Männer und Frauen. Dazu müsste uns doch bestimmt etwas einfallen, was unsere Leser interessiert. Und es fiel uns etwas ein, eine ganze Menge sogar. Es fiel uns nicht nur etwas ein, sondern es fiel auch etwas auf. Nämlich, dass immer, wenn man das Thema Männer und Frauen anspricht, die Frauen die Nase vorn haben. Davon konnten auch wir uns nicht ganz befreien. Und so neigt sich Justitias Waage für dieses Heft, die Männer mögen es uns verzeihen, auf der weiblichen Seite nach unten, was wiederum nicht heißt, dass dieses Heft nicht auch für Männer lesenswert ist. Frauen als Strafverteidiger Strafverteidiger, denkt man, ist doch bestimmt nicht typisch weiblich. Schließlich ist vom Strafverteidiger und nicht von der Strafverteidigerin die Rede. Strafverteidigung – da denkt man doch sofort an Knast und böse Jungs, aber an eine nette Kollegein? Ja, das ist eine Geschichte. Anke Schiller-Mönch fiel sofort eine Kollegin ein, die das schon seit vielen Jahren macht. Sie durfte mit ihr in die hiesige JVA. Die Beamten dort waren recht unkompliziert. Innerhalb kürzester Zeit hatte sie Erlaubnis, die Kollegin zu begleiten und auch zu fotografieren. Sie war erstaunt – nicht nur darüber. Schwul und Robe? Recht und Politik Ist dies heute noch ein kontroverses Thema? Düstere Vorstellungen von Diskriminierung und Mobbing nähren das Bild über die nach außen als traditionsbewusst wahr genommene Roben tragende Zunft. Die junge Geschichte hat gezeigt, dass jedes Recht auf gleichberechtigte Teilhabe zumeist einen langen Kampf durch die Institutionen bedeutete. Der Abschaffung des „Schwulenparagraphs“, 175 Strafgesetzbuch, gingen somit unlängst harte politische, aber auch juristische Auseinandersetzungen voraus. Grund genug, den aktuellen Sachstand abzufragen, ob etwas dran ist, unter anderem an der Befürchtung der Ausgrenzung homosexueller Juristen. Die Szene und die Menschen, die deren Unterstützer waren und sind, klären AdVoice auf. Foto: Kusiuk – fotolia.com AdVoice Redaktionsteam RA Percy Ehlert, Berlin Redaktion und Autor Diese beiden Felder sind eng ineinander verwoben. Das weiß unser Redakteur Percy Ehlert, der vor seiner Tätigkeit als Anwalt mehrere Jahre als Referent für einen Bundestagsabgeordneten tätig war. Diese Verbindung wird Rechtsanwältin Katja Keul in den kommenden vier Jahren erleben. Unter den Linden 50 heißt die Adresse für den Interviewtermin mit Katja, die gegenwärtig wahrscheinlich das dienstälteste Forumsmitglied ist. Nur ein paar Meter sind es von hier bis zum Brandenburger Tor und dann noch einen Steinwurf bis zum Reichstag. Aus dem niedersächsischen Marklohe, wo sie noch bis Ende September die einzige Kanzlei am Ort geführt hat, als Abgeordnete in den Bundestag – dieser Geschichte sind unsere Redakteure Percy Ehlert und Tobias Sommer im Gespräch mit der erfahrenen FORUMskollegin nachgegangen. Ihr Fazit: Für den Schritt vom RA zum MdB (Mitglied des Bundestags) braucht es Überzeugungen, eine gute Rede und auch ein bisschen Glück. RA Tobias Sommer, Berlin Chefredakteur RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar Redaktion und Autorin RA Patrick Ruppert, Köln Redaktion und Autor Journalistin Stefanie Salzmann, Eschwege Zentralredaktion RA Jens Jenau Schloß Holte-Stukenbrock Bücherforum Andrea Vollmer, Berlin Fotografin und Bildredaktion ADVOICE 04/09 1 Inhalt Thema: Frauen und Männer Magazin x Frauen sind die besseren Männer Über den kleinen Unterschied x Streben nach Normalität Homosexualität im juristischen Alltag x Lechts und Rinks „Die Anwälte“ –Schily, Ströbele, Mahler x Fertigssalat oder Fünf-Sterne-Sushi Zwei Alltagsgeschichten x Typisch Frau / Typisch Mann Meinungen x Die RVG-Frage x Leserbrief x Familienrecht ist weiblich Klischee oder Wirklichkeit? x Ernsthaft bei der Sache Über den Sinn von Anwältinnentagen x Über den Wert einer Kanzlei Richtlinien und Checkliste Jungs gegen Mädchen Geschlechterkampf im Gerichtssaal x Männer sagen nein - Frauen wägen ab Haltungsunterschiede x Entscheidungsticker x Justitia ist ein Frau Ist das Recht auch weiblich? x Gleichung mit Unbekannten Versorgungswerk x Robe auf Rollen Eine Anwältin im Rollstuhl x Anwalt und Vater Über Männer und Elternzeit x Sie raffiniert, er brutal Geschlechtstypische Gefährlichkeit x Haftungsvermeidung Haftungsfalle „Vergleich“ x Anwaltschaft in Zahlen Statistik x Hinter Gittern Strafverteidigerin im Knast x Erfahrungsbericht Kanzleigründung Wirtschaften in der Wirtschaft x Gleicher Lohn für gleiche Arbeit Frauen verdienen weniger x Alles für die Katz? Auf Umwegen zum Ziel x Auf Abwegen Jürgen im Familienrecht x Frauen-Frust Über den Sinn von Frauenbeauftragten x 2 ADVOICE 04/09 Inhalt Euer FORUM x x Das andere Mandat Katja Keul im Bundestag Bücherforum x Passion Arbeitsrecht Der Arbeitsvertrag Drin! FORUMs-Damen im Anwaltsverein Bundle Fachanwaltschaft Arbeitsrecht XING Kanzlei und Kind im Netz Taktik in neuen familienrechtlichen Verfahren Auf die Sprünge helfen Karrieretag Hamburg Das Recht in der Untersuchungshaft x Fälle von der FORUMs-Mailingliste Kommentare zum GmbH-Gesetz x Global vernetzt Länderbeauftragte weltweit aktiv x x Zugewinnausgleich in der Praxis Familienverfahrensrecht Praxis Strafmessungsrecht Fotografie und Recht Verkehrsrecht Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz x FORUM regional: Neue RB für Coburg x Länderbeauftragte stellen sich vor Marokko AGB-Recht in der anwaltlichen Praxis Das insolvenzrechtliche Mandat Formularbuch des FA Miet- und Wohneigentumsgesetz Kommentar zum RDG Mietrecht aktuell Münchener AnwaltsHandbuch Medizinrecht Zivilprozessordnung Kommentiertes Prozessformularbuch Info + Service x Autorenverzeichnis x Das letzte Wort x Impressum E X T RA 2010 Kalender zum Heraustrennen Der Autokauf Stiftungsrechts-Handbuch im Mittelteil dieses Heftes ADVOICE 04/09 3 Thema Frauen sind die besseren Männer Über den Unterschied zwischen Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen X und Y. Überwiegend gleich und doch grundverschieden: Frauen und Männer. Männer und Frauen sind gleichberechtigt, so verlangt es unsere Verfassung. Jede Form der geschlechtsbezogenen Ungleichbehandlung, mithin Diskriminierung, ist demnach abgeschafft? Sind wir, egal ob männlich oder weiblich, nicht inzwischen sogar auf dem besten Weg, neben dem Ziel der Gleichberechtigung auch die totale Geschlechtergleichheit erreicht zu haben? Indizien für letztaufgeworfene These scheinen allerorten sichtbar. So wird auf großen Werbeplakaten mit knabenhaften Modelkörpern, weiblich, für Jeans und Sakkos geworben. Auffällig der Gesichtsausdruck jener Mannequins, die bereits wegen der gut gegelten Seitenscheitelkurzhaarfrisuren an einen James Dean oder Elvis Presley in jungen Jahren erinnern. Es fehlt nur noch der Schnurrbart, um das Bild vom „männlichen Imitat“ perfekt zu machen. Vorbei die Zeiten, in denen nur lang gewelltes Barbiepuppenhaar und reichlich Kurven zählten. Auch den Männern geht es in Sachen ihrer Männlichkeit erkennbar an die Wäsche. Ein – vorsichtig formuliert – „Amüsiermagazin für Frauen“ mit dem Namen „Jungsheft“ zeigt weiche Männerkörper, die alles andere als dem Bild des gestählten Muchomachos entsprechen. Androgyn ist die neue Mitte der Geschlechter. Folgerichtig werden auch die typischen Männerjobs, vor noch nicht einmal zwanzig Jahren undenkbar, von Frauen erobert. Die Polizei, die Feuerwehr, die Bundeswehr, die städtischen Abfallbetriebe, die Medien, die Politik und auch die Juristerei sind keine Domänen des Mannes mehr. Gleichheit / Gleichmacherei Konservative Kreise wettern dagegen und beschwören den Untergang der Zivilgesellschaft, da die Familiengründung zu kurz komme und die Erziehung des Nachwuchses leide, denn schließlich seien Frauen der Hort und die Wiege ... und so Foto: Andrea Vollmer weiter und so fort. Die „Frauen-an-den-Herd“Debatten dürften hinlänglich bekannt sein. Haben diesbezüglich die Warner vor der angeblichen Apokalypse Recht, ist das Gleichheit im Sinne einer Gleichmacherei? Zählt der kleine Chromosomenunterschied nichts mehr in einer aufgeklärten Welt? Trotz der aufgezählten Beispiele, die vermeintlich die Egalisierung von männlicher und weiblicher Biologie versinnbildlichen, ist die Antwort klar: Doch, der Unterschied zählt, nur eben nicht wie früher oder nicht so, wie es viele Männer alter Schule erwarten. Kindererziehung für alle Von Juristen für Juristen, allerdings eben nicht ausschließlich für sie, sondern für alle Bürger, ist etwa das Gesetz über die Elternzeit. Dank dieser Regelung steht es Partnern frei, die Kindererziehung in der Anfangszeit des Wachstums mit staatlicher Thema Unterstützung aufzuteilen oder einem Elternteil in der Hauptsache zu überlassen. So kann der noch vor dem zweiten Examen steckende „Er“ getrost eine Auszeit nehmen, um den Säugling zu betreuen, während seine Partnerin als gut verdienende „Sie“ Associate in der Großkanzlei bleiben kann. Ein Pro also für die Annäherung der Geschlechter? Ost-West-Spaltung Ein Blick auf die Landkarte Deutschlands zeigt jedoch, dass es zwischen Ost und West erhebliche Unterschiede gibt, was die Vorstellung von Frau und Beruf angeht. Nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2004 waren in Westdeutschland immerhin noch 40 Prozent der Befragten der Überzeugung, dass sich Frauen besser ausschließlich um die Kinder und den Haushalt kümmern sollten. In Ostdeutschland waren dieser Meinung hingegen nur 17 Prozent. Folgerichtig konnten dann auch nur 29 Prozent im Osten eine Gefahr für das Kindeswohl darin sehen, wenn sich die Frau der beruflichen Karriere widmet. Im Westen waren noch ganze 63 Prozent dieser Auffassung. Der Anwaltsberuf ist letztlich ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Entwicklung, was die Emanzipation gegenüber dem Geschlecht anbelangt. Gehirntätigkeit macht krank Rückblickend hatten es Frauen alles andere als leicht, als sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in die Jurisprudenz strebten. Obgleich nach der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 Frauen gleiche staatsbürgerliche Rechte zuer- kannt bekamen, ließ man sie nicht in die juristischen Berufe vorstoßen. Dies geschah mit teils abenteuerlichen Begründungen, die sich auf vermeintlich wissenschaftliche Erkenntnisse stützten. So sah man in der weiblichen Biologie ein ernstliches Problem, den Beruf eines Richters oder Anwalts ausüben zu können. Die Kinderfrage war hierbei noch nicht einmal das Argument, das einen heutzutage sofort den Kopf schütteln ließe. Da war beispielsweise die Rede davon, dass es einer verheirateten Juristin an Objektivität fehlen könnte, weil sie von der „Geistesrichtung des Mannes“ abhängig sei (Juristische Wochenschrift 1919, S. 654 f). Ferner war man(n) der Meinung, dass „übermäßige Gehirntätigkeit das Weib nicht nur verkehrt, sondern auch krank“ mache (Fritz Ostler, Die Deutschen Rechtsanwälte 1871-1971, S. 170 f.). Dies waren laut geäußerte Ansichten, die ob ihrer Eigentümlichkeit heute keiner weiteren Kommentierung mehr bedürfen und für sich selbst sprechen. Frauen mit harter Gangart Die Verhältnisse haben sich geändert, und das grundlegend. Frauen drängen vehement in die Anwaltschaft und die anderen juristischen Berufe. Da nimmt es auch nicht Wunder, dass es manch männlichen Kollegen sonderbar vorkommt, wenn sich die Frauen an ihnen einstweilen orientieren. So meint etwa Rechtsanwalt Martin Möller aus Hannover beobachtet zu haben, dass einige Kolleginnen zu einer besonders harten, gar übermännlichen Gangart neigen und beschreibt Frauen als „bessere“ Männer. Er hätte oft den Typ der rigoros auftretenden Staatsanwältin erlebt, die den Indubio-pro-reo-Grundsatz lieber gegen den Aus- Hübsche Beine, aber harte Gangart. Sind Frauen inzwischen die besseren Männer? spruch „Ihr Mandant gehört aus der Öffentlichkeit entfernt“ eintauscht. Heißt dies also, dass der Geschlechterkampf mitten im Gange ist und Männer sowie Frauen einander belauern und beharken, wo immer es geht? Diskriminierung - kein Thema Die Praxis spricht eine andere Sprache. Tatsächlich gibt es zwar Reibereien, die auf der Geschlechterebene funktionieren. Faktisch nehmen sie aber einen deutlich geringeren Umfang ein, als es gemeinhin vermuten lässt. Mobbing und Diskriminierung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit sind zumindest aus Sicht der Antidiskriminierungsrechtslage wenig messbar. Verfahren nach dem noch jungen Antidiskriminierungsgesetz wurden bislang kaum registriert. Auskünfte der regionalen Rechtsanwaltskammern bestätigen diese Annahme. Der Geschäftsführer der Kölner Rechtsanwaltskammer Martin Huff meint: „Antidiskriminierungsfälle unter Kollegen hatten wir bisher keine. Das ist in unserem Kammerbezirk aktuell kein Thema.“ Sollte es eine Beschwerde deswegen geben, nähme man sich natürlich der Sache an, so Huff. Nachfragen bei der Bundesrechtsanwaltskammer in Berlin stützen die These ebenfalls, dass es weniger kollegialen Zwist gibt, der sich mit der Geschlechterrolle auseinandersetzt. Eigens eingerichtete Abteilungen, die sich mit Gleichstellung und Antidiskriminierung auseinandersetzen, existieren daraus folgernd dort nicht. Dass es künftig ein geändertes Bewusstsein und somit eine Verschlechterung im Verhältnis Mann/Frau geben wird, erscheint unwahrscheinlich. RA Patrick Ruppert, Köln Fotos: Andrea Vollmer 5 Thema Schon wieder morgen, eben war doch noch gestern? Aus dem Alltag einer Anwältin 07:09 Uhr Es ist viel zu spät. Wie passend, dass sie an diesem Morgen völlig übernächtigt zu sein scheint (ich weiß ganz genau, dass sie nachts die Barbies rausholt und heimlich damit spielt, aber habe sie noch nie in flagranti dabei erwischt). „Nöö, diese Hose ziehe ICH nicht an, die ist völlig uncool.“ 07:28 Uhr Also gut, dann übe ich eben schon im Bad noch mal den Aufbau eines strafrechtlichen Plädoyers. 07:45 Uhr Ankunft am Schulgebäude. Es klingelt zum Unterricht. „Daran bist nur DU schuld!“ Der vorwurfvolle Tonfall ist schon bemerkenswert. Woran bin ich eigentlich nicht schuld? Eklig aber schnell. oft reicht die zeit nur für Fast food. Foto: Thommy-Weiss . pixelio 06:05 Uhr Fertigsalat oder 5-Sterne-Sushi Zwei Menschen, zwei Tagesabläufe. Der eine männlich, der andere weiblich. Beide haben jedoch eines gemeinsam, sie bedienen ein klassisches Klischee. Sie muss als selbstständige Anwältin neben ihrer Kanzlei den Haushalt schmeißen und darauf achtgeben, dass die Kids pünktlich in Kita und Schule kommen. Er, Typ rastloser Singleanwalt, scheint geradezu geschmeidig durchs Leben zu gleiten, denn zwischen Gerichtssaal und Mandantenmeetings sind kurze Klicks im Facebook und Wellness am Abend Pflichtprogramm. Harte Realität? Nicht jeder junge Anwalt ist kinderlos und hoppt leger zwischen Mandantenterminen und 5-SterneSushi durch den Tag. Auch die selbstständige Anwältin hat das Modell „moderner Ehemann und Vater“ an ihrer Seite. 6 ADVOICE 04/09 Um diese Uhrzeit geruht der mit zu organisierende Teil der Familie noch zu schlafen. Ich habe eine knappe Stunde für mich allein. Wenn ich mich in dieser Zeit nur meinem seriösen Erscheinungsbild und einer großen Tasse Kaffee widmen könnte? Stattdessen muss ich Zeugenaussagen noch mal durchlesen. Der Mandant in der JVA, bei dem ich für 09:00 Uhr angemeldet bin, erwartet schließlich, dass ich optimal vorbereitet bin. Also schnell den Anzug übergeworfen, die Haare auf „kann so bleiben“ getrimmt und die Ordner aufgeschlagen.Die wichtigen Zeugenaussagen befinden sich auf Bl. 582 ff. und 756 ff. im Leitzordner II. Und es gibt noch neue Zeugenaussagen im Leitzordner III, Bl. 1043 ff. Warum nur müssen wir solche Papierberge anhäufen? Den Kaffee vergesse ich bei der Lektüre natürlich zum wiederholten Mal unter der Kaffeemaschine. Jetzt schmeckt er eher nach eingeschlafenen Füßen. Ab in den Ausguss. So – die wichtigsten Aussagen habe ich schon wieder vergessen, aber mit bunten Zettelchen markiert, sind sie gespeichert. Schnell die Tasche gepackt und los. Ach nee – doch nicht. Zuvor sollte ich dann doch meine Tochter noch zur Schule bringen, die schläft ja noch und geht davon aus, dass sie jemand weckt. 07:56 Uhr Das Radio vermeldet: 20 km Stau. Ich fahre die nächste Ausfahrt raus. Das mit dem Kaffe an der nächsten Raststelle hat sich erledigt. 08:59 Uhr Ankunft an der JVA. Der Mandant ist sehr gut vorbereitet. Alle Bescheinigungen, die ich haben wollte, hat er besorgt, und einen recht gefassten Eindruck macht er auch. Ich freue mich, das hat ja richtig gut geklappt! 10:30 Uhr Zurück in die Kanzlei. Um zwölf kommt eine Mandantin. Für die Fahrt brauche ich ungefähr eine Stunde. Ich bin rechtzeitig zurück. Allerdings kommt die „Mandantin“, die ein Mandant ist, zu früh und bringt einen Mini-Streitwert mit. Egal, die beziehungsweise der ist wenigstens rechtsschutzversichert. Äh – vorgelegt wird allerdings eine Karte über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung bei einem namhaften Unterneh-men. Nachdem nun aber der Mandant hartnäckig beteuert, er sei dort „…für alles versichert…“, werde ich das klären. Thema Highlife iLife Aus dem Alltag eines Anwalts 13:15 Uhr Da ich um zwei in einer Zivilsache (Fortsetzungstermin) am Landgericht sein muss, reicht es für den heiß ersehnten Kaffee. Das warme Mittagessen fällt aus. Macht nichts, seit ich meinen Kanzlei-Kühlschrank angeschafft habe, sorge ich immer für ausreichend Brotbelag und Fertigsalate als Inhalt. 13:40 Uhr Gestärkt mache ich mich auf zum Landgericht und ahne nichts Böses. Das ist auch besser so, denn nachdem ich angekommen bin, muss ich feststellen, dass mein Mandant nicht erscheint. So wie es aussieht, wird er auch nicht mehr kommen, und wie der Teufel so will, sagen die Zeugen, die erschienen sind, reihum nicht unbedingt positiv für ihn aus. 15:48 Uhr Ich bin im Büro. Um fünf ist noch eine weitere Besprechung angesetzt. Ich habe keinen Abholtag und die Kinder sind bis abends versorgt. 17:00 Uhr Die Mandantin ist pünktlich. Sie bringt ein tatsächlich rechtsschutzversichertes größeres Mandat mit. Na also – geht doch. 20:00 Uhr Wieder zu Hause war die Hose des Fräulein Tochter doch ganz ok so dass ich die Besitzerin derselben gerne morgen früh wieder zur Schule bringen darf. Deren männliches Gegenstück stimmt ein und findet „…die Mama auch supa…“, will sich aber eigentlich so nur den Schnuller erschleichen. Nachdem beide im Bett sind, sollte ich eigentlich noch… und… und dann noch… Uuuuaahhh, ich bügle noch ein-, zwei uncoole Kinderhosen und gehe dann ins Bett. Morgen ist auch noch ein Tag. RAin Silke Waterschek, Heilbronn Morgen Mein Iphone weckt mich das erste Mal um 6 Uhr (mit Formel 1-Sounds), dann um 7 Uhr (mit „Ice Ice baby“) und schließlich um 7.30 Uhr (mit „Eye of the tiger“). Man kann das dank der neusten App so einstellen. Danach Dusche, Kaffee, Audi, ab! Der Vorteil des männlichen Anwaltdaseins ist sicherlich der, dass man - egal welchen Alters – am Vortag bei der AfterWork-Party richtig Gas geben kann und trotzdem am nächsten Morgen im Anzug einfach nur gut aussieht. Merkt man ja auch, wenn man an der Sekretärin vorbeibraust und den frischen Kaffee-to-go mit einem Lächeln in die Hand gedrückt bekommt. Die Gerichtstermine laufen ebenfalls wie geschmiert, was will einem die Gegnerin -eine Kollegin nur, zum Glück- auch entgegenhalten? Die Argumentation passt, neuste BGH-Entscheidung beigefügt, die Frisur hält, basta. Das muss dann auch das Gericht – immerhin ein Richter, zum Glück- einsehen und wird in zwei Monaten die korrekte Entscheidung verkünden. Dann kann man schon mal kurz im Anwaltzimmer nach neuen Referendarinnenfotos an der Pinnwand schauen, wer weiß, ob da rechtlich und visuell brauchbares Material dabei ist? Immerhin muss man auch was für die zukünftigen Nachfolger tun – wegen der sozialen Verantwortung. Mittag Apropos Verantwortung: Der Körper muss dieser Anstrengung gewachsen sein, und deswegen braucht er Treibstoff. Ich treffe mich mit Kollegen und esse mittags Salat- die Variante zwischen den beiden Brötchenhälften und dem Stück gebratenen Hackfleisch. Dessert: Starbucks, Coffee of the week, Venti, 5,60 €. Der frühe Nachmittag hält dann des einen Übel, des anderen Glück parat: Mandantentermine. Personally habe ich da keine Probleme, immerhin gibt es auch nette Gespräche, Kaffee wird immer von der Sekretärin gebracht, und rechtlich sind das eh alles Peanuts. Letztlich tut es dem Mandanten doch gut, wenn man ihm das Gefühl verschafft, Recht zu haben – und sollte er es auch noch bekommen, umso besser, right? Right alright. 5-Sterne-Susih absahnen. Foto: Hartmut910 . pixelio Zwischendurch noch ein paar Verfügungen, Diktate, Telefonate, ein kurzer Skype-Chat, die neusten Facebook-Uploads, Portfolio gecheckt und geupdated, NJW durchgeblättert, beim Online-Poker abgesahnt – und ab in den auswärtigen Termin. Kein Mandantengespräch (unter Männern) ist so effektiv wie das nach dem Sport (mit Männern), also Treffen mit Herrn Dr. K. zum „Squash’n’Spa“. Knapp gewinnen lassen, dann darf’s beim Stundensatz auch gern a bisserl höher san. Dafür Einladung zum Sterne-Sushi vom echten Sushi-Tsu, man lässt sich ja nicht lumpen – und die Bewirtungsrechnung clever zuschicken, wie immer. Zwischendurch die neusten Sport-Nachrichten übers Iphone, Schumacher kommt zurück, yes, die Wochenenden sind gerettet, man guckt wieder Qualifying. Abend Abends dann noch eine Runde joggen, Ipod im und „Final Countdown“ auf dem Ohr, Absacker-Cocktails mit den Jungs in der „Cigar Lounge“, fertig. Morgen wieder. RA Martin Möller, Hannover ADVOICE 04/09 7 Thema Familienrecht ist weiblich Klischee oder Wirklichkeit? Persönlich kam ich – inzwischen Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht – zum Familienrecht wie die Jungfrau zum Kinde. Schon während des Studiums stark auf das Sozialrecht ausgerichtet, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, fremder Leute dreckige Wäsche zu waschen und damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Entgegen jeglicher Erwartung stellte sich jedoch heraus, dass mir gerade dieses Rechtsgebiet Spaß machte und ich sowohl mit den Rechtsfragen als auch mit den Mandanten gut klar kam. Diese schätzen offenbar meine geduldige und verständnisvolle Art – beides Eigenschaften, welche man gemeinhin eher Frauen nachsagt. Meine persönlichen Erfahrungen mit gegnerischen Bevollmächtigen oder Besuchern von Fortbildungsveranstaltungen zeigten, dass in diesem Rechtsgebiet überdurchschnittlich viele Frauen tätig sind, wohingegen aus meiner Sicht Mandate mit wirtschaftsrechtlichem Schwerpunkt oder auch im strafrechtlichen Bereich vorwiegend von Männern bearbeitet wurden. »Meine persönlichen Erfahrungen mit gegnerischen Bevollmächtigen oder Besuchern von Fortbildungsveranstaltungen zeigten, dass in diesem Rechtsgebiet überdurchschnittlich viele Frauen tätig sind...« Handelt es sich hier um ein bloßes Vorurteil oder lässt sich eine tatsächliche Tendenz ausmachen, die sich auch belegen lässt? Dieser Frage wollte ich auf den Grund gehen und kam dabei zu erstaunlichen Ergebnissen. Der Anteil weiblicher Abiturienten nimmt stetig zu und liegt mittlerweile sogar schon leicht über 50 % eines Jahrganges. Auch die Anzahl weiblicher Studenten im Fachbereich Rechtswissenschaften lag im Jahr 2007 bei 44.154 von insgesamt 83.6831, wobei auch mehr als die Hälfte aller Studienabsolventen (allerdings aller Fachgebiete) 2007 mit 58.777 von insgesamt 112.607 weiblich war. Gleichwohl nimmt die Anzahl der zugelassenen Kolleginnen erheblich langsamer zu und lag im Jahr 2008 trotz kontinuierlicher Steigerungen nur bei 30,43 % der Zulassungen im Bundesgebiet3. 8 ADVOICE 04/09 Das Soldaninstitut hat sich konkret mit der Situation von Frauen im Anwaltsberuf beschäftigt und dabei festgestellt, dass Frauen bei ihrer Berufswahl sehr genau darauf achten, diese auch mit einem Wunsch nach Familie möglichst gut vereinbaren zu können, wohingegen männliche Absolventen derartige Überlegungen offenbar weniger beschäftigen. Daher streben Frauen auch verhältnismäßig oft eine Anstellung im vermeintlich sicheren Staatsdienst an4. Versicherungsrecht, Verkehrsrecht, Bau- und Architektenrecht sowie Transport- und Speditionsrecht sind klassische Männerdomänen – von Handelsund Gesellschaftsrecht und den neuen Fachanwaltschaften im Urheber- und Medienrecht, IT-Recht und Bank- und Kapitalmarktrecht ganz zu schweigen. Hier erreicht der Frauenanteil oftmals keine 15%, obwohl sich der Anteil der Frauen an den Zulassungen insgesamt sich bei fast einem Drittel eingependelt hat. »Entscheidet eine Frau sich gleichwohl für die Anwaltschaft, so wird sie häufig ihrer Karriere weniger Bedeutung beimessen als ihre männliche Kollegen...« Warum ist das so? Das Soldaninstitut hat festgehalten, dass Frauen oftmals mehr Wert auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf legen und nicht so häufig eine Karriere in einer Großkanzlei anstreben, was eventuell schon erklärt, warum wenig Frauen in Rechtsgebieten mit wirtschaftlichem Schwerpunkt oder im Bereich des Medienrechts zu finden sind. Vielleicht sind Frauen auch nicht so sehr an technischen Vorgängen interessiert wie Männer, weshalb für viele Anwältinnen Rechtsgebiete ausscheiden, bei denen es auch darum geht, diese auszuwerten und im Verfahren zu würdigen, so wie im Verkehrsrecht oder auch im Bau- und Architektenrecht? Entscheidet eine Frau sich gleichwohl für die Anwaltschaft, so wird sie häufig ihrer Karriere weniger Bedeutung beimessen als ihre männliche Kollegen, weshalb Frauen auch überdurchschnittlich oft in Kleinst-/ Einzelkanzleien (48%) und in Bürogemeinschaften (16%) tätig sind. In großen und vor allem überörtlichen Sozietäten sind sie mit nur ca. 36% deutlich unterrepräsentiert. Zudem sind Frauen wesentlich häufiger in Teilzeit tätig als männliche Kollegen5. »Vielleicht sind Frauen auch nicht so sehr an technischen Vorgängen interessiert wie Männer,... « Richtet man das Augenmerk auf die Rechtsgebiete, so geben die Statistiken über Fachanwaltschaften einen Aufschluss über die Schwerpunkte weiblicher und männlicher Anwälte. Dabei ist zunächst auffällig, dass der Anteil der Kolleginnen von knapp einem Drittel der Zulassungen nochmals auf nur noch 27 % aller Fachanwälte schrumpft6. Oder kommen ihnen Fähigkeiten, die als typisch weiblich gelten, bei der Bearbeitung von Mandaten aus dem Bereich Familienrecht zugute? Gerade Mandanten in Trennungssituationen schätzen es nach meiner Erfahrung sehr, wenn ihnen Verständnis entgegengebracht wird und sie ihren persönlichen Schmerz - erforderlichenfalls auch wiederholt – mitteilen dürfen, ohne dass der oder die Bevollmächtigte deshalb entnervt die Besprechung abbricht. Muss man also ein guter Zuhörer sein, braucht man Geduld und ein ausgleichendes Wesen, um im Familienrecht tätig zu sein? Ein Muss ist es vielleicht nicht, aber gerade diese Eigenschaften zahlen sich bei der Vertretung familienrechtlicher Mandate häufig aus, weshalb nicht nur Frauen sondern auch Männer sich gerne von einer Frau vertreten lassen, wenn es um Fragen rund um Trennung und Scheidung geht. Hier mag auch ein bisschen Klischee mit am Werke sein, aber die Tendenz lässt sich dennoch belegen. Bei noch näherer Betrachtung kann man dann aber feststellen, dass 53 % aller Fachanwaltstitel im Familienrecht von Frauen geführt werden, wodurch die Anwältinnen in diesem Bereich deutlich überrepräsentiert sind, ebenso wie im Sozialrecht, wo der Anteil der Kolleginnen immerhin noch bei 31 % der Anwälte liegt7. »53 % aller Fachanwaltstitel im Familienrecht werden von Frauen geführt.« Damit ist zumindest der Eindruck belegt, dass das Familienrecht vornehmlich von Frauen bearbeitet wird. Und eine weitere Vermutung lässt sich mit einem Blick in die Statistik der BRAK zu den Fachanwaltschaften (Stand 01.01.2008) belegen: Steuerrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht, Insolvenzrecht, 1 Statistisches Bundesamt Bildung, Stand 11.05.09 I RAin Carolin Ott, Landshut 2 Statistisches Bundesamt Bestandene Prüfungen, Stand 14.10.08 Thema Auch Männer lassen sich in Familienrechtssachen gern von Frauen vertreten. Die können angeblich besser zuhören und haben mehr Geduld. 3 BRAK, Anteil der Rechtsanwältinnen seit 1970, Stand 31.12.08 I 4-7 Forschungsbericht des Soldaninstituts Band 5, Zusammenfassung Foto: Andrea Vollmer ADVOICE 04/09 9 Thema Dicke Mauern schützen nicht vor Emotionen. Auch in Verhandlungen blitzen menschliche Seiten auf, z. B. die Interaktion zwischen Frau und Mann. 10 ADVOICE 04/09 Foto: Michael Grabscheid . pixelio.de Thema Jungs gegen Mädchen Geschlechterkampf im Gerichtssaal Über Sieg oder Niederlage, Krieg oder Frieden entscheiden nicht nur nackte Tatsachen und bestehende Kräfteverhältnisse. Das ist im wahren Leben so und spiegelt sich gleichermaßen in Gerichtssälen wieder. Schlachtentscheidend sind oft persönliche Ausstrahlung, zwischenmenschliche Schwingungen und das Spannungsverhältnis zwischen Mann und Frau. Es ist ein Mittwoch im Oktober, vormittags. Auf den von Neonlicht erhellten Gängen im ersten Stock des Amts- und Landgerichts in Köln herrscht rege Betriebsamkeit. Anwälte besprechen sich mit Mandanten, während Zeugen mehr oder weniger ungeduldig ausharren, bevor sie in die Sitzungssäle gerufen werden. Von irgendwo dringt das Gequängel eines kleinen Kindes herüber. Auf dem Flur ist eine Anspannung zu spüren, die noch nicht weiß, ob sie sich in Freude oder Enttäuschung entladen soll. Im Saal 104 tagt die 3. Zivilkammer. Die vorsitzende Richterin – Alter jenseits der 50 – wird eingerahmt von zwei jüngeren männlichen Kollegen. Sie wirkt ruhig, erfahren, aber keinesfalls abgeklärt, was gegenteilig negativ auf Voreingenommenheit hindeuten könnte. In dem zu entscheidenden Verfahren geht es um Gewährleistungsfragen aus einem Werkvertrag, genauer um Glastüren zu einem Geschäft, durch die es ziehe, so der beklagte Auftraggeber, der dem klagenden Handwerksunternehmen die vollständige Bezahlung verweigerte. Außerdem gibt es auf dem Glas Farbabweichungen, die nicht zum übrigen Schaufenster passen. »Die Rechtsanwälte, beide männlich, blicken ernst in die Runde, wollen keinen Meter an Autorität preisgeben.« Den Parteien sieht man an, dass der Prozess seinen Tribut gefordert hat. Kläger und Beklagter wirken müde, wahrscheinlich wurde Vertrauen zerstört. Die Rechtsanwälte, beide männlich, blicken ernst in die Runde, wollen keinen Meter an Autorität preisgeben. Noch bevor ein verbaler Schlagabtausch der Prozessvertreter losgehen kann, fasst die Vorsitzende den Sachverhalt zusammen und geht sehr geschickt zunächst auf die Fehler ein, die sie als gegeben beschreibt. Gleichwohl relativiert sie die Farbabweichung als nicht derart gravierend. In der Funktion sei die Glastür nicht eingeschränkt. Wegen des Spaltmaßes, das wohl größer als üblich ausgefallen sei, empfiehlt sie freundlich, aber bestimmt, dass der Kläger den Fehler mit dem Aus tausch durch andere Gummidichtungen beheben möge. Die beisitzenden Richter schweigen beinah devot, während sie vorträgt. Und – es wirkt wie ein Wunder – urplötzlich löst sich der monatelange Rechtsstreit in Wohlgefallen auf. Die Parteien nicken zustimmend zu dem richterlichen Vorschlag, als sei es das gewesen, was sie schon immer gewollt hätten. Der Vergleich wird zu Protokoll genommen und die einstigen Streithähne verlassen zufrieden den Verhandlungssaal. Das Ergebnis wirkt verblüffend. War es besonderes weibliches Geschick, die männlichen Kontrahenten zu befrieden? Eine Antwort darauf gibt es leider nicht. Das Gericht zieht sich zurück, bevor nach einer Unterbrechung der Sitzungstag fortgesetzt wird. Zwei Türen weiter tagt die Verkehrszivilabteilung des Amtsgerichts. Über zu wenig Arbeit kann sich Amtsrichter R. wahrlich nicht beschweren. Auf dem Richterpult liegen Spielzeugautos. Eine sehr praktische Sache, wie der Richter sehr freundlich und um eine gelöste Atmosphäre bemüht den Parteien erklärt. „Die Autos haben so manch jungen Besucher schon begeistern können“, sagt er lachend und freut sich sichtlich, dass die Anwesenden seine Erheiterung teilen. »Ihre Rechtsanwältin erinnert äußerlich ein wenig an eine resolute Moderatorin einer Kochsendung, die ihr Konzept niemals aus der Hand zu geben bereit ist.« Die rheinisch unkonventionelle Art scheint anzukommen, denn die Fronten wirken auch hier verhärtet. Auf Klägerseite ist ein 34 Jahre junger deutsch-türkischer Anwalt. Er vertritt seinen Vater, der Fahrzeughalter ist und dem Prozess aber nicht beiwohnt. Gefahren ist den BMW sein jüngerer Bruder, der Medizin studiert. Er ist als Zeuge geladen. Die Unfallgegnerin, die auf der Vorfahrtsstraße den sich „herein tastenden“ 5er übersehen haben soll, bevor es krachte, schaut betreten in die Mitte des Saales. Ihre Rechtsanwältin erinnert äußerlich ein wenig an eine resolute Moderatorin einer Kochsendung, die ihr Konzept niemals aus der Hand zu geben bereit ist. Die Szenerie könnte nicht klischeehafter sein – Jungen gegen die Mädchen. Trotz der professionellen Höflichkeit mustern die Prozessbevollmächtigten einander auffällig. Neben dem fahren- den Bruder soll auch eine Passantin aussagen. Diese ist unter 30 und kam mit ihrem kleinen Kind, das sie aus dem Kinderwagen nimmt und beruhigend auf dem Arm hin und her wiegt. Alle Augen richten sich auf das Kind. Richter R. ist verzückt, ebenso die Beklagtenvertreterin. Plötzlich – und das passt auch ins Klischee – wird das Verfahren zur Nebensache, denn man will wissen, ob der Zögling der Zeugin alles auch ertrage. Die Blicke der vor allen Dingen weiblichen Verfahrensbeteiligten bedeuten ein klares „Ist-ernicht-süß“. Weil die Zeugin mit Baby gekommen ist, soll alles angenehm und rasch verlaufen. Sie macht ihre Aussage. Obgleich die wenig detailreiche Auskunft im Gegensatz zu den Angaben steht, die sie bei der Polizei machte, fällt das Kreuzverhör faktisch aus. Sie wird entlassen und ausgewählt freundlich verabschiedet. »Als ob ein Schalter umgelegt wurde, so ist auf Seiten der Beklagten ein Wandel erkennbar. Die Anwältin wechselt in den Angriffsmodus.« Der Sohn des Halters wird hereingerufen und soll den Hergang aus seiner Sicht erklären. Als ob ein Schalter umgelegt wurde, so ist auf Seiten der Beklagten ein Wandel erkennbar. Die Anwältin wechselt in den Angriffsmodus. Sie blickt mit ernster Miene den Zeugen an und verwickelt ihn in Widersprüche. Der ältere Rechtsanwaltsbruder, so ist ebenso spürbar, will ihm zur Seite springen. Er kann es jedoch nicht so, wie er vielleicht möchte. Das sehr förmliche „Sie“, mit dem er seinen Bruder während der Befragung anspricht, mutet befremdlich an und soll jedweden Eindruck zerstreuen, hier gehe es um ein „Familiending“ außerhalb der Objektivität. Die Zeugenvernehmung läuft tatsächlich reibungslos, niemand wird vereidigt, die Sache wird zum Spruch genommen. Es ist ein Verfahren, wie es zigmal täglich in deutschen Gerichtssälen abläuft. Dennoch war zu spüren, dass etwas in der Luft lag, das sich außerhalb der unbestechlichen Paragraphen abspielte. Es war zwischenmenschlich, wirkte direkt und unmittelbar, vielleicht auch, weil Mann und Frau auf der Bühne größtmöglicher Objektivität interagierten. In jedem Fall haben die Protagonisten der Verhandlungen für einen kurzen Augenblick ihre menschliche Seite aufblitzen lassen, sowohl gütig als auch streng, männlich oder weiblich. Jeder der erschienenen Rechtsanwälte hatte die Palette drauf. Der immer wiederkehrenden Frage, ob ein bestimmtes Geschlecht in der Gerichtssituation besonders von Vorteil sei, ist somit klar mit einem Nein zu begegnen. RA Patrick Ruppert, Köln ADVOICE 04/09 11 Thema Justitia ist eine Frau Ist das Recht auch weiblich? Provozierend ließe sich fragen, was die Rede von einem „weiblichen Recht“ eigentlich bedeuten soll. - Sind Frauen etwa die gerechteren Menschen? Und: Wenn das Recht weiblich wäre, müsste es dann nicht – umgekehrt - Männer ausschließen und benachteiligen? Ein weibliches Recht in diesem Sinne wäre wohl auch kein gerechtes Recht. Wie aber würde denn ein wirklich geschlechtergerechtes Recht aussehen? Frauen hatten in frühen, antiken und mittelalterlichen Gesellschaften durchaus starke Positionen inne. Im späten römischen Recht waren Frauen zum Beispiel voll geschäftsfähig, durften also selbstständig Verträge abschließen. Im mittelalterlichen Europa konnten Frauen teilweise als Handwerkerinnen und selbstständige Kauffrauen auftreten sowie freie Zünfte gründen. Sie konnten sich in Frauenklöstern organisieren, geistig bilden und als Äbtissinnen sogar Politik mitgestalten. Dennoch waren sie unterdrückt. Zwar waren die Frauen im späten römischen Recht voll geschäftsfähig, öffentliche Ämter durften sie jedoch nicht bekleiden. Zwar konnten sich Frauen im Mittelalter teils als Selbstständige betätigen und genossen in Klöstern Freiheiten. Im Mittelalter erstarkte allerdings auch die These, dass Frauen von Natur aus minderwertig seien, eine These, die ab dem 13. Jh. zum wissenschaftlichen Standard wurde. Das hatte auch im Recht Folgen: Frauen galten als z. B. „wankelmütig“, so dass ihre Aussagen als Zeuginnen vor Gericht eine geringere Beweiskraft hatten. Trotz aller Benachteiligungen gab es immer wieder Frauen, die ihre Stimme erhoben und für die Frauen gekämpft haben, teilweise unter Einsatz ihres Lebens. „Stadt der Frauen“ So bezahlte Olympe de Gouges ihr Engagement für gleiche Recht der Frauen als Bürgerinnen mit dem Leben. Sie war eine der Revolutionärinnen, die Anteil an den Errungenschaften der Französischen Revolution hatten: Olympe de Gouges eröffnete im Jahre 1791 ihre „Erklärung der Menschenrechte der Frau und Bürgerin“ mit den Worten: „Mann, bist du imstande gerecht zu sein? Es ist eine Frau, die dir diese Frage stellt, dieses Recht wenigstens kannst du ihr nicht nehmen.“ Sie reagierte damit auf „Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“, die die französische Nationalversammlung zwei Jahre zuvor verabschiedet hatte. Diese Erklärung sicherte scheinbar „allen Menschen“ Freiheit und Gleichheit zu. Nur: die Frauen waren dabei ganz selbstver- 12 ADVOICE 04/09 ständlich nicht mitgemeint, das Wort „l’homme“, dessen Bedeutung zwischen französisch Mensch und Mann changiert, wurde im Sinne von „Mann“ verstanden. Vermutlich ließe sich auch sagen, dass mit Menschen im vollwertigen Sinne nur die Männer gemeint waren. Olympe de Gouges hingegen bezieht in ihrer „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ alle den Männern durch die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ zugebilligten Rechte ausdrücklich auf Frauen und auf Männer. Die „Natur der Frau“ Es stellt sich die Frage, wie man sich die Gesellschaft, die die „Erklärung der Menschen- und der Bürgerrechte“ formt, näher vorgestellt hat. Insbesondere ist zu fragen, wo der Ort der Frauen sein sollte. Die freien, gleichen, männlichen Bürger, welche die Erklärung vor Augen hat, können wählen, öffentliche Ämter bekleiden, sich bilden, sich selbst durch Erwerbstätigkeit versorgen und frei über ihr Eigentum verfügen. Die Frauen werden dem Bürger als Vater oder Ehemann im häuslichen, privaten Bereich untergeordnet. Als Ehefrauen sind sie unter der Herrschaft des Mannes verantwortlich für die Familie und haben für die Kinder zu sorgen. Das hielt man – in der Tradition der These von der Minderwertigkeit der Frau – für die natürliche Ordnung der Dinge: Man ging davon aus, dass Frauen von Natur aus ausschließlich dazu bestimmt seien, schwanger zu werden und Mutter zu sein. Frauen galten als nicht vernünftig genug, als viel zu emotional, um ihnen öffentliche Angelegenheiten und ein Mitentscheidungsrecht in der Familie anzuvertrauen. Dieses Denken hat das Recht lange Zeit unmittelbar geprägt. Noch meine Urgroßmutter, die 1904 18 Jahre alt wurde, durfte bis 1918 nicht wählen und nicht gewählt werden. Als sie heiratete, hatte ihr Ehemann das Recht, mit Ermächtigung des Vormundschaftsgerichts ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn das Arbeitsverhältnis die ehelichen Interessen seiner Meinung nach beeinträchtigte. Vermutlich hätte der Arbeitgeber meiner Urgroßmutter aber von allein gekündigt, da sie aufgrund der Heirat versorgt sei. Ihr Ehemann hatte zudem das Recht, in allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten allein zu entscheiden. Meine Urgroßmutter durfte das Hauswesen nur unter dem Letztentscheidungsrecht des Ehemannes führen. In dieser Situation haben, wie schon Olympe de Gouges, immer wieder Frauen und Männer dafür gekämpft, dass auch den Frauen die Rechte eingeräumt werden, die die Männer innehaben. Gleichberechtigung Im Kampf um Gleichberechtigung wurde auf deutschem Boden 1949 ein großer Erfolg erzielt: Die Verfassungen beider deutscher Staaten enthielten jeweils eine Norm, wonach Mann und Frau gleichberechtigt waren. Wie Sie wissen, ist das bis heute geltendes Recht. Der Kampf um die Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frauen war und ist damit aber noch lange nicht gewonnen. Hierfür möchte ich drei Gründe anführen: 1. die nur zögerlich Umsetzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung im Recht 2. die langsame tatsächliche Gleichstellung der Frauen und schließlich 3. die Orientierung des Rechts an einem männlichen Idealbild. Erstens wurde der Grundsatz der gleichen Rechte teilweise nur sehr langsam in allen Details des einfachen Rechts umgesetzt. In der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise wurde das Eherecht erst im Jahre 1957 reformiert, nachdem die Umsetzungsfrist schon vier Jahre abgelaufen war und das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber in Zugzwang gebracht hatte. Dabei wurde unter anderem das Recht des Ehemannes, in allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten allein zu entscheiden, aufgehoben. Das Eherecht orientierte sich aber zunächst weiter an der Hausfrauenehe. Der Ehefrau wurde die Haushaltsführung in alleiniger Verantwortung zugewiesen. Sie hatte ausdrücklich das Recht erwerbstätig zu sein, allerdings nur soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Haushalt vereinbar war. Noch heute fördert im Übrigen das Steuerrecht mit dem Ehegattensplitting mittelbar die Alleinverdienerehe, die in den meisten Fällen eine Hausfrauenehe sein dürfte. Zweitens haben die gleichen Rechte nicht dazu geführt, dass Frauen heute in allen gesellschaftlichen Bereichen auch tatsächlich gleichgestellt sind. Insbesondere in Führungspositionen sind Frauen noch immer nur weit unterdurchschnittlich vertreten. Drittens – und das ist das versteckteste Problem der Gleichberechtigung – werden den Frauen die Rechte eingeräumt, die die Männer schon haben, und diese Rechte sind an traditionell männlichen Lebensweisen orientiert. Thema Hierzu gehört das Ideal der Vollzeiterwerbsarbeit, dem Frauen traditionell nicht entsprechen können, sobald sie Kinder bekommen. Die Regelungen des Rentenrechts zum Beispiel orientieren sich am sogenannten „Eckrentner“. Dieser „Eckrentner“ soll eine Rente erhalten, die seinen Lebensstandard sichert. Er ist typischerweise männlich, denn er hat 45 Jahre lange ohne Unterbrechungen in Vollzeit gearbeitet. Frauen, die schwanger werden, und Frauen und Männern, die Erziehungs- bzw. Elternzeiten in Anspruch nehmen, kommt das Rentenrecht also nicht in demselben Umfang zugute wie den Menschen, die die Erwerbsbiografie des Eckrentners aufweisen. Die Renten von Frauen sind deshalb heute statistisch deutlich niedriger. Wirkliche Gleichbehandlung? Um dieser Fixierung auf das männliche Ideal zu entkommen, werden von Feministinnen und Feministen verschiedene Wege diskutiert. Einer dieser Lösungsansätze betont weibliche Werte, um sie dem männlichen Ideal entgegenzusetzen. Als solche Werte gelten immer wieder Gerechtigkeit, liebevolles und gewaltfreies Handeln. Aber: auch Frauen sind und waren immer wieder Täterinnen. Denken Sie nur an die KZ-Aufseherinnen im Nationalsozialismus oder an die Soldatin Lynndie England, die irakische Militärgefangene misshandelte. Ich meine – und auch das ist eine feministische Position –, wir alle können als Menschen gerecht und ungerecht handeln, wir alle sind als Menschen daran interessiert, gesellschaftlich teilzuhaben und unsere individuellen Lebensentwürfe entfalten zu können. Das Idealbild von Recht und Politik sollte also wirklich menschlich sein. Es sollte weder offen noch verdeckt traditionell männliche oder traditionell weibliche Lebensweisen bevorzugen oder benachteiligen und auch Lebensentwürfe jenseits dieser Traditionen ermöglichen. Es ist nicht so leicht, diese Gedanken zu einer Utopie von einer wirklich geschlechtergerechten Gesellschaft zu konkretisieren. Denn wir müssten z. B. vom Ideal der Vollzeiterwerbsarbeit abrücken und dennoch allen Menschen eine gute Versorgung ermöglichen können. Und das ist eine wirkliche Herausforderung in einer Zeit, in der 1-Euro-Jobs als zumutbar gelten. Eine konkrete Utopie einer wirklich geschlechtergerechten Welt kann ich Ihnen deshalb leider hier und heute nicht anbieten. Doch auch „eine tausend Meilen weite Reise beginnt mit dem ersten Schritt“, also dem kritischen Betrachten der Geschlechterverhältnisse auch in der heutigen Zeit und dem Entwickeln von Visionen zur Lösung der immer noch bestehenden Probleme. Anja Schmidt, Leipzig Der Beitrag ist eine gekürzte und leicht überarbeitete Fassung einer zur Eröffnung der Ausstellung „Justitia ist eine Frau“ am 5. März 2008 im Leipziger Rathaus gehaltenen Rede. Insbesondere sind deshalb auch keine Quellenangaben enthalten. Eine vollständige Fassung inkl. Literaturhinweisen ist unter folgender Adresse hinterlegt: > www.uni-leipzig.de/strafe/ anjaschmidt.htm Foto: Andrea Vollmer ADVOICE 04/09 13 Thema Einfach machen! Ein junger Anwalt hat sich Elternzeit genommen und überlebt schnell Klarheit darüber erhält, wie es im Leben weiter geht. Ist man selbst Workaholic und teilt die Vorliebe für die alltägliche After-Work-Party, ist man schnell seine auf der Suche nach einer Familie befindliche Frau los. Andernfalls zieht man aus dem Umstand, dass die Arbeit, welcher man gerade nachgeht, dem persönlichen Glück im Weg steht, besser sofort die Konsequenz und schaut sich nach einer neuen um. Schatz, ich muss noch mal schnell ins Büro. Der Durchschnittsanwalt respräsentiert sicher nicht die deutsche Avantgarde. Aber durchgreifende gesellschaftliche Veränderungen hinterlassen früher oder später selbst in Anwaltskreisen Spuren. So kommt uns heute schon normal vor, was vor Jahren undenkbar schien. Wer von den Älteren unseres Standes hätte etwa vor drei oder nur zwei Dekaden geduldet, dass seine Frau ihrem eigenen Berufsleben nachgeht oder ihrer Karriere gar die selbe Wichtigkeit beimisst, wie der des Mannes. Ich will nicht behaupten, dass es solche Kollegen und Frauen nicht mehr gibt. Immerhin. Wenn sich heute Anwalts Frau in den eigenen vier Wänden selbst verwirklicht, dürfte dies eher Ergebnis ihres eigenen Entschlusses sein. Die gesellschaftlichen Konventionen, welche sie dazu zwingen würde, sind nahezu verschwunden. Aber dennoch. Auch heute ist die Frau, bei welcher zwischen Beruf und Kind ein ausschließliches Oder und kein Und steht, eher die Normalität. Wie, um alles in der Welt, sollen wir uns in Anbetracht dessen an das Bild des den Haushalt führenden, die Kinder erziehenden Anwalts gewöhnen? Ganz einfach. Indem immer mehr Anwälte es einfach tun. Von den Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Wunsches, ein paar Monate seinen Nachwuchs zu betreuen, sollte man sich dabei nicht abschrecken lassen. Glücklicherweise ist das erste Hindernis auf dem Weg zum Anwalt, der zu Hause bleibt, nicht mehr so schwierig zu bewältigen wie früher. Es gibt kaum noch fragende Blicke von Kollegen, Nachbarn oder 14 ADVOICE 04/09 Foto: Ursula Deja – fotolia.com Vereinsgenossen auf das Geständnis, dass man sich zu Hause um die Kinder kümmert und den Haushalt führt. Immer häufiger gibt es Männer, die sich bewusst dafür entscheiden, sich wenigstens für eine Weile ganztägig um den Nachwuchs zu kümmern. Im Übrigen. Warum sollte man sein Leben im Einklang mit Unverständnis einrichten, und nicht besser mit seiner Familie und sich selbst? Schwieriger ist da schon die anstehende Umorganisation der Arbeit oder des Büros. Der weitaus größte Teil unserer Kollegen arbeitet alleine oder mit einem, seltener zwei Kollegen zusammen. Ist ein solches Büro voll ausgelastet, lässt sich eine Auszeit von mehreren Monaten nur unter allergrößter Anstrengung bewerkstelligen. Möglicherweise ist die einzige Möglichkeit, eine Erziehungszeit einlegen zu können, die befristete Einstellung eines Kollegen. Entscheidet man sich hierfür, würde man möglicherweise zugleich einem Kollegen bei dem Sprung ins Berufsleben helfen. Einfacher bei der Organisation seiner Abwesenheit hat es der zahlenmäßig kleinere Teil unserer Kollegen, der in größeren oder Großkanzleien arbeitet. Die Arbeit für einige Monate auf andere Kollegen zu übertragen oder eine befristete Arbeitsstelle einzurichten, dürfte hier kein Problem darstellen. Schwerer kann es nur werden, wenn der Chef oder die Partner denken, alle Mitarbeiter seien Workaholics oder teilten die Vorliebe für die tägliche After-Work-Party ab 22:00 Uhr. Das Positive an einer solchen Situation wiederum wäre, dass man Hat man für die zuvor angesprochenen Probleme eine Lösung gefunden, wird die Auszeit am Geld nicht mehr scheitern. Vor dem „Zugangserschwerungsgesetz“ hat Frau von der Leyen nämlich das „Elterngeld“ durchgeboxt. Hiermit wird der Verdientsausfall, welcher einem in der Betreuungsauszeit entsteht, in vertretbaren Grenzen gehalten. Immerhin etwas über 60 Prozent des Durchschnittsnettoeinkommens des der Geburt des Nachwuches vorausgehenden Jahres erhält man in den Monaten, in welchen man vorwiegend das Kind betreut. Ich bereue meine Entscheidung, mich für einige Monate ganztags um meinen Nachwuchs zu kümmern, in keiner Weise. Es ist schon ein Unterschied, ob man sich von seiner Frau vom ersten Lächeln des Nachwuchses erzählen lässt oder ob man es mit eigenen Augen sieht, ob man sich Fotos vom Nachwuchs beim Frühstück oder Abendbrot anschaut oder mit eigenen Augen sieht, wie er beim ersten Yoghurt seines Lebens die Miene verzieht und – Entschuldigung für die treffende Wortwahl – sich und die gesamte Küche mit dem ersten Spaghetti-Mahl einsaut. Allerdings wurde mir die Entscheidung zu Hause zu bleiben, in keiner der oben angesprochenen Weisen schwer gemacht. Meine Frau war zufrieden, dass sie damit schneller wieder ins Berufsleben einsteigen konnte. Mein Chef ist selbst Familienvater und weiß, dass man als Elternteil möglichst flexibel sein muss. Und dann waren da selbstverständlich noch meine Kollegen, die meine Arbeit in der Zeit meiner Abwesenheit ohne Murren übernommen haben. Abschließend kann jedem Kollegen / jeder Kollegin m. E. nur geraten werden, sich für beruflichen Erfolg und Familie zu entscheiden. Zunächst ist natürlich der „Chef“ freien Mutes anzusprechen. Ein Schritt, der sich sicherlich lohnt. Für einen selbst und für alle nachfolgenden Kollegen. RA Tilo Wendt, Bonn Thema Anwaltschaft in Zahlen Sachsen und Brandenburg mit größtem Frauenanteil in der Anwaltschaft Anwälte in der Übersicht 1.1.2009 Anwälte insgesamt davon männlich: davon weiblich: „Richter“ in der Übersicht 31,08% 150377 103641 46736 2000 Anwälte insgesamt davon weiblich: 24,59% 104067 25589 1990 Anwälte insgesamt davon weiblich: 15,07% 56638 8537 1980 Anwälte insgesamt davon weiblich: 7,64% 36077 2756 1970 Anwälte insgesamt davon weiblich: 4,52% 22882 1035 Folgende ausgewählte Kammern haben im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich viele weibliche Mitglieder: Sachsen: Brandenburg: München: Frankfurt: Thüringen: Nürnberg: Berlin: 34,80% 34,80% 33,46% 33,08% 33,08% 32,78% 31,74% Folgende Kammern liegen mit weiblichen Mitgliederzahlen unter dem bundesweiten Durchschnitt: BGH: Schleswig: Tübingen: Oldenburg: Stuttgart: Hamm: Zweibrücken: 17,00% 26,16% 26,26% 27,22% 28,16% 28,46% 28,49% 31.12.2008 Richter insgesamt davon weiblich: Zum Vergleich weiblicher Anteil bei Richtern auf Probe: 20.101 7.195 35,79% 53,94 % Richter bei Truppendienstgerichten: davon weiblich: 15 0 Staatsanwälte: davon weiblich: 38,71% zum Vergleich weiblicher Anteil bei Staatsanwälten auf Probe: 52,98% Hauptschöffen 2005 Hauptschöffen insgesamt: davon männlich: 52,10% davon weiblich: 47,90% 5122 1983 36.029 Referendare in der Übersicht 1.1.2008 Referendare insgesamt: davon weiblich: 19.464 8.898 Anteil der geprüften Kandidaten zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung im Jahre 2007: Kandidaten insgesamt davon weiblich: davon haben bestanden: davon weiblich: 10.196 50,80% 8351 51,00% Höchster und niedrigster Frauenanteil an den geprüften Kandidaten: Brandenburg: Mecklenburg-Vorpommern: Thüringen: 65,30% 62,10% 58,50% Hamburg: Bremen: Berlin: 36,80% 40,70% 41,20% Foto: Bonsai – fotolia.com ADVOICE 04/09 15 Thema Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Mehr Frauen denn je im Anwaltsberuf, Männer haben beim Geld die Nase vorn Angestellt / freie Mitarbeit Das Soldan-Institut fand bei den weiblichen Befragten heraus, dass sie am Anfang ihrer beruflichen Karriere als Angestellte einer Sozietät durchschnittlich 45.000,- Euro (brutto) verdienten. Ihre männlichen Kollegen hingegen gaben ihr Durchschnittseinstiegsgehalt mit 52.000,- Euro an. In Einzelkanzleien oder Bürogemeinschaften erzielten angestellte Rechtsanwältinnen im Durchschnitt 25.700,- Euro. Die Männer kamen immerhin noch auf gemittelt 31.800,- Euro. Wenig höher liegen die Beträge bei der freien Mitarbeit. Hier gaben die Anwältinnen an, dass sie 28.000,- Euro brutto im Schnitt erwirtschafteten. Die Männer brachten es als freie Mitarbeiter im Jahr auf 35.700,- Euro. Umsätze der Kanzlei Nur Peanuts in der Börse. Foto: paulin . pixelio.de Anwältinnen verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen. Sind sie daran selber schuld? Sie schließen seltener freie Honorarvereinbarungen ab, verhalten sich in Gehaltsverhandlungen weniger rigoros als Männer und sind bereit, für geringere Einstiegsgehälter an den Start zu gehen. Hier lohnt es sich zu kämpfen. Vor der Bundestagswahl warb manch politische Partei mit dem markigen Slogan „Mehr Netto vom Brutto“ und deutete an, dass sie nach der Inthronisierung für Lohnsteigerungen durch Steuersenkungen sorgen wollte. Doch ist diese Forderung nahe liegend angesichts klaffender Haushaltslöcher, Bildungsdefizit und Weltwirtschaftskrise? Aus Anwältinnensicht dürfte dieser Leitsatz nur ein müdes Lächeln hervorrufen, bedenkt man, dass sie immer noch erkennbar schlechter bezahlt werden. Und dieser Zustand hält trotz statistisch nachweislich leichter Verbesserung an, erstaunlicherweise unabhängig von der fachlichen Qualifikation. Die Durchsicht des vorliegenden Zahlenmaterials verdeutlicht die Problematik. Nach einer Studie des Soldan-Instituts aus dem Jahre 2007 haben männliche Berufsträger die Nase vorn, wenn es um den Verdienst geht. Das gilt sowohl in der Situation der Anstellung als auch in der beruflichen Selbstständigkeit. Allerdings existieren Feinheiten, auf die es einzugehen lohnt und die junge Anwältinnen ermutigen sollten, für eine Vergütungsanpassung zu kämpfen. 16 ADVOICE 04/09 Interviewt man Rechtsanwälte nach den erzielten Umsätzen ihrer juristischen Tätigkeit, geben sie sich zurückhaltend. Groß ist oftmals nicht nur die Sorge vor der neugierigen Konkurrenz. Der Selbstständige muss auch die Blicke der Klientel fürchten, die in Zeiten knapper Finanzmittel auch schon einmal zum günstigeren Anbieter juristischer Dienstleistungen wechselt. Man gibt sich zugeknöpft und wenn überhaupt nur unter amtlichem Druck (siehe der Fall des ehemaligen Bundesinnenministers Otto Schilly, der sich weigerte, dem Bundestag seine anwaltlichen Jahresumsätze als Nebeneinkünfte offen zu legen.) bzw. 100 Prozent anonym. Unter Wahrung letztgenannter Prämisse konnte das Soldan-Institut folgendes zu Tage fördern. 56 Prozent der zugelassenen Anwältinnen gaben an, dass sie in Kanzleien mit einem Jahresumsatz von bis zu 100.000,- Euro beschäftigt seien. Bei den Männern waren nur 31 Prozent in Kanzleien mit derartigem Umsatz tätig. Augenfällig ist, dass weibliche Berufsträger zu 75 Prozent in Einzelkanzleien mit einem Umsatz bis zu 100.000,- Euro, männliche nur zu 59 Prozent in vergleichbaren Kanzleien arbeiten – ein deutliches Gefälle. Allerdings ist ein Trendwechsel erkennbar, so ermittelte das Soldan-Institut. Beschränkt man die Zulassungen zur Anwaltschaft nämlich auf das Jahr 1996 und jünger, so sind zwar 80 Prozent der Frauen in Einzelbüros mit einem Jahresumsatz bis 100.000,- Euro assoziiert. Damit haben sie jedoch die Männer überholt, die mit 86 Prozent in so beschriebenen Kanzleien beschäftigt waren. Ausgehandelte Vergütungen Bemerkenswert sind auch die Vergütungssätze, die Männer und Frauen mit ihren Mandanten im Durchschnitt vereinbaren, wenn sie diese überhaupt frei vereinbaren wollen. Auch hier bestätigt sich der Verdacht, dass Rechtsanwälte zu höheren Vergütungsabschlüssen kommen als Rechtsanwältinnen. Auch empfindet ein höherer Teil der weiblichen Anwaltschaft die aktive Ansprache, ihre Honorierung betreffend, als unangenehm. Tatsächlich, so die Soldan-Studie, verzichten 35 Prozent der Rechtsanwältinnen gänzlich auf die Möglichkeit der freien Honoraraushandlung. Von den Rechtsanwälten schlossen nur 23 Prozent für sich diese Honorargestaltungsform aus. Bei den durchschnittlichen Stundensätzen lagen Männer mit 150,- bis 235,- Euro vor den Frauen, die sich mit 129,- bis 213,- Euro zufrieden gaben. Männer verhandeln resoluter Was sind die Gründe für die deutlichen Abweichungen in Sachen Geldverdienen? Ein Grund ist, dass überproportional viele Rechtsanwältinnen von der Möglichkeit der Teilzeit Gebrauch machen und von daher nicht die gleichen Umsätze erwirtschaften können. In Hinblick auf die Angestelltenlöhne ist zudem anzunehmen, dass sich Männer oftmals resoluter als ihre weiblichen Kollegen bei den Gehaltsverhandlungen in Szene setzen und Frauen gerade wegen der Kind- und Erziehungsfrage und dem damit verbundenen Arbeitsausfall, ihren Marktwert von vornherein niedriger ansetzen. Mag eine gewisse Opferbereitschaft noch hinzutreten, zunächst für ein niedrigeres Einstiegsgehalt zur Verfügung zu stehen. Die Feststellungen des Soldan-Instituts decken sich insoweit mit der gesamtgesellschaftlichen Situation, in der Frauen nach wie vor weniger verdienen. Im Rahmen moderner Teilzeitbeschäftigungsmodelle ist dennoch nicht verstehbar, warum ein nicht unerheblicher Teil weiblicher Juristinnen mangelnden Mut zur Veränderung dieser Lage aufbringt. Das gegenwärtige System wird nicht nur von den „alten Herren“ bestimmt. Es bedingt sich tatsächlich gegenseitig. Ohne weibliches gesteigertes Engagement, gleiche Bezahlungsverhältnisse zu schaffen, keine alsbaldige Veränderung. RA Patrick Ruppert, Köln Quelle: Soldan-Studie, Anwaltsblatt 5/2007 S. 362ff Thema Auf Abwegen Jürgen im Familienrecht Der Jürgen, der ist ja eigentlich Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Jedenfalls steht das auf seinem schicken goldenen Schild an seiner Kanzlei. Er hat seine Kanzlei mit Bedacht so ausgerichtet. Schon vor seinem Studium stand für ihn fest, dass er Anwalt wird und zwar genau in dem Bereich. Zielstrebig hat er darauf hingearbeitet, jede Menge Praktika absolviert. Natürlich war er auch ein Semester in den USA. Familienrecht – so was wollte er nie machen. Sorgerecht, Umgangsrecht, Gewaltschutz – da gibt’s doch nichts zu verdienen. Nee, das sollen mal schön die anderen machen. Nur neulich, da kam einer seiner besten Mandanten, Herr Böck. Der ist groß in Immobilien. Und eine hübsche junge Frau hat der an seiner Seite, von der kleinen Tochter ganz zu schweigen. Die liebt der Herr Böck ja über alles. Nur ihre Mutter, die mag er seit Neustem nicht mehr so sehr. Seine neue Sekre- Illustration: Anke Schiller-Mönch tärin, die mit den gaaanz langen Beinen, für die hat sich sein Herz entflammt. Entflammt war auch seine Ex, die mit der er das Kind hat, als sie das mit der neuen Flamme erfuhr. Regeln wollte der Herr Böck das, mit dem, wovon er genug hat und mit dem er bisher alles regeln konnte – mit Geld. An eine sechsstellige Summe hatte er gedacht. Seine Ex sieht das anders. Und dass sich es richtig lohnt, hat sie eine einstweilige Verfügung erwirkt, wegen Gewaltschutz. Als der Herr Böck die Begründung liest, fällt dem fast die Kinnlade runter. Bedroht haben soll er seine Ex. Die habe jetzt Angst, auch um das gemeinsame Kind. Der Herr Böck sei kurz davor gewesen sie zu schlagen. Er habe seinen Zorn nicht im Griff und die Sorge um das gemeinsame Kind gebiete es, dass der Herr Böck sich den beiden nicht mehr nähert. Der sonst so friedliche Herr Böck ist außer sich und fragt den Jürgen nun um Rat. Klar dagegen muss er sich wehren – denkt sich der Jürgen. Ungerecht findet er das. Jetzt steht der nette Herr Böck als Schläger da. Dabei stimmt das alles so gar nicht, was da in dem Beschluss steht, sagt der Herr Böck. Also macht der Jürgen einen Ausflug in ein Rechtsgebiet, um das er doch eigentlich einen großen Bogen machen wollte. Er hätte den Herrn Böck ja auch zu der netten Kollegin Theresia schicken können. Nur, das wollte der nicht. Schließlich sei das alles sehr brisant und zum Jürgen habe er Vertrauen. Das ehrt den Jürgen und er hängt sich richtig rein, wälzt das Gewaltschutzgesetz, das FamFG und alles was dazu gehört. Zuvor schaut er aber noch mal auf den Beschluss – 500,- € Streitwert steht da. Sind die wahnsinnig! Der Jürgen sitzt mindestens einen ganzen Tag an der Beschwerdeschrift. So ganz ohne Bedeutung ist das doch auch nicht. Schließlich auch nicht für den Herrn Böck. Für den geht es um seinen guten Ruf. Das müsste dem doch eigentlich was wert sein, denkt sich der Jürgen und schließt schnell noch eine Vergütungsvereinbarung mit dem Herrn Böck. Phuu – Glück gehabt, dass der keine PKH – ach nein, das heißt ja neuerdings Verfahrenskostenhilfe – beantragen muss. Das wär nix mit einem Stundensatz von 320,- € gewesen. Der Jürgen macht sich also an die Arbeit – braucht wirklich den ganzen Tag – sogar bis ziemlich spät abends. Am nächsten Morgen bringt er alles zum Gericht. Als das dann endlich den Beschluss aufhebt, fühlt sich der Jürgen richtig gut – hat er doch der Gerechtigkeit genüge getan. Und noch besser fühlte er sich, als er gemeinsam mit der Kollegin, die die Ex seines Mandanten vertritt, die Parteien dazu bringen konnte, ihren Frust auf den jeweiligen Partner im Sinne des Kindes runterzuschlucken. Apropos Gerechtigkeit – der Jürgen denkt noch eine ganze Weile drüber nach, wie schnell man mit Hilfe dieses Gewaltschutzgesetzes Tatsachen schaffen kann. Ob das immer so gerecht ist? Auf der anderen Seite – wenn wirklich Gewalt im Spiel ist, ist Eile geboten. Da wird sich der Jürgen bewusst, welche Verantwortung die Rechtspflege und auch er als Anwalt eigentlich haben. Und er hat das Gefühl, mit der Sache mit Herrn Böck dieser Verantwortung gerecht geworden zu sein. Ein gutes Gefühl, findet der Jürgen – ja – auch Männer sind dazu in der Lage. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar ADVOICE 04/09 17 Thema Das „andere“ Recht strebt nach Normalität Homosexualität im juristischen Alltag „Ich bin schwul, und das ist auch gut so“, ist das Zitat eines der prominentesten Juristen der Bundesrepublik. Berlins regierender Bürgermeister Klaus Wowereit ging mit diesem Ausspruch im Jahre 2001 auf einem Parteitag der SPD in die Offensive, um vor seiner Kandidatur zum höchsten Leitungsamt im Stadtstaat einer vermeintlichen Diskussion über seine sexuelle Orientierung zuvor zu kommen. Wowereit, der diese Äußerung nicht als sein Outing verstanden wissen wollte, äußerte hinterher sein Bedauern darüber, dass Homosexualität immer noch ein derartiges Thema sei und keine Normalität. Das Wowereitsche Outing liegt nun acht Jahre zurück. So könnte man annehmen, dass das genug Zeit sei, um positive Veränderung für schwule und lesbische Juristen zu spüren. Auf den ersten Blick ist die Antwort „Ja“. Denn etwa mit der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes 2001 scheint ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Gleichberechtigung homosexueller Lebensgemeinschaften zu heterosexuellen Partnerschaften erreicht. Den Schwulen- und Lesben-Interessengemeinschaften ist das bloße Gesetz nicht genug. Denn mit einem Gesetz allein entstehen nicht automatisch Anerkennung und Teilhabe. Als Unterorganisation im Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) macht sich die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) stark für die Belange der lange Zeit wegen ihrer sexuellen Anschauung Ausgegrenzten. Die aus Richtern, Rechtsanwälten, Referendaren, aber auch Studenten bestehende Vereinigung mischt sich in allen Themen ein, die homosexuelle Berührpunkte haben können. Der Themenkatalog reicht somit von der „HomoEhe“, über die Diskriminierung am Arbeitsplatz und alltäglich erlebte Gewalt bis hin zu Fragen rund um das Asyl- und Ausländerrecht. Die BASJ sieht sich als Gegengewicht zur traditionell eher zugeknöpften Rechtsanwaltschaft. Zugeknöpft schon deshalb, weil man in den berufsständischen Organisationen, wie den regionalen Anwaltsvereinen und Anwaltskammern, vergebens nach offiziell eingerichteten Gremien zur Vertretung homosexueller Interessen sucht. Das ist im Zeitalter der Antidiskriminierungsregelungen einigermaßen verwunderlich. Dabei könnte insbesondere den Kammern der Blick zurück in die Geschichte eine Mahnung sein. Bereits im 19. Jh. kämpfte der Jurist Karl Heinrich Ulrichs (1825-1895) als Vordenker für die Befreiung gleichgeschlechtlicher Verbindungen. Im Jahre 1867 forderte Ulrichs auf dem 6. Deutschen Juristentag 18 ADVOICE 04/09 in München, Homosexualität straflos zu stellen – eine Forderung, die letztlich erst mit Abschaffung des § 175 Strafgesetzbuch („Unzucht zwischen Männern“) über 100 Jahre später, im Jahr 1994, erfüllt wurde. In der Phase des Nationalsozialismus und der dadurch vorangetriebenen Gleichschaltung der öffentlichen Organe, so auch der damaligen Rechtsanwaltskammern, erreichte die Diskriminierung homosexueller Juristen ihren Gipfel. Wer als homosexuell enttarnt wurde, wurde mit einem Berufsverbot belegt, erhielt in der Regel Zuchthaus oder landete im KZ. Viele der verfolgten Homosexuellen wurden von den Nazis umgebracht. Die historische Rückbesinnung hätte somit Grund genug sein können, auch die Kammern zu Vorreitern für Gleichberechtigung & Teilhabe zu machen. Dass sich die Justiz mit Homosexualität sehr schwer tue, sagt einer der umtriebigsten Unterstützer für die Gleichstellung, Manfred Bruns. Bruns (geb. 1934) ist Bundesanwalt a.D. und Sprecher des LSVD. Er tritt nicht nur als Sprachrohr nach außen hin auf, sondern unterstützt mit Mustertexten und Rechtsberatung die Anliegen Schwuler und Lesben. Im Interview mit AdVoice sagt der Jurist: „Mir sind keine Fälle von Diskriminierung schwuler oder lesbischer Kollegen bekannt.“ Seine Tätigkeit ziele in erster Linie auf die Bereiche, die mit der noch jungen Möglichkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammenhängen. „Da gibt es eine Vielzahl noch ungelöster Probleme. Wir setzen uns unter anderem dafür ein, dass verpartnerte Schwule und Lesben in der Rente genauso behandelt werden wie Eheleute“, führt Bruns aus und verweist auf die Rententräger und berufsständischen Versorgungswerke, die teilweise in ihren Satzungen die Hinterbliebenenversorgung noch nicht der geltenden Rechtslage angepasst, also auf Gleichgeschlechtliche erweitert haben. Gute Stimmung auf dem Christopher-Street-Day in Berlin. Doch in berufsständigen Organisationen sucht man vergeblich nach offiziell eingerichteten Gremien zur Vertretung homosexueller Interessen. „Das Bundesverfassungericht hat mit seiner Entscheidung im Jahre 2002 klargestellt, dass die eingetragene Partnerschaft verfassungsgemäß ist. Vor allen Dingen hat es betont, dass Verpartnerte sich wegen ihrer Rechte unmittelbar auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 GG beziehen können“, so Bruns weiter. Ein zusätzlicher Aspekt der Unterstützungsarbeit liegt ferner auf der Rehabilitierung unrechtmäßig Verurteilter allein aufgrund ihrer homosexuellen Neigung. Ein Erfolg sei es, so der frühere Bundesanwalt, dass Nazi-Urteile gegen Homosexuelle für unwirksam erklärt worden sind. Leider sei es aber bisher noch nicht gelungen, spätere Verurteilungen aus dem ehemaligen § 175 StGB rückwirkend aufzuheben. Deswegen werde man sich weiter bemühen. Bruns streitet leidenschaftlich für die Normalität im Umgang mit Homosexualität, das aber auch auf „beiden Seiten“. Er erzählt von einem Telefonat, in dem er von einem schwulen Pärchen gefragt wurde, ob er einen schwulen Rechtsanwalt kenne, der in einer Rechtsfrage helfen könnte. „Ich habe gelacht und den Ratsuchenden gesagt, dass ihr keinen schwulen Anwalt braucht sondern jemand, der sich in Familienrechtsfragen, speziell in Partnerschaftsrechtsfragen auskennt.“ Für derlei Anfragen hat der LSVD eigens eine Liste im Internet veröffentlicht, in der Kanzleien aufgeführt sind, die sich mit der eingetragenen Partnerschaft beschäftigen. Rechtsanwälte, die Interesse haben, entsprechende Mandate zu übernehmen, können ihre Kanzlei auf der genannten Seite vorschlagen. > Weitere Informationen gibt es auf www.lsvd.de RA Patrick Ruppert, Köln Foto: Andrea Vollmer Thema Nachgefragt Gibt es DEN typischen Anwalt und DIE typische Anwältin? Frauen kaufen Schuhe und Männer gehen zum Business - Talk? Jeder hat ja so seine ganz eigenen Vorstellungen, was so alles geschlechtertypisch ist. Wir haben die Frage auf die FORUMs-Liste gestellt und sehr unterschiedliche Antworten bekommen, die sich nicht immer nur auf Mann / Frau, sondern auch auf das Thema jung / alt bezogen. Lesenswert waren sie alle. Hier eine Auswahl, die natürlich nicht repräsentativ ist. Was soll das sein? Typisch Anwalt ist eine schlammfarbene Breit-Cord-Hose und typisch Anwältin ein kurzes dunkelblaues Kostüm mit hochgebundenen Haaren? RAin Jytte Peper, Offenbach Jeder Familienrechtler / jede Familienrechtlerin hat schon mal den Satz – auf die Frage, warum der Mandant einen ausgesucht hat – gehört: „Und mir war auch wichtig, dass mich ein Mann / eine Frau vertritt.“ RA Reinhart Enßlin, Mannheim Der gegnerische Anwalt, nennen wir ihn RA Lauthals, schreit, als ihm der Mandant der Kollegin – nennen wir ihn mal Herrn Müller – ins Wort fällt: „Herr Müller, jetzt rede ich und nicht Sie! Warten Sie, bis Sie an der Reihe sind!“ Kurze Pause, die unsere Kollegin nutzt. Sie wendet sich zu ihrem Mandanten und sagt : „Herr Müller, da hat der Kollege Lauthals Recht.“ Sie lehnt sich zurück und grinst süffisant „Na dann warten wir mit Spannung, was uns Herr Lauthals Wichtiges zu sagen hat.“ Herr Lauthals war dann eher kleinlaut... RA Henrik Franz, Frankfurt / Main Ich möchte mal eine Lanze für die Familienrechtlerinnen und Familienrechtler brechen. Ich habe wohl kaum engagiertere Teilnehmer und Teilnehmerinnen bei einem FA-Kurs kennengelernt. :-) ! Zu mir kommen ca. 70% der familienrechtlichen Mandate in Form von Männern. Auf die Frage, wie sie denn auf mich gekommen sind, kommt von den Männern häufig: „Ich verstehe meine Frau nicht mehr, ich hoffe, Sie können das.“ RAin Ulrike Szlapka, Osnabrück RAi Hans-Christoph Hellmann, Burgwedel ? Ich habe schon von Mandanten gehört: „Ich wollte mich von einem Mann vertreten lassen. Zuletzt hatte ich eine Frau, da fühle ich mich einfach nicht vehement / aggressiv / stark / nachhaltig genug vertreten. Ich denke, dass Sie als männlicher Anwalt da stärker meine Interessen wahrnehmen" Das deckt sich allerdings nicht mit meinen Erfahrungen. Es gibt im Familienrecht unter den Männern wie den Frauen vergleichbar große Anteile an biestigen Kollegen/Kolleginnen mit Haaren auf den Zähnen und eher Softie-lastigen Anwälten / innen. RA Reinhart Enßlin, Mannheim ADVOICE 04/09 19 Thema Ernsthaft bei der Sache Über den Sinn oder Unsinn von Anwältinnentagen – ein Überzeugungsversuch Um es vorweg zu nehmen – ja, ein Anwältinnentag macht Sinn und er ist notwendig. Ich muss zugegeben, dass ich zu der Fraktion Frau gehöre, die sich ab und an schon fragt, ob wir diese Anwältinnentage, Förderprogramme für Frauen und diese ganze Dinge überhaupt brauchen. So bin ich auch eher mit Skepsis zu dieser Tagung gefahren, zu der ich mich als Anwältin wohl nicht angemeldet hätte – als Journalistin schon. Schon am ersten Abend in der Bibliothek des Münchner Rathauses begann ich meine Meinung zu korrigieren. Ich stellte fest, dass ich in meinem bisherigen Leben wohl ziemlich viel Glück gehabt habe. Ja, ich habe zwei Kinder, war (trotzdem) immer arbeiten und musste bisher nie die Erfahrung machen, dass mich die beiden in meiner beruflichen Laufbahn behindert hätten, weil irgendwer meinte, es sei ein Problem, einer Mutter mit zwei Kindern einen Job oder einen Auftrag zu geben. Das mag daran liegen, dass es in Thüringen flächendeckende Kinderbetreuung gibt und dass ich dann doch ein eher modernes Exemplar von Mann an meiner Seite habe, der sich nicht zu schade ist, die Kinder früh morgens in den Kindergarten und die Schule zu bringen, den Einkauf zu erledigen, Wäsche zu waschen und und, und – ja, so etwas gibt es. Doch was ich schon am ersten Abend der Anwältinnenkonferenz hörte, überzeugte mich, dass Frauen noch mehr Unterstützung brauchen und dass es noch lange keine Gleichberechtigung / Gleichstellung gibt. Allein die Zahlen lassen aufhorchen. Weniger als ein Drittel, nämlich 31 % der deutschen Anwaltschaft, ist weiblich. Das Honorar der Anwältinnen liegt im Durchschnitt 23 % unter dem ihrer männlichen Kollegen. Spannend und nützlich - die Themen auf der Anwältinnenkonferenz in München gaben neue Impulse und Ideen. 20 ADVOICE 04/09 Frauensache Familienrecht Die Statistik der Fachanwaltschaften zeigt, dass das Familienrecht Frauendomäne ist. Hingegen stehen in streitwertintensiven Rechtsgebieten, wie dem Handels- und Gesellschaftsrecht 529 Fachanwälten nur 52 Fachanwältinnen gegenüber. Ähnlich ist es im Steuerrecht. Hier stehen 4431 Anwälten ganze 539 Anwältinnen gegenüber. Immer noch sei der Anteil für Anwältinnen in Wirtschaftskanzleien gering, Partner zu werden nahezu unmöglich. Das sind Aussagen, die ich an diesem Wochenende öfter höre. Und noch etwas höre ich, und zwar von Monika Zumstein. Sie ist langjährige Frauenbeauftragte der Universität in München. Dort gibt es derzeit 33 Professuren, eine davon ist Professorin und eine weitere hat man hinzugewinnen können. Es scheint schwer zu sein, Frauen in diese Positionen zu bekommen. Thema Frauenprofessur-Kopfgeld An der Uni München hat man deshalb ein sogenanntes Kopfgeld ausgesetzt. 25.000,- € gibt es, wenn eine Frau zur Professorin berufen wird. Seit drei Jahren hatte die Uni keine einzige Habilitation einer Frau. Und noch etwas stellt Monika Zumstein fest. Wenn man Fälle gestaltet, dann redet man von dem Rechtsanwalt, von dem Steuerberater, aber von der Putzfrau. In einer Klausur sei sogar die Rede von der „Putzfrau Frau Fettarsch“ gewesen. Das sei Diskriminierung in der Praxis. »Junge Frauen machen sich keinen gescheiten Karriereplan« Manchmal, so stellt sie fest, sind es aber auch die Frauen, die sich speziell in die für sie scheinbar vorprogrammierten Gebiete drängen lassen. „Frauen neigten immer wieder dazu, sich die vermeintlich leichteren Schwerpunkte auszusuchen“ sagt sie. Das seien dann Rechtsgeschichte, Familienrecht usw. Das sind genau die Gebiete, in denen später junge Frauen zu finden sind. „Junge Frauen machen sich keinen gescheiten Karriereplan“, sagt Monika Zumstein. Das aber wiederum sei nötig, um einen steilen Aufstieg in einer Wirtschaftskanzlei zu verfolgen. Apropos Aufstieg: Der Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer München, Rechtsanwalt Dr. Fritz Kempte, berichtet von einer jungen Kollegin, Partnerin in einer Kanzlei. Sie wurde nach drei Jahren schwanger. „Wir würden Ihnen nahelegen, zu kündigen“ sei die Reaktion der Kollegen gewesen. „Es ist wichtig, was sie tun“ sagt der Dr. Kempter und ich nehme ihm ab, dass er davon wirklich überzeugt ist. Nicht ohne Stolz berichtet er auch von den positiven Beispielen. In einer Kanzlei mit drei Anwälten und einer Anwältin habe man das von Anfang an genau geregelt, das mit der Elternzeit. Und siehe da, nachdem die Kollegin vorgelegt hatte, zogen die Herren nach – nahmen auch Elternzeit. Der jeweils abwesende Partner wurde von den anderen vertreten. Das klappte wunderbar. In der Krise liegt die Chance Es gibt noch zwei Sätze, die bei mir hängen geblieben sind. Und zwar,: „In der Krise liegt die Chance. Es waren die Männer, die uns in die Krise geführt haben, jetzt liegt es an uns, das für uns zu nutzen“. Das mag ein Grund sein, weshalb sich zahlreiche Anwältinnen zu dieser Konferenz in „Es waren die Männer, die uns in die Krise geführt haben - jetzt liegt es an uns, das für uns zu nutzen." Renate Maltry München eingefunden hatten. Und mir fällt auf, dass diese Anwältinnen nicht, wie es ihr Klischee vermuten lässt, shoppen gehen, tütenweise Schuhe und Klamotten nach Hause schleppen. Nein, sie sitzen in den Vorträgen, saugen jede Hilfe dankbar auf, sind aufmerksam bis zum Schluss, nehmen die Sache ernst. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar Netzwerke Bund Deutscher Akademikerinnen (BDA) Bundesverband der Freien Berufe Bundesverband der Frauen im freien Beruf und Management e. V. (BFBM) Deutscher Verband Berufstätiger Frauen Bundesweite Agentur für Gründerinnen Deutsches Gründerinnen Forum DGF Schöne Aussichten – Verband selbstständiger Frauen e. V. Verband Deutscher Unternehmerinnen e. V. Fotos: Anke Schiller-Mönch ADVOICE 04/09 21 Thema Männer sagen nein - Frauen wägen ab Unterschiede in der Wirkung von Männern und Frauen noch einen Moment so stehen zu lassen. Das verleihe dem Ganzen Nachdruck. „Frauen tendieren dazu, in die Gebärde der Behauptung die Haltung des Aufnehmens hineinzunehmen.“ Die Kollegin auf der Bühne bekommt Anweisungen, ihre Bewegungen offener und weiter auszuführen, um das zu demonstrieren, zeigt selbst auch, was sie meint. Handflächen nach oben, Arme geöffnet. Die Seminarteilnehmerinnen sind beeindruckt. Die erste Probandin wird mit einem anerkennenden Applaus von der Bühne entlassen. Eine nächste Kollegin ist schnell gefunden. Sie soll etwas verneinen. Gisela Maria Schmitz geht auf sie, zu bis ihr signalisiert wird: „Stopp“. »...das Aufnehmen, das Zuhören sei etwas, was Frauen gut können. Dabei hätten eher die Herren Nachholbedarf.« Gisela Maria Schmitz (li.) zeigt, wie die behauptende Gebärde ihre optimale Wirkung entfaltet. Sind Männer und Frauen wirklich so verschieden? Ist es wirklich so, dass Frauen die kleinen Duckmäuschen sind, die ihr Wissen und Können gern hinter dem Berg halten und zu allem Überdruss ihre Unsicherheit auch noch nach außen tragen? So pauschal mag das Gisela Maria Schmitz nicht sagen. Sie kennt sich mit der Materie aus. Als Regisseurin kommt sie aus dem Theaterbereich und hat sich intensiv damit auseinander gesetzt, wie wir auf Menschen wirken. „Take five, die fünf Grundlagen erfolgreicher Kommunikation im Mandat“ heißt ihr Seminar auf der 10. Anwältinnenkonferenz in München. Und es ist wirklich ein Seminar und kein bloßer Vortrag, denn mitmachen ist angesagt. Take five – damit meint Gisela Maria Schmitz die fünf Gebärden. „Der bewusste Umgang mit den fünf Grundhaltungen der Kommunikation soll dazu führen, dass Gesagtes und Körpersprachen kongruent sind“ sagt sie und ergänzt: „Das ist in kon- 22 ADVOICE 04/09 Foto: ARGE Anwältinnen fliktreichen Situationen bei vielen Menschen häufig nicht der Fall“, und dabei macht sie bewusst keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Konfliktreiche Situationen und Anwaltschaft – das passt irgendwie zusammen. Die Expertin beginnt mit dem Praxisteil und holt sich eine Rechtsanwältin auf die Bühne. Sie soll eine Behauptung aufstellen. „Ich wette, sie haben alle schon mal eine Urheberrechtsverletzung begangen“ sagt die Kollegin. »Mit der Haltung des Verneinens tun sich viele Frauen schwer.« Und sie sagt es nicht nur, sie tut auch etwas dabei. Sie verleiht dem, was sie sagt, mit einer bekräftigenden Handbewegung nach vorn Gewicht. Die Expertin ist angetan. Die Kollegin war überzeugend. Aber ein Seminar ist kein gutes Seminar, wenn der Referent nicht wüsste, wie es noch besser geht. „Die Haltung der Behauptung wird von Frauen gern verwässert“ weiß Gisela Maria Schmitz und gibt ihrer Probandin den Tipp, ihre Gestik, sprich die Hand, „Mit der Haltung des Verneinens tun sich viele Frauen schwer. Manchen muss ich es regelrecht neu beibringen“, die Expertin weiß wovon sie spricht. Schließlich schult sie regelmäßig Frauen (und Männer) in Führungspositionen und solche, die gern dahin wollen. Neu beibringen, muss sie das NeinSagen der Kollegin auf der Bühne nicht. Aber wie sie ihrem Nein noch mehr Ausdruck verleihen kann, ist spannend zu sehen. Oft sind es nämlich nur Nuancen, die den Ausdruck verändern, die Hand etwas energischer nach vorn und etwas weiter nach oben und schon macht alles mehr Eindruck. Ein Gefühl und das Bewusstsein für die fünf Gebärden möchte die Expertin vermitteln. Und sie stärkt ihre Seminarteilnehmer in dem, was sie gut können. „Frauen sind stark in den Gebärden des Aufnehmens und des Hin- und Hergezogenseins“, weiß sie. Gerade das Hin- und Hergezogensein signalisiere ein bewusstes Abwägen. Das schaffe Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Auch das Aufnehmen, das Zuhören sei etwas, was Frauen gut können. Dabei hätten eher die Herren Nachholbedarf. Wie die Männer denn so reagierten, wenn sie in den Seminaren an ihrem Ausdruck arbeiten würden, möchte eine Teilnehmerin wissen. „Wissen Sie, so anders als mit den Frauen ist das gar nicht. Es gibt immer Teilnehmer, die haben mehr Scheu und welche, die haben weniger Scheu. Und die, die zu mir kommen, wollen ja an sich arbeiten, egal ob Männer oder Frauen“, und damit bleibt sich Gisela Maria Schmitz ihre Aussage vom Anfang treu – einfach pauschalisieren kann man nicht. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar Thema Gleichung mit vielen Unbekannten Männer und Frauen und das Versorgungswerk Damals, das müssen traumhafte Zeiten gewesen sein für Versorgungsmathematiker: Berufstätig waren überwiegend Männer. Die Beitragszahler hatten weitgehend bruchlose so genannte Erwerbsbiografien, und viele sind kurz nach dem Eintritt in das Versorgungsalter aus dem Leben geschieden. Das Ermitteln der Versorgungsbezüge muss mathematisch beinahe ein Kinderspiel gewesen sein. Die Versorgungswerke erbringen Leistungen auf Grundlage der von dem einzelnen Mitglied geleisteten Beiträge. Im Grundsatz erhält jeder Leistungsempfänger ratenweise und mit Zins zurück, was er in früheren Jahren eingezahlt hat. Doch die rosigen Zeiten sind vorbei, in denen viele überdurchschnittlich verdienende Mitglieder für überschaubare Versorgungszeiten Beiträge angehäuft haben. Zwar steigt mit wachsender Zahl der Anwälte auch die der Beitragszahler im Versorgungswerk. Aber viele Kollegen machen sich in- Kindererziehungszeiten, Versorgungswerk und die gesetzliche Rentenversicherung § zwischen gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit selbstständig und zahlen jahrelang nur die Mindestbeiträge. Die weiteren Einkommensaussichten sind angesichts weiter steigender Zulassungszahlen jedenfalls (pro Kopf betrachtet) nicht durch exorbitantes Wachstum gekennzeichnet. Ein weiterer Dämpfer für die Versorgungserwartungen sind die langfristigen Zinsentwicklungen. Waren in den vergangenen Jahren vier Prozent Jahreszinsen auch mit konservativen Anlagen zu erzielen, ist angesichts der Finanzkrise fraglich, ob eine solche Mindestrendite dauerhaft zu halten ist. Dann wäre da noch die Lebenserwartung. Die ist bei Männern gegenüber den Annahmen von 1998 um mehr als vier Jahre gestiegen. Von wegen: jung kaputt spart Altersheime. Als wären das für die Rechenkünstler der Versorgungswerke nicht schon Denkaufgaben genug, kommen jetzt noch immer mehr Frauen hinzu. Im Versorgungswerk Berlin sind bereits mehr als ein Welche Leistungen erhält die glückliche Anwältin und Mutter in der Zeit und für die Zeit, in der sie sich im Mutterschutz befindet oder der Kindererziehung statt der Kanzlei widmet? Die trockene Antwort lautet: gar keine. Das höchste der Gefühle ist Beitragsfreiheit während Mutterschutz und Erziehungszeit, die auf Antrag gewährt wird. Doch die Empfehlung lautet, dass kinderversorgende Anwältinnen und Anwälte auch während ihrer beruflichen Auszeit freiwillig weiter Beiträge leisten, um im Rentenalter bei der Versorgung keine kinderbedingten Abstriche in Kauf nehmen zu müssen. Allerdings sah das Bundessozialgericht in einer Entscheidung aus dem vergangenen Jahr Ansprüche der kindererziehenden Anwältinnen und Anwälte gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung gegeben. Zur Begründung verweist das BSG darauf, dass Steuern zahlende Anwältinnen und Anwälte auf diesem Weg zur solidarischen Altersversorgung in der Rentenversicherung beitragen. Zwar wäre die Berücksichtigung von Mutterschutz- und Kindererziehungszeiten im Rahmen des Versorgungswerks nach Ansicht des BSG folgerichtig. Jedoch habe sich der Gesetzgeber nicht entschließen können, den Versorgungswerken entsprechende Anteile des Steueraufkom- Drittel der Mitglieder Frauen. Auch versorgungsmahtematisch sind Frauen keine Männer. Anwältinnen fangen früher an zu arbeiten, im Schnitt mit 31,65 Jahren (in Berlin), statt, wie ihre männlichen Kollegen, mit 32,51 Jahren. Aber sie leben halt auch länger als die Männer, laut Sterbetafel fast drei Jahre. Und sie kriegen Kinder, die Anwältinnen, einige jedenfalls. Dann gehen sie in Mutterschutz und verabschieden sich außerdem für mehr oder weniger lange Erziehungszeiten aus dem Erwerbsleben. Für diese Zeit erhalten sie vom Versorgungswerk keine Leistungen (siehe Kasten). Es soll auch Anwälte geben, die Kindererziehungszeit nehmen – gegenwärtig aber offenbar noch in einer Größenordnung, die unterhalb des Messbaren liegt. Jedenfalls kann das Versorgungswerk Berlin keine statistischen Angaben zu kindererziehenden Kollegen machen. Auch aus Sicht der Versorgungsmahtematik gilt also: Ohne Frauen wäre das Leben wesentlich unkomplizierter. Aber auch sehr viel langweiliger. RA Percy Ehlert, Berlin mens zuzuweisen. Inzwischen hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung insofern nachvollzogen, als er § 56 Abs. 4 SGB VI nunmehr so gefasst hat, dass sich eine Anspruchsberechtigung kindererziehender Anwältinnen und Anwälte auch ohne Auslegungsakrobatik ergibt. Voraussetzung für einen Rentenanspruch ist eine Kindererziehungszeit von mindestens 60 Monaten. Da pro Kind maximal eine Erziehungszeit von 36 Monaten angerechnet wird, erwirbt einen Rentenanspruch nur, wer zwei Kinder über insgesamt fünf Jahre in Erziehungszeit betreut. Allerdings gibt es nunmehr gemäß § 208 SGB VI die Möglichkeit, Zusatzzahlungen zu leisten, falls noch einige Monate zur Begründung einer Rentenanwartschaft fehlen sollten. Diese Zusatzzahlungen sind bei Erreichen des Renteneintrittsalters fällig. Für Forumsmitglieder steht diesbezüglich also eine endgültige Entscheidung nicht unmittelbar bevor. Für alle bereits aktiven oder werdenden Anwaltseltern empfiehlt sich sicher eine Beratung beim zuständigen Versorgungswerk zum Themenfeld freiwillige Beiträge zum Versorgungswerk und gesetzliche Rentenversicherung. RA Percy Ehlert, Berlin ADVOICE 04/09 23 Thema Reine Männersache? Schwere Straftaten verüben meist Männner - Frauen klauen Sind Frauen harmloser als Männer? Der Anteil von Frauen und Männern an strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen ist auch aus dem Blickwinkel des auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalts von großem Interesse. So begegnet man als Strafverteidiger Frauen überwiegend in der „Opferrolle“. Ein angeblich höherer Anteil der Tatverdächtigen bei weiblichen Jugendlichen oder gar Zuwächse bei den Verurteilungsziffern kann von hier keineswegs bestätigt werden. Kriminalität scheint weit überwiegend eine „Männer-Angelegenheit“ zu sein. Der Anteil der Frauen an registrierten Tatverdächtigen lag 2008 trotz des Verhältnisses von 52:48 an der Bevölkerung bei insgesamt nur 24,4 % (aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik 2008, S. 11). Der Frauenanteil ist dabei bei den vergleichsweise leichten Straftaten (wie einfachem Diebstahl mit 40%) vergleichsweise erhöht, bei der schweren Kriminalität niedriger. Der Anteil von inhaftierten Frauen ist nochmals deutlich geringer (ca. 4-5 %). In sieben Jahren Strafverteidigung sind mir nicht mehr als drei Frauen im Gedächtnis geblieben, gegen die eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung verhängt wurde. Die Gründe dieser geschlechtsspezifischen Abweichungen werden in regelmäßigen Abständen von wissenschaftlichen Untersuchungen aufzuklären versucht. Physiologischer Schwachsinn Noch im 19. Jh. kamen einige Studien zu dem (abwegigen) Ergebnis, dass die weibliche Erscheinungsform des Verbrechens die Prostitution sei (Lombroso/Ferrero). Andere versuchten die geringe Kriminalitätsrate mit dem „physiologischen Schwachsinn des Weibes“ (Möbius, 1900) oder der angeblich höheren Dunkelziffer („Frauen können ihre Taten besser verschleiern“) zu erklären. Hierauf können die auffallenden Abweichungen jedoch keineswegs zurückgeführt werden. Fest steht offenbar, dass Frauen kulturelle Werte höher als Männer bewerten, sich eher an die Gesetze halten und eine höhere Hemmschwelle besitzen. Abschließend konnten kriminologische Untersuchungen die niedrige Frauenkriminalität jedoch noch nicht erklären, zumal das Phänomen komplexe Ursachen zu haben scheint. Einige Autoren haben sich genauer mit den Besonderheiten der Entwicklung der Kriminalität nach einzelnen Deliktsformen und sogar den Abweichungen in der Begehungsweise befasst. So lautet das Ergebnis von Harbort in seinem Buch „Wenn Frauen morden“ (2008), dass Frauen nicht nur seltener, sondern auch anders morden. Frauen wird im Reich des Verbrechens besondere Heimtücke nachgesagt – behauptet Stephan Harbot. Foto: Andrea Vollmer Sie raffiniert, er brutal Die Unterschiede in der Tatbegehung sollen im Regelfall darin liegen, dass Frauen eher planvoll und heimtückisch vorgehen, Männer demgegenüber eher im Affekt handeln. Mal abgesehen von Tötungsdelikten traten Frauen vor allem bei Betrugsdelikten, Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten sowie wegen Beleidigungen vermehrt in Erscheinung, wobei die „Auffälligkeiten“ jeweils noch deutlich unter 50% lagen. Fast ausschließlich sind es dagegen Männer, die in Schlägereien verwickelt sind und die sich im Zuge der Beendigung von Beziehungen in unterschiedlicher Weise (z.B. nach Gewaltschutzgesetz, wegen Körperverletzung) strafbar machen. Besonders deutlich überwiegt die Anzahl der Straftaten durch Männer im Sexualstrafrecht. Auch bei Straßenverkehrsdelikten, man denke nur an Imponiergehabe durch schnelle Autos, sind Männer seit jeher besonders auffällig. Überraschender Weise wird auch der ganz überwiegende Teil an Ordnungswidrigkeiten – im Gegensatz zum weit verbreiteten Irrglaube, Frauen am Steuer seien unberechenbar – schwerpunktmäßig vom „starken Geschlecht“ begangen. Kein Verfolgungsinteresse Auch wenn die sog. „Gleichverteilungsthese“, die besagt, dass das weibliche Geschlecht bei Straftaten gar nicht unterrepräsentiert sei, als nahezu unvertretbar zu bezeichnen ist, fällt gleichwohl auf, dass Taten von Frauen in der Gesellschaft anders aufgenommen werden. Zum einen besteht in bestimmten Konstellationen oft seitens der Strafverfolgungsbehörden kein Verfolgungsinteresse, zum anderen scheinen Frauen vor Gericht noch einen gewissen weiblichen Bonus zu haben. Gesichertes Zahlenmaterial gibt es hierzu allerdings nicht. Im Strafverfahren eines männlichen Ausländers gegen den Vorwurf der Scheinehe war die deutsche „Ehefrau“ nicht etwa mitangeklagt, obwohl sie die Ehe nur eingegangen war, weil ihr ein größerer Geldbetrag versprochen worden war. Stattdessen hatte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen sie schnell wegen angeblich geringer Schuld eingestellt. RA Dr. Ingo Fromm, Koblenz 24 ADVOICE 04/09 Thema Hinter Gittern Für Strafrechtlerin Gabriele Müller sind Knastbesuche Alltag Gut gesichert durch Einblick - nachdem es einmal laut wurde in der Zelle, als der Anwalt da war, baute man diese Sichtfenster ein. Es ist Freitagmorgen, kurz vor 09:00 Uhr. Ich habe mich mit einer Kollegin verabredet, vor der JVA in Weimar. Es ist kalt, irgendwie ungemütlich. Ich bin ein wenig aufgeregt, schließlich ist es meine „Knastpremiere“. Ich halte Ausschau nach der Kollegin. Die fährt vor, parkt ein, kommt mir gut gelaunt entgegen, zierlich, schick in hellen Hosen und Stiefeln. Die JVA ist für sie Alltag. Rechtsanwältin Gabriele Müller ist Strafverteidigerin, seit fast 20 Jahren. Sie studierte in Jena, noch zu DDR-Zeiten. Dort wurden damals die Staatsanwälte ausgebildet. Bei denen musste sie mithören. In den Staatsdienst wollte sie nie. Aber Strafrecht, das hat sie schon immer fasziniert. Dass das nicht das typische Rechtsgebiet für eine Frau, ist, stört sie nicht: „Ja, es sind schon eher Männer, die Strafverteidiger sind“, weiß sie. Ein Problem ist das für sie nicht; auch nicht für ihre Mandanten. Die reichen vom kleinen Ladendieben über Betrüger bis hin Sexualstraftätern. „Emotionen sind da unangebracht. Da muss man sich auf das Rechtliche konzentrieren“, kommt sie meiner Frage zuvor, was einer Mutter durch den Kopf geht, wenn sie einen Sexualstraftäter verteidigt. Kalt lässt sie das nicht. „So etwas lässt einen nicht los, auch mich nicht. Diese Gedanken kommen hinterher, wenn ich zur Ruhe kommt. In der eigentlichen Verhandlung kann ich das ausblenden.“ Das zeichnet wohl einen guten Strafverteidiger, oder hier besser eine gute Strafverteidigerin, aus. Und mit der gehe ich nun an diesem Freitagmorgen hinter Gittern. Das ist gar nicht so spektakulär. Wir gehen durch eine ganz normale Tür. Na gut, sie ist schon aus Eisen, und um eine Sicherheitskontrolle kommen wir auch nicht herum, auch wenn die Kollegin Müller hier alle kennen. Ein kurzes Gespräch mit der Sicherheitsbeamten, und dann kommt der Mandant. Wir sind mittlerweile in dem Besprechungszimmer, einem kahlen Raum mit Gittern an den Fenstern – Gefängnis eben. In der Tür ist ein kleines Fenster. „Das haben wir eingebaut, nachdem es mal gepoltert hat in dem Raum“, erzählt mir die Sicherheitsbeamtin. Rechtsanwältin Müller sieht das gelassen: „Ich hatte das ein einziges Mal. Da wurde ein Mandant ausfällig. Aber er hat sich schnell beruhigt. Dann ging es wieder.“ Die Mandanten haben kein Problem damit, von einer Frau vertreten Fotos: Anke Schiller-Mönch zu werden. Der heutige Mandant hat seinen Pflichtverteidiger gegen sie ausgetauscht. „Frauen müssen immer mehr leisten als Männer, wenn sie berufliche Anerkennung haben wollen, egal in welchem Rechtsgebiet“, sagt sie. Ich hatte gefragt, ob man es als Frau schwerer hat, sich gegen die männliche Konkurrenz zu behaupten. „Frauen gehen anders an die Sache heran, arbeiten oft genauer. Das wissen die Mandanten zu schätzen.“ Sachlich und genau arbeitet Strafverteidigerin Müller auch an diesem Freitagmorgen. Sie geht Akte für Akte des dicken Stapels gemeinsam mit dem Häftling durch, berechnet Haftzeiten, spricht mit ihm über Entlastungsbeweise und das weitere Vorgehen. Nach einer halben Stunde ist alles gesagt. Kollegin Müller packt ihren Stapel Akten wieder in ihre Tasche, verabschiedet sich. Ihr Mandant geht wieder auf seine Zelle. Wir verlassen die sicheren Mauern. Und irgendwie bin ich froh darüber, mich frei auf mein Rad schwingen zu können und in die Kanzlei zu radeln. Dort warten Akten. Ein paar strafrechtliche sind auch dabei. RAin Anke Schiller-Mönch, Weimar ADVOICE 04/09 25 Thema Alles für die Katz? Eine Berliner Anwältin über Pläne und Umwege – ein Erfahrunsgbericht Rückzug Wohnzimmerkanzlei Für Grit Sänger standen die Weichen auf Führungsposition - bis die Kinder kamen. Beim letzten Anwältinnentag in München sind sie mir zum ersten Mal leibhaftig begegnet: Rechtsanwältinnen, die Karriere und Familie stringent geplant und dann plangemäß unter einen Hut gebracht haben. Respekt! Bisher dachte ich immer, es gehe allen anderen wie mir. Mit dem ersten Kind läuft die Karriereplanung aus dem Ruder und ab Nummer zwei ist es aus mit dem Lenken. Pläne kommen – wenn überhaupt – nur noch in ihrer B-Variante zur Anwendung, und bis aus der Schadensbegrenzung wieder beruflicher Erfolg wird, sind einige Jahre zu überstehen. »Mit dem ersten Kind läuft die Karriereplanung aus dem Ruder, ab Nummer zwei ist es aus mit dem Lenken« Dabei hatte auch ich perfekt geplant. In der fünften Klasse beschloss ich, japanisch zu lernen. Mit 15 habe ich damit angefangen, später in Tokyo, Heidelberg und Berlin studiert. Das Jura-Examen absolvierte ich parallel dazu. Die Weichen standen auf Führungsposition in der Wirtschaft oder Einstieg in eine internationale Großkanzlei. Doch dann kam alles anders. Die erste Tochter kam zu spät, die zweite zu früh, und alle Planung war für die Katz. Dies sei also der Bericht für alle, die ihre Kinder gerade entwerfen oder bekommen, zum Mut machen und gelassen werden. 26 ADVOICE 04/09 Foto: privat Großer Frust, großer Mut Eigentlich fing – nach Tochter eins – alles relativ gut an. Natürlich hatte ich im achten Monat den Job in Japan nicht mehr bekommen, obwohl mein Mann die Babypause übernehmen wollte. Aber nach einem Dreivierteljahr als Sklave in einer mittelmäßigen Kanzlei waren wenigstens die ersten Erfahrungen gesammelt und der Mut und Frust groß genug für den Schritt in die Feld-, Wald- und Wiesen-Selbstständigkeit. Das erste eigene Büro war das Hinterzimmer in einer Steuerberaterkanzlei. Die erste eigene Sekretärin teilten sich die Wirtschaftsprüfer und die Arbeitsagentur mit mir. Im Erdgeschoss betrieb eine Mandantin ein florierendes Restaurant und alle, die beim Essen auf ihre Probleme zu sprechen kamen, konnten im Anschluss eine Treppe höher kommen. Nach einem knappen Jahr lief es richtig gut. »Die erste Tochter kam zu spät, die zweite zu früh« Dann kam der Tag im August, an dem die Bürogemeinschaft sich trennte und meine Sekretärin ihren Studienwunsch offenbarte. Nach zwei Kündigungen (Mitarbeiterin und Büro) stand am Nachmittag nur noch dieser Arzttermin auf dem Programm. Nach zwei negativen Schwangerschaftstests war ich optimistisch. Doch dann fand meine Ärztin doch die ersten Spuren unserer zweiten Tochter. Vier Jahre vor dem Termin, den wir uns dafür überlegt hatten. Es folgte der Rückzug in die Wohnzimmerkanzlei. Ein Mini-Büro in Berlin-Mitte diente als Empfangsmöglichkeit für Mandanten. Es konnte praktischerweise mit Sekretärin gemietet werden, die erst durchstellte, wenn kein Baby schrie oder gerade gestillt werden musste. Dann Umzug drei und vier. Erst einen Steinwurf von Kind und Wohnzimmer entfernt, dann ins Stadtzentrum in eine SchönerWohnen-Kanzlei mit Fahrzeiten von einer Stunde pro Strecke. Dazu ein buntes Gemisch von Mandaten und das Gefühl, hier fährt ein Zug eindeutig in die falsche Richtung. Durch eine Reise nach Tokyo soll endlich die richtige Richtung klar werden, auf dem Heimweg dann jedoch nur die Erkenntnis, dass Großkanzlei und Wirtschaftsrecht mit 60Stundenwoche nicht mehr als Ziel in meiner Lebensplanung stehen. »...das Gefühl, hier fährt ein Zug eindeutig in die falsche Richtung.« Ein paar Monate später hilft dann der Zufall: eine Mandantin besteht auf der Übernahme ihrer Ehescheidung, und „mein“ Gebiet ist endlich gefunden, ein Fachanwaltskurs sorgt für das nötige KnowHow. Als ich selbst weiß, was ich will – wie viele Stunden arbeiten, wie viel Honorar verdienen – ist die Zeit reif für einen professionellen Kanzleicheck. Erfolgreicher Kanzleicheck Ich melde mich bei der abc Anwaltsberatung an. Die Hälfte der Kosten übernimmt der Staat. Ergebnis: Kanzlei-Umzug in Wohnortnähe, mit S-BahnAnbindung für die Mandanten und Fahrrad-Anfahrt für mich, Beschränkung auf Arbeits- und Familienrecht, Bürogemeinschaft mit Kollegen aus gleichem Fachgebiet für Austausch und Kosteneinsparung, Mut zu Gebührenvereinbarungen. Nach einigem Üben kommen mir die neuen Preise über die Lippen, die Mandanten können anscheinend damit leben. Unterm Strich verdoppelt sich nach dem Coaching der Umsatz binnen eines halben Jahres. Mein Mann kann auf eine 2/3-Stelle gehen und die Kinder haben genau so viel Eltern wie geplant. RAin Grit Sänger, Berlin Thema Frauenbeauftragten-Frust – wegen der Frauen Brauchen wir überhaupt noch so ein Amt an den juristischen Fakultäten? Viele Jahre lang war ich Frauenbeauftragte der juristischen Fakultät der Ludwig-MaximiliansUniversität in München (LMU), auch stellvertretende Universitätsfrauenbeauftragte. Ein überflüssiges Amt aus den 80-er Jahren? Kann man etwas bewirken, Frauen unterstützen und stärken, und wollen dies die Kolleginnen denn (noch)? Haben Studierende und Wissenschaftlerinnen eine „Sonderbehandlung“ überhaupt noch nötig? In der Sitzung einer Berufungskommission: Ein Lehrstuhl soll neu besetzt werden, die Besetzung der Kommission: neun Professoren, eine wissenschaftliche Assistentin, die Frauenbeauftragte. 40 Bewerbungen, davon vier Bewerberinnen. Schnell sind sich die Herren einig, dass die Kolleginnen leider wissenschaftlich nicht topp sind, dagegen aber doch etliche Herren Kollegen. Man kennt sich, pflegt seit Jahren Kontakte, die einst selbst betreuten Privatdozenten oder Professoren werden wärmstens empfohlen – ein Netzwerk, ständiger Informationsaustausch, gegenseitige Unterstützung. Und die Kolleginnen? „Hab ich nicht nötig.“, „Ich bin nicht auf irgendeine Hilfe angewiesen.“ Frauenbeauftragte? „Aber bitte! Nicht diese Schiene!“ Kein Anruf vor dem Vortrag, was ist so üblich an der LMU? Was wird erwartet? Wer hat sich noch beworben? Aber nein, nichts, mögliche Informationen werden nicht abgefragt. Da kommt es durchaus zu Frauenbeauftragten-Frust – wegen der Frauen. Sicherlich: Ein Stimmrecht wurde in den Kommissionen und im Fachbereichsrat erkämpft - aber was kann frau mit einer Stimme erreichen? Nicht viel, aber eben doch kleine Fortschritte – man geht etwas vorsichtiger und sensibler mit Frauenfragen um, ist sich des Problems zumindest bewusst. Einige Beispiele: Wird heute eine Wissenschaftlerin Mutter, erhält der Lehrstuhl 2.000,- € um eine Vertretung in der Lehre bestellen zu können. Besonders erfreulich: Wir haben ein MentoringProgramm durchsetzen können, das großen Anklang findet. Es gibt endlich an der LMU einen Gender-Lehrstuhl – besetzt mit einer Frau. Wir haben ein Exzellenz-Training für Nachwuchswissenschaftlerinnen. Und: Wir haben ein höchst professionelles Kinderbetreuungsangebot über die pme Familienservice GmbH, einen Uni-Kindergarten, eine Uni-Kinderkrippe und für alle die Möglichkeit (auch für die Studierenden), Kinder stundenweise abgeben zu können. Das sind durchaus Fortschritte für uns Frauenbeauftragte, es ist das Ergebnis von kontinuierlicher und hartnäckiger – auch kämpferischer – Arbeit seit 1989. Vielleicht gelingt es ja mit Hilfe der vielen Stipendien, die wir an exzellente Nachwuchswissenschaftlerinnen vergeben konnten, den Frauenanteil spürbar zu erhöhen – ansonsten: Müssen wir für die Frauenquote kämpfen? Vielleicht sollte aus der „Frauenbeauftragten“ eine „Familienbeauftragte“ werden, wäre dies zeitgerechter? Nein, es ist zu früh. Erst dann, wenn die Frauen in allen Fachbereichen der Universität angemessen und ausgewogen vertreten sind, kann es soweit sein. Bis das aber erreicht ist, werden die Universitäts-Frauenbeauftragten noch viel Frust hinunterschlucken müssen, viel Geduld brauchen und hoffentlich den Kolleginnen auch vermitteln können, dass sie von Anfang an eine seriöse Karriereplanung betreiben und Netzwerke schaffen müssen. Von Beginn des Studiums an! Mich hat das Amt nicht frustriert, ich bin stolz auf diese Fortschritte und denke, das Amt ist (noch) absolut notwendig, um Art. 3 II GG etwas näher zu kommen. Gemeinsame Themen - Dr. Monika Zumstein (l.) und RAin Sabine Feller. Dr. Monika Zumstein, München Foto: Anke Schiller-Mönch Und tröstet es wirklich, dass die Frauenbeauftragten erreicht haben, dass pro berufener Professorin ein „Kopfgeld“ i.H.v. 25.000,- € an die berufende Fakultät bezahlt wird? Wird es helfen? Zweifel sind angebracht. Tatsache ist, dass wir bei der juristischen Fakultät bei 33 Professuren nur zwei Professorinnen haben. 55% unserer Studierenden sind Frauen, nur 1/3 der Doktoranden sind Doktorandinnen, ihre Beurteilungen auffallend schlechter, obwohl die Examensnoten besser als die der Doktoranden waren. Ein Zufall? Wohl kaum, und ebenso kein Zufall ist, dass Frauen nurmehr sehr selten bereit sind zu habilitieren – seit drei Jahren keine einzige Juristin an unserer Fakultät. Kein Wunder: Zwischen 30 und 40 Jahren steht für viele Frauen die Familienplanung an, und die ist schlecht vereinbar mit der Habilitation, Veröffentlichungen, Ortswechsel, befristeten Verträgen. Ein frauenfeindliches Ausbildungssystem. ADVOICE 04/09 27 Magazin Lechts und Rinks kann man doch velwechsern „Die Anwälte" Schily, Ströbele, Mahler - Drei streitbare Lebensläufe im Film Oktober 2009. Eine Dokumentarfilmpremiere im Berliner Traditionskino Delphi. Gedrängel im Foyer, darunter Paparazzi. Bei einem Dokumentarfilm? Die Fotografenmeute ist wegen der Mitglieder des ehemaligen sozialistischen Anwaltskollektivs gekommen und wegen eines Bundesinnenministers a. D. Denn Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Horst Mahler – „Die Anwälte“ sind die Protagonisten des Films. Sie sind Politpromis mit starkem Ego und so bekannt, dass selbst die Klatschspalten ein gewisses Interesse entwickeln. Oder jedenfalls das Feuilleton. Stoff für Diskussionen hat der Film jedenfalls genug. Es geht um bundesdeutsche Geschichte und Politik, den Baader-Meinhoff-Komplex, bewaffneten und unbewaffneten Widerstand, um Gerechtigkeit, Männerfreundschaften und Loyalität, Ruhm und um drei, für Außenstehende, völlig widersprüchliche Biografien. Es geht darum, wie einer wird, was er ist bzw. das, was andere in ihm sehen wollen. Und natürlich geht es um die Juristerei. Anwälte – das ist die Klammer, welche die Dokumentarfilmregisseurin Birgit Schulz ihrem politisch-historischen Film über das Trio gegeben hat. Das Anwaltskollektiv Erst mal klingt es ganz einfach. Der Anwaltsberuf hat die drei Männer zusammengeführt und vor mehr als 40 Jahren ihre Leben untrennbar ineinander verwoben. Als politisch engagierte, linke Anwälte haben sich die Drei kennen gelernt. Ein Foto aus dem Jahr 1973 illustriert diese Geschichte, zu sehen sind zwei Verteidiger und ein Angeklagter mit schütterem Haar, Rauschebart und Brille. Horst Mahler sitzt auf der Anklagebank, Hans-Christian Ströbele wendet sich ihm zu, Otto Schily, mit weißer Krawatte, schaut nachdenklich an der Kamera vorbei. Heute wäre es nicht mehr möglich, das Trio für ein gemeinsames Foto zu gewinnen. Schily und Ströbele gehen sich aus dem Weg, Mahlers Nähe meiden beide. Persönliche Entscheidungen und Überzeugungen haben die Sache schwierig gemacht. Der gemeinsame Weg war wichtig, er war bedeutend über das persönliche Umfeld hinaus, aber er war „befristet“, wie Anwälte sagen würden. Büro, Sozietät, Kanzlei – das sind die gängigen Namen, wenn Anwälte sich zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenschließen. Bei Ströbele und Mahler war das anders. Ströbele und Schily verteidigen 1973 Horst Mahler, der unter anderem wegen schweren Raubs und Gründung einer kriminellen Vereinigung (RAF) vor Gericht steht. Foto: © dpa Am 1. Mai 1969 gründeten sie mit dem Anwalt Klaus Eschen das „sozialistische Anwaltskollektiv“. Ströbele war 1967 als Referendar in Mahlers Kanzlei eingetreten, um ihn in den vielen Strafverfahren um die Studenten-Demonstrationen 1967/68 zu unterstützen. Schily praktizierte in der gleichen Straße. Gerade mal 22.108 Anwälte waren damals in der BRD zugelassen, das klingt, als ob der Beruf damals noch ein Privileg war. Zehn Jahre hatte das „Kollektiv“ Bestand, 1979 wurde es aufgelöst. Der „Senat für Anwaltssachen“ beim Bundesgerichtshof hatte zwischenzeitlich festgestellt, dass die Bezeichnung „sozialistisch“ gegen die Pflichten verstoße, die Anwälten obliegen. Die Bezeichnung sei „unvereinbar mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts und seiner im Gesetz festgelegten Stellung“. Das Wort Kollektiv hatte aber bereits Schule gemacht, die Probleme waren ähnlich: die Praxis der Anwälte des Hamburger Anwaltskollektivs, Blankovollmachten von flüchtigen und womöglich weiterschießenden RAF-Mitgliedern entgegenzunehmen, wurde von der Bundesanwaltschaft als standeswidrig eingestuft. Radikales Engagement Es waren schwierige Zeiten für einen engagierten Anwalt damals. Der Spiegel stellte 1972 fest: „Was für einen Anwalt bei der Wahrnehmung von Mandanten-Interessen erlaubt, was nicht erlaubt ist – diese ohnehin kurvenreiche Grenze ist erkennbar schwer einzuhalten, wenn herkömmlicher Anwaltskodex und radikales Engagement in Widerstreit geraten.“ Aus der Kurve getragen hat es den Anwalt Ströbele – vorübergehend. Er hat durch seine Verteidigung selbst eine Bewährungsstrafe kassiert, er wurde direkt vor Beginn des Stammheim-Prozess ausgeschlossen. „Baader stand plötzlich ohne Anwalt seines Vertrauens dar.“ Aus heutiger Sicht wirkt das anwaltliche Engagement der drei Männer nur wie eine Durchgangsstation. Es war Sprungbrett für die politischen Karrieren von Otto Schily und Hans-Christian Ströbele. Springer, Stammheim, Mahler – in spektakulären Prozessen standen sie im Rampenlicht, später haben sie die Partei „Die Grünen“ mitbegründet und in den Bundestag geführt. Doch der gerade Weg ist für Schily damit vorbei. Er hat sich vom RAF-Verteidiger, der dem Staat sehr genau auf die Finger sah, zum Minister, der nach dem 11. September 2001 harte Sicherheitsgesetze auf den Weg brachte, gewandelt. Fortsetzung > Seite 31 28 ADVOICE 04/09 Magazin Die Toten von Stammheim Die Einen über die Anderen Die eigene Kindheit STRÖBELE - ÜBER DIE TOTEN VON STAMMHEIM MAHLER ÜBER SCHILY SCHILY – ÜBER SEINE KINDHEIT »Das war eine Nacht, die von Enttäuschung und Verzweiflung geprägt gewesen ist ... Völlige Bestürzung - und ich konnte mir nicht vorstellen, dass Waffen in die Zellen reingekommen sind und dass sich Baader, Ensslin und Raspe selber umgebracht haben. Und ich habe es deshalb als meine Pflicht angesehen, alles dafür zu tun, dass dieses unabhängig, möglichst durch eine international besetzte Kommission aufgeklärt wird.« »Seine Gegner beschreiben ihn als eitel; ich würde diese Vokabel nicht auf sein Verhalten anwenden. Das war nicht Eitelkeit, sondern das Bewusstsein, dass er zu einer geistigen Elite des Anwaltsstandes gehörte. Das war zweifellos der Fall. Er gehörte zur Elite der deutschen Anwaltschaft. Er hatte Fähigkeiten, die andere nicht haben und lange Zeit vergeblich sich mühen, sich das anzulernen. Das schaffen sie nicht, das muss angeboren sein.« »Also, ich kann einen Satz meiner Mutter sagen. Die hat gesagt: „Du kannst werden, was du willst, bleib nur ein anständiger Mensch.“ Also, ganz schlicht. Und dann war da noch die Offenheit meiner Eltern, die mir diese wunderbare Mitgift fürs Leben der künstlerischen Tätigkeit mit auf den Weg gegeben haben. Ursprünglich wollte ich gerne Dirigent werden. Ich war ja nun mit der Musik sehr verbunden, habe auch mal versucht, eine kleine Komposition zu schreiben. Das war aber alles ziemlich läppisch, und dann habe ich doch erkannt, dass mein Talent dafür nicht ausreicht.« »Ja, es ist ganz eindeutig ein Gefühl des Gescheitertseins, der Niederlage, wenn es in mehreren Fällen nicht gelungen ist, wenigstens das Leben der Mandanten im Gefängnis zu retten.« »Zur RAF-Zeit war Schily ja einer der Vorreiter des Widerstandes gegen diese Entwicklung, die er jetzt mit seinem Sicherheitswahn ins Extreme gesteuert hat, wo man sagt, also: Der Mann hat sich damit selbst zerstört.“« SCHILY - ÜBER DIE TOTEN VON STAMMHEIM »Dann erreicht mich die Nachricht, die Untersuchungsgefangenen in Stammheim sind tot, und einer davon ist erschossen worden. Das kann ich natürlich überhaupt nicht begreifen, wie es möglich ist, jemand dort zu erschießen, da muss ich zunächst mal Fremdverschulden annehmen. Und deshalb sind wir auch zu der Obduktion gegangen. Was schwer emotional zu verarbeiten ist, wenn Sie jemanden auf dem Obduktionsbett liegen sehen, mit dem sie bisher als Mandant geredet haben.« »Wenn man etwas tiefer versucht, in die Geschichte einzudringen, dann muss man natürlich schon die Frage stellen: Wie kommt es, dass ein Mensch wie Holger Meins, der ein überzeugter Pazifist war, ... dann meint, er muss diesem Staat militant gegenüberstehen, ... Was da passiert ist, das rechtfertigt kein einziges Attentat, aber ich glaube, wenn wir die Geschichte begreifen wollen, muss man diese Tragödie sehen. Alle diese Menschen, ... hätten einen wichtigen Beitrag leisten können für unsere Gesellschaft.« »Also, ich kann mir vorstellen, dass er also voll davon überzeugt ist, dass ich schlicht politischer Unrat bin und auch als Mensch völlig indiskutabel. Das würde zu der Einschätzung passen, die ich heute von ihm habe. Ich würde mir das zur Ehre gereichen lassen.« SCHILY ÜBER MAHLER »Die Entwicklung von Horst Mahler in die rechte Szene ist eine Tragödie.« »Ich erinnere mich daran, dass ich durch nichts so aufgewühlt wurde wie Ungerechtigkeiten, die entweder mir selber passiert sind oder anderen. Also ich erinnere mich, dass ich mich dann brüllend in mein Zimmer eingeschlossen habe und irgendwie erwartete, dass das gelöst wurde. Meine Mutter hat dann meistens die Vermittlerin gespielt und hat das dann aufgelöst, aber irgendwann und irgendwie muss mir ein Gerechtigkeitsempfinden gekommen sein, dass ich mich über nichts so sehr erregen konnte wie eine Ungerechtigkeit.« MAHLER – ÜBER SEINE KINDHEIT MAHLER ÜBER STRÖBELE »Er ist einfach menschlich von einer Wärme – er hat sich dann auch sehr um meine Familie gekümmert, als ich im Gefängnis war, und hat sich absolut loyal verhalten und hat alle seine Möglichkeiten ausgeschöpft, diesen Ausfall meiner Person als Ernährer der Familie auszugleichen, indem er meiner Frau eine Anstellung an der Universität besorgt hat.« STRÖBELE ÜBER MAHLER MAHLER - ÜBER DIE TOTEN VON STAMMHEIM »Dass wenn sie vor sich haben „es geht nichts mehr“, lebenslänglich, dass sie sich das nicht ansehen wollten, dass es klar war, dass sie dann dem ein Ende machen wollen und dann auch die Entschlossenheit, wenn es denn notwendig ist, den eigenen Körper und damit auch das Verschwinden des Körpers zu einer Waffe zu machen.« STRÖBELE – ÜBER SEINE KINDHEIT »Ich will mich dazu nicht äußern, da fehlen mir die Worte.« »Ich wollte in die Politik; das war die große Angst meiner Mutter, weil sie sagte, also Politiker sind schlechte Menschen. Ich habe mir die Haare so geschnitten wie Adolf Hitler und habe mich dann hingestellt und habe Reden gehalten. Gott, was macht man als kleines Kind? Man spielt irgendeine Rolle, die man sich als Ideal vorstellt. Das war schon immer irgendwie in mir drin; dann wusste ich, wenn du in den Staat gehen willst, musst du das Recht studieren. Es war also von vornherein klar, ich wollte nicht Mediziner werden, ich wollte nicht Pilot werden, ich wollte nicht Lokomotivführer werden, ich wollte Politiker werden.« Die hier zitierten Aussagen der filmische Protagonisten stammen allesamt aus dem Dokumentarfilm „Die Anwälte“ von Birgit Schulz. > www.die-anwaelte.realfictionfilme.de ADVOICE 04/09 29 Magazin Anwaltsbiografien Otto Schily Horst Mahler Hans-Christian Ströbele Otto Georg Schily wurde am 20.06.32 in Bochum als Sohn eines Hüttendirektors geboren. Nach dem Abitur studierte Schily Rechtswissenschaften und wurde 1963 Rechtsanwalt. Vermutlich wäre er ein saturierter Rechtberater geworden, denn er vertrat bis 1967 vor allen Dingen die Interessen von Grundstückseigentümern. Im Zuge der Studentenproteste wechselte Schily das Lager. Auf Empfehlung des früheren RAF-Terroristen Horst Mahler übernahm er die Vertretung der Nebenklage im Fall Ohnesorg. Er freundete sich mit führenden Linken, u. a. mit Rudi Dutschke an und wurde 1968 Rechtsbeistand der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin. In den RAF-Prozessen um die Köpfe Baader, Meinhof und Ensslin bezweifelte Schily deren Selbsttötungen und bezichtigte stattdessen den Staat, mit den Todesfällen in Verbindung zu stehen. Im Jahr 1980 gehörte er zu den Gründungsvätern der Partei Die Grünen, die er aber 1989 nach innerparteilichen Querelen verließ. Er wurde 1990 SPDMitglied und im Kabinett Schröder Bundesinnenminister. Für Aufsehen sorgte Schily mit seiner Weigerung, vor dem Deutschen Bundestag seine Nebeneinkünfte offen zu legen. Heute ist Schily in pat Berlin Rechtsanwalt. Der am 23.01.36 in Haynau geborene Horst Mahler gehört heute zu dem führenden Personenkreis der rechtsextremistischen Szene. Entgegen seiner heutigen rechtsradikalen Haltung begann Mahler als Rechtsanwalt Mitte der 1960er Jahre im linksextremen Spektrum. Er vertrat vornehmlich in Strafsachen die Mitglieder der Außerparlamentarischen Opposition (APO) und schloss sich 1970 als Mitbegründer der Rote Armee Fraktion (RAF) an. Mahler war an der Befreiung von Andreas Baader und an Banküberfällen beteiligt, weswegen er zu einer 14jährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Diese musste er jedoch nur zu zwei Dritteln absitzen. Dafür eingesetzt hatte sich sein damaliger Verteidiger und späterer Bundeskanzler Gerhard Schröder. Noch während seiner Haftzeit orientierte sich Mahler politisch um. Er sympathisierte mit der NPD, in die er 2000 eintrat. Nach seinem Austritt im Jahre 2003 sorgte Mahler in der Öffentlichkeit mit einer Vielzahl von antisemitischen Äußerungen und der Leugnung des Holocaust für Aufsehen. Mahler verbüßt gegenwärtig eine sechsjährige Haftstrafe wegen Volksverhetzung. Seine Anwaltszulassung wurde ihm von der Anwaltskammer Berpat lin entzogen. Geboren wurde der Mitbegründer der Partei Die Grünen und der Tageszeitung TAZ am 07.06.39 in Halle an der Saale. Hans Christian Ströbele besuchte in Marl das Gymnasium und leistete im Anschluss an das Abitur seinen Wehrdienst ab. Darauf folgend studierte er Jura an der Universität Heidelberg und arbeitete im Referendardienst unter anderem für die Kanzlei von Horst Mahler. Nach dem Erhalt des zweiten Staatsexamens verteidigte Ströbele namhafte RAF-Angehörige, so den Kopf der Baader-Meinhof-Bande Andreas Baader und später Horst Mahler gemeinsam mit Otto Schily. Als Folge der Rechtsvertretung der RAF-Führungsriege geriet Ströbele in das Fadenkreuz staatsanwaltlicher Ermittlungen und wurde 1983 rechtskräftig wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Seine anwaltliche Zulassung behielt er jedoch. In der Folgezeit seiner politischen Tätigkeit musste sich Ströbele wiederholt für seine damalige Verteidigung der RAF-Mitglieder rechtfertigen und stand deswegen in der öffentlichen Kritik. Einen Namen machte sich der in Berlin lebende Bundestagsabgeordnete vor allem durch sein Nein zu Auspat landseinsätzen der Bundeswehr. Otto Schily Horst Mahler Hans-Christian Ströbele 30 ADVOICE 04/09 Foto: © dpa Übersicht 2010 OKTOBER NOVEMBER DEZEMBER 01 FR 01 MO 01 MI 02 SA 02 DI 02 DO 03 SO 03 MI 03 FR 04 MO 04 DO 04 SA 05 DI 05 FR F O R U M „ S t a r t i n d e n A n w a l t s b e r u f “, D ü s s e l d o r f 05 SO 06 MI 06 SA F O R U M „ S t a r t i n d e n A n w a l t s b e r u f “, D ü s s e l d o r f 06 MO 07 DO 07 SO 07 DI 08 FR 08 MO 08 MI 09 SA 09 DI 09 DO 10 SO 10 MI 10 FR 11 MO 11 DO 11 SA 12 DI 12 FR 12 SO 13 MI 13 SA 13 MO 14 DO 14 SO 14 DI 15 FR 15 MO 15 MI 16 SA 16 DI 16 DO 17 SO 17 MI 17 FR 18 MO 18 DO 18 SA 19 DI 19 FR 19 SO 20 MI 20 SA 20 MO 21 DO 21 SO 21 DI 22 FR 22 MO 22 MI 23 SA 23 DI 23 DO 24 SO 24 MI 24 FR Heiligabend 25 MO 25 DO 25 SA Weihnachten 26 DI 26 FR 26 SO Weihnachten 27 MI 27 SA 27 MO 28 DO 28 SO 28 DI 29 FR 29 MO 29 MI 30 SA 30 DI 30 DO 31 SO 31 FR Tag der Dt. Einheit Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Winterzeit (-1 Stunde) Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Totensonntag 1. Advent 2. Advent Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer 3. Advent 4. Advent Ve r j ä h r u n g ! Silvester FORUM Junge Anwaltschaft im DAV www.davforum.de JANUAR FEBRUAR MÄRZ 01 FR 01 MO 01 MO 02 SA 02 DI 02 DI 03 SO 03 MI 03 MI 04 MO 04 DO 04 DO 05 DI 05 FR 05 FR 06 MI 06 SA 06 SA 07 DO 07 SO 07 SO 08 FR 08 MO 08 MO 09 SA 09 DI 09 DI 10 SO 10 MI 10 MI 11 MO 11 DO 11 DO 12 DI 12 FR 12 FR 13 MI 13 SA 13 SA 14 DO 14 SO 14 SO 15 FR 15 MO 16 SA 15 MO Rosenmontag 16 DI 17 SO 16 DI Fastnacht 17 MI 18 MO 17 MI Aschermittwoch 18 DO 19 DI 18 DO 19 FR 20 MI 19 FR 20 SA 21 DO 20 SA 21 SO 22 FR 21 SO 22 MO 23 SA 22 MO 23 DI 24 SO 23 DI 24 MI 25 MO 24 MI 25 DO 26 DI 25 DO 26 FR 27 MI 26 FR 27 SA 28 DO 27 SA 28 SO 29 FR 28 SO 29 MO 30 SA 30 DI 31 SO 31 MI Neujahr Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Stuttgarter Juristenball, Liederhalle Stuttgart Sommerzeit (+1 Stunde) Übersicht 2010 APRIL MAI 01 SA 02 JUNI 01 DI SO 02 MI 03 MO 03 DO 04 DI 04 FR Morgen Umsatzsteuererklärung fällig! Maifeiertag 01 DO 02 FR 03 SA 04 SO Ostersonntag 05 MI 05 SA „15 Jahre FORUM Junge Anwaltschaft“, Berlin 05 MO Ostermontag 06 DO 06 SO „15 Jahre FORUM Junge Anwaltschaft“, Berlin 06 DI 07 FR 07 MO 07 MI 08 SA 08 DI 08 DO 09 SO 09 MI 09 FR FORUM „Start in den Anwaltsberuf“, Berlin 10 MO 10 DO 10 SA FORUM „Start in den Anwaltsberuf“, Berlin 11 DI 11 FR 11 SO 12 MI 12 SA 12 MO 13 DO D A T, A a c h e n 13 SO 13 DI 14 FR D A T, A a c h e n 14 MO 14 MI 15 SA D A T, A a c h e n 15 DI 15 DO 16 SO 16 MI 16 FR 17 MO 17 DO 17 SA 18 DI 18 FR 18 SO 19 MI 19 SA 19 MO 20 DO 20 SO 20 DI 21 FR 21 MO 21 MI 22 SA 22 DI 22 DO 23 SO Pfingstsonntag 23 MI 23 FR 24 MO Pfingstmontag 24 DO 24 SA 25 DI 25 FR 25 SO 26 MI 26 SA 26 MO 27 DO 27 SO 27 DI 28 FR 28 MO 28 MI 29 SA 29 DI 29 DO 30 SO 30 MI 30 FR 31 MO Karfreitag Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Morgen Umsatzsteuererklärung fällig! Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Christi Himmelfahrt Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer FORUM Junge Anwaltschaft im DAV JULI Terminänderung gem. § 227 ZPO möglich i n d e r F r i s t 1 . J u l i - 31 . A u g u s t 2 010 www.davforum.de AUGUST SEPTEMBER 01 SO 01 MI 01 DO 02 FR 02 MO 02 DO 03 SA 03 DI 03 FR 04 SO 04 MI 04 SA 05 MO 05 DO 05 SO 06 DI 06 FR 06 MO 07 MI 07 SA 07 DI 08 DO 08 SO 08 MI 09 FR 09 MO 09 DO 10 SA 10 DI 10 FR 11 SO 11 MI 11 SA 12 MO 12 DO 12 SO 13 DI 13 FR 13 MO 14 MI 14 SA 14 DI 15 DO 15 SO 15 MI 16 FR 16 MO 16 DO 17 SA 17 DI 17 FR 18 SO 18 MI 18 SA 19 MO 19 DO 19 SO 20 DI 20 FR 20 MO 21 MI 21 SA 21 DI 68. Deutscher Juristentag Berlin 22 DO 22 SO 22 MI 68. Deutscher Juristentag Berlin 23 FR 23 MO 23 DO 68. Deutscher Juristentag Berlin 24 SA 24 DI 24 FR 68. Deutscher Juristentag Berlin 25 SO 25 MI 25 SA 26 MO 26 DO 26 SO 27 DI 27 FR 27 MO 28 MI 28 SA 28 DI 29 DO 29 SO 29 MI 30 FR 30 MO 30 DO 31 SA 31 DI Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Ende der Frist Terminänderung gem. § 227 ZPO Zahlung & Meldung Umsatz- / Lohnsteuer Magazin Fortsetzung von Seite 28 Von APO bis NPD Der Anwalt Mahler hat zweimal seine Zulassung verloren (1974 und 2004). Zurzeit verbüßt er eine 6-jährige Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung und Holocaustleugnung. Mahler verkörpert in seinem Werdegang das gesamte politische Spektrum jüngster deutscher Geschichte. Er war APOAnwalt, Mitbegründer des sozialistischen Anwaltskollektivs und Anwalt der NPD. 1967 vertrat er die Kommunarden. Er beriet den Zentralen Ausschuss der außerparlamentarischen Opposition (APO) in politischen und juristischen Belangen. Die Staatsanwaltschaft versuchte schon 1968 ein Berufsverbot wegen der Teilnahme an Anti-SpringerDemonstrationen gegen ihn durchzusetzen. Später verurteilt ihn das West-Berliner LG zu Schadensersatz in Höhe von rund 75.800 Mark an das Verlagshaus für die Schäden, die 1968 bei den Protesten vor dem Berliner Springer-Hochhaus entstanden waren. Im Strafprozess erhält er zehn Monate Haft auf Bewährung. Wolf Biermann spendet ihm das Preisgeld seines Fontane-Preises, da er die Frankfurter Kaufhausbrandstifter Andreas Baader und Gudrun Ensslin verteidigt. Das RAFMitglied Horst Mahler wird zu zwölf Jahren Freiheitsentzug wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit Gründung einer kriminellen Vereinigung verurteilt, verteidigt von Otto Schily und Hans-Christian Ströbele. Der spätere Bundeskanzler Gerhard Schröder, damals JusoVorsitzender, erreicht 1980 seine vorzeitige Entlassung. 1988 hat sich der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofes von einer „echten Wandlung“ Mahlers überzeugt und spricht ihm die Anwaltszulassung wieder zu, er eröffnet eine Kanzlei in West-Berlin. Im Jahr 2000 tritt er der NPD bei und verteidigt sie erfolgreich in dem Verbotsverfahren bis zum Bundesverfassungsgericht. 2003 tritt er aus der NPD aus. Im Februar 2004 wird er wegen Volksverhetzung zu einer Haftstrafe von neun Monaten verurteilt, ein vorläufiges Berufsverbot wird verhängt. Er verliert zum zweiten Mal seine Anwaltszulassung. Ströbele bleibt sich treu Hans-Christian Ströbele ist seit 40 Jahren zugelassener Anwalt, betreibt immer noch eine Kanzlei. Das Gefühl, es solle bei Aufklärung des Todes von Benno Ohnesorg etwas vertuscht werden, stört sein „Gerechtigkeitsempfinden“. Später bezeichnet er RAF-Mitglieder als „Genossen“ und wird auf Bewährung zu zehn Monaten Haft wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Otto Schily ist sein Anwalt. Seine aktuelle Stellungnahme dazu: „Verurteilt wurde ich ausschließlich wegen der Beteiligung an dem Infosystem. Das Infosystem war von uns Verteidigern im Anwaltsbüro eines Mitverteidigers in Hamburg eingerichtet worden. Es war gedacht als Hilfsmittel, um die ge- meinsame Verteidigung, die damals noch gesetzlich zulässig war, gegen eine gemeinsame Anklage der Gefangenen aus der RAF und ihren zahlreichen Verteidigern zu koordinieren und zu organisieren. Daneben diente es auch der Beschäftigung und Diskussion der Untersuchungsgefangenen, die unter der abgeschotteten und isolierten Unterbringung in den Gefängnissen litten und zum Teil dadurch auch krank geworden waren...“ Ströbele, der führende RAF-Mitglieder verteidigt, wird kurz vor Prozessbeginn von der Verteidigung im Prozess in Stuttgart-Stammheim ausgeschlossen. Der Versuch, ihm seine Anwaltszulassung streitig zu machen, scheitert in allen Instanzen. Glaube ans Recht Der Anwalt Otto Schily glaubt an das Recht. In dem Film räumt er einen seiner größten Irrtümer ein, die genau auf diesem Glauben beruhen. Er hatte eine Mandantin, das RAF-Mitglied Katharina Hammerschmidt, 1972 überredet, sich den deutschen Behörden zu stellen. Trotzdem kommt sie in Untersuchungshaft und bleibt dort bis zu ihrem Tod. Sie stirbt dort drei Jahre später an Krebs. Sie hatte – so die Materialien zum Film – im Gefängnis die nötige Behandlung nicht bekommen. Anwalt Schily war überrascht, dass sie überhaupt inhaftiert wurde. Es wirkt, als ob er einen Teil der Schuld an ihrem Tod bei sich selbst sieht. Schily verteidigt Anfang der 70er Horst Mahler und später Ströbele. Im Stammheimprozess hält er sein Plädoyer statt im Gerichtssaal in einem Hotel vor der Öffentlichkeit. Zu den (angeblichen) Selbstmorden seiner Mandanten Gudrun Ensslin und Andreas Baader sagt er: „Dann erreicht mich die Nachricht, die Untersuchungsgefangenen in Stammheim sind tot, und einer davon ist erschossen worden. Das kann ich natürlich überhaupt nicht begreifen, wie es möglich ist, jemand dort zu erschießen, da muss ich zunächst mal Fremdverschulden annehmen.“ 1986 stellt Otto Schily wegen des Verdachts der Falschaussage vor den Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im Mainzer Landtag zur Parteispenden-Affäre Strafanzeige gegen Bundeskanzler Helmut Kohl. Später ist er Vorsitzender des Treuhand-Untersuchungsausschusses des Bundestages. 1998 ist er noch ein Gegner des „Großen Lauschangriffs”, als Innenminister ändert sich das. in der Regel vor den Verhandlungstüren der Karlsruher Verfassungshüter. Das Duell heißt: Schily gegen Mahler. Verhandelt wird das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Kläger ist der SPD-Bundesinnenminister Otto Schily, Verteidiger für die NPD: Horst Mahler, inzwischen NPD-Mitglied und Holocaust-Leugner. Hans-Christian Ströbele nimmt an dem Verfahren als der parlamentarische Kontrolleur teil. Ein Juristenduell mit Vorgeschichte. Allein dafür lohnt sich der Film. Die Regisseurin hat die drei Anwälte für ihre Interviews in einen Berliner Gerichtssaal geholt. Schily spricht über seine RAF-Verteidigungen, obwohl er das sonst kategorisch ablehnt. Er glaubt an das Recht, auch als Innenminister. Ströbele spricht über Gerechtigkeit, Mahler über die gemeinsamen Jahre. Und alle geben auch mehr oder weniger beredte Statements zu den anderen ab. Damals hat diese Männer der Kampf für ihre Vorstellungen von einer »linken Gerechtigkeit« verbunden. Sie sind Risiken eingegangen, als sie sich mit Menschen zu solidarisiert haben, die als Staatsfeinde galten. Heute verbindet sie eine gemeinsame Geschichte, die sehr viel mit Justizgeschichte zu tun hat. Sie sind sich aus dem Weg gegangen, trotz Bundestagsmandat und Regierungskoalition. Heute ist der eine SPDBundesinnenminister a.D., der andere ist das linke Gewissen der Grünen im Bundestag und der Dritte einer der Anführer der rechten Szene. Ströbele ist der unbeirrbare Linke, Schily der Bürgerliche in der konservativen Mitte, Mahler der Rechtsextreme. «Jeder der Drei würde sagen, dass sein Weg kontinuierlich und konsequent war», sagt Schulz, die drei Jahre an dem Film gearbeitet hat. Das Ereignis ist nicht der Film, das Ereignis ist, dass es diesen Film überhaupt gibt. Deshalb waren die Fotografen zur Dokumentarfilmpremiere gekommen. Horst Mahler konnte nicht. Ströbele und Schily tauschten ein „Grüß Dich“ aus und nahmen später gemeinsam den warmen Applaus des Premierenpublikums entgegen. Gut, dass es diesen Film gibt. RA Tobias Sommer, Berlin Mehr Informationen im Internet unter: Treffen unter Feinden Knapp 30 Jahre nach dem legendären Foto treffen sich Schily, Ströbele und Mahler in einem Gerichtssaal wieder. Der Ort für dieses kleine Schauspiel könnte nicht besser ausgedacht sein. Es ist das rechtlich erhabenste, was einem Juristen in Deutschland passieren kann. In roten Roben werden hier Grundsatzfragen des Rechts und der Gesellschaft verhandelt. Der politische Wille bleibt > > > > www.die-anwaelte.realfictionfilme.de www.otto-schily.de/ www.stroebele-online.de www.wikipedia.org/wiki/Horst_Mahler Im Kino: seit 19.11.09 Prädikat: besonders wertvoll ADVOICE 04/09 31 Magazin Die RVG-Frage Unsicherheiten im RVG kann sich kein Anwalt leisten. Viel zu oft verschenken wir Geld, weil auch das RVG inzwischen eine Spezialmaterie ist. Gerade das RVG hält ein paar Fallen für Berufsanfänger bereit. Vertiefte RVG-Kenntnisse sind unverzichtbar. In loser Folge stellen wir typische und untypische Vergütungsfragenund Antworten zu Anwaltsrechnungen vor. Eure Fragen und Tipps sind willkommen. FRAGE Kollege auf der Gegenseite hat die volle außergerichtliche Gebühr mit der Klage geltend gemacht. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass nur der nicht anrechenbare Teil mit eingeklagt werden kann und auch zugesprochen werden dürfte. Er stellt sich stur – zu Recht? Ein Beispiel ist die Anrechnung der außergerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr auf die nachfolgende Verfahrensgebühr. Was zu BRAGO-Zeiten ganz einfach war (die Geschäftsgebühr wurde komplett auf die Prozessgebühr angerechnet), wird seit den fünf Jahren, die das RVG jetzt gilt, in höchst differenzierter Weise gehandhabt. Durch eine Klarstellung soll es jetzt einfacher werden. Mit dem neuen § 15 a und dem neuen § 55 Abs. 5 RVG wurde die bisherige Rechtsprechung zur Anrechnung der Geschäftsgebühr hinfällig. Nunmehr kann der Rechtsanwalt entscheiden, welche der Gebühren er fordert. Insgesamt darf jedoch nicht mehr als der um den Anrechnungsbetrag verminderte Gesamtbetrag der beiden Gebühren verlangt werden. Es bleibt also dem Anwalt überlassen, ob er die Geschäftsgebühr in voller Höhe oder nur zum Teil mit einklagt und welche Gebühren im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden. In der Praxis geht man zur Ermittlung des korrekten Betrages wie folgt vor: Die Postpauschale nebst anteiliger Umsatzsteuer bleibt auch bei Anrechnung bestehen, entsteht also sowohl im vorgerichtlichen als auch im gerichtlichen Verfahren! Welche Gebühren und Auslagen sind entstanden und anzurechnen? ANTWORT Anrechnung Geschäftsgebühr – kurzer Überblick Wie hoch ist der Gesamtbetrag der Gebühren? Für viele ist das RVG ein Buch mit sieben Siegeln und die hierzu existierenden Fachzeitschriften und Bücher tragen nicht immer zur Aufklärung bei. Regeln und Ausnahmen von der Regel verwirren; unterschiedliche Rechtsprechung tut ihr Übriges. Berechnung der Anrechnung (die Hälfte, maximal 0,75) Nachtrag ADVOICE 04/09 TIPP Im Rahmen der Festsetzung der Prozesskostenhilfe nach § 55 RVG ist anzugeben, ob Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr erfolgt sind. Ist dies nicht der Fall, so sind die Kosten in voller Höhe festzusetzen. Ilona Cosack, ABC AnwaltsBeratung Mainz zu „Das selbstständige Beweisverfahren“ / AdVoice 3 / 2009 In unserem Aufsatz „Das selbstständige Beweisverfahren“ in der Advoice 3/2009 haben wir auf S. 28 in der linken Spalte, 3. Absatz am Ende geschrieben: „Die Gebühren des Beweisverfahrens werden nicht auf das Hauptverfahren angerechnet.“ Dies ist nicht ganz richtig. Nach Vorbemerkung 3 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG in Abs. 5 wird die Verfahrensgebühr in dem Maße angerechnet, in dem der Gegenstand des selbstständigen Beweissicherungsverfahrens in das Hauptverfahren übergeht. Die Terminsgebühr und andere Gebühren werden nicht angerechnet. Wir wollten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass früher wegen § 37 BRAGO die Gebühren des selbstständigen Beweissicherungsverfahrens vollständig auf die des Hauptverfahrens 32 Abzug des Anrechnungsbetrages vom Gesamtbetrag Wird anstelle des Klageverfahrens das Mahnverfahren betrieben, empfiehlt es sich, in Zeile 44 im Feld „Anwaltsvergütung für vorgerichtliche Tätigkeit“ die um den Anrechnungsbetrag verminderte Geschäftsgebühr anzugeben. Dann setzt das Mahngericht die Kosten des Mahnverfahrens in voller Höhe hinzu. (soweit der Streitgegenstand identisch war) angeDie Autoren (Franz und Preiss) rechnet wurden. In einem Leserbrief zu diesem Thema empfiehlt der Kollege Gregor Zillich, den Beweistermin vor Ort immer wahrzunehmen: „Bisweilen agieren die Gutachter sehr selbstherrlich gegenüber den nur allein anwesenden Parteien. Teilweise wird vom Gutachter nicht nur der Auftrag abgearbeitet, sondern auch noch rechtlicher Blödsinn erzählt. Teilweise arbeitet der Gutachter auch inhaltlich nicht richtig und ist geschwätzig, weswegen er auf seinen unparteiischen Auftrag hingewiesen werden sollte. Der Gutachter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, § 406 ZPO, auch noch und gerade nach dem Ortstermin – möglichst unverzüglich, auf jeden Fall innerhalb der Zwei-Wochen-Frist. Zu spät ist der Antrag, wenn er erst nach Erstattung des Gutachtens gestellt wird. Wenn das erstattete Gutachten schlecht ist, kann ein weiteres Gutachten – allerdings durch die Partei finanziert – auf Grundlage des erstatteten Gerichtsgutachtens beauftragt werden und beim Gericht eingereicht werden mit dem Antrag, einen Obergutachter mit einem neuen Gutachter zu beauftragen, §§ 286, 412 ZPO. Dadurch wird die Sache zwar insgesamt teurer, dem Mandanten ist das jedoch meist lieber, als mit dem für ihn schlechten Gutachten ein unsicheres Hauptsacheverfahren durchzuführen. Lieber so früh wie möglich den Anspruch festmachen und klarstellen lassen.“peh Magazin Praxiswert ist Rechensache BRAK billigt neue Bewertungsrichtlinien für Anwaltskanzleien Checkliste für Kauf / Verkauf 1. Mandantenverzeichnis nach Person und übertragener Angelegenheit 2. Mandantenvermittler (event. Beziehung zu diesem, übertragbar?) 3. Offene Forderungen abgerechnet nicht abgerechnet Einbringlichkeit sicher Einbringlichkeit fraglich 4. Verbindlichkeiten allgemein zu viel erhaltene Vorschüsse Haftungsfälle bekannt od. denkbar (bei Vermögensschadenshaftpflicht gemeldet/nicht gemeldet) 5. Freistellung des Verkäufers 6. Mitarbeit des Übergebers wichtig für Mandatsübergang 3 bis 6 Monate, eventuell gegen Entgelt /ohne Entgelt 7. Dauerverträge, Mietverträge, Arbeitsverträge, Versorgungsverträge, Leasingverträge; (insbesondere auch Laufzeit und Kündigungsmöglichkeit) 8. Versicherungsverträge von Bürohaftpflicht bis Vermögensschadenshaftpflicht 9. Verschwiegenheitspflicht 10. Steuerliche Fragen vom Einzelfall abhängig, Fachmann einschalten RA Dr. Jürgen F. Ernst, München 34 ADVOICE 04/09 Vielfältig und von der Zahl her steigend sind die Anlässe zur Bewertung von Anwaltspraxen oder Anteilen an solchen. Sie reichen vom Kauf/ Verkauf, der Regelung von Ausscheidensfolgen aus Anwaltsgesellschaften bis zur Überprüfung auf Sittenwidrigkeit vertraglicher Bewertungsoder Abfindungsregeln. Bei der Wahl der Bewertungsmethoden (Ertragswertmethoden mit verschiedenen Untergruppierungen oder Umsatzmethode) hat sich die BRAK für letztere entschieden, weil diese Umsatzmethode einfach zu handhaben ist und im Allgemeinen zu dem vom Bewertungsanlass vorgegebenen Stichtag ein akzeptables und von den Beteiligten wenig beeinflussbares Ergebnis bringt. Neben dem eigentlichen Substanzvermögen (z. B. Einrichtung) und den im Einzelnen festzustellenden Forderungen (Einbringlichkeit unter Abzug der Verbindlichkeiten) stellt der ideelle Wert einer Praxis (auch Good Will genannt) den Kernbereich einer Anwaltspraxis dar. Dessen Bewertung erfolgt in zwei Stufen: Stufe 1 Feststellung der Bemessungsgrundlage: Hierzu werden die Kanzleiumsätze der letzten drei vollständigen Geschäftsjahre addiert und zur Berücksichtigung einer zukünftigen Kanzleientwicklung mit einer Verdoppelung des Umsatzes des letzten Jahres durch vier geteilt (Jahr 1 + Jahr 2 + (Jahr 3 x 2))÷4. Bei auffälligen Umsatzschwankungen innerhalb dieses Zeitraumes müssen diese Schwankungen auf ihre Ursachen überprüft, und soweit sie nicht wiederholbar erscheinen, aus dem jeweiligen Jahr herausgerechnet werden, da die Bemessungsgrundlage auf der Wiederholbarkeit des Jahresumsatzes beruht. Auch ist bei Kanzleien, deren Umsatz auf nur wenigen Großmandanten (Großmandaten) beruht, die Gefahr des Wegbrechens solcher Umsatzteile zu berücksichtigen, insbesondere wenn die zugrundeliegenden Mandate auf persönlichen Beziehungen des bisherigen Betreibers zu etwaigen Geschäftsführern oder Inhabern von Mandatserteilern oder auch ständigen Mandatsvermittlern beruhen. Stufe 2 Auf die festgestellte Bemessungsgrundlage ist der für den konkreten Bewertungsfall festzusetzende Berechnungsfaktor anzusetzen. Dieser ergibt sich aus den Gesamtumständen der zu beurteilenden Praxis und liegt zwischen 0,3 und 1,0 des jeweiligen Nettoumsatzes. Bei der Ausfüllung dieses Rahmens ist primär das Verhältnis von Gewinn zu Umsatz zu berücksichtigen, darüber hinaus die Ausbaufähigkeit, eventuell die Sicherheit der Beibehaltung des bisherigen Kanzleisitzes und des eingearbeiteten Personals. Zwei Gesichtspunkte sind von entscheidender Bedeutung bei der Prognose: inwieweit aus dem bestehenden bisherigen Mandantenkreis weitere neue Mandate erteilt werden oder Empfehlungen ausgesprochen werden zugunsten des jeweiligen Kanzleiinhabers. Für den Fall der Praxisübergabe und damit einen eventuellen Verkauf sind jedoch für die Preisgestaltung noch eine Vielzahl anderer Umstände in die Überlegungen mit einzubeziehen. Nur beispielhaft seien aufgeführt gleiche Fachanwaltschaft, gleiche Tätigkeits- oder Interessensschwerpunkte, eine zeitliche befristete Mitarbeit des früheren Kanzleiinhabers, sei es gegen Entgelt oder auch unentgeltlich, die jeweilige Kostenstruktur und deren Änderungsmöglichkeiten. Stets muss aber im Auge behalten werden, dass auch der so festgestellte Praxiswert auf der persönlichen Vertrauensbasis des bisherigen Betreibers zu seiner Klientel beruht, die als solche nur beschränkt übertragbar ist. Gleiche Fachanwaltschaft, Tätigkeits- oder Interessensschwerpunkte von Übergeber und Übernehmer mögen zwar für die Überlegungen zur Höhe eines etwaigen Kaufpreises von erheblicher Bedeutung sein. Auf die Bewertung des Praxiswerts mit Stichtag haben sie keinen Einfluss. Auch die Praxis der entgeltlichen Kanzleiübertragungen zeigt, dass bei der Festlegung eines Entgelts eine Vielzahl von Umständen Berücksichtigung findet, die außerhalb des oben beschriebenen Praxiswerts liegen. Selbst bei Anwälten spielt zwischenzeitlich der Freizeitwert des Kanzleiortes eine nicht zu vernachlässigende Rolle bei den Kaufüberlegungen. RA Dr. Jürgen F. Ernst, München Magazin Entscheidungsticker und Anwaltsinfos +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ +++ Privat bleibt privat +++ Rechtsanwältin ist Verbraucherin im Sinne des § 14 BGB, wenn sie im Rechtsverkehr unzweifelhaft als solche auftritt. Im vorliegenden Fall bestellte die Rechtsanwältin über das Internet Lampen für ihre Privatwohnung. Sie ließ sich diese jedoch ohne Angabe ihrer Berufsbezeichnung in die Kanzlei schicken. Das Internethandelsunternehmen, das die bei Internetkäufen verpflichtende Kundenbelehrung über das Widerrufsrecht unterließ, verweigerte die begehrte Warenrücknahme und Rückzahlung des Kaufpreises, weil die Rechtsanwältin Unternehmerin und keine Verbraucherin sei. Der BGH entschied allerdings, dass es darauf ankommt, ob das rechtsgeschäftliche Handeln eindeutig und zweifelsfrei ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Vorliegend war keine Gewerblichkeit erkennbar gewesen (BGH, Urteil vom 30.09.2009, AZ: VIII ZR 7/09) +++ Recht auf Berichterstattung +++ SAT 1 darf RTL-Fernsehausschnitt aus der Sendung DSDS verwenden, in dem ein Kandidat nach ablehnendem Votum der Jury zusammengebrochen war. Während die Anwälte von RTL den Schutz des Urheberrechts durch die Ausstrahlung des Beitragsausschnitts verletzt sahen, stufte der 6. Zivilsenat das Interesse der Öffentlichkeit auf Berichterstattung höher ein. Zumal sei nur ein kleiner Ausschnitt des Beitrags verwendet worden, der für die Meinungsbildung aber erforderlich gewesen sei. (OLG Köln, Urteil vom 30.10.2009, AZ: 6 U 100/09) +++ Mobilteil ist kein Handy +++ Drahtlose Telefone eines heimischen Festnetzanschluss sind keine Mobiltelefone im Sinne des § 23 StVO, entschied der 1. Strafsenat des OLG Kölns. So wurde ein Bußgeld der Vorinstanz in Höhe von 40,- Euro gegen einen im Auto telefonierenden Fahrer aufgehoben. Dieser hatte sein Schnurlostelefon ein paar Meter vom Haus entfernt benutzt, als er in seinem Auto saß (OLG Köln, Beschluss vom 22.10.2009, AZ: 82 Ss-OWi 93/09) +++ Liste Pflichtverteidiger +++ Bisher gilt, wer Geld für einen Wahlverteidiger hat, wird vom ersten Tag der Haft an verteidigt. Wer arm ist, bekommt den Pflichtverteidiger nach § 140 I Nr. 5 StPO erst nach drei Monaten Haft. Diese Gerechtigkeitslücke wird am 1. Januar 2010 endlich geschlossen. Eine Neuregelung der §§ 140 I Nr. 4, 141 StPO tritt zum neuen Jahr in Kraft. Danach ist allen Beschuldigten, gegen die Untersuchungshaft vollstreckt wird und die noch keinen Verteidiger gewählt haben, unverzüglich nach Beginn der Vollstreckung ein Verteidiger zu bestellen. Damit hat der Bundesgesetzgeber einer langjährigen Forderung der Anwaltschaft entsprochen und Forschungsergebnissen Rechnung getragen, nach denen verteidigte Beschuldigte kürzer in UHaft bleiben als unverteidigte Gefangene. Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger hat beschlossen, eine Liste aller an der Übernahme dieser Pflichtverteidigungen interessierten Kolleginnen und Kollegen, und zwar unabhängig von einer Mitgliedschaft in der Vereinigung, zu führen. Diese Liste soll den Beschuldigten frühzeitig, möglichst bereits bei der Polizei, ausgehändigt werden, damit sie eine Auswahl treffen können. Auf der Liste soll die Fachanwaltsqualifikation sowie der Interessensschwerpunkt vermerkt werden. Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Berlin befürwortet die Listenführung durch die Vereinigung Berliner Strafverteidiger. Diese führt bekanntlich auch die Notrufliste und organisiert seit vielen Jahren zuverlässig die Einteilung der kostenlosen Rechtsberatung in den U-Haftanstalten. +++ Anmeldungen zur Liste bitte unter: > [email protected] Besetzung der Chefetage +++ Die Führungsetage eines Unternehmens muss nicht dem Geschlechterverhältnis des gesamten Betriebes entsprechen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg wies eine Klage einer schwangeren Mitarbeiterin ab, die in der von der sonstigen Unternehmensstatistik abweichenden, geschlechtermäßigen Besetzung der Unternehmensleitung eine Diskriminierung sah. Die Statistik sei nicht relevant. Das Verhältnis der Geschlechterverteilung sage nichts darüber aus, wie viele Männer oder Frauen sich auf Führungspositionen bewerben würden (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.02.2009, AZ: 2 Sa 2070/08) +++ Keine Honorarbegrenzung +++ Die Kappungsgrenze der Strafverteidigervergütung, die der BGH auf das Fünffache der gesetzlichen Gebühren pauschal festlegte, ist verfassungswidrig. Rechtsanwalt Prof. Dr. Holger Matt setzte sich mit seiner Verfassungsbeschwerde vor dem 1. Senat des Bundesgerichtshofs durch. Die feste Begrenzung des Honorars sei ein tiefer Eingriff in die Privatautonomie des Strafverteidigers. Der Staat hätte sich dort grundsätzlich herauszuhalten. Ob eine Vergütung angemessen sei, könne nicht anhand eines pauschalen Gebührenrechts überprüft werden. Obgleich die feste Obergrenze unzulässig sei, so die Richter in Karlsruhe, verbleibe die Prüfmöglichkeit wegen der Angemessenheit der Vergütung nach § 3a des RVG (BVerfG, Beschluss vom 15.06.2009, AZ: 1 BvR 1342/07) +++ Berlin bald ohne Robe? +++ An Berliner Gerichten gilt entgegen der Lockerung durch die Senatsverwaltung für Justiz vorerst noch die Pflicht, in der Verhandlung eine Robe zu tragen. Dennoch scheint die Rechtsanwaltskammer mit der Jahrhunderttradition künftig brechen zu wollen. In einer Entscheidung vom 11.11.2009 beschloss die Kammer, die tatsächliche Handhabung des Tragens einer Robe an den Gerichten evaluieren zu wollen. Das Ergebnis soll im Berliner Anwaltsblatt veröffentlicht werden. Bis zum Abschluss der Evaluation soll der Robenverzicht sanktionslos bleiben. (Pressemitteilung RAK Berlin vom 12.11.2009) +++ Schreibt uns! Über welche Entscheidungen, die für das Anwaltsleben interessant sind, seid Ihr gestolpert? Die Entscheidungen können aktuell sein, müssen es aber nicht. [email protected] ! ADVOICE 04/09 35 Magazin Robe auf Rollen Über die Beschwerlichkeit, als Anwältin im Rollstuhl zu sitzen Der Weg in den Gerichtssaal führt für die gehbehinderte Anwältin Nicole Prior nicht selten durch muffig riechende Kellereingänge und dustere Katakomben. Die Anwältin Nicole Prior sitzt im Rollstuhl. Nicht nur die Deutsche Bahn, sondern auch Deutschlands Gerichte geben in Sachen Barrierefreiheit ein eher unwürdiges Bild ab. Zugang zu Gerichten findet sie oft nur über Hintereingänge und über lange Wege durch muffige Katakomben. Dumme Sprüche und Unbeholfenheit im Umgang mit Gehbehinderten erlebt sie häufig. Aber es gibt auch Positives. Ein Bericht. Es regnet. Langsam löst sich die kunstvoll drapierte Hochsteckfrisur und fällt ihrer Schwerkraft gemäß. Ich weise erneut meine Arbeitsassistentin an, auf den Klingelknopf zu drücken, damit ein Gerichtsdiener uns bei dem unsäglichen Wetter endlich Einlass gewährt. Von einer Überdachung fehlt auf dem unansehnlichen Hof jede Spur. Alles steht im Kontrast zum pompösen Hauptportal. Als meine dünne Anzughose schon völlig durchnässt ist, ertönt eine blecherne Stimme: „Ja bitte?“ Mittlerweile schon eindeutig entnervt erkläre ich knapp, weshalb ich den für Rollstuhlfahrer ausgewiesenen Klingelknopf gedrückt habe. Nach dem „Moment!“ vergeht 36 ADVOICE 04/09 noch mal wieder eine halbe Ewigkeit, bis jemand erscheint und uns die Tür öffnet. Durch einen muffig riechenden dunklen Kellereingang – das Licht ist, so wird uns erläutert, schon seit geraumer Zeit defekt – werden wir durch unterschiedliche Katakomben zu unserem Ziel geführt. Bevor ich in den Saal eintrete, muss die Arbeitsassistentin mir meine Jacke ausziehen, die Handschuhe und sodann die Robe anziehen, die an mir zierlicher Person wirkt, als hätte Twiggy sich mit Umstandsmode für den 9. Monat bekleidet, und so schwer auf meinen Schultern lastet, dass ich kaum noch in der Lage bin, den Arm zu heben. »Durch einen muffig riechenden dunklen Kellereingang werden wir durch unterschiedliche Katakomben zu unserem Ziel geführt.« Meine Finger sind von dem Fußweg vom Bahnhof noch so eisig, dass ich gleich Mühe haben werde, während der Verhandlung mit dem schnellen Ste- Foto: Andrea Vollmer nodiktat des Vorsitzenden mithalten zu können. Ein genervter Richter erwartet uns, der bereits seit einer Viertelstunde seiner Mittagspause zuarbeiten möchte. Nach einer kurzen erläuternden Entschuldigung kann die Verhandlung beginnen. Ein Abfangen dieser Verspätung durch frühzeitiges Losfahren scheidet mit der Bahn aus. Denn als Rollstuhlfahrerin kann ich auf Grund der Beschränkungen der Deutschen Bundesbahn im Bereich Mobilitätsservice (Einstiegshilfe) frühestens um 06.20 Uhr mit dem Zug losfahren, so dass ich bei den Gerichten mittlerweile bekannt bin für meinen Wunsch auf Terminierung innerhalb der Mittagszeit. Wenn die Bahn dann allerdings – wie regelmäßig – Verspätung hat oder unerwartete Zwischenfälle passieren, die ebenfalls häufig vorkommen, gerät der Zeitplan vollends aus den Fugen. Der Richter möchte noch einmal die zahlenmäßigen Aufstellungen sehen. Da ich keine Kraft habe, in der mittlerweile auf einen ganzen Aktenordner angewachsenen Handakte die richtige Stelle aufzublättern, muss die Arbeitsassistentin herange- Magazin wunken und ihr der richtige Standort erläutert werden. Auch die vorbereiteten ergänzenden Unterlagen übergibt die Assistentin dem Vorsitzenden. »...bei Teilnahme der ebenfalls gehbehinderten Mandanten wird vom Richter regelmäßig die Frage gestellt, wer denn nun der Mandant sei oder wo denn der Prozessvertreter wäre.« Heute entfällt die ansonsten obligatorische Verwechslung mit meinem regelmäßig ebenfalls Rollstuhl fahrenden Mandanten, da dieser an dem Termin nicht teilnehmen wollte und mangels Ladung auch nicht musste. Obwohl ich meist bereits vor der Tür die Robe anlege, weil ich beim Anziehen durch meine Arbeitsassistentin dabei nicht von Dritten beobachtet werden mag, kommt zu Beginn der Verhandlung bei Teilnahme der ebenfalls gehbehinderten Mandanten vom Richter regelmäßig die Frage, wer denn nun der Mandant sei oder wo denn der Prozessvertreter wäre. Und das selbst in Verfahren, wo die Mandantin weit über 70 ist und somit eigentlich schon wegen des Alters eine klare Zuordnung gegeben ist. Gelegentlich äußere ich dann, dass wir noch keinen Karneval haben und ich nicht aus Lust und Laune Robe trage. Neuerdings bin ich nicht nur wegen des wunderschönen Elbufers ein Fan von Dresden. Das Gericht ist bislang das einzige, wo ohne Probleme eine Unterfahrbarkeit des Tisches gegeben ist, zumindest in den Sitzungssälen, die ich aufgesucht habe, so dass ich nicht wie sonst üblich mit weitem Abstand zum Tisch halb seitlich kauernd meine Akte, Notizzettel und zum Schreiben meinen Arm platzieren muss. Auch sind die Tische in der Regel so eng, dass zwei Rollstühle nur dann halbwegs Platz daran finden, wenn jeder sich mit einem Bein außerhalb des Tisches positioniert. durch das Gebäude zurücklegen, um schließlich noch mal einen weiteren mit Schlüssel bedienbaren Fahrstuhl zu nutzen, mit dem man endlich im Amtsgericht angelangt ist. Dort muss dann erneut ein Fahrstuhl genutzt werden, falls der Termin in einem anderen Stockwerk stattfindet. Ich muss an die gestrige Verhandlung in Düsseldorf denken. Dort war im Landgericht in einem Saal terminiert, der nur über Stufen zu erreichen war. Daher fragte meine Arbeitsassistentin beim Gerichtsdiener höflich nach einer Rampe. Dieser erschien mit einer altertümlichen Sackkarre, mit der sonst in der Regel Akten transportiert werden. Mit einem Stirnrunzeln gab ich freundlich zu verstehen, dass ich nicht beabsichtigen würde, mich mit dem Vehikel in meinem ca. 120 kg schweren Elektrorollstuhl dort hoch bugsieren zu lassen. Alternativ wurde die Sitzung daher kurzfristig in das private Büro des Vorsitzenden verlegt. Auf kuschelig engem Raum kam eine ganz andere Gesprächsatmosphäre auf als im unpersönlichen Sitzungssaal. Das nicht nur die Gerichte mit dem Nachrüsten von Barrierefreiheit Probleme haben, wurde neulich bei einem MDK-Ortstermin deutlich. Zu diesem war die Mandantin mit einem hoch technologisierten Elektro-Rollstuhl geladen. Der Fahrstuhl war zu klein für zwei Rollstühle, so dass wir uns darauf einigten, dass ich vorfahren sollte. Als die Mandantin dann nach zehn Minuten nicht folgte, schickte ich meine Assistentin ins Erdgeschoss. Von meiner Mandantin war jedoch keine Spur zu sehen. Irgendwann wurden wir informiert, dass der Fahrstuhl bei Überschreitung eines bestimmten Gewichts regelmäßig streiken würde, man sich aber zeitnah bemühen würde, die Mandantin und deren Zivi zu befreien. »Am Landgericht meines Heimatortes bin ich stets mit einem umfassenden Schlüsselbund bewaffnet.« Morgen geht´s mal wieder nach Berlin. Ich bin sehr gespannt, was mich dort an neuen Abenteuern erwartet. Proviant und Lesestoff für Zeitverzögerungen wird auf jeden Fall mit im Gepäck sein. Am Landgericht meines Heimatortes bin ich stets mit einem umfassenden Schlüsselbund bewaffnet. Denn ich muss mir dort, um Termine wahrnehmen zu können, über das Amtsgericht Zutritt verschaffen. Dabei muss ich zunächst einen für Außenstehende abgeschlossenen Außenfahrstuhl nutzen, dann mit einem weiteren Fahrstuhl in einen der oberen Stockwerke fahren, einen längeren Weg Irgendwo hinten am Gebäude lässt sich vielleicht die Rollstuhlfahrerklingel finden. RAin Nicole Prior, Osnabrück Foto: Andrea Vollmer ADVOICE 04/09 37 Magazin Die Haftung richtig beschränken Haftungsfalle „Vergleich“ Leider bringt ein Vergleich nicht immer den von den Parteien gewünschten Rechtsfrieden mit sich. Mit ihm bezweckte, aber nicht realisierte Ziele oder durch ihn bewirkte, jedoch für den Mandanten nicht erwartete Auswirkungen führen vielmehr nicht selten zu einer Inanspruchnahme des Anwaltes auf Schadenersatz. So zählt die Behauptung, der Anwalt habe zu einem ungünstigen Vergleich geraten, zu den häufigsten Gründen im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Regressansprüchen. Damit sich ein Vergleichsabschluss nicht als Haftungsfalle entpuppt und der Anwalt sich zum Teil immens hohen Schadenersatzforderungen ausgesetzt sieht, empfiehlt es sich gerade für Berufseinsteiger, bei einer entsprechenden Beratung die bestehenden Pflichten fest im Blick zu haben. Als Eckpunkte sind insoweit zu nennen: Korrekter Regelungsinhalt und zutreffende Risikoeinschätzung Ausreichende Aufklärung über Inhalt und Risiko des Vergleichs Zustimmung durch den Mandanten Klare Formulierungen Häufig stellt sich im Nachhinein heraus, dass mit einem Vergleich das Anliegen des Mandanten nicht in allen Punkten abschließend geregelt worden ist oder sich die Einigung viel weitreichender darstellt, als es gewollt war. Das Unterbleiben der Regelung wichtiger Punkte, z. B. die Abgeltung von etwaigen Spätschäden, stellt ein hierfür typisches Beispiel dar. Zunächst muss ein Anwalt also erst einmal mit dem Mandanten klären, was mit einem etwaigen Vergleich genau bewirkt werden soll. Erst nachdem das geschehen ist, kann das mit einem Vergleich verbundene Risiko anhand einer zutreffenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage eingeschätzt werden. Die Kunst bei einem Vergleichsabschluss besteht darin, eine ausreichende, aber nicht über das Ziel hinausschießende Regelung zu schaffen. Für die Risikoeinschätzung eines Vergleichsabschlusses bzw. der Ablehnung einer entsprechenden Einigung wird allerdings keine mathematische Genauigkeit verlangt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Anwalt sich in die Situation des Mandanten versetzt. Neben rechtlichen Faktoren, können dabei übrigens auch wirtschaftliche und sonstige Gesichtspunkte wie z. B. die gesundheitliche oder psychische Verfassung des Vertretenen eine sehr wichtige Rolle spielen. 38 ADVOICE 04/09 Ausreichende Aufklärung Ein häufiges Problem im Zusammenhang mit Vergleichsabschlüssen stellt eine unzureichende Aufklärung dar. Gewissenhaft muss der Anwalt dem Mandanten die Chancen und Risiken eines Vergleichs im Verhältnis zu einer streitigen Auseinandersetzung aufzeigen. Wie bereits erwähnt, können dabei neben rechtlichen Aspekten auch wirtschaftliche und sonstige Gesichtspunkte in die Beratung einfließen. Haftungsträchtig kann es für den Anwalt vor allem dann sein, wenn er die Reichweite und die Folgen des Vergleichs gegenüber dem Vertretenen nicht hinreichend deutlich macht. Insbesondere bei sog. Abgeltungsklauseln geht es oft um sehr viel für den Mandanten, so dass dieser in die Lage versetzt werden muss, sich selbst ein Bild über das Für und Wider einer vergleichsweisen Regelung machen zu können. Ist der Mandant in der mündlichen Verhandlung zugegen, befreit dieser Umstand den Anwalt nicht von seiner Beratungs- und Aufklärungspflicht in Bezug auf den Vergleichsabschluss. Sogar ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag entbindet den rechtlichen Vertreter nicht von seiner Verpflichtung zur Aufklärung. Dabei darf ein Anwalt seiner Mandantschaft die Entscheidung für oder gegen einen Vergleich weder abnehmen noch ihn bedrängen. Besteht die Möglichkeit, empfiehlt es sich, dem Mandanten die Einzelheiten der Beratung über die Chancen und die Risiken eines Vergleichs im Verhältnis zur streitigen Auseinandersetzung schriftlich mitzuteilen. Hierdurch dokumentiert der rechtliche Vertreter zugleich, dass er seinen Beratungspflichten hinreichend nachgekommen ist. Zustimmung des Mandanten Brenzlig kann die Situation für den Anwalt dann werden, wenn er Vergleichsabschlüsse ohne vorherige Absprache mit seiner Mandantschaft tätigt. Schon der Umstand, dass ein Vergleich im Alleingang herbeigeführt wird, kann als anwaltliche Pflichtverletzung zu werten sein. Für den rechtlichen Vertreter ist es daher ratsam, vor Vergleichsabschlüssen stets die Einwilligung des Mandanten einzuholen oder Vergleiche zumindest nur unter Widerrufsvorbehalt abzuschließen. Im letzteren Fall muss der Mandant den Vergleich genehmigen. Stimmt der Klient dem Vergleich nicht ausdrücklich zu, ist er zu widerrufen. Ändert sich die rechtliche Situation während einer mündlichen Verhandlung, z. B. aufgrund einer Zeugenvernehmung, kann dies eine zuvor durch den Mandanten erteilte Einwilligung hinfällig werden lassen. Der Anwalt sollte in einem solchen Fall daher nochmals unbedingt sicherstellen, ob es nach wie vor bei der zuvor festgelegten Marschroute bleiben kann. Klare Formulierungen Hat der Anwalt den Mandanten korrekt und ausreichend über das Für und Wider eines Vergleichs beraten und sich der Klient gegen eine streitige Auseinandersetzung entschieden, ist noch sicherzustellen, dass der Vergleich so formuliert wird, dass seine Durchsetzung keine Schwierigkeiten bereitet, den Willen der Parteien wiedergibt und eine Auslegung nicht erforderlich wird. RAin Katrin Spelmeyer, HDI-Gerling Anwalt der Anwälte Erfolg ist planbar. Neuer LL.M. Mit dem neuen LL.M. „Anwaltsrecht und Anwaltspraxis“. Berufsbegleitendes Fernstudium mit LL.M.-Abschluss: Auch für erfahrene Anwältinnen und Anwälte, die noch besser werden wollen. Weitere Informationen unter www.dav-master.de. Magazin Wirtschaften in der Wirtschaft Auf Umwegen zur Steuerrechtskanzlei - ein Gründerbericht Für jeden, der Jura studiert, stellt sich spätestens mit dem zweiten Staatsexamen die Frage, welcher juristische Beruf ergriffen werden soll. Häufig wird die Antwort lauten: Rechtsanwalt (klarstellend: gemeint ist die Berufsbezeichnung, egal ob die betreffende Person männlich oder weiblich ist, vgl. § 1 BRAO). Der eine oder andere entwickelt aber schon frühzeitig klare Vorstellungen darüber, was er werden will – dabei ist der Anwaltsberuf nicht zwingend. mir die Möglichkeit, schon vorher den einen oder anderen Fall zu bearbeiten, was sich schnell zu einer ständigen Mitarbeit verfestigte. Ich bemerkte zunehmend, dass der Anwaltsberuf in vielfältiger Hinsicht für mich ein erfüllender, abwechslungsreicher und anspruchsvoller Beruf sein könnte, bei dem ich mich verwirklichen kann. So stand für mich der Anwaltsberuf anfänglich überhaupt nicht im Fokus. Meine Vorstellung zu Beginn des Studiums (ab Oktober 1993) war es vielmehr gewesen, nach Abschluss der Ausbildung in die Wirtschaft zu gehen. Den Wirtschaftsjuristen bieten sich nämlich vielfältige und interessante Aufgabengebiete wie beispielsweise Rechts- und Personalabteilungen. Ein solch juristischer Einstieg ermöglicht zudem lukrative Karrieremöglichkeiten und die Chance, in der Führungsetage von Unternehmen tätig zu werden. Zugegeben kamen wichtige Impulse für diese Vorstellung einerseits vom „großen“ Bruder und andererseits aus den informativen weiß-orangen Heften der Berufsberatung. Daher verwundert es nicht, dass ich nach dem zweiten Staatsexamen sofort Anwalt geworden bin. Seit Juli 2000 habe ich meine Anwaltszulassung. Leicht fiel mir diese Berufswahl auch deshalb, weil der Inhaber der Ausbildungskanzlei frühzeitig artikulierte hatte, mich als Anwalt übernehmen zu wollen. Ziel Wirtschaft Diese anfängliche Berufsvorstellung verfolgend wählte ich als Wahlfachgruppen „Wirtschaft und Steuern“ und „Internationales Privatrecht“. Weil das zweite Staatsexamen die so genannte „Befähigung zum Richteramt“ verleiht, hielt ich es zum Ende des Studiums für überlegenswert, Richter zu werden. Indes korrigierte das Referendariat (Mai 1998 bis Mai 2000) diese Überlegung sehr schnell, denn die während des Referendariats gesammelten Eindrücke vom Richterdasein – und das meine ich weniger in juristischer, als vielmehr in sonstiger, vor allem menschlicher Hinsicht – vermittelten mir das Gefühl, dass mich der Richterberuf wohl eher nicht erfüllen wird. Diese Einschätzung bestätigte sich für mich später durch die Erfahrungen einer Bekannten, die in den Richterdienst eintrat. Die Vorstellung, in die Wirtschaft zu gehen, war trotz dieser Überlegungen nicht aufgegeben. Zeitgleich rückte wie von selbst mit dem Referendariat der Anwaltsberuf in mein Blickfeld. Grund hierfür war, dass ich mir gleich zu Beginn des Referendariats meinen Ausbildungsplatz für die Anwaltsstation gesichert hatte. Die Ausbildungskanzlei bot 40 ADVOICE 04/09 Fachanwaltslehrgang Wegen meiner schon im Studium gewählten Schwerpunktlegung bot es sich ferner an, mich in dieser Richtung weiterzuentwickeln. Folglich buchte ich den nächstmöglichen Fachanwaltslehrgang Steuerrecht. Seit Juli 2004 trage ich den Fachanwaltstitel. Als Berufsanfänger allein Indes musste ich sehr schnell erkennen, dass mir die Mitarbeit in der Referendarzeit nur einen beschränkten Einblick in den Anwaltsberuf gewährt hatte. Denn als Referendar führte ich kein Dezernat und kein Personal, musste keine Verantwortung tragen und blieb von den vielen kleinen sonstigen Dingen des Anwaltseins verschont. Das war nun von einem Tag auf den anderen anders. All das wäre wohl kein Problem gewesen, wenn mir die Unterstützung und Anleitung, die ich während des Referendariats erfahren hatte und die mir für die Anfangszeit versprochen worden war, weiterhin zuteil geworden wäre. Verschärft wurde das noch dadurch, dass ich eine Umschülerin als Rechtsanwaltsfachangestellte zur Seite gestellt bekam – also zwei unbeleckte Berufsanfänger. Hierdurch musste ich vieles nachkontrollieren oder es gleich selbst machen. Ich fühlte mich als Einzelanwalt. Schlussendlich wurde mir klar, dass ich in dieser Kanzlei nicht lange bleiben will. Deshalb bewarb ich mich bei anderen Kanzleien beziehungsweise einer Personalagentur und wurde zu zwei viel versprechenden, aber letztlich nicht erfolgreichen Bewerbungsgesprächen geladen. Das erste Gespräch offenbarte in Bezug auf die geschaltete Anzeige einen „Etikettenschwindel“. In Folge der weltweiten Auswirkungen der Enron-Pleite wurde das zweite Gespräch obsolet, weil im steuerberatenden Bereich plötzlich viele erfahrene Berufsträger verfügbar waren. Insgesamt konnte ich keinen schnellen Bewerbungserfolg erwarten. Mandat stellt Weichen Glücklicherweise kam zur gleichen Zeit ein Bekannter mit einem lukrativen erbrechtlichen Mandat auf mich zu. Dadurch stellte sich, weil ich das Mandat so (Kanzlei) oder so (eigener Briefkopf) bearbeiten würde, die Frage, wer letztlich das Honorar erhält. Nach kurzem Überlegen und der Prüfung wichtiger, vor allem berufsrechtlicher Fragen, entschied ich mich Anfang Juli 2002 für den eigenen Briefkopf und den Aufbau eines eigenständigen Mandantenstammes. Um etwaige Konflikte mit dem Kanzleiinhaber zu verhindern, hatte ich mein Vorhaben grundsätzlich offenbart und mit für ihn wichtigen Argumenten begründet. Eigene Infrastruktur Wegen der nun erforderlichen Infrastruktur für die Bearbeitung eigener Mandate stellte ich eine konkrete Bedarfsplanung nebst Finanzierungsbedarf auf und aktualisierte sie ständig (ExcelTabelle(n)). Zeitgleich setzte ich sie schrittweise und konsequent aus den Einnahmen der eigenen Mandate – eine wichtige selbst gesetzte Bedingung – um. Das betraf EDV-Technik, Bürobedarf, Aktenmaterial, Literatur etc. Denn meine eigenen Akten bearbeitete ich ausschließlich zu Hause. Um gleichwohl auf die Akten tagsüber zugreifen zu können, war ich unter anderem zu einer Digitalisierung meiner Aktenbestände gezwungen. Das wirkt natürlich bis heute fort und erweist sich nunmehr in vielfältiger Hinsicht als sehr hilfreich für schlanke Kanzleiabläufe und den elektronischen Rechtsverkehr. Aus der Bedarfsplanung, die die Lebenshaltungskosten einbezog, ergaben sich Zielmarken, deren Erfüllung die Voraussetzung für mich war, um die freie Mitarbeit zu beenden und fortan nur mein „eigenes Ding zu machen“. Währenddessen verfeinerte ich meine Erfahrungen und überprüfte die Magazin Realisierbarkeit meiner Vorstellungen in Bezug auf die Führung einer eigenen Kanzlei am praktischen Beispiel. Gut gewappnet entschied ich im Frühjahr 2006, nunmehr die Gründung der eigenen Kanzlei gezielt anzugehen. Unmittelbar nach der letzten wichtigen technischen Anschaffung, einem leistungsfähigen Scanner, begab ich mich auf die Suche nach passenden Kanzleiräumen. Anfang Februar 2007 unterzeichnete ich endlich den Mietvertrag. Weil ich parallel die Einrichtung der Kanzleiräume fertig geplant hatte, konnte ich sofort die notwendigen Bestellungen auslösen. Ostern 2007 war alles fertig und seit Mai 2007 bin ich nur noch für mich tätig. Eigene Räume und Personal Da ich die Entwicklung der eigenen Kanzlei mit einem zurückhaltenden Optimismus abgeschätzt hatte, waren meine Kanzleiräume bewusst auf einen Kanzleibetrieb ohne Personal zugeschnitten. Jedoch musste ich mir bereits im März 2008 eingestehen, ohne eine(n) Mitarbeiter(in) nicht mehr auskommen zu können. Wieder hatte ich Glück und im Nachbarhaus, welches ebenfalls dem Vermieter gehörte, konnte ich (Juli 2008) größere und schönere Räumlichkeiten beziehen. Gleichzeitig schrieb ich mit Unterstützung der Arbeitsagentur den neu geschaffenen Arbeitsplatz aus. Seit September 2008 bin ich Arbeitgeber. Rückblickend empfinde ich es für die Gründung meiner Kanzlei als sehr vorteilhaft, dass ich auf Fremdmittel nicht angewiesen gewesen bin, sondern alles aus eigener Kraft habe realisieren können. Dadurch blieb mir nämlich der nicht zu unterschätzende Kostenpunkt der Kreditrückzahlung erspart. Ohne eine detaillierte und Lebenshaltungskosten einbeziehende, ständig aktualisierte, selbstkritische Bedarfs- und Finanzierungsplanung hätte ich das so wohl nicht geschafft. Abschließend kann ich resümieren, dass meine berufliche Entwicklung zur eigenen Kanzlei gerade nicht von Anfang an so gewollt gewesen, sondern von den situationsbedingt richtigen Entscheidungen im richtigen Moment und deren konsequenter Umsetzung geprägt ist. Dennoch bin ich mit dem Anwaltsberuf sogar meiner ursprünglichen Berufsvorstellung treu geblieben: ich bin in der Wirtschaft tätig und führe (m)ein Unternehmen, wenn auch ein kleines. RA Olaf Baur, Potsdam Olaf Bauer wollte eigentlich in die Wirtschaft, gründete aber eine Steuerrechtskanzlei. Foto: privat ADVOICE 04/09 41 Euer FORUM Das etwas andere Mandat Mit Redekunst vom DAV-Wettstreit in den Bundestag Katja Keul ist das mutmaßlich dienstälteste Mitglied des FORUM, eingetreten noch als Referendarin Ende 1995 oder Anfang 1996. Inzwischen ist sie vierzig und scheidet deshalb zum Jahresende aus dem FORUM aus. Dafür ist sie seit Oktober Mitglied des Deutschen Bundestags. Anfang Oktober in Berlin, zwei AdVoice-Redakteure stehen in der Eingangsschleuse der Bundestagsliegenschaft Unter den Linden 50. „Wo möchten Sie hin?“ fragt der Pförtner. „Zu Frau Keul.“ „Welches Büro ist das, bitte?“ „Büro Keul.“ Wenige Tage nach der Wahl hat der Herr am Eingang noch keinen vollständigen Überblick über die neu gewählten Abgeordneten. Katjas Wechsel von der Kanzlei in den Bundestag ist erklärungsbedürftig. Schließlich hatte sie noch in der AdVoice 01/07 erklärt, sie lebe mit ihrer kleinen Familie nun schon fünf Jahre ausschließlich von ihrer kleinen Kanzlei und möchte auch ehrlich gesagt gar nichts anderes mehr tun! Aber Katja hat schon ein paar Neuorientierungen hinter sich in ihrem Leben, oder, wie ihr Mann Michael sagt: „Ach ja, immer mal was Neues!“ Aufgewachsen im Ausland, hatte Katja während des Studiums zunächst eine Tätigkeit im diplomatischen Dienst oder auch in einer internationalen Organisation im Sinn. Nach der Geburt der ersten Tochter während des Referendariats traten die Pläne von der großen weiten Welt erst mal in den Hintergrund. Der Lebensunterhalt musste gesichert werden und Katja entdeckte, dass die anwaltliche Tätigkeit eine erfüllende und spannende Aufgabe war. Nach der Geburt des zweiten Kindes gab es schwer Krach mit dem Chef. Ermutigt von vielen Gründerberichten von Forumsmitgliedern wagte Katja den Schritt in die Selbstständigkeit, während ihr Mann Michael die Aufgabe des hauptberuflichen Familienvaters übernahm. Vernetzte Einzelanwältin Katja Keul in ihrem Berliner Abgeordneten-Büro. Ihre Kanzlei lief bis zum Wahlsonntag. 42 ADVOICE 04/09 Foto: Tobias Sommer Der Wirkungskreis Kanzlei hat ihr schon bald nicht mehr ausgereicht. Mit jüngeren Kollegen hat sie fleißig genetzwerkelt und war bald Vorsitzende des örtlichen Anwaltvereins. Irgendwann war Anwaltstag, der Rednerwettstreit war ausgerufen mit dem Thema „Schlosserei und Rechtsanwaltskanzlei – neue Formen beruflicher Zusammenarbeit“. Euer FORUM Michael spornte seine Frau Katja an: „Wenn Du nicht zu dem Thema sprichst, wer soll es dann tun?“ Also marschierte die Rechtsanwältin Keul ans Rednerpult und erzählte zehn Minuten lang vom Leben zwischen Robe und Schürze – und das Publikum applaudierte begeistert. „Eine packende und sehr persönliche Rede!“ erinnert sich auch Tobias Sommer, der GfA-Verantwortliche für die AdVoice. Zum Sieger hat die Jury einen anderen Redner gekürt – ein Mitglied der Jury räumte später ein, man habe nicht glauben können, dass Katja mit ihrem Beitrag wahrhaftig ihren Werdegang dargestellt habe. Entscheidend für Katja war die Erfahrung, mit einer freien Rede die Aufmerksamkeit und den Zuspruch des Publikums gewinnen zu können. Im März hatte sie einen ordentlichen Dämpfer zu verarbeiten. „Vom FORUM kam ein Brief, in dem mir erklärt wurde dass mit meinem bevorstehenden vierzigsten Geburtstag zum Jahresende meine Mitgliedschaft im FORUM enden werde. Toll!“ erzählt Katja und verzieht kurz in gespieltem Schmerz das Gesicht. Eine Erfahrung, an die sich Katja im November 2008 erinnert hat. Sie war zum Nominierungsparteitag der niedersächsischen Grünen für den Bundestag angereist. Nach ihrem Austritt aus der Partei im Jahr 1999, als die grüne Bundestagsfraktion den Kosovo-Krieg mit zu verantworten hatte, war sie zurückgekehrt, denn der Wunsch nach politischer Mitgestaltung überwog inzwischen den Schmerz über die damalige Kriegsentscheidung. Ein Anliegen war ihr, der zunehmenden Verarmung, die sie unter ihren Mandanten und in ihrem Lebensumfeld beobachtet, auf einer anderen Ebene als vor Gericht entgegen zu treten. Bis Montag mittag sind die letzten Maßnahmen in der Kanzlei zu erledigen, Bankvollmachten zu zeichnen und der AB zu besprechen. Am Abend findet in Katjas Geburtsstadt Berlin schon die erste Sitzung mit alten und neuen Mitgliedern der Fraktion statt. Nun ging es also um die Nominierung der Landesliste. Im Hintergrund versuchten einflussreiche Leute, die nach ihrer Meinung richtigen Kandidaten in Position zu bringen. Unbeirrt davon meldete Katja ihre Kandidatur für Platz fünf der Liste an, der nach aller Wahrscheinlichkeit den Einzug in den Bundestag sicheren würde. Eine zehnminütige freie Rede, wie damals beim Anwaltstag – und wie damals war das Publikum überzeugt. In basisdemokratischer Abstimmung nominierten die Parteimitglieder Katja für Platz fünf – an Stelle der aktuellen Inhaberin des Mandats im Bundestag. Katja konnte es kaum fassen: Für Platz sieben hatte sie sich gewisse Chancen ausgerechnet. Dass der Coup mit der Kandidatur für Platz fünf gelingen würde, das war auch für sie eine riesige Überraschung. Recht nüchtern hat offenbar Ehemann Michael, inzwischen Vater dreier Kinder, reagiert. Katja erzählt: „Michael, der hat gesagt 'Ach ja, immer mal was Neues!'.“ Dann der Wahlabend. Der Einzug in den Bundestag war schon vorher so gut wie sicher. Nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen von Euphorie keine Spur. Denn bei aller Freude über das gute Abschneiden der Grünen ist das Wahlergebnis insgesamt überhaupt nicht nach Katjas Geschmack. Doch für Enttäuschung bleibt nicht viel Zeit. Katja erinnert sich: „Die ersten Tage in Berlin waren sehr intensiv.“ Das neue Umfeld; die Fraktionskollegen, alles gestandene Persönlichkeiten; Wohnungssuche, zahllose E-Mails, gefühlt mindestens zweihundert Bewerbungen für Mitarbeit; erste Versuche, die informellen Strukturen zu durchschauen und der Wunsch, gleich loszulegen. „In der Fraktionssitzung am Dienstag nach der Wahl ging es lang um Analysen des Wahlkampfs und den Erfolg, den wir erzielt haben. Aber die anderen neuen und ich, wir wollten dann auch mal wissen, wie es weiter geht!“ berichtet Katja. Alles NEU! Katja Keul ist eine von 202 neuen Mandatsträgern. Insgesamt gibt es im 17. Deutschen Bundestag mit Überhangmandaten 622 Abgeordnete, davon sind 204 weiblich. Der „Beruf“ MdB (Mitglied des Bundestages) steht bei der Mehrzahl der Abgeordneten. Bei Katja steht Rechtsanwältin. Damit gehört sie der mit über 200 Mitgliedern stärksten informellen Fraktion an: der Gruppe der Juristen. Der Altersschnitt im aktuellen Bundestag ist 49 Jahre. Mit ihren 40 Jahren drückt Katja Keul das Durchschnittsalter in der statistisch jüngsten Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen von 46,62 Jahren. (Am ältesten sieht die SPD-Fraktion tobi mit einem Schnitt von 51,64 Jahren aus.) > www.bundestag.de Unter den Linden 50 Foto: Tobias Sommer International und sozial Die Mitgliedschaft im Bundestag gibt Katja Gelegenheit, ihr Interesse für internationale Politik wieder auszuleben. Sie möchte ihre Partei im Verteidigungsausschuss vertreten. Engagement für die sozialen Themen, die ihr am Herzen liegen, möchte sie mit konkreten Maßnahmen im Wahlkreis sichtbar machen. Das klingt nach einer Menge Arbeit. Ehemann Michael hält ihr den Rücken frei und kümmert sich um drei Kinder, den achtjährigen Sohn und die beiden fünf und 13 Jahre alten Töchter. „Das ist ein Riesenpaket Verantwortung, was ich da abgeben kann“, würdigt Katja das Engagement ihres Mannes. Mandatsarbeit bis zuletzt Katja wusste, dass sie bei Einzug in den Bundestag ihre Anwaltsmandate würde übergeben müssen und bereitete darum organisatorisch die Fusion mit ihrer Lieblingskollegin im benachbarten Nienburg vor. Bis Freitag vor dem Wahlsonntag lief die Kanzlei jedoch auf vollen Touren. „Alles andere wäre existenzgefährdend gewesen.“ meint Katja. „Die Aufgabe als Politikerin fühlt sich richtig an!“ meint sie. Aber eine Rückkehr in den Anwaltsberuf schließt Katja auf keinen Fall aus. Schon jetzt ist AdVoice zu einem Folgegespräch mit ihr in vier Jahren verabredet. Mit Michael dürfen wir gespannt sein, welche Neuigkeiten dann anstehen. RA Percy Ehlert, Berlin ADVOICE 04/09 43 Euer FORUM Katja Keuls Mannheimer Rede Schlosserei und Kanzlei – neue Formen der beruflichen Zusammenarbeit In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen heute von einer erfolgreichen Unternehmensgründung berichten – von einem kleinen Familienunternehmen, das in den letzten Jahren kräftig expandiert ist und dessen Hauptgesellschafter ein Schlosser und eine Rechtsanwältin sind. Die Zusammenarbeit der Gesellschafter, von denen hier die Rede ist, begann bereits während des Referendariats der angehenden Rechtsanwältin. Es hat noch keiner Übungsklausur geschadet, wenn der Sachverhalt zunächst einmal aus der Sicht des Schlossers auf Praxisrelevanz im wirklichen Leben überprüft wird. Oder wollten Sie nicht auch immer schon mal wissen, was eine Kurbelwelle wirklich ist und was diese von einer Nockenwelle unterscheidet? Wer heutzutage allen Ernstes in einer Ölwanne badet und wie man einen Kolbenfresser füttert? Nur in Teamarbeit lässt sich die Bedeutung der zahlreichen Simmerringe im Sachverhalt ergründen. Das anschließende Rechtsgespräch verlief in der Regel weniger einvernehmlich. Beim Gutachtenaufbau schon beginnen die Differenzen. Wo die Juristin sich fragt, ob ein Tatbestand erfüllt ist, fragt der Schlosser in der Stufe vorher bereits schon nach der Beweisbarkeit. Beim Aufbau eines Gutachtens stehen sich die Ansichten von Alpmann-Schmidts denen der Schrauberszene unversöhnlich gegenüber: Warum soll etwas, das nicht beweisbar ist, darauf untersucht werden, ob es einen Tatbestand erfüllt? Man beginnt an dieser Stelle zu ahnen, warum sich nach Durchsicht der Akten oft ergibt: Der Täter ist wieder der Schlosser! Das junge Unternehmen überstand diese erste Phase mit Bravour, indem die Gesellschafter sich zu einer klaren Arbeitsteilung entschieden. Der Schlosser hielt den Fuhrpark instand, erweiterte und erneuerte beständig Räumlichkeiten des Unternehmens und versorgte die nachwachsenden Gesellschafter, während die Anwältin sich der Rechtsberatung widmet. Eine Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht – sprach einst zur Referendarin: „Mein Gott – Ihr Partner ist Schlosser – was ein Glück! Stellen Sie sich vor: Mein Mann ist Philosoph! Wir können selbst gemeinsam nicht einmal ein Bild an die Wand nageln.!“ 44 ADVOICE 04/09 Die Fruchtbarkeit dieser interdisziplinären Zusammenarbeit zeigte sich ganz besonders in dem Moment, als die erste Firmenfiliale zwecks Auslagerung der Rechtsberatung gebaut werden musste. Der Schlosser ging 14 Tage lang intensiv ans Werk: riss Wände ein, baute neue Wände auf, installierte Heizkörper, Sanitäranlagen, verlegte Fliesen, Stromanschlüsse und Teppiche, während die Rechtsanwältin trotz des Störfeuers zweier plärrender und kreischender Mitgesellschafter tagelang versuchte, die Hotline der Telekom zu überlisten und die rätselhaften Wege zu einem ISDN-Anschluss und einer Telefonanlage zu ergründen. Die im § 230 HGB erwähnten Stillen Gesellschafter wären in diesem Moment deutlich konstruktiver gewesen. Wenn es dann in der beruflichen Praxis um Mandantenakquise geht, ist ein Schlosser besonders für angehende Verkehrsrechtler oder Strafverteidiger geradezu unersetzlich. Er kennt sie alle: den schlauen Schrauber, den kleinkriminellen Bastler, den Schrotthändler mit der Hosentasche voll Bargeld, und natürlich auch den örtlichen Abschleppunternehmer, der stets als erster am Ort des Geschehens eintrifft. Sie kennen sich, sie vertrauen sich (mehr oder weniger), sie verkaufen sich untereinander Fahrzeuge (oder das was davon übrig ist) und sie sprechen die gleiche Sprache, wenn sie stundenlange Benzingespräche führen. Halt! – denken jetzt vielleicht einige von Ihnen. Wie ist das denn mit der Schweigepflicht gegenüber dem Partner? Die Antwort darauf führt gleich zu der weiteren Frage, wie der Schlosser nun Kanzleimitarbeiter wird und welche steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen es nach sich zieht, wenn er es nicht wird. In den klassischen Rechtsanwalt-Hausfrau-Fällen übernimmt in der Regel letztere die Buchführung der Kanzlei oder arbeitet als Sekretärin mit, und der Nachwuchs ist auf diese Art und Weise zum Minibeitrag gesetzlich krankenversichert. Natürlich nur, solange der Existenzgründer nicht über der Beitragsbemessungsgrenze verdient. Nun ist es aber tatsächlich wenig praktikabel, einen Schlosser als Bürokraft einzustellen und auch gegenüber dem Finanzamt nur schwer plausibel zu machen, es sei denn, die Kanzleiräume rechtfertigen von Anfang an einen Hausmeister. Schmiedet der Schlosser daher überwiegend an Plänen für die Zukunft, bleibt von Anfang an nur die freiwillige gesetzliche Versicherung, um alle Mitgesellschafter gesundheitlich abzusichern. Jeder noch so motivierte Vertreter der privaten Versicherungswirtschaft beendet fluchtartig das Gespräch, wenn er damit konfrontiert wird, eine fünfköpfige Gesellschaft unter Vertrag zu nehmen! Die fehlende Anstellung in der Kanzlei führt als nächstes auch zu steuerlichen Nachteilen. Denn: Wäre der Schlosser Arbeitnehmer der Kanzlei, könnten nicht nur sein eigenes Einkommen als Betriebsausgabe, sondern auch die Fremdbetreuung des Nachwuchses steuerlich abgesetzt werden. Da Buchführung nun nicht gerade die Stärke des Schlossers ausmacht, und er die Gesellschaft lieber durch handwerkliche Arbeiten unterstützt, ist weder seine eigene Betreuungsleistung steuerlich relevant, noch können Kindergartenkosten in Abzug gebracht werden. Im Vergleich zur klassischen Variante bleibt sowohl das Gesamteinkommen des Familienunternehmens als auch der Betreuungsaufwand insgesamt identisch. Nur die Kindergartenkosten sind einmal steuerlich absetzbar und einmal nicht. An dieser Stelle muss der Ruf nach dem Gesetzgeber laut werden: Nur wo Kinderbetreungskosten uneingeschränkt geltend gemacht werden können – oder besser noch: gar nicht mehr anfallen – besteht tatsächlich Wahlfreiheit zwischen Fremd- und Eigenbetreuung! Als seines Glückes Schmied ist der Schlosser nicht einmal riesterfähig... macht bei einer fünfköpfigen Gesellschaft einen jährlichen Zulagenverlust von knapp 1000,- Euro. Bleibt am Ende noch die scheinbar einfache Übertragung der Kindererziehungszeiten von der Rechtsanwältin auf den erziehenden Schlosser. Wer schon einmal ein Familienunternehmen gegründet hat, kennt vielleicht noch das freundliche Begrüßungsschreiben der BfA, in dem mitgeteilt wird, dass Kindererziehungszeiten von Gesetzes wegen erst einmal bei der Mutter berücksichtigt werden – eine Umschreibung auf den Vater allerdings jederzeit möglich sei und der entsprechende Antrag bei der örtlichen Gemeinde gestellt werden könne. Eine erste Anfrage ergab, dass dort weder Antragsformulare vorhanden seien, noch wisse man überhaupt von einem solchen Verfahren. Die für den Schlosser seinerzeit noch zuständige LVA reagierte am Telefon ähnlich. So etwas habe es doch noch nie gegeben – da müsste erst einmal ein gemeinsames Gespräch geführt und der Sachverhalt überprüft werden. Gesagt, getan: Es erfolgte ein ernsthaftes Prüfungsgespräch durch zwei Sachbearbeiter der LVA, in dem geklärt werden sollte, ob die Rechtsanwältin nicht vielleicht doch zwischendurch einmal Mittagessen kocht oder Wäsche wäscht! Auf Nachfrage, ob eine solche Inquisition in vergleichbaren Fällen üblich sei, erfolgte die Mitteilung, dass es noch nie vergleichbare Fälle gegeben habe... Meine Damen und Herren, man mag es kaum glauben, dass eine solche Zusammenarbeit von Schlosser und Rechtsanwältin derart neu und ungewöhnlich sein soll – so ungewöhnlich, dass sie zum Thema des Rednerwettstreits auf dem diesjährigen Anwaltstag geworden ist. Heute besteht das Unternehmen neben den beiden Hauptgesellschaftern, aus insgesamt drei Nachwuchsgesellschaftern (nach wie vor keine stillen Gesellschafter) und zwei Kanzleimitarbeiterinnen. Die Zusammenarbeit zwischen den Büromitarbeiterinnen und dem Schlosser funktioniert reibungslos. Mal teilen die einen ihr Büromaterial mit den Nachwuchsgesellschaftern – mal löst der andere technische oder handwerkliche Probleme im Büroalltag. Ob dieses Modell ein Ausreißer oder ein Trendsetter ist: Die Zukunft wird es zeigen. Ich wünsche allen Existenzgründern in diesem Bereich viel Kraft, starke Nerven und Kreativität – denn die werden sie brauchen! Meine Damen und Herren – ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Diese hier abgedruckte Rede hielt RAin Katja Keul auf dem Deutschen Anwaltstag 2007 in Mannheim. RAin Katja Keul, MdB www.davforum.de Die Stimme junger Anwälte Das FORUM bietet allen m/w Referendaren, Assessoren und Anwälten bis 40 Jahren • Interessenvertretung • Mailingliste • Vergünstigungen • Stammtische • Erfahrungsaustausch Mitgliedsbeiträge € 50,– / 25,– p.a. Informationen zur Mitgliedschaft: www.davforum.de Kontakt: [email protected] | 030 / 72 6152-0 Starthilfe | Fortbildungen | Netzwerk Foto: Tobias Sommer Euer FORUM Neu gewählt Auf XING Zwei FORUMs-Frauen im Itzerhoer Anwaltsverein mit Kanzlei und Kind Der Itzehoer Anwalt- und Notarverein e.V. hatte am 24.09.2009 seine jährliche Mitgliederversammlung, in der ein neuer Vorstand gewählt wurde. Der bisherige Vorstand, der sich viele gemeinsame Jahre verdient für den Verein eingesetzt hat, stellte sich insgesamt nicht mehr zur Wiederwahl. Es wurden dann erfreulicherweise zwei Mitglieder des FORUM Junge Anwaltschaft in den Vorstand gewählt. Als Kassenwartin wurde Rechtsanwältin Annika Boeck (31) aus Wilster und als Schriftführerin wurde ich, Rechtsanwältin Julia Salzwedel (33) aus Schenefeld, gewählt. Als 1. Vorsitzender wurde Rechtsanwalt und Notar Andreas Bothe gewählt, der zwar nicht Mitglied im FORUM, aber auch erst 39 Jahre jung ist. Der neue Vorstand freut sich, von den Mitgliedern des Itzehoer Anwaltsund Notarvereins gewählt worden zu sein und damit auch das Vertrauen für die zukünftige Arbeit erhalten zu haben. Der Vorstand des Itzehoer Anwalt- und Notarverein wird die gute Arbeit des bisherigen Vorstandes fortführen und weiter tolle und informative Fortbildungsveranstaltungen, die ca. 4-5 Mal im Jahr stattfinden, für seine Mitglieder anbieten. Ebenso wird auch das gemütliche Zusammensein nicht zu kurz kommen. XING, ehemals Open Business Club, vernetzt in WEB 2.0-Manier alle, die dem FORUM Junge Anwaltschaft nahe stehen. Die seit April 2006 bestehende Diskussionsgruppe unter selbigem Namen hat ganze 853 Mitglieder und arbeitet alle Fragen rund um den Anwaltsberuf ab. Brandaktuell zum Heftschwerpunkt entdeckte AdVoice dort den Thread „Kanzlei und Kind“. xxx 46 Ich kann nur jeden jungen Anwalt/ jede junge Anwältin ermutigen, sich in den örtlichen Anwaltsvereinen zu engagieren, um weiter die Interessen der Anwaltschaft zu vertreten und das Miteinander im Gerichtsbezirk zu fördern. Zwar wird die ehrenamtliche Tätigkeit nicht unerheblich Zeit in Anspruch nehmen, was mich selber zunächst abgeschreckt hat, mich überhaupt zur Wahl zu stellen. Nach kurzem Überlegen bin ich jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass ich für diese Tätigkeit gerne Zeit aufbringen möchte. Nicht nur, weil ich uns im Gerichtsbezirk Itzehoe einen aktiven Anwaltsverein erhalten möchte, sondern auch um bereits früh wichtige Infos zu Änderungen oder Reformen, die unseren Beruf betreffen, zu erhalten. Die Mitglieder des neuen Vorstandes kannten sich bereits von dem Itzehoer Stammtisch für Juristen, so dass ich alle Mitglieder des FORUMs ermuntern möchte, an den Stammtischen, die in fast allen Gerichtsbezirken stattfinden, teilzunehmen. Damit werden Freundschaften und Netzwerke geknüpft, die ich persönlich nicht missen möchte und die nicht nur den Berufsalltag bereichern. RAin Julia Salzwedel, RB Itzehoe Foto: xxx ADVOICE 04/09 > www.xing.com/net/fja/kanzlei-und-kind-434728/ Wer, Mann oder Frau, bisher erfolglos nach Tipps gesucht hat, wie anwaltliche Selbstständigkeit und Familie unter einen Hut zu bekommen sind, soll dort Anregungen aus erster Hand erhalten. Vorausgesetzt, es diskutieren genug Teilnehmer mit. Also, einloggen bei XING (xing.com), Mitglied in der Diskussionsgruppe „Forum Junge Anwaltschaft im DAV e. V.“ werden und praxistaugliche Hinweise von Juristen für Juristen posten, um es all denen leichter zu machen, die erstmals mit Windelwechseln, Betreuungsgeldanträgen und Babysittersuche konfrontiert pat werden! Väter willkommen. Foto: S.Thomas . pixelio.de Euer FORUM Auf die Sprünge helfen – Karrieretag Hamburg Junge Juristen konnten sich mit verschiedenen Berufsbildern vertraut machen Am Vormittag wurde ein Überblick über einen Teil der beruflichen Möglichkeiten gegeben, die ein Volljurist nach dem Zweiten Staatsexamen hat. Am Nachmittag ging es um die Selbstständigkeit, Soft Skills und Bewerbungen. Den Tag eröffnete der Pressesprecher der Rechtsanwaltskammer Köln, Rechtsanwalt Martin W. Huff, mit einem Überblick über den Markt und die Entwicklung der rechts- und steuerberatenden Berufe. Es folgte Frau Bente Hamann, die als Juristin in einem Unternehmen tätig ist. Sie erläuterte das Besondere an der juristischen Tätigkeit in einem Unternehmen und wies auf die permanente Gratwanderung zwischen der rein rechtlichen Beurteilung einer Sache und den zu beachtenden kommerziellen Zielen hin. Frau Monika Rolf-Schoderer, Richterin am Oberverwaltungsgericht in Hamburg, berichtete mit viel Enthusiasmus über die Arbeit in der Justiz mit den Freiheiten und Grenzen des Richterberufes. Martin W. Huff berichtete über die interessanten Tätigkeiten eines Juristen als Journalist oder in Verbänden. Am Ende des Vormittags wurden die Vorzüge und Nachteile der Tätigkeiten als Rechtsanwalt in einer kleinen, mittleren und großen Kanzlei dargestellt. Jeder der Referenten war überzeugt davon, dass gerade seine Tätigkeit das Richtige – zumindest für ihn bzw. sie – sei. Im Hinblick auf die Anforderungen wurde sowohl die fachliche als auch die soziale Kompetenz als wichtig hervorgehoben. Zum Thema Selbstständigkeit referierte Rechtsanwalt Marko Dörre. Der Kollege betonte, wie wichtig dabei Spezialisierung sei. „Wenn Ihr erst einmal für etwas bekannt seid, kommen auch die Mandanten“, so Dörre. Er selbst hatte sich im Jahr 2002 auf die Erotikbranche spezialisiert, eine Nische, in der es kaum konkurrierende Kollegen gibt. Mandate aus anderen Rechtsgebieten können an Kollegen abgegeben werden. Hierfür sei es wichtig, sich ein Netzwerk zu schaffen, wie beispielsweise im FORUM Junge Anwaltschaft. Für die Planung der Selbstständigkeit ist ein Businessplan notwendig. Das wichtigste daran sei, zu überlegen und seine Ziele schriftlich zu fixieren, rät Dörre. Weiter in die Tiefe des Businessplans stieg Dr. Carsten Blunk von der Deutschen Bank ein. Zurücklehnen und entspannen konnten die von Zahlen und Fakten überschütteten Teilnehmer dann bei Rechtsanwalt Dr. André Niedostadek. In einem erfrischenden Vortrag sensibilisierte er die jungen Juristen für die Bedeutung von Soft Skills. Gefordert werden neben der fachlichen Qualifikation vor allem besondere Schlüsselqualifikationen wie Kommunikations- und Teamfähigkeit, Organisationstalent, Durchsetzungsvermögen oder Kritikfähigkeit. Diese so genannten Soft Skills müssen trainiert werden. Beispielsweise, indem man Vorträge hält oder sich ehrenamtlich engagiert. Zum Abschluss gaben Rechtsanwälte Dr. André Niedostadek sowie die Kollegen Dr. Philip Brügge, Nils Obenhaus von Münchow Commandeur + Partner Rechtsanwälte und Stephanie Wolfrum anhand ihres eigenen Karrierewegs konkrete Tipps für den Berufseinstieg. Bei der Bewerbung sei es wichtig, den Nutzen herauszustellen, weshalb der Arbeitgeber gerade Sie einstellen soll. Innovativ war die Empfehlung, eine eigene Bewerbungswebsite ins Netz zu stellen. Potentiellen Arbeitgebern kann beispielsweise auf Bewerbungsmessen eine Visitenkarte mit der Domain und gegebenenfalls einem Passwort überreicht werden. Dort findet er dann alle wichtigen Informationen über den Bewerber. Wichtig sei es auch, raus zu gehen und Kontakte zu knüpfen, gab Rechtsanwalt Niedostadek den Teilnehmern nach einem langen Tag mit auf den nach Heimweg. RAin Babette Kusche, Hamburg RA Sebastian Trabhardt, Hamburg Wir geben Ihnen Orientierung I I I I Erarbeitung Ihres Kanzleiprofils Effektives Marketing Professionelle Organisationsstrukturen Zeitmanagement und Controlling www.abc-anwalt.de Freecall 0800.ABC ANWALT Viele neue Absolventen des Ersten und Zweiten Staatsexamens stellen sich nun die Frage: „Was mache ich jetzt?“ Sie wissen einfach nicht genau, welchen Weg sie nach dem Ende der Ausbildung beruflich einschlagen sollen, sei es weil es so viele Wege gibt oder auch, weil sie nicht wissen können, was alles möglich ist. Um einen Teil dieser Fragen zu beantworten oder den Absolventen bei ihrer Suche zumindest ein wenig auf die Sprünge zu helfen, hatte die Fachbuchhandlung boysen + mauke in Kooperation mit dem Hamburgischen Anwaltsverein und dem FORUM Junge Anwaltschaft am 7. November 2009 den Karrieretag in der Grundbuchhalle des Ziviljustizgebäudes veranstaltet. Wir sind von der KfW für das Gründercoaching akkreditiert. Bis zu 90 % Zuschuss zu den Beratungskosten möglich. ADVOICE 04/09 47 FORUM Junge Anwaltschaft im DAV Das FORUM ist: Die Stimme der jungen Anwälte. Eine der größten Arbeitsgemeinschaften innerhalb des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Das Forum bietet: Fortbildungen. Netzwerke. Lobby. Starthilfe. Antworten und Hilfe für den Berufsstart und die ersten Berufsjahre. Eine Mitgliedschaft zahlt sich aus: Vorteile für alle Anwälte, Assessoren und Referendare bis 40 Jahre (Diese Vorteile bietet nur das FORUM Junge Anwaltschaft) Kostenlos: Anwaltsmagazin AdVoice Mit Schwerpunktthemen, Erfahrungsberichten, unterhaltsames und wissenswertes aus der Anwaltschaft, Mitgliederinformationen und natürlich viel Service: Checklisten, Fachanwaltssteckbriefe, Steuerinfos, Tipps zur Haftungsvermeidung u.v.m. Vertretung der Interessen der jungen Anwaltschaft in der Berufspolitik und der anwaltlichen Selbstverwaltung Teilnahme an der Mailingliste Fachliche Unterstützung durch Kollegen, Antworten auf fast jede Frage des Anwaltsalltags, Terminvertretungen, Fällen von Kollegen VORTEILE für alle, die (noch) nicht im DAV sind günstige Konditionen für die Berufshaftpflichtversicherung Mit HDI-Gerling besteht ein Abkommen exklusiv für FORUMsmitglieder mit hohem Sparpotenzial Fortbildung: eigene Seminare und günstigere Konditionen bei anderen Anbietern z.B. Mitglieder-Rabatt teilweise bis zu 50% bei der Deutschen AnwaltsAkademie Netzwerk und Erfahrungsaustausch national Regelmäßige Stammtische in den allen LG-Bezirken. Kontakte zu örtlichen und überörtlichen jungen Kolleginnen und Kollegen. Regionalbeauftragte als Ansprechpartner, die Euch gern vor Ort weiter helfen. Netzwerk international Länderbeauftragte als Ansprechpartner bei grenzüberschreitenden Rechtsproblemen. Kontakte zu internationalen Organisationen junger Anwälte und Mitgliedschaft in der European Young Lawyers Bar Association. Vergünstigte Teilnahme beim Anwaltstag z.B. 2009: 49,00 € statt 89,00 € für DAV-Mitglieder Kostenlos: 11x jährlich das Anwaltsblatt günstige Konditionen des DAV (http://anwaltverein.de/leistungen/rabatte) · Auto & Verkehr: z.B. Sonderboni beim Autokauf, vergünstigte Mietewagen · Hotels: Mitgliederrabatte des DAV in vielen Hotels · Fortbildung/Webdienste: z.B. juris DAV · Kommunikation: Rahmenabkommen für Mobilfunk-Rabatte · Versicherungen: z.B. bei der Krankenversicherung und Altersversorgung Rahmenabkommen für kostenlose Kreditkarten NJW-Abo-Ermäßigung um 22 € jährlich (Referendare erhalten vom Verlag weitere Ermäßigungen) VORAUSSETZUNGEN für eine Mitgliedschaft: Anwältin/Anwalt unter 40 Jahren, Referendare und Assessoren Jährlicher Mitgliedsbeitrag 50,00 € Ermäßigungen auf 25,00 €: 1. bei Eintritt ab Juli eines Jahres 2. für Mitglieder eines dem DAV angeschlossenen Anwaltvereins Beitritt online: www.davforum.de/anmeldung Euer FORUM Fälle der FORUMs-Mailingliste Über Geld trotz PKH und Stalker-Fristen Die FORUMs-Mailingliste ist eine der hilfreichsten Instrumente des Anwaltsalltags. Jedes erdenkliche Anwaltsthema wird hier diskutiert, vom richtigen Einstieg in eine Fallbearbeitung über Fundstellen bis hin zur Organisation der Kanzlei und Terminsvertretungen gibt es fast immer eine Lösung. Wir stellen in loser Folge Fragen und Antworten vor, die auf der Liste gestellt wurden. Die Frage „Ich habe den Fall, dass nach drei Jahren PKH wegen „Vermögen“ aufgehoben wurde. Nun bin ich aufgefordert, meine Wahlanwaltsgebühren mitzuteilen, §§ 50, 55 VI Abs. 2 RVG. Ich habe damals nicht mehr als die PKH Gebühren abgerechnet. Von daher weiß ich nicht genau, was zu tun ist. Was teile ich dem Gericht mit? Wer muss was zurückzahlen? Und kann ich nun Wahlanwaltsgebühren ggü. Mandantin abrechnen? Wer kann mir helfen?“ Innerhalb von 20 Minuten war das geklärt! Die Antworten „Ich reiche, wenn ich PKH abrechne, immer gleich die Wahlanwaltsgebühren mit ein. Erst die PKH-Berechnung, dann der Satz: Desweiteren wird gemäß § 50 II RVG die Regelvergütungsberechnung zur Akte gereicht und geltend gemacht. Dann die Berechnung Wahlanwalt, von der Summe die PKHGebühren abgezogen und der Satz „verbleibt als weitere Vergütung.“ Und manchmal kommt dann tatsächlich noch mal Geld von der Justizkasse. Hol die zweite Berechnung nach und schick es demjenigen, der Dich dazu aufgefordert hat.“ Weitere Antworten folgten: „Ich kenne das so, dass man dem Gericht die so genannte weitere Vergütung, also die vollen RVGGebühren mitteilt und diese dann von der Partei eingefordert werden, und zwar vom Gericht. Die an dich gewährte PKH-Vergütung wird dabei berücksichtigt.“ „Kostenfestsetzung der weiteren Vergütung (Wahlanwaltsgebühr abzüglich PKH-Gebühr) beantragen. Sonst nix. Staatskasse zieht diese im Rahmen der PKH mit ein (soweit mit den evtl. PKH-Raten möglich). Geld kommt dann von der Staatskasse.“ Die Frage Mandant hat Unterlassungsverfügung erhalten, sich seinem Nachbarn zukünftig nicht mehr als zehn Meter zu nähern. Anfangs hat es ihn nicht gestört, und er hat gegen die einstweilige Verfügung nichts unternommen. Jetzt stört es ihn doch und er will dagegen vorgehen. Er behauptet, nach sechs Monaten habe die einstweilige Verfügung ohnehin keine Wirkung mehr bzw. man könne sich nach sechs Monaten auf Verjährung berufen, sofern bis dorthin noch kein Hauptsacheverfahren eröffnet wurde. Ich meine zwar, so etwas auch schon einmal gehört zu haben, finde hierfür im Gesetz oder Kommentar keine wirkliche Grundlage. Eigentlich gelten einstweilige Verfügungen doch „endlos“, oder !?! Vielen Dank für Euere Einschätzung !! Termine 9.-10. April 2010 Berlin 5.-6. November 2010 Düsseldorf „Start in den Anwaltsberuf“ für 2010 Anmeldung über: DeutscheAnwaltAkademie Tel.: 030 / 726153-181 [email protected] www.anwaltakademie.de Die Antworten In derartigen Sachen wird die EV immer auf sechs Monate befristet. Nach § 1 GewSchG sollen Anordnungen nach diesem Gesetz befristet werden. Diese Soll-Vorschrift ist wohl eine Muss-Vorschrift. Die unterlassene Befristung führt zur Fehlerhaftigkeit der Anordnung. Guck mal zum Einstieg hier: 6. März 2010 Verkehrsrecht für junge Kollegen in Zusammenarbeit mit ARGE Verkehrsrecht und dem FORUM in Essen www.stalker-recht.de/urteil/details.php?id=164 13.-15. Mai 2010 Vielleicht meint der Mandant das. Was steht genau im Tenor der Verfügung drin? Wirklich unbefristet? Deutscher Anwaltstag DAT 2010 Aachen Eine weitere Antwort: Du könntest Widerspruch gem. §§ 936, 924 ZPO erheben. Mein DAV-Musterbuch schlägt folgenden Antrag vor: In Sachen XY gegen Z erhebe ich namens und in Vollmacht des Antraggegners gegen die eV vom ... WIDERSPRUCH. Ich beantrage, die einstweilige Verfügung vom ... aufzuheben und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Begründung: Verfügungsanspruch (besteht nicht), Verfügungsgrund wird bestritten. usw. 5./6. Juni 2010 15 Jahre FORUM Junge Anwaltschaft Berlin ZUM VORMERKEN: Auch im nächsten Jahr wird es wieder eine Veranstaltung „Forum Start in den Anwaltsberuf +3“ geben. Wo und wann findet Ihr auf: > www.davforum.de/forumplusdrei. Tipps und Regeln zur Mailinglistenbenutzung findet ihr unter: > www.davforum.de/262/. ADVOICE 04/09 49 Euer FORUM Global vernetzt – FORUM Junge Anwaltschaft Unsere Länderbeauftragten sind weltweit aktiv Armenien Brasilien Dänemark RA David Conrad, Jena Tel.: 03641-50770 [email protected] RAin Linda Schwarzer, Bonn Tel.: 0228-4109605 [email protected] Aserbaidschan Bulgarien RA Annika Rutschow, Dresden Tel.: 0351-814060 RAin Irina Keil, Flensburg Tel.: 0461-144640 [email protected] RA David Conrad, Jena Tel.: 03641-50770 [email protected] Assessor Konstantin Konstantinov, Bielefeld Tel.: 0179-5349631 [email protected] Australien Chile RAin Astrid Schrader, Nassau an der Lahn Tel.: 0151-21774863 [email protected] RA Carsten Engelhardt, Mosbach Tel.: 06261-4022 [email protected] Belgien China RAin Helicia Herman, Ottobrunn Tel.: 089-61534266 [email protected] RAin Mareen Schneider, Frankfurt/Main Tel.: 069-71373180 Estland Assessorin Katrin Rohner, Mittenwalde [email protected] Finnland RAin Anja Kinderling, Tecklenburg Tel.: 05482-7709 [email protected] Frankreich RAin Claudia JiaoJiao Sun Tel.: 069-59792309 [email protected] 50 ADVOICE 04/09 RA Dr. Alexander Mittmann, Hamburg Tel.: 040-3696330 RA Martin Heitmüller, Hannover Tel.: 0511-3533780 Euer FORUM RA Sebastian Tietz, Frankfurt/Main Tel.: 069-6786580 RAin Cornelia Urban, Palermo Tel.: 0039-091-342575 [email protected] RA Robin von Jacobi, München Tel.: 089-5471910 Georgien Mexiko RA Florian Wörtz, Heilbronn [email protected] Mongolei [email protected] RA David Conrad, Jena Tel.: 03641-50770 [email protected] Kanada RA Munkh-Ochir Tsogoo, Frankfurt/Main Tel.: 069-70791934 [email protected] Griechenland Rechtsreferendar Jan Hendrik Unger, Aachen Tel.: 0241-9906060 [email protected] Niederlande RAin Christina auf dem Graben, Patras Tel.: 0030-2610-225020 RA Kiriakos Sfatkidis, Stuttgart Tel.: 0711-91293750 RAin Irini Mavreli, Bielefeld Tel.: 0521-4042520 Kasachstan RAin Lidija S. Ponomarjova, Offenbach/Main Tel.: 069-85093393 [email protected] RA Jan Dwornig, Mühlheim an der Ruhr Tel.: 0208-9415288 RA Alexander Sanio, Enschede NL Tel.: 0031-534335466 [email protected] Kroatien Norwegen [email protected] RA Dr. Daniel Knok, Bremen Tel.: 0421-160545 Großbritannien RA Urs Breitsprecher, Düsseldorf Tel.: 0211-69990699 RAin Astrid Schrader; Nassau an der Lahn Tel.: 0151-21774863 RA Dr. Zoran Domic, Hamburg Tel.: 040-697989624 RA Christoph Morck, Oslo Tel.: 0047-22340000 [email protected] Österreich RA Christian Weiß; Niederkassel Tel.: 0228-908200 RAin Astrid Schrader, Nassau an der Lahn Tel.: 0151-21774863 [email protected] [email protected] Lettland RA Dominik Mertl, Rosenheim Tel.: 08031-9089460 Indien RA Rahul Oza, Nürnberg Tel.: 0911-91933151 Assessorin Katrin Rohner, Mittenwalde [email protected] [email protected] Polen Litauen RA Oliver Hartmann, Berlin Tel.: 030-38100847 Assessorin Katrin Rohner, Mittenwalde [email protected] [email protected] Luxemburg RAin Claudia Sebastiani, Berlin Tel.: 030-89068480 RAin Patrycja Gerhardy, Göttingen Tel.: 0551-37075656 Iran RA Kourosh Aminyan, Köln Tel.: 0221-2225240 [email protected] RA Dominik Demisch, Hamburg Tel.: 040-414030 Portugal RAin Mevlüde – Aysun Tokbag, Luxembourg Tel.: 00352-404960286 [email protected] RAin Silvia Rodrigues, Köln Tel.: 0221-27798781 [email protected] Marokko Rumänien RAin Touria Boukllouâ, Remscheid Tel.: 02191-4627104 [email protected] RA Adrian Wegel, Frankfurt/Main Tel.: 069-40586270 Italien RA Klaus Wille, Köln Tel.: 0221-2724745 RA Salvatore Barba, Rosenheim Tel.: 08031-9008336 RA Dr. Michael Tillmann, Köln Tel.: 0221-97304930 [email protected] RAin Dr. Stefania Slavu, Düsseldorf Tel.: 0211-16971051 [email protected] ADVOICE 04/09 51 Euer FORUM Russland Thailand RAin Lidija S. Ponomarjova, Offenbach/Main Tel.: 069-85093393 RA Susann Porzig, Nürnberg Tel.: 0911-3409262 [email protected] RA Andreas Dippe, Berlin Tel.: 030-3087840 [email protected] Türkei RA Gönül Kurt, München Tel.: 089-86466943 Schweden Dipl-iur. Marcus Bauckmann, Paderborn Tel.: 05251-2029244 RA Florian Wörtz, Heilbronn Tel.: 0178-1902424 RA Sabri D. Kamiloglu, Offenbach am Main Tel.: 069-36609921 RA Servet Pinarak, Hannover Tel.: 0511-7611779 [email protected] [email protected] Ukraine Slowakei RA Tomas Klimes, Dortmund Tel.: 0231-7299810 [email protected] RAin Lidija S. Ponomarjova, Offenbach/Main Tel.: 069-85093393 [email protected] Regionalbeauftragte gesucht! Regionalbeauftragte gesucht! An alle FORUMskolleginnen und -kollegen in den LG-Bezirken Amberg, Bückeburg, Cottbus, Kleve, Landau, Memmingen und Stendal! In diesen Bezirken ist die interessante Position des Regionalbeauftragten nicht oder nur kommissarisch besetzt. Welche engagierten FORUMs-Mitglieder möchten diese Lücken schließen? Der Regionalbeauftragte ist der Ansprechpartner des FORUM Junge Anwaltschaft vor Ort und organisiert in erster Linie den monatlichen Stammtisch zur Vernetzung der Mitglieder im eigenen Landgerichtsbezirk. Als RB bist Du auch die Schnittstelle zwischen dem geschäftsführenden Ausschuss und den Mitgliedern vor Ort und stehst in Kontakt mit den anderen RBs im Bundesgebiet. Das FORUM lebt von der Vernetzung aller Mitglieder, und der Regionalbeauftragte ist ein wichtiges Bindeglied vor Ort. Der Job macht Spaß und bringt jede Menge Kontakte mit sich. Ungarn Spanien RAin Carmen López Salaver, Koblenz Tel.: 0261-9423173 RA Joachim Raschendorfer, Lüneburg Tel.: 04131-263264 RA Steffen Küntzler, Saarbrücken Tel.: 0681-8839880 RA Mario Azzola, Wiesbaden Tel.: 0611-951420 [email protected] USA RA Lara Michaela Pair, Heilbronn Tel.: 07131-203910 [email protected] RA Ole Grünberg, Berlin Tel.: 030-61749961 Südafrika [email protected] RA Marco Noli Tel.: 089-5427500 [email protected] Venezuela Taiwan RA Dominik Suoniemi, Bensheim Tel.: 06251-842966 [email protected] RAin Djamila Strößner, Leipzig Tel.: 0341-35055876 [email protected] Weißrussland RA Lidija S. Ponomarjova, Offenbach/Main Tel.: 069-85093393 Tschechien Assessorin Katrin Rohner, Mittenwalde RA Noreen Loepke, Plauen Tel.: 03741-137437 Regionalstammtische Termine und Orte für die regionalen Stammtische in den LG-Bezirken findet Ihr unter www.davforum.de/kalender Berlin: an jedem 3. Montag des Monats um 19.30 Uhr in der Gaststätte „Cum Laude“ (im Salon) in der Universitätsstraße Hamburg: an jedem 1. Montag eines Monats um 19.30 Uhr im Parlament (www.parlamenthamburg.de) Rathausmarkt 1 Frankfurt am Main: an jedem 1. Mittwoch des Monats, 20.00 Uhr in wechselnden Lokalen. mail an [email protected] Dortmund: an jedem 1. Donnerstag im Monat ab 19.30 Uhr im Café Endlos in der Kaiserstraße/Ecke Goebenstraße Düsseldorf: an jedem 2. Mittwoch des Monats um 20.00 Uhr in der Gaststätte Schwan am Burgplatz in der Mühlenstr. 2 Köln: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab 19.30 Uhr in Hellers Brauhaus, Roonstraße 33 München: an jedem 1. Mittwoch des Monats ab 19.30 Uhr in der Gaststätte „Marktwirt“ in der Heiliggeiststraße 2 in München (Viktualienmarkt) [email protected] Schreibt uns ... RA Tomas Klimes, Dortmund Tel.: 0231-7299810 [email protected] 52 ADVOICE 04/09 Weitere Informationen findet Ihr unter : > www.davforum.de/laenderbeauftragte … Euer Lob, Eure Kritik und Eure Anregungen. Die AdVoice lebt von Euch! Infos und Themen, die Euch wichtig sind und natürlich Eure Beiträge schickt Ihr an: > [email protected] Euer FORUM Regionalbeauftragte stellen sich vor Regionalbeauftragte RAin Doreen Stubert für den LG Bezirk Coburg Nach dem Ausscheiden der Regionalbeauftragten Gabriele Knöpfle für den Bereich Coburg habe ich nunmehr deren Aufgabe übernommen. Ich bin 32 Jahre alt und arbeite seit über drei Jahren nach abgeschlossenem Studium und Referendariat in der Kanzlei Hörnlein & Feyler in Coburg, Schwerpunkt Verkehrsrecht. Dem Studium ging eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte voraus. Coburg ist eine kreisfreie Stadt im bayerischen Regierungsbezirk Oberfranken. Die Stadt ist vor allem bekannt durch die Versicherungsgruppe HUK-Coburg. Blickfang und Wahrzeichen der Stadt ist die zweitgrößte erhaltene Burg Deutschlands – die Veste Coburg. In Coburg befinden sich sowohl ein Amts- als auch ein Landgericht. Für die Anwälte macht sich regional der Coburger Anwaltsverein mit dem Vorsitzenden Wolfgang Hörnlein stark. Zahlreiche Veranstaltungen werden hier organisiert. Diese werden sowohl von Anwaltschaft als auch Justiz gut und gerne besucht. Der Anwaltsstammtisch findet jeden ersten Mittwoch im Monat vorzugsweise im „Henneberger Haus“ statt. Viele Veranstaltungen und zahlreiche kulturelle Highlights bieten hier die Plattform für die eigene Präsentation. Die Reise kann beginnen. Regional aufgestellt [email protected] Eine Übersicht aller Regionalbeauftragten findet Ihr im Internet unter: > www.davforum.de/469/ Länderbeauftragte stellen sich vor Länderbeauftragte RAin Touria Bouklouà für Marokko Was verbindet dich mit Marokko? Geboren und aufgewachsen bin ich in Deutschland, meine Eltern stammen jedoch ursprünglich aus Marokko. Ein großer Teil meiner Verwandtschaft lebt noch dort, deshalb habe auch ich den Bezug zu Marokko nie verloren. Was sollte ein Anwalt über Marokko wissen? Foto: Dieter Schütz . pixelio.de Das marokkanische Rechtssystem unterscheidet sich nur geringfügig vom französischen. Marokko gilt spätestens seit dem Inkrafttreten des neuen Familiengesetzes, der Moudawana (franz. Code du Statut Personnel et des Successions), als eines der liberalsten und politisch interessantesten Länder der arabisch-islamischen Welt. Die Moudawana entspricht der modernen Auffassung von Ehe und Familie, postuliert die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau, legt die Teilung der in der Ehe erworbenen Güter fest und schafft eine Familiengerichtbarkeit. Diese Politik der Modernisierung des Landes wurde mit weiteren Reformen wie z. B. im Arbeitsrechts oder der Energiepolitik fortgesetzt. So wurde ein Gesetz zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie (MA-EEG) verabschiedet, das Unternehmen neue Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten bietet. Wie kannst du bei Rechtsproblemen helfen? Durch meine regelmäßigen Aufenthalte in Marokko verfüge ich nicht nur über Kenntnisse der marokkanischen Gesellschaft, sondern kenne auch die Mentalität der Menschen. Da ich zudem mit ortsansässigen Anwälten kooperiere, bin ich gerne bereit, bei internationalen Rechtsproblemen den Kontakt zu einem geeigneten Anwalt herzustellen. [email protected] ADVOICE 04/09 53 Bücher-FORUM Passion Arbeitsrecht – Erfahrungen einer unruhigen Generation Erd/Fabian/Kocher/Schmidt, 1. Aufl. 2009, 268 S., 48,00 EUR, Nomos Verlag Machen wir uns nichts vor: Rechtswissenschaften ist ein Studienfach, das eine Vielzahl von jungen Menschen anzieht, die zu Beginn ihres Studiums noch überhaupt keine Ahnung haben, was sie werden wollen, wenn sie mal groß sind. Manche von ihnen wissen das auch nach dem Studium nicht so genau, andere waren bereits bei Studienbeginn zur Karriere im juristischen Bereich entschlossen, einige haben ihre Berufung erst während des Studiums entdeckt. Dass junge Menschen in krisengebeutelten Zeiten wie den unsrigen der Wunsch nach wirtschaftlicher Sicherheit und einem krisenfesten Arbeitsplatz umtreibt und in die Rechtswissenschaften drängt, ist nachvollziehbar. Schließlich gelten, vor allem in den Augen vieler Studienanfänger, juristische Berufe nach wie vor als ebenso solide wie lukrativ. Doch wie war das früher? Aus welchen Gründen sich junge Menschen in der Zeit um das legendäre Jahr 1968 für ein Studium der Rechtswissenschaften entschieden haben, ist in der Festschrift Passion Arbeitsrecht – Erfahrungen einer unruhigen Generation nachzulesen, die gerade anlässlich der Emeritierung von Prof. Dr. Thomas Blanke erschienen ist. Blanke, selbst Jahrgang 1944, gehörte zu einem Kreis Frankfurter Jura-Studenten, die sich, ihrer Zeit entsprechend, sehr kritisch mit ihrem Studienfach auseinandergesetzt haben. Seit 1972 ist er Mitherausgeber der Zeitschrift Kritische Justiz und war von 1975 bis 2009 Professor für Arbeitsrecht an der Universität Oldenburg. Zu den Freunden und Wegbegleitern Blankes gehören Persönlichkeiten der Rechtswissenschaften wie z. B. der langjährige Leiter der DGB-Bundesrechtsstelle Rudolf Buschmann und der nicht nur als Ehemann der früheren Bundesjustizministerin bekannt gewordene Professor für Arbeitsrecht Prof. Dr. Wolfgang Däubler. Zu Ehren ihres Freundes und Kollegen haben diese Wegbegleiter für die vorliegende Festschrift sehr lebendige Zeugnisse der Anfangsjahre ihrer juristischen Tätigkeit abgelegt. Fazit: Entstanden ist auf diese Weise ein Lesebuch für alle zeitgeschichtlich Interessierten, die schon immer einmal erfahren wollten, was in jungen Rechtswissenschaftlern zur Zeit der großen gesellschaftlichen Umbrüche zu Beginn der 70er Jahre vorgegangen ist. Zu vernehmen sind dabei auch durchaus kritische Töne zur Entwicklung der Rechtswissenschaften im Allgemeinen und des Arbeitsrechts im Besonderen. Alles in allem also ein Buch, das zu lesen sich für den rechtshistorisch und -soziologisch interessierten Jung-Anwalt lohnt. Der Arbeitsvertrag Bundle Fachanwalt Arbeitsrecht Ulrich Preis (Hrsg.), 3. Aufl. 2009, 1.894 S., 149,00 EUR, Verlag Dr. Otto Schmidt 3. Aufl. 2009, 5.296 S., 249,00 EUR, Luchterhand Verlag Anfang 2009 ist Der Arbeitsvertrag von Preis neu erschienen. In Anbetracht der zunehmenden Rechtsprechung des BAG zur AGBrechtlichen Klauselkontrolle nach §§ 305 ff. BGB war das Team um Ulrich Preis – bestehend aus drei Professoren, einer Anwältin und einem Richter – gefordert, nicht nur die neue Rechtsprechung in das Handbuch einzuflechten, sondern auch die Klauselentwürfe anzupassen. Das Bundle Fachanwalt Arbeitsrecht umfasst das Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, herausgegeben von Dörner/Luczak/ Wildschütz, 8. Aufl. 2009 und den Fachanwaltskommentar Arbeitsrecht, herausgegeben von Dornbusch/Fischermeier/Löwisch, 2. Aufl. 2009. Die Autoren beabsichtigen, den arbeitsrechtlichen Berater zu einer noch präziseren arbeitsrechtlichen Würdigung bei der Vertragsgestaltung anzuhalten und bieten Unterstützung bei einer rechtssicheren, klaren und fairen Vertragsentwicklung. Das Werk ist benutzerfreundlich gestaltet. In den Ausführungen sind wichtige Begriffe fett gedruckt, was die gezielte Suche nach bestimmten Passagen erleichtert. Allen Kapiteln ist eine Gliederung vorgeschaltet, gefolgt von einem Literaturverzeichnis. In den Kommentierungen der Vertragstypen und –klauseln sind die Formulierungsvorschläge gut erkennbar durch einen Rahmen eingefasst. Besonders hilfreich ist die Unterscheidung der Autoren in verwendbare Klauseln – mit „Typ“ gekennzeichnet – oder in nicht verwendbare Klauseln – mit „nicht geeignet“ – markiert. Der nicht überfrachtete Fußnotenapparat ist dominiert von neuester Rechtsprechung. Teil I widmet sich den methodischen Grundlagen der Vertragsgestaltung über die gegenwärtige Praxis und die Grenzen der Vertragsgestaltung sowie den damit einhergehenden sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Fragen. Mittelpunkt bildet Teil II mit der umfassenden lexikonartigen Kommentierung der Vertragstypen und -klauseln aus etwa 60 Regelungsbereichen. Unter anderem sind Klauseln zu Abtretungsverboten und Lohnpfändung, Arbeitsentgelt und Arbeitszeit, der Haftung des Arbeitnehmers, zu Internet und Telekommunikation, zur Teilzeitarbeit, den Vertragsstrafen und Wettbewerbsverboten bis zu Zurückbehaltungsrechten erläutert. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der Behandlung der materiellen Wirksamkeit der Klauseln vor dem Hintergrund zwingenden Gesetzesrechts und der Inhaltskontrolle nach §§ 307-309 BGB. Teil III, mit seinen verschiedenen Vertragsmustern, rundet das Handbuch ab. Fazit: Der Arbeitsvertrag bietet auf die unterschiedlichsten Problemstellungen in der Gestaltung und Prüfung von Arbeitsverträgen praktikable und zuverlässige Antworten. Aufgrund der ausführlichen Bearbeitung und der Vielzahl von Formulierungsbeispielen ist das Handbuch sehr zu empfehlen. Der neue Preis ist seinen Preis wert. RAin Astrid Ackermann, LL.M., Frankfurt am Main RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock Das Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht bereitet – gegliedert in vier Teile – das materielle Arbeitsrecht und das Verfahrensrecht systematisch auf. Während Teil 1 den Grundlagen gewidmet ist, wird im Teil 2 – Individualarbeitsrecht – das breite Spektrum von der Anbahnung und der Begründung des Arbeitsverhältnisses über dessen Beendigung bis zu den Pflichten bei einer Beendigung geboten. Erwähnt seien die eingängigen Ausführungen zur Sozialauswahl und deren Auswahlkriterien sowie den Auswirkungen des AGG auf sie. Das Kollektivrecht bildet Teil 3, bevor der vierte Teil zum Arbeitsgerichtsverfahren das Werk abrundet. Der hier neu eingefügte Abschnitt zur Mediation zeigt die steigende Bedeutung dieser Form der Streitbeileggung. Des Weiteren sind die Fortentwicklungen im AEntG und MiArbG, zur Zurechnung des Anwaltsverschuldens bei verspäteter Erhebung der Kündigungsschutzklage, zu den sozialversicherungsrechtlichen Folgen der Freistellung und die aktuelle Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung bearbeitet. Der Fachanwaltskommentar Arbeitsrecht mit Rechtsstand 31.3.2009 bietet eine an der anwaltlichen Praxis und der Rechtsprechung orientierte Kommentierung der einschlägigen Arbeitgesetze und Nebengesetze. Alle gesetzlichen Neuerungen sind bearbeitet. Erwähnt seien die neue Kommentierung zum PflegeZG, das AEntG, das SGG-ArbGG-Änderungsgesetz mit den Änderungen des § 5 Abs. 4 und 5 KSchG und der ArbeitnehmerDatenschutz. Berücksichtigt ist auch die neue Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen, zum AGG, zum KSchG und zum BUrlG. Für den Leser hilfreich sind die mit fettgedruckten Begriffen durchzogenen Texte, grau unterlegten Hinweise, Checklisten, Formulierungsbeispiele und Übersichten. Rechtsprechungs- und Literaturzitierung findet man im Fließtext. Im Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht sind allen Kapiteln dezidierte Gliederungen zur schnellen Problemsuche vorangestellt. Fazit: Das Bundle Arbeitsrecht bildet eine hervorragende Einheit mit einem bemerkenswerten Fundus für die Beratungsund Verteidigungspraxis. Den jungen Kollegen begleitet es auf dem Weg zum Fachanwaltstitel. Dem erfahrenen Kollegen bietet es mit seiner Aktualität, den Checklisten, den Formulierungsmustern und der – auch instanzgerichtlichen – Auswertung der Rechtsprechung ein zuverlässiges Nachschlagewerk. RA Jens Jenau, Schloß Holte-Stukenbrock 54 ADVOICE 04/09 Bücher-FORUM Zugewinnausgleich in der Praxis Lambert Krause 1. Aufl. 2009, 379 S., 44,00 EUR ZAP Verlag (LexisNexis) Das Recht der Zugewinngemeinschaft ist neu gestaltet worden. Viele Probleme werden nach neuem Recht genauso behandelt wie nach altem Recht. Bewährtes wurde vom Gesetzgeber nicht angetastet. Daher ist in der Praxis stets darauf zu achten, ob das bisher geltende Recht zu den aufgeworfenen Fragen nicht gerade geändert wurde. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Lambert Krause ist es gelungen, den Kontrollblick des Anwalts entbehrlich zu machen: Er beschreibt die zentralen Fragen des Güterrechts unter Beachtung des neuen Rechts. Insbesondere ist es ihm gelungen, die grundlegenden Fragen des Güterrechts danach gegliedert darzustellen, wie sie sich in der alltäglichen Praxis ergeben. Problemstellungen sind nach der Thematik erfasst. Der Autor beschränkt sich nicht auf Veränderungen durch die Gesetzesreform. Im Kapitel – Vorzeitiger Zugewinnausgleich – stellt Krause zunächst die bisherige Rechtslage dar. Optisch hervorgehoben stellt er die Reform des vorzeitigen Zugewinnausgleichs mit ihren Hintergründen dar, bevor er dessen Voraussetzungen erläutert. Der Auskunftsanspruch besteht nach neuem Recht bereits ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Antrags auf vorzeitigen Zugewinnausgleich bzw. vorzeitiger Aufhebung der Zugewinngemeinschaft. Nach neuem Recht kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte nach dreijähriger Trennungszeit den Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich stellen. Der ausgleichspflichtige Ehegatte muss gem. § 1386 BGB die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft verlangen. Neu ist auch die Stichtagsregelung gem. § 1387 BGB. Abgeschafft wurde die Spezialregelung des § 1389 BGB. Künftig kann Arrest nach §1385 Nr. 1-4 BGB iVm. § 916 ZPO beantragt werden. Das aus anwaltlicher Sicht beste Vorgehen erläutert Krause anschaulich anhand von Fallbeispielen. Das Kapitel schließt er mit den Kosten. Hier erläutert er – erneut mit Beispielen – wie und warum es wichtig ist, sich rechtzeitig Gedanken zum Streitwert zu machen, schriftsätzlich vorzutragen und eine vorläufige Streitwertfestsetzung zu beantragen. Fazit: Zugewinnausgleich in der Praxis ist ein Buch, das es dem Leser ermöglicht, sich schnell in die Materie unter Berücksichtigung alter und neuer Gesetzeslage einzuarbeiten. Die Praxistipps erleichtern die alltägliche Arbeit. Auch der nicht ständig im Familienrecht tätige Rechtsanwalt findet einen leichten Einstieg in die Materie. RAin Ines Müller-Baumgarten, Bielefeld Taktik im neuen familiengerichtlichen Verfahren Familienverfahrensrecht Handkommentar Franz-Josef Roßmann 1. Aufl. 2009, 711 S., 68,00 EUR ZAP Verlag (LexisNexis) Friederici/Kemper (Hrsg.) 1. Aufl. 2009, 864 S., 89,00 EUR, Nomos Verlag Rechtsanwalt Dr. Franz-Thomas Roßmann hat mit diesem Werk einen umfassenden Leitfaden für alle Praktiker im Familienrecht geschrieben, die sich schnell über die Änderungen des Verfahrensrechts informieren wollen. Am 01.09.2009 ist das neue FamFG in Kraft getreten. Das gesamte Familienverfahrensrecht wurde tiefgreifend umstrukturiert. Die Reform ist einer der wichtigsten und bedeutsamsten Einschnitte in das Familienverfahrensrecht seit der Verabschiedung des ersten Ehereformgesetzes von 1977. Kommentare zum Familienverfahrensrecht gehören daher nach der Reform sicherlich zur juristischen Standardausstattung des (auch) familienrechtlich arbeitenden Rechtsanwalts. Gerade weil nach einer Reform aktuelle Rechtsprechung auf sich warten lässt, ist ein Handkommentar ein unverzichtbarer Begleiter, um schnelle Antworten auf Verfahrensfragen zu finden, die sich im Zuge der Bearbeitung einzelner Mandate zwangsläufig stellen. Das Werk ist in drei Teile untergliedert. Der Autor beginnt mit einer Einführung. Übersichtlich und klar strukturiert zeigt er die Änderungen auf. Im zweiten Teil nimmt er zu den allgemeinen Verfahrensvorschriften Stellung, der dritte Teil befasst sich mit den einzelnen Verfahren. Der Anhang enthält eine Synopse aus altem und neuem Recht. Die mitgelieferte CD-ROM mit Musterschriftsätzen erleichtert die Arbeit mit dem neuen FamFG und macht die Anschaffung eines Formularbuchs entbehrlich. Die Texte der CD-ROM sind als Word-Dateien gespeichert, so dass sie vom Anwender individuell bearbeitet, als Vorlagen abgespeichert und ausgedruckt werden können. Der Leser wird durch Schaubilder gut geführt. Auch Checklisten vereinfachen die tägliche Arbeit. Neben der gut im Druckbild hervorgehobenen Darstellung der neuen Rechtslage legt der Autor großen Wert auf taktische Verfahrenshinweise sowie auf anwaltliche Hinweise, die in einem grauen Kasten mit erhobenem Zeigefinger abgedruckt sind. Zum Beispiel weist er darauf hin, dass die einstweilige Unterhaltsanordnung seit dem 01.09.2009 vereinfacht ist. Auch die Auskunftspflichten sind neu geregelt: Gemäß §§ 235, 236 FamFG ist nunmehr das Gericht für die Ermittlungsarbeit zuständig. Taktische Hinweise sind in umrandeten Kästen eingefügt und mit Fettdruck hervorgehoben. So ist es nicht mehr möglich, eine Folgesache in der letzen mündlichen Verhandlung zur Scheidungssache anhängig zu machen. In der Kanzlei müssen daher organisatorische Maßnahmen ergriffen werden, um diese neue Frist nicht unbemerkt verstreichen zu lassen. Ist die ZweiWochenfrist vor der mündlichen Verhandlung verstrichen, kann die Folgesache nur im isolierten Verfahren betrieben werden. Fazit: Ein überaus gelungenes Werk, das den Leser an die Hand nimmt und alle Neuerungen Schritt für Schritt gut erklärt! Auch nicht ständig im Familienrecht tätige Anwälte finden sich schnell zurecht und die nötigen Informationen. RAin Ines Müller-Baumgarten, Bielefeld Das Autorenteam des Handkommentars besteht aus Richtern, Fachanwälten, Professoren. Besonders erfreulich ist aus meiner Sicht, dass in dem Kommentar trotz Erscheinens vor Inkrafttreten der Neuregelung bereits die Änderungen des FamFG durch das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsaugleichs, das Gesetz zur Reform des Zugewinnausgleichs und des Betreuungsrechts sowie das so genannte „Reparaturgesetz“ berücksichtigt sind. Der Handkommentar erläutert als Spezialwerk die ersten beiden Bücher des neuen FamFG und hier im Schwerpunkt die familienverfahrensspezifischen Fragestellungen. Das Betreuungs- und Unterbringungsrecht wurden ausgespart. Die neuen Begrifflichkeiten werden ebenso gut erläutert wie das Verhältnis des FamFG zur ZPO. Auch der Eilrechtsschutz, die Rechtsmittel und die Zwangsvollstreckung finden ausreichende Berücksichtigung. Fazit: Der Kommentar erspart natürlich nicht die Anschaffung eines auf das neue Recht abgestimmten Formularbuchs. Um sich – gerade als Berufsanfänger – im Dschungel der neuen Regelungen und Begrifflichkeiten zurechtzufinden, sollte neben dem Formularbuch aber auch der Praxiskommentar nicht fehlen. Zumal in der täglichen Praxis oftmals die Zeit fehlt, die sicherlich guten und vertiefenden Abhandlungen zum neuen FamFG in den diversen Zeitungen zu studieren. Vom Umfang ist ein Handkommentar natürlich kein Großkommentar, er liefert aber bei einer Vielzahl von Fragen mehr als einen ersten Anhaltspunkt. Der Kommentar eignet sich aus meiner Sicht wegen seines klaren Aufbaus und der gelungenen Gewichtung sowohl zur Einarbeitung als auch als Nachschlagewerk in der täglichen Arbeit. Der Handkommentar Familienverfahrensrecht ist daher uneingeschränkt zu empfehlen. RAin Christina Münder, Northeim ADVOICE 04/09 55 Bücher-FORUM Das Recht der Untersuchungshaft Münchhalffen/Gatzweiler, 3. Aufl. 2009, 330 S., 45,00 EUR, Verlag C.H.Beck Das Recht der Untersuchungshaft ist derzeit aufgrund der am 01.01.2010 in Kraft tretenden Reform des Untersuchungshaftrechts wieder in aller Munde. Erfreulicherweise wird dieses Gesetzesvorhaben bereits in dem soeben in 3. Auflage erschienenen Werk von Münchhalffen/Gatzweiler berücksichtigt. Chronologisch dem Mandatsverlauf angepasst, werden zu Beginn praxisrelevante Fragen zum Thema Kontakt zum Inhaftierten beantwortet. Insbesondere Anfänger finden so schnell Antworten z. B. auf die Frage, welche Schritte vor dem Besuch des Mandanten in spe erforderlich sind oder wie bei der häufigen Beauftragung durch Dritte zu verfahren ist. Dem folgen Ausführungen zu den formellen Voraussetzungen, bevor einer der Schwerpunkte, die materiellrechtliche Seite, besprochen wird. Die Verfasser beleuchten in diesem Abschnitt sehr ausführlich die einzelnen Haftgründe, auch die apokryphen Gründe werden angesprochen. Weitere Kapitel befassen sich mit den praktischen Seiten des Haftrechts, so der Vollstreckung des Haftbefehls, der Aussetzung des Vollzugs, dem Wegfall der Haftvoraussetzungen und auch den möglichen Rechtsmitteln. Ein Exkurs betrifft die einstweilige Unterbringung nach § 136a StPO. Der zweite große Schwerpunkt des Werkes befasst sich im 12. Teil mit dem Vollzug der Untersuchungshaft. Auf 54 Seiten findet der Praktiker auch für die Angehörigen sehr wichtige Informationen zum Umgang mit der Untersuchungshaft. So werden u.a. klar verständlich die Regelungen des Besuchs- und Schriftverkehrs mit den Angehörigen dargestellt. Im Weiteren wird detailliert auf die Haftbedingungen eingegangen. Auch die einschlägigen Rechtsmittel finden sich in diesem Kapitel. Ein besonderer Abschnitt des Buches ist darüber hinaus dem Europäischen Haftbefehl gewidmet. Im Anhang findet der Verwender wichtige Muster für den Verteidigeralltag. Fazit: Das Werk zeichnet sich durch seine Praxisrelevanz aus und sollte für jeden engagierten Strafverteidiger zur Pflichtlektüre gehören. Die Verwendung aussagekräftiger Überschriften erlaubt es dem Benutzer schnell, zur gesuchten Thematik zu kommen. Das Buch kann daher sehr gut als Nachschlagewerk genutzt werden. Eine Vielzahl an Rechtsprechungsfundstellen erleichtert dem Nutzer die Untermauerung seiner Argumente. RA Carsten Jaeger, Dortmund 56 ADVOICE 04/09 Einführung in die Praxis des Strafzumessungsrechts Klaus Detter, 1. Aufl. 2009, 338 S., 49,00 EUR, Carl Heymanns Verlag Der Autor Dr. h. c. Klaus Detter, Richter am BGH a. D. und seit langem Referent bei den von der Anwaltakademie veranstalteten Fachanwaltslehrgängen im Strafrecht, behandelt in seinem Werk die speziell für die Praxis wichtigen und relevanten Fragen der Strafzumessung. Es richtet sich an Richter, Staatsanwälte und insbesondere auch Strafverteidiger. Dem Verteidiger werden die verschiedenen Möglichkeiten aufgezeigt, wie er im Strafprozess erfolgreich für ein möglichst günstiges Strafmaß kämpfen kann. Neben den Grundlagen der Strafzumessung erläutert das Werk im Einzelnen, welche Gesichtspunkte bei der Strafzumessung berücksichtigt werden dürfen und welche außen vor bleiben müssen, z. B. Tatumstände, Tatfolgen, Schadenswiedergutmachung, Nachtatverhalten, Verfahrensdauer und -verzögerung, Verteidigungsverhalten und Geständnis. Auch auf Eigenheiten in speziellen Strafverfahren, in denen sich die Strafzumessung erfahrungsgemäß besonders schwierig gestaltet, geht das Werk gesondert ein, etwa auf die Strafzumessung bei Betäubungsmitteldelikten, bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder bei der Steuerhinterziehung. Besonders berücksichtigt werden außerdem die Fragen der Strafaussetzung zur Bewährung und Bewährungsauflagen. Eigene kurze, aber für den Strafverteidiger und die tägliche Praxis interessante Kapitel beschäftigen sich mit der Einstellung von Strafverfahren gemäß §§ 153 ff. StPO und der „Strafzumessung und Revision“. Das für den Verteidiger nützlichste Kapitel dürfte wohl das Kapitel zur Strafzumessungsverteidigung sein. Dieses beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie eine möglichst günstige Strafe für den Mandanten erreicht werden kann. Erörtert werden in diesem Zusammenhang insbesondere das Ablegen eines Geständnisses, das mögliche Einlassungsverhalten, der Opferschutz sowie der Täter-Opfer-Ausgleich. Fazit: Das Werk wird jedem Strafverteidiger Nutzen bringen können. Dies gilt sowohl für denjenigen, der sich erstmals in das Recht der Strafzumessung einarbeitet, als auch für denjenigen, der neue Verteidigungsansätze bezüglich der Strafzumessung sucht, und auch für denjenigen, der im Revisionsverfahren die Strafzumessung des Tatgerichts angreifen möchte. Kommentar zum GmbH-Gesetz Roth/Altmeppen, 6. Aufl. 2009, 1.291 S., 78,00 EUR, Verlag C.H. Beck Mittlerweile ist der GmbHG-Kommentar von Prof. Dr. Günter H. Roth und Prof. Dr. Holger Altmeppen in 6. Auflage erschienen. Beide Kommentatoren sind Hochschullehrer, die jedoch auch als Richter bzw. Rechtsanwalt und Gutachter tätig waren und sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit dem Gesellschafts- und sonstigem Zivilrecht befassen. Wie bereits die Vorauflagen, wird auch die aktuelle Auflage ihres Kommentars mit Sicherheit eine freundliche Beurteilung und häufige Berücksichtigung in der Rechtspraxis erfahren. Denn der Roth/Altmeppen bietet weiterhin eine straffe und recht übersichtliche Kommentierung, in der die maßgeblichen Problemstellungen dennoch eingehend und verständlich erörtert werden. Entsprechend der ausdrücklichen Zielsetzung wird anstatt umfangreicher Nachweise häufig nur auf die höchstrichterliche Rechtsprechung verwiesen. Gerade kleinere Kanzleien dürften dabei schätzen, dass wichtige Urteile nicht nur als BGHZFundstelle, sondern auch mit einem Hinweis auf die NJWVeröffentlichung angegeben sind. Als wesentliche Neuerung befasst sich die 6. Auflage mit den durch das MoMiG eingeführten Gesetzesänderungen. Diese werden jeweils mit einem Vergleich zur bisherigen Rechtslage erläutert und meist auch kurz bewertet. Erfreulicherweise enthält die Neuauflage weiterhin eine umfassende Kommentierung des Kapitalersatzrechts (§§ 32a, 32b a. F.), das für Altfälle fortgilt. In einem anschließenden Anhang wird die Behandlung von Gesellschafterdarlehen vertiefend dargestellt. Erwähnenswert sind außerdem die sehr ausführlichen Erläuterungen zur Existenzvernichtungshaftung, die der BGH mit seinem „Trihotel“-Urteil nunmehr als eine Fallgruppe des § 826 BGB ansieht. Fazit: Insgesamt ist auch die 6. Auflage des Roth/Altmeppen ein übersichtlicher, aber dennoch zuverlässiger Kommentar zum GmbHG – und damit wohl praxistauglicher als manch umfangreicherer Standardkommentar. Angesichts der bereits zum 01.11.2008 durch das MoMiG eingeführten Gesetzesänderungen hätte man sich gewiss ein etwas früheres Erscheinungsdatum gewünscht. Aber auch insoweit kann der Roth/Altmeppen im Vergleich zu anderen GmbHG-Kommentaren durchaus punkten. Sein Preis/Leistungs-Verhältnis dürfte ohnehin kaum zu übertreffen sein. RA Mathias Klose, Regensburg RA Bertram Stoll, Hamburg Bücher-FORUM Fotografie und Recht Verkehrsrecht Kötz/Brüggemann, 1. Aufl. 2009, 184 S., 34,95 EUR, mitp-Verlag Hartmut Roth (Hrsg.), 2. Aufl. 2009, rund 1.390 S., mit CD-ROM, 118,00 EUR, Nomos Verlag Fotografie und Recht richtet sich ausdrücklich auch an Rechtsanwälte und verspricht „gezielt Antworten auf Ihre juristischen Fragen“. Diesem Anspruch wird es leider nicht gerecht, schon weil ein gezieltes Nachschlagen schwer fällt. Das Arbeiten in Frage und Antwort zerstückelt Rechtsprobleme unnötig, darüber hinaus wird die thematische Gliederung nicht eingehalten. Die Lizenzanalogie ist im Kapitel „Organisation“ erörtert, obwohl es für Rechtsverletzungen ein eigenes Kapitel gibt. Ob ein Fotograf Auftragsarbeiten auch selbst verwerten darf, steht im zweiten Kapitel und wird im vierten erneut wiederholt. Das Formularbuch von Roth bietet dem Leser eine umfassende Darstellung des Verkehrsrechts. Die zweite Auflage des Werkes berücksichtigt die Reform des VVG aus dem Jahre 2008. Umfassende Hinweise zur alten und neuen Rechtslage wurden eingearbeitet. Darüber hinaus wurde das Werk um die Kapitel Arbeitsrecht im Verkehrsrecht und Sachverständigenlösungen durch Unfallanalysen erweitert. Die Autoren des Werkes sind Praktiker mit langjähriger Erfahrung im Verkehrsrecht. Hat man endlich die richtige Stelle gefunden, sind die Ausführungen oft zu knapp, um klare Antworten zu geben. Manchmal sind sie auch unglücklich formuliert. Der klaren Aussage, Fotos dürften überhaupt nicht verfremdet werden, folgt unmittelbar, eine „nicht hinnehmbare Entstellung“ liege letztlich nur selten vor. Gerade so, als sei das Unzulässige in der Regel doch hinzunehmen. Auch manche Überschriften führen in die Irre, unter „Öffentliche Zugänglichmachung bei bloßer Verlinkung“ geht es gerade um den umgekehrten Fall, d. h. um Bilder, die man im Internet bloß speichert, aber nicht verlinkt. Dass man Minderjährige nicht in allzu erotischen Posen ablichten und ihnen keine Pornos zugänglich machen darf, wird über mehrere Seiten als „gefährliche Entwicklung, die nur noch den Begriff Zensur verdient“ (S. 42) verteufelt. Statt ihren Unmut über Gesetze und „die Zensur ausübenden Behörden“ (S. 34) in epischer Breite kundzutun, hätten die Autoren besser das geltende Recht präziser dargestellt. Nach einer anschaulichen Definition von Pornografie sucht man vergeblich. Auf S. 43 wird der Eindruck erweckt, Kunst sei nie Pornografie. Auf S. 59 folgt dann zwar das (richtige) Gegenteil, allerdings unter der Überschrift „Verlinkung von Webseiten“, und über das Stichwort „Pornografie“ ist nichts zu finden. Beim Recht am eigenen Bild heißt es, jemand wie Oskar Lafontaine dürfte es allein aufgrund seiner Prominenz hinzunehmen haben, dass Fotos veröffentlicht werden, die ihn im Urlaub zeigen. Dies mag eine vertretbare Meinung sein, aber in einem Buch „für die Fotopraxis“ und mit besonderer Zielrichtung auf die Anwaltschaft hätte man sich zumindest einen Hinweis darauf gewünscht, dass BGH (NJW 2007, 1977; 2008, 749) und BVerfG (NJW 2008, 1793) die Sache ganz anders sehen. Fazit: Das Werk ist leider zu unstrukturiert, unvollständig und ungenau, als dass man es empfehlen könnte. Das Werk gliedert sich in neun Teile. In der Einführung werden insbesondere dem jungen Anwalt zahlreiche Hinweise an die Hand gegeben, wie ein verkehrsrechtliches Mandat abzuwickeln ist. Detailliert wird der Ablauf der Sachbearbeitung geschildert, zahlreiche Musterschriftsätze, die der Korrespondenz zwischen den Beteiligten dienen, können auf der beigefügten CD abgerufen und direkt in die eigene Textverarbeitung aufgenommen werden. Zudem nehmen die Autoren Stellung zu praktischen Marketingstrategien für Verkehrsanwälte und erläutern ausführlich die Gebühren in Verkehrsangelegenheiten. Diese komplexe und praktische Einführung macht das Formularbuch zu einem Muss für den Anfänger im Verkehrsrecht, da solch eine Heranführung an das Mandat mustergültig ist. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Kommentar Troll/Gebel/Jülicher, 38. EL Juli 2009, Grundwerkspreis mit Fortsetzungsbezug von mindestens 3 Ergänzungslieferungen 98,00 EUR, Grundwerkspreis ohne Fortsetzungsbezug 128,00 EUR, Verlag C.H.Beck Der Loseblatt-Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz liegt aktuell mit der 38. Ergänzungslieferung (Stand 31.07.2009) vor. Kommentatoren dieses von Dr. Troll, Ministerialrat a. D. begründeten Werkes sind weiterhin Gebel, Vizepräsident des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz a. D. und Dr. Jülicher, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht. Gerade in der letzten Zeit ist es in diesem Rechtsgebiet zu einer Vielzahl von Änderungen gekommen. So ist zum 01.01.2009 das Erbschaftsteuerreformgesetz in Kraft getreten und zwischenzeitlich sind hierzu fünf gleich lautende Ländererlasse ergangen. Diese Erlasse werden voraussichtlich die Grundlage der neuen Erbschaftsteuerrichtlinien bilden und sind bereits jetzt mit im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Kommentar enthalten. Auf Grund der umfassenden und übersichtlich gegliederten Darstellung des Verkehrsrechts in den weiteren Kapiteln ist das Werk auch für den Fortgeschritten empfehlenswert. Die weiteren Teile des Buches befassen sich mit der Verkehrsunfallregulierung, dem Versicherungsrecht, dem Arbeitsrecht und den Sozialvorschriften, dem Verkehrsstrafrecht, dem Ordnungswidrigkeitenrecht, dem Thema Autokauf, Autoleasing und der Autoreparatur, dem Verwaltungsrecht sowie der Rolle des Sachverständigen im Verkehrsrecht. Im Troll wird jeder einzelne Paragraph des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts ausführlich besprochen. Nach dem Wortlaut jeder Norm findet sich jeweils eine Inhaltsübersicht. Schön ist, dass die Verfasser die Literaturhinweise untergliedert auf die jeweils von ihnen kommentierten Absätze der Normen beziehen. Die Literaturrecherche bzw. die weiterführende Lektüre fällt somit deutlich gezielter aus. Im Anschluss an das Inhaltsverzeichnis jedes einzelnen Paragraphen folgt eine alphabetische Übersicht zu den dort angesprochenen Schlagwörtern. Dieses Inhaltsverzeichnis ist deutlich aktueller als das am Ende des Kommentars befindliche Stichwortverzeichnis. Sucht der Benutzer nämlich nur dort (Stand: April 2003), entgehen ihm zwangsläufig Stichwörter zwischenzeitlich aktualisierter Normen. Hier wäre eine Aktualisierung des gesamten Stichwortverzeichnisses wünschenswert. Exemplarisch ist die umfassende Darstellung der zahlreichen Varianten des Mitverschuldens hervorzuheben. Das Werk bietet hierzu eine umfangreiche Urteilssammlung an, die eine schnelle Orientierungshilfe bietet. Positiv hervorzuheben ist, dass die Autoren bei den jeweiligen einzelnen Normen die dazugehörige Rechtsprechung chronologisch angeführt und mit eigenen, praxisrelevanten Anmerkungen versehen haben. Fazit: Sowohl dem Neuling im Verkehrsrecht als auch dem langjährigen Praktiker bietet das übersichtlich gegliederte Formularbuch umfassende Informationen und Hinweise zur Bearbeitung eines verkehrsrechtlichen Mandats. 424 Musterschriftsätze, welche von einer CD abgerufen werden können, dienen der Formulierungshilfe. Die Anschaffung des Fachbuchs kann daher uneingeschränkt empfohlen werden. Fazit: Für den Anwalt, der sich im Rahmen eines Erb- oder Schenkungsfalls tiefergehend mit dieser Materie befasst, ist der Troll weiterhin ein „Must have“, an dem es kein Vorbeikommen gibt. Auch wenn der Umfang des Werks weit über den eines Handkommentars hinausgeht, ist und bleibt er doch ein unverzichtbares Hilfsmittel für den Praktiker und darf in keiner Kanzleibibliothek fehlen, in der ernsthafte Erbschaftund Schenkungsteuerberatung betrieben wird. RA und Mediator Jonas Leder, München RA Sebastian Klingl, Berlin RA und Fachanwalt für Steuerrecht Andreas Thalmann, Hamburg ADVOICE 04/09 57 Bücher-FORUM AGB-Recht in der anwaltlichen Praxis Das insolvenzrechtliche Mandat Ring/Klingelhöfer/Niebling, 2. Aufl. 2009, 486 S., 59,00 EUR, Deutscher Anwaltverlag Schmittmann/Theurich/Brune, 3. Aufl. 2009, 560 S., 68,00 EUR, Deutscher Anwaltverlag Der Deutsche Anwaltverlag veröffentlicht in 2. Auflage ein Handbuch für Rechtsanwälte zum übergreifenden Thema der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bearbeitet von einem dogmatisch wie praktisch auf diesem Rechtsgebiet tätigen Autorenteam. Mit dem Handbuch Das insolvenzrechtliche Mandat veröffentlicht der Deutsche Anwaltsverlag inzwischen in der 3. Auflage ein Werk aus der Reihe anwaltlicher Handbücher. Das Autorenteam ist mit anwaltlichen Praktikern besetzt. Mit dem Formularbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht startet der Luchterhand Verlag eine neue Reihe von Formularbüchern. Es ergänzt das gleichnamige Handbuch aus demselben Hause durch ein Angebot von Arbeitshilfen. Allgemeine Geschäftsbedingungen haben gerade im geschäftlichen Rechtsverkehr für Verbraucher und Unternehmer erhebliche Bedeutung. Der zivilrechtlich tätige Anwalt kommt regelmäßig bei der Bearbeitung von Mandaten mit dieser Materie in Berührung. Er prüft entweder bestehende Allgemeine Geschäftsbedingungen oder aber ist mit der Ausgestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch AGB befasst. Die insolvenzrechtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts ist aus mehreren Perspektiven denkbar. Als Insolvenzverwalter, Schuldner- und Gläubigervertreter muss er mit den wesentlichen Aspekten und Besonderheiten von der Mandatsaufnahme bis zu seiner Beendigung vertraut sein. Dies gilt sowohl in der Beratungssituation als auch für die außergerichtliche und gerichtliche Interessensvertretung. Nach der obligatorischen Einleitung werden der Begriff der AGB sowie deren Einbeziehung in Verträge erläutert. Klar im Zentrum des Handbuchs steht die Inhaltskontrolle von AGB. Wie in einem Prüfungsschema sind die Klauselinhalte im Einzelnen ausführlich dargestellt. Auch auf die Besonderheit im kaufmännischen Geschäftsverkehr wird jeweils eingegangen. Zahlreiche Verweise in Fußnoten ermöglichen es, einzelne Themen hauptsächlich anhand der Rechtsprechung zu vertiefen. Von wissenschaftlichen Ausführungen, die der Praktiker regelmäßig als Ballast empfindet, bleibt er weitestgehend verschont. Das Werk behandelt in diversen Kapiteln die insolvenzrechtlichen Grundlagen, die unterschiedlichen Formen sowie die Wirkungen der Verfahren. Der Anwalt als Gläubigervertreter erhält Einsicht in die Geltendmachung von Forderungen sowie die Bedeutung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in den praxisrelevanten Bereichen Ar-beits-, Werkvertrags-, Kauf- und Mietrecht. Für den Anwalt, der Schuldner vertritt, werden die unterschiedlichen Stationen, von der sich abzeichnenden Krise bis hin zur Restschuldbefreiung, aber auch haftungsrechtliche Themen dargestellt. Weiter widmen sich andere Kapitel vergütungsrechtlichen, steuerrechtlichen und strafrechtlichen Fragen. Selbst internationale Bezüge im deutschen Insolvenzrecht finden Berücksichtigung. Eingefügte Fallbeispiele füllen die Materie mit Leben. Formulare findet man leider nicht. Die Autoren bieten für die außergerichtliche Situation und auch den Rechtsstreit zahlreiche Muster und Formulare mit Anmerkungen an. Für die Themen, in denen der angesprochene Fachanwalt besondere Kenntnisse nachzuweisen hat, finden sich neben Vertragsmustern und an Beispielsfälle angelehnten Schriftsatzmustern auch Checklisten sowie Berechnungsbeispiele. Nahezu 4/5 des Inhalts sind dem Miet- und WEG-Recht gewidmet. Die Kapitel mit den Nebengebieten, wie das Bauträger-, Makler-, Nachbar-, Immobilien- oder Verwaltungsrecht, sind sehr knapp ausgefallen. Die Rechtsprechung ist bis Juli 2008 berücksichtigt. Abgerundet wird die Darstellung durch eine Reihe von Vertragsund AGB-Mustern gängiger Verträge – auch mit Auslandsbezug – sowie durch einen Glossar. In Letzterem kann sich der Nutzer hauptsächlich über die Rechtslage und Rechtsprechung zu AGB in verschiedenen Verträgen informieren. Dabei blickt man auch über den Tellerrand der reinen AGB-Thematik hinaus. So beispielsweise, wenn auf eine recht aktuelle Entscheidung des BGH zu den IATA Beförderungsbedingungen verwiesen wird, in der geradezu versteckt die rechtliche Wertung enthalten ist, dass ein formularmäßiger genereller Ausschluss für Schäden aus verpassten Anschlussflügen nicht wirksam möglich ist. Hohe Aktualität dieser soeben erst erschienenen Auflage ist gewährleistet. Augenscheinlich wird dies an der ausführlichen Darstellung und Besprechung der Geschäftsführerhaftung, speziell zum Themenkreis Haftungsdurchgriff und Existenzgefährdungshaftung der Gesellschafter, dem sich der BGH jüngst widmete. Auch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, welches Änderungen des Insolvenzrechts mit sich brachte, wurde berücksichtigt. Formularbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht Hinz/Junker/v. Rechenberg/Sternel 1. Auflage, 2009, 1.068 S., 119,00 EUR, Luchterhand Exemplarisch sei auf das Thema „Abwälzung von Schönheitsreparaturen“ verwiesen. Es werden eine Reihe starrer bzw. weicher Fristenpläne sowie die entsprechenden Entscheidungen aufgeführt. Ins Auge sticht aber auch ein Formular, worin der Vermieter den Mieter zur einvernehmlichen Vertragsänderung bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel auffordert und für den Fall der Ablehnung einen Zuschlag zur ortsüblichen Miete ankündigt. Hat doch der BGH dem Vermieter diese Möglichkeit mit Urteil aus Juli 2008 abgesprochen. Darauf wird in den Anmerkungen auch hingewiesen. Gleichwohl stellt sich die Frage, warum ein solches Muster nicht entsprechend der praxisrelevanten Rechtsprechung aktualisiert wurde. Statt einer CD-ROM findet man im Buch einen Zugangscode und kann nach entsprechender Registrierung auf einer Homepage auf die über 350 Muster und Formulare zugreifen, was sich als eine willkommene Arbeitserleichterung herausstellen kann. Fazit: Die systematische Darstellung hat mich überzeugt. Leider fehlen jedoch Checklisten und anwaltsstrategische Tipps. Der Kaufpreis ist in Anbetracht des im Übrigen umfassenden Inhalts nicht unangemessen. Dem Einsteiger bietet das Werk einen soliden Einstieg in ein sehr praxisrelevantes Rechtsgebiet und ist zugleich geeignet, Kenntnisse zu vertiefen. Auch der erfahrene Rechtsanwalt wird dem Buch eine Vielzahl wertvoller Informationen entnehmen können. Fazit: Wer als Rechtsanwalt wirtschaftsprivatrechtlich tätig ist, wird häufig mit der Zahlungsunfähigkeit des Gegners oder auch des eigenen Mandanten in Kontakt kommen. Angesichts der Finanzmarktkrise ist mit einer steigenden Zahl von Insolvenzverfahren zu rechnen. Das insolvenzrechtliche Mandat ist ein umfangreiches und kostenmäßig günstiges Rüstzeug für die insolvenzrechtliche Praxis und daher unbedingt zu empfehlen. Fazit: Für den Rechtsanwender, der auf den Nebengebieten tätig ist, ist die Darstellung zu eng. Für Dienstleister im Immobilienmanagement ist die Vielzahl rechtssicherer Formulierungen unter Umständen für die tägliche Anwendung interessant. Insbesondere richten sich die Autoren aber an den erfahrenen Mietrechtler und den Fachanwalt. Diese werden in der einen oder anderen Hinsicht durch das Buch eine gute Unterstützung erfahren, um die Rechte ihrer Auftraggeber zu wahren und erfolgreich durchzusetzen. RA Hans-Peter Weber, Bonn RA Hans-Peter Weber, Bonn RA Hans-Peter Weber, Bonn 58 ADVOICE 04/09 Bücher-FORUM Für effizientes Kanzleimanagement braucht man einen zuverlässigen Partner ! Kommentar zum RDG Michael Kleine-Cosack, 2. Aufl. 2008, 749 S. 59,00 EUR, Verlag C. F. Müller Nachdem sich der Rechtsberatungsmarkt im Zuge des Rechtsdienstleistungsgesetzes reformiert und auch für nichtanwaltliche Rechtsberatung geöffnet hat, steht der Anwaltschaft bisher ungewohnte Konkurrenz etwa durch Verbände, Banken oder Architekten gegenüber. Was diese nichtanwaltlichen Berufsgruppen dürfen oder gerade nicht dürfen, wird im Kommentar zum RDG verständlich und praxisnah dargestellt. NEU! In einem einführenden allgemeinen Teil liefert Kleine-Cosack eine rechtsgeschichtliche und rechtsvergleichende Darstellung der Thematik. Neben den Wurzeln des RBerG im Nationalsozialismus geht der Verfasser pointiert und hart mit der jahrzehntelang kaum erfolgten Aufarbeitung des Gesetzes nach 1945 ins Gericht. Interessant sind auch die Überblicke über die Regelungen des Rechtsdienstleistungsrechts in anderen europäischen Ländern. Von besonders hohem praktischen Nutzen sind im allgemeinen Teil die Bedeutung der Rechtsprechung zum RBerG und die Motive für die Auslegung des RDG, da diesen – wie Kleine-Cosack bereits im Vorwort hervorhebt – eine erhebliche Auslegungsrelevanz zukommt. Auch die Rechtsfolgen unzulässiger Rechtsdienstleistungen, das Prüfungsschema einer Erlaubnispflicht sowie die abschließenden praktischen Hinweise dürften den Nutzer sehr erfreuen. Die Kommentierung zum Rechtsdienstleistungsgesetz erfolgt übersichtlich und verständlich. Nach einer einführenden Inhaltsübersicht klärt der Verfasser zunächst Allgemeines, bevor er sich anschließend mit den einzelnen Tatbestandsmerkmalen auseinandersetzt. Kleine-Cosack ist mittlerweile eine Art berufsrechtliche Instanz geworden. Er ist nicht nur einer der bekanntesten Anwälte auf dem Gebiet des Berufsrechts, sondern ist neben einer großen Zahl an Veröffentlichungen auch als Mitherausgeber des Anwaltblatts bekannt. Außerdem ist er als langjähriges Mitglied im Vorstand des Deutschen Anwaltvereins sowie dessen Berufsrechtsausschuss, auch verbandspolitisch in dieser Thematik sehr engagiert. Fazit: Es gibt mittlerweile einige Kommentare zum Rechtsdienstleistungsgesetz. Der Kommentar von Kleine-Cosack dürfte jedoch zu einem, wenn nicht dem maßgebenden Praktiker-Kommentar zum RDG werden. Ich bin schon bei Haufe. Mit „Haufe Advolux“ arbeiten Sie in Ihrer Kanzlei garantiert wesentlich effizienter. Denn diese Software verwaltet und organisiert professionell Ihre Akten, Adressen, Vorgänge und Termine – inklusive Rechnungsmodul, Schriftsatzerstellung, Inkasso und Zwangsvollstreckung. Darüber hinaus erledigt „Haufe Advolux“ auch die komplette Buchhaltung für die gesamte Kanzlei. Sie können „Haufe Advolux“ spielend leicht anwenden. Ohne nötiges Vorwissen, dafür inklusive Support-Service. RA Florian Wörtz, Heilbronn www.haufe.de/shop/advolux ADVOICE 03/09 59 Autorenverzeichnis Ilona Cosack ist seit zehn Jahren als Beraterin für Rechtsanwälte tätig, Nicole Prior ist selbstständige Rechtsanwältin mit den Interessens- zuvor hat sie 18 Jahre lang Kanzleien geleitet. Neben einer betriebswirt- schwerpunkten Sozialrecht, allgemeines Zivilrecht, Medienrecht. Sie ist schaftlichen Ausbildung sind ihre Fortbildungsschwerpunkte Marketing Beraterin des bundesweiten, verbandsübergreifenden Forums selbstbe- und Management.Für Kammern und Vereine ist sie Referentin zu allen stimmter Assistenz behinderter Menschen e. V. (ForseA) und Beraterin Themen des Anwaltsmanagements. des Vereins Mobil-mit-Behinderung e. V. (MMB). [email protected] [email protected] Dr. Jürgen Ernst ist seit 1964 zugelassener Rechtsanwalt in München Carolin Ott ist selbstständige Rechtsanwältin in Landshut und führt die und war von 1970 bis 2002 Vorstandsmitglied der RAK München, von Fachanwaltsbezeichnung für Familienrecht und für Sozialrecht. Sie ist 1990 bis 2002 Präsident der RAK München, innerhalb dieser Zeit acht RB für den Landgerichtsbezirk Landshut und seit Mai 2009 Mitglied im Jahre Vizepräsident der BRAK. Derzeit ist er noch Vorsitzender der Aus- Geschäftsführenden Ausschuss des FORUMs. Dabei betreut sie das schüsse „Bewertung von Anwaltspraxen“ und „RVG“ der Bundesrechts- Ressort „Seminare und Fortbildung“. anwaltskammer. [email protected] [email protected] Dr. Ingo E. Fromm ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in der Julia Salzwedel ist angestellte Rechtsanwältin in Schenefeld bei Itzehoe. überörtlichen Kanzlei Dr. Caspers & Mock am Standort Koblenz. Seine Ihre Schwerpunkte liegen im Zivilrecht. Sie ist für das FORUM Regional- Schwerpunkte liegen im Wirtschafts- und Verkehrsstrafrecht sowie im beauftragte für den LG Itzehoe. Ordnungswidrigkeitenrecht. [email protected] [email protected] Grit Sänger ist selbstständige Rechtsanwältin für Arbeits- und Familien- Anja Schmidt ist Juristin und als wissenschaftliche Mitarbeiterin am recht in Berlin und betreut als beeidigte Dolmetscherin für Japanisch Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie tätig. Mandanten vorwiegend im Internationalen Privatrecht und bei Ausein- Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Strafrechts, der andersetzungen mit deutschen Behörden. Rechtsphilosophie und der geschlechterkritischen Betrachtung des [email protected] Rechts. [email protected] Martin Möller ist selbstständiger Rechtsanwalt in Hannover, zudem ist er Tilo Wendt ist in Bonn als angestellter Anwalt in der IP-Boutique tätig als beeidigter Dolmetscher und Übersetzer für die englische Sprache HOELLER RECHTSANWÄLTE tätig und glücklicher Vater des zehn Monate für die Gerichte und Notare des LG-Bezirks Hannover. Seine Schwerpunkte alten Elias. sind Straf- und Mietrecht. Er ist u. a. Mitglied der Arbeitsgemeinschaft [email protected] Strafrecht des DAV und der Deutsch-Amerikanischen Juristenvereinigung e. V. [email protected] Silke Waterschek ist seit 2005 in eigener Kanzlei in Heilbronn als Rechts- Monika Zumstein gehört als Akademische Direktorin der Juristischen anwältin und Mediatorin mit den Schwerpunkten Familien-, Straf- und Fakultät an. Sie war von 1998 bis 2009 Frauenbeauftragte der Juris- Vertragsrecht tätig. Sie ist Regionalbeauftragte des FORUMs für den LG tischen Fakultät sowie seit 2000 stellvertretende Universitätsfrauen- Bezirk Heilbronn und seit Mai 2007 die Vorsitzende des beauftragte. Geschäftsführenden Ausschusses des FORUM Junge Anwaltschaft. [email protected] [email protected] Katrin Spelmeyer ist seit 1999 angestellte Rechtsanwältin bei HDI Babette Kusche ist seit über sechs Jahren als Rechtsanwältin tätig. Seit Gerling und dort im Bereich Vermögensschadenshaftpflicht und Heil- Juli 2009 ist sie Geschäftsführerin des HAV. Nebenbei ist die Fachanwältin wesen tätig. für Familienrecht weiterhin als selbstständige Rechtsanwältin in [email protected] Hamburg tätig. [email protected] Olaf Baur ist Fachanwalt für Steuerrecht und als Einzelanwalt in Sebastian Trabhardt ist seit 2000 als Rechtsanwalt tätig. Er ist Partner Potsdam tätig. Seine Rechtsgebiete sind Steuerrecht, Erbrecht, Strafrecht der Kanzlei Rotermund mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Medienrecht. und Zwangsvollstreckungsrecht. Er ist Mitglied in der Satzungsversamm- Seit 2005 ist der Regionalbeauftragter für den LG-Bezirk Hamburg. lung für die Rechtsanwaltskammer Brandenburg und in der Deutschen [email protected] Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V. [email protected] 60 ADVOICE 03/09 Service / Das letzte Wort Das letzte Wort Irren ist richterlich Wenn drei Berufsrichter einer Berufungskammer eine relevante Entscheidung unberücksichtigt lassen, die ohne sonderliche Mühe auffindbar gewesen wäre und vielfach veröffentlicht worden ist, beruht dies auf dem „unvollkommenen menschlichen Erkenntnisvermögen und der nie auszuschließenden Möglichkeit eines Irrtums.“ Der Rechtsanwalt darf nicht irren, sonst haftet er! Der Karlsruher Anwaltsverein weist in seinem Mitteilungsblatt auf die Brisanz des obigen Urteils hin. Diese ist so hoch, dass es sich lohnt, den Beitrag hier wenigstens auszugsweise zu veröffentlichen: Vorsicht Haftung! „Der IX. Zivilsenat des BGH hat durch Urteil vom 18.12.2008 im Verfahren IX ZR 179/07 (NJW 2009, 987 ff.) wieder einmal klargestellt, dass der Rechtsanwalt immer damit rechnen muss, für Fehler des Gerichts haften zu müssen. Er hat dabei aber die bisherige Rechtsprechung deutlich verschärft.“ So führt der BGH aus „Mit Rücksicht auf das auch bei Richtern nur unvollkommene menschliche Erkenntnisvermögen und die niemals auszuschließende Möglichkeit eines Ausblick und Impressum Ausblick: Schwerpunkt in Heft 1/2010: Sicherheit Redaktionsschluss: Heft 1/2009 (März-Ausgabe), 15. Januar 2010 Impressum: Redaktion verantwortlich für diese Ausgabe: Stefanie Salzmann, RAin Anke Schiller-Mönch, RA Patrick Ruppert, RA Percy Ehlert Bildredaktion: Andrea Vollmer Bücherforum: Jens Jenau Chefredaktion: RA Tobias Sommer Erscheinungsweise: vierteljährlich (März/Juni/September/Dezember) Es gilt die Anzeigenpreisliste 1/2010 Redaktionsanschrift: Redaktion AdVoice, Deutscher Anwaltverein Littenstraße 11, 10179 Berlin Tel. 030 / 7261520 Irrtums ist es Pflicht des Rechtsanwalts, nach Kräften dem Aufkommen von Irrtümern und Versehen des Gerichts entgegen zu wirken.“ Das entspreche im Übrigen auch dem Selbstverständnis der Anwaltschaft. Es kommt noch schlimmer „Ein mit verkehrsüblicher Sorgfalt arbeitender Anwalt hätte die fragliche Entscheidung im Zuge der Bearbeitung des Mandats auch ohne sonderliche Mühe auffinden und verarbeiten können. Sie war in dem Zeitpunkt, als die Beklagte die Vertretung der Klägerin übernahm, bereits in mehreren juristischen Zeitschriften veröffentlicht worden (...) und wurde zudem in einem gängigen Kommentar zum BGB nachgewiesen (...).“ Was folgt daraus? Wir sind künftig nicht nur gezwungen, die richtige Rechtsauffassung zu vertreten und zu versuchen, das Gericht von der Richtigkeit dieser Auffassung zu überzeugen, sondern wir sind auch gezwungen, dem Gericht die Belege in Form von einschlägigen Entscheidungen, insbesondere des BGH, die unsere zutreffende Rechtsauffassung unterstützen, zu benennen, also zu beweisen. Dies stellt hohe Anforderungen an die juristische Recherche in Rechtsprechung und Literatur. Das lässt sich allein dadurch, dass bestimmte Zeitschriften gehalten und gelesen werden, nicht mehr erreichen. Wir werden vielmehr nach meiner Überzeugung künftig ohne die intensive Nutzung von juristischen Datenbanken nicht mehr auskommen, und wir werden gezwungen sein, zu zitieren, was das Zeug hält. Das bedeutet im Klartext: Wenn drei Berufsrichter einer Berufungskammer eine relevante Entscheidung unberücksichtigt lassen, die ohne sonderliche Mühe auffindbar gewesen wäre und vielfach veröffentlicht worden ist, dann beruht dies auf dem unvollkommenen menschlichen Erkenntnisvermögen und der nie auszuschließenden Möglichkeit eines Irrtums. Der Rechtsanwalt darf nicht irren, sonst haftet er! Anzeigenverwaltung: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos Siegburger Str. 123, 53229 Bonn Tel. 0228 / 97898-10, Fax: 0228 / 97898-20 E-Mail: [email protected] Bezugspreis 48,00 EUR (inkl. MwSt.) zzgl: Versandkosten für 4 Ausgaben. Einzelheft: 14,50 EUR. Für Mitglieder des FORUM Junge Anwaltschaft im Deutschen Anwaltverein ist der Bezug der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag enthalten. ISSN 1437-3084 Lektorat: Textmanufaktur MA PAROLE, www.ma-parole.de Layout/Satz: GUDMAN DESIGN WEIMAR, www.gudman.de Druck: Liebeskind Druck, Apolda Auflage: 14.000 Artikel und Beiträge sind Meinungsäußerungen der Autoren und geben nicht immer die Meinung der Redaktion bzw. des Deutschen Anwaltvereins und seiner Gremien wieder. Wir sind sind wie immer auf Eure Reaktionen, Anregungen und Ideen gespannt. Leserbriefe bitte an: > [email protected] Foto: araraadt – fotolia.com ADVOICE 03/09 61 NEU: Zum Start von Windows 7 So haben Sie Kanzleiorganisation noch nie erlebt! • Modernste Virtualisierungstechnologie für effizientere Ressourcennutzung des Kanzlei-PCs • Einzigartige Funktions- und Leistungsvielfalt • Performance und Betriebssicherheit in einer neuen Dimension www.ra-micro.de