die streif 2014
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die streif 2014
INHALT Dokumentation, 115 Min., dt. Fassung BESETZUNG, STAB 4 Kinostart 25. Dezember 2014 KURZINHALT5 Mit Aksel Lund Svindal (NOR), Erik Guay (CAN), Max Franz (AUT), Yuri Danilochkin (BLR), Hannes Reichelt (AUT) PRODUKTIONSNOTIZ6 Sowie Marcel Hirscher (AUT), Hans Grugger (AUT), Daniel Albrecht (CH), Felix Neureuther (D), Bode Miller (USA), Franz Klammer (AUT), Hermann Maier (AUT) Erzählt von den Ski-Legenden Didier Cuche (CH) und Daron Rahlves (USA) Nach einer Idee von Axel Naglich Produktion und Regie: Gerald Salmina (Planet Watch) Co-Regie: Tom Dauer Verleih: Thimfilm GmbH Leitermayergasse 43/4 1180 Wien Tel: +43 1 236 21 90 Fax: +43 1 236 21 90 9 [email protected] Österreich 2014 LANGINHALT7 BIOGRAPHIEN8 INTERVIEW - GERALD SALMINA 12 FILMOGRAPHIE - GERALD SALMINA 15 HISTORIE - DIE STREIF 16 DIE STREIF 2014 20 INTERVIEW - GÜNTHER GÖBERL 21 TECHNISCHE EXTREME 21 INTERVIEW - KATRIN PISCHOUNIG 22 DIE STREIF - BY THE NUMBERS 23 Hergestellt mit der Förderung von Österreichisches Filminstitut, Filmstandort Austria, Cine Tirol, Servus TV, ORF Hergestellt mit der Unterstützung vom Kitzbüheler Skiclub World Sales: Red Bull Media House Pressekontakt: Thimfilm GmbH Michaela Englert Leitermayergasse 43/4 1180 Wien Tel.: +43 699 194 63 63 4 [email protected] Pressematerial finden Sie unter: www.streif-film.at Passwort: Race „Die Streif ist wie ein guter Actionfilm – bis zum Schluss spannend.“ Arnold Schwarzenegger, ehemaliger Gouverneur, Kalifornien USA 2 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 3 BESETZUNG KURZINHALT Aksel Lund Svindal (NOR) Erik Guay (CAN) Max Franz (AUT) Yuri Danilochkin (BLR) Hannes Reichelt (AUT) Marcel Hirscher (AUT) Hans Grugger (AUT) Daniel Albrecht (CH) Felix Neureuther (D) Bode Miller (USA) Franz Klammer (AUT) Hermann Maier (AUT) Daron Rahlves (USA) Didier Cuche (CH) STAB Produktion und Regie: Gerald Salmina Co-Regie: Tom Dauer Kamera: Günther Göberl Drehbuch: Gerald Salmina und Tom Dauer Schnitt: David Hofer Musik: Manfred Plessl Ton: Andreas Frei Produktionsleitung: Karim Shafik Technical Director: Karim Shafik Das Kitzbüheler Hahnenkamm-Rennen 2013 endet mit einer wilden Party, die im gesamten Ort die Nacht zum Tage werden lässt. Die ausgelassene Stimmung hat ihren Grund: Nirgendwo sonst sind die Rennfahrer ähnlich froh, die Abfahrt gesund überstanden zu haben. Die Streif ist für sie die ultimative Herausforderung, die sie nur dank ihres kompletten Könnens und ihres ungeheuerlichen Mutes bestehen können. Noch während die Rennfahrer Kitzbühel in Richtung des nächsten Weltcup-Ortes verlassen, beginnt für die Mitglieder des Kitzbüheler Skiclubs (KSC) die Arbeit für das Rennen 2014. „STREIF – One Hell of a Ride“ begleitet diese teils spektakulären, teils filigranen Arbeiten über ein Jahr hinweg. Zugleich beobachtet der Film fünf Athleten – Aksel Lund Svindal, Erik Guay, Max Franz, Yuri Danilochkin und Hannes Reichelt – in deren jeweiliger Heimat, während des Sommertrainings und in ihrer Freizeit. Je näher die Streif 2014 rückt, desto stärker verzahnen sich die beiden Erzählstränge, flankiert von Ausflügen in die Historie des Rennens – bis die Athleten schließlich wieder in Kitzbühel eintreffen. Dort steigt die Spannung während der Rennwoche mit jeder Minute. Vor der Streif 2014 sorgt das warme Winterwetter für schlaflose Nächte. Bis zuletzt wissen die Verantwortlichen nicht, ob und wie der Abfahrtslauf stattfinden kann. Dem Drama vor dem Rennen folgt das Drama des Rennens selbst: Erik Guay verletzt sich vor dem Abschlusstraining. Max Franz muss erfahren, dass er auf der Streif noch einiges zu lernen hat. Aksel Lund Svindal fühlt sich zu früh wie ein Sieger. Und Hannes Reichelt überrascht seine Fans mit einer perfekten Fahrt. Dabei, aber das erfährt er erst nach der Siegesfeier 2014, hätte er eigentlich gar nicht starten dürfen… Herstellungsleitung: Katrin Pischounig 4 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 5 PRODUKTIONSNOTIZ LANGINHALT Der Kanadier Erik Guay, 33, ist einer der großen Favoriten auf den Abfahrtssieg im Januar 2014. Ein Jahr zuvor hatte Guay die Streif als zweitschnellster Fahrer beendet. Nun soll, so Guay, „der Traum in Erfüllung gehen, für den jeder Abfahrer lebt“ – ein Sieg in Kitzbühel, auf der schwierigsten und gefährlichsten Rennstrecke der Welt. Doch bereits während die Abfahrer die Streif für das erste Training besichtigen, zerplatzt der Traum: Guay muss abwinken. Eine Knieverletzung macht ihm zu schaffen. Weder für die Trainingsfahrt noch für das Rennen ist er am Start. Bitter enttäuscht zieht er sich zurück: „Für die Streif reichen 95 Prozent nicht“, sagt Guay. „Du musst alles geben können, um sie zu fahren. Sonst wirft sie dich ab.“ Die Geschichte des tragischen Helden Erik Guay ist eines von vielen Dramen, die sich im Januar 2014, kurz vor dem Start des Hahnenkamm-Rennens, zuspitzen. Ein Jahr lang haben sich die Ski-Athleten auf den Höhepunkt des Winters vorbereitet: Ein Sieg auf der Streif bedeutet ihnen weit mehr als Erfolge bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften. „Dort kann es auch mal einen Zufallssieger geben“, sagt der Norweger Aksel Lund Svindal, 32. „Auf der Streif dagegen gewinnen immer die Besten.“ Zu denen zählt der sympathische Modellathlet gewiss. Aber 2014 wird es nicht für einen Sieg reichen… Januar 2015: Zum 75. Mal in der Geschichte der Kitzbüheler Hahnenkamm-Rennen wagen sich die besten Skifahrer der Welt auf die schwierigste und gefährlichste Strecke des Alpinen Ski-Weltcups – die „Streif“. Eine Abfahrt, die den Puls schneller und die Herzen höher schlagen lässt, weil sie seit 1937 Triumphe und Tragödien, strahlende Sieger und gebrochene Helden, Sensationen und Momente stiller Freude hervorbringt. Was Wimbledon für den Tennissport, Monte Carlo für die Formel 1 und der Ironman Hawaii für den Triathlon ist, das ist die Streif für den Skisport – Schauplatz sportlicher Spitzenleistung, Festival für zehntausende Fans, eine Bühne für die Prominenz und Zeugnis logistischer Meisterleistung. Nicht ohne Grund ist die Streif zu einem Mythos geworden. Anlässlich des Jubiläums wird dem legendären Skirennen erstmals ein abendfüllender Dokumentarfilm gewidmet. „Streif – One Hell of a Ride“ geht auf vielen verschiedenen Ebenen der Frage nach, was die Faszination dieses Sportereignisses ausmacht. Im Zentrum der Erzählung stehen die Abfahrer Aksel Lund Svindal, Max Franz, Hannes Reichelt, Erik Guay und Yuri Danilochkin, die sich auf ihre jeweils eigene Weise der Herausforderung „Streif“ stellen. Ihren Rahmen bilden die 365 Tage zwischen zwei Hahnenkamm-Rennen, denn was kaum jemand weiß: Bereits mit dem Ende einer Abfahrt beginnt die Vorbereitung für die nächste. Für die Sportler ebenso wie für den Kitzbüheler Skiclub (KSC). Der Dokumentarfilm „STREIF – One Hell of a Ride“ begleitet über den Zeitraum eines Jahres fünf der weltbesten Skirennfahrer: Aksel Lund Svindal, Erik Guay, Max Franz, Yuri Danilochkin und Hannes Reichelt gewähren Einblick in die spezielle Mentalität, in die Spitzensportler immer tiefer eintauchen, je näher die Herausforderung rückt. Der Film fängt ein, wie leidenschaftlich der junge Weißrusse Yuri Danilochkin, 23, obgleich krasser Außenseiter im WeltcupZirkus, seinem Traum einer großen Karriere folgt. Er beobachtet, mit wie viel Kraft, Energie und Enthusiasmus die Kitzbüheler an fast 365 Tagen im Jahr an ihrem Hahnenkamm-Rennen arbeiten – und wie sie sich einer drohenden Rennabsage aufgrund des anhaltenden Tauwetters im Regisseur Gerald Salmina gelingt es, Einblick zu gewinnen in die Gefühls- und Gedankenwelt seiner Protagonisten, die sich modernen Gladiatoren gleich enormen Risiken für Leib und Seele aussetzen. Darüber hinaus inszeniert er mit aufwändigster Kameratechnik das Drama, das sich hinter den Kulissen des Events abspielt – denn die Streif ist ein Sportspektakel, für das die Natur das Drehbuch schreibt. Rosi Mittermaier, Skilegende 6 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE In die Schilderung der persönlichen Schicksale ist die schillernde Vergangenheit der Hahnenkamm-Rennen eingebettet. Die beiden Erzähler des Films, Didier Cuche und Daron Rahlves, einst selbst erfolgreiche Skirennfahrer, blicken anhand von umfangreichem Archivmaterial zurück in die 1950er-Jahre, als Toni Sailer und das „Kitzbüheler Wunderteam“ den Rennsport prägten. Franz Klammer und Hermann Maier, die beiden österreichischen Ski-Heroen, kommen ebenso zu Wort wie Hansi Hinterseer, letzter einheimischer Sieger am Hahnenkamm. Und natürlich erzählt Rahlves von seinen packenden Duellen mit Stephan Eberharter, während Cuche resümiert, warum er mit fünf Siegen zum „König der Streif“ wurde – und dennoch „jedes Mal dankbar war, Kitzbühel gesund verlassen (zu dürfen)“. „STREIF – One Hell of a Ride“ folgt seinen Akteuren auf einer emotionalen, zwölf Monate dauernden Reise, die sich ganz um die Königsdisziplin des Skirennsports, die Abfahrt, dreht. So entwickelt sich ein Crescendo voller Leidenschaft und Spannung, in dem bis zuletzt offen bleibt, ob am Ende des Dramas Sieg, Niederlage oder Sturz stehen werden. Und das nur unterbrochen wird von jenen Momenten der Stille, in welche die Fahrer kurz vor ihrem Start eintauchen. Bei keinem anderen Skirennen, sagen die Athleten, sei es im Starthaus so ruhig wie auf der Streif… Der Einsatz modernster Kameratechnik ermöglicht eine nie dagewesene Sichtweise auf die körperlichen Fähigkeiten und Belastungen der Abfahrtsläufer. Die Erzählweise erlaubt zugleich tiefe und ehrliche Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt der Sportler, die einmal im Jahr die Gelegenheit haben, sich knapp zwei Minuten lang auf einer der größten Naturbühnen der Welt zu präsentieren - und die bereit sind, für eine gelungene Abfahrt ihre Gesundheit zu riskieren. Rückblickend auf die Geschichte der Streif – auf die Ära des „Kitzbüheler Wunderteams“ der 1950er-Jahre, auf das Phänomen Franz Klammer, auf die packendsten Duelle und die schlimmsten Stürze – ist ein Film entstanden, der in seiner Zeitlosigkeit dem Mythos Streif entspricht. Und der diesen weiter nähren wird. „Auf die Männer und ihr Kitzbühel war ich nie neidisch, überhaupt nicht.“ österreichischen Medienstar Marcel Hirscher hervorbrachte. Winter 2014 entgegen stemmen. Er nimmt Anteil an den Schicksalen des Schweizers Daniel Albrecht, 31, und des Österreichers Hans Grugger, 33, die nach schweren Stürzen auf der Streif ihren Weg zurück ins Leben finden mussten. Und er schildert, wie der traditionsreiche Slalom auf dem Ganslernhang, seit jeher Teil der Hahnenkamm-Spiele, das spektakuläre Duell zwischen Felix Neureuther und dem „Streif – One Hell of a Ride“ ist eine Geschichte von Einsatz und Leidenschaft. Vom Stolz am Können. Von der Lust am Risiko, und vom Umgang mit der eigenen Angst. Vom Rausch der Geschwindigkeit. Und von Lektionen in Demut. Denn zu guter Letzt, da sind sich Athleten und Rennverantwortliche einig, lässt sich die Streif nur präparieren, hinabfahren, vielleicht sogar gewinnen, wenn man respektiert, dass es die Natur ist, die das Drehbuch schreibt. STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 7 BIOGRAPHIEN Aksel Lund Svindal Max Franz Der 32-jährige Norweger ist der aktuelle Star des Skizirkus, ein Modellathlet, Medienliebling und sprachgewandter Sunnyboy. Doch obwohl er den Erfolg gepachtet zu haben scheint, ist Svindal kein selbstverliebter Wichtigtuer, sondern ein bodenständiger Typ: „In Norwegen heißt es, eine normale Familie hat zwei Kinder, eine Hütte in den Bergen, einen Pick-up und einen Golden Retriever… Mir gefällt diese Idee. ,Normal’ bedeutet ja nicht langweilig. Man kann normal sein und trotzdem eine Menge aufregender Dinge machen. Das ist das, was ich versuche.“ Über die steilen Flanken eines ausgesetzten Schneegrates zieht ein Skifahrer in hohem Tempo eine beeindruckende Linie. Er springt über Felsen, anschließend staubt der Schnee während eines “Tree-Runs”. Der Skifahrer ist Max Franz, unterwegs beim Heli-Skiing in den Bergen Kanadas. Der 25-Jährige ist der österreichische Jungstar, eine aufstrebende Abfahrtshoffnung für die nächsten Jahre. Auch, weil Franz gerade dabei ist, sich vom unbekümmerten Ski-Aficionado zu einem professionellen Athleten zu wandeln. Norwegen Und was ihm auch mit Sicherheit gelingt. Trotz seiner geerdeten Lebenseinstellung ist Svindal ein Speed-Freak: Am Steuer eines Rennwagens fühlt er sich ebenso wohl wie auf Abfahrtsski. Seinen Durchbruch erlebte Svindal im Winter 2006/2007, als er Abfahrts- und Super-G-Weltmeister wurde und den Gesamt-Weltcup gewann. In der folgenden Saison musste Svindal allerdings die Schattenseite des Skirennsports erleben: Im November 2007 geriet er am „Golden Eagle Jump“ in Beaver Creek in Rücklage, beim Aufprall zog er sich zahlreiche Gesichts- und innere Verletzungen zu. Svindals Karriere schien beendet, nach seinem Unfall war er wochenlang außer Gefecht und verlor 17 Kilo Muskelmasse. Doch nach einem Jahr Pause kehrte Svindal in den Rennsport zurück. Bei seinem Comeback in Beaver Creek – elf Monate nach seinem Unfall – flog er förmlich die „Raubvogel“-Piste hinunter – und gewann die Abfahrt mit sechs Hundertstelsekunden Vorsprung! Ein Sieg wie ein Ritterschlag, der Svindal zu einem der Großen seines Sports machte. In derselben Saison wurde er Weltcup-Gesamtsieger und Weltmeister im Abfahrtslauf. Es folgten noch zahlreiche Titel und Top-Platzierungen – was ihm aber bis heute fehlt, ist ein Sieg auf der Streif. 8 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE Österreich Franz’ jugendlicher Ehrgeiz und sein Talent wurden bereits zu Beginn seiner Karriere schwer geprüft, weil er oft über die Grenzen des Verträglichen hinausging. Am 24. November 2012 fuhr er bei der Abfahrt von Lake Louise auf den zweiten Platz. Sieben Tage später erlitt er bei einem Sturz im Super-G von Beaver Creek eine schwere Gehirnerschütterung sowie eine Nasenbeinfraktur und Abschürfungen im Gesicht. Doch schon nach sechs Wochen Pause gab er in Wengen sein Comeback. Sein nur eine Woche darauf folgender fünfter Platz auf der Streif 2013 wurde als Versprechen für die Zukunft gedeutet. Franz ist ein Fahrer, der den schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn noch finden muss, indem er möglichst viel Erfahrung sammelt. Für kaum einen anderen Fahrer hat das Diktum vom „living on the edge“ eine ähnliche Gültigkeit. Franz liebt seinen Sport. Trotz seines Ehrgeizes und seines Enthusiasmus’ für den Abfahrtslauf hat er seine Ursprünge als Skifahrer nicht vergessen. Sein Vater war als Skilehrer und Ausbilder tätig – schon von Kindesbeinen an hat der Sohn also mitbekommen, was es heißt, gut auf den Ski zu stehen: „Zuerst sollte man richtig Skifahren können. Da kommt es auf unbewusste Reaktionen an, auf Reflexe, den Instinkt. Und den schärfst du nur, wenn du im Gelände als Freerider unterwegs bist.“ „Monaco ist das verrückteste Formel 1 – und Kitzbühel das verrückteste Abfahrtsrennen – beide führen den Menschen an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit.“ Niki Lauda, ehemaliger Formel 1 Rennfahrer STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 9 BIOGRAPHIEN BIOGRAPHIEN Hannes Reichelt Erik Guay Yuri Danilochkin Im großen Weltcup-Theater, das von vielen Alpha-Tierchen und noch mehr Großspurigen bevölkert wird, ist der Österreicher Hannes Reichelt eine Ausnahmeerscheinung: ein stiller Außenseiter, ein reflektierter und konzentrierter Wettkämpfer, der sich nie in den Vordergrund spielt, der aber von all seinen Kollegen respektiert und geschätzt wird. Der 33-jährige Erik Guay aus Mont Tremblant, Kanada, ist ein sehr erfahrener Wettkämpfer, ein überaus radikaler Skifahrer, ein großer Willensmensch – und zugleich einer der wenigen Abfahrer, die eine eigene Familie haben. Yuri Danilochkin kann noch so sehr über sich hinauswachsen – er wird nie einen Sieg auf der Streif erringen. Der 23-Jährige, geboren in St. Petersburg, startet im Weltcup für Weißrussland. Seine Mutter Natali, 44, einst selbst Rennläuferin, brachte ihm das Skifahren bei. Heute fährt sie ihren Sohn von Minsk aus in die Alpen und dort von einem Skiort zum nächsten. Sie ist Yuris Trainerin, Physiotherapeutin und Servicefrau. Österreich Das kommt nicht von ungefähr, denn im Lauf seiner Karriere konnte der 34-Jährige viele Erfolge erringen. Sechs Weltcup-Siege, eine Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft 2011 im Super G sowie der Gewinn des Super G-Weltcups stehen in seiner Bilanz. Seinen größten Erfolg aber feiert der begeisterte Hobby-Pilot und Trialfahrer im Januar 2014 in Kitzbühel, am Hahnenkamm, auf der Streif. Auch wenn niemand damit gerechnet hätte: Im Sommertraining 2013 am Stilfser Joch spürt Reichelt einen schmerzhaften Stich im Rücken. Nach einer kurzen Pause kann er weiterfahren, doch seitdem plagen ihn Schmerzen. Mit einer konservativen Behandlung und Schmerzmitteln gelingt es dem Abfahrer, die Schmerzen in den Griff zu bekommen – bis das Hahnenkamm-Wochenende vor der Tür steht. Nach dem ersten und einzigen Abfahrtstraining 2014 verschlechtert sich sein Zustand enorm. Reichelt glaubt nicht daran, überhaupt an den Start gehen zu können. Bis zuletzt überlegt er, ob er nicht das Handtuch werfen soll. Dann aber startet er doch – und gewinnt die Streif 2014 vor Aksel Lund Svindal und Bode Miller. Im Zielraum versucht Reichelt noch, seine immensen Schmerzen zu verbergen. Zwei Tage später sind sie so groß, dass er einen Spezialisten aufsucht – und eine niederschmetternde Diagnose bekommt… 10 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE Kanada Aufgewachsen in der Provinz Québec, lernte Guay das Skifahren von seinem Vater, der bis heute mehr als ein Vorbild ist: „Mein Vater ist mein Held.“ Auch jetzt noch sitzen Vater und Sohn nach wichtigen Rennen zusammen, um Videoaufnahmen zu analysieren. In diesem Vertrauensverhältnis sieht Guay einen Pfeiler seiner Karriere. Der Kanadier stammt aus einer echten Skifahrerfamilie: Die ersten Schwünge lehrte ihn seine Mutter. Sein Vater wurde der erste Coach. Heute betreut ihn sein Bruder Stefan als Techniktrainer. Und er selbst bringt seinen beiden älteren Töchtern – ein drittes Mädchen kam im März 2014 zur Welt – das Skifahren im heimischen Mont Tremblant bei. Auch wenn die Töchter lieber Ballett tanzen oder Tennis spielen würden. In der kleinen Gemeinde der Abfahrer gilt Guay als extrem fokussierter Rennläufer. Als jemand, der sich zu Beginn jeder Saison besonders gut auf bestimmte Ziele konzentrieren kann. Eines dieser Ziele ist Jahr für Jahr die Streif. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist der Kanadier einer der großen Herausforderer von Aksel Lund Svindal, auch wenn sich die beiden Athleten sehr gut verstehen und regelmäßig gemeinsam trainieren. Als Vater dreier Kinder und als jemand, der mit ImmobilienInvestitionen in Kanada „ein glückliches Händchen“ hatte, gilt Erik Guay als Musterbeispiel eines modernen Profis, der sowohl herausragender Athlet als auch cleverer Geschäftsmann ist. Das muss er auch sein – denn noch ist in Kanada kaum ein Skirennläufer in der Lage, von seinem Sport zu leben. Getrübt wird das Familienidyll im Sommer 2014 lediglich durch Guays jüngste Verletzung. Doch wie schon oft zuvor, wird der Kanadier alles dafür tun, auch nach diesem Rückschlag wieder ganz vorne im Weltcup mitzufahren. Weißrussland Danilochkin ist ein talentierter Skifahrer, doch er fährt nicht unter den selben Bedingungen wie seine Konkurrenten. Während diese aus einem schier unerschöpflichen Reservoir von Skiern, Bindungen und Skischuhen schöpfen können und sich ein Heer von Ärzten, Sportwissenschaftlern und Servicemännern um sie bemüht, ist das Mutter-Sohn-Team auf sich allein gestellt. In Minsk trainiert Yuri auf der Straße, unterstützt von seinen Freunden einer „Street Workout“-Gang aus Minsk. Vom Verband bekommt er kaum Geld, ein bisschen von einem privaten Sponsor. Manchmal übernachten Yuri und Natali auf den Vordersitzen ihres VW Sharan, weil sie sich keine Pension leisten können. Und wenn ihr Budget mal wieder erschöpft ist, bitten sie Freunde um Benzingeld. „Es ist traurig“, sagt Danilochkin, „wenn man weiß, man könnte viel mehr erreichen, aber es scheitert an den Finanzen“. Ein Platz unter den ersten 25 auf der Streif, das wäre für ihn wie ein Sieg. 2013 fuhr er die Abfahrt zum ersten, 2014 zum dritten Mal. Er wurde jeweils Drittletzter. Aber immerhin: Er gehörte nicht zu den 10 bis 15 Prozent der Fahrer, neben deren Namen die Ergebnisliste lakonisch „DNF“ vermerkt – „did not finish“. Von den Athleten der etablierten Ski-Nationen wurde das ungewöhnliche Pärchen aus Weißrussland lange belächelt. Inzwischen hat sich Yuri aber den Respekt seiner Kollegen erworben. Weil er ein mutiger Fahrer ist und weil er seinen Weg gegen alle Widerstände geht. STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 11 in Kitzbühel nicht nur während der Rennwochen 2013 und 2014, sondern auch zwischen diesen Terminen verfolgt. Nur so konnten wir unserer Idee gerecht werden, sowohl die individuelle Vorbereitung der Athleten, die Organisation und Logistik hinter den Kulissen als auch die inneren und äußeren Dramen darzustellen, die sich um die Streif herum entwickelten. Dazu mussten wir vielen Fäden folgen – einige führten zum Ziel, andere ins Leere. Geschichten, von denen wir dachten, sie seien spannend, entpuppten sich als fad. Andere kamen ganz unverhofft daher, wie ein Geschenk. Aufgrund meiner Erfahrung konnte ich immer schnell reagieren und wir passten das Drehbuch neu an. Diese Flexibilität samt ihren Folgen für Logistik und Organisation umzusetzen, war eine echte Herausforderung für das gesamte Team. Die Dreharbeiten waren für uns alle ein ständiger Lernprozess. Das Ergebnis ist keine Abbildung, sondern eine Verdichtung der Wirklichkeit, in der echte Menschen zu Darstellern in ihrem eigenen Leben werden. Ihre Authentizität half mir immens dabei, sie zu überzeugen, dass sie nur sie selbst sein mussten, ganz so, als wäre keine Kamera vor Ort. Nach welchen Kriterien suchten Sie die fünf Hauptprotagonisten des Films aus? Uns war wichtig, dass wir mit unterschiedlichen Charakteren drehen konnten. Mit Sportlern, die etwas darstellen, die aber auch über den Tellerrand blicken können. Und die bereit waren, sich für den Film zu öffnen. Uns Einblick zu gewähren in diese Art Blase, in der Spitzensportler leben. Diese Typen sollten im Idealfall auch verschiedene Rollen einnehmen. Das ging ganz gut auf. Aksel Lund Svindal ist nicht nur der vielleicht beste Abfahrer derzeit, sondern auch ein cleverer, weltgewandter Profi, ein Liebling der Medien. INTERVIEW GERALD SALMINA Das Hahnenkamm-Rennen auf der Streif ist sicher das legendärste Skirennen der Welt. Dennoch gab es bisher keine filmische Dokumentation dieses Großereignisses. Wie kamen Sie auf die Idee, diesen Film zu machen? Nachdem wir das Abenteuer Mount St. Elias überstanden hatten, gingen Axel Naglich und ich 2010 auf Expedition zum Everest. Unser eigentliches Ziel war der K2 – der Everest sollte als Vorbereitung auf eine Skiabfahrt des zweithöchsten Achttausenders dienen. Axel, Kameramann Günther Göberl und ich kamen mit der Höhe sehr gut zurecht. Dann ging am Nordsattel des Everest eine Eislawine nieder, die einen Bergsteiger vor unseren Augen begrub und uns um Haaresbreite verschonte. In diesem Moment stellten wir uns die Frage, ob wir unser Glück nach dem Mount St. Elias noch mal so herausfordern dürften. Andererseits wollten wir wieder einen großen Skifilm machen. So entstand die Idee, einen Film über das faszinierendste Skirennen der Welt zu planen. Nicht zuletzt, weil Axel mehr oder weniger auf der Streif aufgewachsen ist – und ich habe seit meiner Kindheit kein Rennen versäumt. Die Streif gilt als Mythos, und wie bei jedem Mythos weiß man oft nicht, wie und warum er geboren wurde, was sein Kern ist, oder ob er sich nur noch aus sich selbst heraus erhält. Wie wollten Sie ihm auf die Schliche kommen, wie gingen Sie das Projekt an? Zunächst einmal besuchte ich die Hahnenkamm-Rennen 2011 und 2012 noch ohne festen Plan, nur um Eindrücke zu 12 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE sammeln. Da wurde mir erstmals bewusst, wie viel Aufwand hinter diesem Sportereignis steckt. Das ist unvorstellbar! Der Kitzbüheler Skiclub, hunderte freiwillige Helfer, das Bundesheer, die Skischulen, die ganze Stadt – alle arbeiten dafür, die riesige Naturarena „Streif“ zu einer Bühne zu machen, auf der sich die Rennfahrer präsentieren können. Das hat etwas von Brot und Spielen, von einem Rockkonzert, bei dem Fans, wie Stars ein Jahr lang auf den Punkt X hin fiebern. Inzwischen hatten wir Tom Dauer als Drehbuchautor ins Boot geholt. Uns wurde schnell klar, dass wir es schaffen mussten, die Komplexität dieses Ereignisses darzustellen. Es geht ja nicht nur um diesen oder jenen Rennfahrer, um sportliche Höchstleistungen, sondern auch um die Historie des Rennens, um seine Bedeutung im Laufe der Zeit. Zentral war für uns auch die Frage, was Menschen antreibt, dieses enorme Risiko in Kauf zu nehmen. Das wollten wir darstellen, ohne es zu bewerten. Das Ergebnis ist ein zeitloser Dokumentarfilm, der dramaturgisch wie ein Spielfilm funktioniert. Und der das Abfahrtsrennen Streif aus völlig neuen Perspektiven erzählt. Erik Guay hat als einziger Familienvater im Kreis der Favoriten eine besondere Verantwortung, und er ist ein extrem reflektierter Sportler. Für die Rolle des jungen Draufgängers und Herausforderers mussten wir nicht lange suchen: Da war Max Franz die Idealbesetzung. Auf Hannes Reichelt wurden wir zuletzt aufmerksam. Er ist ein stiller, in sich ruhender Mensch, der kein großes Aufsehen von sich macht. Eher ein Leisetreter im lauten Weltcup-Spektakel, der trotzdem jedes Rennen gewinnen kann. Natürlich sind diese Männer keine Schauspieler, deshalb mussten wir sie immer wieder beobachten, befragen und sie in ihrem minutiös geplanten Tagesablauf stören, um zu guten Bildern und interessanten Aussagen zu kommen. Der Aufwand, den Sie dafür betreiben mussten, kommt dem Aufwand für die Hahnenkamm-Rennen gleich: 148 Drehtage, 18 Kamerateams, über 1000 Stunden gedrehtes Material… Dieser Aufwand war nötig, um unseren erzählerischen Ansatz zu verfolgen. Wir haben ja fünf Rennfahrer ein Jahr lang immer wieder begleitet, mit Nebendarstellern wie Marcel Hirscher und Felix Neureuther gedreht und das Geschehen STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 13 rer ist im Laufe seiner Karriere ein- oder mehrmals verletzt. Erik zeigt stellvertretend für alle anderen Aktiven, dass man sich nicht unterkriegen lassen darf. Dass es darauf ankommt, wie man aus diesen persönlichen Krisen aufersteht. Ähnlich war es mit dem Wetter 2014. Erst dachten wir, oh Gott, wenn das Rennen nicht über die Hausbergkante und die Traverse gefahren wird, können wir den Film sportlich gesehen vergessen. Doch der Kampf um die Strecke, den die Kitzbüheler ausfochten, entwickelt sich zu einem eigenen Drama. Ob das Rennen überhaupt stattfinden würde, war aufgrund der Schneesituation in Frage gestellt, es hätte sogar eine Absage geben können. Den Sieg von Hannes Reichelt trotz Bandscheibenvorfall konnte ich kaum glauben. Für mich wurde in diesem Moment ein doppelter Held geboren. Seine Geschichte zu erzählen, hat alles nochmals gesteigert. Es hätte kein besseres Jahr geben können, um einen Film über die Streif zu erzählen, und FILMOGRAPHIE GERALD SALMINA (Auswahl) KINO 2015 (in Produktion) The Way of the Eagle Wildlife-Produzent, Drehbuch 2009 Mount St. Elias Produktion, Drehbuch, Regie, Kamera, Schnitt TV INTERVIEW GERALD SALMINA Und Yuri Danilochkin, der junge Weißrusse, ein krasser Außenseiter, aber voller Leidenschaft, wie haben Sie ihn entdeckt? Das war purer Zufall. Tom Dauer stand 2013 im Starthäuschen, als ihn eine Frau, offensichtlich eine Betreuerin, nach der Uhrzeit fragte. Das war Natali, Yuris Mutter. Die beiden kamen ins Gespräch, und weil Natali nur ein sehr bruchstückhaftes Englisch spricht, rief sie ihren Sohn zu Hilfe. So lernten wir Yuri kennen. Später erfuhren wir, wie leidenschaftlich er seinen Traum verfolgt, als Abfahrer zu reüssieren. Und welche Entbehrungen er und seine Mutter in Kauf nehmen, um quasi als Amateure im Feld dabei zu sein. Das hat uns natürlich fasziniert. So sehr, dass wir die beiden schließlich auch in Minsk besuchten. Das war wahrscheinlich nicht die einzige Gelegenheit, zu der Sie das Drehbuch des Films der Realität anpassen mussten? Beileibe nicht. Erik Guay hatten wir nach seinem zweiten Platz bei der Streif 2013 als Favorit aufgebaut. Er war ja auch in bestechender Form und bis zur Lauberhornabfahrt in Wengen Führender im Abfahrtsweltcup. Beim Rennen in Wengen, also eine Woche vor Kitzbühel, brach durch einen kleinen Fehler eine alte Knieverletzung auf. Nach der Besichtigung für den Trainingslauf sagte Erik seinen Start auf der Streif ab. Das war natürlich erstmal ein Schock. Später begriffen wir, welche Chance uns dies eröffnete. Jeder Rennfah- 14 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE es wird wohl auch nie wieder so ein Jahr kommen. Wie KSC-Präsident Michael Huber zum Schluss des Films sagt: „Dieses 74. Hahnenkammrennen wird in die Geschichte eingehen. Davon werden wir noch unseren Enkelkindern erzählen.“ Abseits des sportlichen Großereignisses, was hat Sie während der Dreharbeiten besonders berührt? Drei Dinge eigentlich. Zum einen die Leidenschaft, mit der die Mitglieder des Kitzbüheler Skiclubs ihr HahnenkammRennen vorbereiten und abhalten. Jeder, der dort arbeitet, ob auf der Strecke oder im Büro, lebt für dieses Rennen. Diese Menschen findest du nicht per Inserat. Die machen das von Herzen. Und je größer die Herausforderungen sind, desto mehr schweißt es die Kitzbüheler zusammen. Das ist schon beeindruckend. Und natürlich haben mich auch die Schicksale von Daniel Albrecht und Hans Grugger mitgenommen. Beide erlitten schwere Verletzungen auf der Streif, beide mussten sich auf jeweils ihre Art ins Leben zurück kämpfen. Wie diese beiden jungen Männer es geschafft haben, ihre tragischen Geschichten ins Positive zu wenden – das ist etwas ganz Besonderes. Und natürlich bin ich ihnen sehr dankbar, dass sie uns einen Einblick in ihr Leben gewährten. Besonders hat mich aber auch mein Team berührt. Stündlich musste der Produktionsplan auf der Streif geändert werden. Es war eine unglaubliche Herausforderung, auf so vielen unzugänglichen Schauplätzen zugleich präsent zu sein. Trotz Kälte, Nässe und Übermüdung durchzuarbeiten. Das gesamte Datenmaterial zu sichern und zu sichten. Ich denke, unser Team war genauso leidenschaftlich unterwegs wie der Kitzbüheler Skiclub und die Rennfahrer. Der Mythos Streif hat uns alle inspiriert! 2013 Die Sechs großen Nordwände der Alpen sechs Folgen à 52 Min., Produzent, Regie, Schnitt Peter Ressmann – Eine Widmung Produktion, Drehbuch, Regie, Kamera Wörthersee-Magie Produktion, Kamera, Schnitt 2012 Die Hirlatzhöhle – Geheimnisvolle Welten im Dunkeln Drehbuch, Regie, Schnitt 2011 Die längste Seilschaft der Welt – Klaus Hoi und Hugo Stelzig Regie, Schnitt 2010 The Felix Baumgartner Story Regie, Kamera, Schnitt First on Everest Drehbuch, Regie, Schnitt STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 15 HISTORIE DIE STREIF 1937 1958 1975 1984 „Erster Streckenrekord“ „Der Weiße – und der Schwarze – Blitz von Kitz“ „Ein Star wird geboren“ „Ein unvorstellbares Comeback“ FRANZ KLAMMER (Österreich) FRANZ KLAMMER (Österreich) ANDERL MOLTERER / TONI SAILER (Österreich) Auf der Streif feiert Franz Klammer seinen fünften Abfahrtssieg in Folge – der Startschuss einer großen Karriere für den erst 21-jährigen Kärntner. Nebenbei bricht er mit 2:03,22 den bisherigen Streckenrekord. 1975, 1976 und 1977 siegte Franz Klammer auf der Streif. Danach folgen sieben dürre Jahre – bis er 1984 mit einem sensationellen Comeback seinen vierten Sieg erringt. Die Begeisterung der Zuschauer kennt keine Grenzen: Die Zäune im Zielraum werden nieder getreten, Klammer wird mit Sprechchören gefeiert. THADDÄUS SCHWABL (Österreich) Erstmals wird die Streif in ihrer heutigen Form befahren. Der Kitzbüheler Thaddäus Schwabl siegt in einer Zeit von 3:53,1. Bereits damals säumen tausende Zuschauer die Strecke. Den Steilhang bewältigen die Rennfahrer nicht im Schuss, sondern in kurzen Schwüngen. Neben drei Siegen im Slalom und vier Kombinationstriumphen gewinnt Anderl Molterer – der „Weiße Blitz von Kitz“ – 1955 und 1958 die Abfahrt. In den beiden Jahren dazwischen geht der Sieg an den „Schwarzen Blitz von Kitz“ Toni Sailer, der nach seiner Skikarriere zum international gefeierten Film- und Medienstar wird. 1951 1966 1982 1997 „Das Kitzbüheler Wunderteam“ „Der Arlberg-Express“ „Eine Schallmauer durchbrochen“ „Die schnellste Zeit“ CHRISTIAN PRAVDA (Österreich) KARL SCHRANZ (Österreich) HARTI WEIRATHER (Österreich) FRITZ STROBL (Österreich) Als Erster bleibt Christian Pravda mit 2:57,0 unter drei Minuten. Pravda ist einer von sechs Lokalmatadoren im „Kitzbüheler Wunderteam“ – mit Anderl Molterer, Toni Sailer, Ernst Hinterseer, Hias Leitner und Fritz Huber –, das in den 1950er-Jahren die Hahnenkamm-Rennen dominiert. Karl Schranz ist auf der Streif viermal siegreich – nachdem er zuvor acht Mal vergeblich angetreten war. 1966 gewinnt er in neuer Rekordzeit von 2:16,63. Als erster Rennläufer durchbricht Harti Weirather mit einer Zeit von 1:57,20 die Schallmauer von zwei Minuten. Sein Rekord wird zehn Jahre lang unangetastet bleiben. 1:51,58! Die Siegerzeit der HahnenkammAbfahrt 1997 scheint ein Rekord für die Ewigkeit zu werden. Bis heute konnte niemand den Streckenrekord Fritz Strobls unterbieten. 16 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 17 2004 2014 „Das Rennen der Rennen“ Kinostart STEPHAN EBERHARTER (Österreich) STREIF - ONE HELL OF A RIDE Der Trainingsschnellste geht mit Nummer 30 ins Rennen. Er fährt eine Linie, die bis dato niemand gewagt hatte und zeigt nach einhelliger Meinung aller Experten die perfekte Fahrt auf der Streif. Dem Zweitplatzierten Daron Rahlves, der die Abfahrt im Jahr zuvor als erster US-Amerikaner gewonnen hatte, nimmt Eberharter über eine Sekunde ab. 2012 „Der König von Kitz“ DIDIER CUCHE (Schweiz) Nachdem er zuvor seinen Rücktritt vom Skisport bekannt gegeben hatte, siegt Didier Cuche zum fünften Mal auf der Streif. Zuvor war er bereits 1998, 2008, 2010 und 2011 siegreich. Mit seinem letzten Triumph wird er nicht nur zum „König von Kitz“ – sondern mit 37 Jahren auch zum ältesten Rennfahrer, der je eine Abfahrt gewonnen hat. HISTORIE DIE STREIF „Als ich das erste Mal am Start stand, hätte ich das Starthaus am liebsten wieder nach hinten verlassen. Aber ich wollte auch nicht derjenige sein, der mit der Gondel ins Tal fährt.“ Didier Cuche, fünfmaliger Streif-Sieger 18 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 19 DIE STREIF 2014 INTERVIEW GÜNTHER GÖBERL (Kamera) Was muss ein Kameramann können, um auf der Streif gute Bilder einzufangen? Kanada. Gab es für Sie einen bildnerischen Schlüsselmoment abseits der Streif? Er muss vor allem selbst Skifahrer sein, um den Sport verstehen und „lesen“ zu können. Sonst hat er keine Chance, die Rennläufer zu verfolgen und mitzuschwenken. Im Dezember 2013 waren wir während des Weltcups in Gröden. Es war Abend, die Sonne ging hinter dem Langkofel unter und langsam kroch uns die Kälte in die Glieder. Wir freuten uns schon auf das Hotel – drehten aber noch, wie der junge Weißrusse Yuri und seine Mutter Natali in ihr Auto stiegen, um auf den Vordersitzen zu übernachten. Da wurde mir bewusst, mit welch großer Leidenschaft diese Skifahrer ihren Sport leben. Und was sie dafür in Kauf zu nehmen bereit sind. Mit welchen ganz praktischen Schwierigkeiten hatten Sie auf der Rennstrecke zu kämpfen? Die 74. Auflage des Hahnenkamm-Rennens auf der Streif bestand im Grunde aus zwei Wettläufen: Den ersten absolvierten die Organisatoren des Kitzbüheler Skiclubs (KSC) gegen die Unbill des ungewöhnlich warmen Winterwetters. Den zweiten traten die Abfahrer an – er verlief wie eh und je gegen die Zeit. Anfang Januar 2014 begannen Michael Huber, Präsident des KSC, und seine Mitstreiter ein Krisenszenario zu erstellen. Was niemand für möglich gehalten hatte, trat tatsächlich ein: Es wurde nicht kalt. Über einen Zeitraum von fünf Wochen gaben sich Warmfronten und Nordföhnlagen in den Kitzbüheler Alpen die Hand. Zwar hatten die Kitzbüheler den Großteil der Streif rennfertig präpariert – am Hausberg und in der Traverse, den unteren Schlüsselpassagen der Rennstrecke, war der Schnee jedoch bis auf einen kümmerlichen Rest geschmolzen. „Wir brauchen nur zwei kalte Nächte“, sagte Michael Huber zehn Tage vor dem Rennen, „dann können wir auch diese Stellen beschneien“. Doch die beiden kalten Nächte kamen nicht. Acht Tage vor dem Start griffen die Kitzbüheler zum letzten Mittel. Aus einem Depot abseits der Pisten ließen sie tonnenweise Schnee per Hubschrauber heran fliegen, um ihn auf der Rennstrecke und in den Sturzräumen zu verteilen. Bis zuletzt hofften sie, so die klassische Streckenführung über den Hausberg retten zu können – über jene Stelle also, an der sich vor den Augen zehntausender Zuschauer meist das Rennen entscheidet. Doch die Mühen waren vergeblich, die Veranstalter verloren den Wettlauf. Drei Tage vor der Abfahrt entschied der Internationale Skiverband, dass die Streif 2014 über eine Variante entlang des Slalomhangs stattfinden müsse. Die Weltcup-Teams arrangierten sich schnell mit der neuen Situation, und die Rennfahrer waren froh, dass die Streif überhaupt stattfinden konnte. „Streif bleibt Streif“, so der einmütige Tenor. Und tatsächlich: Das Rennen 2014 war an Spannung kaum zu überbieten. Der US-Amerikaner Bode Miller, als Trainingsschnellster haushoher Favorit, vergab mit zwei kleinen Fehlern seine Chance auf den ersten Platz. Aksel Lund Svindal zauberte dagegen eine perfekte Fahrt auf das eisige Parkett. Schon glaubte er, endlich den lange ersehnten Triumph auf der Streif feiern zu können – doch dann startete Hannes Reichelt, der im Dezember 2012 den bis dato letzten Sieg für einen österreichischen Abfahrer einfahren konnte. Geplagt von starken Rückenschmerzen, wusste er bis wenige Minuten vor dem Start nicht, ob er sich überhaupt auf die Streif wagen sollte. Gegen alle Vernunft entschied er sich für das Rennen. Und schrieb sich mit seinem Siegeslauf in den Kreis jener Legenden ein, deren Namen für immer mit dem Titel „Hahnenkamm-Sieger“ verknüpft sind. „Das soll die schwierigste Abfahrt der Welt sein? Da geht es doch zwei Mal sogar bergauf.“ Hermann Maier, Streif-Sieger 2001 20 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE Die Arbeit war körperlich extrem anstrengend. So ein Kamera-Set wiegt schnell mal 30 Kilo, die man in einer Kraxe auf dem Rücken trägt. Damit muss man dann eine völlig vereiste Piste hinunter rutschen, und man darf auf keinen Fall stürzen! Auf der Strecke konnten wir uns teilweise nur mit Steigeisen bewegen. Dazu kommen Kälte und Schneefall. Ständig laufen die Objektive an und wenn man nicht aufpasst, dringt Feuchtigkeit ins Gehäuse ein. Dann ist der Drehtag vorbei… Während der Rennwoche 2014 waren bis zu 18 Kamerateams zeitgleich in Kitzbühel und Umgebung unterwegs. Ist es da überhaupt möglich, eine einheitliche Bildsprache zu schaffen? In sehr langen Gesprächen mit Regisseur Gerald Salmina haben wir eine Bildsprache definiert und diese dann an die Kamerakollegen vermittelt. Man muss jeden einzelnen Kameramann kennen und ihm auch vertrauen. Während der Rennwoche haben wir das Material täglich gesichtet und besprochen, was an den Einstellungen zu ändern ist. Die Abfahrer rasen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 150 Stundenkilometer die Streif hinunter – und damit auch am Kameramann vorbei. Wie schafft man es, die Athletik und Dynamik dieses Sports darzustellen? Wir haben viel mit teligen und closen Einstellungen in extremer Zeitlupe gearbeitet. Nur so wird sichtbar, was diese Skifahrer leisten und welchen Kräften ihre Körper ausgesetzt sind. 120 Bilder pro Sekunde waren Standard, teilweise drehten wir mit bis 1000 Bildern pro Sekunde. Natürlich haben wir auch versucht, andere Winkel zu finden als die, die man von TV-Übertragungen her kennt. Das war nicht einfach, denn wir durften ja nicht an jedem Punkt der Strecke stehen. Während der Rennwoche 2014 waren wir mit 18 Teams unterwegs, 15 GoPro Kameras hatten wir auf Vorläufer-Ski, an Fahrern, entlang der Strecke und im Startbereich montiert. Dazu kam ein Helikopter mit Cineflex und die CamCat (siehe Beschreibung „Technische Extreme“). Sie waren für diese Produktion auch auf dem Großglockner, beim Freeriden in den Rocky Mountains, in der weißrussischen Hauptstadt Minsk, im sommerlichen TECHNISCHE EXTREME Gerald Salmina hatte die Idee, die Experten der Firma Camcat-Systems übernahmen die Planung: Anlässlich des Abfahrtsrennens 2014 wurde zum ersten Mal auf der Streif eine Camcat eingesetzt – eine Seilkamera, die Kamerafahrten in großer Höhe und über weite Strecken erlaubt. Und die zuvor noch nie gesehene Bilder des wichtigsten Weltcup-Rennens lieferte. Bevor es so weit war, wurden allerdings erst einmal 14 mögliche Streckenführungen für das einzigartige Kamerasystem auf Herz und Nieren getestet. Schließlich errichteten die Techniker knapp unterhalb der Hausbergkante eine Plattform, auf der die gesamte Antriebstechnik sowie die Bedienstände untergebracht wurden. Dazu mussten 3,5 Tonnen Equipment mit einem Helikopter auf Position gebracht werden. Das Streckenende der Camcat wurde in die Zuschauertribüne im Zielraum der Streif installiert – dazu musste diese umgeplant, deutlich verstärkt und mit Ballast beschwert werden. Eine weitere Herausforderung stellte die Aufnahmetechnik dar: In den Kamerakopf wurde eine Hochgeschwindigkeitskamera (Antelope Air) eingebaut, die bis zu 500 Bilder pro Sekunde aufzeichnen kann. Die Camcat verlief schließlich von der Hausbergkante quer über die Traverse und im Abfahrtssinne rechts des Zielschusses bis ins Zielgelände. Eine 679 Meter lange Strecke, auf der die Kamera den Rennfahrern mit einer Geschwindigkeit von bis zu 138 Stundenkilometern hinterherjagte. Das Ergebnis ist eindrucksvoll: Hautnah ist der Kinobesucher dabei, wenn die Protagonisten des Films den Zielsprung nehmen und hinter der Ziellinie abschwingen. Dort schwenkt die Camcat ab ins jubelnde Publikum – und einen Augenblick lang hat man das Gefühl, selbst auf der Tribüne zu stehen. STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 21 INTERVIEW KATRIN PISCHOUNIG DIE STREIF BY THE NUMBERS (Herstellungsleitung) Ein paar Details und Hintergründe zur Produktion: Wie kann man sich den Aufwand vorstellen, der für einen Film über die Streif betrieben werden muss? Der Aufwand war immens. Wir wollten die Protagonisten ja während zweier Hahnenkamm-Rennen und während des dazwischen liegenden Jahres begleiten. Nach der Saison ver- fünf Uhr früh und endeten spät – oft mussten Kameraleute und Assistenten auch die Nächte durcharbeiten. Von der Produktion mussten die Tagespläne je nach Wetter und Ereignissen laufend angepasst werden. Sprich, im Grunde hatten wir am allerwenigsten Schlaf. Die Streif 2014 war von immer neuen Herausforderungen geprägt, auf die Sie sich – ähnlich wie Regie und Kamera – ständig und schnell einstellen mussten. Was waren für Ihr Team die größten Schwierigkeiten? Wir wussten im Grunde ja nie, was innerhalb der nächsten Stunden passieren würde. Sobald das Wetter wieder Kapriolen schlug, wurde alles über den Haufen geworfen. Die Drehpläne mussten wir zum Teil von Minute zu Minute ändern. Dazu kamen die logistischen Herausforderungen: Es ist Winter, die Straßen sind vereist, Stau, wie kommen die Teams von A nach B? Mit der Gondel, auf Skiern, zu Fuß, mit dem Skidoo? Und wie kriegen sie das Equipment, das sie brauchen? Ist eine Drehgenehmigung nötig? Dürfen die Crews überhaupt dorthin, wo sie hin müssen? Zum Teil waren die Drehs auch nicht ungefährlich. Zum Glück gab es aber während der Dreharbeiten keinen einzigen Unfall. In Kitzbühel waren Sie die einzige Frau unter 55 Männern. Eine gute Erfahrung – oder eher desillusionierend? streuen sich die Athleten aber in alle Winde. Deshalb drehten wir nicht nur in und rund um Kitzbühel, sondern auch in Abtenau, Altenmarkt, Bad Hofgastein, Hintertux, im Zillertal, in Innsbruck, Klagenfurt, Zell am See und am Großglockner. In der Schweiz waren wir in Fiesch, Zermatt, Zinal und Zürich; in Deutschland in Bottrop, Frankfurt am Main, Köln und Ingolstadt. Am Stilfser Joch und im Grödnertal in Italien. In Kanada in den Rocky Mountains und in der Provinz Québec. Und zu guter Letzt auch noch in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. So kamen wir auf 148 Drehtage, und nicht selten arbeiteten wir zeitgleich mit verschiedenen Teams an mehreren Orten. Der produktionstechnische Höhepunkt der Dreharbeiten war sicher die Hahnenkamm-Woche 2014. Da gab es wenig Schlaf, oder? Ohja. Wir waren mit insgesamt 55 Leuten in Kitzbühel unterwegs, durchschnittlich war jedes Crew-Mitglied zwölf Stunden pro Tag beschäftigt. Die meisten Tage begannen um 22 | STREIF - ONE HELL OF A RIDE Während der Rennwoche in Kitzbühel fiel mir das gar nicht auf – also kann es nicht so schlimm gewesen sein. Tatsächlich waren alle in der Crew freundlich und hilfsbereit. Anders hätten wir dieses Pensum gar nicht schaffen können. Ehrlich gesagt, das Thema „Alter“ machte mir mehr zu schaffen. Ich war ja nicht nur die einzige Frau, sondern auch noch die Jüngste im Team. Da war es manchmal schon seltsam, einen Trupp gestandener Kameramänner zu koordinieren – aber auch das klappte tadellos. 3312 Meter 01:51,58 Minuten 14 Filmkameras 90 Terabyte 1.000 Stunden Streckenlänge von Fritz Strobl 1997 erzielter Streckenrekord die auf der Streif für den Film im Einsatz waren während der Dreharbeiten produziertes Filmmaterial Filmmaterial, die während der Dreharbeiten entstanden sind 21 Jahre Alter der jüngsten Streif-Sieger Roland Collombin (1973) und Franz Klammer (1975) 37 Jahre Alter des ältesten Streif Siegers Didier Cuche (2012) 80 Meter weitester gestandener Sprung in der Mausefalle 85 Prozent 142 Stundenkilometer 580 Pressevertreter 1.400 Menschen 12.000 Meter maximale Neigung (Mausefalle) Höchstgeschwindigkeit im Zielschuss aus 30 Nationen, die sich im Durchschnitt für die Hahnenkamm-Woche akkreditieren die für die Austragung des Rennens arbeiten Zuschauerzäune entlang der Strecke 1.700 Meter Hochsicherheitsnetze (A-Netze) entlang der Strecke 6.500 Meter Auffangnetze (B-Netze) entlang der Strecke 45.000 Zuschauer 100.000 Zuschauer 1,3 Millionen Zuschauer 37 Millionen Euro die die Abfahrt im Durchschnitt vor Ort verfolgen die die Hahnenkamm-Rennen (Abfahrt, Super-G, Slalom) im Rekordjahr 1999 vor Ort verfolgten die die Streif live im TV verfolgen die der Großraum Kitzbühel während des Hahnenkamm-Wochenendes erwirtschaftet „Die Streif ist Kult!“ Ralf Möller, Schauspieler STREIF - ONE HELL OF A RIDE | 23 www.streif-film.AT